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SOCIETY 356/2010

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CHINA<br />

INTERVIEW<br />

Vierzig Jahre diplomatische Beziehungen<br />

sind eine Gelegenheit, um Bilanz zu ziehen.<br />

Wie sieht diese aus österreichischer Sicht<br />

aus? Welche außenpolitischen Erfolge gibt<br />

es zu verzeichnen?<br />

Ob sich die Politiker und Diplomaten<br />

Chinas und Österreichs damals, 1971, als<br />

die bilateralen diplomatischen Beziehungen<br />

aufgenommen wurden, auch nur entfernt<br />

vorstellen konnten, dass in vierzig<br />

Jahren Österreich einer der reichsten von<br />

27 EU-Mitgliedstaaten sein werde und China<br />

zur Nummer zwei der Weltwirtschaft<br />

und zur Handelsmacht Nummer eins aufsteigt,<br />

das wage ich ehrlich gesagt zu bezweifeln.<br />

Die Qualität der bilateralen Beziehungen<br />

und die Intensität der<br />

hochrangigen politischen Besuche zwischen<br />

Österreich und China sind heute so<br />

gut wie nie zuvor. Und dass sich diese<br />

jahrzehntelange Arbeit, trotz aller Höhen<br />

und Tiefen, heute in knallharten Fakten<br />

widerspiegelt (China ist heuer noch vor<br />

den USA der viertwichtigste Handelspartner<br />

Österreichs, Tendenz steigend), zeigt<br />

wohl am besten, dass Österreichs Außenpolitik<br />

hier viel richtig gemacht hat.<br />

Zu dieser Bilanz gehört auf der Erfolgsseite<br />

gewiss die Dichte an gegenseitigen<br />

hochrangigen Besuchen. Welchen Stellenwert<br />

hat Österreich aus Ihrer Sicht in China?<br />

Sicherlich, die politischen Besuche, allen<br />

voran der im Jänner <strong>2010</strong> stattgefundene,<br />

höchst erfolgreiche, Staatsbesuch von<br />

Bundespräsident Dr. Fischer schaffen den<br />

politischen Rahmen für die Beziehungen<br />

Österreichs Vertreter in Peking<br />

Knallharte Fakten<br />

Botschafter Dr. Martin Sajdik spricht im <strong>SOCIETY</strong>-Interview<br />

über die ausgezeichneten Beziehungen zu China, die<br />

Dynamik des Landes und das Leben in Peking.<br />

und sind gleichzeitig ein Gradmesser für<br />

deren Qualität. Und die ist erfreulich hoch.<br />

Chinesen sind bekanntlich pragmatische<br />

Menschen. Sie nehmen Österreich als das,<br />

was es ist: ein wirtschaftlich hochentwickeltes<br />

Land mit – trotz seiner geringen<br />

Größe – vielen spannenden Unternehmen,<br />

mit einem wunderbaren kulturellen Erbe<br />

und einer wunderbaren intakten Natur.<br />

Und einem immer manifesteren politischen<br />

Selbstbewusstsein.<br />

Wie viele Österreicher leben in China?<br />

Wie leben sie? Was arbeiten sie? Welche Hilfe<br />

oder Unterstützung benötigen die Österreicher?<br />

Österreicher registrieren sich bei Botschaften<br />

bekanntlich freiwillig, das sind<br />

rund 1.500 in ganz China, Hongkong<br />

mit eingeschlossen. Dazu kommen sicherlich<br />

Dutzende, vielleicht sogar Hunderte<br />

Österreicher, die sich kurzfristig in<br />

China aufhalten, etwa im Rahmen von<br />

Wirtschaftsprojekten oder Studenten,<br />

Kunstschaffende und Wissenschaftler.<br />

Geografischer Schwerpunkt ist der<br />

Raum Schanghai, wo auch die meisten<br />

österreichischen Unternehmen konzentriert<br />

sind. Arbeitsmäßiger Schwerpunkt<br />

sind die Zulieferer für die Sektoren Telekommunikation<br />

und Automotiv, bei den<br />

Dienstleistungen das Hotelgewerbe. Konsularischer<br />

Hilfe – außer den üblichen<br />

Tätigkeiten wie Passausstellung und -<br />

verlängerung – bedürfen unsere Landsleute<br />

selten. Im Wirtschaftsbereich<br />

unterstützen wir punktuell in Abstimmung<br />

mit den Außenhandelsstellen.<br />

Wie würden Sie die Dynamik, die in China<br />

herrscht, beschreiben?<br />

Auch wenn es klischeehaft klingt: Wolkenkratzer<br />

schießen wie die Pilze aus der<br />

Erde, nagelneue Autobahnen und Eisenbahnhochgeschwindigkeitsstrecken<br />

legen<br />

sich wie von Zauberhand in die Landschaft,<br />

die Großstädte ersticken im dichter und<br />

dichter werdenden Verkehr, die Menschen<br />

sind vom Fortschrittsglauben beseelt und<br />

wünschen einander wachsenden Reichtum.<br />

20 | <strong>SOCIETY</strong> 4_10

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