Top100 Schwaz 2018
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
top 100 <strong>Schwaz</strong> | INDUSTRIE<br />
Im Jahr 1814 gründete Martin Hussl<br />
seine Fabrik, die Gebrauchsgeschirr erzeugte.<br />
1882 stellte man die Produktion<br />
auf das kunstvolle Majolika-Geschirr<br />
um, das in alle Teile der Monarchie vertrieben<br />
wurde.<br />
Mit Argusaugen<br />
beobachtet<br />
Auch in den anderen Bezirken Nordtirols<br />
regte sich industrielle Tätigkeit.<br />
Doch nicht jeder war ihr wohlgesonnen.<br />
Die Bauernschaft beobachtete die<br />
Entwicklung noch bis nach dem zweiten<br />
Weltkrieg mit Argusaugen, da die aufstrebenden<br />
Wirtschaftsbetriebe neben<br />
Arbeitskräften auch wertvollen Grund<br />
und Boden für sich beanspruchten.<br />
Auch die Bozner Handelsfamilien, die<br />
ihre Produkte nach und über die Transportwege<br />
in Tirol exportierten, sahen<br />
sich durch die Tiroler Güterproduktion<br />
bedroht und zeigten sich „besorgt“ um<br />
Tirol: „Die Vorhersehung wolle auch<br />
für immer verhüten, dass die tirolerische<br />
Industrie soweit gebraucht werden, dass<br />
sie mehrere Fabriken hervorbringe,<br />
denn dann wird Tirol das ärmste Land<br />
im ächten Sinne …“, so das Bozner Merkantilmagistrat,<br />
Anfang des 19. Jahrhunderts.<br />
(Quelle: Helmut Alexander, „Geschichte<br />
der Tiroler Industrie. Aspekte<br />
einer wechselvollen Entwicklung“, Haymon,<br />
Innsbruck 1992)<br />
Diese hemmenden und fördernden<br />
Faktoren kennzeichnen die Geschichte<br />
der Tiroler Industrie. Daraus hervor ging<br />
eine bodenständige Industrie, die mit<br />
Wirtschaftszweigen wie der Landwirtschaft,<br />
dem Handel und dem Fremdenverkehr<br />
das Land stärkte. 1908 wurde<br />
der Tiroler Industriellenverband mit Unternehmern<br />
wie Rauch, Köllensberger<br />
und Innerebner gegründet. Sie setzten<br />
sich von Beginn an für das Wachstum<br />
der Industrie in Tirol ein.<br />
Ein weiteres Thema dieser Zeit war<br />
der Mangel an Brennstoff. Der Wald<br />
des Zillertals war gerodet. Und schließlich<br />
wurde der Bau des Achenseekraftwerks<br />
initiiert. Heute gilt es als Wiege<br />
der TIWAG und ausschlaggebend für<br />
die Gründung der späteren Landesgesellschaft.<br />
Als das Kraftwerk schließlich<br />
1927 in Betrieb genommen wurde, war<br />
es das größte Speicherkraftwerk Österreichs.<br />
INDUSTRIEPRODUKTION 1947 und 2016<br />
1947 2016<br />
Industrieproduktion (nicht bereinigt) 315 Mio. ÖS ca. 10 Mrd. €<br />
Industrieexporte 80 Mio. ÖS ca. 6 Mrd. €<br />
Stundenlohn 3,10 ÖS ca. 10,30 €<br />
Die Industrie hat in den letzten 70 Jahren eine beachtliche Entwicklung an den Tag<br />
gelegt. <br />
Quellen: Industriellenvereinigung Tirol, AK Innsbruck<br />
„Die Kriegsgesetze schnitten<br />
im ersten Weltkrieg<br />
auch tief in die Unternehmensprozesse<br />
der Tiroler<br />
Industriebetriebe.“<br />
Dr. Gerhard Siegl, www.diehistoriker.at<br />
Die Weltkriege verändern<br />
das Land<br />
Als der erste Weltkrieg über Tirol hereinbrach,<br />
änderten sich die Verhältnisse im<br />
Land rasch. <strong>Schwaz</strong> war bis zum ersten<br />
Weltkrieg Garnisonsstadt der k.u.k.<br />
Armee. Kurz nach Beginn des Kriegs<br />
wurden die weitreichenden und einschneidenden<br />
Kriegsgesetze angewandt.<br />
Für die arbeitende Bevölkerung in Tirol<br />
bedeutete das, dass jede männliche Zivilperson,<br />
die das 50. Lebensjahr noch<br />
nicht erreicht hatte, zur Kriegsdienstleistung,<br />
auch außerhalb der Feuerlinie,<br />
verpflichtet wurde. Ganze Betriebe<br />
wurden in kriegswirtschaftlichem Interesse<br />
dem Kriegsleistungsgesetz unterstellt.<br />
Der Historiker Gerhard Siegl<br />
berichtet, dass die Beschäftigten somit<br />
ihrer Freizügigkeit beraubt waren. Ein<br />
Arbeitsplatzwechsel wurde beispielsweise<br />
unmöglich. Die Arbeiterschutzvorschriften<br />
wurden häufig unzulässig<br />
umgangen und die ausbezahlten Löhne<br />
waren sehr gering. Streiks wurden unter<br />
Strafe gestellt und mit Freiheits- oder<br />
Geldstrafen geahndet bzw. wurde mit<br />
einer Zwangsreinrückung an die Front<br />
gedroht.<br />
Der Krieg war ein gewaltiger Konsument,<br />
der die Unternehmen auf<br />
Kriegsbedarf umstellen ließ. Der Bedarf<br />
hatte im Großen und Ganzen nicht abgenommen,<br />
nur die Richtung hatte sich<br />
geändert. Das Ziel war die Verwendbarkeit<br />
der Erzeugnisse für kriegerische<br />
Zwecke. Zwei große Erwerbsgruppen<br />
kamen infolge des ersten Weltkriegs in<br />
besondere Not, das auf die Anfänge des<br />
Fremdenverkehrs angewiesene Gastund<br />
Hotelgewerbe sowie das Baugewerbe.<br />
Als die Transportwege ins Ausland<br />
unterbrochen bzw. nur mehr für Militärtransporte<br />
verwendet wurden,<br />
machte sich die Rohstoffabhängigkeit<br />
von ausländischen Versorgungsmärkten<br />
in fataler Weise bemerkbar und die<br />
anfänglich positiven Auswirkungen auf<br />
die Tiroler Industrie wurden zunichte<br />
gemacht. Der erste Weltkrieg und die<br />
36<br />
ECHO TOP 100 UNTERNEHMEN IM BEZIRK SCHWAZ <strong>2018</strong>