syltimpuls Ostern 2012 - SYLTIMPULS | Das Nachrichtenmagazin ...
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CDU und Grü nen gemeinsam geführt wird,<br />
wurde auf Drän gen seiner Partei freun de<br />
eine “Mi lieuschutz”Satzung ein geführt. Sie<br />
soll verhin dern, dass die Neu reichen oder<br />
Neuverschulde ten die Leute aus den Stadtteilen<br />
drängen, die diese zu dem gemacht haben,<br />
was sie sind.<br />
Die Festsetzung eines Gebietes „zur Erhaltung<br />
der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung“<br />
nach §172 des Bau gesetzbuchs<br />
(BauGB) ermög licht es der Stadt,<br />
einerseits die Unterbindung von Moder nisierungsmaßnahmen,<br />
durch die Woh nungen<br />
eine Ausstattung erhalten, die über dem<br />
ortsüblichen Standard liegt. Andererseits<br />
können in den Milieuschutzgebieten bei<br />
moder nisie rungsbedingten Mieterhöhungen<br />
für fünf oder sieben Jahre Mietobergrenzen<br />
in der Höhe des mittleren Mietspiegelwerts<br />
festgelegt wer den. Hat eine Gemeinde<br />
keinen eigenen Miet spiegel, gilt nach<br />
höchstrichterlichem Spruch der Miet spiegel<br />
der Nachbarkommune, im Falle von Sylt wäre<br />
das Niebüll.<br />
Mit der BauGBNovelle von 1998 wurde der<br />
(allgemeine) bundesweite Ausstattungs durchschnitt<br />
zum Maßstab für die Wohnun gen in<br />
Milieu schutzgebieten. Kein Recht mehr also<br />
auf Kachelofen oder Gasaußen wandheizung.<br />
Erhaltungssatzungen regeln derzeit eine<br />
einheit liche Bebauung im gründerzeitlichen<br />
Frankfur ter Stadtteil Nordend, in dem der<br />
Stimmenanteil der Grünen seit der letzten<br />
Kommunalwahl bei 43 % liegt, darüberhinaus<br />
noch für andere histo risch gewach sene<br />
Frankfurter Quartiere. Die künf tigen Milieu<br />
schutzSatzungen sollen dar über hin aus<br />
die soziale Mischung in be gehrten Vierteln<br />
sichern. Bei Eigentümer wechsel soll<br />
ein Vorkaufsrecht für die Stadt greifen. Was<br />
nicht heißt, dass die Stadt möglichst viele<br />
Im mobilien auf kaufen will, aber sie hat sich<br />
damit eine Verhandlungs basis geschaffen.<br />
<strong>Das</strong>s Milieuschutz wirkungsvoll eingesetzt<br />
wer den kann, zeigt das Münchener Modell. In<br />
Mün chen wurde mit Unterstützung der Stadt<br />
eine ge nossenschaftliche Immobilienagentur<br />
(GIMA) gegründet, die Wohnhäuser aufkauft<br />
und den Einzelgenossenschaften überträgt.<br />
Hiermit ha ben auch verkaufswillige<br />
Eigentümer, die Ihr Wohn haus nicht den<br />
üblichen Spekulanten ver machen wollen, eine<br />
soziale Alternative. <strong>Das</strong>sel be gilt für Mieter,<br />
die das vor dem Verkauf ste hende Haus als<br />
Mietergenossenschaft erwerben wollen.<br />
Außerdem hat die Stadt München ihre Erhaltungssatzungen<br />
mit einem wirkungsvollen Milieuschutz<br />
ausgestattet. Sie kann dadurch bei<br />
dro hender Umwandlung oder Luxussanierung<br />
von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen<br />
und die Liegenschaften später an die GIMA<br />
veräu ßern. Die Eigentümer können den<br />
Vorkauf durch die Stadt abwenden, indem sie<br />
soziale Auflagen erfüllen (z.B. Verzicht auf<br />
Umwandlung und Umbau).<br />
Nicht alles läuft reibungslos. Zum einen<br />
machen die Kommunen nach wie vor aus<br />
„übergeordne ten Überlegungen“ heraus<br />
Zugeständniss, zum anderen können Gerichte<br />
die besten Absichten von Kommunen<br />
beschnei den und die Eigentü merrechte höher<br />
werten. „Aber,“ so der Land tagsabgeordnete<br />
Dr. Andre as Tietze, „davon sollte sich auch<br />
die Gemeinde Sylt nicht abhal ten lassen,<br />
ihren Wohnungssu chenden mehr Rechte<br />
zu verschaffen. Da der Milieuschutz keine<br />
alleinige Sache der Insel Sylt ist, sondern<br />
mittlerweile eine konzertierte Aktion vieler<br />
Städte, sollten die Voraussetzun gen günstig<br />
sein, den Bundesgesetzgeber zum Handeln zu<br />
veran lassen.“<br />
Dr. Andreas Tietze als Schirmherr des neuen<br />
Friesensaals in Keitum<br />
Dr. Andreas Tietze, stellvertretender<br />
Vorsitzen der der Fraktion der „Grünen“<br />
im Schles wigHolsteinischen Landtag<br />
möchte aber nicht in das Lied der<br />
Investorenbeschimpfung einfallen. Er hat<br />
bei den „Grünen“ die nicht im mer dankbare<br />
Aufgabe des wirtschaftspolitis chen Sprechers<br />
übernommen und hält sich mit Kritik wohlwollend<br />
zurück. „Bei Betriebsbe sichtigungen und<br />
den dazugehörigen Kontakten zu Managern<br />
und Unternehmern erfährt man viel über<br />
Erfolge, aber wenig über Gejammer.“ <strong>Das</strong><br />
ist für ihn wichtig. „Die Grünen entstammen<br />
in ihrer Mehr zahl bürgerlichen Kreisen.<br />
Ich stamme aus einer Arbeiterfamilie und<br />
habe mei nen Bil dungsweg der reformierten<br />
Schulpolitik zu ver danken. Ich weiß, was es<br />
heißt, einen guten Arbeitsplatz zu haben und<br />
möchte meinen Bei trag dazu leisten, dass<br />
auch jüngere Schülerge nerationen in den<br />
Genuss einer höheren Bildung kommen und<br />
in der modernen Wirtschaft einen Arbeitsplatz<br />
finden.“<br />
Ideologie ist ihm fremd, aber die Abhängigkeit<br />
von der Großindustrie ist für ihn kein Segen.<br />
„Arbeitsplätze schafft der Mittelstand,“ so Dr.<br />
Andreas Tietze, der weiß, dass diese Aussage<br />
eine zeitgemäße Plattitüde ist. Aber er hat<br />
Vor stellungen, diese Worthülse mit Inhalt zu<br />
füllen.<br />
Die neue Ernergie poli tik der Grünen gibt uns<br />
seiner Ansicht nach die Chancen, eine neue<br />
Mittelstandspolitik ein zuleiten. Die bisherigen<br />
Energien machen Mil li ardenInvestiti o nen notwendig,<br />
die kein Mit tel ständler aufbrin gen<br />
kann und die uns von der Macht der Konzerne<br />
so wohl privat als auch politisch abhängig<br />
ma ch en. <strong>Das</strong> größte Pro blem ist, dass auto matisierte<br />
Groß betriebe da zu kaum Arbeits plät ze<br />
erfordern. Sie bieten somit wenig Mög lich keiten<br />
für den Arbeitsmarkt der kommenden Generationen.<br />
Die neuen Energien dagegen kön nen<br />
im mer mehr dezentral agierende KleinIn vestoren<br />
gruppen oder auch kommunale Produ zen ten<br />
in den Energiemarkt einführen und brau chen<br />
keine zentralen GroßProduk tions stätten mehr.<br />
Der Sylter Landtagsabgeord nete Tietze ist<br />
daher davon überzeugt, dass die Grünen<br />
mit ihrer Strategie erneuerbarer Energien<br />
eine völlig neue Wirtschaftsstruktur<br />
schaffen werden, die der Marktwirtschaft<br />
als Wettbewerbswirtschaft wie der eine neue,<br />
zukunfts weisende Bedeutung ein räumen<br />
wird. Es ist daher für ihn wichtig, ständigen<br />
Kontakt zur Wirt schaft zu halten. Für ihn<br />
war es eine ganz besondere Erfahrung, dass<br />
die chemische Industrie als einer der größten<br />
Ressourcenver braucher mehr und mehr auf<br />
grüne Rezepte setzt. „Die Wirtschaft merkt,<br />
wir sind erwachsen geworden und sie bestätigt<br />
uns, dass wir nicht nur eine emotionsfreie,<br />
moderne Wirtschaftspo litik betreiben, sondern<br />
gesell schafts politisch eine neue Bürgerlichkeit<br />
schaffen.“<br />
Auf Sylt findet er Windkraftanlagen für nicht<br />
angemessen. „Aber warum soll kein Solarpark<br />
auf der Insel entstehen?“ Immerhin werben die<br />
Sylter mit ihrer überdurchschnittlichen Anzahl<br />
an Sonnentagen im Jahr, auch wenn es schon<br />
einmal schief geht, wie in 2011. Auf jeden Fall<br />
sollte die Insel seiner Meinung nach stärker in<br />
regenerative Energien investieren, auch wenn<br />
im Augenblick die Tendenz vorzuherrschen<br />
scheint, aus Tantiemegründen weiter beim<br />
bis he ri gen Großkonzern zu bleiben. Aber<br />
davon sollte sich keiner abhängig machen.<br />
Photovol taikanlagen auf den Dächern werden<br />
in Zukunft mehr Segen für das Portemonnaie<br />
und die Umwelt bringen.<br />
Außerdem setzt sich Dr. Andreas Tietze<br />
für die Elektrifizierung der Bahnstrecke<br />
von Hamburg nach Westerland ein. Nicht<br />
nur würden bei der jetzigen veralteten<br />
Technologie zweikommafünf Millionen Liter<br />
Diesel eingespart, die Fahrzeit von Hamburg<br />
nach Westerland würde sich um eine halbe<br />
Stunde verkürzen. Die Bahn könnte durch<br />
Windenergieanlagen entlang der Strecke ihren<br />
eigenen Strom einspeisen und sogar über eine<br />
zweite Leitung an Sylt Strom abgeben.<br />
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