syltimpuls Ostern 2012 - SYLTIMPULS | Das Nachrichtenmagazin ...
syltimpuls Ostern 2012 - SYLTIMPULS | Das Nachrichtenmagazin ...
syltimpuls Ostern 2012 - SYLTIMPULS | Das Nachrichtenmagazin ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Das</strong> Rathaus will größer werden<br />
In der Gemeinde Sylt wurde seit der Fusion viel gestritten.<br />
Meistens zeigte sich, dass die Fragen und Probleme, über die<br />
gestritten wurde, nicht oder nur wenig durchdacht waren. Es<br />
zeigte sich dabei immer wieder, dass Probleme zu früh zur<br />
Abstimmung gelangten und damit eine politi sche Feinabstimmung,<br />
die auch der Öffentlich keit gegenüber vertreten werden<br />
konnte, nicht möglich war. <strong>Das</strong> bedeutet nicht, dass sich alle im<br />
Gemeindeparlament einig sein müssen, aber es bedeutet, dass<br />
es wünschenswert wäre, wenn sich in der kommunalen Bürgervertretung<br />
stabi le und überzeugende Mehrheiten finden würden.<br />
<strong>Das</strong> wäre die Vor aussetzung dafür, dass eine Entscheidung der<br />
Gemeindevertreter auch die Zustimmung der Mehrheit der Bürger<br />
finden könnte.<br />
So ist nun vor wenigen Wochen ein neuer Strei tfall aufgetreten,<br />
der bereits kurz nach der Fusi on mit der Ankündigung begann,<br />
dass nun ein neues Rathaus gebaut werden müsse. <strong>Das</strong> historische<br />
Rathaus in Westerland macht zwar einen imposanten<br />
Eindruck, ist aber weit davon ent fernt, alle Mitarbeiter aufzunehmen.<br />
Daher gibt es vier verschiedene Standorte der Verwal<br />
tung. So recht wollte sich niemand an das<br />
Problem heran trauen, sodass erst einmal<br />
ein Gutachten abgewartet wurde, das zumindest<br />
gangbare Wege aufzeigen sollte.<br />
Aus dieser Absicht wur den drei alternative<br />
Pläne, wie das Rathaus in Zukunft<br />
durch Anbauten aussehen könnte. Es ergab<br />
sich nun die fatale Situation, dass die<br />
Ver waltung den Gemeindevertretern die<br />
alternieren den Pläne vorlegte und diese<br />
innerhalb von vier Wochen darüber entscheiden<br />
sollten, welches Modell umgesetzt<br />
werden soll.<br />
Bei der folgenden Diskussion fiel auf, dass<br />
das Rathaus als Arbeitsplatz für Menschen<br />
keinen hohen Stellenwert genoss. Seit Jahren<br />
wird in der Wirtschaft über arbeitsphysiologische<br />
Be dingungen diskutiert und<br />
gerungen, die die Ar beitswelt der Mitarbeiter<br />
verbessern und ihre<br />
Effi zienz erhöhen sollen. In der Diskussion<br />
in Sylt spielten diese Faktoren zumindest<br />
in den Äußerungen für die Öffentlichkeit<br />
keine Rolle. Sicherlich ist ein Hauptgrund<br />
darin zu sehen, dass eben nur eine Problemlösungszeit<br />
von vier Wochen vorgegeben<br />
war. Fürwahr eine zumin dest aus<br />
sozialer Sicht nicht vertretba re Situati on.<br />
Wie schwer es für Gemeindevertreter ist,<br />
in kurz er Zeit eine solche Entschei dung<br />
zu fällen, zeig te sich daran, dass einige<br />
Volksvertreter nach der Abstim mung im<br />
Fachaus schuss einan der die Frage stellten:<br />
„Wor über haben wir ei gentlich jetzt abgestimmt.“<br />
<strong>Das</strong> wir darüber schreiben soll<br />
keine Häme sein, es soll vielmehr deutlich<br />
machen, dass es sich bei den Vertretern<br />
der Bür ger im Gemeinderat keineswegs<br />
um Baufach leute handelt, die problemlos<br />
Baupläne lesen und verstehen können,<br />
sondern um Laien, deren Aufgabe darin<br />
besteht, die anstehenden Proble me politisch<br />
zu klären und zu lösen. Natürlich<br />
gehören dazu einige Sachkenntnisse, die<br />
zur po litischen Klärung beitragen, wie<br />
zum Beispiel die Frage nach dem physiologisch<br />
optimalen Ar beitsplatz oder die<br />
Frage, ob die Spielbank als wichtiger Beitrag<br />
Westerlands zum Ferientouris mus aus<br />
ihrer gewohnten Umgebung verbannt werden<br />
soll, wenn nicht einmal eine sinnvolle<br />
Alternative vorliegt.<br />
<strong>Das</strong> eigentliche Problem ist darin zu sehen,<br />
dass mehrere Fachleute sich monatelang<br />
Gedanken darüber gemacht haben,<br />
wie eine sinnvolle Al ternative für den Rathausanbau<br />
aussehen könn te. Viel geistige<br />
Kraft ist in diese Projekte ge flossen. Viele<br />
Argumente von Architektur, Stil, Geschmack,<br />
Farbwirkung und Effizienz sind<br />
ausgetauscht worden, um die vorliegenden<br />
Er gebnisse zu erzielen. Es ist daher nicht<br />
überra schend, dass die Politiker die anstehenden<br />
Pro bleme, gleich, welche Lösung<br />
sie favorisierten, nicht mit der nötigen<br />
Verantwortung in knappen vier Wochen<br />
in ihrer Freizeit lösen konnten. Monatelanges<br />
Nachdenken unter Fachleuten kann<br />
nicht von Politikern, die in aller Regel etwas<br />
anderes beruflich gelernt haben, in<br />
wenigen Wochen nachvollzogen werden.<br />
Es war daher ein Verdienst der SPD, dass<br />
die Entscheidung über die Zukunft des<br />
Rathauses noch einmal vertagt wurde.<br />
Glücklicherweise zog die CDU in dieser<br />
Frage mit. Somit besteht Anlass, darauf zu<br />
hoffen, dass die letzliche Ent scheidung bei<br />
der Bedeutung der Frage eine große Mehr<br />
heit bekommt.<br />
Es ist in diesem Fall zu wenig, nur über<br />
die Höhe der Kosten zu diskutieren, auch<br />
wenn die se Frage noch so wichtig ist. Die<br />
nicht unbedeu tenden Kosten für den Abriss<br />
vorhandener Bau ten, wie zum Beispiel<br />
für das Feuerwehrgerä tehaus und für den<br />
Neubau der geplanten Gebäude sollen bei<br />
etwa zehn Millionen € liegen. <strong>Das</strong> ist für<br />
einen Rathausbau des geplanten Um fangs<br />
eigentlich kein außergewöhnlicher Preis.<br />
So soll alleine das technische Rathaus in<br />
Frei burg dreizehn Millionen kosten, das<br />
neue Rat haus in Wittlich mit achtzehntausend<br />
Einwohn ern zehn Millionen, das<br />
Rathaus in Jühns dorf der Großgemeinde<br />
BlankenfeldeMahlow mit fünfundzwanzigtausend<br />
Einwohnern vier zehn Millionen<br />
und das Rathaus der Stadt Kleve<br />
drei zehn Millionen. Wichtig bei der Klärung<br />
dieser Frage muss es sein, dass die<br />
Mitarbeiter der Ver waltung nicht in irgendwelchen<br />
Notun terkünften oder unwürdigen<br />
Verschlägen arbei ten können.<br />
Sie haben das gleiche Recht auf würdige<br />
Ar beitsplätze, wie auch die Mitarbeiter<br />
der meisten deutschen Groß und Mittelbetriebe.<br />
<strong>Das</strong> ist eine politische Frage,<br />
deren Beantwor tung den ge wählten Gemeindevertretern<br />
zu steht. Allerdings muss<br />
vom Haushernn dafür gesorgt werden,<br />
dass während der Gemeinderatssitzung<br />
Beifalls bekundungen der Verwaltungsmitarbeiter<br />
zu un terlassen sind. Gewählte<br />
Volksvertreter haben unbeeinflusst von<br />
äußeren Einflüssen ihre Ent scheidungen<br />
zu fällen.<br />
5