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4 FRANKFURT<br />
Kolumne<br />
GRAFIK: BLU<br />
ZWISCHEN DEN ZEILEN<br />
Mir schwant Buntes, wenn<br />
ich daran denke, dass sich<br />
in diesem Jahr jene Begebenheiten<br />
von 1969 zum<br />
fünfzigsten Mal jähren, bei<br />
denen sich eine Ansammlung<br />
von Menschen, endlich der<br />
fortwährenden Demütigung,<br />
Ausbeutung, Gewalt und<br />
Ausgrenzung wider -<br />
setzte - bei einer Razzia in<br />
der Spelunke „Stonewall Inn“<br />
in der New Yorker Christopher<br />
Street.<br />
Denn seitdem erinnern wir<br />
uns mit unterschiedlichen<br />
Veranstaltungsformaten in<br />
den Sommermonaten daran,<br />
entweder in Anspielung auf<br />
den Geburtsort der Bewegung<br />
als „Christopher-Street-<br />
Day“ oder auf den damals<br />
auf immer mehr Lippen laut<br />
gewordenen Schlachtruf „Gay<br />
Pride“ und erneuern alljährlich<br />
unsere Forderungen nach<br />
Akzeptanz und Gleichstellung<br />
und nach dem Ende von<br />
Diskriminierung und Ausgrenzung.<br />
Da passt es, dass in diesem<br />
Jahr im <strong>GAB</strong>-Verbreitungsgebiet<br />
gleich an zwei neuen<br />
Orten CSDs stattfinden. Dabei<br />
ist der „CSD Mittelhessen“<br />
zwar ein alter Bekannter, aber<br />
findet er nach langer Pause<br />
in diesem Jahr mal wieder in<br />
Marburg statt. Zuvor war das<br />
Event einige Jahre in Wetzlar<br />
und in Gießen zuhause.<br />
Nagelneu ist dagegen der<br />
Hanauer CSD. Die Idee dazu<br />
gab es jedoch schon seit<br />
dem Jahr 2000. Wie gut sie<br />
aufgenommen wurde, zeigen<br />
der große positive Zuspruch<br />
und die zahlreichen Unterstützungsbekundungen.<br />
Dem<br />
Osten des Rhein-Main Gebietes<br />
schwant also Buntes ...<br />
... weiterlesen auf<br />
www.blu.fm/gab<br />
INTERVIEW<br />
MEIN OUTING WAR<br />
DIE BESTE ENTSCHEIDUNG<br />
Der Wahl-Frankfurter Ermir Blum<br />
hat Ende vergangenen Jahres am<br />
Mr Gay Germany Contest teilgenommen;<br />
obwohl er „nur“ den dritten Platz<br />
belegte, möchte er seine zum Contest<br />
gestartete, sehr persönliche Coming-<br />
Out-Kampagne #pinksheep weiterführen.<br />
Was dahinter steckt hat der<br />
23-jährige im Interview erzählt.<br />
Herzlichen Glückwunsch zum<br />
dritten Platz beim Mr Gay Germany<br />
2018-Contest! Deine Community-<br />
Kampagne #pinksheep beschäftigt<br />
sich mit Coming Out. Dein eigenes<br />
Outing verlief aber gar nicht so glücklich<br />
... Was ist passiert?<br />
Ich habe mit 20 Jahren meine erste große<br />
Liebe kennengelernt, man ist euphorisch<br />
und möchte die Freude auch gerne teilen. In<br />
meinem Freundeskreis ging das gut. Als ich<br />
irgendwann bei meinem Freund übernachtet<br />
hatte, wollte meine Mutter am nächsten<br />
Tag wissen, wo ich war. Ich habe gesagt, ich<br />
sei bei einem Kumpel gewesen, aber meine<br />
Mutter hat mir das nicht geglaubt und weiter<br />
gefragt. Sie meinte, du kannst mir alles<br />
erzählen, ich bin deine Mutter und liebe dich.<br />
Und ich dachte, jetzt kann ich’s ihr sagen,<br />
und habe die berühmten vier Worte ausgesprochen:<br />
Mama, ich bin schwul.<br />
Und dann ist meine Mutter total ausgeflippt,<br />
das glaubt man gar nicht. Sie hat mich<br />
angeschrien, die Halskette, die ich ihr zum<br />
Muttertag geschenkt habe und die sie immer<br />
getragen hat, abgerissen und mir hinterhergeworfen.<br />
Sie hat gesagt: Ich hoffe du stirbst,<br />
das wäre leichter zu verkraften und auch<br />
anderen gegenüber leichter zu erklären als<br />
dass mein Sohn schwul ist.<br />
Das hat mich sehr schockiert und gekränkt …<br />
Ich war dann sehr down, habe meine Sachen<br />
gepackt und bin zu meinem damaligen<br />
Freund gezogen. Meine Familie hat mich<br />
regelrecht gestalkt, Terroranrufe an meiner<br />
Arbeitsstelle gestartet, und das wurde alles<br />
so krass, dass ich mir einen Anwalt nehmen<br />
wollte.<br />
Trotz deiner schlechten Erfahrung mit<br />
deinem Outing bereust du<br />
deinen Schritt nicht?<br />
Nein. Meine Message ist: Nach dem Outing<br />
lebt es sich viel freier, viel glücklicher, viel<br />
entspannter. Erst dann lernt man sich selbst<br />
richtig kennen. Vorher verstellt man sich<br />
vor anderen und meint nur, dass das man<br />
selber sei.<br />
Diese Gefühle hattest du auch?<br />
Ja, das hatte ich. Und jetzt weiß ich, wer ich<br />
wirklich bin und bin sehr dankbar dafür. Und<br />
ich finde es schön, ein pinkes Schaf zu sein.<br />
Und ich möchte anderen auch zeigen, dass es<br />
schön ist, ein pinkes Schaf zu sein! Und man<br />
ist froh, wenn man sieht, wie groß die Herde<br />
pinkfarbener Schafe ist, die sich alle irgendwie<br />
unterstützen, auf die ein oder andere Weise.<br />
Mit der Kampagne möchte ich andere dazu<br />
bringen, ihre Geschichte zu erzählen, egal<br />
ob positiv oder negativ. Man kann schreiben,<br />
oder ein Video machen, egal, Hauptsache<br />
man sagt, ich bin ein<br />
pinkes Schaf!<br />
Da ich wusste, ich habe Leute, die hinter mir<br />
stehen, die mich jederzeit auffangen würden,<br />
dann habe ich’s getan und mich geoutet. Und<br />
das war wirklich die beste Entscheidung!<br />
*Interview: Björn Berndt<br />
Checkt Ermirs Kampagne unter<br />
#pinksheep auf Instagram<br />
Das komplette Interview gibt’s auf<br />
www.blu.fm/gab<br />
FOTO: PRIVAT