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FILM<br />
Aber gleichzeitig ist es auch schwer mit anzusehen, wenn eine<br />
tolle und wichtige Geschichte nicht erzählt wird. So wie die von<br />
Garrard, deren Filmrechte auch nach einem Jahr noch nicht<br />
verkauft waren. Also besser ich als niemand, dachte ich mir. Und<br />
warum soll ich meine Leidenschaft für dieses Thema nicht dazu<br />
nutzen, der LGBTIQ*-Community ein engagierter Verbündeter<br />
zu sein?<br />
Haben Sie dann schließlich Maßnahmen getroffen,<br />
damit Ihr Film – um es mal so auszudrücken – schwul<br />
genug ist?<br />
Zum einen hatte ich natürlich das große Glück, die volle Unterstützung<br />
von Garrard Conley zu haben. Ich habe lange Gespräche<br />
geführt mit ihm und, durch seine Vermittlung, auch mit anderen,<br />
die solche Therapien überstanden haben. Garrard hat die meisten<br />
meiner Drehbuchfassungen gelesen, er war oft am Set und auch<br />
später im Schneideraum. Ich habe lange mit ihm darüber gesprochen,<br />
wie wichtig es zum Beispiel ist, bei einem Film wie diesem<br />
dafür zu sorgen, dass vor der Kamera und auch in der Crew nicht<br />
nur Heterosexuelle vertreten sind. Und natürlich habe ich die Organisation<br />
GLAAD (Gay & Lesbian Alliance Against Defamation)<br />
mit ins Boot geholt, die in den USA so etwas wie die oberste Instanz<br />
in Sachen LGBTIQ*-Sichtbarkeit in den Medien ist. Denen<br />
habe ich mein Drehbuch vorab geschickt und finde ohnehin, dass<br />
jede Filmproduktion sich deren Segen holen sollte.<br />
Hatten Sie eigentlich während der Arbeit<br />
an „Der verlorene Sohn“ ein klares<br />
Bild von Ihrem Zielpublikum? Für<br />
wen haben Sie den Film gedreht:<br />
Eltern oder Kinder, Schwule<br />
oder Heteros?<br />
Das Spannende ist ja, dass man<br />
so etwas als Regisseur nie so wirklich<br />
weiß, weil ein Film sich immer<br />
selbst neu erfindet und sein eigenes<br />
Publikum findet. Zum Beispiel<br />
war ich anfangs fest davon überzeugt,<br />
einen Film über diese Konversionstherapie<br />
zu drehen, musste dann aber feststellen,<br />
dass er vor allem vom Thema Familie handelt. Natürlich richtet<br />
sich „Der verlorene Sohn“ auch an junge Männer wie meinen<br />
Protagonisten, die dabei sind, sich selbst zu finden, und lernen<br />
müssen, dass mit ihnen nichts falsch ist, sondern sie ihr eigenes<br />
Leben dürfen. Aber gleichzeitig sollte er nicht zuletzt von Eltern<br />
gesehen werden, denn die entscheiden darüber, ob eine Familie<br />
zusammenbleibt oder nicht. Wer sein Kind verstößt, tut nicht<br />
nur dem Kind, sondern auch sich selbst und der ganzen Familie<br />
etwas an. Das zu vermitteln, war mir eine Herzensangelegenheit.<br />
Eine letzte Frage noch, weil Sie die Wichtigkeit von<br />
queeren Darstellern schon erwähnten: Wie kamen Sie<br />
darauf, den schwulen Popstar Troye Sivan seine erste<br />
große Kino-Nebenrolle spielen zu lassen?<br />
Ehrlich gesagt war das eine Idee meiner Casting-Agentin. Ich<br />
wusste mit Troyes Namen nicht allzu viel anzufangen, nur dass<br />
er irgendwie durch YouTube bekannt geworden war. Sie wusste,<br />
dass er auch schauspielerisches Talent hat, und als ich sein<br />
Bewerbungsvideo sah, war ich begeistert. Und umgehauen von<br />
seiner Schönheit, denn Troye sieht ja wirklich wie ein Engel aus.<br />
Eigentlich hatte ich für die Figur, die er nun spielt, einen Gothic-<br />
Look im Sinn gehabt, aber für Troye habe ich das noch einmal<br />
über den Haufen geworfen. Das Gleiche gilt für seine musikalische<br />
Beteiligung am Film. Eigentlich wollte ich keine moderne<br />
Musik einsetzen, aber als er von sich aus anbot, etwas zum<br />
Soundtrack beizusteuern, konnte ich nicht widerstehen.<br />
*Interview: Jonathan Fink<br />
KINO<br />
Helmut Berger,<br />
meine Mutter und ich<br />
Ein Film, auf den man insgeheim gewartet hat.<br />
Zu lange schon schmunzelt man eher über diesen<br />
großen Mann der Film-, Kunst- und LGBTIQ*-Szene,<br />
der womöglich zu sehr Dandy und Lebemann ist für das<br />
durchschnittsdeutsche Gemüt.<br />
Was junge Leser leider nicht wissen: Helmut Berger ist viel,<br />
viel mehr als eine Lachnummer aus dem RTL-Dunstkreis.<br />
Nicht ohne Grund führen den Schauspieler auch populäre<br />
junge Wilde der Kunstszene wie etwa Thomas Götz von<br />
Aust als eine Inspirationsquelle an. Ein ungewöhnlicher<br />
Mann, dieser Berger! Der Film „Helmut Berger, meine Mutter<br />
und ich“, der am 7. <strong>März</strong> in den Kinos startet, ist ebenfalls<br />
durch und durch ungewöhnlich. Es ist kein Spielfilm, es ist<br />
die Annäherung eines Fans, Bettina Vorndamme, der sich –<br />
begleitet von einer Kamera – zusammen mit der Tochter auf<br />
den Weg macht, sein scheinbar gefallenes Idol kennenzulernen.<br />
Dank Filmemacherin Valesca Peters werden wir Zeuge<br />
einer Annährung zweier Menschen. Intim, kunstvoll und dem<br />
großen Berger, jenem Visconti-Star, gerecht werdend. *rä<br />
www.salzgeber.de<br />
DVD<br />
Alexander<br />
McQueen<br />
Der 1969 geborene britische<br />
Modedesigner war<br />
bis zu seinem Freitod<br />
am 11. Februar 2010<br />
DER Mann hinter Labels<br />
wie Givenchy und dem<br />
Image von Lady Gaga.<br />
Der im April auf DVD<br />
erscheinende Dokumentarfilm<br />
„ALEXAN-<br />
DER MCQUEEN – DER FILM“ von Ian Bonhôte und Peter<br />
Ettedgui ist eine intensive und sensible Würdigung des<br />
Genies. Privates Archivmaterial, Videoaufnahmen seiner<br />
spektakulären Modenschauen und Interviews mit seinen<br />
Weggefährten zeichnen das Bild eines kreativen Punk, der<br />
Mode und Erotik liebte. „My shows are about Sex, Drugs<br />
and Rock ’n’ Roll” – das war sein Motto. Ohnehin war ihm<br />
nichts ferner, als etwas zu verheimlichen. „Ich war mir und<br />
meiner Sexualität immer sicher und habe nichts zu verstecken.<br />
Ich ging direkt vom Schoß meiner Mutter auf eine<br />
Schwulenparade.“ *rä<br />
FOTO: SALZGEBER