HANDEL & AFTERSALES Neuzulassungen Verschiedene Gründe für Rückgang bei Neuwagen Der Schweizer und Liechtensteiner Automarkt hat die 300 000er-Marke im vergangenen Jahr um weniger als 300 Neuwagen knapp verpasst. Die neuen WLTP-Bestimmungen sind nur ein Grund dafür. André Bissegger 112 <strong>März</strong> <strong>2019</strong> | <strong>AUTOINSIDE</strong>
HANDEL & AFTERSALES Siebenmal in Folge wurde zuletzt die Marke von 300 000 Neuzulassungen von Personenwagen übertroffen. 2018 riss die Serie ab <strong>–</strong> wegen 285 fehlenden Neuimmatrikulationen. Im Vergleich zum Vorjahr fällt der Rückgang jedoch deutlicher aus: Über 14 300 fehlen auf der Rechnung. Das ist ein Minus von 4,6 Prozent. Auto-Schweiz sieht die neuen WLTP-Bestimmungen als Ursache. «Der Rückgang ist mit der Einführung des neuen, deutlich aufwendigeren Testzyklus WLTP für sämtliche neuen Personenwagen im vergangenen September erklärbar. Viele Fahrzeugauslieferungen mussten auf das neue Jahr verschoben werden», sagte Auto-Schweiz- Mediensprecher Christoph Wolnik. Denkbar ist auch, dass wegen der bestehenden Unsicherheiten im Zusammenhang mit den WLTP-Bestimmungen die sonst übliche Endjahres-Rally weniger intensiv als in anderen Jahren stattgefunden hat. Das führte zu weniger Tageseinlösungen im Dezember. Umstieg auf Elektromobilität Eine kleine Umfrage in der Branche zeigt jedoch, dass WLTP nur ein Teil im «Rückgang-Puzzle» ist. «Die neuen WLTP-Bestimmungen und die damit verbundenen Lieferverzögerungen führten bei uns nur zu geringfügigen Problemen», sagt Toni Suter, Leiter Marketing bei der Ernst Ruckstuhl AG. «Allerdings bewegt sich die Branche allgemein in einem anspruchsvollen Marktumfeld.» Speziell bei Ruckstuhl war, dass 2018 einige Kunden den Umstieg auf Elektrofahrzeuge vollzogen hätten. «Diese haben eine lange Lieferfrist und können entsprechend erst in diesem Jahr ausgeliefert werden.» Für Suter ist daher klar: «Es sind verschiedene Punkte, die mitspielten. Kumuliert führten sie dazu, dass die Zahl der verkauften Neuwagen unter die 300 000er-Grenze rutschte.» Dieselthematik als Puzzleteil Andri Zisler, Präsident der AGVS-Sektion Graubünden, schliesst sich an: «Es war eine Kombination respektive Verkettung von verschiedenen Umständen, die zu diesem Rückgang geführt hat.» Bezüglich WLTP sagt er: «Einige Fahrzeuge konnten wegen den neuen Bestimmungen nicht rechtzeitig geliefert werden. Die Messungen benötigten viel mehr Zeit als gedacht, was völlig unterschätzt wurde.» Zudem hätten nicht mehr alle Modelle geliefert werden können, da sie wegen WLTP aus der Palette gefallen seien. «Dadurch müssen sich die Kunden neu entscheiden, was ebenfalls weder Zeit braucht.» Die Dieseltematik ist ein weiteres Puzzleteil. «Der Dieselumbruch führte dazu, dass weniger Autos verkauft wurden», ist Zisler überzeugt. «Die Kunden wurden unnötig verunsichert und zögerten den Neuwagenkauf hinaus.» «Vorbezug holt uns ein» Auch bei Honda- und Mitsubishi-Vertreterin Bettina Schmid war «Der Dieselumbruch führte dazu, dass weniger Autos verkauft wurden. Die Kunden wurden unnötig verunsichert und zögerten ihren Neuwagenkauf hinaus.» Andri Zisler René Mitteregger, Produktmanager und Statistikexperte Auto-i-dat. «Auftragsbücher der Hersteller sind bis Mitte des nächsten Jahres voll» René Mitteregger, Statistikexperte bei Auto-i-dat, hat den Dezember 2018 mit den Vorjahren verglichen. Sein Fazit: «Die Tageseinlösungen bewegen sich auf dem Niveau der Vorjahre.» Er konnte nicht feststellen, dass einzelne Importeure oder Hersteller wegen der neuen WLTP-Bestimmungen auf die sonst üblichen Endjahres-Rally verzichtet haben <strong>–</strong> und entsprechend die Tageseinlösungen zurückgegangen wären. WLTP kein grosses Thema. «Es gab keine respektive nur vereinzelte Verzögerungen», sagt die Geschäftsführerin der Garage B. Schmid AG. «Diese betrugen aber maximal einen Monat. Unsere Hersteller hatten dies gut im Griff und es gibt in unserem Portfolio nicht viele Bestellungen, die noch nicht ausgeliefert worden sind.» Zudem würden sie die Endjahres-Rally nicht kennen: «Wir müssen Ende Jahr nicht auf Druck der Importeure noch möglichst viele Neuwagen einlösen. Alle Autos, die wir immatrikulieren, sind auch verkauft.» Über die ganze Branche gesehen, könnten WLTP und Endjahres-Rally aber sicher Gründe für den Rückgang gewesen sein, vermutet sie. Bettina Schmid hat eine weitere Erklärung: «In den vergangenen Jahren hat ein Vorbezug stattgefunden.» Viele Kunden, die noch länger mit ihrem alten Auto fahren wollten, hätten aufgrund der grossen Rabatte und Eintauschprämien früher ihr Fahrzeug gewechselt. «Dieser Vorbezug holt uns jetzt ein.» < Der Statistikexperte vermutet vielmehr eine Kombination aus verschiedenen Gründen, die für den Rückgang bei den Neuwagenzulassungen verantwortlich war: einerseits die neuen WLTP- Bestimmungen, andererseits eine verunsicherte Bevölkerung. «Die neuen WLTP-Bestimmungen haben dazu beigetragen, dass viele Autos nicht ausgeliefert werden konnten», sagt er. «Durch die rasche Einführung von WLTP waren viele noch Prüfstrassen noch gar nicht vorhanden. Das führte zu Lieferverzögerungen.» Es dauerte darum nicht wie sonst sechs oder sieben Monate, sondern neun bis zwölf Monate, bis das Fahrzeug beim Kunden ankommt. Angst muss aber niemand haben: «Die Auftragsbücher der Hersteller sind bis Mitte des nächsten Jahres voll.» Gleichzeitig sei die Bevölkerung verunsichert. Sie wisse nicht, ob sie Dieselfahrzeuge kaufen könne oder ob bald Fahrverbote drohen würden. Dazu komme das diffuse Werbetreiben der Branche. So werde momentan nur für E-Mobilität geworben. «E-Autos sind aber teurer, als herkömmliche Fahrzeuge. Daher warten viele Kunden mit dem Neuwagenkauf noch ab.» Sie würden entweder ihr altes Auto länger fahren oder einen Gebrauchtwagen kaufen, vermutet er. Gesuch Gefunden. Die Nr. 1 mit grösstem Lager und bequemem Onlineshop. shop.hirschi.com rz_28700817002_Hirschi_187x29mm_Gefunden_d.indd 1 30.08.17 10:28 <strong>AUTOINSIDE</strong> | <strong>März</strong> <strong>2019</strong> 113