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eleuchtet: Eine Seefahrt, die ist…<br />

entdec<strong>ke</strong>n kann. Wir lassen uns auch noch mal den Wetterbericht<br />

geben und es sieht alles gut aus. Dabei hatten einige beim Abendbrot<br />

von einer Unwetterwarnung gesprochen. Gemun<strong>ke</strong>lt wurde von<br />

„Regen, Gewitter, Schnee, Hagel und Lawinen“ – Seemannsgarn also?<br />

Ich kann es nicht sagen, denn ich schlafe wie ein Stein.<br />

Am nächsten Morgen möchten die Taucher die Veran<strong>ke</strong>rung am<br />

Mast der Station prüfen, da ich das schlecht beobachten kann,<br />

geselle ich mich zu Stefan und Christoph ins Labor. Die beiden<br />

Wissenschaftler bestimmen die Dichte und den Salzgehalt ihrer<br />

Wasserproben – beides schwankt in der Ostsee stark, denn die<br />

Ostsee ist ein Brackwassermeer. Hier mischen sich Süßwasser aus<br />

Flüssen und Salzwasser aus der Nordsee – aber eben nicht richtig.<br />

Salzgehalt und Temperatur, diese Größen messen die Messstationen<br />

mithilfe von elektrochemischen Sensoren stündlich und<br />

senden sie ans Institut auf dem Festland. Allerdings messen diese<br />

Sensoren mit der Zeit etwas ungenau und müssen daher mit aufwendigen<br />

Labormessungen überprüft werden. Das Gerät für die<br />

Salzgehaltsmessung scheint mir so groß wie ein kleiner Kühlschrank<br />

und leuchtet geheimnisvoll.<br />

Ich staune nicht schlecht, als Stefan eine Flasche mit der Aufschrift<br />

„Standard Sea Water“ aus dem Schrank holt und damit<br />

das Salzgehaltsmessgerät kalibrieren möchte. „So eine Flasche<br />

kostet mehr als Schnaps“, sagt Christoph. Etwa 50 Euro soll so<br />

eine Flasche kosten, weil die praktische Salinität (eine Maßeinheit<br />

für den Salzgehalt) seit vielen Jahren auf 5 Stellen hinter<br />

dem Komma genau gleich ist.<br />

Christoph ist Physi<strong>ke</strong>r bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt<br />

für Metrologie. Das, so erklärt er mit, hat nichts mit dem<br />

Wetter zu tun, sondern mit der Kunst, richtig zu messen und alle<br />

Messungen auch vergleichbar zu machen.<br />

Die Tage vergehen wie im Flug. Montagabend brechen wir zur<br />

Station in der Oderbucht auf. Unser Schiff fährt spritsparend: Es<br />

wird immer so langsam wie möglich gefahren, am besten über<br />

Nacht. Dienstagmorgen erwache ich und kann die Kräne des<br />

Hafens von Swinemünde sehen, welches schon in Polen liegt. Ein<br />

Matrose zeigt mir Ahlbeck auf Usedom am Horizont.<br />

Ich verbringe die Tage damit, wahlweise Sauerstoffkonzentrationen<br />

zu bestimmen oder an Deck den Leuten bei der Arbeit<br />

zuzuschauen und sie mit Fragen zu löchern.<br />

Sie erzählen mir, dass die Fahrten zu den MARNET-Stationen sehr<br />

entspannt verlaufen. Auf anderen Seereisen wird rund um die Uhr<br />

gearbeitet. Sobald man an einer Station angekommen ist, werden<br />

die Messgeräte ins Wasser gelassen, die Proben gesammelt<br />

und weiter geht es – egal welche Uhrzeit. Es herrscht Schichtbetrieb,<br />

denn<br />

die Zeit auf<br />

dem Schiff ist<br />

teuer: Unser<br />

Schiff zum Beispiel kostet<br />

7000 Euro am Tag<br />

und Forschungsgelder<br />

sind immer knapp.<br />

Mittwoch an<strong>ke</strong>rn wir<br />

bei der Station vor dem<br />

Arkonabec<strong>ke</strong>n vor Rügen.<br />

Diese Station darf ich auch einmal besuchen. Fahrtleiter Wolfgang,<br />

ein Ingenieur, der die autonomen Messstationen in den<br />

90ern mitentwarf, nimmt mich im Schlauchboot mit. Vom Wasser<br />

aus wirkt unser Schiff riesig. Der Matrose, der das Schiff steuert,<br />

gibt Gas und wir jagen über das Wasser.<br />

Weil die Messstation abhängig vom Ballast wie ein Schiff tiefer<br />

und höher im Wasser liegen kann, und schon 4 Techni<strong>ke</strong>r oben<br />

sind, hole ich mir nasse Füße, als ich auf das Trittbrett der Station<br />

steige. Ich klettere eine Leiter hinauf, und stehe auf einer<br />

kleinen Plattform, wo man zu sechst geradeso Platz hat. Es stinkt<br />

nach Möwenmist. Die Vögel freuen sich über solch eine Sitzgelegenheit.<br />

Die Techni<strong>ke</strong>r freuen sich nicht über die Vögel. Einer<br />

versichert mir, dass der Kot, bevor sie die Station am Morgen<br />

gesäubert haben, fünfmal so hoch stand. Während zwei Techni<strong>ke</strong>r<br />

die Messinstrumente aus dem Wasser ziehen und sie von<br />

Bewuchs säubern, führt mich Wolfgang herum.<br />

Die Station besitzt durch ein kleines Windrad und Solarpanele<br />

eine autonome Stromversorgung. Zwei Akkus sorgen dafür, dass<br />

auch immer Strom vorhanden ist. Es gibt eine Antenne für die<br />

Internetverbindung. Nicht zu sehen sind die Mess<strong>ke</strong>tten unter<br />

Wasser. Auf acht verschiedenen Tiefen wird hier gemessen. Weiter<br />

draußen im Messfeld kommuniziert ein Strömungsmesser über<br />

akustische Signale mit der Messstation. Zum Schluss zeigt Wolfgang<br />

mir das Herz der Messstation: in einem kleinen Container<br />

ist ein kleiner Computer zu sehen und daneben ein noch kleinerer<br />

Handheld-PC der auch noch 15 Jahre älter ist. Eigentlich kann<br />

der kleine Computer alle Aufgaben der Station übernehmen, da<br />

jedoch langsam nicht mehr kompatibel ist, übernimmt der neuere<br />

nach und nach alle Aufgaben, verbraucht aber leider auch<br />

ein zehnfaches an Strom.<br />

Zurück an Bord nähert sich meine Fahrt leider dem Ende entgegen.<br />

Schon den nächsten Morgen laufen wir wieder in Rostock<br />

ein. Eine Taucherin warnt mich noch vor der Landkrankheit, wenn<br />

der Körper unterbewusst versucht Wellen auszugleichen, die gar<br />

nicht da sind....

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