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April 2019 - coolibri Essen

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INTERVIEW<br />

E i n e G e s t e<br />

d e s S c h i c k s a l s<br />

Maxa Zoller ist der neueKopf desInternationalen Frauenfilmfestivals, das jährlich wechselnd in Dortmund<br />

und Köln stattfindet. Vordem Amtals Festivalleiterin warsie als freieFilmkuratorin undDozentinfür<br />

ExperimentalfilmgeschichteinKairo tätig.ImGespräch mitLukas Vering verrät sie, wassie an<br />

ihrerneuen Heimat schätzt, welche Impulsesie zum Festival mitbringt und welche Visionensie für die<br />

Zukunftdes Filmshegt.<br />

Frau Zoller,was haben Sieals Erstes getan, alsSie erfahren haben,dass<br />

Siedie Leitungdes Frauenfilmfestivals übernehmen werden?<br />

Da saßich gerade in einemCaféinKairound habeper WhatsApp dieNachrichtbekommen,dassman<br />

mich noch maltelefonisch sprechen will.Da<br />

warmir schon klar,dassesgeklappt hat. IchhabemeinenCappuccino<br />

ausgetrunken,bin aufdem RadnachHausezur meiner Familiegefahren<br />

undja, ichglaube, dann habeich erst maleineTräneverdrückt(lacht).<br />

Siesindfür das Festival direkt vonKaironachDortmund<br />

gezogen. WelcheArt vonKulturschockerlebtman da?<br />

Da bräuchte ichein Wort,das Schock positivbeschreibt.<br />

Ichbin im Altweibersommer hergekommen undwar direkt<br />

angetanvon derklarenLuft, demfrischen Wasser undder<br />

Ruhe vordem lauten VerkehrschaosKairos.Ich fühlte<br />

mich,als seienKopfund Geistineinen gesundenZustand versetzt worden.<br />

Nurwie früh dieLäden schließen,war gewöhnungsbedürftig.<br />

Warumwollten Siedennzum Frauenfilmfestival?<br />

Einerseits sahich hier dieMöglichkeit, meineErfahrung undExpertise einembreiten<br />

Publikum zu zeigen.Ich beschäftigemichschon langemit<br />

Film im akademischen Bereich, womitich aber nureinerelativ kleine Zielgruppe<br />

erreiche.Andrerseits reizte mich,wie klar definiertdie politische<br />

Nische ist, in derdas Festival arbeitet. So kann mandie gewähltenKampfplätzegut<br />

bespielen. Tatsächlich hatmichaberauch derStandort angesprochen.Ich<br />

hatteschon seit zwei Jahren so eine Vorahnung, dass ichin<br />

denRuhrpottkomme…als mir eine Freundin dieAnzeigeüberFacebook<br />

weiterleitete, wusste ich: Dasist eine Gestedes Schicksals.<br />

Filmstill aus „Dykes,Camera, Action!“<br />

4<br />

Foto: IFFF<br />

Ihre Vorgängerin SilkeJ.Räbiger hat<br />

das Festival 30 Jahrelangbegleitet –<br />

ziemlich großeSchuhezum Füllen.<br />

KommtdaNervosität auf?<br />

Ehrlichgesagt: Ja!Esist daserste<br />

Mal, dass ichlerne,ein Auto zu fahren<br />

undesgleichzeitigüberdie Straße lenkenmuss.<br />

Gegenüber demFestival<br />

verspüreich aber keine Nervosität, ich<br />

habeVertrauen in dasProgrammund<br />

dastolle Team,das ichgeerbthabe.<br />

„Sehen Sie im Kino<br />

oder Fernsehen<br />

wirklich, wasdie<br />

deutsche Bevölkerung<br />

ausmacht?Nein!“<br />

WelcheneuenImpulse bringenSie mitzum Frauenfilmfestival?<br />

Wichtigist mir etwa,Diversität noch mehr hervorzuheben. Wirleben in einemLandmit<br />

internationalemKontext,aberdavon spiegelt sich wenigauf<br />

denLeinwändenwider.InZukunft willich auch dasThema Klasse ansprechen<br />

–umverbindlicher über gesellschaftlicheThemenzureden.Klasse<br />

istein Begriff,mit demsichDeutscheunwohlfühlen, aber dasThema<br />

mussauf denTisch.<br />

DasaktuelleMotto desFestivals heißt„Bilderfallen:Täuschungen,Tarnung,Maskerade“.<br />

WarumdiesesThema?<br />

AusakademischerSicht geht es darum, dass mandie<br />

Wertedes Zeitalters derModerne,von demwir unsjagerade<br />

verabschieden, insSchwanken bringt undumdenkt.<br />

Eine Bilderfalleist etwas, wasdie Wahrheit als Illusion<br />

darstellt, zumindest füreinen Moment.Dem Publikum bringenwir diese<br />

Ideennäher,indem wir Filmezeigen,die wieRätselfunktionieren. Es sind<br />

knifflige Geschichten, an derenEndeman erst merkt,dassman dieganze<br />

Zeit veräppelt wurde. DerZuschauer soll nachherein neuesGefühlfür<br />

Filmkulturhaben,sollhinterfragen, soll aktivagieren,statt nurzukonsumieren.<br />

Im Februarwaren Sieauf derBerlinalebeimEvent „Gender, Genreand Big<br />

Budget“vertreten.Was wardie wichtigste Erkenntnis,die Sieaus dendortigenDiskussionen<br />

mitgenommen haben?<br />

Hier hatnatürlichBerlinale-Direktor Dieter Kosslick dieVerpflichtung unterschrieben,bis<br />

2020 Leitungund Gremienparitätischzubesetzen.Persönlich<br />

berührt hatmichzudem einSatzaus derDiskussionmit Hollywood-ProduzentinGaleAnneHurd(„Terminator“,<br />

„Aliens“ u. a.), dieerzählte,dassimmer<br />

wenn einerihrerFilmegefloppt istund keinermehrihre<br />

Anrufeannahm,esalteFreundinnen undBekannte waren, diesie wieder<br />

ausdem Loch herausgeholt haben.Netzwerke undFreundschaftenimBerufsindfür<br />

Frauen besonders wichtig.<br />

Für manche Leuteist das Wort „Quote“jagleichein Reizthema…<br />

Derinternationale Erfolg gibtjeder Quote Recht. Das istnur einReizthema<br />

für diejenigen,die aufdem Thronsitzenund nichtrunterwollen.<br />

Aufdie Frage,warum Frauen im Mainstream-Kinounterrepräsentiert<br />

sind, antwortete Ihre Vorgängerin Frau Räbiger vorzweiJahren,esliege

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