April 2019 - coolibri Essen
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THEMA<br />
Foto: Daria Modin /Purple Pandaz Gang<br />
Foto: Stefan Stahlschmidt<br />
Für Ahmet Sismanstecken hinter<br />
derBewegung vomClubhin zum<br />
Festival größere gesellschaftliche<br />
Prozesse: „AttraktiveFormatesind<br />
heute die, wo dieLeute sich selber<br />
inszenierenund darstellen können.<br />
Inzwischen wirddanachausgewählt,<br />
wassichgut im Instagram-<br />
Profil macht.Darum boomenVeranstaltungen<br />
mitHappening-Charakter in einzigartigenLocations.<br />
Das istdie neue Ausgehkultur.“ Das größte<br />
Potenzialfür dieRegionsieht Sisman daher<br />
in ihrenaußergewöhnlichen Spielorten.„Im<br />
Grunde hatjedeStadt einenOrt wieZollverein<br />
oder denDuisburgerLandschaftspark. DieseOrte<br />
könnendas Aushängeschildder Region werden,<br />
dieüberall Aufmerksamkeiterregen.“Industriebrachen<br />
zu Ravebunkernumzufunktionieren,klingt<br />
nach einemPatentrezeptfür den<br />
Pott,ganzsoeinfachsei dieUmsetzunglaut<br />
Sismanabernicht:„DieBehördengänge sind<br />
kompliziert. DiePersoneninden Ämtern sind<br />
kaum motiviert, sich mitdem Themaauseinanderzusetzen.Zudem<br />
wirdDeutschland durch all<br />
seineBürokratieinsgesamt als Standort für<br />
Festivals unattraktiv.“ Eine Kritik, dieauch Jonathan<br />
teilt, dermit seinem Kollektivanfangs<br />
halblegale Open-Air-Partysorganisierte:„Es<br />
fehltdie liberaleEinstellungvon deröffentlichen<br />
Seite. In denNiederlandenetwagibt’sfür<br />
RavesUnterstützungvom Staat.“<br />
FürmehrKoexistenz<br />
„Clubs müssensichbreiter aufstellen“, mahnt<br />
Korthals,der mitder Rotundeein gutes Beispiel<br />
abgibt.Die Räumewerdennicht nurfür Partys<br />
genutzt, auch Konzerte,Märkte, Comedy und<br />
mehr beherbergt dasehemalige Bahnhofsgebäude.Gemeint<br />
istaberauch dieinhaltliche<br />
Aufstellung innerhalb desPartyprogrammes:<br />
„Clubs müssenSubkultur undPopuläresverbindenlernen.<br />
Mansieht sowieso schon viel mehr<br />
Koexistenz,etwabei derFloor-Belegung, wo nischigerTechnoneben<br />
Trash-Popsteht.“ Nurbeliebig<br />
dürfeman dabeinicht werden.Stattdessenmüsse<br />
einClubseine Nische finden, um das<br />
Bestehende einerStadt oder Region zu ergänzen,<br />
nichtzuwiederholen.„Wichtigist außerdemdie<br />
Zusammenarbeitund<br />
Einbindung<br />
lokaler Akteure:Inder<br />
Rotunde<br />
gebenwir ganze<br />
Abende in dieHände<br />
verschiedenerBochumer<br />
Kollektive,<br />
dieihre innovativen<br />
Ideenmitbringen<br />
undinunseren Räumenausgestalten.“<br />
SteffenKorthalsaka Dash Dazu gehört auch<br />
„Attraktive<br />
Formatesind<br />
heutedie, wo die<br />
Leutesichselber<br />
inszenieren und<br />
darstellen können“<br />
Jonathans KollektivSpontan Bochum,das<br />
sein Publikum über die<br />
spontanenOpen-Air-Partysgenerierte<br />
undsie nunmit in denClub<br />
bringt.Überdiese Wege kann also<br />
doch so etwaswie Szeneentstehen,<br />
in derdie dringend notwendige<br />
Innovationskraftbrodelt.Darum<br />
siehtKorthals alias Dashtrotz Hürdenund Problemen<br />
dieLagedes Nachtlebensoptimistisch:<br />
„Wir solltenuns nichtmit Berlin oder London<br />
vergleichen, dasist einganzanderes kulturelles<br />
Setting.Generellhaben wir es hier nicht<br />
schlecht, wenn manVergleichemit anderenRegionen<br />
zieht: Ständigfindensichneue Kollektive,die<br />
mitihrer starken DIY-Mentalität selber<br />
Dinge aufbauen undImpulse gebenwollen. Dazu<br />
schießtfastjeden Monateineneue Partyreihe<br />
aus demBoden,DJs kommen aus demAusland,umhieraufzulegen,<br />
dieZahlanMusikproduktionenund<br />
Labels aus demRuhrgebiet ist<br />
beachtlich,das Publikum grundsätzlichda. Im<br />
Pott istschon waslos.“<br />
DieZukunft des Clubs<br />
„Ich glaubenicht,dassdas Modell ,Club‘ irgendwann<br />
aussterben wird“, meintKorthals deswegen.<br />
„Esist zeitlos, egal waskommt.Das,was<br />
im Club passiert,richtet sich an eingrundlegendesBedürfnis<br />
desMenschen. DerClubist ein<br />
Ortder Heterotopien,der Übergänge,womöglich<br />
wird, waswoandersnicht geht.Esist eine<br />
ArtKorrektiv zu dem, wasinder Arbeitswoche<br />
passiert.Hierkann mansichrauslassen, verströmen,zerstreuen,<br />
verlieren im Sound, im<br />
Licht, in derMenge.“Auch Jonathanglaubt an<br />
dasFortbestehendes Clubsund seinekulturelle<br />
Funktion:„EinClubschafft Freiräume, diees<br />
sonstnicht gibt. MarginalisierteGesellschaftsteile,<br />
Freaks,Freigeister –ein Club mussein<br />
Abenteuerspielplatz für Erwachsene sein und<br />
politische Ideale vertreten.“ Dabeimüsse es<br />
egal werden,wer auflegt. „Wir dürfen denHype<br />
um große, teure Namennicht mehr mitmachen.<br />
Das Publikum mussimMittelpunktstehen–<br />
DJssindimEndeffektnur Dienstleister.“Ahmet<br />
Sismansetztnachder Schließungdes Studios<br />
im <strong>April</strong>,dem aktuellen Zeitgeistfolgend,erst<br />
malauf Events mitHighlightcharakter.„Mit<br />
spektakulärenEventskönnen Clubsmomentan<br />
inhaltlich nurschwermithalten undgehen medial<br />
unter.“Der GlaubeaneineTrendwende ist<br />
aber genausoda, wiebei Steffen Korthals:„Ich<br />
glaube, dieLeute werden irgendwann genughabenvom<br />
ewigen Drumherum undder Immermehr-Mentalität.ImUndergroundgibtesschon<br />
Trends hin zu Entschleunigung,Downsizing, Reduktion.<br />
Wenn diePopcornmaschineund der<br />
Wandteppich zumSelfie-Schießen verschwinden,<br />
wirdman sich wieder aufdas Wesentliche<br />
konzentrieren: Raum undMusik!“ LukasVering<br />
Gesellschafter:<br />
Förderer:<br />
Festivalsponsoren und Unterstützer:<br />
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