01.04.2019 Aufrufe

syndicom magazin Nr. 10

Seit langer Zeit schon setzen wir uns für die Arbeitsrechte im Bereich Logistik, ICT und Medien ein. Gute Arbeitsbedingungen sind und waren dabei stets das Ergebnis von gemeinsamen Erfolgen. Sei Teil unserer Bewegung und gestalte mit uns deine Zukunft!

Seit langer Zeit schon setzen wir uns für die Arbeitsrechte im Bereich Logistik, ICT und Medien ein. Gute Arbeitsbedingungen sind und waren dabei stets das Ergebnis von gemeinsamen Erfolgen. Sei Teil unserer Bewegung und gestalte mit uns deine Zukunft!

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

20 Arbeitswelt<br />

«Damit in der flexiblen digitalen Arbeitswelt nicht die<br />

soziale Absicherung vergessen geht.» Lena Allenspach<br />

Vorwärts mit der Regulierung von<br />

Crowdwork­Plattformen<br />

Erste Schritte mit dem neu unterzeichneten Code of Conduct<br />

zwischen der Crowdwork­Plattform Mila und <strong>syndicom</strong>.<br />

Irgendwas stimmt da nicht. Meine<br />

Swisscom­TV­Box hängt sich immer<br />

wieder auf. Den Anfang der «Tagesschau»<br />

habe ich jetzt sicher fünfmal<br />

gesehen. Ein Problem am Gerät kann<br />

ich nicht erkennen. Ich brauche technische<br />

Unterstützung. Sofort. Ich<br />

schaue mich online nach Hilfe um<br />

und sehe zwei Möglichkeiten: Ich melde<br />

mich direkt bei Swisscom, oder ich<br />

buche jemanden über Mila.<br />

Mila ist eine Crowdwork­Plattform,<br />

auf der einfache technische Arbeiten<br />

an Crowdworker vergeben und<br />

von ihnen vor Ort erledigt werden können.<br />

Die Plattform verspricht schnelle<br />

und zeitlich flexible Ausführung kleiner<br />

Aufträge durch eine Person aus<br />

der Umgebung bzw. ein lokales Unternehmen.<br />

Swisscom hat unterdessen<br />

<strong>10</strong>0 % der Anteile am Startup Mila<br />

übernommen und steigt mit dieser Investition<br />

in die Plattform­Ökonomie<br />

ein.<br />

Mehr Schein als Sein<br />

Klingt gut? Ist aber leider mehr Schein<br />

als Sein. Denn obschon die neue<br />

Arbeits form Crowdwork sich längst in<br />

der Schweiz etabliert hat, fehlt es nach<br />

wie vor an spezifischen kollektiven<br />

Absiche rungen, Regulierung und<br />

Sozial versiche rungs ansprüchen für<br />

Crowdworker. Sozial abgesichert sind<br />

vor allem Arbeitnehmende, die in einem<br />

Betrieb mit Gesamtarbeitsvertrag<br />

beschäftigt sind. Es ist also unabdingbar,<br />

dass die Gewerkschaft<br />

<strong>syndicom</strong> versucht, solche Plattformen<br />

zu regulieren und einen verbindlichen<br />

Rahmen für gute Arbeitsbedingungen<br />

zu schaffen.<br />

Genau dies ist das Ziel des kürzlich<br />

unterzeichneten Code of Conduct<br />

(Verhaltenskodex) mit der Plattform<br />

Mit der Vereinbarung sind die Plattform­Arbeitenden<br />

besser geschützt. (© Tom Kawara)<br />

Mila. Unterzeichnet von Mila und <strong>syndicom</strong>,<br />

ist er der erste seiner Art und<br />

ermöglicht die Regelung einer digitalen<br />

Plattform für ihre Tätigkeiten in<br />

der Schweiz. Der Kodex enthält die<br />

Verpflichtung der Plattform, die Aufträge<br />

auf ihre Gesetzeskonformität zu<br />

prüfen, und die Verpflichtung, die<br />

Crowdworker über die Gesetzeslage<br />

aufzuklären. So kann Mila u. a. von<br />

den Crowdworkern den Nachweis<br />

über die Anmeldung und korrekte Abrechnung<br />

bei den Sozialversicherungsbehörden<br />

verlangen.<br />

Die Plattform verpflichtet sich, die<br />

(inter)nationale Rechtsordnung und<br />

das Recht auf kollektive Vertretung<br />

der Crowdworker zu achten sowie klare<br />

Aufgaben und einen angemessenen<br />

Zeitraum zu ihrer Erfüllung zu definieren.<br />

Weiter enthalten sind Regelungen<br />

zum Datenschutz und Schutz<br />

der Privatsphäre.<br />

<strong>syndicom</strong> hat den Grundstein gelegt<br />

<strong>syndicom</strong> nimmt mit diesem Code of<br />

Conduct eine Vorreiterrolle bei der<br />

Regulierung von digitalen Plattformen<br />

ein. Die starke Sozialpartnerschaft<br />

mit Swisscom und der vorbildliche<br />

Gesamtarbeitsvertrag bilden<br />

eine gute Grundlage, um den Code of<br />

Conduct weiterzuentwickeln. Der Abschluss<br />

ermöglicht ein Monitoring<br />

der Arbeitsbedingungen bei Mila und<br />

bei Bedarf auch Interventionen. Damit<br />

in der Arbeitswelt von morgen der<br />

Wunsch nach Flexibili tät nicht auf<br />

Kosten der Arbeitsbedingungen und<br />

der sozialen Absicherung realisiert<br />

wird!<br />

Lena Allenspach<br />

Aktuelle Infos zum Crowdworking:<br />

bit.ly/2GOC3JI<br />

Praktika – Lohndruck<br />

durch die Hintertür<br />

Eins vorneweg: Natürlich gibt es Praktika,<br />

deren AbsolventInnen gleich<br />

eine Festanstellung bekommen. Und<br />

insbesondere für StudentInnen sind<br />

Praktika wichtig, um berufliche Erfahrungen<br />

zu sammeln.<br />

Doch die Situation ist nicht rosig.<br />

Denn es gibt schweizweit keine Regeln,<br />

wie ein Praktikum zu gestalten<br />

ist. Eigentlich sollte es darum gehen,<br />

im Betrieb neue Fähigkeiten zu lernen<br />

und anzuwenden. Aber viel zu oft ist<br />

dies nicht der Fall. Es gibt keine Regeln,<br />

wie im Praktikum diese Ausbildung<br />

zu erfolgen hat. Es gibt auch keine<br />

Regeln, wie lange ein Praktikum<br />

dauern darf. Oder wann jemand vor<br />

und nach Lehre oder Studium noch<br />

ein Praktikum machen soll.<br />

Im gewerkschaftlichen Alltag stossen<br />

wir immer wieder auf Fälle, in denen<br />

PraktikantInnen nichts Neues<br />

lernen – sondern ab dem ersten Tag<br />

als produktive Arbeitskräfte eingesetzt<br />

werden. Bezahlt wird nur ein<br />

Hungerlohn. Oder wir sehen junge<br />

Leute, die ein Praktikum nach dem<br />

anderen absolvieren. Und das immer<br />

öfter nicht nur nach der Hochschule,<br />

sondern auch nach der Lehre.<br />

Uns, die bereits fest im Berufsleben<br />

stehen, darf dies nicht egal sein.<br />

Im schlimmsten Fall stellen Arbeitgeber<br />

billige PraktikantInnen an und ersetzen<br />

damit reguläre Angestellte –<br />

das spart massiv Lohnkosten. Was in<br />

anderen Ländern bereits Tatsache ist,<br />

kommt auch in der Schweiz immer<br />

mehr vor. Bestes Beispiel: Kinderkrippen,<br />

die von jungen Menschen verlangen,<br />

für kaum Geld bereits vor der Lehre<br />

ein Praktikum zu absolvieren.<br />

Als Gewerkschaften müssen wir<br />

hier ansetzen. Praktika gehören reguliert<br />

– zum Schutz der jungen Menschen<br />

und zum Schutz der regulär<br />

Angestellten. Der SGB­Kongress hat<br />

deshalb im Winter auf Antrag der Gewerkschaftsjugend<br />

in einer Resolution<br />

gefordert, dass Praktika strenger reguliert<br />

werden müssen. Dafür müssen<br />

wir uns jetzt einsetzen.<br />

Dominik Fitze<br />

Junge im SGB:<br />

Gewerkschaftsjugend.ch

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!