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EGTA-Journal 04-2019

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Carlo Domeniconi<br />

ich wurde im Herbst<br />

1966 Student der damaligen<br />

Hochschule für Musik.<br />

Und nur Bürger und<br />

Wölki unterrichteten<br />

dort?<br />

Ja, nur die beiden.<br />

Beide für Gitarre?<br />

Ja. Wobei Gitarre, Akkordeon<br />

und Mandoline<br />

zusammen waren, als<br />

ein Fach.<br />

Du wurdest also<br />

aufgenommen.<br />

Ja. Irgendwann hatte ich<br />

dann genug und wollte<br />

meine Abschlussprüfung<br />

machen. Ich rief in der Hochschule<br />

an und wollte mich anmelden.<br />

„Abschlussprüfung für Gitarre?<br />

Um Gottes willen, so etwas gibt es<br />

doch gar nicht bei uns.“<br />

Ich sagte, dass so ein Studium doch wie<br />

alle anderen mit einem Abschluss enden<br />

müsste. „Sie wollen wirklich eine Abschlussprüfung<br />

machen? Ich habe gar keine<br />

Ahnung, wer da in die Jury kommen<br />

soll.“ Ich sagte, dass ich das leicht sagen<br />

könnte, nämlich ein Komponist, mein<br />

Lehrer, ein anderer Gitarrist, ein Theorieprofessor<br />

und vielleicht noch ein Pianist.<br />

Und dann habe ich die Jury zusammengestellt.<br />

Der Komponist war Heinz Friedrich<br />

Hartig, bei dem ich sowieso Unterricht<br />

hatte. Auch er hat so reagiert: „Was,<br />

in der Jury sitzen? Was soll der Quatsch,<br />

das muss doch gar nicht sein. Wozu müssen<br />

Sie jetzt eine Abschlussprüfung machen<br />

in so einem lächerlichen Fach wie Gitarre?“<br />

Gab es denn keine Regelstudienzeit?<br />

Nein, ich war der erste in Berlin,<br />

der ein Gitarrendiplom gemacht hat.<br />

Aber es gab schon eine Klasse,<br />

die Bürger und Wölki unterrichteten?<br />

Aber alle studierten<br />

ewig?<br />

Wenn sie fertig waren, dann waren sie<br />

fertig. Jeder konnte das selbst entscheiden.<br />

Einer war, glaube ich, schon im 31.<br />

Semester.<br />

Und wie groß war die Klasse?<br />

Ich weiß es nicht, ich schätze<br />

ca. 10 Schüler.<br />

Dort habe ich Klaus-Michael Krause kennengelernt,<br />

der immer nach mir zum Unterricht<br />

kam. Er war der Einzige, der auch<br />

wirklich gute, flinke Finger hatte. Wir haben<br />

dann jahrelang im Duo gespielt.<br />

Und auch Schallplatten aufgenommen,<br />

oder?<br />

Ja, es zumindest versucht. Es<br />

gibt auf einer CD ein Stück, das ich mit<br />

ihm eingespielt habe. Es ist mir ein Rätsel,<br />

dass dieses Stück, mein Opus 1,<br />

„Hommage a Rodrigo“, von keinem anderen<br />

Duo jemals gespielt wurde, obwohl<br />

es ein ziemlich gutes Stück ist.<br />

Opus 1 klingt wahrscheinlich<br />

noch frisch.<br />

Ja, aber es gibt ja Leute, die danach<br />

suchen, wie jemand angefangen<br />

hat. Ich war 19 als ich das schrieb.<br />

Du hast dich damals auch mit<br />

Siegfried Behrend getroffen, der<br />

ja nicht an der Hochschule war?<br />

Ja, in Berlin war eben Behrend zu Hause!<br />

Und wenn er mal in Berlin war, dann<br />

gab er auch ein Seminar wie z. B. „Die Geschichte<br />

der Gitarre“. Das war sein Lieblingsthema.<br />

Dabei konnte er immer einen<br />

Batzen Noten mitnehmen und alles<br />

runter spielen. Danach hat er die Gitarre<br />

vielleicht auch einmal gestimmt und ist<br />

dann gegangen. Ich hatte ihn, da wir in<br />

Italien gemeinsame Freunde hatten, angesprochen<br />

und wir kamen in eine gewisse<br />

Nähe zueinander.<br />

Du hast ihn auch besucht?<br />

a, ich habe ihn besucht.<br />

Und habt ihr dann zusammen<br />

gespielt?<br />

Nein, um Gottes willen. Behrend<br />

hatte überhaupt keine Lust dazu,<br />

nur wenn er sein Image aufbauen konnte.<br />

Wenn er mit den Philharmonikern ein<br />

zeitgenössisches Stück aufführen konnte,<br />

machte er das natürlich. Alles stand<br />

ihm offen, alles. Der ganze SFB, also die<br />

Sender, die Verlage, die Philharmoniker.<br />

Er hat alle drei bekommen.<br />

Du meinst, er hat wenig aus dem<br />

gemacht, was er für Chancen<br />

hatte?<br />

Ja, also es gab eben auch andere Leute,<br />

die sehr viel konnten und längst nicht<br />

soviel Chancen hatten. Er war zwar technisch<br />

ziemlich gut – vielleicht nicht im<br />

heutigen Sinne, vielleicht gibt es heutzutage<br />

bessere – aber er war schon gut.<br />

Aber nicht besonders musikalisch, für<br />

meinen Geschmack. Er war der typische<br />

Repräsentant eines Stars der Nachkriegszeit.<br />

Ausgabe 6 • 4/<strong>2019</strong><br />

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