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EGTA-Journal 04-2019

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Carlo Domeniconi<br />

so wenig Geld hatte, wollte er dort LSD-<br />

Trips verkaufen, weil diese angeblich<br />

dort sehr stark gesucht würden und man<br />

sie dort angeblich gut verkaufen könnte.<br />

Er hatte eine ganze Tüte mit 200 Stück<br />

im Portemonnaie dabei.<br />

An der Grenze im Ost-Berliner Flughafen<br />

Schönefeld sagte ein Beamter: „Ich<br />

möchte ihr Portemonnaie sehen!“, Die Behörden<br />

wollten wissen, wie viel Geld<br />

man reinbringt. „Was sind das für Tabletten?“,<br />

„Das sind Kopfschmerztabletten.“ „Ja<br />

gut, das überprüfen wir, sie kriegen das<br />

wieder zurück.“ Dann sind wir ins Flugzeug<br />

gestiegen. Ich muss sagen, mein<br />

Freund hat sich damals nicht viel anmerken<br />

lassen.<br />

Aber das Flugzeug startete und startete<br />

nicht. Mit einem Male kamen zwei Vopos<br />

rein, gaben ihm die Tüte mit den 200<br />

Trips und sagten: „Es ist alles in Ordnung,<br />

danke schön, guten Flug.“ Es war natürlich<br />

nur ein Bluff von denen. Sie hatten nämlich<br />

gar keine Möglichkeit, das zu kontrollieren.<br />

Von Istanbul aus sind wir immer mit<br />

dem Bus, Zug, Bus und Zug gefahren.<br />

Zuerst nach Teheran, dann nach Mashhad,<br />

dann Herat, Kandahar, Kabul, Lahore,<br />

Delhi.<br />

Wie war der Eindruck für dich?<br />

Berlin war eine Großstadt,<br />

in der du viele Jahre gelebt<br />

hast und auch in Italien herrschten eher<br />

geordnete Verhältnisse im Vergleich zu<br />

den Reiseorten, die du nach Teheran erfahren<br />

hast?<br />

Es ging schon los in Istanbul. Istanbul<br />

war damals ganz anders als heute. Damals<br />

war es wirklich noch ziemlich orientalisch.<br />

Es gab viele, die orientalische<br />

Kleider trugen, wie noch heute in Ägypten.<br />

Heute sieht man in Istanbul keinen<br />

Menschen so gekleidet. Diese Gewänder<br />

sind viel zu einfach, heute muss man Hosen<br />

und Jackets tragen.<br />

Und ihr habt irgendwelche Hotels<br />

genommen?<br />

Klar, wir haben immer das Allerbilligste<br />

genommen, weil wir kein Geld<br />

hatten.<br />

Hattest du die Gitarre dabei?<br />

Nein.<br />

Hast du jemanden getroffen, der<br />

eine Gitarre dabei hatte?<br />

Ja.<br />

Wahrscheinlich viele Hippis?<br />

An der Grenze zu Afghanistan<br />

gab es Krieg in dieser<br />

Zeit. Deshalb war die afghanische<br />

Grenze nur einmal die Woche geöffnet.<br />

Man wollte dort, dass alle nachts in einem<br />

riesigen Zelt zusammenkommen<br />

und übernachteten. Am nächsten Morgen<br />

gingen wir dann über die Grenze. In<br />

diesem Riesenzelt waren bestimmt 200 -<br />

300 Jugendliche. Zwei neben mir haben<br />

sich in einer unmöglichen Sprache verständigt.<br />

Der eine wollte dem anderen<br />

Gitarrenunterricht geben.<br />

„Ju must put se finger in se secont fret“. So<br />

ein schlechtes Englisch hatten beide...<br />

Am nächsten Tag konnte der andere<br />

eben A-moll und E-dur spielen. Damit<br />

war seine Kariere …<br />

...schon auf dem Höhepunkt.<br />

Am nächsten Morgen, bei der Grenzkontrolle,<br />

standen sie nebeneinander und<br />

waren ein wenig befreundet. Als es darum<br />

ging, die Pässe zu zücken, haben sie<br />

festgestellt, dass sie beide Deutsche sind.<br />

So kann es gehen. Und was waren<br />

das für Leute, die du auf deiner<br />

Reise getroffen hast? Waren das<br />

hauptsächlich Jugendliche aus Europa?<br />

Das war sehr kosmopolitisch. Es gab wenig<br />

Asiaten, für die ist der Vorderorient<br />

scheinbar nicht so interessant. Es gab<br />

viele Amerikaner, Italiener, Franzosen,<br />

Holländer, wenige aus Spanien.<br />

Generalissimo Franco war ja<br />

auch noch in Amt und Würden.<br />

Ich habe letztens erfahren, dass<br />

Ramirez, der Gitarrenbauer, von Franco<br />

persönlich einen Orden für seine Gitarren<br />

überreicht bekommen hat. Franco<br />

war kurz vor dem Ableben, er sah schon<br />

sehr alt aus.<br />

Ihr seid dann jedenfalls irgendwann in<br />

Indien angekommen? Oder wo kommt<br />

man an?<br />

Es kommt darauf an, auf welchem Weg.<br />

Normalerweise kommt man zuerst nach<br />

Delhi, weil es von Pakistan, von Lahore,<br />

am nächsten ist. Und dann entscheidet<br />

man sich: Norden oder Süden. Wenn<br />

man viel Zeit hat, geht man nach Süden.<br />

Aber es war die falsche Jahreszeit,<br />

zu heiß. So sind wir nach<br />

Norden, nach Kaschmir, gegangen,<br />

um ein bisschen<br />

Ruhe zu haben. Es war<br />

August und es waren<br />

gefühlte 48 Grad,<br />

was mit Rucksäcken<br />

sehr anstrengend<br />

ist.<br />

34 <strong>EGTA</strong>-<strong>Journal</strong>

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