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EGTA-Journal 04-2019

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Michael Kerstan<br />

Fragmente eines alten Lieds<br />

Die Gitarre – und ihre Verwandten – im Musiktheater Hans Werner Henzes<br />

Biografie<br />

Nach seinem Studium (Erziehungswissenschaften,<br />

Psychologie) wurde der Autor<br />

und Regisseur Michael Kerstan Assistent<br />

von Hans Werner Henze, den er auch<br />

in dessen letzten Lebensjahren betreute.<br />

Nach der Promotion an der Universität<br />

Tübingen war Kerstan künstlerischer<br />

Leiter des Jugendmusikfests Deutschlandsberg,<br />

der jungen Kultur in Hallein<br />

und der KulturRegion Stuttgart. Als Regisseur<br />

inszenierte er u.a. beim Maggio<br />

Musicale Fiorentino die ital. Erstaufführung<br />

von Hans Werner Henzes Phaedra,<br />

die mit dem ital. Kritikerpreis „Premio Abbiati“<br />

ausgezeichnet wurde, und arbeitete<br />

auf Festivals und in Opernhäusern in<br />

Deutschland, Österreich, Italien und den<br />

USA. Er ist Regisseur und Mitbegründer<br />

des El Cimarrón-Ensembles, das mit Uraufführungen<br />

von Kammermusiktheaterstücken<br />

und deren CD-Einspielungen<br />

international eine herausragende Reputation<br />

erlangt hat. Zu seinen Publikationen<br />

gehören die Biographien von Bella<br />

Rosenkranz und Kurt Leo Sourrisseaux;<br />

jüngst publizierte er die Erstveröffentlichung<br />

der Gemälde Henzes „Canti di Colore“.<br />

Die dazugehörige Ausstellung war<br />

in Montepulciano, Rom und Berlin zu sehen.<br />

Kerstan lebt in Nürnberg und Rom.<br />

Hans Werner Henzes Musiktheaterwelt<br />

ragt gewiss als Solitär<br />

aus dem Musikleben der letzten<br />

70 Jahre heraus – oft genug wurde<br />

die Oper für tot erklärt, sollten alle<br />

Opernhäuser in die Luft gesprengt, Sänger<br />

und Musiker am besten arbeitslos<br />

gemacht werden. Ästhetische, politische<br />

und ökonomische Argumente gegen<br />

das Musiktheater wurden zuhauf ins Feld<br />

geführt, jedoch: sie haben sich allesamt<br />

als wenig stichhaltig erwiesen.<br />

Nicht zuletzt war es Hans Werner Henze,<br />

der der Gattung neues Leben einhauchte.<br />

Mit dem Aufbau der Münchener Biennale<br />

für Neues Musiktheater ab 1988 hatte<br />

er geradezu einen Boom an Opernaufträgen<br />

für junge Komponisten ausgelöst<br />

und so eine ganze Reihe von Karrieren<br />

auf die Spur gesetzt – Adriana Hölzsky<br />

aus Rumänien, Mark Anthony Turnage<br />

aus Großbritannien, die Deutschen<br />

Detlev Glanert und Jörg Widmann, den<br />

Chinesen Tan Dun, die Cubanerin Tania<br />

León, um nur einige Beispiele zu nennen,<br />

sind Entdeckungen Henzes und haben<br />

sich im internationalen Musikleben<br />

bravourös und nachhaltig durchsetzen<br />

können.<br />

Henze selbst hat 15 abendfüllende<br />

Opern komponiert, sowie fünf abendfüllende<br />

Ballette oder Tanztheaterstücke.<br />

Dazu kommen verschiedene Revisionen,<br />

Kurzfassungen, Radio- und Fernsehopern,<br />

Zwischenformen wie die „Show”,<br />

das „Vaudeville”, das „Rezital” und das<br />

„imaginäre Theater”, über das wir noch<br />

genauer reden müssen.Boulevard Solitude<br />

(UA 1953), Elegie für junge Liebende<br />

(UA 1961), Die Bassariden (UA 1966)<br />

oder sein Spätwerk Phaedra (UA 2007)<br />

Hans Werner Henze (https://de.wikipedia.org/<br />

wiki/Hans_Werner_Henze)<br />

sind längst zu Klassikern geworden, bei<br />

anderen Stücken ist die permanente Präsenz<br />

auf der Bühne nurmehr eine Frage<br />

der Zeit. Allein die Bassariden haben es<br />

bislang auf 23 eigenständige Produktionen<br />

gebracht, seine Kinderoper Pollicino<br />

von 1980 auf 34 Produktionen an Stadt-<br />

und Staatstheatern weltweit sowie weiteren<br />

45 Produktionen auf Festivals, in<br />

Musikschulen, Gemeindehallen usw. mit<br />

weit über 750 Aufführungen.<br />

Angesichts dieser Statistik kann man<br />

nicht wirklich von einer sterbenden Gattung<br />

sprechen.Selbst die notorischen<br />

Henze-Antipoden Pierre Boulez und<br />

Karlheinz Stockhausen flirteten mit der<br />

Oper – der eine als Dirigent mit analytischen<br />

Ambitionen, der andere als Monumentalist<br />

mit seinem siebenteiligen<br />

Opernzyklus Licht.<br />

Nun ist hier aber nicht der Ort für eine<br />

umfassende Würdigung von Henzes<br />

Opernschaffen, denn es geht ja um die<br />

Stellung der Gitarre darin.<br />

Noch heute klingen in meinen Ohren<br />

64 <strong>EGTA</strong>-<strong>Journal</strong>

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