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Glaube und Zweifel - SIFAT Heft 1/2019 - Leseprobe

Thema: Glaube und Zweifel - Der Zweifel kam mit den Menschen auf die Erde. Sie konnten sich mit blindem Glauben nicht abfinden, wurden mit der Vertreibung aus dem Paradies bestraft, damit kam die Geschichte der Menschheit in Gang. Zweifel war immer wieder der Motor, einengende Vorstellungen zu überwinden und neue Entwicklungen einzuleiten. Nicht nur Giordano Bruno bezahlte dafür mit dem Verlust des Lebens. In allen Hochreligionen und auch dem Buddhismus kam es im Namen Gottes zu Intoleranz, Missbrauch und Vernichtung von ihnen anvertrauten Menschen oder Andersgläubigen. Aus gutem Grund nehmen Menschen religiöse Vorstellungen nicht mehr ernst und wenden sich von ihnen ab. Zweifel ist Bestandteil wohl jeder individuellen spirituellen Entwicklung. In allen Religionen gibt es Menschen, die sich diesem gestellt, ihn veröffentlicht und nicht geleugnet haben und auch ihren Weg zu ihrem tieferen Glauben zurückgefundenen haben.

Thema: Glaube und Zweifel -
Der Zweifel kam mit den Menschen auf die Erde. Sie konnten sich mit blindem Glauben nicht abfinden, wurden mit der Vertreibung aus dem Paradies bestraft, damit kam die Geschichte der Menschheit in Gang. Zweifel war immer wieder der Motor, einengende Vorstellungen zu überwinden und neue Entwicklungen einzuleiten. Nicht nur Giordano Bruno bezahlte dafür mit dem Verlust des Lebens. In allen Hochreligionen und auch dem Buddhismus kam es im Namen Gottes zu Intoleranz, Missbrauch und Vernichtung von ihnen anvertrauten Menschen oder Andersgläubigen. Aus gutem Grund nehmen Menschen religiöse Vorstellungen nicht mehr ernst und wenden sich von ihnen ab. Zweifel ist Bestandteil wohl jeder individuellen spirituellen Entwicklung. In allen Religionen gibt es Menschen, die sich diesem gestellt, ihn veröffentlicht und nicht geleugnet haben und auch ihren Weg zu ihrem tieferen Glauben zurückgefundenen haben.

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Ueli Ott im Gespräch mit Ernst Barlach<br />

<strong>SIFAT</strong> 1 / <strong>2019</strong><br />

Ueli Ott im Gespräch mit Ernst Barlach über die Figur<br />

„Der Gläubige“ aus dem „Fries der Lauschenden“<br />

Der Gläubige schaut überrascht nach oben, als ob er sagen würde: „Mich meinst<br />

du? Höre ich recht, du rufst mich?“ Sein Gesicht drückt freudiges Erstaunen<br />

aus. Alles an ihm beginnt sich zu öffnen. Er ist die einzige Gestalt im Fries, die<br />

den Kopf wendet <strong>und</strong> mit weit offenen Augen emporblickt.<br />

Er hört<br />

Er staunt<br />

Er strahlt<br />

Er antwortet.<br />

Und seine Hände: wie durch eine Röhre zwängen sich die eng anliegenden<br />

Arme nach oben, wie durch das Dunkel dem Licht entgegen. Die Hände öffnen<br />

sich wie eine Blume, sie lassen alles fallen <strong>und</strong> entfalten sich<br />

zum Lob<br />

zum Dank<br />

zur Anbetung.<br />

Wird er den Mantel im nächsten Augenblick von sich werfen <strong>und</strong> mit der Tänzerin<br />

neben sich in eine neue Welt hineintanzen? Was sieht er?<br />

„Licht; Glanz, ein W<strong>und</strong>er sehe ich“, höre ich den Gläubigen sagen. „Durch<br />

Nebelschleier <strong>und</strong> Dunkelheiten bricht plötzlich die Sonne. Ich spiegle dieses<br />

Licht. Ich höre seinen Klang, es strömt durch mich hindurch. Ernst Barlach,<br />

der mich aus Holz schnitzte, sagte es so:“ Ich habe keinen Gott, aber Gott hat<br />

mich:“ Darüber staune ich ein Leben lang.<br />

Ich habe des Schnitzers Fantasie <strong>und</strong> sein Grübeln geerbt. Auch sein Lachen<br />

<strong>und</strong> seine Gabe, Klänge von drüben zu hören, sind in mir. Das vertreibt mir<br />

die Angst. Ich kam ja ein Jahr nach Hitlers Machtergreifung zur Welt. Der<br />

Todesatem wehte uns schon damals ins Gesicht. Wir neun stehen im Gegenwind<br />

unserer Zeit zwischen Himmel <strong>und</strong> Erde <strong>und</strong> horchen sehnsüchtig auf ein<br />

neues, anderes Lied.“<br />

<strong>Glaube</strong>, welcher Art er auch sei, ist Wohltat, Glück <strong>und</strong> Gnade.<br />

aus „Wie die Träumenden – Fries der Lauschenden“ Ueli Ott im Gespräch mit Ernst Barlach<br />

Ernst Barlach in seinem Brief an Johannes Schwartzkopff, den damaligen Pfarrer<br />

am Dom zu Güstrow: Alles verlieren, nichts sein, nichts haben, <strong>und</strong> doch wissen,<br />

dass Gott Gott ist, darauf käme es an.<br />

Ueli Ott, geb. 1933, Theologe mit Schwerpunkt „Kirche <strong>und</strong> Kunst“, war Gemeindepfarrer <strong>und</strong><br />

viele Jahre Leiter des Kirchlichen Tagungszentrums Leuenberg<br />

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