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BIBER 04_19 Ansicht

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Österreichische Post AG; PZ 18Z<strong>04</strong>1372 P; Biber Verlagsgesellschaft mbH, Museumsplatz 1, E 1.4, 1070 Wien<br />

www.dasbiber.at<br />

MIT SCHARF<br />

FRÜHLING<br />

20<strong>19</strong><br />

EUda!<br />

dasbiber.at<br />

WENN GEBURT<br />

TRAUMATISIERT<br />

KINDHEIT OHNE PAPA + SVABA ORTAK + BAD MOMS AUF INSTA


Europawahl<br />

26. Mai<br />

spoe.at<br />

ZUSAMMENHALTEN<br />

ODER SPALTEN?<br />

Europa braucht<br />

eure Antwort.<br />

Das gemeinsame Europa hat uns Frieden, Stabilität und Zusammenhalt gebracht. Obwohl in der EU nicht<br />

alles perfekt ist, ist es viel besser, wenn wir gemeinsam zusammenarbeiten, als wenn wir austreten.<br />

Derzeit haben jedoch die Rechten in Europa viel Zulauf. Sie wollen Europa spalten und gefährden die gute<br />

Zusammenarbeit. Deshalb braucht es ein starkes Gegengewicht zum Rechtsruck in Europa.


3<br />

minuten<br />

mit<br />

Marcos<br />

Nader<br />

Der österreichische Boxer Marcos<br />

Nader hat sich seine Achillessehne<br />

verletzt – und das nicht im Ring,<br />

sondern weil er dem Kinderwagen<br />

nachgerannt ist. Wir haben mit<br />

dem Box-Champion über seine<br />

kleine Tochter, Frauenboxen und<br />

seine Jugend mit Widersacher Gogi<br />

Knezevic gesprochen.<br />

Von Aleksandra Tulej, Foto: Marko Mestrović<br />

<strong>BIBER</strong>: Du hast eine einjährige Tochter.<br />

Bist du verletzlicher geworden, seitdem<br />

du Vater bist?<br />

MARCOS NADER: Überhaupt nicht. Ich<br />

freue mich einfach immer sehr, meine<br />

Tochter zu sehen, wenn ich abends<br />

nach Hause komme.<br />

Wie macht ihr das mit der Kinderbetreuung?<br />

Wie teilst du dir das mit<br />

deiner Frau auf? (Anm.d.Red.: Sandra<br />

Nader ist Ex-Miss Vienna und Polizistin)<br />

Das macht meine Frau. Sie ist jetzt in<br />

Karenz, das ist jetzt ihre Arbeit.<br />

Was würdest du sagen, wenn deine<br />

Tochter auch Profiboxerin werden will?<br />

(lächelt) Ich schicke sie zum Tennis.<br />

Ist ja auch ein schöner Sport mit viel<br />

Bewegung.<br />

Wieso nicht Boxen?<br />

Im Ernst jetzt: Sie kann auf jeden Fall<br />

Boxen gehen, also trainingsmäßig.<br />

Aber ich würde nicht wollen, dass sie<br />

Wettkämpfe macht. Ich finde Frauenboxen<br />

sehr gut. Das bieten wir bei uns im<br />

Bounce (Anm. d. Red.: Bounce Boxclub<br />

in Ottakring) ja auch an. Aber muss<br />

nicht unbedingt sein, dass meine Tochter<br />

Profiboxerin wird. Aber bis dahin ist<br />

ja noch viel Zeit.<br />

Apropos Profiboxen: Du und Gogi Knezevic<br />

kennt euch ja nicht seit gestern.<br />

Von den Medien werdet ihr als Erzfeinde<br />

präsentiert. Wie habt ihr euch<br />

kennengelernt?<br />

Wir kennen uns seit 20<strong>04</strong>. Wir haben<br />

uns früher schon gut verstanden. Dazu<br />

gibt es eine lustige Geschichte: Wir<br />

müssen so 14 Jahre alt gewesen sein.<br />

Wir haben im selben Boxclub in Wien<br />

geboxt und so ein riesiger, muskulöser<br />

Typ dort hat mir meine Geldbörse<br />

gestohlen. Ich bin dann diesem 1,95<br />

Typ nachgelaufen und Gogi ist mitgelaufen<br />

- wir beide mit unseren 14<br />

Jahren. Wir haben uns also wie gesagt<br />

ganz gut verstanden.<br />

Und warum versteht ihr euch heute<br />

nicht mehr?<br />

Als wir dann Profis wurden, hat er<br />

auf einmal was gegen mich gehabt.<br />

Der Grund war wahrscheinlich, weil<br />

ich einen Boxvertrag in Deutschland<br />

bekommen habe und ein bisschen öfter<br />

und präsenter in den Medien war als<br />

er. (lacht)<br />

Alter: 29<br />

Geburtsort: Ibiza<br />

Stil: Linksauslage<br />

Besonderes: Marcos gibt uns sein<br />

Interview im Liegen, während sein<br />

Physiotherapeut ihm die Achillessehne<br />

massiert. Der Boxer hat sich die Sehne<br />

nicht bei einem Boxkampf verletzt,<br />

sondern weil er seinem Kinderwagen<br />

nachgerannt ist, der auf der Straße<br />

wegrollte.<br />

/ 3 MINUTEN / 3


3 3 MINUTEN MIT<br />

MARCOS NADER<br />

Der Box-Champion über das Vatersein und<br />

Frauenboxen.<br />

8 IVANAS WELT<br />

Was haben Jugofamilien mit Geheimdiensten<br />

gemeinsam? Ivana liefert Antworten.<br />

POLITIKA<br />

10 „EUDA, WOZU?“<br />

SchülerInnen stellen PolitikerInnen ihre Fragen<br />

zur EU-Wahl. Wir haben die Antworten.<br />

15 EU, WE LOVE YOU<br />

Roaming, Euro und Erasmus – wie wäre<br />

das Leben ohne die EU?<br />

20 „HERR VURAL, WIE OFT<br />

HABEN SIE IN IHREM LEBEN<br />

ALKOHOL GETRUNKEN?“<br />

Biber fragt in Worten, Präsident der IGGÖ Ümit<br />

Vural antwortet in Zahlen.<br />

30<br />

AUFWACHSEN<br />

OHNE VATER<br />

Praktikant Stefan<br />

erzählt über seine<br />

Kindheit ohne Papa<br />

– und warum ihm<br />

eine Vaterfigur sehr<br />

gefehlt hat.<br />

22 DAS INTIME IST POLITISCH<br />

Was bei unserem Geburtssystem falsch läuft.<br />

26 „ICH VERMISSE MEIN KIND.“<br />

Umweltministerin Elisabeth Köstinger im<br />

Interview über den Spagat zwischen Politik und<br />

Muttersein.<br />

IN<br />

RAMBAZAMBA<br />

30 „DER PAPA IST NICHT DA!“<br />

Unser Praktikant Stefan erzählt, wie es für ihn<br />

war, ohne Vater aufzuwachsen.<br />

34 DIE BAD MOMS VON<br />

INSTAGRAM<br />

Die It-Girls Bonnie Strange und Valentina<br />

Belleza wollen keine Dinkel-Muttis sein.<br />

34<br />

BAD MOMS<br />

Genug von<br />

perfekten<br />

Insta-Muttis<br />

37 HEY BABY!<br />

Angehende Supermama Jelena will sich die<br />

Vorfreude aufs Kind nicht verderben lassen.<br />

38 MY BREAST FRIENDS<br />

Biber-Kolumnistin Ivana gibt den ultimativen<br />

Survival-Guide für alle frischgebackenen<br />

Mamas.<br />

43 GUT ZU WISSEN<br />

Vier knackige Tipps für alle Eltern, die das<br />

Leben erleichtern.


44 „MEIN MANN BETRÜGT<br />

MICH UND ICH LIEBE IHN“<br />

Warum bleiben viele Paare nach einer Affäre<br />

zusammen?<br />

KARRIERE<br />

48 EINFACH AUSPROBIEREN<br />

Powerfrau Andrea über die Tücken des<br />

Erwachsenwerdens.<br />

STILLHÜT-<br />

CHEN & CO<br />

Nippelsalbe,<br />

Wöchnerinnen-<br />

Binden und<br />

Milchpumpen:<br />

Biber-Kolumnistin<br />

Ivana hat den Survival<br />

- Guide für<br />

Neo-Eltern zusammengestellt.<br />

HALT FRÜHLING<br />

20<strong>19</strong><br />

10<br />

38<br />

GEBT IHNEN DAS MIKROFON!<br />

Wenn SchülerInnen und PolitikerInnen<br />

aufeinandertreffen: Die wichtigsten Fragen<br />

zur EU-Wahl beantwortet.<br />

Marko Mestrović, Elsa Okazaki, privat, my breast friend - Elsa Okazaki, COVER: Marko Mestrović<br />

50 „WIE TANYA MÜSSEN WIR<br />

SEIN.“<br />

Die afghanische Journalistin Tanya Kayhan<br />

im Porträt.<br />

52 BIO-DELIKATESSEN MIT<br />

SOZIALEM PLUS<br />

Die Selbermacher von BioBalkan bringen Gutes<br />

von „unten“ in unsere Mägen – in Bio-Qualität!<br />

52 TYPISCH MÄDCHEN<br />

Warum Jungs es immer besser hatten und<br />

warum wir das ändern müssen.<br />

56 TEENIE-MAMA UND<br />

TECHNIKTALENT<br />

Wie Jungmama Melanie Arbeit und Kind<br />

unter einen Hut gebracht hat.<br />

TECHNIK<br />

58 WORLD WIDE WEG<br />

Kolumnist Adam über die dunklen digitalen<br />

Machenschaften von China und Russland.<br />

LIFESTYLE<br />

60 KEIN BOCK AUF AFFEN-<br />

EMOJIS<br />

Kolumnistin Aleksandra gesteht: „Ich bin<br />

asozial und emotional unfähig.“<br />

62 FRECHES FRÜCHTCHEN<br />

SPAR-Feinkostverkäuferin Vahdeta kam mit 15<br />

aus Bosnien nach Wien und machte Karriere.<br />

KULTUR<br />

64 KULTUR MIT NADA<br />

Kolumnistin Nada stöberte in den Toiletten des<br />

Internets.<br />

68 DAS PROBLEMKIND<br />

Rapper Svaba Ortak über seine Kindheit in<br />

1030 Wien und mehr.


Liebe LeserInnen,<br />

„<br />

„Intimes zu veröffentlichen ist<br />

nicht leicht. Doch die Geschichte<br />

über meine traumatisierende<br />

Entbindung ist mir ein Anliegen.<br />

Denn ich bin damit nicht die<br />

Einzige, im Gegenteil. Gewalt,<br />

Übergriff, Demütigung und<br />

Vernachlässigung erleben viele<br />

Frauen, während sie das Wunder<br />

des Lebens vollbringen. Würden<br />

Männer Kinder kriegen, sähe es<br />

im System anders aus. Da bin<br />

ich mir sicher, und Experten, ja<br />

Männer stimmen zu.“ S.22<br />

Delna Antia-Tatić “<br />

Ein frühlingshaftes Familienspecial. Wie süß. Wir müssen euch<br />

leider enttäuschen – über Familienidylle und Babyglück werdet ihr<br />

diesmal wenig lesen. Wir präsentieren euch unser wohl ehrlichstes<br />

Familienspecial ever: Wir zeigen euch, offen und ungeschönt, dass<br />

„Familie“ viele Facetten hat, und es dabei nicht immer idyllisch und<br />

rosarot zugehen muss.<br />

Wenn man zum Beispiel ohne Vater aufwächst, wie unser Praktikant<br />

Stefan in einem emotionalen Text auf Seite 30. erzählt.<br />

Oder wenn man als Neo-Mama wunde Nippel vom Stillen hat. Aber<br />

keine Sorge: Auf Seite 38 könnt ihr euch über die Must-Haves für<br />

frischgebackene Eltern informieren. Von Stillhütchen über Nippelsalbe<br />

bis Milchpumpen haben wir die ganze Checkliste abgedeckt.<br />

Und manchmal, nur manchmal, da kann man einfach nicht mehr und hat<br />

genug von Spucktüchern und vor allem von ungefragten Ratschlägen<br />

rund ums Baby. Und dann muss man ein wenig „Bad Mom“ sein – wie die<br />

„Bad Moms von Instagram“ es ab Seite 34 tun.<br />

„Würden Männer Kinder kriegen, wäre alles anders“, ist sich<br />

Chefredakteurin Delna Antia sicher. Die Jungmama schreibt ab Seite<br />

22 einen persönlichen und emotionalen Text darüber, was in unserem<br />

Geburtensystem alles falsch läuft, und warum diese Politik so schnell wie<br />

möglich geändert gehört.<br />

Aber, liebe Leute, lasst uns trotz allem Familien (Un)-Glück nicht<br />

vergessen, dass im Mai die EU-Wahlen stattfinden! Wenn ihr euch jetzt<br />

denkt „EUda, wozu soll ich da wählen?“, dann blättert doch zu unserem<br />

EU-Special.<br />

Wir haben nämlich extra aus diesem Anlass ein einmaliges Event<br />

organisiert. Unter dem Motto „EUda, wozu?“ haben wir Schüler zu einer<br />

Diskussion mit Kandidaten der großen Parteien zur EU-Wahl eingeladen.<br />

„Ich bin mit der Bim in die Schule gefahren, und wie schaut’s mit Ihnen<br />

aus?“ –. so sahen dann ungefähr die Fragen aus, die die SchülerInnen<br />

den PolitikerInnen gestellt haben. Was bei der Diskussion über Islam in<br />

Europa, Uploadfilter und den Klimawandel herauskam, lest ihr auf Seite<br />

10. Und dann soll uns noch einer sagen, Jugendliche würden sich nicht<br />

für Politik interessieren. Zumindest für <strong>BIBER</strong> tun sie es.<br />

Scharfe Bussis, die Redaktion<br />

6 / MIT SCHARF /


GUCKST DU!<br />

Biber erobert mit der neuen<br />

Videoreihe „Welt in Wien“ jetzt<br />

auch das Fernsehen. Das Ganze<br />

gibt´s ab 23.<strong>04</strong>. jeden Dienstag<br />

auf w24 in „24 Stunden Wien“<br />

zu sehen.<br />

Wenn ihr wissen wollt, wo´s<br />

den Falafel eures Lebens gibt<br />

oder wo ihr den Barbier eures<br />

Vertrauens findet, dann dürft ihr<br />

diese scharfen Stories auf keinen<br />

Fall verpassen.<br />

IMPRESSUM<br />

MEDIENINHABER:<br />

Biber Verlagsgesellschaft mbH, Quartier 21,<br />

Musuemsplatz 1, E-1.4, 1070 Wien<br />

HERAUSGEBER<br />

Simon Kravagna<br />

CHEFREDAKTEURIN:<br />

Delna Antia-Tatić<br />

STV. CHEFREDAKTEUR:<br />

Amar Rajković<br />

CHEFiN VOM DIENST:<br />

Aleksandra Tulej<br />

LEITUNG NEWCOMER:<br />

Amar Rajković & Aleksandra Tulej<br />

FOTOCHEF:<br />

Marko Mestrović<br />

KOLUMNIST/IN:<br />

Ivana Cucujkić, Todor Ovtcharov<br />

REDAKTION & FOTOGRAFIE:<br />

Soza Almohammad, Adam Bezeczky,<br />

Susanne Einzenberger, Nada<br />

El-Azar, Andrea Grman, Christoph<br />

Liebentritt,Jelena Pantić- Panić, Stefan<br />

Pscheider, Anna Jandrisevits<br />

CORPORATE SOCIAL INNOVATION:<br />

Andrea Grman (karenziert)<br />

BUSINESS DEVELOPMENT:<br />

Andreas Wiesmüller<br />

GESCHÄFTSFÜHRUNG:<br />

Wilfried Wiesinger<br />

REDAKTIONSHUNDE:<br />

Tito, Casper<br />

KONTAKT: biber Verlagsgesellschaft mbH Quartier<br />

21, Museumsplatz 1, E-1.4,<br />

1070 Wien<br />

Tel: +43/1/ 9577528 redaktion@<br />

dasbiber.at marketing@dasbiber.at<br />

abo@dasbiber.at<br />

WEBSITE: www.dasbiber.at<br />

ART DIRECTOR: Dieter Auracher<br />

LEKTORAT: Birgit Hohlbrugger<br />

CONTENT CREATION: Katja Trost<br />

CAMPAIGN MANAGEMENT&SOCIAL MEDIA<br />

Aida Durić<br />

ÖAK GEPRÜFT 1. HJ 2017:<br />

Druckauflage 85.000 Stück<br />

verbreitete Auflage 80.644 Stück<br />

DRUCK: Mediaprint<br />

www.oesterreich.gv.at<br />

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In Ivanas WELT berichtet die biber-Redakteurin<br />

Ivana Cucujkić über ihr daily life.<br />

IVANAS WELT<br />

Ivan Minić<br />

SURVIVING JUGO-FAMILY<br />

In allen modernen Demokratien ist Privatsphäre als<br />

Menschenrecht verankert. In Jugoland we don’t do this.<br />

Ich habe reichlich Familie. Cousins, Tanten, Onkel.<br />

Ersten, zweiten, dritten und noch mehr Grades. In<br />

Wahrheit hab‘ ich also reichlich Verwandtschaft. Der<br />

gemeine Österreicher würde jetzt vielleicht zwischen<br />

Kernfamilie - also Mutter, Vater, Kind - und allen anderen<br />

(Bluts)verwandten unterscheiden. Der gemeine<br />

Jugo sieht das nicht so eng. Familienstrukturen nicht,<br />

die Privatangelegenheiten ihrer Mitglieder auch nicht.<br />

EH NUR DIE ENGSTEN…<br />

Familie heißt bei mir Geschwister meiner Eltern, deren<br />

Ehepartner, Kinder, die Kindeskinder inklusive Schwägerschaft<br />

und nochmal alles im Kreis. Die Wissenschaft<br />

spricht hier von ‚extended family household‘.<br />

Well, Gott sei Dank leben wir nicht alle in einem Haushalt.<br />

So anfühlen tut es sich trotzdem oft. ‚Extended‘<br />

sind auch die Zusammenkünfte bei diversen Anlässen.<br />

Mittlerweile eine logistische Herausforderung.<br />

Denn, selbst wenn ich mich, so wie letztens zu Babys<br />

erstem Geburtstag auf ‚eh nur die Engsten‘ einschränken<br />

möchte, unter 30 Personen steigt einfach<br />

keine Party bei uns. Andernfalls würde ich irgendwen<br />

schwerstens beleidigen.<br />

Familienfestivitätsfreie Wochenenden finden sich eh<br />

kaum bei mir im Kalender. Ein Vorteil, wenn man nicht<br />

gerne kocht. Selten verlasse ich ein Festl ohne Fresspaket<br />

für zuhause. Ein kostenloses Rundum-Sorglos-<br />

Paket, das so ein Familienverband bietet. Man wird<br />

nie hungrig und nie alleine sein. Ein Nachteil, wenn<br />

man mal alleine sein möchte. Mit seiner Privatsphäre<br />

zum Beispiel.<br />

In allen modernen Demokratien ist Privatsphäre als<br />

Menschenrecht verankert. In Jugoland we don’t<br />

do this. Ein Familienclan folgt eigenen Regeln. Dein<br />

Kaffee ist mein Kaffee oder „sve je moje tvoje“, also<br />

„alles Meine ist auch deines“ wie der Titel eines Balkan-Evergreens<br />

es auf den Punkt bringt. Ich bin gossiptechnisch<br />

also immer up to date. Welche Tante<br />

grad Beef mit der Schwiegertochter hat, dass mein<br />

zweitjüngster Cousin seine Freundin heimlich heiraten<br />

will oder der Drittälteste wegen eines Verhütungs-<br />

Hoppalas mit sechzehn fast Vater geworden wäre.<br />

Stets brühwarm serviert mit Liveticker-Charakter. Und<br />

oida, genau das ist das Problem. Ich will sowas gar<br />

nicht über meine Cousins wissen. Too much information!!<br />

MEIN TANZBEREICH, DEIN TANZBEREICH<br />

Ein gesunder, respektvoller Abstand zum Persönlichkeitsbereich<br />

des anderen gehört nicht zum ‚Bon ton‘.<br />

Übergriffigkeit tarnt sich als selbstlose Sorge um die<br />

Gemeinschaft und den Beziehungsstatus der Mitglieder.<br />

Zur Gossip-Zielscheibe kann man immer werden.<br />

Die Unverheirateten, Kinderlosen stehen dabei<br />

vorrangig im Visier. Der Kommunikationsapparat im<br />

Clan funktioniert besser als jeder Geheimdienst. Mit<br />

lückenlosem Datenaustausch und dem besten Frühwarnsystem<br />

für sich anbahnende Lebenskrisen. Kein<br />

Nachteil, wenn man nicht alleine sein möchte. Mit seinen<br />

Problemen zum Beispiel.<br />

cucujkic@dasbiber.at<br />

8 / MIT SCHARF /


EINTRITT FREI!<br />

DIE INFOTAGE FÜR<br />

ARBEITNEHMERiNNEN IN ELTERNKARENZ<br />

8. & 9. Mai 20<strong>19</strong> | 9.00 - 15.00 Uhr<br />

Bildungszentrum der AK Wien<br />

Theresianumgasse 16-18, 1<strong>04</strong>0 Wien<br />

Infos zum gesamten Programm und allen Workshops unter:<br />

wien.arbeiterkammer.at/berufundfamilie


v.l.n.r: Jonas, 18 - Alma, 15 - Max, 16<br />

„Gebt ihnen<br />

das Mikrofon“<br />

10 / POLITIKA /


Schüler haben keinen Bock auf die EU-Wahl – Wer<br />

erzählt so einen Blödsinn? Max, Jonas und Alma konfrontieren<br />

die Politiker der Großparteien mit kritischen<br />

Fragen und zeigen, dass die Insta-Generation mehr<br />

kann als Fortnite spielen. Über Uploadfilter, teures Katzenfutter<br />

und die angebliche Lüge vom Klimawandel.<br />

Von Anna Jandrisevits, Amar Rajković, Fotos: Marko Mestrović<br />

EUda!<br />

Ich bin mit der Bim in die Schule<br />

gefahren, und wie schaut’s<br />

mit Ihnen aus?“, ruft Max, 16<br />

Jahre alt, den Politikern entgegen und<br />

der Festsaal bebt. Es wird gekichert<br />

und applaudiert, die Schüler lieben die<br />

Konfrontation, heiße Luft und inhaltsleere<br />

Floskeln haben sie schon oft genug von<br />

Politikern gehört. Hände schießen in die<br />

Höhe, jeder möchte eine Frage stellen.<br />

Und so werden an diesem Dienstagvormittag<br />

in der Vienna Business School<br />

statt Marketing oder Mathe die Spitzenkandidaten<br />

zur EU-Wahl unter die Lupe<br />

genommen.<br />

SCHARFE DISKUSSION<br />

Unter dem Motto „EUda, wozu?“<br />

haben wir Schüler zu einer Diskussion<br />

mit Kandidaten der großen Parteien<br />

zur EU-Wahl eingeladen. Claudia<br />

Gamon (NEOS), Werner Kogler (Grüne),<br />

Johannes Voggenhuber (Initiative 1<br />

Europa), Luca Kaiser (SPÖ), Georg Mayer<br />

(FPÖ) und Christian Zoll (ÖVP) trauten<br />

sich in die Höhle des Löwen. Rund 200<br />

Jugendliche, die das erste Mal das Kreuz<br />

Ende Mai bei der EU-Wahl setzen werden,<br />

sind topvorbereitet.<br />

So wie die 16-jährige Nina. Sie möchte<br />

von ÖVP-Kandidat Zoll wissen, ob er<br />

den Artikel 13 (Stichwort Uploadfilter)<br />

nicht als Zensur empfindet. Schließlich<br />

habe ja seine Partei im EU-Parlament<br />

dem Gesetzesvorschlag zur Urheberrechtsreform<br />

zugestimmt. Nina musste<br />

sich nicht extra dafür vorbereiten, sie hat<br />

mir ihren Freundinnen die Abstimmung<br />

live im Netz verfolgt. Passt so gar nicht<br />

in das Bild der betagten Kritiker, die<br />

der Jugend Desinteresse an der Politik<br />

vorwerfen. Der politische IQ unter den<br />

Jugendlichen in der Schule scheint den<br />

einer Stammtischrunde weit zu überflügeln.<br />

„Das Eigentums- und Urheberrecht<br />

ist sehr wichtig. Ihr wollt ja auch nicht,<br />

dass euer Sitznachbar unerlaubt ein Foto<br />

von euch ins Internet stellt“, lautet die<br />

Antwort von Zoll, die nicht unbedingt<br />

wohlwollend im Publikum goutiert wurde.<br />

dasbiber.at<br />

UNTERSCHIEDLICHE<br />

MEINUNGEN<br />

Als die 15-jährige Schülerin Alma die<br />

Politiker mit dem Klimawandel konfrontiert,<br />

ist sich FPÖ-Kandidat Georg<br />

Mayer sicher, dass dieser nur gering von<br />

Menschen beeinflussbar sein kann. „Den<br />

Klimawandel gab es ja schon immer“,<br />

meint er. Viele Schüler schütteln bei dieser<br />

Aussage nur fassungslos den Kopf.<br />

NEOS-Spitzenkandidatin Claudia Gamon<br />

tut’s den Kids gleich: „Wir müssen<br />

handeln! Junge Menschen haben das<br />

Recht, auf derselben schönen Welt zu<br />

leben wie die Generationen vor ihnen.“<br />

Spitzenkandidat Werner Kogler hat als<br />

Grüner den Klimaschutz in seiner DNA<br />

und fährt angeblich regelmäßig mit dem<br />

Zug nach Brüssel. Der blaue Kontrahent,<br />

Mayer, kann das so recht nicht glauben.<br />

Kogler klopft sich selber auf die Schulter<br />

und erhebt den mahnenden Zeigefinger:<br />

„Es kann nicht sein, dass 1 kg Fleisch<br />

günstiger ist als 1 kg Katzenfutter.“ Das<br />

junge Publikum nickt. Kein Wunder, Klima<br />

ist das Kernthema bei den Jugendlichen.<br />

„Wir können uns nicht<br />

leisten, unsere Zukunft<br />

aufs Spiel zu setzen.“<br />

Luca Kaiser, SPÖ<br />

/ POLITIKA / 11


Die Schüler ließen nicht locker und die Politiker kamen mit dem Antworten auf die<br />

kniffligen Fragen des Publikums gar nicht hinterher.<br />

„Den Klimawandel gab<br />

es schon immer.“<br />

Georg Mayer, FPÖ<br />

Es i st auch ihre Zukunft.<br />

Die „Fridays For Future“-Demonstrationen<br />

locken jeden Freitag tausende<br />

SchülerInnen an den Heldenplatz. Auch<br />

in der Handelsakademie geben mehr als<br />

die Hälfte der anwesenden SchülerInnen<br />

an, für den Kampf um Umweltschutz<br />

ihre Schulstunden sausen zu lassen. Als<br />

der stv. Chefredakteur und Moderator<br />

Amar Rajkovic in die Runde fragt, welche<br />

Politiker ihren Kindern eine Entschuldigung<br />

für die Schule schreiben würden,<br />

wenn diese auf die Demonstration gehen<br />

wollen, heben alle, bis auf FPÖ-Kandidat<br />

Mayer, die Hand. Die Mehrheit der Politiker<br />

unterstützt also das Schwänzen für<br />

die gute Sache.<br />

Klimawandel, der angeblich nicht von<br />

Menschen verursacht wird. Das Publikum<br />

bricht in schallendes Gelächter aus, Voggenhuber<br />

erntet zustimmenden Applaus,<br />

auch für seinen flammenden Appell nach<br />

40 Jahren endlich was zu tun. Ob er<br />

nicht zu alt sei, die Jugend zu vertreten,<br />

will jemand aus dem Publikum wissen.<br />

Der 68-jährige Voggenhuber kontert mit<br />

einem Seitenhieb auf die ÖVP: „Nur weil<br />

jemand jung ist, heißt das nicht, dass<br />

er für Junge spricht.“ Kurz, Blümel und<br />

auch der anwesende Kandidat Zoll sind<br />

wahrscheinlich damit gemeint.<br />

Hier mischt sich der junge SPÖ-<br />

Kandidat Luca Kaiser ein und meint, dass<br />

man Krisen nur lösen kann, wenn man<br />

sie als solche anerkennt: „Wir können<br />

es uns nicht leisten, unsere Zukunft<br />

aufs Spiel zu setzen.“ Einige aus dem<br />

Publikum nicken zustimmend mit dem<br />

Kopf. Andere, wie der 17-jährige Max,<br />

nehmen diese Worte nicht wirklich ernst:<br />

„Alle reden groß, aber eine Lösung hat<br />

keiner.“<br />

Die Aussagen der Politiker haben<br />

viele Schüler in ihrer Wahl nur bestätigt,<br />

auch den 18-jährigen Philipp: „Mein<br />

Kreuzerl ist am selben Fleck geblieben.“<br />

ÖVP-Kandidat Zoll hat an die jungen<br />

Menschen plädiert, in die Politik einzusteigen,<br />

damit frischer Wind in das Parlament<br />

kommt. NEOS-Spitzenkandidatin<br />

Gamon konnte mit der Idee von den Vereinigten<br />

Staaten von Europa überzeugen.<br />

Als der 16-jährige Schüler Mosche in die<br />

Politiker-Runde fragt, ob auch der Islam<br />

zu Europa gehört, spitzen sich im Publikum<br />

alle Ohren. Nach kurzem Zögern<br />

antwortet FPÖ-Kandidat Mayer zuerst mit<br />

einem „Naja“. Erst, als der Moderator ihn<br />

zu einer klaren Antwort auffordert, ringt<br />

sich Mayer zu einem „Ja“ durch.<br />

WORTGEFECHTE ZUM<br />

KLIMAWANDEL<br />

„Menschen, die meinen, wir haben<br />

keinen Einfluss auf den Klimawandel,<br />

glauben auch, dass die Erde eine Scheibe<br />

ist“, entgegnet der Spitzenkandidat<br />

der Liste Jetzt und Initiative 1 Europa,<br />

Johannes Voggenhuber, dem FPÖ-<br />

Kandidaten auf dessen Aussage zum<br />

Da schauen sie, die Volksvertreter. Luca Kaiser (SPÖ), Christian Zoll (ÖVP), Werner<br />

Kogler (GRÜNE), Claudia Gamon (NEOS) und Georg Mayer (FPÖ)<br />

12 / POLITIKA /


„Es kann nicht sein,<br />

dass Fleisch billiger als<br />

Katzenfutter ist.“<br />

Werner Kogler, Grüne<br />

KONFRONTATION<br />

Neben dem Umweltschutz erregt vor<br />

allem die Urheberrechtsreform die<br />

jungen Gemüter. Der 18-jährige Schüler<br />

Jonas nimmt sich bei FPÖ-Kandidat<br />

Mayer kein Blatt vor den Mund: „Bei<br />

der letzten EU-Abstimmung wegen des<br />

Urheberrechts haben sich alle FPÖ-Vertreter<br />

ihrer Stimme enthalten“, meint er<br />

und langsam machen sich Schweißperlen<br />

auf der Stirn des FPÖ-Politikers sichtbar.<br />

„Warum sollte ich eine Partei wählen, die<br />

bei wichtigen Entscheidungen keine Meinung<br />

vertritt?“, konfrontiert Jonas den<br />

FPÖ-Kandidaten und tosender Applaus<br />

von seinen Mitschülern folgt. Für die<br />

Enthaltung der blauen Partei haben die<br />

SchülerInnen ebenso wenig übrig wie für<br />

die Zustimmung der Türkisen.<br />

NEOS-Spitzenkandidatin Claudia Gamon geht als<br />

Siegerin mit 33% aus der Schul-Wahl heraus. Die<br />

Politikerin konnte die Schüler mit Argumenten zum<br />

Klimaschutz und Netzpolitik überzeugen.<br />

Infos zur<br />

EU-Wahl am<br />

26.5.20<strong>19</strong><br />

Wer wird gewählt?<br />

<strong>19</strong> Abgeordnete, die Österreich<br />

für die nächsten 5 Jahre im<br />

Europaparlament vertreten.<br />

Wie wird gewählt?<br />

Mit einem Stimmzettel, auf dem<br />

ein Wahlvorschlag oder eine<br />

Parteiliste angekreuzt werden<br />

kann. In Österreich gibt es auch<br />

die Möglichkeit einer Vorzugsstimme<br />

für KandidatInnen. Eine<br />

Vorreihung erfolgt bei mehr als<br />

5 % der auf den Wahlvorschlag<br />

entfallenen Stimmen.<br />

Wer darf wählen?<br />

Alle österreichischen Staatsbürger,<br />

die 16 Jahre alt sind,<br />

sowie Bürger anderer EU Länder<br />

mit Wohnsitz in Österreich und<br />

Auslandsösterreicher, die zum<br />

Stichtag in einer österreichischen<br />

Gemeinde eingetragen sind.<br />

Welche politischen<br />

Fraktionen gibt es?<br />

Die Europäische Volkspartei<br />

(EVP), zu der die ÖVP gehört<br />

und die Progressive Allianz der<br />

Sozialdemokraten (S&D), zu<br />

der die SPÖ gehört. Außerdem<br />

die Allianz der Liberalen und<br />

Demokraten für Europa (ALDE),<br />

der die NEOS angehören, die<br />

Europäische Freie Allianz (EFA)<br />

zu der die Grünen gehören,<br />

sowie die Fraktion Europa der<br />

Nationen und der Freiheit (ENF),<br />

zu welcher die FPÖ gehört.<br />

Wo kann gewählt<br />

werden?<br />

Am Wahltag im zugeteilten<br />

Wahlsprengel oder mit Briefwahlkarte<br />

per Post bzw. durch<br />

Abgabe bei der Vertretungsbehörde<br />

(Botschaft, Konsulat), falls<br />

man im Ausland ist.<br />

HÖCHSTE<br />

ERFOLGSZAHL<br />

ÖSTERREICHS<br />

• AHS-Matura<br />

• Berufsreifeprüfung<br />

• Hauptschulabschluss<br />

• Studienberechtigungsprüfung<br />

• Sprachkurse, Latinum<br />

• Fernunterricht<br />

(Beginn jederzeit)<br />

Beginn:<br />

Frühjahr & Herbst<br />

Tel.: 01/523 14 88,<br />

Neubaugasse 43<br />

1070 Wien<br />

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VOR DER DISKUSSION<br />

4%<br />

1%<br />

NACH DER DISKUSSION<br />

JETZT<br />

11%<br />

32%<br />

10%<br />

12%<br />

33%<br />

GRÜNE<br />

NEOS<br />

22%<br />

10%<br />

FPÖ<br />

30%<br />

15%<br />

20%<br />

ÖVP<br />

SPÖ<br />

„Nur weil jemand<br />

jung ist, heißt das<br />

nicht, dass er für<br />

Junge spricht.“<br />

Johannes Voggenhuber,<br />

Inititative 1 Europa<br />

DIE ZUKUNFT HAT<br />

GESPROCHEN<br />

Es ist 11:30 Uhr, mittlerweile steht fast<br />

der halbe Festsaal, die Zeit für den<br />

Talk ist aber vorüber. Die Traube geht<br />

langsam wieder in ihre Klassenzimmer<br />

zurück. Die 16-jährige Nina fühlt sich<br />

nach der Diskussion besser aufgeklärt,<br />

ihr Ansporn für die Wahl ist jetzt größer.<br />

Jonas wünscht sich statt Ausweich-Taktiken<br />

klare Statements von den Politikern:<br />

„Sie kennen unsere Meinung zu Klima-<br />

wandel und Uploadfiltern. Jetzt müssen<br />

sie handeln.“ Bei vielen Schülern, auch<br />

dem 18-jährigen Lorenzo, überwiegt<br />

nach dem Talk das Gefühl von Zugehörigkeit<br />

und Mitspracherecht: „Es bedeutet<br />

uns viel, in politische Diskussionen<br />

miteinbezogen zu werden.“ Verständlich,<br />

schließlich sind diese Kids unsere<br />

Zukunft und wer ihre Stimme auf dem<br />

Wahlzettel will, muss ihnen auch mal das<br />

Mikrofon geben. ●<br />

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Gemeinsam mit Freunden Zombies<br />

bekämp fen, im Rennwagen herum düsen<br />

und nebenbei Limo schlürfen?<br />

Das erste #virtualreality Café im<br />

europäischen Raum macht’s möglich –<br />

und das mitten in Wien!<br />

Tauch ab in eine andere Welt. Wann?<br />

Dienstag bis Donnerstag 16 – 23 Uhr<br />

sowie Freitag und<br />

Samstag 16 – 24 Uhr.<br />

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EINE INFORMATION DES LANDES NIEDERÖSTERREICH<br />

Krems | 20<strong>19</strong> | Austria<br />

April 26-May 05<br />

Holly Herndon<br />

LAFAWNDAH<br />

Giant Swan<br />

Planningtorock<br />

Nkisi<br />

Yves Tumor<br />

Kate Tempest<br />

Flotation Toy Warning<br />

Lonnie Holley<br />

Hyph11E<br />

Godflesh<br />

Apparat<br />

Guttersnipe<br />

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donaufestival.at<br />

Ticket und Infos:<br />

+43 (0) 2732/90 80 33 oder<br />

www.donaufestival.at


EU-Wahl am 26. Mai:<br />

Es geht uns alle an!<br />

Wien ist mit 1,9 Mio.<br />

Ein wohnern die<br />

sechst größte Stadt<br />

der EU. Die Stadt<br />

mit der höchsten<br />

Lebensqualität<br />

der Welt verdankt<br />

nicht<br />

zu letzt auch den<br />

kulturellen und<br />

wirtschaftlichen<br />

Verflechtungen<br />

mit der EU<br />

diesen Status.<br />

WER?<br />

In Wien wählen dürfen alle<br />

ÖsterreicherInnen, die bis<br />

zum 26.5.2003 geboren wurden<br />

und am 12.3.20<strong>19</strong> einen<br />

Hauptwohnsitz in Wien hatten.<br />

Auch nicht-österreichische<br />

EU-BürgerInnen dürfen wählen,<br />

wenn sie bis zum 26.5.2003<br />

geboren wurden und bis zum<br />

12.3.20<strong>19</strong> in der EU-Wählerevidenz<br />

eingetragen waren.<br />

WIE?<br />

Die Teilnahme an der Europa-Wahl<br />

ist im zuständigen<br />

Wahllokal, mit Wahlkarte in<br />

einem beliebigen Wahllokal<br />

in ganz Österreich oder per<br />

Briefwahl möglich.<br />

Die Wahlkarte lässt sich persönlich,<br />

schriftlich und am<br />

bequemsten online beantragen!<br />

www.wahlen.wien.at<br />

WO?<br />

Am 26. Mai 20<strong>19</strong><br />

haben alle Wahllokale<br />

in Wien von 7 – 17 Uhr<br />

geöffnet.<br />

Keine Ausreden!<br />

Alle Infos zur Wahl:<br />

www.wahlen.wien.at<br />

Stadtservice Wien –<br />

Stadtinformation<br />

Tel.: 01/50 255<br />

ACHTUNG, NICHT VERGESSEN:<br />

Bei der persönlichen Stimmabgabe unbedingt einen Lichtbildausweis dabeihaben!


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WAS TUT DIE<br />

EU FÜR WIEN?<br />

Dank Euro, Osterweiterung<br />

und Reisefreiheit: Seit Österreich<br />

<strong>19</strong>95 der EU beigetreten<br />

ist, verzeichnet das Land<br />

ein anhaltendes Wirtschaftswachstum<br />

von rund 0,5 bis<br />

1 Prozent jährlich. * Über<br />

40 % der TouristInnen in<br />

Wien kommen aus der EU!<br />

Das Umwelt- und Naturschutzprogramm<br />

der EU<br />

unterstützt das Projekt Alte<br />

Donau – damit sie weiterhin<br />

ein beliebtes Naherholungsgebiet<br />

der WienerInnen<br />

bleibt.<br />

Mit Erasmus+ hat die EU ein<br />

Programm geschaffen, das<br />

Bildung, Jugend und Sport<br />

in ganz Europa fördert. Nirgendwo<br />

sonst in Österreich<br />

zieht es so viele Lehrende<br />

und Lernende für Bildungsaufenthalte,<br />

wie nach Wien.<br />

WAS TUT DIE<br />

EU FÜR MICH?<br />

Wenn du dich über deine<br />

Rechte als UnionsbürgerIn,<br />

deine Zukunft oder deine<br />

Ausbildungsmöglichkeiten<br />

innerhalb der EU informieren<br />

möchtest, findest du unter<br />

https://what-europe-doesfor-me.eu/de/<br />

tausende<br />

Projekte, welche die EU für<br />

dich bereithält.<br />

*Quelle: ÖGfE-Studie, Ausnahme: 2009<br />

Wien ist die sechstgrößte Stadt der Europäischen Union<br />

nach London, Berlin, Madrid, Rom und Paris - und<br />

vor Hamburg, Budapest oder Barcelona<br />

Die EU hatte 2017 rund 510 Mio. EinwohnerInnen. In Wien leben 0,4%<br />

der EU-Bervölkerung auf lediglich 0,01% der Unionsfläche.<br />

SCHON GEWUSST?<br />

● Am 12. Juni <strong>19</strong>94 stimmten 65,8 Prozent der<br />

ÖsterreicherInnen mit JA zum EU-Beitritt.<br />

● Die erste EU-Wahl für Österreich fand <strong>19</strong>96, ein<br />

Jahr nach dem Beitritt, statt.<br />

● Wien ist mit 70% ÖsterreicherInnen, 13%<br />

EU-BürgerInnen und 17% Drittstaatsangehörigen<br />

eine der vielfältigsten Metropolen Europas!<br />

● Das Europäische Parlament wird alle 5 Jahre neu<br />

gewählt.<br />

Quellen: Statistik Austria, Stadt Wien (MA23, Wiener Bevölkerungsregister), Eurostat,<br />

Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen<br />

Grafiken: Bohmann Druck- und Verlag Gesellschaft m.b.H.<br />

Gebt am 26. Mai eure Stimme für unsere Zukunft ab!


Europatag<br />

9. Mai 20<strong>19</strong> ab 17 30 Uhr<br />

Start Slam 18 30 Uhr<br />

Reaktor · Geblergasse 36–40 · 1170 Wien<br />

Eintritt frei<br />

SECHS GRÜNDE, WARUM WIR DIE EU LIEBEN<br />

Kein Roaming, kein Pass und kein Geldwechseln: Die meisten von<br />

uns erinnern sich kaum mehr an eine Zeit vor der Europäischen<br />

Union. Die Vorteile, die wir alle genießen, nehmen wir als selbstverständlich<br />

und vergessen sie oft. Hier ein Reminder.<br />

Von Sandro Nicolussi<br />

Layout und Design: Birgit Raitmayr | pixlerei.at<br />

Open call for sign up & info:<br />

euslam@buerowien.com<br />

Slam-MC: Markus Köhle<br />

Mit: Sarah-Anna Fernbach, Mieze Medusa,<br />

Kirmes Hanoi (Jonas Scheiner & Henrik Szanto),<br />

Fabian Navarro und Tereza Hossa<br />

Fragen zu den Europawahlen 20<strong>19</strong>?<br />

Verschafft Euch Einblick in die EU beim EU-Poetry Slam!<br />

REISEN INS EU-AUSLAND:<br />

Jeder, der früher „runter“ nach Kroatien<br />

gefahren ist, weiß: Es gibt nichts<br />

Schlimmeres als 13 Stunden am Grenzübergang<br />

warten und dann noch den<br />

halbkorrupten Beamten Kohle zustecken<br />

zu müssen. Menschen innerhalb der EU<br />

haben diese Szenen längst aus ihrem<br />

Gedächtnis gelöscht. Alles, was du zum<br />

Reisen in der EU brauchst, ist ein Personalausweis.<br />

Achtung: Führerschein ist<br />

kein gültiges Reisedokument!<br />

WÄHRUNGEN:<br />

Schluss mit Geldwechseln in Touri-Fallen<br />

– auch genannt Geldwechselstuben. In<br />

den meisten Ländern der EU wird mit<br />

dem EURO bezahlt. <strong>19</strong> von 28 Ländern<br />

führen den EURO als Währung und<br />

lassen die Banken durch die Wechselgebühren<br />

nicht noch reicher werden.<br />

Und du kannst geschmeidig vergleichen,<br />

ohne die ganze Zeit deinen Taschenrechner<br />

auszupacken.<br />

TELEFONIEREN:<br />

E.T. nach Hause teuer telefonieren.<br />

Jeder, der die Omi zum 80er im Ausland<br />

angerufen hat, weiß: In Nicht-EU-Länder<br />

telefonieren ist der helle Wahnsinn. Vor<br />

allem, wenn die Omi dann noch eine<br />

Stunde lang über deinen Beziehungsstatus<br />

jammert. Klar, über Whatsapp geht’s<br />

auch, aber die Omi bevorzugt klassische<br />

Kommunikationswege wie das<br />

gute alte Telefon. Seit 15. Juni 2017<br />

sind die Roaminggebühren innerhalb<br />

der EU abgeschafft worden. Jetzt<br />

muss die Omi nur noch von Bosnien<br />

nach Belgien übersiedeln.<br />

ONLINE-SHOPPING:<br />

Seit Ende letzten Jahres gibt es kein<br />

Geoblocking mehr für Onlineshops<br />

innerhalb der EU. Das heißt: Du kannst<br />

aus jedem EU-Land zum selben Preis<br />

bei deinen Lieblings-Onlineshops<br />

einkaufen. Achtung: Das Geoblocking<br />

ist weg, aber die Shops können immer<br />

noch selbst entscheiden, in welche<br />

Länder sie liefern!<br />

INTERNETNUTZUNG:<br />

Derzeit fördert die EU gratis WLAN-<br />

Hotspots in der europäischen Öffentlichkeit.<br />

Damit wird dich nie wieder ein<br />

beschränktes Datenvolumen von deinem<br />

nächsten Instaposting abhalten.<br />

STUDIEREN:<br />

ERASMUS-Förderungen ermöglichen<br />

dir einen Aufenthalt im Ausland.<br />

Außerdem gelten deine akademischen<br />

Grade dank der Vereinheitlichung EUweit.<br />

Na, schon inskribiert?<br />

Julie Brass


26. Mai<br />

SELLNER, KICKL<br />

& VILIMSKY<br />

BRAUCHEN EINE<br />

STARKE EUROPÄISCHE<br />

GEGENSTIMME<br />

ZUM BEISPIEL DEINE!<br />

CLAUDIA GAMON<br />

NEOS.EU<br />

NEOS, Neustiftgasse 73-75, 1070 Wien


Herr Vural, wie<br />

viele Kopftücher<br />

hat Ihre Frau?<br />

Mit wie vielen<br />

Jahren kamen<br />

Sie nach<br />

Österreich?<br />

Wie viele Jahre<br />

haben Sie für<br />

den Favoritner<br />

AC gespielt?<br />

Wie viele<br />

Kinder haben<br />

Sie?<br />

Interview in Zahlen:<br />

In der Politik wird schon genug<br />

geredet. Biber fragt in Worten,<br />

der Präsident der Islamischen<br />

Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) Ümit<br />

Vural antwortet mit einer Zahl.<br />

6<br />

6<br />

3<br />

Von Simon Kravagna, Fotos: Marko Mestrović<br />

Sechs Jahre hat Österreichs Chef-Muslim für den<br />

Favoritner AC gespielt.<br />

Niemals hat Ümit Vural in seinem Leben Alkohol getrunken.<br />

Wie viele<br />

islamistische<br />

Kindergärten<br />

gibt es in<br />

Österreich?<br />

Wie viele<br />

Moscheen in<br />

Österreich<br />

sind für Sie<br />

problematisch?<br />

Wie viele Kopftücher<br />

hat Ihre<br />

Frau?<br />

Wie viele Parteien<br />

haben Sie<br />

bisher gewählt?<br />

Auf einer Skala<br />

von 0 bis 100:<br />

Wie viele Meter<br />

rechts der<br />

Mitte steht HC<br />

Strache?<br />

0<br />

5<br />

<strong>19</strong><br />

2<br />

75<br />

20 / POLITIKA /


Wie viele Suren<br />

hat der Koran?<br />

Wie oft beten<br />

Sie am Tag?<br />

Wie oft waren<br />

Sie zum Hadsch<br />

in Mekka?<br />

Wie oft haben<br />

Sie in Ihrem<br />

Leben Alkohol<br />

getrunken?<br />

An wie vielen<br />

islamischen<br />

Feiertagen<br />

sollten Muslime<br />

frei haben?<br />

114<br />

5<br />

2<br />

0<br />

3<br />

Fünf Moscheen findet der Jurist in Österreich problematisch.<br />

Sieben Mal im Monat gibt’s Kebap: Döner, Adana, Iskender …<br />

Auf einer Skala<br />

von 0 bis<br />

100: Wie viele<br />

Meter rechts<br />

der Mitte steht<br />

Sebastian<br />

Kurz?<br />

Wie viele<br />

Stunden<br />

arbeiten Sie<br />

pro Tag?<br />

Wie viel Euro<br />

beträgt das<br />

jährliche<br />

Budget der<br />

Islamischen<br />

Glaubensgemeinschaft?<br />

Wie viele<br />

Drohungen<br />

bekommen Sie<br />

pro Tag?<br />

Wie oft im<br />

Monat essen<br />

Sie Kebap?<br />

50<br />

12<br />

400.000<br />

1<br />

7<br />

/ POLITIKA / 21


DAS INTIME<br />

IST POLITISCH<br />

Ausgeliefert, überfordert, gedemütigt – Chefredakteurin<br />

Delna Antia-Tatic spricht über ihr traumatisierendes<br />

Geburtserlebnis und bricht damit ein Tabu. Ein Bericht und<br />

eine Anklage über die geringschätzenden Zustände, unter<br />

denen Frauen in unserer Gesellschaft Leben auf die Welt<br />

bringen.<br />

Von Delna Antia-Tatić, Foto: Marko Mestrović<br />

Seit 16 Monaten bin ich nun<br />

wütend. Die Wut verschwindet<br />

nicht, wie man es mir versprochen<br />

hat. Sie steigt mir<br />

zu Kopf, in Bauch und Beine, jedes Mal,<br />

wenn das Thema angeschnitten wird. Ich<br />

habe nicht vergessen, im Gegenteil, ich<br />

bin empört darüber, was ich erlebt habe.<br />

Zum ersten Mal in meinem Leben hatte<br />

ich das Gefühl „nur“ eine Frau zu sein.<br />

Dieses Empfinden kannte ich so nicht,<br />

ich bin selbstbewusst, führe ein selbstbestimmtes<br />

Leben und umgebe mich –<br />

aus Zufall oder nicht – mit feministischen<br />

Männern. Aber seit November 2017 bin<br />

ich mir sicher: Würden Männer Kinder<br />

kriegen, sähe die Situation anders aus.<br />

Und das Interessante ist: Selbst Männer<br />

stimmen mir zu.<br />

Ich hatte eine harte Entbindung, eine<br />

schwierige und langwierige. Einfach<br />

Pech gehabt? Nein, ich bin kein trauriger<br />

Einzelfall. Wo man mitleidig mit dem Kopf<br />

nickt und Schulter tätschelnd versichert,<br />

dass ich das irgendwann schon vergessen<br />

werde. Und ich mich doch überhaupt<br />

freuen sollte, weil es ja ein „Happy<br />

End“ gegeben hat. Solche Reaktionen<br />

empfinde ich als beschwichtigend und<br />

stummstellend. Nach dem Motto: Frauen<br />

kriegen nun einmal die Kinder, das ist<br />

Naturgesetz, die Schmerzen gehören<br />

nicht nur dazu, sondern sind im Prozedere<br />

wichtig und seit Hunderten von Jahren<br />

müssen wir da durch. Außerdem, viele<br />

Frauen haben auch einfache Geburten.<br />

So weit, so richtig.<br />

Würden Männer<br />

Kinder kriegen,<br />

sähe die Situation<br />

anders aus.<br />

Aber was ist mit den Umständen? Ich<br />

beklage nicht das „Los der Frau“ noch<br />

die Schmerzen. Ich beklage auch nicht<br />

einzelne Personen. Im Gegenteil, die<br />

Arbeit von Hebammen ist bewundernswert.<br />

Sie ist wahrlich lebenswichtig und<br />

wird in unserer Gesellschaft völlig unterbewertet<br />

bzw. unterbezahlt. Ich bin auch<br />

den Ärzten dankbar, ja der modernen<br />

Medizin, ich weiß nicht wie es am Ende<br />

bei mir ohne Kaiserschnitt ausgegangen<br />

wäre. Aber ich beklage die Umstände.<br />

Für jede Frau ist die erste Schwangerschaft<br />

und Geburt unbegreiflich. Besonders<br />

vor der ersten Geburt geht es uns<br />

nicht anders als Männern. Wir wissen so<br />

wenig wie unser Partner, was auf uns zu<br />

kommt, kennen nur die Theorie, hören<br />

Geschichten und sehen Bilder, aber wir<br />

sind so unerfahren wie jeder Mann. Nur<br />

mit dem Unterschied, dass wir betroffen<br />

sind. Daher müssen wir vertrauen. Auf<br />

unseren Körper zunächst, und später auf<br />

all die Experten – dem Geburtensystem<br />

an sich. Denn das Wunder des Lebens<br />

ist ja paradoxerweise das Normalste der<br />

Welt. 86.987 Geburten fanden 2017 in<br />

Österreich statt.<br />

Das Wunder in meinem Bauch ist<br />

also „normal“, so habe ich es gesehen.<br />

Als ich schwanger wurde und die<br />

Geburtsortwahl anstand, entschied ich<br />

22 / FAMILY SPECIAL /


Heute würde ich<br />

alles anders machen<br />

und alles extra zahlen.<br />

Aber ich wusste<br />

es nicht besser.<br />

mich für die normale Spital-Variante: kein<br />

Schnickschnack à la „Hypno-Birthing“,<br />

keine Wahlhebamme extra nur für mich<br />

bei der Geburt, keine Privatklinik. Tausende<br />

Frauen hatten vor mir Kinder auf<br />

die Welt gebracht – oft nicht einmal in<br />

Krankenhäusern. Warum sollte gerade<br />

ich auf eine Sonderbehandlung bestehen?<br />

Obwohl ich in der privilegierten<br />

Situation bin, dass wir uns all die privat<br />

zu zahlenden Extras hätten leisten können<br />

– eine Wahlhebamme kostet 1500€<br />

aufwärts – entschied ich dagegen. Im<br />

Nachhinein war das dumm. Heute würde<br />

ich alles extra zahlen. Aber ich wusste es<br />

nicht besser. Mir blieb keine Alternative<br />

als in guter Hoffnung zu vertrauen.<br />

Außerdem werden Geburten systematisch<br />

vernebelt. Es herrscht das<br />

ungeschriebene Gesetz, dass erfahrene<br />

Frauen den unerfahrenen keine Angst<br />

machen. Daher redet mit einer Erstgebärenden<br />

niemand Tacheles – weder<br />

die Freundin noch die Hebamme in der<br />

Geburtsvorbereitung. Die Logik ist natürlich<br />

nachvollziehbar. Jede Schwangere<br />

kennt das Gefühl der Unausweichlichkeit:<br />

Irgendwann gibt es kein Zurück mehr,<br />

nur noch einen Weg hinaus. Da ist es<br />

natürlich besser, nicht in Panik zu geraten,<br />

weil dir jeder Horrorstorys erzählt.<br />

Andererseits hätte ich mir gewünscht,<br />

vorbereitet gewesen zu sein: auf all die<br />

Mittel, die man mir reichte, damit es<br />

besser voranging, auf die Auswirkung<br />

der „Wehenverstärker“, auf die PDA, auf<br />

den Kaiserschnitt schlussendlich. Ich<br />

hätte mir gern vorher mit einer Expertin<br />

Gedanken gemacht und mir das Für-und-<br />

Wider samt Nebenwirkungen der Periduralanästhesie<br />

(PDA), das ist die lokale<br />

Betäubung im Bereich der Wirbelsäule,<br />

erklären lassen.<br />

Stattdessen saß ich plötzlich da,<br />

hilflos. Mitten in der Nacht, 10 Stunden<br />

Wehen hatte ich schon hinter mir, ich<br />

zitterte unkontrolliert am ganzen Körper<br />

wie das Gebärende tun, immer wieder<br />

unterbrochen von einer erneuten Wehe,<br />

und musste meine Unterschrift abgeben.<br />

Der Anästhesist klärte mich über<br />

die Nebenwirkungen wie Lähmungen<br />

auf und sagte mir deutlich, dass das<br />

Wichtigste bei dem Nadelstich bei der<br />

Wirbelsäule sei, damit nichts schiefginge,<br />

dass ich absolut stillhielte. Als ich ihm<br />

erklärte, dass ich bereits einmal eine<br />

Rückenmarksuntersuchung hatte, meinte<br />

er nur, dass das Gewebe bei mir verklebt<br />

sein und dadurch die PDA möglicherweise<br />

nicht wirken könnte. Man kann sich<br />

meine Überforderung in dieser Situation<br />

vorstellen. „Eine Zumutung“, beurteilt<br />

meine Nachsorgehebamme, die mich<br />

später – privat – betreuen würde. Warum<br />

wurde kein Gespräch samt Aufklärung<br />

über PDA & Co bei der Anmeldung im<br />

Spital geführt? Das wird es mittlerweile,<br />

sagt sie. Trotzdem, auf den Kaiserschnitt<br />

war ich auch nicht vorbereitet. Als nach<br />

30 Stunden und nach dem gescheiterten<br />

Versuch, das Kind manuell hinauszudrücken<br />

– mein Mann erinnert sich noch<br />

heute an den Fußabdruck der Ärztin, den<br />

sie beim Drücken auf meinen Bauch an<br />

der Wand hinterließ – als nun endlich die<br />

„Erlösung“ entschieden wurde, wusste<br />

ich nicht, was kommt. Ich sorgte mich,<br />

hatte Angst, dass ich den Schnitt spüren<br />

würde. Denn tatsächlich hatte meine<br />

PDA nicht gut gewirkt. Man beruhigte<br />

mich. Doch leider hatte mein Bauchgefühl<br />

recht – ich spürte den Schnitt, schrie<br />

und wurde in Vollnarkose versetzt.<br />

Mit zwei Expertinnen spreche ich<br />

über meine Geburt – stellvertretend für<br />

all jene Fälle, die traumatisieren können.<br />

„Es ist kein trauriger Einzelfall. Die Ursachen<br />

liegen im System“, bestätigt Judith<br />

Raunig. Die Psychologin ist spezialisiert<br />

auf Geburtstraumata und arbeitet mit<br />

Frauen, die sich während der Geburt<br />

nicht nur überfordert, hilflos, ausgeliefert<br />

und gedemütigt fühlten, sondern gerade<br />

nach einem Kaiserschnitt geplagt sind<br />

von Schuld- und Versagensgefühlen.<br />

Die Kaiserschnittrate steigt seit Jahren<br />

und so erlebt auch Raunig derzeit<br />

einen extremen Zuwachs an Anfragen.<br />

Was sind die Fehler im System, will ich<br />

wissen.<br />

MANGELNDE 1:1<br />

BETREUUNG<br />

„Zum einen natürlich der Personalmangel<br />

in den Spitälern – die mangelnde 1:1<br />

Betreuung“. Hebammen müssen sich oft<br />

um drei und mehr Frauen, die gebären,<br />

gleichzeitig kümmern, dazwischen ambulante<br />

Kontrollen durchführen und all das<br />

noch dokumentieren. Die Dokumentation<br />

nimmt gut zwei Drittel ihrer Arbeit ein,<br />

die Betreuung der Frauen lediglich ein<br />

Drittel. Es herrscht Druck und Stress,<br />

kein Umfeld, in dem es leichtfällt, sich<br />

„zu öffnen“. Dass zu wenig Hebammen<br />

da sind, bzw. Plätze vorgesehen, ist eine<br />

Frage der Planbarkeit und natürlich des<br />

Geldes. So erklärt es mir eine Hebamme,<br />

deren Namen ich nicht nennen soll und<br />

die lange im Spital gearbeitet hat, bis<br />

sie sich selbstständig machte, weil sie<br />

die Geburtsumstände nicht mehr ertrug.<br />

„Die Spitäler arbeiten mit den Krankenkassen.<br />

Es gibt ein Punktesystem und für<br />

eine Geburt per Kaiserschnitt gibt es nun<br />

einmal mehr Punkte als für eine Spontangeburt.“<br />

Dass in Spitälern ökonomisch<br />

gebärt werden soll, ist kein Geheimnis.<br />

„Mutter und Kind wird nicht die Zeit<br />

gegeben, die sie brauchen,“ so Raunig.<br />

„Eine 20-Stunden-Geburt ist eine teure<br />

„Es ist kein trauriger<br />

Einzelfall. Die<br />

Ursachen liegen im<br />

System.“<br />

Geburt für das Spital.“ Meine Geburt hat<br />

weit länger gedauert. Trotz aller Mittel<br />

und Maßnahmen, sie voranzutreiben.<br />

Trotz oder gerade deswegen?<br />

„Das größte Problem sind die Interventionen.<br />

Eine Geburt im Krankenhaus<br />

findet kaum mehr interventionsfrei statt<br />

– außer du kommst mit 9,5cm Muttermundöffnung<br />

und Presswehen ins<br />

Spital“, kritisiert die Traumapsychologin.<br />

Geburten würden extrem getaktet. Wenn<br />

24 / FAMILY SPECIAL /


„Eine Geburt im<br />

Krankenhaus<br />

findet kaum mehr<br />

interventionsfrei<br />

statt.“<br />

nicht jede Stunde ein Zentimeter weiter<br />

geht (der Muttermund muss sich laut<br />

Theorie von 1 auf 10 cm öffnen, damit<br />

das Kind hinaus kann), dann würde eben<br />

„interveniert“ – sprich eingeschritten. Es<br />

gibt vielfältige Mittel wie den Wehentropf<br />

oder auch das konkrete Einleiten einer<br />

Geburt, wenn die Frau zu lange über<br />

dem Geburtstermin liegt. Und natürlich<br />

gibt es das CTG – den Herz- und<br />

Wehenschreiber. Daran kann ich mich<br />

erinnern, alle paar Stunden wurde ich<br />

unbequem an das Gerät gehängt, um die<br />

Herztöne des Kindes zu messen. Diese<br />

„CTG-Routine“ im Spital sieht Raunig als<br />

kontraproduktiv. „Es gibt nun einmal all<br />

diese schönen Geräte und Mittel, daher<br />

werden sie auch verwendet!“, kritisiert<br />

sie die Motivation der Spitäler. Selbst<br />

die Weltgesundheitsorganisation (WHO)<br />

bemängelt den Trend zu immer mehr<br />

medizinischen Interventionen während<br />

der Geburt, insbesondere gegen den<br />

immer häufigeren Einsatz von Wehenmitteln<br />

zur Beschleunigung der Geburt.<br />

„Es ist auch eine Folge der mangelnden<br />

1:1 Betreuung“, erklärt mir die Hebamme.<br />

Wenn eine Hebamme nicht bei einer<br />

Gebärenden im Raum bleiben kann, ist<br />

die stetige Kontrolle des Gesundheitszustand<br />

des Kindes mittels CTG ein<br />

wichtiger Ersatz.<br />

Dass es am Ende bei all den Eingriffen<br />

dann zu einem Kaiserschnitt<br />

kommt, verwundert weder sie noch die<br />

Hebamme. Und die steigenden Kaiserschnittraten<br />

sprechen für sich: 29,6 %<br />

waren es im Jahr 2017 – das ist fast jede<br />

dritte Frau. Auch in meinem Freundeskreis<br />

haben vier von sechs Frauen<br />

seit 2017 eine ungeplante Narbe. Und<br />

davor schützt auch keine Privatklinik,<br />

denn nicht selten weisen Privatärzte<br />

eine Kaiserschnittrate von 80% vor, so<br />

Raunig. Auch die Hebamme bestätigt:<br />

Die Spitäler verdienen mehr Geld an<br />

Kaiserschnittgeburten. Raunig geht so<br />

weit, die hohe „Sectio Rate“ als moderne<br />

Frauenbeschneidung zu bezeichnen. Die<br />

Psychologin ist Expertin in diesem Gebiet<br />

und drehte 2014 einen Dokumentarfilm<br />

zum Thema „Meine Narbe“, der u.a. für<br />

den Fernsehpreis nominiert war und im<br />

ORF ausgestrahlt wurde.<br />

Obwohl ich letztlich froh bin, durch<br />

einen Kaiserschnitt „erlöst“ worden zu<br />

sein, waren die Umstände danach umso<br />

schlimmer. Da ich nicht in einem Einzelzimmer<br />

in einer Privatklinik lag, sondern<br />

zunächst in einem Dreibett-, dann in<br />

einem Doppelzimmer, musste mein Mann<br />

zwischen <strong>19</strong> Uhr und 7 Uhr morgens<br />

gehen. Ich war mit einer Bauchoperation,<br />

wie die Ärzte mir stets einbläuten, unter<br />

Schmerzmittel und mit meinem so neuen<br />

Säugling über Nacht allein. Mein Sohn<br />

war gesund, kräftig, hungrig und schrie.<br />

Ich konnte ohne Hilfe nicht aufstehen,<br />

kaum gehen, geschweige denn mein<br />

Baby tragen, wiegen, wickeln. Natürlich<br />

halfen die Hebammen, wenn ich sie rief,<br />

aber dass sie Stress hatten war mehr<br />

als spürbar. Die Muttermilch ließ auf sich<br />

warten, typisch für die Kaiserschnittgeburt.<br />

Ich entließ mich einen Tag früher<br />

aus dem Spital, weil mein Sohn und ich<br />

zuhause nicht nur mehr Betreuung haben<br />

würden, sondern vor allem Ruhe. Und<br />

prompt schoss die Milch ein.<br />

Ruhe, Zeit und die individuelle<br />

Betreuung, das braucht es für Geburten<br />

– vorher wie nachher. „Wie soll eine Frau<br />

sich sonst öffnen können?“, kritisiert die<br />

Hebamme. Ich hatte es nicht gekonnt.<br />

Ich erlebte während meiner Geburt vier<br />

Personalschichten. Zwar allesamt freundlich<br />

– da hatte ich Glück, denn ich kenne<br />

andere Berichte – aber nichtsdestotrotz<br />

bedeutete dies, dass mich vier Schichten<br />

an der bis dato intimsten Stelle untersuchten.<br />

Diese stetige Muttermunduntersuchung<br />

ist für die Frauen nicht nur oft<br />

unangenehm, sie ist so häufig auch nicht<br />

erforderlich, so die Expertinnen. Als bei<br />

mir kurz vor Schluss die Auszubildende<br />

dann auch noch fühlen wollte, was denn<br />

da nicht weiterging, hatte ich wahrlich<br />

das demütigende Gefühl des Tags der<br />

offenen Tür.<br />

Würden Männer die Kinder kriegen,<br />

liefe es hundertprozentig anders. Die<br />

Psychologin und die Hebamme stimmen<br />

mir sofort zu – ohne Zögern. „Wenn Männer<br />

das System gestalten und Hebammen<br />

nicht mitreden dürfen, dann ist das<br />

zu Gunsten des Geldes und zu Lasten<br />

der Frauen und Kinder“, so die Hebamme.<br />

Es fehle an Güte und Mitgefühl. Für<br />

mich fehlte es vor allem an Respekt vor<br />

dem, was wir Frauen hier leisten. Wir<br />

bringen Leben auf die Welt! Das Wichtigste<br />

für unsere Gesellschaft, und geben<br />

dabei viel von uns hin. Denn kaum ein<br />

Mutterkörper ist danach derselbe.<br />

Beide Frauen bestärken mich in dem<br />

Vorhaben, diesen Artikel zu schreiben.<br />

Ich weiß, dass ich nicht die Einzige bin.<br />

Es gibt immer<br />

mehr Berichte von<br />

Gewalt während der<br />

Geburt, von Verletzungen<br />

– verbaler<br />

wie physischer.<br />

Es gibt immer mehr Berichte von Gewalt<br />

während der Geburt, von Verletzungen –<br />

verbaler wie physischer Art. Es gibt zwar<br />

keine Statistiken, aber laut Schätzungen<br />

von Christina Mundlos, der deutschen<br />

Soziologin und Autorin des Buchs<br />

„Gewalt unter der Geburt“, betrifft es<br />

mindestens 40–50% der Geburten. „Das<br />

Risiko für die einzelne Frau bei einer<br />

ihrer Geburten Gewalt zu erleben ist<br />

jedoch noch höher. Wenn etwa 50% der<br />

Geburten betroffen sind, dann liegt das<br />

Risiko für die einzelne Frau bei 80% bei<br />

einer ihrer Geburten Gewalt zu erleben,“<br />

so Mundlos. Das Sprechen darüber ist<br />

gut. Denn wenn wir Frauen uns nicht<br />

wehren, wie soll sich etwas ändern? Das<br />

Intime ist politisch. ●<br />

/ FAMILY SPECIAL / 25


„Natürlich<br />

vermisse ich<br />

mein Kind“<br />

Interview unter Palmen:<br />

Wir trafen die Umweltministerin<br />

im Palmenhaus.<br />

26 / MIT SCHARF /


Umweltministerin Elisabeth Köstinger spricht im biber-Interview<br />

nicht über Klimapolitik, sondern über ihr Leben als Politikerin<br />

und Mutter. Dass sie für ihren Job zurückgesteckt hat,<br />

in der Schwangerschaft vor Sorge nächtelang wach lag und<br />

ihr Mann zum Babyschwimmen geht, erzählt sie biber-Chefredakteurin<br />

und ebenfalls Neo-Mama Delna Antia-Tatic.<br />

Von Delna Antia-Tatić, Fotos: Marko Mestrović<br />

<strong>BIBER</strong>: Frau Ministerin, wie läuft es mit<br />

dem Masterplan „Ministerin mit Baby“?<br />

ELISABETH KÖSTINGER: Es macht Spaß,<br />

es macht Sinn und es ist unfassbar<br />

anstrengend. Es ist ein extrem fordernder<br />

Beruf, wo man nicht nur massiv<br />

Verantwortung trägt, sondern auch<br />

permanent in der Öffentlichkeit steht.<br />

Jede Geste, jedes Augenrollen, jedes<br />

Müdesein wird registriert. Was dahinter<br />

steht, sieht aber niemand und soll auch<br />

niemand sehen. Die Privatsphäre ist für<br />

mich das Allerheiligste, weil ich nicht<br />

möchte, dass meine Familie sich öffentlich<br />

für irgendetwas rechtfertigen muss<br />

bzw. auch bewertet wird.<br />

Ihr Sohn ist neun Monate alt. Wäre er<br />

schon 16, würden Sie ihm eine Entschuldigung<br />

für die Klimastreiks schreiben?<br />

Nein, die Schulpflicht in Österreich ist ein<br />

Privileg. Aber ich würde ihn darin bestärken,<br />

dass er sich für Themen, die ihm<br />

unter den Nägeln brennen, einsetzt und<br />

dafür auf die Straße geht. Er muss dann<br />

nur auch die Konsequenzen tragen.<br />

Verstehen Sie die Jugendlichen, die auf<br />

die Straße gehen?<br />

Voll. Normal hätte es das schon vor zehn<br />

Jahren geben müssen, weil es diese<br />

alarmierenden Berichte nicht erst seit<br />

gestern gibt. Wenn etwas Technisches<br />

wie das Co2 mit Leidenschaft aufgeladen<br />

wird, dann habe ich große Hoffnung,<br />

dass diese Generation etwas bewegt.<br />

Sie sind Nachhaltigkeitsministerin – wird<br />

Ihr Sohn nachhaltig aufgezogen? Holzspielzeug,<br />

Öko-Windeln, selbstgekochte<br />

Beikost?<br />

Ja klar, das geht bei uns automatisch,<br />

da wir schon vor vielen Jahren darauf<br />

verzichtet haben, unnötiges Plastik zu<br />

produzieren. Ich stamme selber aus einer<br />

Bio-Landwirtschaft und bin mit einem<br />

großen Ernährungsbewusstsein aufgewachsen.<br />

Für mich ist Fleisch etwas ganz<br />

Besonderes, das nicht billig gekauft und<br />

schon gar nicht weggeschmissen wird.<br />

Und das probieren wir auch unserem<br />

Baby weiterzugeben.<br />

Mit Kind und Karriere hat „frau“ schon<br />

genug zu tun – nun muss das Ganze<br />

noch umweltbewusst<br />

passieren. Setzt uns<br />

das grüne Leben unter<br />

Druck? Wie geht es<br />

Ihnen als Ministerin für<br />

Umwelt und als Mutter<br />

damit, diesen Ansprüchen<br />

gerecht zu werden?<br />

Auch ich bin nicht perfekt<br />

und auch ich kann diesen absolut<br />

nachhaltigen Lebensstil nicht vollständig<br />

leben. Aber ich glaube, dass der erste<br />

Schritt zu einer Veränderung die kritische<br />

Auseinandersetzung ist. Kleine Schritte<br />

machen, Stichwort Ernährung: Dass<br />

unser Essen regional und saisonal ist und<br />

nicht von irgendwoher eingeflogen wird.<br />

Was isst Ihr Sohn denn gern?<br />

Er liebt Spinat, da tun wir auch ein<br />

bisschen Knoblauch hinzu. Bei Karfiol<br />

kommen ihm die Tränen, den mag er gar<br />

nicht.<br />

Sie sagen „wir“. Kommen Sie überhaupt<br />

zum Kochen – oder macht das ihr Mann?<br />

In der Nacht und in der Früh gehört er<br />

„<br />

Es gibt keinen<br />

normalen<br />

Alltag.<br />

“<br />

mir – da koche ich dann auch, wann<br />

immer es möglich ist. Wir probieren,<br />

es aufzuteilen, so gut es geht. Und ich<br />

sage bewusst: So gut es geht. Denn<br />

es gibt keinen normalen Alltag. Es gibt<br />

Arbeitsblöcke und dazwischen Babyblöcke.<br />

Natürlich braucht jeder eine gewisse<br />

Flexibilität, weil manchmal das Baby<br />

schläft, wenn mein Block dran ist oder<br />

sich umgekehrt etwas bei mir verschiebt.<br />

Stillen Sie noch?<br />

Er hat am Wochenende beschlossen,<br />

nicht mehr zu wollen.<br />

Wow, beneidenswert. Ich<br />

bin „radikal“ auf Abstillwochenende<br />

ins Hotel<br />

gegangen… Bei uns<br />

ging das leider nicht von<br />

allein.<br />

Das ist extrem individuell.<br />

Mein Sohn ist viel<br />

gewohnt, weil er mich<br />

von Anfang an überall hinbegleitet hat.<br />

Es ist aber jede Situation anders, wie<br />

auch jedes Kind, jede Politikerin, jeder<br />

Mann. Daher denke ich, dass es keinen<br />

Masterplan Baby gibt.<br />

Als Politikerin haben Sie keinen Rechtsanspruch<br />

auf Mutterschutz und Elternzeit.<br />

Darüber haben Sie sich letztes Jahr<br />

beklagt. Immerhin mussten Sie selbst<br />

entscheiden, wann Sie zurückkommen.<br />

Fühlen Sie sich benachteiligt?<br />

Zugegebenermaßen ist es hart nach<br />

fünf Wochen wieder arbeiten zu gehen.<br />

Aber in der Politik ist es nun einmal so,<br />

dass es keinen Ersatz für eine gewählte<br />

Abgeordnete oder Funktion gibt. Bei<br />

/ FAMILY SPECIAL / 27


Abstimmungen etwa im Bundesrat macht<br />

es einen Unterschied, ob jemand da ist<br />

oder nicht.<br />

Haben Sie als Mutter für das System<br />

zurückgesteckt?<br />

Sicher. Aber das war mir auch bewusst<br />

und ich habe mich darauf vorbereitet.<br />

Wenn mir allerdings jemand vor zwei<br />

Jahren gesagt hätte, dass es so kommen<br />

würde, hätte ich laut gelacht und gesagt:<br />

„Nie im Leben!“. Weil ein Kind zu haben,<br />

ist das größte Geschenk und wenn ich<br />

dieses Glück einmal haben werde, dann<br />

will ich natürlich viel Zeit mit ihm verbringen.<br />

Dann ist es bei mir anders gekommen<br />

und das geht auch gut. Natürlich<br />

„<br />

Weniger Perfektionsdrang und mehr<br />

Selbstbewusstsein, rät sie jungen Frauen.<br />

(Männer seien ja per “ se perfekt! Lacht.)<br />

Pressesprecher bitte Ohren zuhalten! Denn manchmal kugelt die Ministerin lieber mit<br />

ihrem Baby am Boden herum, als eine perfekte Pressekonferenz vorzubereiten.<br />

vermisse ich mein Kind unfassbar. Vor<br />

allem, wenn ich nach Hause komme und<br />

er untertags irgendetwas gemacht hat,<br />

was er vorher noch nicht konnte. Aber<br />

auch das geht.<br />

Sind Sie eine andere Mutter geworden,<br />

als Sie gedacht hätten? Ich habe in der<br />

Schwangerschaft stets gedacht, dass ich<br />

fix die „coole Mum“ würde, deren Baby<br />

nicht im Ehebett schlafen wird und die<br />

niemals mit Helikopterrotoren um den<br />

Sprössling herumkreist. Es ist bzw. ich<br />

bin das Gegenteil geworden!<br />

Bei mir war es umgekehrt. Rückblickend<br />

muss ich sagen, ich hätte mir 99% der<br />

Sorgen, die ich mir in der Schwangerschaft<br />

gemacht habe, sparen können. Ich<br />

bin nächtelang wach gelegen und habe<br />

mir gedacht: Wie soll das gehen? Was<br />

ist, wenn das Baby immer schreit und<br />

wir nächtelang nicht mehr schlafen? Wir<br />

haben auch nicht genau gewusst, wie<br />

es meinem Mann in seiner neuen Rolle<br />

gehen wird. Manchmal muss man die<br />

Dinge aber auch einfach laufen lassen –<br />

weil es eh anders kommt.<br />

Apropos Mann. Er ist in Karenz gegangen<br />

und Sie bekommen von ihm viel<br />

Unterstützung…<br />

Genau! Ich bin nicht das Vorbild, sondern<br />

er ist es. Ich könnte das alles ohne meinen<br />

Mann nicht.<br />

Wie lange geht er in Karenz – ein oder<br />

zwei Jahre?<br />

Er könnte zwei und wir sind jetzt dabei zu<br />

schauen, was für das Baby das Beste ist.<br />

Ihr Mann ist Kärntner-Slowene. Wächst<br />

Ihr Sohn zweisprachig auf?<br />

Ja, uns ist wichtig, dass er zweisprachig<br />

aufwächst. Mein Mann spricht nur slowenisch<br />

mit ihm.<br />

Wo sind die Zwei denn gerade – ums<br />

Eck?<br />

Nein, mittwochs ist Babyschwimmen. Da<br />

ist alles im Zeichen der Schwimmwindeln.<br />

Mein Mann ist dabei immer noch<br />

die Ausnahme, wenn er mit den anderen<br />

sechs Müttern im Becken planscht.<br />

Welches Signal setzen Sie als prominente<br />

Frau und Politikerin für junge<br />

Frauen? Auch Neos-Chefin Beate Meinl-<br />

Reisinger hat angekündigt, schon nach<br />

acht Wochen wieder zurückzukehren.<br />

Setzt das junge Frauen in der Arbeitswelt<br />

nicht unter Druck und erzeugt eine<br />

Bumerangwirkung? Nach dem Motto:<br />

Wenn die Politikerinnen das so machen,<br />

muss ich das auch können?<br />

Nein, es sollte das Gegenteil sein. Es soll<br />

zeigen, egal wie junge Frauen ihr Leben<br />

leben wollen, so sollen sie es auch tun.<br />

Viele Frauen in Führungspositionen<br />

haben mir immer dieselbe Frage gestellt:<br />

Wie geht das? Und es geht bei keiner<br />

gleich. Viele werden einfach auch nicht<br />

die Unterstützung des Mannes haben.<br />

Und das macht einen Unterschied. Ich<br />

weiß, dass mein Baby bei meinem Mann<br />

genauso betreut ist wie bei mir. Der<br />

kümmert sich mit derselben Liebe und<br />

derselben Hingabe um unser Kind.<br />

Sehen Sie sich als Vorbild, dass Sie als<br />

Mutter so früh ins Arbeitsleben zurückge-<br />

28 / FAMILY SPECIAL /


kehrt sind?<br />

Nein, ich will keine Vorbildrolle haben.<br />

Das muss jeder für sich selbst entscheiden.<br />

Meist verdient der Mann mehr, das spielt<br />

in der Entscheidung eine Rolle.<br />

Absolut. Keine Lebensgeschichte ist vergleichbar.<br />

Ich finde, dass junge Frauen<br />

oft zu wenig selbstbewusst sind, das<br />

auch einzufordern.<br />

In der Redaktion begegnen mir junge<br />

Frauen, deren Mutter-Vorstellung vor<br />

allem vom lifestyligen Bild der „Insta-<br />

Mums“ geprägt ist. Nun vermitteln auch<br />

Politikerinnen das schöne Bild: Kind und<br />

Karriere – alles easy!<br />

Ich habe mich nie als Vorbild bezeichnet<br />

und werde das auch nie tun. Es ist<br />

mein Mann! Dass unsere Männer mehr<br />

Familienarbeit machen und das auch aus<br />

einem Inneren heraus machen, daran<br />

wird viel liegen. Außerdem habe ich<br />

gemerkt, dass es immer einen Weg gibt<br />

– um auch selber nicht auf der Strecke<br />

zu bleiben. Denn was in dem Ganzen<br />

komplett übrigbleibt, ist meine Person<br />

selber.<br />

Folgen Sie Insta-Mums?<br />

Ja. Zum Beispiel einer Kärntnerin mit vier<br />

Kindern. Das ist sicher noch einmal eine<br />

andere Liga…<br />

Wie finden Sie es, dass Bloggerinnen mit<br />

ihren Kindern Geld verdienen?<br />

Ehrlich, ich bin zum Teil für manche Tipps<br />

so dankbar. Ich bin ziemlich spät Mama<br />

geworden. Ich schupfe zwar ein Ministerium,<br />

aber plötzlich hast du ein vier Kilo<br />

Baby in der Hand und keine Ahnung, was<br />

richtig und was falsch ist. Hat er genug<br />

an? Daher ist es schon super für mich zu<br />

schauen, wie es andere tun. Natürlich ist<br />

das nie die reale Welt, aber es ist sowieso<br />

an unserer Generation gelegen, das<br />

auch so zu filtern.<br />

Haben es Mütter schwerer als Frauen in<br />

unserer Gesellschaft?<br />

Jede Frau hat ihre Herausforderungen,<br />

das ist klar. Mit der Mutterschaft kommen<br />

einige neue dazu. Aber es macht<br />

mich auch in manchen Dingen konsequenter.<br />

Ich nehme jetzt nicht mehr<br />

unbedingt jeden Abendtermin wahr, weil<br />

ich eben auch Zeit mit meinem Kind<br />

verbringen will.<br />

Aber Stichwort: Teilzeit, Altersarmut.<br />

Mich überrascht es positiv, dass sich<br />

manche meiner befreundeten Mütter<br />

inzwischen ihrer benachteiligten Pensionslage<br />

bewusst sind, wenn sie „nur“<br />

Teilzeit arbeiten.<br />

Voll, absolut. Vielen ist das allerdings<br />

noch gar nicht so bewusst…<br />

Und vom Pensionssplitting weiß kaum<br />

jemand!<br />

Ich glaube, dass sich<br />

Frauen in dieser Phase<br />

vielmehr noch um sich<br />

selbst kümmern und<br />

auch vieles vom Partner<br />

einfordern müssen.<br />

Denn Altersarmut betrifft<br />

fast nur Frauen. Weil ihnen zum Teil die<br />

Zeiten fehlen oder sie aus sehr einkommensschwachen<br />

Berufen kommen.<br />

Liegt es also in den Händen der Frauen<br />

selbst?<br />

Auch. Es braucht natürlich immer, wie in<br />

allen Bereichen, politische Rahmenbedingungen.<br />

Zum Beispiel Ansätze wie das<br />

Pensionssplitting * .<br />

Welchen Rat haben Sie an junge Frauen<br />

und Mütter?<br />

Dass sie nicht soviel Angst haben sollten,<br />

etwas falsch zu machen. Ich glaube,<br />

dass jede Frau versucht, das Beste zu<br />

machen und natürlich ist nicht jede<br />

gleich die perfekte Mama oder perfekte<br />

Ehefrau… Wir versuchen immer so perfekt<br />

zu sein. Davon müssen wir weg!<br />

„<br />

Nicht ich, mein<br />

Mann ist das<br />

Vorbild!<br />

Wollen das Frauen mehr?<br />

Natürlich. Männer hinterfragen sich ja<br />

weniger und sind ad persona schon<br />

perfekt. (lacht)<br />

Ich habe letztens mit einer Psychologin<br />

telefoniert, die würde das bestätigen.<br />

Frauen suchen stets bei<br />

sich die Schuld, Männer<br />

in der Außenwelt.<br />

Das ist bei mir genauso.<br />

Was ich anderen Leuten<br />

hinterherrenne, damit<br />

es für jeden passt...<br />

Im Endeffekt hat mich<br />

hier bereits mein Baby gelehrt, dass es<br />

andere Prioritäten gibt. Und dass am<br />

Boden liegen und sich den Bauch halten<br />

vor Lachen so viel wichtiger ist als – jetzt<br />

muss mein Pressesprecher weghören<br />

– eine perfekt vorbereitete Pressekonferenz.<br />

Erdet ein Kind also?<br />

Was wir in der Bundesregierung machen,<br />

ist ein Job 24h am Tag, 7 Tage die<br />

Woche. Das macht etwas mit dir. In diesem<br />

permanenten Druck und in der Last<br />

der Verantwortung, da ist ein Kind etwas<br />

Befreiendes. Weil du immer in zwei<br />

Augen schaust, für die du das machst,<br />

auch politisch – in keinem Bereich mehr<br />

als bei mir. ●<br />

Ihr Kind wird zweisprachig großgezogen, erzählt die Ministerin der biber-<br />

Chefredakteurin. Deren Sohn übrigens auch.<br />

“<br />

* Alles über Pensionssplitting&Co auf s. 43<br />

/ FAMILY SPECIAL / 29


DER PAPA<br />

IST NICHT DA!<br />

30 / FAMILY SPECIAL /


Von Stefan Pscheider, Fotos: Privat<br />

Ich war so stolz, als ich mit<br />

meinem Fahrrad zum ersten<br />

Mal ohne Stützräder um die<br />

Häuser zog, und so traurig,<br />

als ich im Englischunterricht<br />

meinen ersten Fünfer bekam.<br />

Ich erinnere mich gerne an<br />

Mamas leuchtende Augen,<br />

wenn sie Geschichten aus<br />

meiner Kindheit erzählte.<br />

Papa konnte ich leider nicht<br />

fragen. Er war nie dabei.<br />

Der Autor ist mit seinen Schwestern aufgewachsen, die ihn<br />

großgezogen haben.<br />

Sommerferien 2002. Wir sitzen im Auto. Mama, meine<br />

beiden Schwestern und ich. Zu der Zeit bin ich acht<br />

Jahre alt. Wir machen uns auf dem Weg zur Oma.<br />

Sie wohnt eine Autofahrstunde entfernt. Meine Mutter steigt<br />

heute nicht aus. Sie möchte lieber im Auto bleiben, verabschiedet<br />

sich und fährt. Ich habe schon während der Fahrt<br />

bemerkt, dass die Stimmung heute anders ist als sonst.<br />

Die gesamte Autofahrt über fiel kein Wort. Dabei hat Mama<br />

immer viel zu erzählen. Heute blieb sie stumm. Mama hat<br />

angekündigt, dass Oma Besuch hat. Unser Vater ist auf<br />

Besuch in Österreich. Nach fünf Jahren in Brasilien. Ich war<br />

drei Jahre alt, als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte. Ich<br />

kann mich nicht an ihn erinnern und plötzlich ist er da. Der<br />

Mann, den Leute in meinem Umfeld meinen Vater nennen.<br />

„DER PAPA IST DA!“<br />

Wenn ich nach der Schule bei<br />

Klassenkameraden zu Hause war,<br />

ertönte gegen späten Nachmittag<br />

immer ein lauter Schrei: „Der Papa<br />

ist da!“. Da wurde dann für zehn<br />

Minuten alles unterbrochen. Egal<br />

welches spannende Spiel gerade<br />

„Meine große Schwester<br />

hat in Mamas altem<br />

Hochzeitsalbum überall sein<br />

Gesicht weggekritzelt.“<br />

gespielt wurde. Erst mal den Papa begrüßen. Das muss sein.<br />

Bei uns war das anders. Meine Mutter hat wieder geheiratet,<br />

doch als Vater habe ich ihren Ehemann nicht gesehen. Das<br />

ging von beiden Seiten aus. Das Verhältnis war distanziert.<br />

Auch Konflikte wurden über Mutter gelöst. Ich konnte spüren,<br />

dass er mit der Vater-Rolle überfordert war. Das merkte<br />

ich spätestens als meine kleine Schwester, seine leibliche<br />

Tochter, auf die Welt kam. Da blühte er auf. Trotz der Mühen<br />

meines Stiefvaters war der Unterschied für mich immer<br />

spürbar.<br />

DER MYSTERIÖSE MANN<br />

Vor dem Besuch bei Oma habe ich des Öfteren von unserem<br />

Vater gehört. Meine große Schwester hat in Mamas altem<br />

Hochzeitsalbum überall sein Gesicht<br />

weggekritzelt. Ich wusste nicht,<br />

wie er aussieht. Da gibt es nur ein<br />

Foto, an das ich mich gut erinnere.<br />

Das hängt in einem selbstgebastelten<br />

Kalender bei Oma neben<br />

dem Kühlschrank. Im Monat Jänner<br />

verewigt. Ein altes Familienfoto,<br />

aufgezeichnet im Schnee, auf dem<br />

/ FAMILY SPECIAL / 31


auch Papa zu sehen ist. Das ist eines der wenigen Fotos, bei<br />

dem es meine Schwester Tina noch nicht geschafft hat, ihren<br />

Frust auszulassen. Ein einziges Foto also, das sich in meinem<br />

Gedächtnis eingebrannt hat. Ein einziges Foto, das mir eine<br />

Art Kommunikation ermöglichte. Keine weitere Verbindung<br />

zu ihm, dem mysteriösen Mann.<br />

DER UNGEBETENE GAST<br />

Zu Hause war es nie leise. Wir hatten eine turbulente, Großteils<br />

unbeschwerte Kindheit, haben immer viel gelacht und<br />

geblödelt. Gebrochen wurde die Stimmung durch Situationen,<br />

die von einer Person ausgelöst wurden, ohne dass<br />

diese anwesend war.<br />

Eines Abends bekam meine Mutter einen Anruf. Papa war<br />

am Telefon und wollte mit meiner<br />

großen Schwester sprechen. Sie<br />

ist fünf Jahre älter als ich und ging<br />

bereits zur Schule als Papa uns<br />

verlassen hat. Nach dem Telefongespräch<br />

rannte sie aufs Klo und<br />

musste sich übergeben. „Das hat<br />

mich komplett überfordert. Generell,<br />

wenn wir wieder in Kontakt<br />

„Ich erinnere mich, dass wir<br />

uns unter Karlis Stockbett,<br />

zwischen den Windeln<br />

versteckt haben.“<br />

getreten sind, war er plötzlich wieder weg und jedes Mal<br />

bin ich diejenige, die verletzt wurde“, erinnert sich Tina nur<br />

ungern. Auch in Streitsituationen mit meiner Mutter war<br />

die Person, die nie da war, trotzdem jedes Mal ein Thema.<br />

Schlechte Eigenschaften haben wir laut Mutter allesamt vom<br />

Vater geerbt. War sie von uns enttäuscht, gab es für sie<br />

immer nur einen Satz: „Du bist schon wie dein Vater!“. Das<br />

war für uns als Kinder immer die schlimmste Beleidigung und<br />

spätestens ab diesen Zeitpunkt wussten wir, es ist Schluss<br />

mit lustig.<br />

ÜBERFORDERT<br />

Da steht er also. Der Mann, von dem ich angeblich alle<br />

schlechten Eigenschaften geerbt habe. Der Mann, der<br />

Mama traurig macht. „Ich habe<br />

Geschenke mitgebracht“, sagt er<br />

mit hoffnungsvollem Blick. Ich höre<br />

ihn reden, ich sage aber nichts.<br />

Ich neige meinen Kopf etwas nach<br />

unten, meine Augen sind trotzdem<br />

auf ihn gerichtet. Seine kantige<br />

Stirn lässt ihn sehr ernst wirken und<br />

seine dunkelbraunen Haare werden<br />

langsam grau. Ich grinse. Ein kurzes<br />

Nicken. Und dann schreie ich ganz laut nach Oma und laufe<br />

davon. Auch meine elf Monate ältere Schwester Lara war<br />

mit der Situation überfordert. Ich erinnere mich, dass wir<br />

uns unter Karlis Stockbett, zwischen dem Vorrat Windeln<br />

versteckt haben. Karli war Omas Pflegesohn. Er konnte nicht<br />

sprechen, gefühlt hat er aber mehr mit mir geredet als Papa.<br />

KONSEQUENZEN<br />

Ich war von meinem Vater eingeschüchtert und das blieb bis<br />

heute so. Nicht nur bei ihm. Generell schrecke ich bei Männern<br />

anfangs zurück. Erzogen wurde ich von meiner Mutter<br />

und später von meinen 2 älteren Schwestern. Ich habe viel<br />

von ihnen gelernt. Barbiepuppen gehörten zum Beispiel<br />

nicht in den Ofen und Kaugummi nicht in deren Haare. Auch<br />

mit der Kleidung meiner Schwestern war nicht zu spaßen,<br />

sonst drohten Konsequenzen. Ich nahm ihre Tipps gerne an<br />

und schätzte die weibliche Umgebung. Sie gab mir Sicherheit.<br />

Trotzdem hätte ich gerne mal einen „männlichen Rat“<br />

erhalten oder eine unsensible Aufmunterung, die mich ein<br />

bisschen lockerer und selbstbewusster gemacht hätte.<br />

Freundschaften zu Männern fallen mir schwer und da gebe<br />

ich ihm die Schuld. Dem mysteriösen Mann, den ich kaum<br />

kannte und der trotzdem so viel auslöste. ●<br />

Sommerferien: Der Autor (vorne), seine Oma und seine<br />

Schwester.<br />

32 / FAMILY SPECIAL /


Elsa Okazaki, bereitgestellt<br />

MEINUNG<br />

Lasst mich von<br />

meinem Baby<br />

schwärmen!<br />

Halbzeit meiner Schwangerschaft. Was das<br />

bedeutet: Vieles, was zu erwarten war, hat<br />

sich schon bewahrheitet. Wochenlang habe<br />

ich alles Mögliche mehrmals am Tag ausgespieben<br />

- Chicken McNuggets blieben<br />

interessanterweise drin, Quinoa nicht, es wird<br />

spannend mit meinem Baby. Innerhalb einiger<br />

Wochen haben meine alten Sachen gespannt,<br />

dafür trage ich jetzt eine süße Kugel vor mir<br />

her. Ich drehe mich im Schlaf wie ein Döner,<br />

vergesse regelmäßig, was man mir sagt und<br />

letztens habe ich geweint, weil mein Mann<br />

zu wenig Risotto gemacht hat. Damit konnte<br />

ich ungefähr rechnen, beziehungsweise es<br />

war keine so große Überraschung. Womit ich<br />

jedoch nicht gerechnet habe: diese unaufhaltbare<br />

Welle an ungefragten Ratschlägen, die<br />

auf mich zugerollt ist.<br />

Beispiele für Ratschläge, die man als<br />

Schwangere sehr gut gebrauchen kann: „Mir<br />

war auch so schlecht, Akupressur hat mir<br />

so geholfen“ oder „Kauf dir unbedingt diese<br />

Strumpfhose, die hat den besten Halt“, „Mit<br />

dieser Creme habe ich mir den Bauch eingecremt“.<br />

Gewinnspiel<br />

HEY BABY<br />

Aus dem Bauch heraus<br />

Jelena Pantić-Panić<br />

Was kein Mensch braucht:<br />

„Mach jetzt was du willst, weil danach ist<br />

alles vorbei“<br />

„Du wirst die nächsten Jahre nicht mehr<br />

fernschauen können“<br />

„Kinder sind soooo anstrengend, aber das<br />

wirst du ja noch sehen hehehe“<br />

DAS LETZTE CHILLEN<br />

Könnt ihr mich bitte in Ruhe meine Schwangerschaft<br />

genießen lassen? Es kommt wie’s<br />

kommt – ich habe keine Ahnung, wie mein<br />

Baby sein wird, wie wir als Eltern sein werden<br />

und ich werde es früh genug erfahren. Was<br />

ich aber fix weiß: Jetzt gibt’s kein Zurück<br />

mehr. Es ist also völlig sinnlos und ehrlich<br />

auch ziemlich unangebracht werdenden Müttern<br />

den Kopf damit zuzumüllen, wie furchtbar<br />

das alles ist. Konkrete Tipps liebend gerne<br />

en masse, Hiobsbotschaften nein danke. Vielleicht<br />

bin ich auch super naiv und werde noch<br />

mein blaues Wunder erleben aber nichtsdestotrotz<br />

will ich jetzt einfach mit Horrorstories<br />

in Ruhe gelassen werden. Wenn mein Leben<br />

angeblich vorbei ist, dann ist doch jetzt meine<br />

letzte Chance zum Chillen, also lasst mich<br />

leben! Und wenn ich unbedingt was wissen<br />

will, frag ich nach.<br />

Die Tipps sind immer gut gemeint aber es<br />

spielen so viele Faktoren mit, wie man diese<br />

Zeit erlebt: Wie ist das Baby drauf? Wie sehr<br />

ist der Partner involviert? Auf was für ein<br />

Familiennetz kann man sich verlassen? Partner<br />

ist gecheckt und in meine Familie habe<br />

ich unendliches Vertrauen, dass sie uns zur<br />

Seite stehen wird. Einziger uneinschätzbarer<br />

Wackelkandidat: das Babylein. Und das soll<br />

bitte mal gesund auf die Welt kommen und<br />

dann schauen wir weiter.<br />

Das Gute am Schwangersein ist, dass ich<br />

irgendwie keinen Filter mehr habe. Es fällt<br />

mir gerade wesentlich einfacher, Leuten zu<br />

sagen, sie sollen mich einfach in Ruhe lassen.<br />

Und wenn wer beleidigt ist: Sorry, es sind<br />

meine Hormone!<br />

DM und biber verlosen 2 x 1 Care-Pakete für alle frischgebackenen<br />

Mamas und Mamas-to-Be unter euch. Einfach<br />

eine Mail an trost@dasbiber.at schicken und teilnehmen!<br />

SCHLAFEN<br />

WIE EIN BABY<br />

In der<br />

Schwangerschaft<br />

sagen dir viele: „Schlaf<br />

noch solange du kannst!“. Das<br />

Problem dabei ist: Man kann<br />

nicht vorschlafen, it’s not a<br />

thing. Und eine Kugel, ein<br />

tretendes Wesen, das sich darin<br />

befindet, sowie multiple nächtliche<br />

Toilettengänge sind nicht<br />

gerade ideale Bedingungen zum<br />

Durchschlafen. Darum Pflichtkauf<br />

für alle Schwangeren: ein<br />

Schwangerschaftskissen! Stützt<br />

den schweren Bauch, entlastet<br />

den Rücken und ist auch noch<br />

kuschelig. Auch später super<br />

zum Stillen. Allround-Talent!<br />

Übrigens auch für Nicht-<br />

Schwangere zu empfehlen, die<br />

gerne auf der Seite schlafen.<br />

FÜR DEN FALL<br />

DER FÄLLE<br />

Je näher der Geburtstermin<br />

rückt, desto intensiver werden<br />

gewisse Ängste: Wie soll<br />

ich das schaffen? Wird alles<br />

gutgehen? Was, wenn ich alles<br />

falsch mache? Und ist das Kind<br />

einmal da, werden die Sorgen<br />

eher mehr als weniger. Es kann<br />

also hilfreich sein, sich so gut<br />

es geht vorzubereiten. Im LYMA<br />

Studio in Mariahilf gibt’s am<br />

Samstag, den 18. Mai 20<strong>19</strong><br />

von 10:30-13:00 Uhr einen<br />

Erste-Hilfe-Kurs für Eltern von<br />

Babys und Kleinkindern. Kosten:<br />

ab 39 Euro. Süße Kurse wie<br />

Babyzeichensprache<br />

oder Mama-Baby-<br />

Yoga gibt’s dort<br />

übrigens auch!<br />

Weitere Infos<br />

unter lyma.at<br />

/ BABYSTYLE / 33


DIE BAD MOMS<br />

VON INSTAGRAM<br />

Valentina (links) und Bonnie (rechts) aka die Bad Moms von Instagram.<br />

instagram.com/valentinabelleza [1] / @josselin<br />

34 / FAMILY SPECIAL /


Genug von perfekten Insta-Muttis: Die deutschen It-Girls Bonnie Strange<br />

und Valentina Belleza gründen auf Instagram den „Bad Mom Club“ – und<br />

ermutigen Mütter, sich von ihrer unperfekten Seite zu zeigen.<br />

Von Aleksandra Tulej<br />

Wieso hat dein Baby noch keine Haare?“, „Wieso<br />

stillst du nicht?“, „Sorry, aber musst du<br />

wirklich halbnackte Bilder von dir posten? Du<br />

bist doch jetzt schließlich Mutter!“.<br />

Das ist nur ein Auszug der Kommentare, die die deutsche<br />

Influencerin, Moderatorin und Model Bonnie Strange auf ihrem<br />

Instagram-Account fast tagtäglich bekommt.<br />

Die 32-jährige Berlinerin mit russischen Wurzeln ist sehr<br />

präsent auf Social Media, vor allem auf Instagram. Mit ihren<br />

fast 830.000 Followern teilt sie viel aus ihrem Berufs- und Privatleben.<br />

Und gibt sich dabei einfach so, wie sie ist: Ob Fotos<br />

mit Zigarette, Oben-Ohne-Bilder oder Pics von ihren Tattoos.<br />

Für manch Follower Grund genug, sich Sorgen zu machen. Und<br />

die Bedenken mitzuteilen. Vergangenen Frühling wurde die Ex-<br />

„taff“-Moderatorin nämlich zum ersten mal Mutter.<br />

„DU HÄLTST DEIN BABY FALSCH!“<br />

Kaum war Bonnies Tochter Goldie Venus auf der Welt, ging<br />

der Shitstorm auf Instagram los. Neo-Mama Bonnie wurde<br />

dafür kritisiert, auf welche Weise sie ihr Baby auf dem Arm<br />

hielt oder in welche Richtung sie ihren Kinderwagen drehte.<br />

Immer hieß es: Falsch, falsch, falsch. Follower schüttelten den<br />

Kopf darüber, wo sie denn ihr Kind gelassen hätte, wenn sie<br />

mal einen Abend ohne Baby unterwegs war. Große Empörung<br />

auf Bonnies Profil herrschte auch, wenn das Model mal ein<br />

freizügiges Foto veröffentlicht hat – etwa oben ohne. Natürlich<br />

mit zensierten Nippeln, alles andere würde Instagram ja nicht<br />

zulassen. Es hieß trotz aller Zensur seitens Follower dann,<br />

sie sei doch schließlich Mutter und solle nicht „solche“ Bilder<br />

posten. Die Kommentare wurden im Laufe des letzten Jahres<br />

nicht weniger – also drehte Bonnie den Spieß um. „Mein Kind<br />

hat dieses Foto geschossen, natürlich”, konterte die Influencerin<br />

dann auf empörte Nachrichten über ihre Nacktheit. Und antwortet<br />

bis heute in diesem selbstironischen Ton auf ähnliche<br />

Kommentare.<br />

Denn die lassen sich nicht vermeiden:<br />

Der größte Teil von ihrer Arbeit findet online<br />

statt. Bonnie, die mit bürgerlichem Namen<br />

Jana Weilert heißt, ist, wie sie selbst sagt,<br />

„im Internet zuhause.“ Deshalb ist es auch<br />

nicht verwunderlich, dass Bonnie ihrer<br />

„<br />

Ich habe Zwillinge<br />

gemacht, damit ich<br />

nicht mitspielen muss…<br />

“<br />

Tochter Goldie schon ein eigenes Instagram-Profil eingerichtet<br />

hat.<br />

In der Bio von Goldies Instagram stellt Mama Bonnie klar:<br />

„Helicopter not welcome“ – als Warnung an alle „Helikoptermütter“.<br />

Dieser Begriff bezeichnet überfürsorgliche Mamas, die<br />

ihre Kinder auf jedem Schritt kontrollieren und diese regelrecht<br />

„umkreisen“, wie das eben bei Hubschraubern der Fall ist.<br />

Die Influencerin hat bislang noch nicht das Gesicht ihres<br />

Babys auf Instagram gezeigt. Es reicht einigen besorgten Followern<br />

aber schon, wenn sie ein Bild von Goldie im Leoprint-<br />

Strampler postet. Sie fragen, was dieses Muster denn an einem<br />

Baby verloren hätte und welche Rabenmutter ihrem Baby so<br />

etwas anziehe. Bonnies Reaktion?<br />

Sie veröffentlicht ein Foto mit dem Schriftzug „Bad Mom<br />

Club“ und fordert ihre Follower selbstironisch auf, sich für<br />

diesen Club zu bewerben. Unter dem Hashtag #badmomclub<br />

kommentieren Mütter aus aller Welt das Bild und teilen ihre<br />

„Geständnisse“ aus dem Alltag mit Kind und berichten über<br />

Situationen, die sie zu „Bad Moms“ machen - die Definiton<br />

dafür, dass niemand als Mutter perfekt sein muss. Auch nicht<br />

auf Instagram. Die Kommentare sehen dann etwa so aus:<br />

„HAB MEIN BABY IM HAUSFLUR<br />

VERGESSEN“<br />

„Hab mein neues Baby im Kindersitz im Hausflur vergessen“,<br />

gibt „headofalittleunicorn“ zu.<br />

„Kind hat Sand gegessen, musste also kein Abendbrot<br />

mehr machen. Bin ich drin?“, will „twoandahalfunicorn“ wissen.<br />

„Ich habe heute heimlich mit dem Kopf unter dem Tisch in<br />

mein Schokocroissant gebissen. Als ich gemerkt habe, dass<br />

mein Sohn mich beobachtet, hab ich so getan, als wäre nichts<br />

und habe versucht normal mit ihm zu sprechen, sodass er<br />

nichts abhaben will“ , kommentiert die Userin „krassmin“.<br />

„Ich zieh mir manchmal die Decke über den Kopf damit<br />

meine Kleine mich in Ruhe lässt und alleine<br />

spielt“, so der Kommentar von „roth.tanja.“<br />

„Ich habe Zwillinge gemacht, damit ich<br />

nicht mitspielen muss…“, schreibt „caroline.<br />

von.talstein“.<br />

Andere Followerinnen bedanken sich<br />

bei Bonnie dafür, dass sie sich und vor allen<br />

/ FAMILY SPECIAL / 35


anderen eingestehen dürfen, dass nicht immer alles heile Welt<br />

sein muss. Bonnie ging da nämlich schon vor Goldies Geburt<br />

mit einem Beispiel voran: So teilte sie öffentlich ihre Wut über<br />

den Vater ihres Babys, Leebo Freeman, mit. Der Musiker hat<br />

sie betrogen, als sie im neunten Monat schwanger war.<br />

Sie erzählte dann auf Instagram alles über das Ende der<br />

Beziehung, teilte mit, dass sie die Schlösser ausgetauscht hat.<br />

Aber auch, dass sie ihrem Kind den Vater nicht wegnehmen<br />

oder vorenthalten will. Für diese Transparenz wird sie von ihren<br />

Fans gefeiert – und von den - wie sie sie selbst nennt - oben<br />

erwähnten Helikoptermüttern, verurteilt.<br />

Eine, die Helikoptereltern genauso wenig ausstehen kann,<br />

ist Bonnies gute Freundin, das deutsche Tattoo-Model, DJane<br />

und Influencerin Valentina<br />

Belleza. Sie ist ebenfalls<br />

Mitglied in dem „Bad Mom<br />

Club.“<br />

Die 26-jährige<br />

Valentina hat im Februar<br />

ihren Sohn Noe zur Welt<br />

gebracht und kann vom<br />

Thema Mom Shaming auf<br />

Instagram ein Lied singen:<br />

Bei 100.000 Followern<br />

auf Instagram und einem<br />

Tattoo am Hals polarisiert<br />

man eben.<br />

Bei Valentina gingen<br />

die Kommentare los,<br />

schon bevor ihr Sohn<br />

überhaupt auf der Welt<br />

war. Ich habe mit Valentina<br />

gesprochen und sie<br />

gefragt, wie sie mit dieser<br />

ungebetenen Aufmerksamkeit<br />

umgeht.<br />

„ICH GHOSTE<br />

ALLE DINKEL-<br />

MUTTIS“<br />

„Manchmal reicht es<br />

einfach, einen entkoffeinierten<br />

Kaffee in die<br />

Kamera zu halten. Zack,<br />

hat man schon die ersten<br />

zehn Nachrichten von<br />

besorgten Mamas, die dir erklären, wie schädlich Koffein für<br />

das Ungeborene ist“ , erzählt mir das Model. Sie versucht, die<br />

Kommentare mit Humor zu nehmen.<br />

„Wenn es mir aber zu doof wird, ignoriere ich es und<br />

ghoste alle Dinkel-Muttis“, so die 26-Jährige, die derzeit mit<br />

ihrem Verlobten und ihrem kleinen Sohn in Paris lebt. Die<br />

Frage, die Valentinas Follower am meisten zu interessieren<br />

scheint, ist, ob das Model ihr Baby stillt oder nicht.<br />

„Falls nicht, dann soll ich mich doch bitte informieren, weil<br />

Stillen ja das Allerwichtigste auf der Welt ist“, so Valentina.<br />

Dabei geht es ja beim Muttersein um etwas anderes, so die<br />

Influencerin. „Es ist eine riesige Verantwortung und sehr viel<br />

Liebe. Man hat einen menschlichen Tamagotchi und neuen Mitbewohner<br />

in einem, das ändert viel“, sagt Valentina, die trotz<br />

Baby ihren Beruf als Model ausübt.<br />

„ENTFOLGEN UND SICH DAS LEBEN<br />

NICHT SCHWER MACHEN“<br />

Stichwort Model: Ich möchte wissen, was sie von After-Baby-<br />

Bodys auf Instagram hält. So nennt man im Instagram-Jargon<br />

Fotos von Körpern nach der Schwangerschaft. Viele Mütter<br />

zeigen sich mit Narben und Dehnungsstreifen oder posten Vorher-Nachher-Vergleiche,<br />

um ihren Fitness-Progress zu zeigen.<br />

„After-Baby-Bodys sind kein großes Thema für mich, ich<br />

habe auch nach ein paar<br />

Wochen meinen „alten“<br />

Körper wiedergehabt –<br />

Gene sei Dank“, erzählt<br />

Valentina.<br />

„Bei manchen dauert<br />

es länger, bei manchen<br />

geht es ruckzuck - aber<br />

wer seinen Körper gerne<br />

zeigen möchte, der sollte<br />

dies auch tun!“. Sie selbst<br />

hat sich gegen Ende ihrer<br />

Schwangerschaft nicht<br />

mehr sexy gefühlt und<br />

versteht deshalb total,<br />

wenn man sich nach der<br />

Schwangerschaft wieder<br />

wohler fühlt – und dies<br />

auch mit anderen teilen<br />

möchte.<br />

Das tun auch Bonnie<br />

und Valentina, die nach<br />

der Geburt ihrer Babys<br />

recht bald wieder Fotos<br />

von sich auf Instagram<br />

geteilt haben. Auch hier<br />

blieben Bonnie Kommentare<br />

wie „dünner hast<br />

du mir besser gefallen“<br />

seitens Follower nicht<br />

erspart. Aber das lässt die<br />

Model-Mama Valentina, als sie noch schwanger war.<br />

Influencerin kalt – „Celebrating<br />

my new mombod“<br />

schrieb sie als Caption unter ein Foto, das einen Monat nach<br />

der Geburt ihres Babys entstanden ist.<br />

„Jeder sollte begreifen, dass jeder Körper verschieden ist,<br />

wie jede Schwangerschaft, jedes Kind oder auch Erziehungsmethoden.<br />

Wer das nicht sehen mag - einfach entfolgen und<br />

sich nicht das Leben zu schwer machen“ , resümiert Valentina.<br />

Unter dem Hashtag #badmomclub wird man vielleicht<br />

keine bewiesenen Erziehungstipps finden, aber Storys über das<br />

Muttersein, wie es leibt und lebt. Und sind nicht alle Mütter<br />

manchmal ein wenig #badmoms? ●<br />

36 / FAMILY SPECIAL /


Bezahlte Anzeige<br />

Foto: iStockphoto<br />

„Jetzt macht der<br />

Sommer richtig<br />

viel Spaß.“<br />

Jasmin, 8 Jahre<br />

Anmeldung ab sofort möglich!<br />

DEIN PERFEKTER SOMMER<br />

Die „Summer City Camps“ sind das neue Wiener Ferienangebot.<br />

An 25 Standorten wird 6.000 Kindern ein Sommer voll Sport,<br />

Natur und Kultur geboten. Auch Lernunterstützung gibt es.<br />

FÜR KINDER UND ELTERN<br />

Wenn am 29. Juni zum letzten Mal<br />

in diesem Schuljahr die Glocke<br />

läutet, startet für Wiener Kinder<br />

zwischen sechs und 14 Jahren ein<br />

Sommer, den sie nie vergessen<br />

werden. Die „Summer City Camps“<br />

bieten bis Ende August ein umfassendes<br />

Programm und geben nicht<br />

nur den Kids die Chance, den Kopf<br />

frei zu bekommen, sondern helfen<br />

Eltern bei der Organisation.<br />

SPIEL, SPASS UND SPORT<br />

Als Belohnung für ein Jahr des<br />

Lernens tauschen die SchülerInnen<br />

Bleistift gegen Beachvolleyball<br />

und Biologiebuch gegen<br />

Badehose. In von PädagogInnen<br />

betreuten Kursen können die<br />

TeilnehmerInnen die Grundlagen<br />

des Skateboardfahrens erlernen,<br />

Erfahrungen in Tanz und Choreografie<br />

machen sowie in Berufssparten<br />

schnuppern und zum<br />

Beispiel den Kochlöffel schwingen.<br />

LERNUNTERSTÜTZUNG<br />

Ausflüge in die Natur, Kulturerlebnisse<br />

und Technik-Workshops<br />

sind weitere wichtige Bestandteile<br />

der „Summer City Camps“. In<br />

Trommelstunden und Theaterworkshops<br />

haben die Kinder Zeit,<br />

ihre kreative Seite kennenzulernen.<br />

In der „Kinder Uni Wien“ wird<br />

wiederum experimentiert und<br />

ausprobiert. An diversen Standorten<br />

wird es auch Programme<br />

für Kinder mit Behinderung geben.<br />

Eigene „Summer Schools“ bieten<br />

auch Lernunterstützung für<br />

SchülerInnen, bei denen es nicht<br />

nach Wunsch gelaufen ist. So<br />

können alle Kinder gemeinsam<br />

den Sommer genießen und niemand<br />

muss zu Hause bleiben.<br />

ALLE INFOS ZU DEN CAMPS<br />

Service-Telefon 01/524 25 09 46,<br />

www.summercitycamp.at


My Breast Friends<br />

Nippelsalbe unterstützt nicht etwa ein intensives erotisches Erlebnis. Stillhütchen sind<br />

kein Modetrend in der neuen Frühjahrs-Saison. Vienna Donut ist keine Backspezialität<br />

aus Wien. Biber-Kolumnistin und Neo-Mama Ivana Cucujkić-Panić präsentiert das<br />

Survival-Kit für frischgebackene Mütter.<br />

Pump it out!<br />

Es ist, was es ist. Eine<br />

Milchmelkmaschine für<br />

Menschenbrüste. Ja, man fühlt<br />

sich genauso. Wie eine Kuh.<br />

Ja, der Vorgang ist exakt<br />

derselbe wie beim Tier. Ja,<br />

ja, ja, es ist ur eigenartig,<br />

und man ist erleichtert,<br />

das Ding nach 15 Minuten<br />

Pumpzyklus wieder vom<br />

Körper schnallen zu<br />

dürfen. Aber, halleluja,<br />

ist es ein Segen für<br />

den Schlaf, wenn fürs<br />

Kind das Mittagessen<br />

frischgezapft<br />

bereitsteht und<br />

Mutti sich für drei<br />

Stunden ins Bett<br />

verkriechen darf.<br />

Cow-Feeling hin<br />

oder her.<br />

Fotos: Elsa Okazaki<br />

Text & Produktion:<br />

Ivana Cucujkić-Panić<br />

Make-up & Haare:<br />

Ivana Cucujkic-Panic<br />

Danke an: Sara Klarer<br />

„Die Hebamme in Wien“<br />

(www.diehebammeinwien.at),<br />

DAJAnELA<br />

(www.dajanela.at),<br />

RAVENMOTHERS<br />

(www.ravenmothers.at)<br />

Milchpumpe<br />

und Bustier für<br />

freihändiges<br />

Abpumpen:<br />

Medela, „Die<br />

Hebamme in<br />

Wien“-Shop<br />

(www.diehebammeinwien.at)<br />

Blazer: Editor’s<br />

own<br />

38 / FAMILY SPECIAL /


Peace for nipples!<br />

Das haben sie auch echt verdient. Baby und Brust müssen noch ein Team<br />

werden. Bis das mit dem Stillen klappt, und das kann echt dauern und fertige<br />

Neo-Mütter noch fertiger machen, werden die Brustwarzen vom ungeübten<br />

Still-Kind überstrapaziert. Abhilfe schaffen diese Stillhütchen. Aufsetzen,<br />

andocken, ausatmen.<br />

Shirt: Ravenmothers (www.ravenmothers.at)<br />

Jeans & Boxershort: Editor’s own<br />

/ FAMILY SPECIAL / 39


Passt wie der<br />

Donut aufs Aug’.<br />

Beziehungsweise auf die<br />

Brust. Dieser weiche, nicht<br />

zum Verzehr geeignete<br />

Textil-Krapfen mit Loch soll<br />

die Brust vor dem direkten<br />

Kontakt mit Stoff schützen.<br />

Diese ist von den ersten<br />

Stillversuchen ziemlich<br />

lädiert und braucht etwas<br />

Luft zum Atmen. Wer hat<br />

ihn erfunden, den „Wiener<br />

Brust-Donut“? Still- und<br />

Laktationsberaterinnen aus<br />

Österreich. Hat Eine-Million-<br />

Frage-Potenzial!<br />

Turban: DAJAnELA,<br />

www.dajanela.at<br />

Shirt&Jogger: Editor’s<br />

own<br />

Down under<br />

Dieses „sexy“ Netzteil ist<br />

die einzige Unterwäsche,<br />

die eine „Wöchnerin“<br />

nach der Geburt braucht<br />

und lieben wird. Die XXL-<br />

Wochenflussbinden - jap,<br />

da will noch einiges aus<br />

dem Körper nach der<br />

Geburt raus und kann einige<br />

Wochen dauern - bleiben,<br />

wo sie sollen. Tragekomfort<br />

1A. Fashionfaktor, Netz<br />

kommt jede Saison!<br />

40 / FAMILY SPECIAL /


Parenting unfiltered<br />

Vor der Geburt ist nach der Geburt<br />

Fast zehn Monate kämpfst du mit<br />

Wassereinlagerungen, Müdigkeit,<br />

Verstopfung, deinen Gefühlen, deinem<br />

Spiegelbild. Nur noch die Geburt<br />

überstehen, dann fängt der lustige<br />

Teil an. Im gehäkelten Pastellstrampler<br />

durch den Wald spazieren und<br />

auf Instagram erstmals die Hashtags<br />

#newmom #cutebaby setzen. Olé!<br />

Die ungefilterte Realität ist: Jetzt<br />

beginnt’s erst. Ein paar ehrliche Zeilen<br />

über das Wochenbett. Ohne Pastell.<br />

#realpostpartum<br />

1 Wochenbett heißt nicht umsonst so.<br />

Du liegst nach der Geburt wochenlang<br />

im Bett. Für mehr ist keine Kraft da. Dein<br />

Körper ist geschunden, offen, blutig.<br />

Bleib da, wo du hingehörst. Ins Bett.<br />

2 Leute, die „das Baby sehen kommen“<br />

wollen. Stressig. Mit vorgekochtem<br />

Essen und der guten Absicht, die Wohnung<br />

zu putzen und nach einer halben<br />

Stunde wieder zu gehen, herzlich eingeladen.<br />

3 Du bist nicht mehr schwanger. Du<br />

schaust aber noch so aus. Und das wird<br />

auch eine Weile so bleiben. Da, wo dein<br />

Kind 40 Wochen lang zu einer Wassermelone<br />

heranwachsen konnte, ist jetzt<br />

ein Loch. Bis dieses wieder schrumpft,<br />

triffst du bestimmt auf ein paar Witzbolde,<br />

die dich mit ihrem sensationell<br />

deplatzierten Sprüchen wie „nicht, dass<br />

da noch eins drin ist? hohoho“ in Wallung<br />

bringen werden.<br />

4 Apropos Wallungen. Deine Hormone<br />

kommen nach der Geburt immer noch<br />

nicht zur Ruhe und geben dir so richtig<br />

heiss-kalt: Dir ist buchstäblich mal heiß,<br />

mal kalt. Meistens heiß. Du schwitzt<br />

einfach unentwegt.<br />

5 Der wunderbare Preggo-Glow, der<br />

deine Haut zum Strahlen brachte und<br />

dein Haar für jede Shampoo-Werbung<br />

qualifizierte, verglüht langsam. Dein<br />

Hautbild gleicht zunehmend dem einer<br />

Pubertierenden. Dein Haar hängt unmotiviert<br />

im „bad-hair-day“-Mood oder fällt<br />

gleich strähnenweise ab. Am besten du<br />

verbannst, was noch da ist, für die nächsten<br />

Wochen in den „Mom Bun“, zum<br />

schiefen Knödel auf die Kopfmitte.<br />

6 In Schieflage ist auch deine Stimmung.<br />

Deine Laune schwankt zwischen<br />

ganz argem Baby-Blues und Tänzen auf<br />

rosa Wölkchen. Ganz plötzlich. Ganz<br />

stürmisch. Beim Stillen zum Beispiel.<br />

Das Baby dockt an - Tränen. Irgendwie<br />

schön. Irgendwie komisch. Sehr merkwürdig.<br />

Sehr anstrengend.<br />

7 Addiere zu dieser Gefühlsachterbahn<br />

263 Minusstunden Schlaf und du kannst<br />

dir die Länge deines Geduldsfadens ausrechnen.<br />

Der wird ziemlich oft reißen.<br />

8 Damit du diesen Ausnahmezustand<br />

überlebst, hat die Natur Oxytocin erfunden.<br />

Dein Körper wird dich reichlich mit<br />

diesem wunderbaren „Kuschelhormon“<br />

versorgen. Reduziert Stress, entspannt,<br />

macht glücklich und selig. Du wirst quasi<br />

high gemacht. Reine Überlebensstrategie.<br />

Stillen um 3:00h? Wunderschööön!<br />

9 Überhaupt schaltet dein Körper auf<br />

Autopilot. Deine Aufnahmefähigkeit ist<br />

begrenzt. Satzbildungen mit Beistrichen<br />

werden zur mentalen Herausforderung.<br />

Das Hirn ist Matsch. Stilldemenz at its<br />

best!<br />

10 Endlich wieder auf dem Bauch schlafen?<br />

Hach, immer noch nicht. Der Bauch<br />

ist weg. Dafür stehen jetzt die Brüste<br />

zwischen dir und der Matratze. Mit dem<br />

berüchtigten Milcheinschuss nimmt<br />

deine Oberweite Porn-Star-Dimensionen<br />

ein! Mach ein Foto. Nach dem Abstillen<br />

bleibt nur mehr Sternenstaub über.<br />

11 Irgendwann wird’s besser. Irgendwann<br />

heilt dann Körper, deine Seele. Du<br />

schaust wieder nach etwas aus, das früher<br />

du war. Dein Baby wird irgendwann<br />

durchschlafen. Du wirst irgendwann mal<br />

wieder deine Nägel lackieren können.<br />

Irgendwann fängt der lustige Teil an. Mit<br />

Waldspaziergängen und Pastell. #newmom<br />

#cutebaby


Shirt: Sarah, die Hebamme in Wien<br />

(www.diehebammeinwien.at)<br />

Wie geschmiert<br />

Was da so appetitlich anmutet wie scharfer Senf, ist Balsam für die Seele -<br />

ähm - Brustwarzen. Die sind wirklich arm in der ersten Stillzeit. Da zieht, saugt,<br />

beißt, kaut (ja, auch ohne Zähne funktioniert das ganz gut) jemand gefühlt rund<br />

um die Uhr an einem kleinen Stück Haut und Gewebe und du kannst dem nicht<br />

entkommen. Nippelbalsam ist da echt eine Wohltat für die Oberweite.<br />

Gewinnspiel: Survival -Kit fürs Wochenbett<br />

Biber verlost eine<br />

Wöchnerinnen-Tasche von<br />

Sarah Klarer „Die Hebamme<br />

in Wien“ mit der du für<br />

die Zeit nach der Geburt<br />

perfekt ausgestattet bist: Ein<br />

kuschliges Geburtshandtuch,<br />

Netzunterwäsche,<br />

Wöchnerinnenvorlagen (Maxi<br />

+ Mini), Bettunterlagen,<br />

Stilltee (Anti-Kolik),<br />

Stilltee (milchbildend),<br />

Heublumendampfbad.<br />

Um zu gewinnen, schreibe<br />

eine Mail an trost@dasbiber<br />

at mit dem Betreff „Chaos<br />

Mama.“ Das Gewinnspiel läuft<br />

bis 22.4. 20<strong>19</strong><br />

42 / FAMILY SPECIAL /


Gut zu<br />

wissen!<br />

Eltern aufgepasst:<br />

Ob leistbares<br />

Sommercamp,<br />

Infos über Karenz<br />

für Selbständige<br />

oder geteilte<br />

Pensionsvorsorge: Für<br />

diese Tipps werden uns<br />

alle Familien danken.<br />

Marko Mestrović<br />

Better safe than sorry –<br />

Zusatzversicherung<br />

Wenn das eigene Kind ins<br />

Krankenhaus muss, ist das<br />

eine Ausnahmesituation.<br />

Stress hat man da schon<br />

genug. Die Wiener Städtische<br />

bietet ein spezielles<br />

Vorsorgeangebot für Kinder<br />

und Jugendliche, das die<br />

Sonderklasse nach einem<br />

Unfall deckt.Das sind dann<br />

Upgrades wie ein Zweibettzimmer<br />

oder Transport mit<br />

dem Hubschrauber ins Krankenhaus<br />

oder die Begleitkosten.<br />

Je nach Bundesland<br />

können sich diese nämlich<br />

auf bis zu 70 Euro pro Tag<br />

belaufen. Durch MEDplus<br />

junior werden bei Krankheit<br />

die vollen Begleitkosten<br />

übernommen. Mit dem 18.<br />

Geburtstag ist ein Umstieg in<br />

die Sonderklasse möglich -<br />

ohne Gesundheitsprüfung.<br />

Selbstständig und in<br />

Karenz - Was muss<br />

ich beachten?<br />

Selbstständige, die<br />

Eltern werden, können<br />

genauso in Karenz gehen<br />

wie Angestellte. Aber<br />

Selbständige müssen in<br />

Punkto Zuverdienstgrenzen<br />

besonders vorsichtig<br />

sein, denn sonst drohen<br />

dicke Nachzahlungen.<br />

Die WKO verschickt<br />

daher für alle selbstständigen<br />

Eltern, deren Kind<br />

das 14. Lebensmonat<br />

erreicht hat, ein Informationsschreiben<br />

zur<br />

Abgrenzung des Kinderbetreuungsgeldes<br />

an alle<br />

Elternteile. Online kann<br />

man dazu das Beratungstool<br />

unter www.<br />

kinderbetreuungsgeld.<br />

wkoratgeber.at aufrufen!<br />

Pensionssplitting –<br />

gemeinsam für die<br />

Zukunft<br />

Alle Eltern können für die<br />

Jahre der Kindererziehung<br />

freiwillig Teilgutschriften<br />

auf ihre Pensionskonten<br />

eintragen. Der erwerbstätige<br />

Elternteil überträgt<br />

dabei Teile an den überwiegend<br />

Erziehenden. Das<br />

hilft vor allem Frauen, die<br />

häufiger in Teilzeit arbeiten<br />

und daher weniger in<br />

die Pensionsversicherung<br />

einzahlen. Statistisch<br />

fallen Frauen dann in<br />

Folge eher in Altersarmut<br />

als Männer, weil sie im<br />

Durchschnitt bis zu 43 %<br />

weniger Pension bekommen.<br />

Deshalb ist das Pensionssplitting<br />

eine super<br />

Investition in die Zukunft.<br />

Mehr Infos unter:<br />

www.sozialministerium.at<br />

Sommercamp für Kids – und<br />

ein Segen für die Eltern<br />

Dein Kind geht nicht mehr in den Kindergarten,<br />

ist aber noch zu jung, um<br />

zwei Monate Sommerferien allein zu<br />

verbringen? Sommercamps sind hier<br />

ein Segen, aber meistens sehr teuer.<br />

Das Western Union Kids Camp bietet<br />

ein cooles Programm. Hier können<br />

Kinder im Alter von sieben bis zwölf<br />

Fußball oder Hockey spielen, turnen,<br />

schwimmen und sich einfach auspowern<br />

– und das für einen Unkostenbeitrag<br />

von leistbaren 40 Euro<br />

pro Kind und Woche. Verpflegung ist<br />

inkludiert und kann auf individuelle<br />

Bedürfnisse zugeschnitten werden.<br />

Wann?<br />

Camp 1: 8.–12. Juli 20<strong>19</strong>,<br />

09:00–16:30 Uhr<br />

Camp 2: 15.–21. Juli 20<strong>19</strong>,<br />

09:00–16:30 Uhr<br />

(Betreuung ab 08:30 bis 17:00 Uhr)<br />

Wo?<br />

ASKÖ Sportgelände Brigittenau,<br />

Hopsagasse 5, 1200 Wien<br />

Infos bei der Anmeldung unter:<br />

mywukidscamp@westernunion.com<br />

/ FAMILY SPECIAL / 43


„Mein<br />

Mann<br />

betrügt<br />

mich …“<br />

„… ich<br />

liebe ihn<br />

trotzdem“<br />

44 / FAMILY SPECIAL /


Eine Affäre ist nach wie vor einer<br />

der häufigsten Gründe, weswegen<br />

Ehen und Beziehungen in die<br />

Brüche gehen. Aber nicht immer:<br />

Warum bleibt man beim Partner,<br />

obwohl man betrogen wurde?<br />

Von Aleksandra Tulej, Fotos: Marko Mestrović<br />

Nach außen hin erscheinen sie<br />

wie eine Bilderbuchfamilie.<br />

Marlies * , Ende fünfzig, lebt mit<br />

ihrem Mann in einer großen Altbauwohnung<br />

im siebten Bezirk in Wien, die mittlerweile<br />

erwachsenen Kinder sind schon<br />

ausgezogen und studieren oder arbeiten.<br />

Sie haben einen großen Freundeskreis<br />

und verbringen die Wochenenden in<br />

ihrem Haus am See. Marlies ist Hausfrau,<br />

ihr Mann ist geschäftlich viel unterwegs.<br />

Dass ihre Ehe nicht so perfekt ist,<br />

wie es nach außen scheint, wissen nur<br />

wenige: Marlies’ Mann hatte im Laufe<br />

ihrer mittlerweile 37 Jahre dauernden<br />

Ehe mehrere Affären mit verschiedenen<br />

Frauen – und Marlies wusste davon.<br />

„Ich bin ein Gewohnheitstier.“, sagt die<br />

sorgfältig geschminkte und in Markengewand<br />

gekleidete Frau. „Mein Mann war<br />

immer schon viel auf Geschäftsreisen<br />

unterwegs – Er bemühte sich eigentlich<br />

nicht mal richtig, seine Seitensprünge zu<br />

verstecken. Die Telefonate und Nachrichten,<br />

die ich auf seinem Computer<br />

las, waren dann eindeutig.“, erzählt sie.<br />

„Die Kinder wussten nie davon. Oder sie<br />

wussten es, und haben nichts gesagt.<br />

Ich habe nie nachgefragt, weil ich die<br />

Antwort nicht wissen wollte.“, antwortet<br />

sie auf die Frage, wie das das Familienleben<br />

beeinträchtigt hat.<br />

DAS KLISCHEE MIT<br />

DEM GELD<br />

Warum Marlies noch mit ihrem Mann<br />

verheiratet ist? „Es klingt banal, aber es<br />

ist nun eben so, dass er sehr gut verdient.<br />

Ich habe mich an diesen Lebensstil<br />

gewöhnt und er gibt mir diese finanzielle<br />

Sicherheit. Ich liebe ihn aber natürlich<br />

auch noch.“ Ob es sie nicht stört, dass<br />

ihr Mann Verhältnisse mit anderen<br />

Frauen hat? „Am Anfang natürlich schon,<br />

mittlerweile haben wir uns beide an<br />

diese unausgesprochene ‚Abmachung‘<br />

gewöhnt“ sagt sie. „Jetzt bin ich zu alt,<br />

um mich zu trennen. Ich habe geheiratet,<br />

als ich viel zu jung war, und jetzt bin<br />

ich zu alt.“ Fügt sie mit einem traurigen<br />

Schmunzeln hinzu. Ihr Mann hat aktuell<br />

auch eine Affäre, sie lebt in einer anderen<br />

Stadt in Österreich. Nächste Woche<br />

fährt er wieder „auf Geschäftsreise“.<br />

Bis <strong>19</strong>77 war Ehebruch in Österreich<br />

eine Straftat und wurde strafrechtlich<br />

verfolgt. Das Gesetz wurde mittlerweile<br />

abgeändert, trotzdem gilt es immer<br />

noch als schwerwiegender Fehler, wenn<br />

einer der Ehepartner ein außereheliches<br />

Verhältnis hat. Laut der Statistik Austria<br />

wurden letztes Jahr in Österreich 16.180<br />

Ehen aufgelöst – einer der häufigsten<br />

Scheidungsgründe ist immer noch der<br />

Ehebruch. Es gibt aber Paare, die trotz<br />

eines Seitensprungs zusammenbleiben.<br />

Die Gründe dafür sind unterschiedlich.<br />

Bei Marlies ist es das Geld, bei Anna *<br />

etwas anderes.<br />

DAS KLISCHEE MIT DER<br />

SEKRÄTERIN<br />

Anna* ist 54 und seit 27 Jahren mit<br />

ihrem Mann verheiratet. Sie selber<br />

sagt aber, dass sie nach der Affäre<br />

ihres Mannes von neu begonnen hat<br />

zu zählen. „Also sind es eigentlich nur<br />

drei“. Vor drei Jahren hat Anna gemerkt,<br />

dass zwischen ihr und ihrem Ehemann<br />

etwas nicht stimmt. Anna lebte mit ihren<br />

Kindern, die damals im Teenageralter<br />

waren, in Wien. Ihr Mann arbeitete in<br />

Polen und flog fast jedes Wochenende<br />

nach Wien zu seiner Familie. Die Entfernung<br />

tat der Ehe nach ein paar Jahren<br />

nicht gut: Ihr Mann verhielt sich immer<br />

seltsamer ihr gegenüber und ihr schien,<br />

als würde er ihr etwas verschweigen.<br />

Und sie lag damit richtig: „Ich habe<br />

gemerkt, dass irgendwas einfach nicht<br />

stimmt und ihn zur Rede gestellt. Ich<br />

musste ihm die Infos zwar aus der Nase<br />

ziehen, aber irgendwann gestand er es<br />

endlich: Er hatte sich in seine 25 Jahre<br />

jüngere Sekräterin verliebt und hatte<br />

auch eine jahrelange Affäre mit ihr.“<br />

Anna zögerte nicht lange, sondern fand<br />

die Telefonnummer der Geliebten raus<br />

und stellte sie zur Rede. Diese war zuerst<br />

perplex, rückte dann dennoch mit der<br />

Sprache raus „Er hatte mir gesagt, dass<br />

er seine Familie für mich verlassen wird.“<br />

bekam sie zu hören. Anna war jetzt<br />

klar, dass ihr Ehemann über Jahre ein<br />

Doppelleben gelebt hat. Was folgte, war<br />

eine Paartherapie, unzählige Gespräche,<br />

über Scheidung, über’s Zusammenbleiben.<br />

„Das war ein Prozess, der sich über<br />

Monate zog. Er war sich auch lange nicht<br />

sicher, ob er lieber mit ihr zusammensein<br />

will oder mit mir.“ Sie entschieden sich<br />

schlussendlich für das Zusammenbleiben.<br />

Sie hätten schon so viel zusammen<br />

überstanden, und auch der Kinder wegen<br />

wollten sie sich nicht trennen. Sie haben<br />

quasi einen Neuanfang gestartet, aber<br />

die Ehe sei nicht mehr wie früher, erzählt<br />

sie. Im Freundeskreis des Ehepaars<br />

wissen die anderen davon, Annas Mann<br />

ist nicht mehr überall gerne gesehen.<br />

„Andererseits ist das schon etwas verlogen,<br />

da ich weiß, dass solche Affären<br />

öfter vorkommen, als man glaubt.<br />

Nachdem es in meiner Ehe herauskam,<br />

hat jede zweite Freundin von mir erzählt,<br />

dass ihr Ehemann sie betrogen hatte.“<br />

Aber eben im Vertrauen. Wenn man<br />

damit an die Öffentlichkeit geht, beginnt<br />

das Stigma.<br />

Ob sie ihm verzeihen kann? „Ich<br />

denke, da geht es nicht darum, irgendwas<br />

zu verzeihen, das ist nicht der<br />

richtige Begriff. Aber uns sind viele<br />

Dinge klar geworden. Und ich habe jetzt<br />

endlich mehr gelernt, auf mich selbst zu<br />

schauen.“, sagt sie. Und was wurde aus<br />

der Affäre? „Sie hat sich einen neuen<br />

/ FAMILY SPECIAL / 45


Statistisch gesehen verlassen die wenigsten Männer ihre Frau für eine Affäre.<br />

Job gesucht, und ist jetzt angeblich<br />

schwanger von ihrem neuen Freund. So<br />

tief kann ihre „Liebe“ zu meinem Mann<br />

also nicht gewesen sein. Sie hätte ihm<br />

übrigens vorgeworfen, dass er ihr ihre<br />

besten Lebensjahre weggenommen hat.<br />

Dabei wusste sie ja genau, auf was sie<br />

sich da einlässt.“ Statistisch gesehen<br />

verlassen nämlich die wenigsten Männer<br />

ihre Frau für die Geliebte. Ob Anna die<br />

Seite der anderen Frau versteht? „Nein.<br />

Mir kann niemand sagen, dass man ein<br />

guter Mensch ist, wenn man sich auf<br />

eine Affäre mit einem verheirateten<br />

Mann einlässt.“<br />

„MEIN LEBEN WAR DURCH<br />

DIE AFFÄRE AUFREGEND<br />

WIE EIN JANE AUSTEN<br />

ROMAN“<br />

Die „andere“ Seite kennt Sofie * gut. Sofie<br />

ist viel jünger als Marlies und Anna, hat<br />

aber für ihr Alter auch schon viel in der<br />

Liebe durchgemacht. Sie lernte ihren<br />

gleichaltrigen Freund Nico* bei der<br />

Freiwilligenarbeit in einem afrikanischen<br />

Wildpark kennen, als sie gerade mal<br />

17 Jahre alt war. „Das war das erste<br />

mal, dass ich mich in jemanden verliebt<br />

hatte.“, erzählt die heute 26 Jährige.<br />

Es machte den Anschein, als würde er<br />

ihre Gefühle erwidern. Zu Beginn ihrer<br />

Bekanntschaft sagte Nico ihr aber, dass<br />

er zuhause in Wien eine Beziehung hatte,<br />

was auch der Grund war, warum Sofie<br />

sich nicht auf ihn einlassen wollte. Aber<br />

er ließ nicht locker. Nach ihrem „Gap<br />

Year“ blieben die beiden in stetigem telefonischen<br />

und SMS-Kontakt, das ganze<br />

zog sich über ein Jahr lang. Irgendwann<br />

erzählte Nico Sofie dann, dass er mit<br />

seiner Freundin schlussgemacht hätte.<br />

Sofie dachte nicht lange nach. Sie hatte<br />

gerade die Schule abgeschlossen und<br />

zog kurz daraufhin von Stockholm nach<br />

Wien – zum Studieren und zu Nico.<br />

Schon nach ein paar Wochen in Wien<br />

merkte sie, dass irgendwas hier nicht<br />

stimmen kann. Durch eine Studienkollegin<br />

Sofies, die über Ecken in Nicos<br />

Freundeskreis war, erfuhr Sofie, dass<br />

ihr Freund die ganze Zeit über parallel<br />

eine andere Beziehung führte: Mit seiner<br />

vermeintlichen Exfreundin, mit der er<br />

seit fünf Jahren zusammen war. Sofie<br />

stellte ihn zur Rede, er gestand ihr die<br />

Wahrheit. Und versprach, dass er mit<br />

der Freundin schlussmachen würde.<br />

„Bald.“ , hieß es. Aber er machte nie<br />

Schluss. Aus „bald“ wurden im Endeffekt<br />

sechs Jahre, in denen Sofie das<br />

Versteckspiel mitmachte. Sie hatte eine<br />

Affäre mit Nico, obwohl sie wusste, dass<br />

er eigentlich eine Freundin hatte. Jene<br />

Freundin vermutete übrigens , dass Nico<br />

sie betrog, blieb aber trotzdem mit ihm<br />

zusammen, da er sie immer wieder so zu<br />

manipulieren schien, dass sie wieder zu<br />

ihm zurückkam.<br />

Er manipulierte auch Sofie: „Wenn ich<br />

ihm nicht geantwortet habe, ist er dann<br />

tagelang vor meinem Haus gestanden<br />

und hat mich so lange überredet, bis ich<br />

dann doch mit zu ihm gefahren bin. Er<br />

hat mir versprochen, dass wir gemeinsam<br />

einen Wochenendtrip machen<br />

würden, oder dies und jenes unternehmen<br />

würden. Dazu kam es natürlich<br />

nie. Wir waren immer nur bei ihm im<br />

Bett“, erzählt sie. Er behandelte sie alles<br />

andere als respektvoll, sie spürte, dass<br />

sie nur die zweite Wahl war. Irgendwo<br />

hatte Sofie dann aber immer noch die<br />

Hoffnung, dass sie doch noch zusammenkommen.<br />

„Ich hatte die ganze Zeit<br />

über einfach Angst, dass ich nie wieder<br />

jemanden finde, der etwas von mir will.<br />

Das war naiv, aber ich war noch so komplett<br />

unerfahren.“, erzählt sie. Sofie lebt<br />

nun in wieder in Stockholm, wo sie ihren<br />

Master macht, und hat seit zwei Jahren<br />

einen Freund. Sie hat keinen Kontakt<br />

mehr zu Nico. „Soviel ich weiß, ist er<br />

immer noch mit seiner Freundin zusammen.<br />

Ich weiß aber auch, dass ich sicher<br />

nicht die Einzige war, mit der er sie<br />

betrogen hat.“ Den „Cut“, wie sie sagt,<br />

hat sie gebraucht, um endgültig von ihm<br />

wegzukommen. Was sie rückblickend<br />

über die Affäre sagt:<br />

„Irgendwie hat dieses Drama mein<br />

Leben dann intensiver gemacht, es war<br />

mehr wie ein Jane-Austin-Roman. Aber<br />

irgendwann habe ich dann gemerkt, dass<br />

ich die ganzen Jahre über einfach nicht<br />

glücklich war.“ Eine Affäre, sagt sie, will<br />

sie nie wieder sein. ●<br />

46 / FAMILY SPECIAL /


WARUM BLEIBT MAN ZUSAMMEN?<br />

Interview mit der dipl.<br />

Lebens – und Sozialberaterin<br />

Susanne Fabiankovits<br />

Was sind die häufigsten Beweggründe, aus<br />

denen sich Paare entscheiden, nach einer<br />

Affäre zusammenzubleiben?<br />

Eine Affäre signalisiert häufig eine Beziehungskrise<br />

und bedeutet gleichzeitig auch<br />

eine wunderbare Chance für eine „neue<br />

Beziehung“ zwischen dem Paar. Wenn sich<br />

Paare nach einer Affäre dazu entschließen<br />

in einem Beratungsprozess einzusteigen,<br />

sind sie meistens schon bereit zu ergründen,<br />

wie es zu dieser Krise kommen konnte.<br />

Im Laufe der Beratung kann das Paar ihre<br />

Gefühle füreinander bzw. die Liebe zueinander<br />

wieder entdecken. Und damit den<br />

Grundstein dafür legen, dass ihre Beziehung<br />

in eine neue Phase eintritt.<br />

Passiert das Ihrer Erfahrung nach oft, dass<br />

die Paare dann wirklich zusammenbleiben?<br />

Ob die Paare wirklich zusammen bleiben,<br />

hängt entscheidend davon ab, ob sich beide<br />

dafür entschieden haben, intensiv an ihrer<br />

Beziehung weiterzuarbeiten. Wenn es ein<br />

klares Bekenntnis zur Beziehungsarbeit<br />

gibt und diese konsequent ist, steht einer<br />

lebenslangen Beziehung nichts im Wege.<br />

Was raten Sie den Paaren, die es noch<br />

einmal versuchen wollen?<br />

Eine Paarberatung kann in diesen Fällen<br />

sicherlich sehr hilfreich sein. Paare lernen<br />

im Beratungsprozess das notwendige Werkzeug<br />

um achtsamer und bewusster ihre<br />

Beziehung zu leben. Wichtig ist sicherlich<br />

die Klarheit darüber, welchen Stellenwert<br />

zukünftig die Beziehung für jeden Einzelnen<br />

haben soll, und dann die Bereitschaft dieses<br />

auch unter all den anderen Herausforderungen<br />

des Alltags zu leben.<br />

DU BIST SÜSS.<br />

GLEICH UND GLEICH<br />

GESELLT SICH GERN.<br />

/ MIT SCHARF / 47


KARRIERE & KOHLE<br />

Studieren statt Saunieren<br />

Von Andrea Grman<br />

MEINUNG<br />

Einfach<br />

ausprobieren<br />

Als Teenager habe ich die Erwachsenen<br />

immer bewundert. Sie schienen<br />

alle zu wissen, was sie tun. Wie sie<br />

ganz selbstverständlich von Haushaltsversicherungen<br />

und Aktienfonds<br />

gesprochen haben. Ich dachte<br />

mir damals nur: „Ich weiß nicht<br />

einmal, wie ich mir einen Zahnarzttermin<br />

ausmache. Wie soll ich das<br />

jemals alles lernen?“ .<br />

Lange habe ich darauf gewartet,<br />

auch so „erwachsen“ zu werden und<br />

einen Plan vom Leben zu haben. Einfach<br />

zu wissen, was man tut. Doch<br />

je mehr ich beobachte, desto mehr<br />

komme ich drauf: Eigentlich weiß<br />

hier niemand so richtig, was er tut.<br />

Stattdessen probiert man einfach<br />

und schaut, was passiert. Im besten<br />

Fall fragt man nach und holt sich<br />

Ratschläge von Menschen, die mehr<br />

Erfahrung haben. Im schlechtesten<br />

Fall tut man so, als könnte man<br />

bereits alles – und scheitert.<br />

Das mit dem Arzttermin bekomme<br />

ich mittlerweile hin. Und für alles<br />

andere weiß ich zumindest, wo ich<br />

nachfragen muss. Wie das Erwachsene<br />

eben machen.<br />

grman@dasbiber.at<br />

TÖCHTERTAG!<br />

Girls, aufgepasst! So eine Chance<br />

bekommt ihr so bald nicht mehr.<br />

Besucht am 25. April den Wiener<br />

Töchtertag und genießt exklusive<br />

Einblicke in die Arbeitswelt von<br />

morgen. Mehr Infos unter<br />

www.toechtertag.at<br />

Du hast in Bulgarien eine<br />

Journalismus-Plattform<br />

aufgebaut. Was ist deine<br />

Aufgabe?<br />

Mit Anfang des Jahres<br />

haben wir ein Outlet<br />

des österreichischen<br />

digitalen Wirtschaftsmagazins<br />

Trending<br />

Topics gegründet. Dabei<br />

berichten wir aus dem<br />

Herzen der lokalen Startup-<br />

und Innovations-<br />

Szene. Ich selbst sehe<br />

mich als Facilitator. Ich<br />

übersetzte ein erfolgreiches<br />

Medienmodell<br />

aus Wien auf „Bulgarisch“<br />

und versuche ein<br />

gutes Redaktionsteam<br />

mit Wissen über die<br />

lokalen Unternehmen<br />

und Prozesse aufzubauen.<br />

Welche Anforderungen hat der<br />

Journalismus der Zukunft?<br />

Die Medienlandschaft ist bereits<br />

seit Jahren im Wandel. Die größten<br />

3<br />

FRAGEN AN:<br />

Gewinnspiel<br />

Ich bin so froh, diesmal eines<br />

meiner absoluten Lieblingsbücher<br />

verlosen zu dürfen: Das Café<br />

am Rande der Welt von John<br />

Strelecky. Wollt ihr herausfinden,<br />

warum ihr hier seid? Schickt mir<br />

ein Mail an grman@dasbiber.<br />

at. Mit etwas Glück findet ihr<br />

bald eines der drei Exemplare in<br />

eurem Briefkasten.<br />

Herausforderungen<br />

sind die etwas veralteten<br />

Business-Modelle.<br />

Gleichzeitig ergibt sich<br />

auch viel Freiraum für<br />

IRINA<br />

Experimente. Medien<br />

müssen viel agiler,<br />

mutiger und technologieaffiner<br />

werden. Im<br />

Kontext von „Fake news“<br />

und „Desinformation“ ist<br />

und bleibt das Wichtigste<br />

jedoch die Qualität<br />

der Inhalte.<br />

Welchen Ratschlag hast<br />

du für junge Menschen,<br />

die gerade ihre Karriere<br />

starten?<br />

Ich empfehle jedem,<br />

weniger auf Geld oder<br />

Status zu schauen, sondern<br />

viel mehr darauf,<br />

wie gerne sie oder er diesen Job<br />

macht. Wenn man Spaß und Leidenschaft<br />

im Job hat, folgt der finanzielle<br />

und soziale Erfolg oft ganz natürlich.<br />

OBUSHTAROVA<br />

Managing Director von<br />

Trending Topics Bulgaria (und<br />

ehemalige biberica)<br />

Marko Mestrović, Astrid Knie, Christian Krzywoblocki<br />

48 / KARRIERE /


Demner, Merlicek & Bergmann<br />

Deine Chance auf alle<br />

Mit der Lehre zur Versicherungskauffrau/<br />

zum Versicherungskaufmann durchstarten<br />

und Karriere machen! Alle Infos auf<br />

wienerstaedtische.at/lehrlinge<br />

wienerstaedtische.at<br />

DEINE FÄHIGKEITEN MÖCHTEN WIR HABEN


„Wie Tanya<br />

müssen wir<br />

sein“<br />

Die afghanische Journalistin Tanya<br />

Kayhan musste nach Todesdrohungen<br />

ihr Heimatland verlassen.<br />

In Österreich arbeitet sie bei einem<br />

großen Nachrichtensender als Videojournalistin<br />

und motiviert in ihrer<br />

Freizeit junge Afghaninnen, aus dem<br />

Schatten der Männer zu treten.<br />

Von Amar Rajkovic, Fotos: Soza Almohammad<br />

Tanya Kayhan ist vielbeschäftigt und schwer für<br />

ein Interview zu bekommen. Entweder musste<br />

sie kurzfristig bei einem Dreh als Videojournalistin<br />

für den Nachrichtensender „OE24.TV“<br />

einspringen oder ihre Tätigkeit als Obfrau des Vereins<br />

„Interkulturelles Entwicklungszentrum“ erforderte ihre<br />

Anwesenheit in den Klubräumen. Beim dritten Anlauf hat<br />

es dann geklappt. Tanya Kayhan ist sichtlich stolz, als sie<br />

uns im Newsroom ihres derzeitigen Arbeitgebers empfängt.<br />

„Wir sind der erste Nachrichtensender Österreichs“, sagt<br />

sie während mehrere Kolleginnen an ihrem Platz vorbeihuschen.<br />

Die 33-Jährige liebt Stress und Hektik, die ganz<br />

gewöhnlichen Wegbegleiter von Journalisten, vor allem,<br />

wenn sie – so wie in diesem Fall – ihr Handwerk im zerrütteten<br />

Afghanistan erlernt haben.<br />

VON TALIBAN VERTRIEBEN<br />

In Kunduz im Nordwesten Afghanistans geboren, wurden<br />

die Weichen für Kayhans Reporter-Karriere schon früh<br />

gestellt. „Ich habe in der Schule Präsentationen anmoderiert<br />

und habe die Bühne nicht gescheut“, erinnert sich<br />

Kayhan. Als sie später die Aufnahmeprüfung an der Uni<br />

für Politikwissenschaften in Kabul nicht schaffte, bekam<br />

sie von ihrem Vater den Tipp, Journalismus zu studieren.<br />

Was sie auch erfolgreich tat. Ihr erster Arbeitgeber war das<br />

afghanische Parlament, für das sie Onlinebeiträge schrieb,<br />

kurz darauf wurde sie im Jahr 2008 als Nachrichtenspre-<br />

Tanya Kahyan absolvierte die biber-Akademie, die ein Sprungbrett<br />

auf ihrem Weg als Journalistin in Österreich war.<br />

50 / KARRIERE /


cherin für politische Sendungen vom<br />

Sender „1TV“ engagiert. Die letzte<br />

Station vor ihrer Flucht nach Österreich<br />

war „Voice of America“, ein<br />

von den Amerikanern unterstützter<br />

TV-Sender.<br />

In der Zwischenzeit hat ein Arbeitskollege<br />

von Kayhan neben uns Platz<br />

genommen. Er hört interessiert zu<br />

und lobt ungefragt die Fähigkeiten<br />

Kayhans. Sie sei professionell,<br />

pünktlich und habe so viel erlebt,<br />

stimmt ihm eine andere Kollegin zu.<br />

Dabei war Kayhans Weg zurück zum<br />

Journalismus lang und beschwerlich.<br />

Nach ihrer Ankunft in Österreich<br />

versuchte sie sich als Hostess am<br />

Flughafen. In der Lounge betreute<br />

sie VIP-Gäste und lachte freundlich.<br />

Glücklich wurde sie dort nicht. Die<br />

Vollblutjournalistin brauchte den<br />

Stress, die Hektik, das Unerwartete.<br />

Durch Zufall landete sie in der Akademie<br />

des biber-Magazins, wo man<br />

schnell verstanden hatte: „Wir haben<br />

einen afghanischen TV-Star gefunden“,<br />

schmunzelt Kayhan. Anschließend<br />

sammelte sie Erfahrungen<br />

beim TV-Sender W24, gründete den<br />

Verein „Interkulturelles Entwicklungszentrum“,<br />

bei dem sie Asylwerbern<br />

journalistische Fähigkeiten vermittelt<br />

und trat als Testimonial für die ORF-<br />

Spendenkampagne „Helfen wie wir“<br />

vor der Kamera auf.<br />

Kayhan hat sich mit ihrem Engagement<br />

zwangsläufig zu einem Vorbild<br />

für viele junge Afghanen und<br />

vor allem Afghaninnen gemausert.<br />

Sie möchte das negative Image<br />

ihrer Landsleute aufpolieren und<br />

kämpft gegen Pauschalisierungen.<br />

Das ist auch ein Problem bei der<br />

Arbeitssuche: „Wir leiden unter dem<br />

schlechten Ruf. Deswegen schämen<br />

wir uns, uns als Afghanen vorzustellen,<br />

und sind total verunsichert<br />

bei Bewerbungsgesprächen“, weiß<br />

Kayhan. Schlechte Aussichten für<br />

Menschen aus Afghanistan auf dem<br />

österreichischen Arbeitsmarkt?<br />

VATER HAT AN SIE<br />

GEGLAUBT<br />

Nicht ganz, wie die Zahlen belegen:<br />

Laut dem AMS waren im Dezember<br />

letzten Jahres 9.<strong>19</strong>2 Afghanen in<br />

einer unselbständigen Beschäftigung.<br />

Im Jahr davor waren es lediglich<br />

6.826. Im Vergleich: 7.659 Syrer<br />

gingen im Dezember des vergangenen<br />

Jahres einer fixen Beschäftigung<br />

nach. Der Anstieg zeigt: Selbst wenn<br />

viele afghanische Arbeitnehmer<br />

billig bezahlte Jobs annehmen,<br />

hat sich die Zahl derer, die in einer<br />

heimischen Firma angestellt sind,<br />

innerhalb eines Jahres um knapp<br />

35% erhöht. Dadurch entlasten sie<br />

den Arbeitsmarkt, zahlen Steuern<br />

und ihre Pensionsbeiträge. Das<br />

schlagkräftigste Argument gegen<br />

mediales Afghanen-Bashing. Kayhan<br />

hat auch gleich Tipps für ihre Landsleute<br />

parat: „Ihr dürft trotz Absagen<br />

nicht aufhören, Beharrlichkeit zahlt<br />

sich aus. Ihr solltet euch auch nicht<br />

schlecht fühlen, weil ihr aus Afghanistan<br />

seid, denkt immer positiv“,<br />

setzt sie fort. „Und seid stolz auf das,<br />

was ihr könnt.“ Sie sei froh, dass ihr<br />

Vater immer an sie geglaubt hat. Sie<br />

kann sich heute keinen anderen Job<br />

vorstellen.„Anfänglich war es schwierig<br />

mit der Sprache. In unserem Job<br />

muss es schnell gehen und daher<br />

wird auch schnell gesprochen“, erinnert<br />

sie sich. „Mit mir sprechen meine<br />

Kollegen aber etwas langsamer<br />

und weniger im Dialekt, damit ich sie<br />

verstehe“, grinst Kayhan während<br />

sie einen Beitrag auf ihrem Computer<br />

schneidet. Ihre Vorgesetzte Sabrina<br />

Blagojevic ist voll des Lobes über ihre<br />

rasende Reporterin vom Hindukusch:<br />

„Es macht viel Freude zu sehen, wie<br />

sich Frau Kayhan im Rahmen ihrer<br />

Tätigkeit entwickelt. Als Kamerafrau<br />

zeigt sie großen Einsatz und liefert als<br />

Frau in einer Männerdomäne tolle Bilder.“<br />

Worte, die Kayhan für kurze Zeit<br />

rot werden lassen. Worte, die sich<br />

das Allroundtalent hart erarbeiten<br />

musste. Von Taliban verfolgt, nach<br />

Europa geflüchtet, hier unglücklich<br />

gearbeitet bis sie in der Medienbranche<br />

endgültig Fuß gefasst hat. Liest<br />

sich doch viel besser als ein Messerangriff<br />

oder eine Vergewaltigungstat,<br />

die im Boulevard auch entsprechend<br />

ausgeschlachtet werden? Das wissen<br />

auch die jungen Afghaninnen, die<br />

Kayhan nacheifern. „Wie Tanya müssen<br />

wir sein“, sagen sie. ●<br />

Aleks Jobicić<br />

Job?<br />

Fix!<br />

BEZAHLTE ANZEIGE<br />

DIE BERUFSLEBENS KOLUMNE DES<br />

AMS WIEN<br />

Mein Lebenslauf in meiner Bewerbungsmappe:<br />

Das bin ich. Also sozusagen. Es ist die<br />

Kurzfassung all dessen, was ich bisher so<br />

gelernt und geleistet habe. Eine Beschreibung<br />

meiner Stärken und Fähigkeiten, und<br />

natürlich meiner Erfahrungen.<br />

Das klingt jetzt ein bissl zu feierlich? Naja,<br />

aber eigentlich merkt man, wenn man zum<br />

ersten Mal das eigene Berufsleben so in<br />

Worte fasst, dass man schon was drauf hat.<br />

Dass das nicht nichts ist, was man bisher<br />

gemacht hat, weswegen ja auch die Personalverantwortlichen<br />

als erstes ihre Nase da<br />

hineinstecken. Und: Der Lebenslauf wächst<br />

mit dir mit, wird dichter und interessanter,<br />

wie das ganze Leben.<br />

Und darauf will ich diesmal hinaus: Halte deinen<br />

Lebenslauf aktuell! Ruh dich nicht darauf<br />

aus, dass du eh vor einem Jahr deinen<br />

Werdegang hübsch gestaltet hast, wenn sich<br />

in der Zwischenzeit allerhand verändert hat!<br />

Gerade, was du zuletzt getan und gelernt<br />

hast, ist wichtig und darf nicht fehlen.<br />

Und schließlich geht’s ja um nichts anderes,<br />

als dass sich die Betriebe darum streiten, dir<br />

einen Job oder eine Lehrstelle anbieten zu<br />

dürfen. Glaubst du nicht? Ist so!<br />

Tipp: Wenn der Lebenslauf, den das AMS<br />

von dir hat, älter ist als ein Jahr, dann<br />

schick unbedingt einen neuen. Die Leute<br />

beim AMS wollen dich so gut wie möglich<br />

unterstützen und können dann einfach<br />

besser das Optimale für dich herausholen.<br />

Mehr Infos gibt’s auch hier: ams.at/wien<br />

/ KARRIERE / 51


Selbermacher<br />

Bio-<br />

Delikatessen<br />

mit sozialem<br />

Plus<br />

BioBalkan ist ein junges<br />

Unternehmen, das<br />

frische Bio-Produkte<br />

vom Balkan direkt in<br />

unsere Mägen bringt<br />

und dabei kleine Bauern<br />

und Frauen aus<br />

benachteiligten Gruppen<br />

vor Ort unterstützt.<br />

Text: Nada El-Azar, Fotos: Soza Almohammad<br />

Der Balkan – eine Region mitten in<br />

Europa, für viele Österreicher ein<br />

Sehnsuchtsort, in dem die Sonne<br />

lange scheint und das Meer in Riechweite<br />

liegt. Und doch eine Region, die es<br />

nicht ganz ins Zentrum geschafft hat. Die<br />

Böden sind nahrhaft und sogar seltenes<br />

Obst gedeiht am Rande der Dörfer. Zwei<br />

Unternehmer wollen nun dieses Potential<br />

ausschöpfen und dabei etwas Gutes für die<br />

Gesellschaft tun.<br />

UNTERSTÜTZUNG FÜR<br />

KLEINE BAUERN<br />

Hans-Jörg Hummer ist einer der Gründer<br />

von BioBalkan: einem Unternehmen, das<br />

eine kleine aber feine Auswahl an Bio-Spezialitäten<br />

vom Balkan auf den heimischen<br />

Markt bringt. Er sorgt mit finanzieller Unterstützung<br />

dafür, dass Bauern in Serbien, die<br />

ihren Betrieb auf Bio umzurüsten, mit den<br />

dazugehörigen Kosten fertig werden. Seit<br />

20 Jahren gibt es schon Bestrebungen,<br />

am Balkan die Bio-Landwirtschaft voranzutreiben<br />

– mit einem Problem: „Einige<br />

Bauern stellen erst ihre Betriebe aufwändig<br />

um und bleiben dann auf ihren Produkten<br />

sitzen“, erklärt Hummer. Der Österreicher<br />

spricht fließend serbisch, nachdem er fast<br />

15 Jahre beruflich am Balkan soziale Projekte<br />

betreute und sich stark mit Themen<br />

wie regionaler und ländlicher Entwicklung<br />

sowie Armut auseinandergesetzt hat. Wie<br />

es der Zufall wollte, fand er zu Slobodanka<br />

Pavlovic von Radanska Ruza (dt. die Rose<br />

vom Radangebirge), einem Social Business<br />

aus Serbien. In enger Zusammenarbeit stellt<br />

52 / KARRIERE /


Radanska Ruza hochwertige Bio-Produkte<br />

her, deren exklusiver Abnehmer BioBalkan<br />

ist. „Für Bio-Produkte mangelt es oftmals<br />

an Kaufkraft“, so Pavlovic im Gespräch.<br />

BALKAN-KLASSIKER IN HANDARBEIT<br />

Hans-Jörg Hummer versichert: „Bei<br />

Biobalkan steht nicht der Gewinn im<br />

Vordergrund, sondern die Hilfe vor Ort.<br />

Beschäftigt werden bei uns 30 bis 50<br />

Frauen in einer der ärmsten Regionen<br />

Europas und die allesamt aus marginalisierten<br />

Gruppen stammen.“ Menschen<br />

mit Behinderung, Langzeitarbeitslose oder<br />

alleinerziehende Frauen aus den Dörfern<br />

stellen nach alten Familienrezepten in<br />

reiner Handarbeit und ohne maschinelle<br />

Hilfe die Klassiker der Balkanküche Ajvar,<br />

Maliđano und Pinđur her. „Wir bezahlen<br />

unsere Mitarbeiterinnen für Tätigkeiten, die<br />

sie seit Jahrzehnten unentgeltlich verrichtet<br />

hatten“, sagt Slobodanka Pavlovic.<br />

Unlängst wurde der Onlineshop eröffnet,<br />

bei dem man die Produkte im schicken<br />

Sechserpack bestellen kann – perfekt als<br />

delikates Geschenk. Wir sagen: „Prijatno!“<br />

Diese Bio-Delikatessen werden nach<br />

traditionellen Familienrezepten ausschließlich<br />

von Hand gefertigt.<br />

Mehr Informationen unter:<br />

www.biobalkan.info<br />

WKO-WIEN HILFT<br />

Im Gründerservice der WKO-<br />

Wien kann man bei einem<br />

Beratungsgespräch alle Fragen<br />

stellen, die die Gründung eines<br />

Unternehmens betreffen. Im<br />

Vorhinein kann man sich auch<br />

schon eigenständig online<br />

informieren. Ob generelle<br />

Tipps zur Selbstständigkeit,<br />

rechtliche Voraussetzungen,<br />

Amtswege oder Finanzierungsund<br />

Förderungsmöglichkeiten:<br />

Auf der Website kommt man<br />

mit wenigen Klicks zu allen<br />

wichtigen Informationen.<br />

wko.at/wien<br />

www.gruenderservice.at<br />

Die Selbermacher-Serie ist eine<br />

redaktionelle Kooperation von das<br />

biber mit der Wirtschaftskammer<br />

Wien.<br />

ZEIGEN SIE<br />

WAS SIE<br />

KÖNNEN<br />

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MEINUNG<br />

TYPISCH MÄDCHEN.<br />

Kommentar von Aleksandra Tulej<br />

Ich wollte als Kind ein Junge sein. Jungs hatten es einfach<br />

besser: Es war egal, wenn sie aufgeschlagene Knie vom<br />

Bäumeklettern hatten. Mir wurde immer wieder eingebläut,<br />

dass es sich für ein Mädchen nicht gehört, überall Pflaster<br />

kleben zu haben – passt nicht zum weißen Erstkommunionskleid.<br />

Jungs hat niemand gesagt, sie dürfen nicht<br />

breitbeinig in der U-Bahn sitzen, da man ihnen dann<br />

zwischen die Beine sehen kann. Keiner hat sie gewarnt,<br />

dass sie sich nicht in der Öffentlichkeit die Lippen abschlecken<br />

sollen, da das zu lasziv aussehen kann. Als wir älter<br />

wurden, hat sie niemand gewarnt, sie sollten Abends ja<br />

aufpassen, wenn sie alleine nachhause gehen. Und heute,<br />

als Erwachsene, fragt sie niemand, wann sie denn Kinder<br />

haben wollen oder warum sie ihr Liebesleben so pragmatisch<br />

angehen.<br />

Augenverdrehen. „Das ist doch alles so ein Mimimi-<br />

Feminismus“ und „wir haben ja andere Sorgen weil in<br />

Saudi-Arabien dies oder jenes.“ Haben wir eh. „Frauen<br />

können doch eh machen was sie wollen, was kümmert<br />

euch, was andere von euch denken?“ Mich kümmert es<br />

herzlich wenig. Mittlerweile. Junge Mädchen kümmert es<br />

viel mehr – Und da geht es nicht um aufgekratzte Knie,<br />

sondern um die Konstrukte, in die wir Frauen von klein<br />

auf hineingepfercht wurden und werden. Es ist dieses<br />

ewige Aufpassen, Zurückhalten, „sich Benehmen“. Dieses<br />

Schuldgefühl, wenn dich jemand Fremder auf der Straße<br />

grindig anmacht – du hättest ja eine längere Hose anziehen<br />

können. Hätte das wirklich was geändert? Hätte ich<br />

anders reagieren sollen, als einfach wegzuschauen? Aber<br />

wie? Das sind Gedanken, die ich als Jugendliche tagtäglich<br />

hatte. Und ehrlich gesagt immer noch habe. Es ist natürlich<br />

nicht deine Schuld, aber warum fühlst du dich dann<br />

so? Weil es dir unbewusst eingeredet wurde. Seit immer<br />

schon. Und bitte kommt mir jetzt nicht damit, dass das<br />

nicht die echten Probleme sind und dass tagtäglich Frauen<br />

vergewaltigt werden und das die richtigen Sorgen sind.<br />

Ich würde mir nie anmaßen, so etwas zu vergleichen oder<br />

gleichzustellen, aber ich denke, dass wir hier alle klug<br />

genug sind, das herauszulesen. Mir geht es darum, dass du<br />

als Frau so oft an deinem Selbstwertgefühl zweifelst. Weil<br />

dir beigebracht wurde, dass zwar du selbst dafür verantwortlich<br />

bist, aber dieses dennoch irgendwie von anderen<br />

abhängt. Ich ertappe mich selbst heute noch dabei, wie ich<br />

manchmal in diese Muster falle und ich hasse es.<br />

Aber das wollte man uns so lange verklickern: Wirst du also<br />

abfällig angemacht, soll dein Selbstwert runtergehen. Und<br />

wie baust du es wieder auf? Uns Frauen wird beigebracht,<br />

sei es durch Disneyfilme oder sei es durch Werbung und<br />

Magazine, dass man sich von Männern „umgarnen“ lassen<br />

muss, sie um sich kämpfen lassen muss. Und wenn dir das<br />

nicht gelingt, bist du weniger wert. Und genau darauf hatte<br />

ich nie Bock. Das erschien mir immer so schwach. Und<br />

kontraproduktiv: Frauen wollen Gleichberechtigung aber<br />

gleichzeitig wie irgendwelche unnahbaren Wesen behandelt<br />

werden? Das ergibt doch keinen Sinn. Bitte brechen wir<br />

endlich diese Konstrukte auf. Und gehen wir weiter in eine<br />

Richtung, in der es sich gut anfühlt, eine Frau zu sein.<br />

Heute bin ich verdammt froh, dass ich eine Frau bin. Ich bin<br />

froh, dass ich mir über die oben genannten Dinge Gedanken<br />

machen darf. Das alles habe ich Frauen zu verdanken,<br />

die dafür gekämpft haben, ohne jemals das Wort Feminismus<br />

gehört zu haben. Die alles riskiert haben, damit wir es<br />

später besser haben. Man denke an Suffragetten, an Aktivistinnen<br />

in stark patriarchalen Gesellschaften. Oder auch<br />

einfach an Frauen, die ihren Töchtern ein starkes Selbstwertgefühl<br />

vermittelt haben – was diese Töchter dann weitergeben.<br />

Denn genau darum geht es – Gehen wir weiter<br />

diesen Weg, der uns schon geebnet wurde. So lange, bis<br />

wir keine Angst mehr haben, für uns selbst aufzustehen. So<br />

lange, bis wir aufhören, die Schuld bei uns zu suchen, wenn<br />

uns jemand grausig anmacht. So lange, bis wir nicht mehr<br />

über depperte Pflaster auf den Knien diskutieren werden.<br />

Marko Mestrović<br />

54 / MIT / MIT SCHARF / /


TECHNISCHE BERUFE SIND NIX FÜR MÄDCHEN?<br />

NA SICHER!<br />

Mädchen von 11 bis 16 Jahren haben<br />

beim Wiener Töchtertag am 25. April<br />

20<strong>19</strong> die Gelegenheit, ein Wiener<br />

Unternehmen zu besuchen – und in<br />

Berufe hineinzuschnuppern, die als<br />

typisch „männlich“ abgestempelt<br />

sind. Du glaubst zum Beispiel, IT ist<br />

nur was für Burschen? Nope! Die<br />

ersten Programmierer waren weiblich!<br />

Am Töchtertag können die Mädchen<br />

erfolgreiche weibliche Vorbilder in<br />

den verschiedensten Branchen treffen.<br />

„Ich habe selbst eine Tochter – ich<br />

möchte Frauen die Angst vor der<br />

IT nehmen und zeigen, was IT<br />

bedeutet oder eben nicht bedeutet.<br />

Das ist keine Rocket Science, da<br />

sitzen nicht nur Nerds. Wir haben<br />

mittlerweile einige Damen bei uns<br />

im Unternehmen, die beim Töchtertag<br />

teilgenommen haben und dann<br />

gemerkt haben, IT ist ja gar nicht so<br />

techniklastig, sondern auch kreativ.“<br />

(Oliver Krizek, Eigentümer und<br />

Geschäftsführer NAVAX Unternehmensgruppe)<br />

„In Zukunft wird man digitale Skills<br />

quer durch alle Wirtschaftszweige<br />

benötigen und dabei lässt sich<br />

richtig gut verdienen, denn die<br />

Nachfrage nach Fachkräften ist<br />

enorm! Jungen Mädchen, die sich<br />

für eine IT-Lehre entscheiden,<br />

stehen also viele Möglichkeiten<br />

offen.“<br />

(Mag. Wilhelmine Ebner-Winkler,<br />

Chief Financial Officer bei Atos<br />

Österreich)<br />

Der Wiener Töchtertag findet am 25. April statt. Such dir jetzt ein Unternehmen aus, das du besuchen willst:<br />

www.toechtertag.at<br />

DAS LEVEL-UP FÜR DEINE ZUKUNFT:<br />

DIE NEUE IT-LEHRE!<br />

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/ MIT SCHARF / 55


Melanie wurde mit 1 6 schwanger – als sie gerade im zweiten<br />

Lehrjahr ihrer Ausbildung im Bereich Elektrotechnik/Energietechnik<br />

bei SIEMENS steckte. Die heute 18-jährige Jungmama<br />

erzählt, wie sie Kind und Lehre unter einen Hut bekommt.<br />

TEENIE-MAMA &<br />

TECHNIKTALENT<br />

Wie haben dein privates Umfeld und deine<br />

Kollegen auf deine Schwangerschaft<br />

reagiert?<br />

Die Reaktionen meiner Freunde und<br />

Familie waren ganz unterschiedlich – von<br />

überglücklich bis „geht’s noch?“. Zu meiner<br />

Mutter habe ich seitdem zum Beispiel<br />

keinen Kontakt mehr. Natürlich war die<br />

Chefin meiner Lehrabteilung überrascht,<br />

aber sie hat großen Wert daraufgelegt,<br />

mir die Zeit bis zur Geburt so angenehm<br />

wie möglich zu gestalten. Während der<br />

Schwangerschaft konnte ich meine Leidenschaft<br />

fürs Programmieren und Auto-<br />

CAD, ein technisches Zeichenprogramm,<br />

voll ausbauen. Das war ausschlaggebend<br />

für die Abteilung, in der ich heute bin:<br />

Engineering.<br />

Siehst du es auch gewissermaßen als<br />

Vorteil an, so jung Mutter geworden zu<br />

sein?<br />

Wenn die Kleine erwachsen ist, steh ich<br />

in der Blüte meines Lebens (lacht). So<br />

kann ich sie auch besser verstehen, weil<br />

ich mich noch gut an meine Jugend erinnere.<br />

In der Arbeit bin ich durch meine<br />

Schwangerschaft viel reifer geworden,<br />

kann mehr Verantwortung tragen. Ich<br />

verurteile nicht mehr so schnell, weil ich<br />

als junge Mami selbst weiß, wie es ist,<br />

verurteilt zu werden – sei es von Ärzten<br />

oder von Behörden.<br />

Wie geht’s dir jetzt mit der Doppelverantwortung<br />

in einem doch recht jungen<br />

Alter?<br />

Am Anfang war es schon sehr schwer<br />

– in den eineinhalb Jahren, die ich zu<br />

Hause war, war ich insgesamt nur drei<br />

Stunden getrennt von meiner Tochter.<br />

Jetzt sind es auf einmal mehrere<br />

Stunden am Tag. Die Kleine geht in den<br />

SIEMENS-Kindergarten und anfangs habe<br />

ich jede Mittagspause dort angerufen<br />

(lacht). Ich habe sie sehr vermisst und<br />

mir Sorgen gemacht. Jetzt komme ich<br />

damit besser klar.<br />

Was wünschst du dir für deine Zukunft<br />

und die Zukunft deiner Tochter?<br />

Wünschen würde ich mich mir auf jeden<br />

Fall, dass ich so viel lernen kann wie<br />

möglich, damit ich meiner Tochter die<br />

bestmögliche Zukunft bieten kann. Für<br />

meine Tochter wünsche ich mir, dass sie<br />

weiterhin glücklich ist und dass sie eine<br />

unbeschwerte Kindheit hat.<br />

Susanne Einzenberger<br />

56 / KARRIERE /


JOBS MIT ZUKUNFT<br />

„Jeder fängt mal klein an.<br />

Aber hier werd’ ich groß!“<br />

LEHRLINGE<br />

GESUCHT!<br />

JOBS MIT<br />

ÖSTERREICH DRIN.<br />

SPAR als 100% österreichisches Unternehmen ist nicht nur einer der größten heimischen Arbeitgeber, sondern<br />

auch größter privater österreichischer Lehrlingsausbildner. Jedes Jahr beginnen rund 900 junge Menschen ihre<br />

Karriere bei SPAR in 21 spannenden Lehrberufen und nützen die vielfältigen Ausbildungsangebote, die ihnen<br />

den Weg zu einer zukünftigen Karriere ebnen. Wer Freude am Kontakt mit Menschen hat und offen für Neues<br />

ist, ist bei SPAR genau richtig. Prämien während und Aufstiegschancen nach der Lehre gibt‘s genug.<br />

Besuche uns auf<br />

www.spar.at/lehre


TECHNIK & MOBIL<br />

Alt+F4 und der Tag gehört dir.<br />

Von Adam Bezeczky<br />

MEINUNG<br />

World wide<br />

weg<br />

China und Russland haben<br />

einen. Einen Schalter, mit dem<br />

das dortige Internet vom Rest<br />

der Welt abgekoppelt werden<br />

kann. Damit soll die „nationale<br />

Infrastruktur“ vor bösen Hackern<br />

geschützt werden. Oder auch<br />

die eigenen Bürger vor fremden<br />

Ideen oder gar anderen Meinungen<br />

abgeschirmt werden. Damit<br />

zeigt sich, dass das Internet<br />

weitaus anfälliger für Eingriffe<br />

ist, als man es anfangs noch<br />

vermutet hatte. Das Start-up<br />

„Swarm Technologies“ möchte<br />

das ändern: Internet soll über<br />

150 Satelliten in der Erdumlaufbahn<br />

erreichbar bleiben. Ein<br />

kleiner, nicht genehmigter Satellitenstart<br />

hat das Unternehmen<br />

zwar 900.000 Dollar gekostet -<br />

aber es war gute Werbung: jetzt<br />

erhielt das Team eine Finanzspritze<br />

in der Höhe von 25. Mio<br />

US-Dollar von Investoren.<br />

bezeczky@dasbiber.at<br />

Roboter-Fedex<br />

Nicht nur Amazon - auch der Zusteller FedEx arbeitet an<br />

selbstfahrenden Lieferdrohnen. Vorerst im Testbetrieb,<br />

könnten diese bald den klassischen FedEx-Truck ersetzten.<br />

Wobei es fraglich bleibt, wie diese mit dem Gelände in<br />

Europa und dem Rest der Welt fertig werden.<br />

THE DIVISION 2<br />

Ubisoft hat mit<br />

The Division 2<br />

die Stärken<br />

des Vorgängers<br />

ausgebaut<br />

und die<br />

Schwächen<br />

ausgemerzt.<br />

Diesmal kämpfen<br />

wir uns<br />

als wackerer<br />

Agent durch<br />

das verfallenverlassene<br />

Washington<br />

D.C um das Rätsel um die Dollar-Seuche<br />

weiter zu ergründen. Mehr Fraktionen,<br />

mehr Loot und mehr Inhalte halten die<br />

Spieler auch im Single-Player länger bei<br />

der Stange. Wer also die US Hauptstadt<br />

inkl. einer spannenden Story erleben<br />

möchte, sollte hier unbedingt zuschlagen.<br />

Sprachen lernen<br />

mit Netflix<br />

Mit einer Chrome-Browser<br />

Erweiterung können<br />

wir jetzt Sprachen lernen.<br />

Einfach nach LLN,<br />

Language Learning with<br />

Netflix runterladen und<br />

mit beliebten Shows in<br />

anderen Sprachen den<br />

eigenen Wortschatz ausbauen.<br />

Mucho gusto!<br />

Ubisoft, Marko Mestrović, FedEx<br />

58 / TECHNIK /


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MIT DER NEUEN<br />

DEBITKARTE ZUM<br />

ONLINE-SHOPPEN<br />

Ab sofort wird bei der Erste Bank die Debitkarte der Zukunft ausgegeben. Die<br />

neue Debit Mastercard löst die bisherige Maestro-Karte ab. Vorteil: Damit kann<br />

man auch online bezahlen und hat<br />

weltweit mehr als doppelt so viele<br />

Akzeptanzstellen.<br />

Die neue Debitkarte<br />

gibt es ab sofort für<br />

alle Kundinnen und<br />

Kunden der Erste<br />

Bank – auch für<br />

spark7 sowie für<br />

Studentinnen und<br />

Studenten.<br />

Die Bankomatkarte hat in Europa ab sofort eine<br />

einheitliche Bezeichnung und heißt jetzt Debitkarte.<br />

Passend dazu bringt die Erste Bank für alle Konten ein<br />

Upgrade für die gute alte Bankomatkarte: Die Bank-<br />

Card Debit Mastercard. Sie wird neben den üblichen<br />

Funktionen wie Bargeldbehebung, Kontoauszüge und<br />

Bezahlung im Shop nun auch internettauglich sein.<br />

Zu diesem Zweck findet sich eine neue 16-stellige<br />

Nummer auf der Vorderseite der Karte, mit der man<br />

im Internet überall, wo jetzt schon Mastercard akzeptiert<br />

wird, einkaufen kann. Das Prinzip ist ähnlich einer<br />

Kreditkarte, aber bei der neuen Debitkarte erfolgt die<br />

Abbuchung des Betrags vom Konto wie bisher sofort.<br />

Im Gegensatz zu einer Kreditkarte, wo die bezahlten<br />

Beträge gesammelt mit einer Monatsrechnung zu<br />

einem späteren Zeitpunkt abgebucht werden. Die Debitkarte<br />

kann auch in mobile Zahlungslösungen (Wallets)<br />

eingebunden werden und ermöglicht damit kontaktloses<br />

Bezahlen mit dem Smartphone.<br />

Kartentausch ab sofort möglich<br />

Seit April wird bei der Erste Bank nur mehr die Bank-<br />

Card Debit Mastercard ausgegeben, Maestro ist<br />

Geschichte. Jeder der eine Maestro-Karte besitzt, kann<br />

diese weiterhin nutzen und bekommt automatisch im<br />

Zuge des regulären Kartentausches bis Ende 2020 die<br />

neue Debitkarte. Wer jetzt schon eine haben will, kann<br />

diese kostenlos im Internet-Banking George, bei der<br />

persönlichen Beraterin oder beim Berater in der Filiale<br />

bestellen.<br />

TIPP: In der Umstellungsphase kann es bei einigen Online-Shops<br />

vorkommen, dass man beim Bezahlvorgang mit der neuen Debitkarte<br />

noch auf den Punkt „Kreditkarte“ klicken muss. Das kommt daher,<br />

dass bisher unter „Mastercard“ nur Kreditkarten verfügbar waren.


LIFE & STYLE<br />

Mache mir die Welt, wie sie<br />

mir gefällt<br />

Aleksandra Tulej<br />

Aleks’ Beauty Fail<br />

Trend des Grauens<br />

RADLERHOSEN<br />

AM LAUFSTEG –<br />

WIESO?<br />

MEINUNG<br />

Emojis und<br />

Emotionen – Ich<br />

hab’ euch eh lieb.<br />

Ich weiß nicht, was schlimmer ist:<br />

Menschen, die „Supi“ oder Menschen,<br />

die „Oki“ schreiben. Bei Affen- und<br />

Einhornemojis überkommt mich immer<br />

ein Schauer. Aber lagern wir Emojis<br />

mal auf das wahre Leben und wahre<br />

Emotionen um: Dass bei mir in Bezug<br />

auf zwischenmenschliche Beziehungen<br />

einiges schiefläuft, wissen wir mittlerweile.<br />

Ich bin nicht so der Super-Profi,<br />

was Emotionen angeht. Aber die Leute,<br />

die ich mag, wissen es eh. Und die<br />

anderen mag ich eh nicht. Manchmal<br />

frage ich mich jedoch, ob ich ein<br />

schlechter Mensch bin, weil ich nicht<br />

euphorisch und überdrüber motiviert<br />

wirke, wenn ich mich für oder auf<br />

jemanden freue.<br />

Egal ob jetzt per Handy oder im Real<br />

Life. Oder vielleicht bin ich einfach nur<br />

asozial, emotional unfähig und sollte<br />

abgeschottet von der Menschheit<br />

leben, weil ich es nicht anders verdient<br />

hab‘. Ohne Handyempfang, versteht<br />

sich. Aber keine Sorge, ich hab’ euch<br />

eh lieb.<br />

Affe mit Pfoten auf den Augen-Emoji.<br />

tulej@dasbiber.at<br />

GESICHTSMASKE<br />

AUS DER HÖLLE<br />

Da ich ein Opfer des Kapitalismus,<br />

des Konsums und der Werbung bin,<br />

falle ich regelmäßig auf Beautytrends<br />

rein. So wie letztens auf<br />

diese Tuch-Gesichtsmasken mit<br />

Tiermotiv. Du kannst dir im Nullkommanichts<br />

einen Tiger, Panda<br />

oder einen Koala auf dein Gesicht<br />

klatschen - pflegt deine Haut und<br />

sieht auch noch süß aus. Dachte<br />

ich zumindest. Auf der Verpackung<br />

strahlte mir ein süßer Panda entgegen.<br />

Kaum hatte ich aber die Maske<br />

auf mein Gesicht geklatscht, fing<br />

meine Haut an zu brennen.<br />

Dazu sah ich aus wie ein mittelalterlicher<br />

Heiler mit Pest im<br />

Endstadium.<br />

Oder ein Clown aus einem Low-<br />

Budget-Horrorfilm. Sucht es euch<br />

aus: Das wunderbare Ergebnis<br />

könnt ihr am Foto betrachten. Was<br />

lernen wir daraus? Kauft keine<br />

Gesichtsmasken an polnischen<br />

Tankstellen. Es wird nicht gut<br />

gehen.<br />

Sie waren bis dato eher für Papas<br />

reserviert, die am Sonntag einen<br />

Radausflug ins Grüne gemacht<br />

haben. Oder für die Tour de<br />

France. Aber dieses Jahr sah man<br />

kein Kleidungsstück öfter auf den<br />

Fashion Weeks rund um den Globus,<br />

als die Radlerhose. Die engen<br />

Hosen, die bis zum Knie gehen,<br />

mögen am Laufsteg gut aussehen<br />

– kombiniert mit Sakko und<br />

High-Heels. Aber wenn ihr euch<br />

im Alltag schon die Mühe macht,<br />

euch so zu stylen, dann zieht euch<br />

doch etwas an, das nicht aussieht<br />

wie eine lange Unterhose. Außer<br />

ihr seid Hailey Baldwin. Oder ein<br />

Familienvater über 50. Dann dürft<br />

ihr nämlich auch diese länglichen<br />

Sonnenbrillen tragen, die sowohl<br />

Hailey als auch jeder Papa besitzt.<br />

Marko Mestrović, instagram.com/kyliejenner, bereitgestellt<br />

60 / LIFESTYLE /


FRECHE FRÜCHTE AUS DER FERNE<br />

Vahdeta und ihre Exoten: Was<br />

wie ein Märchentitel klingt, ist<br />

die Geschichte einer jungen<br />

Bosnierin, die seit kurzem in<br />

Wien lebt und hier Karriere<br />

im Obstbusiness macht - was<br />

hat es mit den Exoten auf sich<br />

und wie passen Mango und<br />

Reis zusammen?<br />

©SPAR/Krug<br />

Hast du schon mal was von Tamarinde, Mangostane<br />

oder Pitahaya gehört? Nein? Zugegeben: Die Tamarinde<br />

sieht aus wie eine seltsam geratene Erdnuss<br />

und die Pitahaya schreckt durch ihre schrille, pinke<br />

Farbe auch erstmal eher ab. Wir haben im Rahmen<br />

der Ausstellung zu exotischen Pflanzen und Früchten<br />

im Palmenhaus Schönbrunn, die gemeinsam<br />

von Lehrlingen von SPAR und den Bundesgärten auf<br />

die Beine gestellt wurde, die kulinarischen „Exoten“<br />

gekostet und uns so von ihrer Genießbarkeit überzeugen lassen.<br />

Dabei haben wir auch Vahdeta kennengelernt. Sie ist 18<br />

Jahre alt und im dritten Lehrjahr zur Einzelhandelskauffrau mit<br />

dem Schwerpunkt Feinkostfachverkauf bei SPAR. Die gebürtige<br />

Bosnierin wohnt erst seit drei Jahren in Österreich - mit biber<br />

hat sie über ihre Anfangszeit in Wien gesprochen und uns ihre<br />

Lieblingsfrucht samt Rezeptidee verraten:<br />

„Mein Gebietsleiter hat mein Leben gerettet“<br />

Du bist in Brčko aufgewachsen und im Alter von 15 Jahren mit<br />

deiner Mutter und deiner Schwester nach Wien gekommen. Wie<br />

kam es dazu und wie bist du bei SPAR gelandet?<br />

VAHDETA: Meine Mama hatte in Bosnien drei Jobs, was wirklich<br />

hart war. Sie hat früher schon einmal in Graz gelebt, deshalb sind<br />

wir wieder zurückgekommen. Am Anfang – da war ich erst seit<br />

ein paar Monaten in Wien und konnte noch nicht so gut Deutsch –<br />

habe ich erst mal nur samstags bei SPAR gearbeitet. Nach kurzer<br />

Zeit durfte ich dann die Lehre anfangen. SPAR hat mir ziemlich<br />

geholfen, in Wien Fuß zu fassen. Mein Gebietsleiter hat mir mein<br />

Leben gerettet, sag ich mal so. Er hätte auch sagen können „Du<br />

kannst nicht gut genug Deutsch und tschüss.“ Dafür bin ich schon<br />

sehr dankbar.<br />

Gibt es bosnische Früchte, die man hier in Österreich nicht<br />

bekommt?<br />

In Bosnien haben wir mehrere Sorten von Kirschen und Pflaumen.<br />

Die esse ich immer noch sehr gerne. Ich bin zwar nicht mehr so<br />

oft in Bosnien, aber meine Tante schickt uns regelmäßig ein Paket.<br />

Was sind deine Pläne für die Zukunft?<br />

Im September habe ich Lehrabschlussprüfung. Danach würde ich<br />

sehr gerne als Obst- und Gemüseabteilungsleiterin arbeiten und<br />

dann als stellvertretende Markleiterin. Ich habe große Pläne!<br />

Vahdeta (rechts) mit ihren beiden LehrlingskollegInnen auf der Eröffnungsfeier<br />

der Exotenausstellung<br />

Mango Sticky Reis<br />

ZUTATEN:<br />

80g Milchreis /<br />

Rundkornreis<br />

500ml SPAR Vital<br />

Bio-Kokosmilch<br />

2-3 EL SPAR<br />

Natur*pur<br />

Agavendicksaft<br />

1 Prise Salz<br />

1 Mango (sehr reif)<br />

Saft einer halben<br />

Limette<br />

1 TL Sesam<br />

ZUBEREITUNG:<br />

Den Milchreis zusammen mit der Kokosmilch, dem Agavendicksaft<br />

und einer Prise Salz in einen Topf geben und<br />

bei mittlerer Hitze zum Köcheln bringen. Dabei immer<br />

wieder umrühren, um zu verhindern, dass der Reis anklebt.<br />

Sobald dieser kocht, die Temperatur reduzieren und auf<br />

sehr kleiner Flamme für ca. 30 Minuten köcheln lassen.<br />

Dabei umrühren nicht vergessen!<br />

Währenddessen die Mango vom Kern lösen und zusammen<br />

mit dem Saft einer halben Limette in einem Mixer o.Ä.<br />

pürieren und im Kühlschrank kaltstellen. Den fertigen Reis<br />

mit Hilfe eines kleinen Schälchens in Form bringen und auf<br />

einen Teller stürzen. Mit Mango und Sesam garnieren.<br />

© Mara Hohla (@stadtmaerchen)<br />

62 / MIT SCHARF /


DEN TAG BEKOMMST<br />

DU GEBACKEN.<br />

Der Duft von gemahlenem Kaffee liegt in der Luft und – was ist das?<br />

Riechst du hier frisch Aufgebackenes? Deine Nase liegt richtig.<br />

Denn jetzt gibt es bei McCafé Topfengolatschen, Schoko-Croissants, Apfel-Gitter und Croissants!<br />

Mehlzeit! Äh… Mahlzeit!<br />

© 20<strong>19</strong> McDonald’s. Verfügbar in allen McCafés, solange der Vorrat reicht.


KULTURA NEWS<br />

Klappe zu und Vorhang auf!<br />

Von Nada El-Azar<br />

Filmtipp<br />

Willem Dafoe ist<br />

Vincent van Gogh<br />

MEINUNG<br />

Ein mörderisches<br />

Angebot<br />

Eine Lehrerin sagte einmal, die wahren<br />

Faulen machen ihre Aufgaben sofort,<br />

damit sie bis zum Schluss faulenzen<br />

können. Leider gehöre ich nicht dazu.<br />

Vom Schönschreiben bis zur Bachelorarbeit<br />

habe ich immer alles in letzter<br />

Sekunde gemacht. Sogar diese Kolumne!<br />

Aber meistens gut. Um mein bewährtes<br />

Prokrastinationssystem zu füttern, habe<br />

ich mir wieder Netflix zugelegt. Und mit<br />

größter Sensationslust „bingewatche“ ich<br />

eine Serienkiller-Doku nach der nächsten.<br />

Klar, da geht’s meistens um abscheuliche<br />

Typen, die massenweise Frauen umgebracht<br />

haben. Aber dieses mörderische<br />

Angebot (haha!) wäre ja nicht so groß,<br />

gäbe es nicht die Nachfrage. Und die<br />

kommt – nicht überraschenderweise – von<br />

jungen Frauen. Lady Gagas berühmte<br />

Aussage, Social Media sei die Toilette des<br />

Internet, hat sich bei meiner Recherche<br />

über Ted Bundy wieder einmal bestätigt.<br />

Da gibt es tatsächlich tausende junge<br />

Frauen, die ihre wildesten Fantasien mit<br />

dem (mindestens!) 30-fachen Mörder<br />

ausleben würden. Und das ist nicht genug.<br />

Sich zu Verbrechern hingezogen zu fühlen,<br />

heißt übrigens „Hybristophilie“. Und unter<br />

dem gleichnamigen Reddit-Thread musste<br />

ich feststellen, dass viele dieser Hybristophilen<br />

genauso begonnen hatten wie ich:<br />

mit Serienkiller-Dokus. Und wo endet das?<br />

Hochzeit mit einem Insassen. Genug! Ich<br />

steig dann mal auf Kochshows um.<br />

Beschwerden an: el-azar@dasbiber.at<br />

Buchtipp<br />

ZIEGELBRENNEN<br />

<strong>19</strong>44 flieht der mit der Kroatin<br />

Ruzmarinka verheiratete Donauschwabe<br />

Raimund Quendler<br />

mit seiner Familie von Slawonien<br />

nach Österreich. 2015 steht<br />

die polnische Künstlerin Asja<br />

Szczakowska an dem zur Abwehr<br />

von Flüchtlingen errichteten<br />

Grenzzaun zwischen Ungarn und<br />

Kroatien. Ziegelbrennen, der<br />

Roman von Christian Lorenz Müller,<br />

ist ein Roman über Flucht,<br />

Anpassung und das Fremdsein<br />

– vom zweiten Weltkrieg über<br />

die Jugoslawienkriege bis zur<br />

Flüchtlingswelle 2015.<br />

„Ziegelbrennen“ von Christian<br />

Lorenz Müller, Otto Müller Verlag<br />

Julian Schnabls hochkarätig besetzte Filmbiographie<br />

„Van Gogh - An der Schwelle<br />

zur Ewigkeit“ ist eine faszinierende Reise<br />

in den Körper und Geist von Vincent van<br />

Gogh, der trotz Skepsis, Wahnsinn und<br />

Krankheit einige der beeindruckendsten<br />

und gefeiertsten Kunstwerke der Welt<br />

erschuf. Neben Willem Dafoe, der für seine<br />

Rolle als van Gogh für den Oscar in der<br />

Kategorie “Bester Schauspieler” nominiert<br />

wurde, sind Mads Mikkelsen, Oscar Isaac<br />

und Emmanuelle Seigner mit dabei.<br />

Filmstart: <strong>19</strong>. <strong>04</strong>. 20<strong>19</strong><br />

Mark Rothko im KHM<br />

Mark Rothko (<strong>19</strong>03 – <strong>19</strong>70) gehört zu den bedeutendsten<br />

Künstlern des 20. Jahrhunderts. Am<br />

bekanntesten ist der Amerikaner als Wegbereiter<br />

der Farbfeldmalerei. Nun werden über vierzig seiner<br />

Hauptwerke erstmals in Österreich ausgestellt.<br />

Stark beteiligt an der Ausstellungsgestaltung waren<br />

seine Kinder, Christopher und Kate Rothko. Das<br />

sollte man sich nicht entgehen lassen!<br />

Bis 30. Juni 20<strong>19</strong>, Kunsthistorisches Museum Wien<br />

Christoph Liebentritt, bereitgestellt<br />

64 / KULTURA /


FOMO („Fear of Missing Out“)<br />

war gestern!<br />

Heute reden alle von JOMO („Joy of Missing Out“)<br />

– und wie lässt es sich leichter dem Alltag entfliehen,<br />

als mit einem guten Buch? In der Festwochen<br />

into the city-Produktion „Ich bin ein Buch“ stellen<br />

WienerInnen ihr ganz persönliches Lebensbuch<br />

vor, lesen daraus und erzählen, warum es ihnen so<br />

viel bedeutet. Der Journalist Thomas Wolkinger<br />

pickt eine Auswahl der präsentierten Geschichten<br />

heraus und sammelt sie in einem Magazin.<br />

Untermalt werden die Texte von der Künstlerin<br />

Petja Dimitrova mit liebvollen Bildern, Narrativen<br />

und Comics. Als Highlight erhältst du auf<br />

der Abschlussveranstaltung am 2. Juni mit<br />

Michael Köhlmeier das gestaltete Magazin als<br />

Geschenk.<br />

Du willst dein ganz persönliches Lebensbuch<br />

vorstellen oder einfach nur dem Lesekreis<br />

lauschen?<br />

Die nächsten Termine im April sind:<br />

15. April, 24. April, 26. April<br />

Für weitere Termine und Informationen:<br />

www.vhs.at/ichbineinbuch<br />

Anmeldung per Mail: info@vhs.at<br />

Eintritt frei!<br />

Peter Friedl, Report (still), 2016, © the artist


„Ich war ein Problemkind<br />

mit guten Absichten“<br />

Er war Support für Raf Camora, ist seit November bei Sony Music<br />

unter Vertrag und hat gerade sein erstes Album „Eva&Adam“<br />

veröffentlicht: Svaba Ortak ist gerade groß im Kommen. Der<br />

Wiener Rapper hat mit uns über seine Kindheit in 1030 Wien,<br />

Deutschrap auf Spotify, seine Mutter und Ariana Grande geredet.<br />

Von Anna Jandrisevits, Fotos: Aleksandar Perić<br />

„Bitte Patschen anziehen!“,<br />

sagt jemand, als wir das Studio<br />

betreten. Svaba Ortak zieht<br />

seine Sneakers aus und schlüpft<br />

in viel zu kleine Stoffpatschen.<br />

„Aber he, pass bitte auf, dass<br />

man die nicht auf den Fotos<br />

sieht!“, ruft er dem Fotografen<br />

zu. Ich nehme im Studio von<br />

NVDW Platz, einer Gruppe von<br />

Produzenten, die hier im Keller<br />

einer Wohnungsanlage des 10.<br />

Bezirks die Hits von morgen<br />

basteln. Während die Laxenburgerstraße<br />

über ihnen langsam<br />

zur Ruhe kommt, fangen die<br />

Jungs erst mit der Arbeit an.<br />

Ohne diese Arbeit von PMC<br />

Eastblok, Doni Balkan und Stanic<br />

wäre Svaba Ortaks erstes<br />

Album mit dem Namen „Eva<br />

& Adam“ wohl nie zustande<br />

gekommen, meint er. Als ich den<br />

Wiener Rapper für ein Interview<br />

anfragte, stellte er zwei Dinge<br />

klar: Er kommt nur mit seinen<br />

Produzenten und er redet nicht<br />

über Politik.<br />

<strong>BIBER</strong>: Warum willst du nicht über Politik<br />

reden?<br />

SVABA ORTAK: Alle Journalisten wollen<br />

immer nur über Politik reden. Das nervt. Ich<br />

bin Rapper und will über meine Musik sprechen,<br />

nicht über Politik. Interviews gebe ich<br />

eigentlich auch nicht, aber mit biber habe<br />

ich in der Vergangenheit gute Erfahrungen<br />

gemacht. Das Magazin lag damals schon in<br />

meiner Schule, also kenne ich es schon seit<br />

meiner Jugend.<br />

Wie hast du deine Kindheit und Jugend in<br />

Erinnerung?<br />

Sehr schön. Ich war ein Problemkind mit<br />

guten Absichten. Ich wollte nie jemandem<br />

etwas Böses, war aber immer ehrlich. So<br />

wie Kinder eben sind. Irgendwann bin ich da<br />

rausgewachsen und meine Eltern haben mir<br />

Manieren beigebracht.<br />

Woher stammen deine Eltern?<br />

Meine Mutter ist aus Bosnien und mein Vater<br />

aus Montenegro. Er kam schon vor dem<br />

Krieg nach Wien und hat hier als Bauarbeiter<br />

gearbeitet. Als es unten zu brodeln begonnen<br />

hat, ist meine Mutter nachgekommen.<br />

Sie haben sich im 3. Bezirk angesiedelt und<br />

zwei Jahre später kam ich auf die Welt. In<br />

der Rudolfsstiftung, wenn du’s genau wissen<br />

willst. Das Stockwerk weiß ich nicht mehr<br />

(lacht).<br />

Bevor ich die nächste Frage stellen kann,<br />

unterbricht mich Svaba Ortak mit einem<br />

kurzen „Wart kurz!“ und dreht sich zum<br />

Computer, der zwischen zwei Musikboxen<br />

auf dem Tisch steht. Er steigt ins Internet,<br />

klickt auf YouTube und gibt „Vlado Georgiev“<br />

(serbischer Sänger; Anm. d. Red.) in<br />

die Such-Zeile ein. „Spielen wir bisschen<br />

Musik im Hintergrund ab. Jugo-Balladen<br />

sind das Geilste!“, sagt er. Das Interview<br />

wird anschließend von stimmungsvollen<br />

Balkan-Klängen begleitet.<br />

Kam für dich je ein „normaler“ Job infrage?<br />

Ja, natürlich. Rapper zu werden war lange<br />

Zeit nur ein zweites Standbein. Ich war auf<br />

der Grafischen und danach habe ich keinen<br />

Job in der Branche gefunden. Also bin ich<br />

direkt andere Berufswege gegangen. Ich<br />

habe in jedem Bereich gearbeitet, den man<br />

sich vorstellen kann. Es fehlt nur noch der<br />

Dönerstand. In Museen war ich zum Beispiel<br />

für die Reinigung zuständig und da haben<br />

mich viele Leute erkannt.<br />

Wirst du oft erkannt?<br />

Jeden Tag. Früher wollte jeder ein Autogramm,<br />

heute geht’s nur noch um ein Foto.<br />

Aber das bestätigt mir, dass ich meine Arbeit<br />

gut mache. Ich kann mich erinnern, als ich<br />

2010 das erste Mal auf dem Westbahnhof<br />

erkannt wurde und mir jemand sagte, dass<br />

er meinen Song feiert. Ich hatte keinen Plan<br />

wer der Typ war, aber das war die Bestätigung,<br />

die ich gebraucht habe, um weiterzumachen.<br />

66 / KULTURA /


„<br />

Rapper kriegen<br />

kein Echo in<br />

diesem Land<br />

“<br />

Der Künstlername Svaba Ortak stammt aus dem serbischen Film „Rane“ (<strong>19</strong>98).<br />

/ KULTURA / 67


„Alle Journalisten wollen immer nur über Politik reden. Das nervt.“<br />

Wie kam es zu dem Künstlernamen<br />

Svaba Ortak?<br />

Der Name stammt aus dem serbischen<br />

Film „Rane“ (<strong>19</strong>98). Im Film geht es um<br />

zwei Hawaras, die Svaba und Pinki heißen.<br />

Ich habe damals mit einem meiner<br />

besten Freunde angefangen zu rappen,<br />

er hat sich den Namen Pinki gegeben<br />

und ich mir den Namen Svaba. Und jetzt<br />

bin ich Svaba Ortak, niemand sonst.<br />

Warum heißt dein Album „Eva & Adam“<br />

anstatt „Adam & Eva“?<br />

Die Frau hat in meiner Familie einen<br />

hohen Stellenwert. Ich sehe das vor<br />

allem bei meinen Eltern, die Frau ist das<br />

Allerwichtigste. Und da dieses Album ein<br />

Geschenk an meine Eltern ist, habe ich<br />

das Album „Eva & Adam“ genannt. Wenn<br />

man sich das Album anhört, weiß man<br />

definitiv, warum es so heißt.<br />

Hat dein Leben einen starken Einfluss<br />

auf das Album?<br />

Mein Gott, auf jeden Fall. Es geht<br />

hauptsächlich um mich und persönliche<br />

Geschichten, die ich über die Jahre<br />

erlebt habe. Es geht auch um meine<br />

Eltern, meine Freunde und meine Liebe<br />

zur Musik. Auch um Probleme, mit denen<br />

der normale Gastarbeiter zu kämpfen<br />

hat. Das Album ist meine Autobiografie,<br />

aus jedem Song hört man einen Auszug<br />

meines Lebens. Der Song „Südbahnhof“<br />

zum Beispiel, der von PMC Eastblok,<br />

Doni Balkan und Manilo produziert<br />

wurde, beschreibt eine Liebesgeschichte<br />

von zwei Menschen, die nach Österreich<br />

kommen, ohne ein Wort Deutsch<br />

zu sprechen und es trotzdem schaffen,<br />

ein Leben aufzubauen. Es ist die „Eva &<br />

Adam“ Geschichte.<br />

Was bedeuten deine Produzenten für<br />

dich?<br />

Jeder Song ist wie ein Haus. Ich grabe<br />

und lege das Fundament, während die<br />

Produzenten den Beton mischen und ihn<br />

ins Fundament gießen. Dann beginne ich<br />

eine Mauer zu bauen, ich schreibe also<br />

den Text. Das Dach machen wir zusammen,<br />

indem wir den Song mixen und<br />

mastern. PMC, Doni und Stanic haben<br />

den musikalischen Faden der Geschichte<br />

kreiert. Deswegen rede ich die ganze<br />

Zeit von „unserem“ Projekt. Deswegen<br />

schleppe ich sie hier auch mit, weil<br />

wir das Album gemeinsam erschaffen<br />

haben. Das ist mir sehr wichtig. Früher<br />

hat ein Rapper ein Lied veröffentlicht und<br />

niemand wusste, wer es produziert hat.<br />

Mittlerweile genießen manche Produzenten<br />

denselben Status wie Rapper.<br />

Wenn ich ihnen das durch meine Stimme<br />

ermöglichen kann, ist mir das nur recht.<br />

Und wenn man dann auch noch befreundet<br />

ist und über alles reden kann, ist das<br />

ein Jackpot.<br />

Warum ist Deutschrap momentan so<br />

erfolgreich?<br />

Das hat viel mit den Streamingdiensten<br />

zu tun. Jeder hat ein Smartphone und<br />

dadurch rund um die Uhr schnellen<br />

Zugang zu Musik. Anfangs dachte ich,<br />

dass Spotify & Co uns alle in den Ruin<br />

treiben werden. Aber das Gegenteil ist<br />

der Fall, Deutschrap explodiert und ist<br />

so angesagt wie nie zuvor. Die Rapper<br />

gehen mittlerweile so oft Gold, dass sie<br />

keinen Platz mehr an der Wand haben.<br />

Und das ist gut so. Denn Musik wird den<br />

Menschen immer helfen. Musik ist wie<br />

eine Schulter, die Halt gibt.<br />

In deinen Texten geht’s auch um Drogen<br />

und Gewalt. Siehst du das problematisch?<br />

Jeder trägt sein Kreuz selbst. Ob meine<br />

Songs einen Einfluss auf die Hörer<br />

haben, kann ich nicht bestimmen. Mir<br />

war immer wichtig, dass ich jetzt keine<br />

brutal frauenverachtenden Texte rappe.<br />

Ich bin keinesfalls ein weißes Schaf, ich<br />

bin definitiv schwarz. Aber richtig brutale<br />

Texte sind nicht mein Ding. Ich bin ein<br />

einfacher Typ aus einer einfachen Stadt<br />

mit einem einfachen Leben. Und von<br />

68 / KULTURA /


dem erzähle ich.<br />

Viele Rapper stehen Medien kritisch<br />

gegenüber. Du auch?<br />

Ich und viele andere Rapper hatten nie<br />

das Gefühl, von den Medien unterstützt<br />

zu werden. Nie kam ein Echo, wenn man<br />

einen Song rausgebracht hat. Selbst mit<br />

Videos, die teilweise 300.000 Klicks auf<br />

YouTube knacken, kriegen Rapper kein<br />

Echo in diesem Land. Ich verstehe nicht,<br />

warum. Es ist ja nicht so, als würden wir<br />

das nicht wollen.<br />

Du bist jetzt bei Sony Music unter Vertrag.<br />

Hast du dich seit deinen Anfängen<br />

als Rapper verändert?<br />

Nein. Ich fahre immer noch mit der<br />

Straßenbahn. Wieso sollte ich mich<br />

verändern? Ich habe höchstens gelernt,<br />

mehr Verantwortung zu übernehmen und<br />

nicht überheblich zu sein. Ich hatte früher<br />

Momente, wo ich mich gefühlt habe<br />

wie der beste Rapper der Welt. Aber da<br />

hat mein Bruder nur einmal „Halt die<br />

Fresse!“ sagen müssen und ich war ganz<br />

schnell wieder am Boden.<br />

Hast du deinen Eltern das Album vorgespielt?<br />

Das mache ich morgen, wenn ich das<br />

Album das erste Mal in den Händen<br />

halte. Meine Mutter wird es sicher lieben,<br />

sie ist mein größter Fan. Wenn ich ihr<br />

Plakate von mir bringe, macht sie Fotos<br />

davon und schickt es den Verwandten<br />

in Montenegro und Bosnien. Sie<br />

hat sich extra eine Google Play Karte<br />

geholt, damit sie meine Lieder kaufen<br />

kann. Mein Vater ist natürlich auch sehr<br />

stolz, aber er sagt dauernd, ich soll auf<br />

Serbisch rappen, damit die Verwandten<br />

meine Texte auch verstehen (lacht).<br />

Ein Vogel hat mir gezwitschert, dass du<br />

Ariana Grande feierst...<br />

Ich würde diese Frau sofort heiraten<br />

(lacht). Es ist eine komplett andere Musikrichtung,<br />

aber ihre Lieder und Vocals<br />

haben mich bei den Mix- und Master-<br />

Arbeiten zum Album sehr inspiriert. Sie<br />

macht alles sehr gezielt. Das gefällt mir.<br />

Was hast du aus diesem Album gelernt?<br />

Ich glaube, wir haben in diesen drei<br />

Jahren sehr viel gelernt, vor allem in<br />

Bezug auf unsere Arbeitsmoral. Wie wir<br />

mit bestimmten Dingen umgehen, uns<br />

gegenseitig behandeln und miteinander<br />

kommunizieren. Wir sind mit diesem<br />

Album sehr gereift. Vor einem zweiten<br />

Album habe ich deshalb überhaupt keine<br />

Angst mehr. Nur Ehrfurcht. ●<br />

„Mein Vater sagt dauernd, ich soll auf serbisch rappen.“<br />

18. Mai 20<strong>19</strong><br />

Campus der Universität<br />

Wien, Hof 1<br />

FREIER EINTRITT<br />

Mit YASMO UND DIE KLANGKANTINE<br />

www.suedwind.at/strassenfest


„Die Leiden des jungen Todor“<br />

Von Todor Ovtcharov<br />

Beschwerdebrief<br />

Wenn man in Österreich einen Deutschkurs<br />

macht und eine der Niveaustufen<br />

bewältigen will, muss man lernen,<br />

einen Beschwerdebrief zu schreiben. Das ist<br />

nicht leicht, da man lernen soll, sich schriftlich zu<br />

beschweren. Im Lehrbuch gibt es einen Musterbrief.<br />

Dort geht es um einen Herrn Schmidt, der<br />

auf Urlaub in Mallorca war. Sein Bad war schimmlig,<br />

im Hotelrestaurant gab es keine frischen Pfirsiche<br />

und statt guter deutscher Musik musste Herr<br />

Schmidt lästigen Flamenco hören. Im Flugzeug saß<br />

Herr Schmidt neben einem weinenden Baby und<br />

konnte nicht schlafen und statt 150 Meter musste<br />

er genau 275 Meter zum Strand gehen, deswegen<br />

ist er nach seinem Urlaub müde und gar nicht<br />

entspannt.<br />

Für einen Menschen, der in Osteuropa geboren<br />

ist, ist so einen Beschwerdebrief zu schreiben eine<br />

Riesenherausforderung. Vielleicht hilft das Schreiben<br />

von Beschwerdebriefen zur Entwicklung der<br />

bürgerlichen Gesellschaft, doch der Ostmensch<br />

betrachtet das ganz skeptisch. Im Unterschied zum<br />

Herrn Schmidt glaubt er, dass sein Beschwerdebrief<br />

gar nichts ändern wird: Der Schimmel im Bad<br />

wird bleiben, im Restaurant wird es weiterhin keine<br />

Pfirsiche geben und das Hotel wird sich nicht dem<br />

Strand nähern. Das mit dem Flamenco ist auch<br />

vollkommen absurd. Wenn Herr Schmidt keinen<br />

Flamenco hören will, dann soll er auch nicht nach<br />

Spanien fahren!<br />

Auf Bulgarisch sagt man: “Beschwer dich<br />

beim armenischen Popen!”. Das bedeutet: Sowohl<br />

mündliche als auch schriftliche Beschwerden sind<br />

sinnlos, denn derjenige, der auf deine Beschwerden<br />

hören muss, den gibt es gar nicht. Höchstens<br />

wirst du ausgelacht. Das habe ich mal persönlich<br />

erlebt: Ich habe vor vielen Jahren auf der bulgarischen<br />

Schwarzmeerküste gearbeitet. Ein deutscher<br />

Tourist beschwerte sich, dass in der Toilette<br />

Klopapier gefehlt hat. Der Geschäftsführerin vom<br />

Hotel war das vollkommen egal: “Deutschland ist<br />

groß”, sagte sie, “Der mag vielleicht nicht wiederkommen,<br />

aber sein Nachbar kommt!”.<br />

Vielleicht schreiben wir deshalb keine<br />

Beschwerdebriefe. Wir glauben, dass sie uns nur<br />

schaden können, ein böser Beamter wird sie sehen<br />

und sagen: „Wenn es dir nicht gefällt, dann bleib<br />

zu Hause!“. Und dann werden wir abgeschoben.<br />

Ein Schuldkomplex verfolgt uns. Dabei könnten wir<br />

eigentlich so schöne Beschwerdebriefe schreiben,<br />

die selbst Herrn Schmidt zum Erröten bringen<br />

würden. Denn wir sehen Ungerechtigkeiten, die<br />

gewöhnliche Österreicher nicht sehen. Die soziale<br />

Ungerechtigkeit und der Alltagsrassismus und<br />

weniger das Fehlen von frischen Pfirsichen im<br />

Hotelrestaurant.<br />

Die Übung mit dem Schreiben eines Beschwerdebriefs<br />

schaffen viele ganz gut. Das heißt, dass<br />

wir unsere Rechte eigentlich ganz gut kennen.<br />

Trotzdem schreiben wir keine Beschwerdebriefe. ●<br />

70 / MIT SCHARF /


#WeAreMusical<br />

Foto VBW © Oliver Gast 2018<br />

DAS MUSICAL MIT DEN HITS VON<br />

RAINHARD FENDRICH<br />

REGIE<br />

Andreas Gergen<br />

BUCH<br />

Titus Hoffmann<br />

Christian Struppeck<br />

TICKETS UM € 15,–<br />

Online ab zwei Stunden vor Vorstellungsbeginn für Schüler, Studenten, Lehrlinge und Präsenzdiener<br />

EDU.MUSICALVIENNA.AT<br />

NUR NOCH BIS JUNI 20<strong>19</strong><br />

© THE BODYGUARD (UK) LTD. Designed by DEWYNTERS


MAGAZIN 1 MO bis FR 18:10<br />

ZIB 18 18:00<br />

ZIB NACHT 23:00

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