Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Österreichische Post AG; PZ 18Z<strong>04</strong>1372 P; Biber Verlagsgesellschaft mbH, Museumsplatz 1, E 1.4, 1070 Wien<br />
www.dasbiber.at<br />
MIT SCHARF<br />
FRÜHLING<br />
20<strong>19</strong><br />
EUda!<br />
dasbiber.at<br />
WENN GEBURT<br />
TRAUMATISIERT<br />
KINDHEIT OHNE PAPA + SVABA ORTAK + BAD MOMS AUF INSTA
Europawahl<br />
26. Mai<br />
spoe.at<br />
ZUSAMMENHALTEN<br />
ODER SPALTEN?<br />
Europa braucht<br />
eure Antwort.<br />
Das gemeinsame Europa hat uns Frieden, Stabilität und Zusammenhalt gebracht. Obwohl in der EU nicht<br />
alles perfekt ist, ist es viel besser, wenn wir gemeinsam zusammenarbeiten, als wenn wir austreten.<br />
Derzeit haben jedoch die Rechten in Europa viel Zulauf. Sie wollen Europa spalten und gefährden die gute<br />
Zusammenarbeit. Deshalb braucht es ein starkes Gegengewicht zum Rechtsruck in Europa.
3<br />
minuten<br />
mit<br />
Marcos<br />
Nader<br />
Der österreichische Boxer Marcos<br />
Nader hat sich seine Achillessehne<br />
verletzt – und das nicht im Ring,<br />
sondern weil er dem Kinderwagen<br />
nachgerannt ist. Wir haben mit<br />
dem Box-Champion über seine<br />
kleine Tochter, Frauenboxen und<br />
seine Jugend mit Widersacher Gogi<br />
Knezevic gesprochen.<br />
Von Aleksandra Tulej, Foto: Marko Mestrović<br />
<strong>BIBER</strong>: Du hast eine einjährige Tochter.<br />
Bist du verletzlicher geworden, seitdem<br />
du Vater bist?<br />
MARCOS NADER: Überhaupt nicht. Ich<br />
freue mich einfach immer sehr, meine<br />
Tochter zu sehen, wenn ich abends<br />
nach Hause komme.<br />
Wie macht ihr das mit der Kinderbetreuung?<br />
Wie teilst du dir das mit<br />
deiner Frau auf? (Anm.d.Red.: Sandra<br />
Nader ist Ex-Miss Vienna und Polizistin)<br />
Das macht meine Frau. Sie ist jetzt in<br />
Karenz, das ist jetzt ihre Arbeit.<br />
Was würdest du sagen, wenn deine<br />
Tochter auch Profiboxerin werden will?<br />
(lächelt) Ich schicke sie zum Tennis.<br />
Ist ja auch ein schöner Sport mit viel<br />
Bewegung.<br />
Wieso nicht Boxen?<br />
Im Ernst jetzt: Sie kann auf jeden Fall<br />
Boxen gehen, also trainingsmäßig.<br />
Aber ich würde nicht wollen, dass sie<br />
Wettkämpfe macht. Ich finde Frauenboxen<br />
sehr gut. Das bieten wir bei uns im<br />
Bounce (Anm. d. Red.: Bounce Boxclub<br />
in Ottakring) ja auch an. Aber muss<br />
nicht unbedingt sein, dass meine Tochter<br />
Profiboxerin wird. Aber bis dahin ist<br />
ja noch viel Zeit.<br />
Apropos Profiboxen: Du und Gogi Knezevic<br />
kennt euch ja nicht seit gestern.<br />
Von den Medien werdet ihr als Erzfeinde<br />
präsentiert. Wie habt ihr euch<br />
kennengelernt?<br />
Wir kennen uns seit 20<strong>04</strong>. Wir haben<br />
uns früher schon gut verstanden. Dazu<br />
gibt es eine lustige Geschichte: Wir<br />
müssen so 14 Jahre alt gewesen sein.<br />
Wir haben im selben Boxclub in Wien<br />
geboxt und so ein riesiger, muskulöser<br />
Typ dort hat mir meine Geldbörse<br />
gestohlen. Ich bin dann diesem 1,95<br />
Typ nachgelaufen und Gogi ist mitgelaufen<br />
- wir beide mit unseren 14<br />
Jahren. Wir haben uns also wie gesagt<br />
ganz gut verstanden.<br />
Und warum versteht ihr euch heute<br />
nicht mehr?<br />
Als wir dann Profis wurden, hat er<br />
auf einmal was gegen mich gehabt.<br />
Der Grund war wahrscheinlich, weil<br />
ich einen Boxvertrag in Deutschland<br />
bekommen habe und ein bisschen öfter<br />
und präsenter in den Medien war als<br />
er. (lacht)<br />
Alter: 29<br />
Geburtsort: Ibiza<br />
Stil: Linksauslage<br />
Besonderes: Marcos gibt uns sein<br />
Interview im Liegen, während sein<br />
Physiotherapeut ihm die Achillessehne<br />
massiert. Der Boxer hat sich die Sehne<br />
nicht bei einem Boxkampf verletzt,<br />
sondern weil er seinem Kinderwagen<br />
nachgerannt ist, der auf der Straße<br />
wegrollte.<br />
/ 3 MINUTEN / 3
3 3 MINUTEN MIT<br />
MARCOS NADER<br />
Der Box-Champion über das Vatersein und<br />
Frauenboxen.<br />
8 IVANAS WELT<br />
Was haben Jugofamilien mit Geheimdiensten<br />
gemeinsam? Ivana liefert Antworten.<br />
POLITIKA<br />
10 „EUDA, WOZU?“<br />
SchülerInnen stellen PolitikerInnen ihre Fragen<br />
zur EU-Wahl. Wir haben die Antworten.<br />
15 EU, WE LOVE YOU<br />
Roaming, Euro und Erasmus – wie wäre<br />
das Leben ohne die EU?<br />
20 „HERR VURAL, WIE OFT<br />
HABEN SIE IN IHREM LEBEN<br />
ALKOHOL GETRUNKEN?“<br />
Biber fragt in Worten, Präsident der IGGÖ Ümit<br />
Vural antwortet in Zahlen.<br />
30<br />
AUFWACHSEN<br />
OHNE VATER<br />
Praktikant Stefan<br />
erzählt über seine<br />
Kindheit ohne Papa<br />
– und warum ihm<br />
eine Vaterfigur sehr<br />
gefehlt hat.<br />
22 DAS INTIME IST POLITISCH<br />
Was bei unserem Geburtssystem falsch läuft.<br />
26 „ICH VERMISSE MEIN KIND.“<br />
Umweltministerin Elisabeth Köstinger im<br />
Interview über den Spagat zwischen Politik und<br />
Muttersein.<br />
IN<br />
RAMBAZAMBA<br />
30 „DER PAPA IST NICHT DA!“<br />
Unser Praktikant Stefan erzählt, wie es für ihn<br />
war, ohne Vater aufzuwachsen.<br />
34 DIE BAD MOMS VON<br />
INSTAGRAM<br />
Die It-Girls Bonnie Strange und Valentina<br />
Belleza wollen keine Dinkel-Muttis sein.<br />
34<br />
BAD MOMS<br />
Genug von<br />
perfekten<br />
Insta-Muttis<br />
37 HEY BABY!<br />
Angehende Supermama Jelena will sich die<br />
Vorfreude aufs Kind nicht verderben lassen.<br />
38 MY BREAST FRIENDS<br />
Biber-Kolumnistin Ivana gibt den ultimativen<br />
Survival-Guide für alle frischgebackenen<br />
Mamas.<br />
43 GUT ZU WISSEN<br />
Vier knackige Tipps für alle Eltern, die das<br />
Leben erleichtern.
44 „MEIN MANN BETRÜGT<br />
MICH UND ICH LIEBE IHN“<br />
Warum bleiben viele Paare nach einer Affäre<br />
zusammen?<br />
KARRIERE<br />
48 EINFACH AUSPROBIEREN<br />
Powerfrau Andrea über die Tücken des<br />
Erwachsenwerdens.<br />
STILLHÜT-<br />
CHEN & CO<br />
Nippelsalbe,<br />
Wöchnerinnen-<br />
Binden und<br />
Milchpumpen:<br />
Biber-Kolumnistin<br />
Ivana hat den Survival<br />
- Guide für<br />
Neo-Eltern zusammengestellt.<br />
HALT FRÜHLING<br />
20<strong>19</strong><br />
10<br />
38<br />
GEBT IHNEN DAS MIKROFON!<br />
Wenn SchülerInnen und PolitikerInnen<br />
aufeinandertreffen: Die wichtigsten Fragen<br />
zur EU-Wahl beantwortet.<br />
Marko Mestrović, Elsa Okazaki, privat, my breast friend - Elsa Okazaki, COVER: Marko Mestrović<br />
50 „WIE TANYA MÜSSEN WIR<br />
SEIN.“<br />
Die afghanische Journalistin Tanya Kayhan<br />
im Porträt.<br />
52 BIO-DELIKATESSEN MIT<br />
SOZIALEM PLUS<br />
Die Selbermacher von BioBalkan bringen Gutes<br />
von „unten“ in unsere Mägen – in Bio-Qualität!<br />
52 TYPISCH MÄDCHEN<br />
Warum Jungs es immer besser hatten und<br />
warum wir das ändern müssen.<br />
56 TEENIE-MAMA UND<br />
TECHNIKTALENT<br />
Wie Jungmama Melanie Arbeit und Kind<br />
unter einen Hut gebracht hat.<br />
TECHNIK<br />
58 WORLD WIDE WEG<br />
Kolumnist Adam über die dunklen digitalen<br />
Machenschaften von China und Russland.<br />
LIFESTYLE<br />
60 KEIN BOCK AUF AFFEN-<br />
EMOJIS<br />
Kolumnistin Aleksandra gesteht: „Ich bin<br />
asozial und emotional unfähig.“<br />
62 FRECHES FRÜCHTCHEN<br />
SPAR-Feinkostverkäuferin Vahdeta kam mit 15<br />
aus Bosnien nach Wien und machte Karriere.<br />
KULTUR<br />
64 KULTUR MIT NADA<br />
Kolumnistin Nada stöberte in den Toiletten des<br />
Internets.<br />
68 DAS PROBLEMKIND<br />
Rapper Svaba Ortak über seine Kindheit in<br />
1030 Wien und mehr.
Liebe LeserInnen,<br />
„<br />
„Intimes zu veröffentlichen ist<br />
nicht leicht. Doch die Geschichte<br />
über meine traumatisierende<br />
Entbindung ist mir ein Anliegen.<br />
Denn ich bin damit nicht die<br />
Einzige, im Gegenteil. Gewalt,<br />
Übergriff, Demütigung und<br />
Vernachlässigung erleben viele<br />
Frauen, während sie das Wunder<br />
des Lebens vollbringen. Würden<br />
Männer Kinder kriegen, sähe es<br />
im System anders aus. Da bin<br />
ich mir sicher, und Experten, ja<br />
Männer stimmen zu.“ S.22<br />
Delna Antia-Tatić “<br />
Ein frühlingshaftes Familienspecial. Wie süß. Wir müssen euch<br />
leider enttäuschen – über Familienidylle und Babyglück werdet ihr<br />
diesmal wenig lesen. Wir präsentieren euch unser wohl ehrlichstes<br />
Familienspecial ever: Wir zeigen euch, offen und ungeschönt, dass<br />
„Familie“ viele Facetten hat, und es dabei nicht immer idyllisch und<br />
rosarot zugehen muss.<br />
Wenn man zum Beispiel ohne Vater aufwächst, wie unser Praktikant<br />
Stefan in einem emotionalen Text auf Seite 30. erzählt.<br />
Oder wenn man als Neo-Mama wunde Nippel vom Stillen hat. Aber<br />
keine Sorge: Auf Seite 38 könnt ihr euch über die Must-Haves für<br />
frischgebackene Eltern informieren. Von Stillhütchen über Nippelsalbe<br />
bis Milchpumpen haben wir die ganze Checkliste abgedeckt.<br />
Und manchmal, nur manchmal, da kann man einfach nicht mehr und hat<br />
genug von Spucktüchern und vor allem von ungefragten Ratschlägen<br />
rund ums Baby. Und dann muss man ein wenig „Bad Mom“ sein – wie die<br />
„Bad Moms von Instagram“ es ab Seite 34 tun.<br />
„Würden Männer Kinder kriegen, wäre alles anders“, ist sich<br />
Chefredakteurin Delna Antia sicher. Die Jungmama schreibt ab Seite<br />
22 einen persönlichen und emotionalen Text darüber, was in unserem<br />
Geburtensystem alles falsch läuft, und warum diese Politik so schnell wie<br />
möglich geändert gehört.<br />
Aber, liebe Leute, lasst uns trotz allem Familien (Un)-Glück nicht<br />
vergessen, dass im Mai die EU-Wahlen stattfinden! Wenn ihr euch jetzt<br />
denkt „EUda, wozu soll ich da wählen?“, dann blättert doch zu unserem<br />
EU-Special.<br />
Wir haben nämlich extra aus diesem Anlass ein einmaliges Event<br />
organisiert. Unter dem Motto „EUda, wozu?“ haben wir Schüler zu einer<br />
Diskussion mit Kandidaten der großen Parteien zur EU-Wahl eingeladen.<br />
„Ich bin mit der Bim in die Schule gefahren, und wie schaut’s mit Ihnen<br />
aus?“ –. so sahen dann ungefähr die Fragen aus, die die SchülerInnen<br />
den PolitikerInnen gestellt haben. Was bei der Diskussion über Islam in<br />
Europa, Uploadfilter und den Klimawandel herauskam, lest ihr auf Seite<br />
10. Und dann soll uns noch einer sagen, Jugendliche würden sich nicht<br />
für Politik interessieren. Zumindest für <strong>BIBER</strong> tun sie es.<br />
Scharfe Bussis, die Redaktion<br />
6 / MIT SCHARF /
GUCKST DU!<br />
Biber erobert mit der neuen<br />
Videoreihe „Welt in Wien“ jetzt<br />
auch das Fernsehen. Das Ganze<br />
gibt´s ab 23.<strong>04</strong>. jeden Dienstag<br />
auf w24 in „24 Stunden Wien“<br />
zu sehen.<br />
Wenn ihr wissen wollt, wo´s<br />
den Falafel eures Lebens gibt<br />
oder wo ihr den Barbier eures<br />
Vertrauens findet, dann dürft ihr<br />
diese scharfen Stories auf keinen<br />
Fall verpassen.<br />
IMPRESSUM<br />
MEDIENINHABER:<br />
Biber Verlagsgesellschaft mbH, Quartier 21,<br />
Musuemsplatz 1, E-1.4, 1070 Wien<br />
HERAUSGEBER<br />
Simon Kravagna<br />
CHEFREDAKTEURIN:<br />
Delna Antia-Tatić<br />
STV. CHEFREDAKTEUR:<br />
Amar Rajković<br />
CHEFiN VOM DIENST:<br />
Aleksandra Tulej<br />
LEITUNG NEWCOMER:<br />
Amar Rajković & Aleksandra Tulej<br />
FOTOCHEF:<br />
Marko Mestrović<br />
KOLUMNIST/IN:<br />
Ivana Cucujkić, Todor Ovtcharov<br />
REDAKTION & FOTOGRAFIE:<br />
Soza Almohammad, Adam Bezeczky,<br />
Susanne Einzenberger, Nada<br />
El-Azar, Andrea Grman, Christoph<br />
Liebentritt,Jelena Pantić- Panić, Stefan<br />
Pscheider, Anna Jandrisevits<br />
CORPORATE SOCIAL INNOVATION:<br />
Andrea Grman (karenziert)<br />
BUSINESS DEVELOPMENT:<br />
Andreas Wiesmüller<br />
GESCHÄFTSFÜHRUNG:<br />
Wilfried Wiesinger<br />
REDAKTIONSHUNDE:<br />
Tito, Casper<br />
KONTAKT: biber Verlagsgesellschaft mbH Quartier<br />
21, Museumsplatz 1, E-1.4,<br />
1070 Wien<br />
Tel: +43/1/ 9577528 redaktion@<br />
dasbiber.at marketing@dasbiber.at<br />
abo@dasbiber.at<br />
WEBSITE: www.dasbiber.at<br />
ART DIRECTOR: Dieter Auracher<br />
LEKTORAT: Birgit Hohlbrugger<br />
CONTENT CREATION: Katja Trost<br />
CAMPAIGN MANAGEMENT&SOCIAL MEDIA<br />
Aida Durić<br />
ÖAK GEPRÜFT 1. HJ 2017:<br />
Druckauflage 85.000 Stück<br />
verbreitete Auflage 80.644 Stück<br />
DRUCK: Mediaprint<br />
www.oesterreich.gv.at<br />
Mein<br />
Digitales Amt<br />
Jetzt App<br />
downloaden!<br />
Mit App<br />
alles per Klick<br />
erledigen<br />
Entgeltliche Einschaltung<br />
Digitales Amt – Einfacher geht’s nimmer.<br />
Melden Sie Ihren Wohnsitz an oder um, beantragen Sie Ihre Wahlkarte, nutzen Sie unseren<br />
digitalen Babypoint und den automatischen Erinnerungsservice zur Verlängerung Ihres<br />
Reisepasses. Ab jetzt 24 Stunden am Tag und ganz bequem per App – von wo Sie wollen.<br />
Garantiert ohne Wartezeit und mit persönlicher Handy-Signatur.
In Ivanas WELT berichtet die biber-Redakteurin<br />
Ivana Cucujkić über ihr daily life.<br />
IVANAS WELT<br />
Ivan Minić<br />
SURVIVING JUGO-FAMILY<br />
In allen modernen Demokratien ist Privatsphäre als<br />
Menschenrecht verankert. In Jugoland we don’t do this.<br />
Ich habe reichlich Familie. Cousins, Tanten, Onkel.<br />
Ersten, zweiten, dritten und noch mehr Grades. In<br />
Wahrheit hab‘ ich also reichlich Verwandtschaft. Der<br />
gemeine Österreicher würde jetzt vielleicht zwischen<br />
Kernfamilie - also Mutter, Vater, Kind - und allen anderen<br />
(Bluts)verwandten unterscheiden. Der gemeine<br />
Jugo sieht das nicht so eng. Familienstrukturen nicht,<br />
die Privatangelegenheiten ihrer Mitglieder auch nicht.<br />
EH NUR DIE ENGSTEN…<br />
Familie heißt bei mir Geschwister meiner Eltern, deren<br />
Ehepartner, Kinder, die Kindeskinder inklusive Schwägerschaft<br />
und nochmal alles im Kreis. Die Wissenschaft<br />
spricht hier von ‚extended family household‘.<br />
Well, Gott sei Dank leben wir nicht alle in einem Haushalt.<br />
So anfühlen tut es sich trotzdem oft. ‚Extended‘<br />
sind auch die Zusammenkünfte bei diversen Anlässen.<br />
Mittlerweile eine logistische Herausforderung.<br />
Denn, selbst wenn ich mich, so wie letztens zu Babys<br />
erstem Geburtstag auf ‚eh nur die Engsten‘ einschränken<br />
möchte, unter 30 Personen steigt einfach<br />
keine Party bei uns. Andernfalls würde ich irgendwen<br />
schwerstens beleidigen.<br />
Familienfestivitätsfreie Wochenenden finden sich eh<br />
kaum bei mir im Kalender. Ein Vorteil, wenn man nicht<br />
gerne kocht. Selten verlasse ich ein Festl ohne Fresspaket<br />
für zuhause. Ein kostenloses Rundum-Sorglos-<br />
Paket, das so ein Familienverband bietet. Man wird<br />
nie hungrig und nie alleine sein. Ein Nachteil, wenn<br />
man mal alleine sein möchte. Mit seiner Privatsphäre<br />
zum Beispiel.<br />
In allen modernen Demokratien ist Privatsphäre als<br />
Menschenrecht verankert. In Jugoland we don’t<br />
do this. Ein Familienclan folgt eigenen Regeln. Dein<br />
Kaffee ist mein Kaffee oder „sve je moje tvoje“, also<br />
„alles Meine ist auch deines“ wie der Titel eines Balkan-Evergreens<br />
es auf den Punkt bringt. Ich bin gossiptechnisch<br />
also immer up to date. Welche Tante<br />
grad Beef mit der Schwiegertochter hat, dass mein<br />
zweitjüngster Cousin seine Freundin heimlich heiraten<br />
will oder der Drittälteste wegen eines Verhütungs-<br />
Hoppalas mit sechzehn fast Vater geworden wäre.<br />
Stets brühwarm serviert mit Liveticker-Charakter. Und<br />
oida, genau das ist das Problem. Ich will sowas gar<br />
nicht über meine Cousins wissen. Too much information!!<br />
MEIN TANZBEREICH, DEIN TANZBEREICH<br />
Ein gesunder, respektvoller Abstand zum Persönlichkeitsbereich<br />
des anderen gehört nicht zum ‚Bon ton‘.<br />
Übergriffigkeit tarnt sich als selbstlose Sorge um die<br />
Gemeinschaft und den Beziehungsstatus der Mitglieder.<br />
Zur Gossip-Zielscheibe kann man immer werden.<br />
Die Unverheirateten, Kinderlosen stehen dabei<br />
vorrangig im Visier. Der Kommunikationsapparat im<br />
Clan funktioniert besser als jeder Geheimdienst. Mit<br />
lückenlosem Datenaustausch und dem besten Frühwarnsystem<br />
für sich anbahnende Lebenskrisen. Kein<br />
Nachteil, wenn man nicht alleine sein möchte. Mit seinen<br />
Problemen zum Beispiel.<br />
cucujkic@dasbiber.at<br />
8 / MIT SCHARF /
EINTRITT FREI!<br />
DIE INFOTAGE FÜR<br />
ARBEITNEHMERiNNEN IN ELTERNKARENZ<br />
8. & 9. Mai 20<strong>19</strong> | 9.00 - 15.00 Uhr<br />
Bildungszentrum der AK Wien<br />
Theresianumgasse 16-18, 1<strong>04</strong>0 Wien<br />
Infos zum gesamten Programm und allen Workshops unter:<br />
wien.arbeiterkammer.at/berufundfamilie
v.l.n.r: Jonas, 18 - Alma, 15 - Max, 16<br />
„Gebt ihnen<br />
das Mikrofon“<br />
10 / POLITIKA /
Schüler haben keinen Bock auf die EU-Wahl – Wer<br />
erzählt so einen Blödsinn? Max, Jonas und Alma konfrontieren<br />
die Politiker der Großparteien mit kritischen<br />
Fragen und zeigen, dass die Insta-Generation mehr<br />
kann als Fortnite spielen. Über Uploadfilter, teures Katzenfutter<br />
und die angebliche Lüge vom Klimawandel.<br />
Von Anna Jandrisevits, Amar Rajković, Fotos: Marko Mestrović<br />
EUda!<br />
Ich bin mit der Bim in die Schule<br />
gefahren, und wie schaut’s<br />
mit Ihnen aus?“, ruft Max, 16<br />
Jahre alt, den Politikern entgegen und<br />
der Festsaal bebt. Es wird gekichert<br />
und applaudiert, die Schüler lieben die<br />
Konfrontation, heiße Luft und inhaltsleere<br />
Floskeln haben sie schon oft genug von<br />
Politikern gehört. Hände schießen in die<br />
Höhe, jeder möchte eine Frage stellen.<br />
Und so werden an diesem Dienstagvormittag<br />
in der Vienna Business School<br />
statt Marketing oder Mathe die Spitzenkandidaten<br />
zur EU-Wahl unter die Lupe<br />
genommen.<br />
SCHARFE DISKUSSION<br />
Unter dem Motto „EUda, wozu?“<br />
haben wir Schüler zu einer Diskussion<br />
mit Kandidaten der großen Parteien<br />
zur EU-Wahl eingeladen. Claudia<br />
Gamon (NEOS), Werner Kogler (Grüne),<br />
Johannes Voggenhuber (Initiative 1<br />
Europa), Luca Kaiser (SPÖ), Georg Mayer<br />
(FPÖ) und Christian Zoll (ÖVP) trauten<br />
sich in die Höhle des Löwen. Rund 200<br />
Jugendliche, die das erste Mal das Kreuz<br />
Ende Mai bei der EU-Wahl setzen werden,<br />
sind topvorbereitet.<br />
So wie die 16-jährige Nina. Sie möchte<br />
von ÖVP-Kandidat Zoll wissen, ob er<br />
den Artikel 13 (Stichwort Uploadfilter)<br />
nicht als Zensur empfindet. Schließlich<br />
habe ja seine Partei im EU-Parlament<br />
dem Gesetzesvorschlag zur Urheberrechtsreform<br />
zugestimmt. Nina musste<br />
sich nicht extra dafür vorbereiten, sie hat<br />
mir ihren Freundinnen die Abstimmung<br />
live im Netz verfolgt. Passt so gar nicht<br />
in das Bild der betagten Kritiker, die<br />
der Jugend Desinteresse an der Politik<br />
vorwerfen. Der politische IQ unter den<br />
Jugendlichen in der Schule scheint den<br />
einer Stammtischrunde weit zu überflügeln.<br />
„Das Eigentums- und Urheberrecht<br />
ist sehr wichtig. Ihr wollt ja auch nicht,<br />
dass euer Sitznachbar unerlaubt ein Foto<br />
von euch ins Internet stellt“, lautet die<br />
Antwort von Zoll, die nicht unbedingt<br />
wohlwollend im Publikum goutiert wurde.<br />
dasbiber.at<br />
UNTERSCHIEDLICHE<br />
MEINUNGEN<br />
Als die 15-jährige Schülerin Alma die<br />
Politiker mit dem Klimawandel konfrontiert,<br />
ist sich FPÖ-Kandidat Georg<br />
Mayer sicher, dass dieser nur gering von<br />
Menschen beeinflussbar sein kann. „Den<br />
Klimawandel gab es ja schon immer“,<br />
meint er. Viele Schüler schütteln bei dieser<br />
Aussage nur fassungslos den Kopf.<br />
NEOS-Spitzenkandidatin Claudia Gamon<br />
tut’s den Kids gleich: „Wir müssen<br />
handeln! Junge Menschen haben das<br />
Recht, auf derselben schönen Welt zu<br />
leben wie die Generationen vor ihnen.“<br />
Spitzenkandidat Werner Kogler hat als<br />
Grüner den Klimaschutz in seiner DNA<br />
und fährt angeblich regelmäßig mit dem<br />
Zug nach Brüssel. Der blaue Kontrahent,<br />
Mayer, kann das so recht nicht glauben.<br />
Kogler klopft sich selber auf die Schulter<br />
und erhebt den mahnenden Zeigefinger:<br />
„Es kann nicht sein, dass 1 kg Fleisch<br />
günstiger ist als 1 kg Katzenfutter.“ Das<br />
junge Publikum nickt. Kein Wunder, Klima<br />
ist das Kernthema bei den Jugendlichen.<br />
„Wir können uns nicht<br />
leisten, unsere Zukunft<br />
aufs Spiel zu setzen.“<br />
Luca Kaiser, SPÖ<br />
/ POLITIKA / 11
Die Schüler ließen nicht locker und die Politiker kamen mit dem Antworten auf die<br />
kniffligen Fragen des Publikums gar nicht hinterher.<br />
„Den Klimawandel gab<br />
es schon immer.“<br />
Georg Mayer, FPÖ<br />
Es i st auch ihre Zukunft.<br />
Die „Fridays For Future“-Demonstrationen<br />
locken jeden Freitag tausende<br />
SchülerInnen an den Heldenplatz. Auch<br />
in der Handelsakademie geben mehr als<br />
die Hälfte der anwesenden SchülerInnen<br />
an, für den Kampf um Umweltschutz<br />
ihre Schulstunden sausen zu lassen. Als<br />
der stv. Chefredakteur und Moderator<br />
Amar Rajkovic in die Runde fragt, welche<br />
Politiker ihren Kindern eine Entschuldigung<br />
für die Schule schreiben würden,<br />
wenn diese auf die Demonstration gehen<br />
wollen, heben alle, bis auf FPÖ-Kandidat<br />
Mayer, die Hand. Die Mehrheit der Politiker<br />
unterstützt also das Schwänzen für<br />
die gute Sache.<br />
Klimawandel, der angeblich nicht von<br />
Menschen verursacht wird. Das Publikum<br />
bricht in schallendes Gelächter aus, Voggenhuber<br />
erntet zustimmenden Applaus,<br />
auch für seinen flammenden Appell nach<br />
40 Jahren endlich was zu tun. Ob er<br />
nicht zu alt sei, die Jugend zu vertreten,<br />
will jemand aus dem Publikum wissen.<br />
Der 68-jährige Voggenhuber kontert mit<br />
einem Seitenhieb auf die ÖVP: „Nur weil<br />
jemand jung ist, heißt das nicht, dass<br />
er für Junge spricht.“ Kurz, Blümel und<br />
auch der anwesende Kandidat Zoll sind<br />
wahrscheinlich damit gemeint.<br />
Hier mischt sich der junge SPÖ-<br />
Kandidat Luca Kaiser ein und meint, dass<br />
man Krisen nur lösen kann, wenn man<br />
sie als solche anerkennt: „Wir können<br />
es uns nicht leisten, unsere Zukunft<br />
aufs Spiel zu setzen.“ Einige aus dem<br />
Publikum nicken zustimmend mit dem<br />
Kopf. Andere, wie der 17-jährige Max,<br />
nehmen diese Worte nicht wirklich ernst:<br />
„Alle reden groß, aber eine Lösung hat<br />
keiner.“<br />
Die Aussagen der Politiker haben<br />
viele Schüler in ihrer Wahl nur bestätigt,<br />
auch den 18-jährigen Philipp: „Mein<br />
Kreuzerl ist am selben Fleck geblieben.“<br />
ÖVP-Kandidat Zoll hat an die jungen<br />
Menschen plädiert, in die Politik einzusteigen,<br />
damit frischer Wind in das Parlament<br />
kommt. NEOS-Spitzenkandidatin<br />
Gamon konnte mit der Idee von den Vereinigten<br />
Staaten von Europa überzeugen.<br />
Als der 16-jährige Schüler Mosche in die<br />
Politiker-Runde fragt, ob auch der Islam<br />
zu Europa gehört, spitzen sich im Publikum<br />
alle Ohren. Nach kurzem Zögern<br />
antwortet FPÖ-Kandidat Mayer zuerst mit<br />
einem „Naja“. Erst, als der Moderator ihn<br />
zu einer klaren Antwort auffordert, ringt<br />
sich Mayer zu einem „Ja“ durch.<br />
WORTGEFECHTE ZUM<br />
KLIMAWANDEL<br />
„Menschen, die meinen, wir haben<br />
keinen Einfluss auf den Klimawandel,<br />
glauben auch, dass die Erde eine Scheibe<br />
ist“, entgegnet der Spitzenkandidat<br />
der Liste Jetzt und Initiative 1 Europa,<br />
Johannes Voggenhuber, dem FPÖ-<br />
Kandidaten auf dessen Aussage zum<br />
Da schauen sie, die Volksvertreter. Luca Kaiser (SPÖ), Christian Zoll (ÖVP), Werner<br />
Kogler (GRÜNE), Claudia Gamon (NEOS) und Georg Mayer (FPÖ)<br />
12 / POLITIKA /
„Es kann nicht sein,<br />
dass Fleisch billiger als<br />
Katzenfutter ist.“<br />
Werner Kogler, Grüne<br />
KONFRONTATION<br />
Neben dem Umweltschutz erregt vor<br />
allem die Urheberrechtsreform die<br />
jungen Gemüter. Der 18-jährige Schüler<br />
Jonas nimmt sich bei FPÖ-Kandidat<br />
Mayer kein Blatt vor den Mund: „Bei<br />
der letzten EU-Abstimmung wegen des<br />
Urheberrechts haben sich alle FPÖ-Vertreter<br />
ihrer Stimme enthalten“, meint er<br />
und langsam machen sich Schweißperlen<br />
auf der Stirn des FPÖ-Politikers sichtbar.<br />
„Warum sollte ich eine Partei wählen, die<br />
bei wichtigen Entscheidungen keine Meinung<br />
vertritt?“, konfrontiert Jonas den<br />
FPÖ-Kandidaten und tosender Applaus<br />
von seinen Mitschülern folgt. Für die<br />
Enthaltung der blauen Partei haben die<br />
SchülerInnen ebenso wenig übrig wie für<br />
die Zustimmung der Türkisen.<br />
NEOS-Spitzenkandidatin Claudia Gamon geht als<br />
Siegerin mit 33% aus der Schul-Wahl heraus. Die<br />
Politikerin konnte die Schüler mit Argumenten zum<br />
Klimaschutz und Netzpolitik überzeugen.<br />
Infos zur<br />
EU-Wahl am<br />
26.5.20<strong>19</strong><br />
Wer wird gewählt?<br />
<strong>19</strong> Abgeordnete, die Österreich<br />
für die nächsten 5 Jahre im<br />
Europaparlament vertreten.<br />
Wie wird gewählt?<br />
Mit einem Stimmzettel, auf dem<br />
ein Wahlvorschlag oder eine<br />
Parteiliste angekreuzt werden<br />
kann. In Österreich gibt es auch<br />
die Möglichkeit einer Vorzugsstimme<br />
für KandidatInnen. Eine<br />
Vorreihung erfolgt bei mehr als<br />
5 % der auf den Wahlvorschlag<br />
entfallenen Stimmen.<br />
Wer darf wählen?<br />
Alle österreichischen Staatsbürger,<br />
die 16 Jahre alt sind,<br />
sowie Bürger anderer EU Länder<br />
mit Wohnsitz in Österreich und<br />
Auslandsösterreicher, die zum<br />
Stichtag in einer österreichischen<br />
Gemeinde eingetragen sind.<br />
Welche politischen<br />
Fraktionen gibt es?<br />
Die Europäische Volkspartei<br />
(EVP), zu der die ÖVP gehört<br />
und die Progressive Allianz der<br />
Sozialdemokraten (S&D), zu<br />
der die SPÖ gehört. Außerdem<br />
die Allianz der Liberalen und<br />
Demokraten für Europa (ALDE),<br />
der die NEOS angehören, die<br />
Europäische Freie Allianz (EFA)<br />
zu der die Grünen gehören,<br />
sowie die Fraktion Europa der<br />
Nationen und der Freiheit (ENF),<br />
zu welcher die FPÖ gehört.<br />
Wo kann gewählt<br />
werden?<br />
Am Wahltag im zugeteilten<br />
Wahlsprengel oder mit Briefwahlkarte<br />
per Post bzw. durch<br />
Abgabe bei der Vertretungsbehörde<br />
(Botschaft, Konsulat), falls<br />
man im Ausland ist.<br />
HÖCHSTE<br />
ERFOLGSZAHL<br />
ÖSTERREICHS<br />
• AHS-Matura<br />
• Berufsreifeprüfung<br />
• Hauptschulabschluss<br />
• Studienberechtigungsprüfung<br />
• Sprachkurse, Latinum<br />
• Fernunterricht<br />
(Beginn jederzeit)<br />
Beginn:<br />
Frühjahr & Herbst<br />
Tel.: 01/523 14 88,<br />
Neubaugasse 43<br />
1070 Wien<br />
www.roland.at
VOR DER DISKUSSION<br />
4%<br />
1%<br />
NACH DER DISKUSSION<br />
JETZT<br />
11%<br />
32%<br />
10%<br />
12%<br />
33%<br />
GRÜNE<br />
NEOS<br />
22%<br />
10%<br />
FPÖ<br />
30%<br />
15%<br />
20%<br />
ÖVP<br />
SPÖ<br />
„Nur weil jemand<br />
jung ist, heißt das<br />
nicht, dass er für<br />
Junge spricht.“<br />
Johannes Voggenhuber,<br />
Inititative 1 Europa<br />
DIE ZUKUNFT HAT<br />
GESPROCHEN<br />
Es ist 11:30 Uhr, mittlerweile steht fast<br />
der halbe Festsaal, die Zeit für den<br />
Talk ist aber vorüber. Die Traube geht<br />
langsam wieder in ihre Klassenzimmer<br />
zurück. Die 16-jährige Nina fühlt sich<br />
nach der Diskussion besser aufgeklärt,<br />
ihr Ansporn für die Wahl ist jetzt größer.<br />
Jonas wünscht sich statt Ausweich-Taktiken<br />
klare Statements von den Politikern:<br />
„Sie kennen unsere Meinung zu Klima-<br />
wandel und Uploadfiltern. Jetzt müssen<br />
sie handeln.“ Bei vielen Schülern, auch<br />
dem 18-jährigen Lorenzo, überwiegt<br />
nach dem Talk das Gefühl von Zugehörigkeit<br />
und Mitspracherecht: „Es bedeutet<br />
uns viel, in politische Diskussionen<br />
miteinbezogen zu werden.“ Verständlich,<br />
schließlich sind diese Kids unsere<br />
Zukunft und wer ihre Stimme auf dem<br />
Wahlzettel will, muss ihnen auch mal das<br />
Mikrofon geben. ●<br />
BEZAHLTE ANZEIGE<br />
Gemeinsam mit Freunden Zombies<br />
bekämp fen, im Rennwagen herum düsen<br />
und nebenbei Limo schlürfen?<br />
Das erste #virtualreality Café im<br />
europäischen Raum macht’s möglich –<br />
und das mitten in Wien!<br />
Tauch ab in eine andere Welt. Wann?<br />
Dienstag bis Donnerstag 16 – 23 Uhr<br />
sowie Freitag und<br />
Samstag 16 – 24 Uhr.<br />
Gleich online buchen:<br />
vrei.at/booking
EINE INFORMATION DES LANDES NIEDERÖSTERREICH<br />
Krems | 20<strong>19</strong> | Austria<br />
April 26-May 05<br />
Holly Herndon<br />
LAFAWNDAH<br />
Giant Swan<br />
Planningtorock<br />
Nkisi<br />
Yves Tumor<br />
Kate Tempest<br />
Flotation Toy Warning<br />
Lonnie Holley<br />
Hyph11E<br />
Godflesh<br />
Apparat<br />
Guttersnipe<br />
and many more<br />
donaufestival.at<br />
Ticket und Infos:<br />
+43 (0) 2732/90 80 33 oder<br />
www.donaufestival.at
EU-Wahl am 26. Mai:<br />
Es geht uns alle an!<br />
Wien ist mit 1,9 Mio.<br />
Ein wohnern die<br />
sechst größte Stadt<br />
der EU. Die Stadt<br />
mit der höchsten<br />
Lebensqualität<br />
der Welt verdankt<br />
nicht<br />
zu letzt auch den<br />
kulturellen und<br />
wirtschaftlichen<br />
Verflechtungen<br />
mit der EU<br />
diesen Status.<br />
WER?<br />
In Wien wählen dürfen alle<br />
ÖsterreicherInnen, die bis<br />
zum 26.5.2003 geboren wurden<br />
und am 12.3.20<strong>19</strong> einen<br />
Hauptwohnsitz in Wien hatten.<br />
Auch nicht-österreichische<br />
EU-BürgerInnen dürfen wählen,<br />
wenn sie bis zum 26.5.2003<br />
geboren wurden und bis zum<br />
12.3.20<strong>19</strong> in der EU-Wählerevidenz<br />
eingetragen waren.<br />
WIE?<br />
Die Teilnahme an der Europa-Wahl<br />
ist im zuständigen<br />
Wahllokal, mit Wahlkarte in<br />
einem beliebigen Wahllokal<br />
in ganz Österreich oder per<br />
Briefwahl möglich.<br />
Die Wahlkarte lässt sich persönlich,<br />
schriftlich und am<br />
bequemsten online beantragen!<br />
www.wahlen.wien.at<br />
WO?<br />
Am 26. Mai 20<strong>19</strong><br />
haben alle Wahllokale<br />
in Wien von 7 – 17 Uhr<br />
geöffnet.<br />
Keine Ausreden!<br />
Alle Infos zur Wahl:<br />
www.wahlen.wien.at<br />
Stadtservice Wien –<br />
Stadtinformation<br />
Tel.: 01/50 255<br />
ACHTUNG, NICHT VERGESSEN:<br />
Bei der persönlichen Stimmabgabe unbedingt einen Lichtbildausweis dabeihaben!
BEZAHLTE ANZEIGE<br />
WAS TUT DIE<br />
EU FÜR WIEN?<br />
Dank Euro, Osterweiterung<br />
und Reisefreiheit: Seit Österreich<br />
<strong>19</strong>95 der EU beigetreten<br />
ist, verzeichnet das Land<br />
ein anhaltendes Wirtschaftswachstum<br />
von rund 0,5 bis<br />
1 Prozent jährlich. * Über<br />
40 % der TouristInnen in<br />
Wien kommen aus der EU!<br />
Das Umwelt- und Naturschutzprogramm<br />
der EU<br />
unterstützt das Projekt Alte<br />
Donau – damit sie weiterhin<br />
ein beliebtes Naherholungsgebiet<br />
der WienerInnen<br />
bleibt.<br />
Mit Erasmus+ hat die EU ein<br />
Programm geschaffen, das<br />
Bildung, Jugend und Sport<br />
in ganz Europa fördert. Nirgendwo<br />
sonst in Österreich<br />
zieht es so viele Lehrende<br />
und Lernende für Bildungsaufenthalte,<br />
wie nach Wien.<br />
WAS TUT DIE<br />
EU FÜR MICH?<br />
Wenn du dich über deine<br />
Rechte als UnionsbürgerIn,<br />
deine Zukunft oder deine<br />
Ausbildungsmöglichkeiten<br />
innerhalb der EU informieren<br />
möchtest, findest du unter<br />
https://what-europe-doesfor-me.eu/de/<br />
tausende<br />
Projekte, welche die EU für<br />
dich bereithält.<br />
*Quelle: ÖGfE-Studie, Ausnahme: 2009<br />
Wien ist die sechstgrößte Stadt der Europäischen Union<br />
nach London, Berlin, Madrid, Rom und Paris - und<br />
vor Hamburg, Budapest oder Barcelona<br />
Die EU hatte 2017 rund 510 Mio. EinwohnerInnen. In Wien leben 0,4%<br />
der EU-Bervölkerung auf lediglich 0,01% der Unionsfläche.<br />
SCHON GEWUSST?<br />
● Am 12. Juni <strong>19</strong>94 stimmten 65,8 Prozent der<br />
ÖsterreicherInnen mit JA zum EU-Beitritt.<br />
● Die erste EU-Wahl für Österreich fand <strong>19</strong>96, ein<br />
Jahr nach dem Beitritt, statt.<br />
● Wien ist mit 70% ÖsterreicherInnen, 13%<br />
EU-BürgerInnen und 17% Drittstaatsangehörigen<br />
eine der vielfältigsten Metropolen Europas!<br />
● Das Europäische Parlament wird alle 5 Jahre neu<br />
gewählt.<br />
Quellen: Statistik Austria, Stadt Wien (MA23, Wiener Bevölkerungsregister), Eurostat,<br />
Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen<br />
Grafiken: Bohmann Druck- und Verlag Gesellschaft m.b.H.<br />
Gebt am 26. Mai eure Stimme für unsere Zukunft ab!
Europatag<br />
9. Mai 20<strong>19</strong> ab 17 30 Uhr<br />
Start Slam 18 30 Uhr<br />
Reaktor · Geblergasse 36–40 · 1170 Wien<br />
Eintritt frei<br />
SECHS GRÜNDE, WARUM WIR DIE EU LIEBEN<br />
Kein Roaming, kein Pass und kein Geldwechseln: Die meisten von<br />
uns erinnern sich kaum mehr an eine Zeit vor der Europäischen<br />
Union. Die Vorteile, die wir alle genießen, nehmen wir als selbstverständlich<br />
und vergessen sie oft. Hier ein Reminder.<br />
Von Sandro Nicolussi<br />
Layout und Design: Birgit Raitmayr | pixlerei.at<br />
Open call for sign up & info:<br />
euslam@buerowien.com<br />
Slam-MC: Markus Köhle<br />
Mit: Sarah-Anna Fernbach, Mieze Medusa,<br />
Kirmes Hanoi (Jonas Scheiner & Henrik Szanto),<br />
Fabian Navarro und Tereza Hossa<br />
Fragen zu den Europawahlen 20<strong>19</strong>?<br />
Verschafft Euch Einblick in die EU beim EU-Poetry Slam!<br />
REISEN INS EU-AUSLAND:<br />
Jeder, der früher „runter“ nach Kroatien<br />
gefahren ist, weiß: Es gibt nichts<br />
Schlimmeres als 13 Stunden am Grenzübergang<br />
warten und dann noch den<br />
halbkorrupten Beamten Kohle zustecken<br />
zu müssen. Menschen innerhalb der EU<br />
haben diese Szenen längst aus ihrem<br />
Gedächtnis gelöscht. Alles, was du zum<br />
Reisen in der EU brauchst, ist ein Personalausweis.<br />
Achtung: Führerschein ist<br />
kein gültiges Reisedokument!<br />
WÄHRUNGEN:<br />
Schluss mit Geldwechseln in Touri-Fallen<br />
– auch genannt Geldwechselstuben. In<br />
den meisten Ländern der EU wird mit<br />
dem EURO bezahlt. <strong>19</strong> von 28 Ländern<br />
führen den EURO als Währung und<br />
lassen die Banken durch die Wechselgebühren<br />
nicht noch reicher werden.<br />
Und du kannst geschmeidig vergleichen,<br />
ohne die ganze Zeit deinen Taschenrechner<br />
auszupacken.<br />
TELEFONIEREN:<br />
E.T. nach Hause teuer telefonieren.<br />
Jeder, der die Omi zum 80er im Ausland<br />
angerufen hat, weiß: In Nicht-EU-Länder<br />
telefonieren ist der helle Wahnsinn. Vor<br />
allem, wenn die Omi dann noch eine<br />
Stunde lang über deinen Beziehungsstatus<br />
jammert. Klar, über Whatsapp geht’s<br />
auch, aber die Omi bevorzugt klassische<br />
Kommunikationswege wie das<br />
gute alte Telefon. Seit 15. Juni 2017<br />
sind die Roaminggebühren innerhalb<br />
der EU abgeschafft worden. Jetzt<br />
muss die Omi nur noch von Bosnien<br />
nach Belgien übersiedeln.<br />
ONLINE-SHOPPING:<br />
Seit Ende letzten Jahres gibt es kein<br />
Geoblocking mehr für Onlineshops<br />
innerhalb der EU. Das heißt: Du kannst<br />
aus jedem EU-Land zum selben Preis<br />
bei deinen Lieblings-Onlineshops<br />
einkaufen. Achtung: Das Geoblocking<br />
ist weg, aber die Shops können immer<br />
noch selbst entscheiden, in welche<br />
Länder sie liefern!<br />
INTERNETNUTZUNG:<br />
Derzeit fördert die EU gratis WLAN-<br />
Hotspots in der europäischen Öffentlichkeit.<br />
Damit wird dich nie wieder ein<br />
beschränktes Datenvolumen von deinem<br />
nächsten Instaposting abhalten.<br />
STUDIEREN:<br />
ERASMUS-Förderungen ermöglichen<br />
dir einen Aufenthalt im Ausland.<br />
Außerdem gelten deine akademischen<br />
Grade dank der Vereinheitlichung EUweit.<br />
Na, schon inskribiert?<br />
Julie Brass
26. Mai<br />
SELLNER, KICKL<br />
& VILIMSKY<br />
BRAUCHEN EINE<br />
STARKE EUROPÄISCHE<br />
GEGENSTIMME<br />
ZUM BEISPIEL DEINE!<br />
CLAUDIA GAMON<br />
NEOS.EU<br />
NEOS, Neustiftgasse 73-75, 1070 Wien
Herr Vural, wie<br />
viele Kopftücher<br />
hat Ihre Frau?<br />
Mit wie vielen<br />
Jahren kamen<br />
Sie nach<br />
Österreich?<br />
Wie viele Jahre<br />
haben Sie für<br />
den Favoritner<br />
AC gespielt?<br />
Wie viele<br />
Kinder haben<br />
Sie?<br />
Interview in Zahlen:<br />
In der Politik wird schon genug<br />
geredet. Biber fragt in Worten,<br />
der Präsident der Islamischen<br />
Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) Ümit<br />
Vural antwortet mit einer Zahl.<br />
6<br />
6<br />
3<br />
Von Simon Kravagna, Fotos: Marko Mestrović<br />
Sechs Jahre hat Österreichs Chef-Muslim für den<br />
Favoritner AC gespielt.<br />
Niemals hat Ümit Vural in seinem Leben Alkohol getrunken.<br />
Wie viele<br />
islamistische<br />
Kindergärten<br />
gibt es in<br />
Österreich?<br />
Wie viele<br />
Moscheen in<br />
Österreich<br />
sind für Sie<br />
problematisch?<br />
Wie viele Kopftücher<br />
hat Ihre<br />
Frau?<br />
Wie viele Parteien<br />
haben Sie<br />
bisher gewählt?<br />
Auf einer Skala<br />
von 0 bis 100:<br />
Wie viele Meter<br />
rechts der<br />
Mitte steht HC<br />
Strache?<br />
0<br />
5<br />
<strong>19</strong><br />
2<br />
75<br />
20 / POLITIKA /
Wie viele Suren<br />
hat der Koran?<br />
Wie oft beten<br />
Sie am Tag?<br />
Wie oft waren<br />
Sie zum Hadsch<br />
in Mekka?<br />
Wie oft haben<br />
Sie in Ihrem<br />
Leben Alkohol<br />
getrunken?<br />
An wie vielen<br />
islamischen<br />
Feiertagen<br />
sollten Muslime<br />
frei haben?<br />
114<br />
5<br />
2<br />
0<br />
3<br />
Fünf Moscheen findet der Jurist in Österreich problematisch.<br />
Sieben Mal im Monat gibt’s Kebap: Döner, Adana, Iskender …<br />
Auf einer Skala<br />
von 0 bis<br />
100: Wie viele<br />
Meter rechts<br />
der Mitte steht<br />
Sebastian<br />
Kurz?<br />
Wie viele<br />
Stunden<br />
arbeiten Sie<br />
pro Tag?<br />
Wie viel Euro<br />
beträgt das<br />
jährliche<br />
Budget der<br />
Islamischen<br />
Glaubensgemeinschaft?<br />
Wie viele<br />
Drohungen<br />
bekommen Sie<br />
pro Tag?<br />
Wie oft im<br />
Monat essen<br />
Sie Kebap?<br />
50<br />
12<br />
400.000<br />
1<br />
7<br />
/ POLITIKA / 21
DAS INTIME<br />
IST POLITISCH<br />
Ausgeliefert, überfordert, gedemütigt – Chefredakteurin<br />
Delna Antia-Tatic spricht über ihr traumatisierendes<br />
Geburtserlebnis und bricht damit ein Tabu. Ein Bericht und<br />
eine Anklage über die geringschätzenden Zustände, unter<br />
denen Frauen in unserer Gesellschaft Leben auf die Welt<br />
bringen.<br />
Von Delna Antia-Tatić, Foto: Marko Mestrović<br />
Seit 16 Monaten bin ich nun<br />
wütend. Die Wut verschwindet<br />
nicht, wie man es mir versprochen<br />
hat. Sie steigt mir<br />
zu Kopf, in Bauch und Beine, jedes Mal,<br />
wenn das Thema angeschnitten wird. Ich<br />
habe nicht vergessen, im Gegenteil, ich<br />
bin empört darüber, was ich erlebt habe.<br />
Zum ersten Mal in meinem Leben hatte<br />
ich das Gefühl „nur“ eine Frau zu sein.<br />
Dieses Empfinden kannte ich so nicht,<br />
ich bin selbstbewusst, führe ein selbstbestimmtes<br />
Leben und umgebe mich –<br />
aus Zufall oder nicht – mit feministischen<br />
Männern. Aber seit November 2017 bin<br />
ich mir sicher: Würden Männer Kinder<br />
kriegen, sähe die Situation anders aus.<br />
Und das Interessante ist: Selbst Männer<br />
stimmen mir zu.<br />
Ich hatte eine harte Entbindung, eine<br />
schwierige und langwierige. Einfach<br />
Pech gehabt? Nein, ich bin kein trauriger<br />
Einzelfall. Wo man mitleidig mit dem Kopf<br />
nickt und Schulter tätschelnd versichert,<br />
dass ich das irgendwann schon vergessen<br />
werde. Und ich mich doch überhaupt<br />
freuen sollte, weil es ja ein „Happy<br />
End“ gegeben hat. Solche Reaktionen<br />
empfinde ich als beschwichtigend und<br />
stummstellend. Nach dem Motto: Frauen<br />
kriegen nun einmal die Kinder, das ist<br />
Naturgesetz, die Schmerzen gehören<br />
nicht nur dazu, sondern sind im Prozedere<br />
wichtig und seit Hunderten von Jahren<br />
müssen wir da durch. Außerdem, viele<br />
Frauen haben auch einfache Geburten.<br />
So weit, so richtig.<br />
Würden Männer<br />
Kinder kriegen,<br />
sähe die Situation<br />
anders aus.<br />
Aber was ist mit den Umständen? Ich<br />
beklage nicht das „Los der Frau“ noch<br />
die Schmerzen. Ich beklage auch nicht<br />
einzelne Personen. Im Gegenteil, die<br />
Arbeit von Hebammen ist bewundernswert.<br />
Sie ist wahrlich lebenswichtig und<br />
wird in unserer Gesellschaft völlig unterbewertet<br />
bzw. unterbezahlt. Ich bin auch<br />
den Ärzten dankbar, ja der modernen<br />
Medizin, ich weiß nicht wie es am Ende<br />
bei mir ohne Kaiserschnitt ausgegangen<br />
wäre. Aber ich beklage die Umstände.<br />
Für jede Frau ist die erste Schwangerschaft<br />
und Geburt unbegreiflich. Besonders<br />
vor der ersten Geburt geht es uns<br />
nicht anders als Männern. Wir wissen so<br />
wenig wie unser Partner, was auf uns zu<br />
kommt, kennen nur die Theorie, hören<br />
Geschichten und sehen Bilder, aber wir<br />
sind so unerfahren wie jeder Mann. Nur<br />
mit dem Unterschied, dass wir betroffen<br />
sind. Daher müssen wir vertrauen. Auf<br />
unseren Körper zunächst, und später auf<br />
all die Experten – dem Geburtensystem<br />
an sich. Denn das Wunder des Lebens<br />
ist ja paradoxerweise das Normalste der<br />
Welt. 86.987 Geburten fanden 2017 in<br />
Österreich statt.<br />
Das Wunder in meinem Bauch ist<br />
also „normal“, so habe ich es gesehen.<br />
Als ich schwanger wurde und die<br />
Geburtsortwahl anstand, entschied ich<br />
22 / FAMILY SPECIAL /
Heute würde ich<br />
alles anders machen<br />
und alles extra zahlen.<br />
Aber ich wusste<br />
es nicht besser.<br />
mich für die normale Spital-Variante: kein<br />
Schnickschnack à la „Hypno-Birthing“,<br />
keine Wahlhebamme extra nur für mich<br />
bei der Geburt, keine Privatklinik. Tausende<br />
Frauen hatten vor mir Kinder auf<br />
die Welt gebracht – oft nicht einmal in<br />
Krankenhäusern. Warum sollte gerade<br />
ich auf eine Sonderbehandlung bestehen?<br />
Obwohl ich in der privilegierten<br />
Situation bin, dass wir uns all die privat<br />
zu zahlenden Extras hätten leisten können<br />
– eine Wahlhebamme kostet 1500€<br />
aufwärts – entschied ich dagegen. Im<br />
Nachhinein war das dumm. Heute würde<br />
ich alles extra zahlen. Aber ich wusste es<br />
nicht besser. Mir blieb keine Alternative<br />
als in guter Hoffnung zu vertrauen.<br />
Außerdem werden Geburten systematisch<br />
vernebelt. Es herrscht das<br />
ungeschriebene Gesetz, dass erfahrene<br />
Frauen den unerfahrenen keine Angst<br />
machen. Daher redet mit einer Erstgebärenden<br />
niemand Tacheles – weder<br />
die Freundin noch die Hebamme in der<br />
Geburtsvorbereitung. Die Logik ist natürlich<br />
nachvollziehbar. Jede Schwangere<br />
kennt das Gefühl der Unausweichlichkeit:<br />
Irgendwann gibt es kein Zurück mehr,<br />
nur noch einen Weg hinaus. Da ist es<br />
natürlich besser, nicht in Panik zu geraten,<br />
weil dir jeder Horrorstorys erzählt.<br />
Andererseits hätte ich mir gewünscht,<br />
vorbereitet gewesen zu sein: auf all die<br />
Mittel, die man mir reichte, damit es<br />
besser voranging, auf die Auswirkung<br />
der „Wehenverstärker“, auf die PDA, auf<br />
den Kaiserschnitt schlussendlich. Ich<br />
hätte mir gern vorher mit einer Expertin<br />
Gedanken gemacht und mir das Für-und-<br />
Wider samt Nebenwirkungen der Periduralanästhesie<br />
(PDA), das ist die lokale<br />
Betäubung im Bereich der Wirbelsäule,<br />
erklären lassen.<br />
Stattdessen saß ich plötzlich da,<br />
hilflos. Mitten in der Nacht, 10 Stunden<br />
Wehen hatte ich schon hinter mir, ich<br />
zitterte unkontrolliert am ganzen Körper<br />
wie das Gebärende tun, immer wieder<br />
unterbrochen von einer erneuten Wehe,<br />
und musste meine Unterschrift abgeben.<br />
Der Anästhesist klärte mich über<br />
die Nebenwirkungen wie Lähmungen<br />
auf und sagte mir deutlich, dass das<br />
Wichtigste bei dem Nadelstich bei der<br />
Wirbelsäule sei, damit nichts schiefginge,<br />
dass ich absolut stillhielte. Als ich ihm<br />
erklärte, dass ich bereits einmal eine<br />
Rückenmarksuntersuchung hatte, meinte<br />
er nur, dass das Gewebe bei mir verklebt<br />
sein und dadurch die PDA möglicherweise<br />
nicht wirken könnte. Man kann sich<br />
meine Überforderung in dieser Situation<br />
vorstellen. „Eine Zumutung“, beurteilt<br />
meine Nachsorgehebamme, die mich<br />
später – privat – betreuen würde. Warum<br />
wurde kein Gespräch samt Aufklärung<br />
über PDA & Co bei der Anmeldung im<br />
Spital geführt? Das wird es mittlerweile,<br />
sagt sie. Trotzdem, auf den Kaiserschnitt<br />
war ich auch nicht vorbereitet. Als nach<br />
30 Stunden und nach dem gescheiterten<br />
Versuch, das Kind manuell hinauszudrücken<br />
– mein Mann erinnert sich noch<br />
heute an den Fußabdruck der Ärztin, den<br />
sie beim Drücken auf meinen Bauch an<br />
der Wand hinterließ – als nun endlich die<br />
„Erlösung“ entschieden wurde, wusste<br />
ich nicht, was kommt. Ich sorgte mich,<br />
hatte Angst, dass ich den Schnitt spüren<br />
würde. Denn tatsächlich hatte meine<br />
PDA nicht gut gewirkt. Man beruhigte<br />
mich. Doch leider hatte mein Bauchgefühl<br />
recht – ich spürte den Schnitt, schrie<br />
und wurde in Vollnarkose versetzt.<br />
Mit zwei Expertinnen spreche ich<br />
über meine Geburt – stellvertretend für<br />
all jene Fälle, die traumatisieren können.<br />
„Es ist kein trauriger Einzelfall. Die Ursachen<br />
liegen im System“, bestätigt Judith<br />
Raunig. Die Psychologin ist spezialisiert<br />
auf Geburtstraumata und arbeitet mit<br />
Frauen, die sich während der Geburt<br />
nicht nur überfordert, hilflos, ausgeliefert<br />
und gedemütigt fühlten, sondern gerade<br />
nach einem Kaiserschnitt geplagt sind<br />
von Schuld- und Versagensgefühlen.<br />
Die Kaiserschnittrate steigt seit Jahren<br />
und so erlebt auch Raunig derzeit<br />
einen extremen Zuwachs an Anfragen.<br />
Was sind die Fehler im System, will ich<br />
wissen.<br />
MANGELNDE 1:1<br />
BETREUUNG<br />
„Zum einen natürlich der Personalmangel<br />
in den Spitälern – die mangelnde 1:1<br />
Betreuung“. Hebammen müssen sich oft<br />
um drei und mehr Frauen, die gebären,<br />
gleichzeitig kümmern, dazwischen ambulante<br />
Kontrollen durchführen und all das<br />
noch dokumentieren. Die Dokumentation<br />
nimmt gut zwei Drittel ihrer Arbeit ein,<br />
die Betreuung der Frauen lediglich ein<br />
Drittel. Es herrscht Druck und Stress,<br />
kein Umfeld, in dem es leichtfällt, sich<br />
„zu öffnen“. Dass zu wenig Hebammen<br />
da sind, bzw. Plätze vorgesehen, ist eine<br />
Frage der Planbarkeit und natürlich des<br />
Geldes. So erklärt es mir eine Hebamme,<br />
deren Namen ich nicht nennen soll und<br />
die lange im Spital gearbeitet hat, bis<br />
sie sich selbstständig machte, weil sie<br />
die Geburtsumstände nicht mehr ertrug.<br />
„Die Spitäler arbeiten mit den Krankenkassen.<br />
Es gibt ein Punktesystem und für<br />
eine Geburt per Kaiserschnitt gibt es nun<br />
einmal mehr Punkte als für eine Spontangeburt.“<br />
Dass in Spitälern ökonomisch<br />
gebärt werden soll, ist kein Geheimnis.<br />
„Mutter und Kind wird nicht die Zeit<br />
gegeben, die sie brauchen,“ so Raunig.<br />
„Eine 20-Stunden-Geburt ist eine teure<br />
„Es ist kein trauriger<br />
Einzelfall. Die<br />
Ursachen liegen im<br />
System.“<br />
Geburt für das Spital.“ Meine Geburt hat<br />
weit länger gedauert. Trotz aller Mittel<br />
und Maßnahmen, sie voranzutreiben.<br />
Trotz oder gerade deswegen?<br />
„Das größte Problem sind die Interventionen.<br />
Eine Geburt im Krankenhaus<br />
findet kaum mehr interventionsfrei statt<br />
– außer du kommst mit 9,5cm Muttermundöffnung<br />
und Presswehen ins<br />
Spital“, kritisiert die Traumapsychologin.<br />
Geburten würden extrem getaktet. Wenn<br />
24 / FAMILY SPECIAL /
„Eine Geburt im<br />
Krankenhaus<br />
findet kaum mehr<br />
interventionsfrei<br />
statt.“<br />
nicht jede Stunde ein Zentimeter weiter<br />
geht (der Muttermund muss sich laut<br />
Theorie von 1 auf 10 cm öffnen, damit<br />
das Kind hinaus kann), dann würde eben<br />
„interveniert“ – sprich eingeschritten. Es<br />
gibt vielfältige Mittel wie den Wehentropf<br />
oder auch das konkrete Einleiten einer<br />
Geburt, wenn die Frau zu lange über<br />
dem Geburtstermin liegt. Und natürlich<br />
gibt es das CTG – den Herz- und<br />
Wehenschreiber. Daran kann ich mich<br />
erinnern, alle paar Stunden wurde ich<br />
unbequem an das Gerät gehängt, um die<br />
Herztöne des Kindes zu messen. Diese<br />
„CTG-Routine“ im Spital sieht Raunig als<br />
kontraproduktiv. „Es gibt nun einmal all<br />
diese schönen Geräte und Mittel, daher<br />
werden sie auch verwendet!“, kritisiert<br />
sie die Motivation der Spitäler. Selbst<br />
die Weltgesundheitsorganisation (WHO)<br />
bemängelt den Trend zu immer mehr<br />
medizinischen Interventionen während<br />
der Geburt, insbesondere gegen den<br />
immer häufigeren Einsatz von Wehenmitteln<br />
zur Beschleunigung der Geburt.<br />
„Es ist auch eine Folge der mangelnden<br />
1:1 Betreuung“, erklärt mir die Hebamme.<br />
Wenn eine Hebamme nicht bei einer<br />
Gebärenden im Raum bleiben kann, ist<br />
die stetige Kontrolle des Gesundheitszustand<br />
des Kindes mittels CTG ein<br />
wichtiger Ersatz.<br />
Dass es am Ende bei all den Eingriffen<br />
dann zu einem Kaiserschnitt<br />
kommt, verwundert weder sie noch die<br />
Hebamme. Und die steigenden Kaiserschnittraten<br />
sprechen für sich: 29,6 %<br />
waren es im Jahr 2017 – das ist fast jede<br />
dritte Frau. Auch in meinem Freundeskreis<br />
haben vier von sechs Frauen<br />
seit 2017 eine ungeplante Narbe. Und<br />
davor schützt auch keine Privatklinik,<br />
denn nicht selten weisen Privatärzte<br />
eine Kaiserschnittrate von 80% vor, so<br />
Raunig. Auch die Hebamme bestätigt:<br />
Die Spitäler verdienen mehr Geld an<br />
Kaiserschnittgeburten. Raunig geht so<br />
weit, die hohe „Sectio Rate“ als moderne<br />
Frauenbeschneidung zu bezeichnen. Die<br />
Psychologin ist Expertin in diesem Gebiet<br />
und drehte 2014 einen Dokumentarfilm<br />
zum Thema „Meine Narbe“, der u.a. für<br />
den Fernsehpreis nominiert war und im<br />
ORF ausgestrahlt wurde.<br />
Obwohl ich letztlich froh bin, durch<br />
einen Kaiserschnitt „erlöst“ worden zu<br />
sein, waren die Umstände danach umso<br />
schlimmer. Da ich nicht in einem Einzelzimmer<br />
in einer Privatklinik lag, sondern<br />
zunächst in einem Dreibett-, dann in<br />
einem Doppelzimmer, musste mein Mann<br />
zwischen <strong>19</strong> Uhr und 7 Uhr morgens<br />
gehen. Ich war mit einer Bauchoperation,<br />
wie die Ärzte mir stets einbläuten, unter<br />
Schmerzmittel und mit meinem so neuen<br />
Säugling über Nacht allein. Mein Sohn<br />
war gesund, kräftig, hungrig und schrie.<br />
Ich konnte ohne Hilfe nicht aufstehen,<br />
kaum gehen, geschweige denn mein<br />
Baby tragen, wiegen, wickeln. Natürlich<br />
halfen die Hebammen, wenn ich sie rief,<br />
aber dass sie Stress hatten war mehr<br />
als spürbar. Die Muttermilch ließ auf sich<br />
warten, typisch für die Kaiserschnittgeburt.<br />
Ich entließ mich einen Tag früher<br />
aus dem Spital, weil mein Sohn und ich<br />
zuhause nicht nur mehr Betreuung haben<br />
würden, sondern vor allem Ruhe. Und<br />
prompt schoss die Milch ein.<br />
Ruhe, Zeit und die individuelle<br />
Betreuung, das braucht es für Geburten<br />
– vorher wie nachher. „Wie soll eine Frau<br />
sich sonst öffnen können?“, kritisiert die<br />
Hebamme. Ich hatte es nicht gekonnt.<br />
Ich erlebte während meiner Geburt vier<br />
Personalschichten. Zwar allesamt freundlich<br />
– da hatte ich Glück, denn ich kenne<br />
andere Berichte – aber nichtsdestotrotz<br />
bedeutete dies, dass mich vier Schichten<br />
an der bis dato intimsten Stelle untersuchten.<br />
Diese stetige Muttermunduntersuchung<br />
ist für die Frauen nicht nur oft<br />
unangenehm, sie ist so häufig auch nicht<br />
erforderlich, so die Expertinnen. Als bei<br />
mir kurz vor Schluss die Auszubildende<br />
dann auch noch fühlen wollte, was denn<br />
da nicht weiterging, hatte ich wahrlich<br />
das demütigende Gefühl des Tags der<br />
offenen Tür.<br />
Würden Männer die Kinder kriegen,<br />
liefe es hundertprozentig anders. Die<br />
Psychologin und die Hebamme stimmen<br />
mir sofort zu – ohne Zögern. „Wenn Männer<br />
das System gestalten und Hebammen<br />
nicht mitreden dürfen, dann ist das<br />
zu Gunsten des Geldes und zu Lasten<br />
der Frauen und Kinder“, so die Hebamme.<br />
Es fehle an Güte und Mitgefühl. Für<br />
mich fehlte es vor allem an Respekt vor<br />
dem, was wir Frauen hier leisten. Wir<br />
bringen Leben auf die Welt! Das Wichtigste<br />
für unsere Gesellschaft, und geben<br />
dabei viel von uns hin. Denn kaum ein<br />
Mutterkörper ist danach derselbe.<br />
Beide Frauen bestärken mich in dem<br />
Vorhaben, diesen Artikel zu schreiben.<br />
Ich weiß, dass ich nicht die Einzige bin.<br />
Es gibt immer<br />
mehr Berichte von<br />
Gewalt während der<br />
Geburt, von Verletzungen<br />
– verbaler<br />
wie physischer.<br />
Es gibt immer mehr Berichte von Gewalt<br />
während der Geburt, von Verletzungen –<br />
verbaler wie physischer Art. Es gibt zwar<br />
keine Statistiken, aber laut Schätzungen<br />
von Christina Mundlos, der deutschen<br />
Soziologin und Autorin des Buchs<br />
„Gewalt unter der Geburt“, betrifft es<br />
mindestens 40–50% der Geburten. „Das<br />
Risiko für die einzelne Frau bei einer<br />
ihrer Geburten Gewalt zu erleben ist<br />
jedoch noch höher. Wenn etwa 50% der<br />
Geburten betroffen sind, dann liegt das<br />
Risiko für die einzelne Frau bei 80% bei<br />
einer ihrer Geburten Gewalt zu erleben,“<br />
so Mundlos. Das Sprechen darüber ist<br />
gut. Denn wenn wir Frauen uns nicht<br />
wehren, wie soll sich etwas ändern? Das<br />
Intime ist politisch. ●<br />
/ FAMILY SPECIAL / 25
„Natürlich<br />
vermisse ich<br />
mein Kind“<br />
Interview unter Palmen:<br />
Wir trafen die Umweltministerin<br />
im Palmenhaus.<br />
26 / MIT SCHARF /
Umweltministerin Elisabeth Köstinger spricht im biber-Interview<br />
nicht über Klimapolitik, sondern über ihr Leben als Politikerin<br />
und Mutter. Dass sie für ihren Job zurückgesteckt hat,<br />
in der Schwangerschaft vor Sorge nächtelang wach lag und<br />
ihr Mann zum Babyschwimmen geht, erzählt sie biber-Chefredakteurin<br />
und ebenfalls Neo-Mama Delna Antia-Tatic.<br />
Von Delna Antia-Tatić, Fotos: Marko Mestrović<br />
<strong>BIBER</strong>: Frau Ministerin, wie läuft es mit<br />
dem Masterplan „Ministerin mit Baby“?<br />
ELISABETH KÖSTINGER: Es macht Spaß,<br />
es macht Sinn und es ist unfassbar<br />
anstrengend. Es ist ein extrem fordernder<br />
Beruf, wo man nicht nur massiv<br />
Verantwortung trägt, sondern auch<br />
permanent in der Öffentlichkeit steht.<br />
Jede Geste, jedes Augenrollen, jedes<br />
Müdesein wird registriert. Was dahinter<br />
steht, sieht aber niemand und soll auch<br />
niemand sehen. Die Privatsphäre ist für<br />
mich das Allerheiligste, weil ich nicht<br />
möchte, dass meine Familie sich öffentlich<br />
für irgendetwas rechtfertigen muss<br />
bzw. auch bewertet wird.<br />
Ihr Sohn ist neun Monate alt. Wäre er<br />
schon 16, würden Sie ihm eine Entschuldigung<br />
für die Klimastreiks schreiben?<br />
Nein, die Schulpflicht in Österreich ist ein<br />
Privileg. Aber ich würde ihn darin bestärken,<br />
dass er sich für Themen, die ihm<br />
unter den Nägeln brennen, einsetzt und<br />
dafür auf die Straße geht. Er muss dann<br />
nur auch die Konsequenzen tragen.<br />
Verstehen Sie die Jugendlichen, die auf<br />
die Straße gehen?<br />
Voll. Normal hätte es das schon vor zehn<br />
Jahren geben müssen, weil es diese<br />
alarmierenden Berichte nicht erst seit<br />
gestern gibt. Wenn etwas Technisches<br />
wie das Co2 mit Leidenschaft aufgeladen<br />
wird, dann habe ich große Hoffnung,<br />
dass diese Generation etwas bewegt.<br />
Sie sind Nachhaltigkeitsministerin – wird<br />
Ihr Sohn nachhaltig aufgezogen? Holzspielzeug,<br />
Öko-Windeln, selbstgekochte<br />
Beikost?<br />
Ja klar, das geht bei uns automatisch,<br />
da wir schon vor vielen Jahren darauf<br />
verzichtet haben, unnötiges Plastik zu<br />
produzieren. Ich stamme selber aus einer<br />
Bio-Landwirtschaft und bin mit einem<br />
großen Ernährungsbewusstsein aufgewachsen.<br />
Für mich ist Fleisch etwas ganz<br />
Besonderes, das nicht billig gekauft und<br />
schon gar nicht weggeschmissen wird.<br />
Und das probieren wir auch unserem<br />
Baby weiterzugeben.<br />
Mit Kind und Karriere hat „frau“ schon<br />
genug zu tun – nun muss das Ganze<br />
noch umweltbewusst<br />
passieren. Setzt uns<br />
das grüne Leben unter<br />
Druck? Wie geht es<br />
Ihnen als Ministerin für<br />
Umwelt und als Mutter<br />
damit, diesen Ansprüchen<br />
gerecht zu werden?<br />
Auch ich bin nicht perfekt<br />
und auch ich kann diesen absolut<br />
nachhaltigen Lebensstil nicht vollständig<br />
leben. Aber ich glaube, dass der erste<br />
Schritt zu einer Veränderung die kritische<br />
Auseinandersetzung ist. Kleine Schritte<br />
machen, Stichwort Ernährung: Dass<br />
unser Essen regional und saisonal ist und<br />
nicht von irgendwoher eingeflogen wird.<br />
Was isst Ihr Sohn denn gern?<br />
Er liebt Spinat, da tun wir auch ein<br />
bisschen Knoblauch hinzu. Bei Karfiol<br />
kommen ihm die Tränen, den mag er gar<br />
nicht.<br />
Sie sagen „wir“. Kommen Sie überhaupt<br />
zum Kochen – oder macht das ihr Mann?<br />
In der Nacht und in der Früh gehört er<br />
„<br />
Es gibt keinen<br />
normalen<br />
Alltag.<br />
“<br />
mir – da koche ich dann auch, wann<br />
immer es möglich ist. Wir probieren,<br />
es aufzuteilen, so gut es geht. Und ich<br />
sage bewusst: So gut es geht. Denn<br />
es gibt keinen normalen Alltag. Es gibt<br />
Arbeitsblöcke und dazwischen Babyblöcke.<br />
Natürlich braucht jeder eine gewisse<br />
Flexibilität, weil manchmal das Baby<br />
schläft, wenn mein Block dran ist oder<br />
sich umgekehrt etwas bei mir verschiebt.<br />
Stillen Sie noch?<br />
Er hat am Wochenende beschlossen,<br />
nicht mehr zu wollen.<br />
Wow, beneidenswert. Ich<br />
bin „radikal“ auf Abstillwochenende<br />
ins Hotel<br />
gegangen… Bei uns<br />
ging das leider nicht von<br />
allein.<br />
Das ist extrem individuell.<br />
Mein Sohn ist viel<br />
gewohnt, weil er mich<br />
von Anfang an überall hinbegleitet hat.<br />
Es ist aber jede Situation anders, wie<br />
auch jedes Kind, jede Politikerin, jeder<br />
Mann. Daher denke ich, dass es keinen<br />
Masterplan Baby gibt.<br />
Als Politikerin haben Sie keinen Rechtsanspruch<br />
auf Mutterschutz und Elternzeit.<br />
Darüber haben Sie sich letztes Jahr<br />
beklagt. Immerhin mussten Sie selbst<br />
entscheiden, wann Sie zurückkommen.<br />
Fühlen Sie sich benachteiligt?<br />
Zugegebenermaßen ist es hart nach<br />
fünf Wochen wieder arbeiten zu gehen.<br />
Aber in der Politik ist es nun einmal so,<br />
dass es keinen Ersatz für eine gewählte<br />
Abgeordnete oder Funktion gibt. Bei<br />
/ FAMILY SPECIAL / 27
Abstimmungen etwa im Bundesrat macht<br />
es einen Unterschied, ob jemand da ist<br />
oder nicht.<br />
Haben Sie als Mutter für das System<br />
zurückgesteckt?<br />
Sicher. Aber das war mir auch bewusst<br />
und ich habe mich darauf vorbereitet.<br />
Wenn mir allerdings jemand vor zwei<br />
Jahren gesagt hätte, dass es so kommen<br />
würde, hätte ich laut gelacht und gesagt:<br />
„Nie im Leben!“. Weil ein Kind zu haben,<br />
ist das größte Geschenk und wenn ich<br />
dieses Glück einmal haben werde, dann<br />
will ich natürlich viel Zeit mit ihm verbringen.<br />
Dann ist es bei mir anders gekommen<br />
und das geht auch gut. Natürlich<br />
„<br />
Weniger Perfektionsdrang und mehr<br />
Selbstbewusstsein, rät sie jungen Frauen.<br />
(Männer seien ja per “ se perfekt! Lacht.)<br />
Pressesprecher bitte Ohren zuhalten! Denn manchmal kugelt die Ministerin lieber mit<br />
ihrem Baby am Boden herum, als eine perfekte Pressekonferenz vorzubereiten.<br />
vermisse ich mein Kind unfassbar. Vor<br />
allem, wenn ich nach Hause komme und<br />
er untertags irgendetwas gemacht hat,<br />
was er vorher noch nicht konnte. Aber<br />
auch das geht.<br />
Sind Sie eine andere Mutter geworden,<br />
als Sie gedacht hätten? Ich habe in der<br />
Schwangerschaft stets gedacht, dass ich<br />
fix die „coole Mum“ würde, deren Baby<br />
nicht im Ehebett schlafen wird und die<br />
niemals mit Helikopterrotoren um den<br />
Sprössling herumkreist. Es ist bzw. ich<br />
bin das Gegenteil geworden!<br />
Bei mir war es umgekehrt. Rückblickend<br />
muss ich sagen, ich hätte mir 99% der<br />
Sorgen, die ich mir in der Schwangerschaft<br />
gemacht habe, sparen können. Ich<br />
bin nächtelang wach gelegen und habe<br />
mir gedacht: Wie soll das gehen? Was<br />
ist, wenn das Baby immer schreit und<br />
wir nächtelang nicht mehr schlafen? Wir<br />
haben auch nicht genau gewusst, wie<br />
es meinem Mann in seiner neuen Rolle<br />
gehen wird. Manchmal muss man die<br />
Dinge aber auch einfach laufen lassen –<br />
weil es eh anders kommt.<br />
Apropos Mann. Er ist in Karenz gegangen<br />
und Sie bekommen von ihm viel<br />
Unterstützung…<br />
Genau! Ich bin nicht das Vorbild, sondern<br />
er ist es. Ich könnte das alles ohne meinen<br />
Mann nicht.<br />
Wie lange geht er in Karenz – ein oder<br />
zwei Jahre?<br />
Er könnte zwei und wir sind jetzt dabei zu<br />
schauen, was für das Baby das Beste ist.<br />
Ihr Mann ist Kärntner-Slowene. Wächst<br />
Ihr Sohn zweisprachig auf?<br />
Ja, uns ist wichtig, dass er zweisprachig<br />
aufwächst. Mein Mann spricht nur slowenisch<br />
mit ihm.<br />
Wo sind die Zwei denn gerade – ums<br />
Eck?<br />
Nein, mittwochs ist Babyschwimmen. Da<br />
ist alles im Zeichen der Schwimmwindeln.<br />
Mein Mann ist dabei immer noch<br />
die Ausnahme, wenn er mit den anderen<br />
sechs Müttern im Becken planscht.<br />
Welches Signal setzen Sie als prominente<br />
Frau und Politikerin für junge<br />
Frauen? Auch Neos-Chefin Beate Meinl-<br />
Reisinger hat angekündigt, schon nach<br />
acht Wochen wieder zurückzukehren.<br />
Setzt das junge Frauen in der Arbeitswelt<br />
nicht unter Druck und erzeugt eine<br />
Bumerangwirkung? Nach dem Motto:<br />
Wenn die Politikerinnen das so machen,<br />
muss ich das auch können?<br />
Nein, es sollte das Gegenteil sein. Es soll<br />
zeigen, egal wie junge Frauen ihr Leben<br />
leben wollen, so sollen sie es auch tun.<br />
Viele Frauen in Führungspositionen<br />
haben mir immer dieselbe Frage gestellt:<br />
Wie geht das? Und es geht bei keiner<br />
gleich. Viele werden einfach auch nicht<br />
die Unterstützung des Mannes haben.<br />
Und das macht einen Unterschied. Ich<br />
weiß, dass mein Baby bei meinem Mann<br />
genauso betreut ist wie bei mir. Der<br />
kümmert sich mit derselben Liebe und<br />
derselben Hingabe um unser Kind.<br />
Sehen Sie sich als Vorbild, dass Sie als<br />
Mutter so früh ins Arbeitsleben zurückge-<br />
28 / FAMILY SPECIAL /
kehrt sind?<br />
Nein, ich will keine Vorbildrolle haben.<br />
Das muss jeder für sich selbst entscheiden.<br />
Meist verdient der Mann mehr, das spielt<br />
in der Entscheidung eine Rolle.<br />
Absolut. Keine Lebensgeschichte ist vergleichbar.<br />
Ich finde, dass junge Frauen<br />
oft zu wenig selbstbewusst sind, das<br />
auch einzufordern.<br />
In der Redaktion begegnen mir junge<br />
Frauen, deren Mutter-Vorstellung vor<br />
allem vom lifestyligen Bild der „Insta-<br />
Mums“ geprägt ist. Nun vermitteln auch<br />
Politikerinnen das schöne Bild: Kind und<br />
Karriere – alles easy!<br />
Ich habe mich nie als Vorbild bezeichnet<br />
und werde das auch nie tun. Es ist<br />
mein Mann! Dass unsere Männer mehr<br />
Familienarbeit machen und das auch aus<br />
einem Inneren heraus machen, daran<br />
wird viel liegen. Außerdem habe ich<br />
gemerkt, dass es immer einen Weg gibt<br />
– um auch selber nicht auf der Strecke<br />
zu bleiben. Denn was in dem Ganzen<br />
komplett übrigbleibt, ist meine Person<br />
selber.<br />
Folgen Sie Insta-Mums?<br />
Ja. Zum Beispiel einer Kärntnerin mit vier<br />
Kindern. Das ist sicher noch einmal eine<br />
andere Liga…<br />
Wie finden Sie es, dass Bloggerinnen mit<br />
ihren Kindern Geld verdienen?<br />
Ehrlich, ich bin zum Teil für manche Tipps<br />
so dankbar. Ich bin ziemlich spät Mama<br />
geworden. Ich schupfe zwar ein Ministerium,<br />
aber plötzlich hast du ein vier Kilo<br />
Baby in der Hand und keine Ahnung, was<br />
richtig und was falsch ist. Hat er genug<br />
an? Daher ist es schon super für mich zu<br />
schauen, wie es andere tun. Natürlich ist<br />
das nie die reale Welt, aber es ist sowieso<br />
an unserer Generation gelegen, das<br />
auch so zu filtern.<br />
Haben es Mütter schwerer als Frauen in<br />
unserer Gesellschaft?<br />
Jede Frau hat ihre Herausforderungen,<br />
das ist klar. Mit der Mutterschaft kommen<br />
einige neue dazu. Aber es macht<br />
mich auch in manchen Dingen konsequenter.<br />
Ich nehme jetzt nicht mehr<br />
unbedingt jeden Abendtermin wahr, weil<br />
ich eben auch Zeit mit meinem Kind<br />
verbringen will.<br />
Aber Stichwort: Teilzeit, Altersarmut.<br />
Mich überrascht es positiv, dass sich<br />
manche meiner befreundeten Mütter<br />
inzwischen ihrer benachteiligten Pensionslage<br />
bewusst sind, wenn sie „nur“<br />
Teilzeit arbeiten.<br />
Voll, absolut. Vielen ist das allerdings<br />
noch gar nicht so bewusst…<br />
Und vom Pensionssplitting weiß kaum<br />
jemand!<br />
Ich glaube, dass sich<br />
Frauen in dieser Phase<br />
vielmehr noch um sich<br />
selbst kümmern und<br />
auch vieles vom Partner<br />
einfordern müssen.<br />
Denn Altersarmut betrifft<br />
fast nur Frauen. Weil ihnen zum Teil die<br />
Zeiten fehlen oder sie aus sehr einkommensschwachen<br />
Berufen kommen.<br />
Liegt es also in den Händen der Frauen<br />
selbst?<br />
Auch. Es braucht natürlich immer, wie in<br />
allen Bereichen, politische Rahmenbedingungen.<br />
Zum Beispiel Ansätze wie das<br />
Pensionssplitting * .<br />
Welchen Rat haben Sie an junge Frauen<br />
und Mütter?<br />
Dass sie nicht soviel Angst haben sollten,<br />
etwas falsch zu machen. Ich glaube,<br />
dass jede Frau versucht, das Beste zu<br />
machen und natürlich ist nicht jede<br />
gleich die perfekte Mama oder perfekte<br />
Ehefrau… Wir versuchen immer so perfekt<br />
zu sein. Davon müssen wir weg!<br />
„<br />
Nicht ich, mein<br />
Mann ist das<br />
Vorbild!<br />
Wollen das Frauen mehr?<br />
Natürlich. Männer hinterfragen sich ja<br />
weniger und sind ad persona schon<br />
perfekt. (lacht)<br />
Ich habe letztens mit einer Psychologin<br />
telefoniert, die würde das bestätigen.<br />
Frauen suchen stets bei<br />
sich die Schuld, Männer<br />
in der Außenwelt.<br />
Das ist bei mir genauso.<br />
Was ich anderen Leuten<br />
hinterherrenne, damit<br />
es für jeden passt...<br />
Im Endeffekt hat mich<br />
hier bereits mein Baby gelehrt, dass es<br />
andere Prioritäten gibt. Und dass am<br />
Boden liegen und sich den Bauch halten<br />
vor Lachen so viel wichtiger ist als – jetzt<br />
muss mein Pressesprecher weghören<br />
– eine perfekt vorbereitete Pressekonferenz.<br />
Erdet ein Kind also?<br />
Was wir in der Bundesregierung machen,<br />
ist ein Job 24h am Tag, 7 Tage die<br />
Woche. Das macht etwas mit dir. In diesem<br />
permanenten Druck und in der Last<br />
der Verantwortung, da ist ein Kind etwas<br />
Befreiendes. Weil du immer in zwei<br />
Augen schaust, für die du das machst,<br />
auch politisch – in keinem Bereich mehr<br />
als bei mir. ●<br />
Ihr Kind wird zweisprachig großgezogen, erzählt die Ministerin der biber-<br />
Chefredakteurin. Deren Sohn übrigens auch.<br />
“<br />
* Alles über Pensionssplitting&Co auf s. 43<br />
/ FAMILY SPECIAL / 29
DER PAPA<br />
IST NICHT DA!<br />
30 / FAMILY SPECIAL /
Von Stefan Pscheider, Fotos: Privat<br />
Ich war so stolz, als ich mit<br />
meinem Fahrrad zum ersten<br />
Mal ohne Stützräder um die<br />
Häuser zog, und so traurig,<br />
als ich im Englischunterricht<br />
meinen ersten Fünfer bekam.<br />
Ich erinnere mich gerne an<br />
Mamas leuchtende Augen,<br />
wenn sie Geschichten aus<br />
meiner Kindheit erzählte.<br />
Papa konnte ich leider nicht<br />
fragen. Er war nie dabei.<br />
Der Autor ist mit seinen Schwestern aufgewachsen, die ihn<br />
großgezogen haben.<br />
Sommerferien 2002. Wir sitzen im Auto. Mama, meine<br />
beiden Schwestern und ich. Zu der Zeit bin ich acht<br />
Jahre alt. Wir machen uns auf dem Weg zur Oma.<br />
Sie wohnt eine Autofahrstunde entfernt. Meine Mutter steigt<br />
heute nicht aus. Sie möchte lieber im Auto bleiben, verabschiedet<br />
sich und fährt. Ich habe schon während der Fahrt<br />
bemerkt, dass die Stimmung heute anders ist als sonst.<br />
Die gesamte Autofahrt über fiel kein Wort. Dabei hat Mama<br />
immer viel zu erzählen. Heute blieb sie stumm. Mama hat<br />
angekündigt, dass Oma Besuch hat. Unser Vater ist auf<br />
Besuch in Österreich. Nach fünf Jahren in Brasilien. Ich war<br />
drei Jahre alt, als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte. Ich<br />
kann mich nicht an ihn erinnern und plötzlich ist er da. Der<br />
Mann, den Leute in meinem Umfeld meinen Vater nennen.<br />
„DER PAPA IST DA!“<br />
Wenn ich nach der Schule bei<br />
Klassenkameraden zu Hause war,<br />
ertönte gegen späten Nachmittag<br />
immer ein lauter Schrei: „Der Papa<br />
ist da!“. Da wurde dann für zehn<br />
Minuten alles unterbrochen. Egal<br />
welches spannende Spiel gerade<br />
„Meine große Schwester<br />
hat in Mamas altem<br />
Hochzeitsalbum überall sein<br />
Gesicht weggekritzelt.“<br />
gespielt wurde. Erst mal den Papa begrüßen. Das muss sein.<br />
Bei uns war das anders. Meine Mutter hat wieder geheiratet,<br />
doch als Vater habe ich ihren Ehemann nicht gesehen. Das<br />
ging von beiden Seiten aus. Das Verhältnis war distanziert.<br />
Auch Konflikte wurden über Mutter gelöst. Ich konnte spüren,<br />
dass er mit der Vater-Rolle überfordert war. Das merkte<br />
ich spätestens als meine kleine Schwester, seine leibliche<br />
Tochter, auf die Welt kam. Da blühte er auf. Trotz der Mühen<br />
meines Stiefvaters war der Unterschied für mich immer<br />
spürbar.<br />
DER MYSTERIÖSE MANN<br />
Vor dem Besuch bei Oma habe ich des Öfteren von unserem<br />
Vater gehört. Meine große Schwester hat in Mamas altem<br />
Hochzeitsalbum überall sein Gesicht<br />
weggekritzelt. Ich wusste nicht,<br />
wie er aussieht. Da gibt es nur ein<br />
Foto, an das ich mich gut erinnere.<br />
Das hängt in einem selbstgebastelten<br />
Kalender bei Oma neben<br />
dem Kühlschrank. Im Monat Jänner<br />
verewigt. Ein altes Familienfoto,<br />
aufgezeichnet im Schnee, auf dem<br />
/ FAMILY SPECIAL / 31
auch Papa zu sehen ist. Das ist eines der wenigen Fotos, bei<br />
dem es meine Schwester Tina noch nicht geschafft hat, ihren<br />
Frust auszulassen. Ein einziges Foto also, das sich in meinem<br />
Gedächtnis eingebrannt hat. Ein einziges Foto, das mir eine<br />
Art Kommunikation ermöglichte. Keine weitere Verbindung<br />
zu ihm, dem mysteriösen Mann.<br />
DER UNGEBETENE GAST<br />
Zu Hause war es nie leise. Wir hatten eine turbulente, Großteils<br />
unbeschwerte Kindheit, haben immer viel gelacht und<br />
geblödelt. Gebrochen wurde die Stimmung durch Situationen,<br />
die von einer Person ausgelöst wurden, ohne dass<br />
diese anwesend war.<br />
Eines Abends bekam meine Mutter einen Anruf. Papa war<br />
am Telefon und wollte mit meiner<br />
großen Schwester sprechen. Sie<br />
ist fünf Jahre älter als ich und ging<br />
bereits zur Schule als Papa uns<br />
verlassen hat. Nach dem Telefongespräch<br />
rannte sie aufs Klo und<br />
musste sich übergeben. „Das hat<br />
mich komplett überfordert. Generell,<br />
wenn wir wieder in Kontakt<br />
„Ich erinnere mich, dass wir<br />
uns unter Karlis Stockbett,<br />
zwischen den Windeln<br />
versteckt haben.“<br />
getreten sind, war er plötzlich wieder weg und jedes Mal<br />
bin ich diejenige, die verletzt wurde“, erinnert sich Tina nur<br />
ungern. Auch in Streitsituationen mit meiner Mutter war<br />
die Person, die nie da war, trotzdem jedes Mal ein Thema.<br />
Schlechte Eigenschaften haben wir laut Mutter allesamt vom<br />
Vater geerbt. War sie von uns enttäuscht, gab es für sie<br />
immer nur einen Satz: „Du bist schon wie dein Vater!“. Das<br />
war für uns als Kinder immer die schlimmste Beleidigung und<br />
spätestens ab diesen Zeitpunkt wussten wir, es ist Schluss<br />
mit lustig.<br />
ÜBERFORDERT<br />
Da steht er also. Der Mann, von dem ich angeblich alle<br />
schlechten Eigenschaften geerbt habe. Der Mann, der<br />
Mama traurig macht. „Ich habe<br />
Geschenke mitgebracht“, sagt er<br />
mit hoffnungsvollem Blick. Ich höre<br />
ihn reden, ich sage aber nichts.<br />
Ich neige meinen Kopf etwas nach<br />
unten, meine Augen sind trotzdem<br />
auf ihn gerichtet. Seine kantige<br />
Stirn lässt ihn sehr ernst wirken und<br />
seine dunkelbraunen Haare werden<br />
langsam grau. Ich grinse. Ein kurzes<br />
Nicken. Und dann schreie ich ganz laut nach Oma und laufe<br />
davon. Auch meine elf Monate ältere Schwester Lara war<br />
mit der Situation überfordert. Ich erinnere mich, dass wir<br />
uns unter Karlis Stockbett, zwischen dem Vorrat Windeln<br />
versteckt haben. Karli war Omas Pflegesohn. Er konnte nicht<br />
sprechen, gefühlt hat er aber mehr mit mir geredet als Papa.<br />
KONSEQUENZEN<br />
Ich war von meinem Vater eingeschüchtert und das blieb bis<br />
heute so. Nicht nur bei ihm. Generell schrecke ich bei Männern<br />
anfangs zurück. Erzogen wurde ich von meiner Mutter<br />
und später von meinen 2 älteren Schwestern. Ich habe viel<br />
von ihnen gelernt. Barbiepuppen gehörten zum Beispiel<br />
nicht in den Ofen und Kaugummi nicht in deren Haare. Auch<br />
mit der Kleidung meiner Schwestern war nicht zu spaßen,<br />
sonst drohten Konsequenzen. Ich nahm ihre Tipps gerne an<br />
und schätzte die weibliche Umgebung. Sie gab mir Sicherheit.<br />
Trotzdem hätte ich gerne mal einen „männlichen Rat“<br />
erhalten oder eine unsensible Aufmunterung, die mich ein<br />
bisschen lockerer und selbstbewusster gemacht hätte.<br />
Freundschaften zu Männern fallen mir schwer und da gebe<br />
ich ihm die Schuld. Dem mysteriösen Mann, den ich kaum<br />
kannte und der trotzdem so viel auslöste. ●<br />
Sommerferien: Der Autor (vorne), seine Oma und seine<br />
Schwester.<br />
32 / FAMILY SPECIAL /
Elsa Okazaki, bereitgestellt<br />
MEINUNG<br />
Lasst mich von<br />
meinem Baby<br />
schwärmen!<br />
Halbzeit meiner Schwangerschaft. Was das<br />
bedeutet: Vieles, was zu erwarten war, hat<br />
sich schon bewahrheitet. Wochenlang habe<br />
ich alles Mögliche mehrmals am Tag ausgespieben<br />
- Chicken McNuggets blieben<br />
interessanterweise drin, Quinoa nicht, es wird<br />
spannend mit meinem Baby. Innerhalb einiger<br />
Wochen haben meine alten Sachen gespannt,<br />
dafür trage ich jetzt eine süße Kugel vor mir<br />
her. Ich drehe mich im Schlaf wie ein Döner,<br />
vergesse regelmäßig, was man mir sagt und<br />
letztens habe ich geweint, weil mein Mann<br />
zu wenig Risotto gemacht hat. Damit konnte<br />
ich ungefähr rechnen, beziehungsweise es<br />
war keine so große Überraschung. Womit ich<br />
jedoch nicht gerechnet habe: diese unaufhaltbare<br />
Welle an ungefragten Ratschlägen, die<br />
auf mich zugerollt ist.<br />
Beispiele für Ratschläge, die man als<br />
Schwangere sehr gut gebrauchen kann: „Mir<br />
war auch so schlecht, Akupressur hat mir<br />
so geholfen“ oder „Kauf dir unbedingt diese<br />
Strumpfhose, die hat den besten Halt“, „Mit<br />
dieser Creme habe ich mir den Bauch eingecremt“.<br />
Gewinnspiel<br />
HEY BABY<br />
Aus dem Bauch heraus<br />
Jelena Pantić-Panić<br />
Was kein Mensch braucht:<br />
„Mach jetzt was du willst, weil danach ist<br />
alles vorbei“<br />
„Du wirst die nächsten Jahre nicht mehr<br />
fernschauen können“<br />
„Kinder sind soooo anstrengend, aber das<br />
wirst du ja noch sehen hehehe“<br />
DAS LETZTE CHILLEN<br />
Könnt ihr mich bitte in Ruhe meine Schwangerschaft<br />
genießen lassen? Es kommt wie’s<br />
kommt – ich habe keine Ahnung, wie mein<br />
Baby sein wird, wie wir als Eltern sein werden<br />
und ich werde es früh genug erfahren. Was<br />
ich aber fix weiß: Jetzt gibt’s kein Zurück<br />
mehr. Es ist also völlig sinnlos und ehrlich<br />
auch ziemlich unangebracht werdenden Müttern<br />
den Kopf damit zuzumüllen, wie furchtbar<br />
das alles ist. Konkrete Tipps liebend gerne<br />
en masse, Hiobsbotschaften nein danke. Vielleicht<br />
bin ich auch super naiv und werde noch<br />
mein blaues Wunder erleben aber nichtsdestotrotz<br />
will ich jetzt einfach mit Horrorstories<br />
in Ruhe gelassen werden. Wenn mein Leben<br />
angeblich vorbei ist, dann ist doch jetzt meine<br />
letzte Chance zum Chillen, also lasst mich<br />
leben! Und wenn ich unbedingt was wissen<br />
will, frag ich nach.<br />
Die Tipps sind immer gut gemeint aber es<br />
spielen so viele Faktoren mit, wie man diese<br />
Zeit erlebt: Wie ist das Baby drauf? Wie sehr<br />
ist der Partner involviert? Auf was für ein<br />
Familiennetz kann man sich verlassen? Partner<br />
ist gecheckt und in meine Familie habe<br />
ich unendliches Vertrauen, dass sie uns zur<br />
Seite stehen wird. Einziger uneinschätzbarer<br />
Wackelkandidat: das Babylein. Und das soll<br />
bitte mal gesund auf die Welt kommen und<br />
dann schauen wir weiter.<br />
Das Gute am Schwangersein ist, dass ich<br />
irgendwie keinen Filter mehr habe. Es fällt<br />
mir gerade wesentlich einfacher, Leuten zu<br />
sagen, sie sollen mich einfach in Ruhe lassen.<br />
Und wenn wer beleidigt ist: Sorry, es sind<br />
meine Hormone!<br />
DM und biber verlosen 2 x 1 Care-Pakete für alle frischgebackenen<br />
Mamas und Mamas-to-Be unter euch. Einfach<br />
eine Mail an trost@dasbiber.at schicken und teilnehmen!<br />
SCHLAFEN<br />
WIE EIN BABY<br />
In der<br />
Schwangerschaft<br />
sagen dir viele: „Schlaf<br />
noch solange du kannst!“. Das<br />
Problem dabei ist: Man kann<br />
nicht vorschlafen, it’s not a<br />
thing. Und eine Kugel, ein<br />
tretendes Wesen, das sich darin<br />
befindet, sowie multiple nächtliche<br />
Toilettengänge sind nicht<br />
gerade ideale Bedingungen zum<br />
Durchschlafen. Darum Pflichtkauf<br />
für alle Schwangeren: ein<br />
Schwangerschaftskissen! Stützt<br />
den schweren Bauch, entlastet<br />
den Rücken und ist auch noch<br />
kuschelig. Auch später super<br />
zum Stillen. Allround-Talent!<br />
Übrigens auch für Nicht-<br />
Schwangere zu empfehlen, die<br />
gerne auf der Seite schlafen.<br />
FÜR DEN FALL<br />
DER FÄLLE<br />
Je näher der Geburtstermin<br />
rückt, desto intensiver werden<br />
gewisse Ängste: Wie soll<br />
ich das schaffen? Wird alles<br />
gutgehen? Was, wenn ich alles<br />
falsch mache? Und ist das Kind<br />
einmal da, werden die Sorgen<br />
eher mehr als weniger. Es kann<br />
also hilfreich sein, sich so gut<br />
es geht vorzubereiten. Im LYMA<br />
Studio in Mariahilf gibt’s am<br />
Samstag, den 18. Mai 20<strong>19</strong><br />
von 10:30-13:00 Uhr einen<br />
Erste-Hilfe-Kurs für Eltern von<br />
Babys und Kleinkindern. Kosten:<br />
ab 39 Euro. Süße Kurse wie<br />
Babyzeichensprache<br />
oder Mama-Baby-<br />
Yoga gibt’s dort<br />
übrigens auch!<br />
Weitere Infos<br />
unter lyma.at<br />
/ BABYSTYLE / 33
DIE BAD MOMS<br />
VON INSTAGRAM<br />
Valentina (links) und Bonnie (rechts) aka die Bad Moms von Instagram.<br />
instagram.com/valentinabelleza [1] / @josselin<br />
34 / FAMILY SPECIAL /
Genug von perfekten Insta-Muttis: Die deutschen It-Girls Bonnie Strange<br />
und Valentina Belleza gründen auf Instagram den „Bad Mom Club“ – und<br />
ermutigen Mütter, sich von ihrer unperfekten Seite zu zeigen.<br />
Von Aleksandra Tulej<br />
Wieso hat dein Baby noch keine Haare?“, „Wieso<br />
stillst du nicht?“, „Sorry, aber musst du<br />
wirklich halbnackte Bilder von dir posten? Du<br />
bist doch jetzt schließlich Mutter!“.<br />
Das ist nur ein Auszug der Kommentare, die die deutsche<br />
Influencerin, Moderatorin und Model Bonnie Strange auf ihrem<br />
Instagram-Account fast tagtäglich bekommt.<br />
Die 32-jährige Berlinerin mit russischen Wurzeln ist sehr<br />
präsent auf Social Media, vor allem auf Instagram. Mit ihren<br />
fast 830.000 Followern teilt sie viel aus ihrem Berufs- und Privatleben.<br />
Und gibt sich dabei einfach so, wie sie ist: Ob Fotos<br />
mit Zigarette, Oben-Ohne-Bilder oder Pics von ihren Tattoos.<br />
Für manch Follower Grund genug, sich Sorgen zu machen. Und<br />
die Bedenken mitzuteilen. Vergangenen Frühling wurde die Ex-<br />
„taff“-Moderatorin nämlich zum ersten mal Mutter.<br />
„DU HÄLTST DEIN BABY FALSCH!“<br />
Kaum war Bonnies Tochter Goldie Venus auf der Welt, ging<br />
der Shitstorm auf Instagram los. Neo-Mama Bonnie wurde<br />
dafür kritisiert, auf welche Weise sie ihr Baby auf dem Arm<br />
hielt oder in welche Richtung sie ihren Kinderwagen drehte.<br />
Immer hieß es: Falsch, falsch, falsch. Follower schüttelten den<br />
Kopf darüber, wo sie denn ihr Kind gelassen hätte, wenn sie<br />
mal einen Abend ohne Baby unterwegs war. Große Empörung<br />
auf Bonnies Profil herrschte auch, wenn das Model mal ein<br />
freizügiges Foto veröffentlicht hat – etwa oben ohne. Natürlich<br />
mit zensierten Nippeln, alles andere würde Instagram ja nicht<br />
zulassen. Es hieß trotz aller Zensur seitens Follower dann,<br />
sie sei doch schließlich Mutter und solle nicht „solche“ Bilder<br />
posten. Die Kommentare wurden im Laufe des letzten Jahres<br />
nicht weniger – also drehte Bonnie den Spieß um. „Mein Kind<br />
hat dieses Foto geschossen, natürlich”, konterte die Influencerin<br />
dann auf empörte Nachrichten über ihre Nacktheit. Und antwortet<br />
bis heute in diesem selbstironischen Ton auf ähnliche<br />
Kommentare.<br />
Denn die lassen sich nicht vermeiden:<br />
Der größte Teil von ihrer Arbeit findet online<br />
statt. Bonnie, die mit bürgerlichem Namen<br />
Jana Weilert heißt, ist, wie sie selbst sagt,<br />
„im Internet zuhause.“ Deshalb ist es auch<br />
nicht verwunderlich, dass Bonnie ihrer<br />
„<br />
Ich habe Zwillinge<br />
gemacht, damit ich<br />
nicht mitspielen muss…<br />
“<br />
Tochter Goldie schon ein eigenes Instagram-Profil eingerichtet<br />
hat.<br />
In der Bio von Goldies Instagram stellt Mama Bonnie klar:<br />
„Helicopter not welcome“ – als Warnung an alle „Helikoptermütter“.<br />
Dieser Begriff bezeichnet überfürsorgliche Mamas, die<br />
ihre Kinder auf jedem Schritt kontrollieren und diese regelrecht<br />
„umkreisen“, wie das eben bei Hubschraubern der Fall ist.<br />
Die Influencerin hat bislang noch nicht das Gesicht ihres<br />
Babys auf Instagram gezeigt. Es reicht einigen besorgten Followern<br />
aber schon, wenn sie ein Bild von Goldie im Leoprint-<br />
Strampler postet. Sie fragen, was dieses Muster denn an einem<br />
Baby verloren hätte und welche Rabenmutter ihrem Baby so<br />
etwas anziehe. Bonnies Reaktion?<br />
Sie veröffentlicht ein Foto mit dem Schriftzug „Bad Mom<br />
Club“ und fordert ihre Follower selbstironisch auf, sich für<br />
diesen Club zu bewerben. Unter dem Hashtag #badmomclub<br />
kommentieren Mütter aus aller Welt das Bild und teilen ihre<br />
„Geständnisse“ aus dem Alltag mit Kind und berichten über<br />
Situationen, die sie zu „Bad Moms“ machen - die Definiton<br />
dafür, dass niemand als Mutter perfekt sein muss. Auch nicht<br />
auf Instagram. Die Kommentare sehen dann etwa so aus:<br />
„HAB MEIN BABY IM HAUSFLUR<br />
VERGESSEN“<br />
„Hab mein neues Baby im Kindersitz im Hausflur vergessen“,<br />
gibt „headofalittleunicorn“ zu.<br />
„Kind hat Sand gegessen, musste also kein Abendbrot<br />
mehr machen. Bin ich drin?“, will „twoandahalfunicorn“ wissen.<br />
„Ich habe heute heimlich mit dem Kopf unter dem Tisch in<br />
mein Schokocroissant gebissen. Als ich gemerkt habe, dass<br />
mein Sohn mich beobachtet, hab ich so getan, als wäre nichts<br />
und habe versucht normal mit ihm zu sprechen, sodass er<br />
nichts abhaben will“ , kommentiert die Userin „krassmin“.<br />
„Ich zieh mir manchmal die Decke über den Kopf damit<br />
meine Kleine mich in Ruhe lässt und alleine<br />
spielt“, so der Kommentar von „roth.tanja.“<br />
„Ich habe Zwillinge gemacht, damit ich<br />
nicht mitspielen muss…“, schreibt „caroline.<br />
von.talstein“.<br />
Andere Followerinnen bedanken sich<br />
bei Bonnie dafür, dass sie sich und vor allen<br />
/ FAMILY SPECIAL / 35
anderen eingestehen dürfen, dass nicht immer alles heile Welt<br />
sein muss. Bonnie ging da nämlich schon vor Goldies Geburt<br />
mit einem Beispiel voran: So teilte sie öffentlich ihre Wut über<br />
den Vater ihres Babys, Leebo Freeman, mit. Der Musiker hat<br />
sie betrogen, als sie im neunten Monat schwanger war.<br />
Sie erzählte dann auf Instagram alles über das Ende der<br />
Beziehung, teilte mit, dass sie die Schlösser ausgetauscht hat.<br />
Aber auch, dass sie ihrem Kind den Vater nicht wegnehmen<br />
oder vorenthalten will. Für diese Transparenz wird sie von ihren<br />
Fans gefeiert – und von den - wie sie sie selbst nennt - oben<br />
erwähnten Helikoptermüttern, verurteilt.<br />
Eine, die Helikoptereltern genauso wenig ausstehen kann,<br />
ist Bonnies gute Freundin, das deutsche Tattoo-Model, DJane<br />
und Influencerin Valentina<br />
Belleza. Sie ist ebenfalls<br />
Mitglied in dem „Bad Mom<br />
Club.“<br />
Die 26-jährige<br />
Valentina hat im Februar<br />
ihren Sohn Noe zur Welt<br />
gebracht und kann vom<br />
Thema Mom Shaming auf<br />
Instagram ein Lied singen:<br />
Bei 100.000 Followern<br />
auf Instagram und einem<br />
Tattoo am Hals polarisiert<br />
man eben.<br />
Bei Valentina gingen<br />
die Kommentare los,<br />
schon bevor ihr Sohn<br />
überhaupt auf der Welt<br />
war. Ich habe mit Valentina<br />
gesprochen und sie<br />
gefragt, wie sie mit dieser<br />
ungebetenen Aufmerksamkeit<br />
umgeht.<br />
„ICH GHOSTE<br />
ALLE DINKEL-<br />
MUTTIS“<br />
„Manchmal reicht es<br />
einfach, einen entkoffeinierten<br />
Kaffee in die<br />
Kamera zu halten. Zack,<br />
hat man schon die ersten<br />
zehn Nachrichten von<br />
besorgten Mamas, die dir erklären, wie schädlich Koffein für<br />
das Ungeborene ist“ , erzählt mir das Model. Sie versucht, die<br />
Kommentare mit Humor zu nehmen.<br />
„Wenn es mir aber zu doof wird, ignoriere ich es und<br />
ghoste alle Dinkel-Muttis“, so die 26-Jährige, die derzeit mit<br />
ihrem Verlobten und ihrem kleinen Sohn in Paris lebt. Die<br />
Frage, die Valentinas Follower am meisten zu interessieren<br />
scheint, ist, ob das Model ihr Baby stillt oder nicht.<br />
„Falls nicht, dann soll ich mich doch bitte informieren, weil<br />
Stillen ja das Allerwichtigste auf der Welt ist“, so Valentina.<br />
Dabei geht es ja beim Muttersein um etwas anderes, so die<br />
Influencerin. „Es ist eine riesige Verantwortung und sehr viel<br />
Liebe. Man hat einen menschlichen Tamagotchi und neuen Mitbewohner<br />
in einem, das ändert viel“, sagt Valentina, die trotz<br />
Baby ihren Beruf als Model ausübt.<br />
„ENTFOLGEN UND SICH DAS LEBEN<br />
NICHT SCHWER MACHEN“<br />
Stichwort Model: Ich möchte wissen, was sie von After-Baby-<br />
Bodys auf Instagram hält. So nennt man im Instagram-Jargon<br />
Fotos von Körpern nach der Schwangerschaft. Viele Mütter<br />
zeigen sich mit Narben und Dehnungsstreifen oder posten Vorher-Nachher-Vergleiche,<br />
um ihren Fitness-Progress zu zeigen.<br />
„After-Baby-Bodys sind kein großes Thema für mich, ich<br />
habe auch nach ein paar<br />
Wochen meinen „alten“<br />
Körper wiedergehabt –<br />
Gene sei Dank“, erzählt<br />
Valentina.<br />
„Bei manchen dauert<br />
es länger, bei manchen<br />
geht es ruckzuck - aber<br />
wer seinen Körper gerne<br />
zeigen möchte, der sollte<br />
dies auch tun!“. Sie selbst<br />
hat sich gegen Ende ihrer<br />
Schwangerschaft nicht<br />
mehr sexy gefühlt und<br />
versteht deshalb total,<br />
wenn man sich nach der<br />
Schwangerschaft wieder<br />
wohler fühlt – und dies<br />
auch mit anderen teilen<br />
möchte.<br />
Das tun auch Bonnie<br />
und Valentina, die nach<br />
der Geburt ihrer Babys<br />
recht bald wieder Fotos<br />
von sich auf Instagram<br />
geteilt haben. Auch hier<br />
blieben Bonnie Kommentare<br />
wie „dünner hast<br />
du mir besser gefallen“<br />
seitens Follower nicht<br />
erspart. Aber das lässt die<br />
Model-Mama Valentina, als sie noch schwanger war.<br />
Influencerin kalt – „Celebrating<br />
my new mombod“<br />
schrieb sie als Caption unter ein Foto, das einen Monat nach<br />
der Geburt ihres Babys entstanden ist.<br />
„Jeder sollte begreifen, dass jeder Körper verschieden ist,<br />
wie jede Schwangerschaft, jedes Kind oder auch Erziehungsmethoden.<br />
Wer das nicht sehen mag - einfach entfolgen und<br />
sich nicht das Leben zu schwer machen“ , resümiert Valentina.<br />
Unter dem Hashtag #badmomclub wird man vielleicht<br />
keine bewiesenen Erziehungstipps finden, aber Storys über das<br />
Muttersein, wie es leibt und lebt. Und sind nicht alle Mütter<br />
manchmal ein wenig #badmoms? ●<br />
36 / FAMILY SPECIAL /
Bezahlte Anzeige<br />
Foto: iStockphoto<br />
„Jetzt macht der<br />
Sommer richtig<br />
viel Spaß.“<br />
Jasmin, 8 Jahre<br />
Anmeldung ab sofort möglich!<br />
DEIN PERFEKTER SOMMER<br />
Die „Summer City Camps“ sind das neue Wiener Ferienangebot.<br />
An 25 Standorten wird 6.000 Kindern ein Sommer voll Sport,<br />
Natur und Kultur geboten. Auch Lernunterstützung gibt es.<br />
FÜR KINDER UND ELTERN<br />
Wenn am 29. Juni zum letzten Mal<br />
in diesem Schuljahr die Glocke<br />
läutet, startet für Wiener Kinder<br />
zwischen sechs und 14 Jahren ein<br />
Sommer, den sie nie vergessen<br />
werden. Die „Summer City Camps“<br />
bieten bis Ende August ein umfassendes<br />
Programm und geben nicht<br />
nur den Kids die Chance, den Kopf<br />
frei zu bekommen, sondern helfen<br />
Eltern bei der Organisation.<br />
SPIEL, SPASS UND SPORT<br />
Als Belohnung für ein Jahr des<br />
Lernens tauschen die SchülerInnen<br />
Bleistift gegen Beachvolleyball<br />
und Biologiebuch gegen<br />
Badehose. In von PädagogInnen<br />
betreuten Kursen können die<br />
TeilnehmerInnen die Grundlagen<br />
des Skateboardfahrens erlernen,<br />
Erfahrungen in Tanz und Choreografie<br />
machen sowie in Berufssparten<br />
schnuppern und zum<br />
Beispiel den Kochlöffel schwingen.<br />
LERNUNTERSTÜTZUNG<br />
Ausflüge in die Natur, Kulturerlebnisse<br />
und Technik-Workshops<br />
sind weitere wichtige Bestandteile<br />
der „Summer City Camps“. In<br />
Trommelstunden und Theaterworkshops<br />
haben die Kinder Zeit,<br />
ihre kreative Seite kennenzulernen.<br />
In der „Kinder Uni Wien“ wird<br />
wiederum experimentiert und<br />
ausprobiert. An diversen Standorten<br />
wird es auch Programme<br />
für Kinder mit Behinderung geben.<br />
Eigene „Summer Schools“ bieten<br />
auch Lernunterstützung für<br />
SchülerInnen, bei denen es nicht<br />
nach Wunsch gelaufen ist. So<br />
können alle Kinder gemeinsam<br />
den Sommer genießen und niemand<br />
muss zu Hause bleiben.<br />
ALLE INFOS ZU DEN CAMPS<br />
Service-Telefon 01/524 25 09 46,<br />
www.summercitycamp.at
My Breast Friends<br />
Nippelsalbe unterstützt nicht etwa ein intensives erotisches Erlebnis. Stillhütchen sind<br />
kein Modetrend in der neuen Frühjahrs-Saison. Vienna Donut ist keine Backspezialität<br />
aus Wien. Biber-Kolumnistin und Neo-Mama Ivana Cucujkić-Panić präsentiert das<br />
Survival-Kit für frischgebackene Mütter.<br />
Pump it out!<br />
Es ist, was es ist. Eine<br />
Milchmelkmaschine für<br />
Menschenbrüste. Ja, man fühlt<br />
sich genauso. Wie eine Kuh.<br />
Ja, der Vorgang ist exakt<br />
derselbe wie beim Tier. Ja,<br />
ja, ja, es ist ur eigenartig,<br />
und man ist erleichtert,<br />
das Ding nach 15 Minuten<br />
Pumpzyklus wieder vom<br />
Körper schnallen zu<br />
dürfen. Aber, halleluja,<br />
ist es ein Segen für<br />
den Schlaf, wenn fürs<br />
Kind das Mittagessen<br />
frischgezapft<br />
bereitsteht und<br />
Mutti sich für drei<br />
Stunden ins Bett<br />
verkriechen darf.<br />
Cow-Feeling hin<br />
oder her.<br />
Fotos: Elsa Okazaki<br />
Text & Produktion:<br />
Ivana Cucujkić-Panić<br />
Make-up & Haare:<br />
Ivana Cucujkic-Panic<br />
Danke an: Sara Klarer<br />
„Die Hebamme in Wien“<br />
(www.diehebammeinwien.at),<br />
DAJAnELA<br />
(www.dajanela.at),<br />
RAVENMOTHERS<br />
(www.ravenmothers.at)<br />
Milchpumpe<br />
und Bustier für<br />
freihändiges<br />
Abpumpen:<br />
Medela, „Die<br />
Hebamme in<br />
Wien“-Shop<br />
(www.diehebammeinwien.at)<br />
Blazer: Editor’s<br />
own<br />
38 / FAMILY SPECIAL /
Peace for nipples!<br />
Das haben sie auch echt verdient. Baby und Brust müssen noch ein Team<br />
werden. Bis das mit dem Stillen klappt, und das kann echt dauern und fertige<br />
Neo-Mütter noch fertiger machen, werden die Brustwarzen vom ungeübten<br />
Still-Kind überstrapaziert. Abhilfe schaffen diese Stillhütchen. Aufsetzen,<br />
andocken, ausatmen.<br />
Shirt: Ravenmothers (www.ravenmothers.at)<br />
Jeans & Boxershort: Editor’s own<br />
/ FAMILY SPECIAL / 39
Passt wie der<br />
Donut aufs Aug’.<br />
Beziehungsweise auf die<br />
Brust. Dieser weiche, nicht<br />
zum Verzehr geeignete<br />
Textil-Krapfen mit Loch soll<br />
die Brust vor dem direkten<br />
Kontakt mit Stoff schützen.<br />
Diese ist von den ersten<br />
Stillversuchen ziemlich<br />
lädiert und braucht etwas<br />
Luft zum Atmen. Wer hat<br />
ihn erfunden, den „Wiener<br />
Brust-Donut“? Still- und<br />
Laktationsberaterinnen aus<br />
Österreich. Hat Eine-Million-<br />
Frage-Potenzial!<br />
Turban: DAJAnELA,<br />
www.dajanela.at<br />
Shirt&Jogger: Editor’s<br />
own<br />
Down under<br />
Dieses „sexy“ Netzteil ist<br />
die einzige Unterwäsche,<br />
die eine „Wöchnerin“<br />
nach der Geburt braucht<br />
und lieben wird. Die XXL-<br />
Wochenflussbinden - jap,<br />
da will noch einiges aus<br />
dem Körper nach der<br />
Geburt raus und kann einige<br />
Wochen dauern - bleiben,<br />
wo sie sollen. Tragekomfort<br />
1A. Fashionfaktor, Netz<br />
kommt jede Saison!<br />
40 / FAMILY SPECIAL /
Parenting unfiltered<br />
Vor der Geburt ist nach der Geburt<br />
Fast zehn Monate kämpfst du mit<br />
Wassereinlagerungen, Müdigkeit,<br />
Verstopfung, deinen Gefühlen, deinem<br />
Spiegelbild. Nur noch die Geburt<br />
überstehen, dann fängt der lustige<br />
Teil an. Im gehäkelten Pastellstrampler<br />
durch den Wald spazieren und<br />
auf Instagram erstmals die Hashtags<br />
#newmom #cutebaby setzen. Olé!<br />
Die ungefilterte Realität ist: Jetzt<br />
beginnt’s erst. Ein paar ehrliche Zeilen<br />
über das Wochenbett. Ohne Pastell.<br />
#realpostpartum<br />
1 Wochenbett heißt nicht umsonst so.<br />
Du liegst nach der Geburt wochenlang<br />
im Bett. Für mehr ist keine Kraft da. Dein<br />
Körper ist geschunden, offen, blutig.<br />
Bleib da, wo du hingehörst. Ins Bett.<br />
2 Leute, die „das Baby sehen kommen“<br />
wollen. Stressig. Mit vorgekochtem<br />
Essen und der guten Absicht, die Wohnung<br />
zu putzen und nach einer halben<br />
Stunde wieder zu gehen, herzlich eingeladen.<br />
3 Du bist nicht mehr schwanger. Du<br />
schaust aber noch so aus. Und das wird<br />
auch eine Weile so bleiben. Da, wo dein<br />
Kind 40 Wochen lang zu einer Wassermelone<br />
heranwachsen konnte, ist jetzt<br />
ein Loch. Bis dieses wieder schrumpft,<br />
triffst du bestimmt auf ein paar Witzbolde,<br />
die dich mit ihrem sensationell<br />
deplatzierten Sprüchen wie „nicht, dass<br />
da noch eins drin ist? hohoho“ in Wallung<br />
bringen werden.<br />
4 Apropos Wallungen. Deine Hormone<br />
kommen nach der Geburt immer noch<br />
nicht zur Ruhe und geben dir so richtig<br />
heiss-kalt: Dir ist buchstäblich mal heiß,<br />
mal kalt. Meistens heiß. Du schwitzt<br />
einfach unentwegt.<br />
5 Der wunderbare Preggo-Glow, der<br />
deine Haut zum Strahlen brachte und<br />
dein Haar für jede Shampoo-Werbung<br />
qualifizierte, verglüht langsam. Dein<br />
Hautbild gleicht zunehmend dem einer<br />
Pubertierenden. Dein Haar hängt unmotiviert<br />
im „bad-hair-day“-Mood oder fällt<br />
gleich strähnenweise ab. Am besten du<br />
verbannst, was noch da ist, für die nächsten<br />
Wochen in den „Mom Bun“, zum<br />
schiefen Knödel auf die Kopfmitte.<br />
6 In Schieflage ist auch deine Stimmung.<br />
Deine Laune schwankt zwischen<br />
ganz argem Baby-Blues und Tänzen auf<br />
rosa Wölkchen. Ganz plötzlich. Ganz<br />
stürmisch. Beim Stillen zum Beispiel.<br />
Das Baby dockt an - Tränen. Irgendwie<br />
schön. Irgendwie komisch. Sehr merkwürdig.<br />
Sehr anstrengend.<br />
7 Addiere zu dieser Gefühlsachterbahn<br />
263 Minusstunden Schlaf und du kannst<br />
dir die Länge deines Geduldsfadens ausrechnen.<br />
Der wird ziemlich oft reißen.<br />
8 Damit du diesen Ausnahmezustand<br />
überlebst, hat die Natur Oxytocin erfunden.<br />
Dein Körper wird dich reichlich mit<br />
diesem wunderbaren „Kuschelhormon“<br />
versorgen. Reduziert Stress, entspannt,<br />
macht glücklich und selig. Du wirst quasi<br />
high gemacht. Reine Überlebensstrategie.<br />
Stillen um 3:00h? Wunderschööön!<br />
9 Überhaupt schaltet dein Körper auf<br />
Autopilot. Deine Aufnahmefähigkeit ist<br />
begrenzt. Satzbildungen mit Beistrichen<br />
werden zur mentalen Herausforderung.<br />
Das Hirn ist Matsch. Stilldemenz at its<br />
best!<br />
10 Endlich wieder auf dem Bauch schlafen?<br />
Hach, immer noch nicht. Der Bauch<br />
ist weg. Dafür stehen jetzt die Brüste<br />
zwischen dir und der Matratze. Mit dem<br />
berüchtigten Milcheinschuss nimmt<br />
deine Oberweite Porn-Star-Dimensionen<br />
ein! Mach ein Foto. Nach dem Abstillen<br />
bleibt nur mehr Sternenstaub über.<br />
11 Irgendwann wird’s besser. Irgendwann<br />
heilt dann Körper, deine Seele. Du<br />
schaust wieder nach etwas aus, das früher<br />
du war. Dein Baby wird irgendwann<br />
durchschlafen. Du wirst irgendwann mal<br />
wieder deine Nägel lackieren können.<br />
Irgendwann fängt der lustige Teil an. Mit<br />
Waldspaziergängen und Pastell. #newmom<br />
#cutebaby
Shirt: Sarah, die Hebamme in Wien<br />
(www.diehebammeinwien.at)<br />
Wie geschmiert<br />
Was da so appetitlich anmutet wie scharfer Senf, ist Balsam für die Seele -<br />
ähm - Brustwarzen. Die sind wirklich arm in der ersten Stillzeit. Da zieht, saugt,<br />
beißt, kaut (ja, auch ohne Zähne funktioniert das ganz gut) jemand gefühlt rund<br />
um die Uhr an einem kleinen Stück Haut und Gewebe und du kannst dem nicht<br />
entkommen. Nippelbalsam ist da echt eine Wohltat für die Oberweite.<br />
Gewinnspiel: Survival -Kit fürs Wochenbett<br />
Biber verlost eine<br />
Wöchnerinnen-Tasche von<br />
Sarah Klarer „Die Hebamme<br />
in Wien“ mit der du für<br />
die Zeit nach der Geburt<br />
perfekt ausgestattet bist: Ein<br />
kuschliges Geburtshandtuch,<br />
Netzunterwäsche,<br />
Wöchnerinnenvorlagen (Maxi<br />
+ Mini), Bettunterlagen,<br />
Stilltee (Anti-Kolik),<br />
Stilltee (milchbildend),<br />
Heublumendampfbad.<br />
Um zu gewinnen, schreibe<br />
eine Mail an trost@dasbiber<br />
at mit dem Betreff „Chaos<br />
Mama.“ Das Gewinnspiel läuft<br />
bis 22.4. 20<strong>19</strong><br />
42 / FAMILY SPECIAL /
Gut zu<br />
wissen!<br />
Eltern aufgepasst:<br />
Ob leistbares<br />
Sommercamp,<br />
Infos über Karenz<br />
für Selbständige<br />
oder geteilte<br />
Pensionsvorsorge: Für<br />
diese Tipps werden uns<br />
alle Familien danken.<br />
Marko Mestrović<br />
Better safe than sorry –<br />
Zusatzversicherung<br />
Wenn das eigene Kind ins<br />
Krankenhaus muss, ist das<br />
eine Ausnahmesituation.<br />
Stress hat man da schon<br />
genug. Die Wiener Städtische<br />
bietet ein spezielles<br />
Vorsorgeangebot für Kinder<br />
und Jugendliche, das die<br />
Sonderklasse nach einem<br />
Unfall deckt.Das sind dann<br />
Upgrades wie ein Zweibettzimmer<br />
oder Transport mit<br />
dem Hubschrauber ins Krankenhaus<br />
oder die Begleitkosten.<br />
Je nach Bundesland<br />
können sich diese nämlich<br />
auf bis zu 70 Euro pro Tag<br />
belaufen. Durch MEDplus<br />
junior werden bei Krankheit<br />
die vollen Begleitkosten<br />
übernommen. Mit dem 18.<br />
Geburtstag ist ein Umstieg in<br />
die Sonderklasse möglich -<br />
ohne Gesundheitsprüfung.<br />
Selbstständig und in<br />
Karenz - Was muss<br />
ich beachten?<br />
Selbstständige, die<br />
Eltern werden, können<br />
genauso in Karenz gehen<br />
wie Angestellte. Aber<br />
Selbständige müssen in<br />
Punkto Zuverdienstgrenzen<br />
besonders vorsichtig<br />
sein, denn sonst drohen<br />
dicke Nachzahlungen.<br />
Die WKO verschickt<br />
daher für alle selbstständigen<br />
Eltern, deren Kind<br />
das 14. Lebensmonat<br />
erreicht hat, ein Informationsschreiben<br />
zur<br />
Abgrenzung des Kinderbetreuungsgeldes<br />
an alle<br />
Elternteile. Online kann<br />
man dazu das Beratungstool<br />
unter www.<br />
kinderbetreuungsgeld.<br />
wkoratgeber.at aufrufen!<br />
Pensionssplitting –<br />
gemeinsam für die<br />
Zukunft<br />
Alle Eltern können für die<br />
Jahre der Kindererziehung<br />
freiwillig Teilgutschriften<br />
auf ihre Pensionskonten<br />
eintragen. Der erwerbstätige<br />
Elternteil überträgt<br />
dabei Teile an den überwiegend<br />
Erziehenden. Das<br />
hilft vor allem Frauen, die<br />
häufiger in Teilzeit arbeiten<br />
und daher weniger in<br />
die Pensionsversicherung<br />
einzahlen. Statistisch<br />
fallen Frauen dann in<br />
Folge eher in Altersarmut<br />
als Männer, weil sie im<br />
Durchschnitt bis zu 43 %<br />
weniger Pension bekommen.<br />
Deshalb ist das Pensionssplitting<br />
eine super<br />
Investition in die Zukunft.<br />
Mehr Infos unter:<br />
www.sozialministerium.at<br />
Sommercamp für Kids – und<br />
ein Segen für die Eltern<br />
Dein Kind geht nicht mehr in den Kindergarten,<br />
ist aber noch zu jung, um<br />
zwei Monate Sommerferien allein zu<br />
verbringen? Sommercamps sind hier<br />
ein Segen, aber meistens sehr teuer.<br />
Das Western Union Kids Camp bietet<br />
ein cooles Programm. Hier können<br />
Kinder im Alter von sieben bis zwölf<br />
Fußball oder Hockey spielen, turnen,<br />
schwimmen und sich einfach auspowern<br />
– und das für einen Unkostenbeitrag<br />
von leistbaren 40 Euro<br />
pro Kind und Woche. Verpflegung ist<br />
inkludiert und kann auf individuelle<br />
Bedürfnisse zugeschnitten werden.<br />
Wann?<br />
Camp 1: 8.–12. Juli 20<strong>19</strong>,<br />
09:00–16:30 Uhr<br />
Camp 2: 15.–21. Juli 20<strong>19</strong>,<br />
09:00–16:30 Uhr<br />
(Betreuung ab 08:30 bis 17:00 Uhr)<br />
Wo?<br />
ASKÖ Sportgelände Brigittenau,<br />
Hopsagasse 5, 1200 Wien<br />
Infos bei der Anmeldung unter:<br />
mywukidscamp@westernunion.com<br />
/ FAMILY SPECIAL / 43
„Mein<br />
Mann<br />
betrügt<br />
mich …“<br />
„… ich<br />
liebe ihn<br />
trotzdem“<br />
44 / FAMILY SPECIAL /
Eine Affäre ist nach wie vor einer<br />
der häufigsten Gründe, weswegen<br />
Ehen und Beziehungen in die<br />
Brüche gehen. Aber nicht immer:<br />
Warum bleibt man beim Partner,<br />
obwohl man betrogen wurde?<br />
Von Aleksandra Tulej, Fotos: Marko Mestrović<br />
Nach außen hin erscheinen sie<br />
wie eine Bilderbuchfamilie.<br />
Marlies * , Ende fünfzig, lebt mit<br />
ihrem Mann in einer großen Altbauwohnung<br />
im siebten Bezirk in Wien, die mittlerweile<br />
erwachsenen Kinder sind schon<br />
ausgezogen und studieren oder arbeiten.<br />
Sie haben einen großen Freundeskreis<br />
und verbringen die Wochenenden in<br />
ihrem Haus am See. Marlies ist Hausfrau,<br />
ihr Mann ist geschäftlich viel unterwegs.<br />
Dass ihre Ehe nicht so perfekt ist,<br />
wie es nach außen scheint, wissen nur<br />
wenige: Marlies’ Mann hatte im Laufe<br />
ihrer mittlerweile 37 Jahre dauernden<br />
Ehe mehrere Affären mit verschiedenen<br />
Frauen – und Marlies wusste davon.<br />
„Ich bin ein Gewohnheitstier.“, sagt die<br />
sorgfältig geschminkte und in Markengewand<br />
gekleidete Frau. „Mein Mann war<br />
immer schon viel auf Geschäftsreisen<br />
unterwegs – Er bemühte sich eigentlich<br />
nicht mal richtig, seine Seitensprünge zu<br />
verstecken. Die Telefonate und Nachrichten,<br />
die ich auf seinem Computer<br />
las, waren dann eindeutig.“, erzählt sie.<br />
„Die Kinder wussten nie davon. Oder sie<br />
wussten es, und haben nichts gesagt.<br />
Ich habe nie nachgefragt, weil ich die<br />
Antwort nicht wissen wollte.“, antwortet<br />
sie auf die Frage, wie das das Familienleben<br />
beeinträchtigt hat.<br />
DAS KLISCHEE MIT<br />
DEM GELD<br />
Warum Marlies noch mit ihrem Mann<br />
verheiratet ist? „Es klingt banal, aber es<br />
ist nun eben so, dass er sehr gut verdient.<br />
Ich habe mich an diesen Lebensstil<br />
gewöhnt und er gibt mir diese finanzielle<br />
Sicherheit. Ich liebe ihn aber natürlich<br />
auch noch.“ Ob es sie nicht stört, dass<br />
ihr Mann Verhältnisse mit anderen<br />
Frauen hat? „Am Anfang natürlich schon,<br />
mittlerweile haben wir uns beide an<br />
diese unausgesprochene ‚Abmachung‘<br />
gewöhnt“ sagt sie. „Jetzt bin ich zu alt,<br />
um mich zu trennen. Ich habe geheiratet,<br />
als ich viel zu jung war, und jetzt bin<br />
ich zu alt.“ Fügt sie mit einem traurigen<br />
Schmunzeln hinzu. Ihr Mann hat aktuell<br />
auch eine Affäre, sie lebt in einer anderen<br />
Stadt in Österreich. Nächste Woche<br />
fährt er wieder „auf Geschäftsreise“.<br />
Bis <strong>19</strong>77 war Ehebruch in Österreich<br />
eine Straftat und wurde strafrechtlich<br />
verfolgt. Das Gesetz wurde mittlerweile<br />
abgeändert, trotzdem gilt es immer<br />
noch als schwerwiegender Fehler, wenn<br />
einer der Ehepartner ein außereheliches<br />
Verhältnis hat. Laut der Statistik Austria<br />
wurden letztes Jahr in Österreich 16.180<br />
Ehen aufgelöst – einer der häufigsten<br />
Scheidungsgründe ist immer noch der<br />
Ehebruch. Es gibt aber Paare, die trotz<br />
eines Seitensprungs zusammenbleiben.<br />
Die Gründe dafür sind unterschiedlich.<br />
Bei Marlies ist es das Geld, bei Anna *<br />
etwas anderes.<br />
DAS KLISCHEE MIT DER<br />
SEKRÄTERIN<br />
Anna* ist 54 und seit 27 Jahren mit<br />
ihrem Mann verheiratet. Sie selber<br />
sagt aber, dass sie nach der Affäre<br />
ihres Mannes von neu begonnen hat<br />
zu zählen. „Also sind es eigentlich nur<br />
drei“. Vor drei Jahren hat Anna gemerkt,<br />
dass zwischen ihr und ihrem Ehemann<br />
etwas nicht stimmt. Anna lebte mit ihren<br />
Kindern, die damals im Teenageralter<br />
waren, in Wien. Ihr Mann arbeitete in<br />
Polen und flog fast jedes Wochenende<br />
nach Wien zu seiner Familie. Die Entfernung<br />
tat der Ehe nach ein paar Jahren<br />
nicht gut: Ihr Mann verhielt sich immer<br />
seltsamer ihr gegenüber und ihr schien,<br />
als würde er ihr etwas verschweigen.<br />
Und sie lag damit richtig: „Ich habe<br />
gemerkt, dass irgendwas einfach nicht<br />
stimmt und ihn zur Rede gestellt. Ich<br />
musste ihm die Infos zwar aus der Nase<br />
ziehen, aber irgendwann gestand er es<br />
endlich: Er hatte sich in seine 25 Jahre<br />
jüngere Sekräterin verliebt und hatte<br />
auch eine jahrelange Affäre mit ihr.“<br />
Anna zögerte nicht lange, sondern fand<br />
die Telefonnummer der Geliebten raus<br />
und stellte sie zur Rede. Diese war zuerst<br />
perplex, rückte dann dennoch mit der<br />
Sprache raus „Er hatte mir gesagt, dass<br />
er seine Familie für mich verlassen wird.“<br />
bekam sie zu hören. Anna war jetzt<br />
klar, dass ihr Ehemann über Jahre ein<br />
Doppelleben gelebt hat. Was folgte, war<br />
eine Paartherapie, unzählige Gespräche,<br />
über Scheidung, über’s Zusammenbleiben.<br />
„Das war ein Prozess, der sich über<br />
Monate zog. Er war sich auch lange nicht<br />
sicher, ob er lieber mit ihr zusammensein<br />
will oder mit mir.“ Sie entschieden sich<br />
schlussendlich für das Zusammenbleiben.<br />
Sie hätten schon so viel zusammen<br />
überstanden, und auch der Kinder wegen<br />
wollten sie sich nicht trennen. Sie haben<br />
quasi einen Neuanfang gestartet, aber<br />
die Ehe sei nicht mehr wie früher, erzählt<br />
sie. Im Freundeskreis des Ehepaars<br />
wissen die anderen davon, Annas Mann<br />
ist nicht mehr überall gerne gesehen.<br />
„Andererseits ist das schon etwas verlogen,<br />
da ich weiß, dass solche Affären<br />
öfter vorkommen, als man glaubt.<br />
Nachdem es in meiner Ehe herauskam,<br />
hat jede zweite Freundin von mir erzählt,<br />
dass ihr Ehemann sie betrogen hatte.“<br />
Aber eben im Vertrauen. Wenn man<br />
damit an die Öffentlichkeit geht, beginnt<br />
das Stigma.<br />
Ob sie ihm verzeihen kann? „Ich<br />
denke, da geht es nicht darum, irgendwas<br />
zu verzeihen, das ist nicht der<br />
richtige Begriff. Aber uns sind viele<br />
Dinge klar geworden. Und ich habe jetzt<br />
endlich mehr gelernt, auf mich selbst zu<br />
schauen.“, sagt sie. Und was wurde aus<br />
der Affäre? „Sie hat sich einen neuen<br />
/ FAMILY SPECIAL / 45
Statistisch gesehen verlassen die wenigsten Männer ihre Frau für eine Affäre.<br />
Job gesucht, und ist jetzt angeblich<br />
schwanger von ihrem neuen Freund. So<br />
tief kann ihre „Liebe“ zu meinem Mann<br />
also nicht gewesen sein. Sie hätte ihm<br />
übrigens vorgeworfen, dass er ihr ihre<br />
besten Lebensjahre weggenommen hat.<br />
Dabei wusste sie ja genau, auf was sie<br />
sich da einlässt.“ Statistisch gesehen<br />
verlassen nämlich die wenigsten Männer<br />
ihre Frau für die Geliebte. Ob Anna die<br />
Seite der anderen Frau versteht? „Nein.<br />
Mir kann niemand sagen, dass man ein<br />
guter Mensch ist, wenn man sich auf<br />
eine Affäre mit einem verheirateten<br />
Mann einlässt.“<br />
„MEIN LEBEN WAR DURCH<br />
DIE AFFÄRE AUFREGEND<br />
WIE EIN JANE AUSTEN<br />
ROMAN“<br />
Die „andere“ Seite kennt Sofie * gut. Sofie<br />
ist viel jünger als Marlies und Anna, hat<br />
aber für ihr Alter auch schon viel in der<br />
Liebe durchgemacht. Sie lernte ihren<br />
gleichaltrigen Freund Nico* bei der<br />
Freiwilligenarbeit in einem afrikanischen<br />
Wildpark kennen, als sie gerade mal<br />
17 Jahre alt war. „Das war das erste<br />
mal, dass ich mich in jemanden verliebt<br />
hatte.“, erzählt die heute 26 Jährige.<br />
Es machte den Anschein, als würde er<br />
ihre Gefühle erwidern. Zu Beginn ihrer<br />
Bekanntschaft sagte Nico ihr aber, dass<br />
er zuhause in Wien eine Beziehung hatte,<br />
was auch der Grund war, warum Sofie<br />
sich nicht auf ihn einlassen wollte. Aber<br />
er ließ nicht locker. Nach ihrem „Gap<br />
Year“ blieben die beiden in stetigem telefonischen<br />
und SMS-Kontakt, das ganze<br />
zog sich über ein Jahr lang. Irgendwann<br />
erzählte Nico Sofie dann, dass er mit<br />
seiner Freundin schlussgemacht hätte.<br />
Sofie dachte nicht lange nach. Sie hatte<br />
gerade die Schule abgeschlossen und<br />
zog kurz daraufhin von Stockholm nach<br />
Wien – zum Studieren und zu Nico.<br />
Schon nach ein paar Wochen in Wien<br />
merkte sie, dass irgendwas hier nicht<br />
stimmen kann. Durch eine Studienkollegin<br />
Sofies, die über Ecken in Nicos<br />
Freundeskreis war, erfuhr Sofie, dass<br />
ihr Freund die ganze Zeit über parallel<br />
eine andere Beziehung führte: Mit seiner<br />
vermeintlichen Exfreundin, mit der er<br />
seit fünf Jahren zusammen war. Sofie<br />
stellte ihn zur Rede, er gestand ihr die<br />
Wahrheit. Und versprach, dass er mit<br />
der Freundin schlussmachen würde.<br />
„Bald.“ , hieß es. Aber er machte nie<br />
Schluss. Aus „bald“ wurden im Endeffekt<br />
sechs Jahre, in denen Sofie das<br />
Versteckspiel mitmachte. Sie hatte eine<br />
Affäre mit Nico, obwohl sie wusste, dass<br />
er eigentlich eine Freundin hatte. Jene<br />
Freundin vermutete übrigens , dass Nico<br />
sie betrog, blieb aber trotzdem mit ihm<br />
zusammen, da er sie immer wieder so zu<br />
manipulieren schien, dass sie wieder zu<br />
ihm zurückkam.<br />
Er manipulierte auch Sofie: „Wenn ich<br />
ihm nicht geantwortet habe, ist er dann<br />
tagelang vor meinem Haus gestanden<br />
und hat mich so lange überredet, bis ich<br />
dann doch mit zu ihm gefahren bin. Er<br />
hat mir versprochen, dass wir gemeinsam<br />
einen Wochenendtrip machen<br />
würden, oder dies und jenes unternehmen<br />
würden. Dazu kam es natürlich<br />
nie. Wir waren immer nur bei ihm im<br />
Bett“, erzählt sie. Er behandelte sie alles<br />
andere als respektvoll, sie spürte, dass<br />
sie nur die zweite Wahl war. Irgendwo<br />
hatte Sofie dann aber immer noch die<br />
Hoffnung, dass sie doch noch zusammenkommen.<br />
„Ich hatte die ganze Zeit<br />
über einfach Angst, dass ich nie wieder<br />
jemanden finde, der etwas von mir will.<br />
Das war naiv, aber ich war noch so komplett<br />
unerfahren.“, erzählt sie. Sofie lebt<br />
nun in wieder in Stockholm, wo sie ihren<br />
Master macht, und hat seit zwei Jahren<br />
einen Freund. Sie hat keinen Kontakt<br />
mehr zu Nico. „Soviel ich weiß, ist er<br />
immer noch mit seiner Freundin zusammen.<br />
Ich weiß aber auch, dass ich sicher<br />
nicht die Einzige war, mit der er sie<br />
betrogen hat.“ Den „Cut“, wie sie sagt,<br />
hat sie gebraucht, um endgültig von ihm<br />
wegzukommen. Was sie rückblickend<br />
über die Affäre sagt:<br />
„Irgendwie hat dieses Drama mein<br />
Leben dann intensiver gemacht, es war<br />
mehr wie ein Jane-Austin-Roman. Aber<br />
irgendwann habe ich dann gemerkt, dass<br />
ich die ganzen Jahre über einfach nicht<br />
glücklich war.“ Eine Affäre, sagt sie, will<br />
sie nie wieder sein. ●<br />
46 / FAMILY SPECIAL /
WARUM BLEIBT MAN ZUSAMMEN?<br />
Interview mit der dipl.<br />
Lebens – und Sozialberaterin<br />
Susanne Fabiankovits<br />
Was sind die häufigsten Beweggründe, aus<br />
denen sich Paare entscheiden, nach einer<br />
Affäre zusammenzubleiben?<br />
Eine Affäre signalisiert häufig eine Beziehungskrise<br />
und bedeutet gleichzeitig auch<br />
eine wunderbare Chance für eine „neue<br />
Beziehung“ zwischen dem Paar. Wenn sich<br />
Paare nach einer Affäre dazu entschließen<br />
in einem Beratungsprozess einzusteigen,<br />
sind sie meistens schon bereit zu ergründen,<br />
wie es zu dieser Krise kommen konnte.<br />
Im Laufe der Beratung kann das Paar ihre<br />
Gefühle füreinander bzw. die Liebe zueinander<br />
wieder entdecken. Und damit den<br />
Grundstein dafür legen, dass ihre Beziehung<br />
in eine neue Phase eintritt.<br />
Passiert das Ihrer Erfahrung nach oft, dass<br />
die Paare dann wirklich zusammenbleiben?<br />
Ob die Paare wirklich zusammen bleiben,<br />
hängt entscheidend davon ab, ob sich beide<br />
dafür entschieden haben, intensiv an ihrer<br />
Beziehung weiterzuarbeiten. Wenn es ein<br />
klares Bekenntnis zur Beziehungsarbeit<br />
gibt und diese konsequent ist, steht einer<br />
lebenslangen Beziehung nichts im Wege.<br />
Was raten Sie den Paaren, die es noch<br />
einmal versuchen wollen?<br />
Eine Paarberatung kann in diesen Fällen<br />
sicherlich sehr hilfreich sein. Paare lernen<br />
im Beratungsprozess das notwendige Werkzeug<br />
um achtsamer und bewusster ihre<br />
Beziehung zu leben. Wichtig ist sicherlich<br />
die Klarheit darüber, welchen Stellenwert<br />
zukünftig die Beziehung für jeden Einzelnen<br />
haben soll, und dann die Bereitschaft dieses<br />
auch unter all den anderen Herausforderungen<br />
des Alltags zu leben.<br />
DU BIST SÜSS.<br />
GLEICH UND GLEICH<br />
GESELLT SICH GERN.<br />
/ MIT SCHARF / 47
KARRIERE & KOHLE<br />
Studieren statt Saunieren<br />
Von Andrea Grman<br />
MEINUNG<br />
Einfach<br />
ausprobieren<br />
Als Teenager habe ich die Erwachsenen<br />
immer bewundert. Sie schienen<br />
alle zu wissen, was sie tun. Wie sie<br />
ganz selbstverständlich von Haushaltsversicherungen<br />
und Aktienfonds<br />
gesprochen haben. Ich dachte<br />
mir damals nur: „Ich weiß nicht<br />
einmal, wie ich mir einen Zahnarzttermin<br />
ausmache. Wie soll ich das<br />
jemals alles lernen?“ .<br />
Lange habe ich darauf gewartet,<br />
auch so „erwachsen“ zu werden und<br />
einen Plan vom Leben zu haben. Einfach<br />
zu wissen, was man tut. Doch<br />
je mehr ich beobachte, desto mehr<br />
komme ich drauf: Eigentlich weiß<br />
hier niemand so richtig, was er tut.<br />
Stattdessen probiert man einfach<br />
und schaut, was passiert. Im besten<br />
Fall fragt man nach und holt sich<br />
Ratschläge von Menschen, die mehr<br />
Erfahrung haben. Im schlechtesten<br />
Fall tut man so, als könnte man<br />
bereits alles – und scheitert.<br />
Das mit dem Arzttermin bekomme<br />
ich mittlerweile hin. Und für alles<br />
andere weiß ich zumindest, wo ich<br />
nachfragen muss. Wie das Erwachsene<br />
eben machen.<br />
grman@dasbiber.at<br />
TÖCHTERTAG!<br />
Girls, aufgepasst! So eine Chance<br />
bekommt ihr so bald nicht mehr.<br />
Besucht am 25. April den Wiener<br />
Töchtertag und genießt exklusive<br />
Einblicke in die Arbeitswelt von<br />
morgen. Mehr Infos unter<br />
www.toechtertag.at<br />
Du hast in Bulgarien eine<br />
Journalismus-Plattform<br />
aufgebaut. Was ist deine<br />
Aufgabe?<br />
Mit Anfang des Jahres<br />
haben wir ein Outlet<br />
des österreichischen<br />
digitalen Wirtschaftsmagazins<br />
Trending<br />
Topics gegründet. Dabei<br />
berichten wir aus dem<br />
Herzen der lokalen Startup-<br />
und Innovations-<br />
Szene. Ich selbst sehe<br />
mich als Facilitator. Ich<br />
übersetzte ein erfolgreiches<br />
Medienmodell<br />
aus Wien auf „Bulgarisch“<br />
und versuche ein<br />
gutes Redaktionsteam<br />
mit Wissen über die<br />
lokalen Unternehmen<br />
und Prozesse aufzubauen.<br />
Welche Anforderungen hat der<br />
Journalismus der Zukunft?<br />
Die Medienlandschaft ist bereits<br />
seit Jahren im Wandel. Die größten<br />
3<br />
FRAGEN AN:<br />
Gewinnspiel<br />
Ich bin so froh, diesmal eines<br />
meiner absoluten Lieblingsbücher<br />
verlosen zu dürfen: Das Café<br />
am Rande der Welt von John<br />
Strelecky. Wollt ihr herausfinden,<br />
warum ihr hier seid? Schickt mir<br />
ein Mail an grman@dasbiber.<br />
at. Mit etwas Glück findet ihr<br />
bald eines der drei Exemplare in<br />
eurem Briefkasten.<br />
Herausforderungen<br />
sind die etwas veralteten<br />
Business-Modelle.<br />
Gleichzeitig ergibt sich<br />
auch viel Freiraum für<br />
IRINA<br />
Experimente. Medien<br />
müssen viel agiler,<br />
mutiger und technologieaffiner<br />
werden. Im<br />
Kontext von „Fake news“<br />
und „Desinformation“ ist<br />
und bleibt das Wichtigste<br />
jedoch die Qualität<br />
der Inhalte.<br />
Welchen Ratschlag hast<br />
du für junge Menschen,<br />
die gerade ihre Karriere<br />
starten?<br />
Ich empfehle jedem,<br />
weniger auf Geld oder<br />
Status zu schauen, sondern<br />
viel mehr darauf,<br />
wie gerne sie oder er diesen Job<br />
macht. Wenn man Spaß und Leidenschaft<br />
im Job hat, folgt der finanzielle<br />
und soziale Erfolg oft ganz natürlich.<br />
OBUSHTAROVA<br />
Managing Director von<br />
Trending Topics Bulgaria (und<br />
ehemalige biberica)<br />
Marko Mestrović, Astrid Knie, Christian Krzywoblocki<br />
48 / KARRIERE /
Demner, Merlicek & Bergmann<br />
Deine Chance auf alle<br />
Mit der Lehre zur Versicherungskauffrau/<br />
zum Versicherungskaufmann durchstarten<br />
und Karriere machen! Alle Infos auf<br />
wienerstaedtische.at/lehrlinge<br />
wienerstaedtische.at<br />
DEINE FÄHIGKEITEN MÖCHTEN WIR HABEN
„Wie Tanya<br />
müssen wir<br />
sein“<br />
Die afghanische Journalistin Tanya<br />
Kayhan musste nach Todesdrohungen<br />
ihr Heimatland verlassen.<br />
In Österreich arbeitet sie bei einem<br />
großen Nachrichtensender als Videojournalistin<br />
und motiviert in ihrer<br />
Freizeit junge Afghaninnen, aus dem<br />
Schatten der Männer zu treten.<br />
Von Amar Rajkovic, Fotos: Soza Almohammad<br />
Tanya Kayhan ist vielbeschäftigt und schwer für<br />
ein Interview zu bekommen. Entweder musste<br />
sie kurzfristig bei einem Dreh als Videojournalistin<br />
für den Nachrichtensender „OE24.TV“<br />
einspringen oder ihre Tätigkeit als Obfrau des Vereins<br />
„Interkulturelles Entwicklungszentrum“ erforderte ihre<br />
Anwesenheit in den Klubräumen. Beim dritten Anlauf hat<br />
es dann geklappt. Tanya Kayhan ist sichtlich stolz, als sie<br />
uns im Newsroom ihres derzeitigen Arbeitgebers empfängt.<br />
„Wir sind der erste Nachrichtensender Österreichs“, sagt<br />
sie während mehrere Kolleginnen an ihrem Platz vorbeihuschen.<br />
Die 33-Jährige liebt Stress und Hektik, die ganz<br />
gewöhnlichen Wegbegleiter von Journalisten, vor allem,<br />
wenn sie – so wie in diesem Fall – ihr Handwerk im zerrütteten<br />
Afghanistan erlernt haben.<br />
VON TALIBAN VERTRIEBEN<br />
In Kunduz im Nordwesten Afghanistans geboren, wurden<br />
die Weichen für Kayhans Reporter-Karriere schon früh<br />
gestellt. „Ich habe in der Schule Präsentationen anmoderiert<br />
und habe die Bühne nicht gescheut“, erinnert sich<br />
Kayhan. Als sie später die Aufnahmeprüfung an der Uni<br />
für Politikwissenschaften in Kabul nicht schaffte, bekam<br />
sie von ihrem Vater den Tipp, Journalismus zu studieren.<br />
Was sie auch erfolgreich tat. Ihr erster Arbeitgeber war das<br />
afghanische Parlament, für das sie Onlinebeiträge schrieb,<br />
kurz darauf wurde sie im Jahr 2008 als Nachrichtenspre-<br />
Tanya Kahyan absolvierte die biber-Akademie, die ein Sprungbrett<br />
auf ihrem Weg als Journalistin in Österreich war.<br />
50 / KARRIERE /
cherin für politische Sendungen vom<br />
Sender „1TV“ engagiert. Die letzte<br />
Station vor ihrer Flucht nach Österreich<br />
war „Voice of America“, ein<br />
von den Amerikanern unterstützter<br />
TV-Sender.<br />
In der Zwischenzeit hat ein Arbeitskollege<br />
von Kayhan neben uns Platz<br />
genommen. Er hört interessiert zu<br />
und lobt ungefragt die Fähigkeiten<br />
Kayhans. Sie sei professionell,<br />
pünktlich und habe so viel erlebt,<br />
stimmt ihm eine andere Kollegin zu.<br />
Dabei war Kayhans Weg zurück zum<br />
Journalismus lang und beschwerlich.<br />
Nach ihrer Ankunft in Österreich<br />
versuchte sie sich als Hostess am<br />
Flughafen. In der Lounge betreute<br />
sie VIP-Gäste und lachte freundlich.<br />
Glücklich wurde sie dort nicht. Die<br />
Vollblutjournalistin brauchte den<br />
Stress, die Hektik, das Unerwartete.<br />
Durch Zufall landete sie in der Akademie<br />
des biber-Magazins, wo man<br />
schnell verstanden hatte: „Wir haben<br />
einen afghanischen TV-Star gefunden“,<br />
schmunzelt Kayhan. Anschließend<br />
sammelte sie Erfahrungen<br />
beim TV-Sender W24, gründete den<br />
Verein „Interkulturelles Entwicklungszentrum“,<br />
bei dem sie Asylwerbern<br />
journalistische Fähigkeiten vermittelt<br />
und trat als Testimonial für die ORF-<br />
Spendenkampagne „Helfen wie wir“<br />
vor der Kamera auf.<br />
Kayhan hat sich mit ihrem Engagement<br />
zwangsläufig zu einem Vorbild<br />
für viele junge Afghanen und<br />
vor allem Afghaninnen gemausert.<br />
Sie möchte das negative Image<br />
ihrer Landsleute aufpolieren und<br />
kämpft gegen Pauschalisierungen.<br />
Das ist auch ein Problem bei der<br />
Arbeitssuche: „Wir leiden unter dem<br />
schlechten Ruf. Deswegen schämen<br />
wir uns, uns als Afghanen vorzustellen,<br />
und sind total verunsichert<br />
bei Bewerbungsgesprächen“, weiß<br />
Kayhan. Schlechte Aussichten für<br />
Menschen aus Afghanistan auf dem<br />
österreichischen Arbeitsmarkt?<br />
VATER HAT AN SIE<br />
GEGLAUBT<br />
Nicht ganz, wie die Zahlen belegen:<br />
Laut dem AMS waren im Dezember<br />
letzten Jahres 9.<strong>19</strong>2 Afghanen in<br />
einer unselbständigen Beschäftigung.<br />
Im Jahr davor waren es lediglich<br />
6.826. Im Vergleich: 7.659 Syrer<br />
gingen im Dezember des vergangenen<br />
Jahres einer fixen Beschäftigung<br />
nach. Der Anstieg zeigt: Selbst wenn<br />
viele afghanische Arbeitnehmer<br />
billig bezahlte Jobs annehmen,<br />
hat sich die Zahl derer, die in einer<br />
heimischen Firma angestellt sind,<br />
innerhalb eines Jahres um knapp<br />
35% erhöht. Dadurch entlasten sie<br />
den Arbeitsmarkt, zahlen Steuern<br />
und ihre Pensionsbeiträge. Das<br />
schlagkräftigste Argument gegen<br />
mediales Afghanen-Bashing. Kayhan<br />
hat auch gleich Tipps für ihre Landsleute<br />
parat: „Ihr dürft trotz Absagen<br />
nicht aufhören, Beharrlichkeit zahlt<br />
sich aus. Ihr solltet euch auch nicht<br />
schlecht fühlen, weil ihr aus Afghanistan<br />
seid, denkt immer positiv“,<br />
setzt sie fort. „Und seid stolz auf das,<br />
was ihr könnt.“ Sie sei froh, dass ihr<br />
Vater immer an sie geglaubt hat. Sie<br />
kann sich heute keinen anderen Job<br />
vorstellen.„Anfänglich war es schwierig<br />
mit der Sprache. In unserem Job<br />
muss es schnell gehen und daher<br />
wird auch schnell gesprochen“, erinnert<br />
sie sich. „Mit mir sprechen meine<br />
Kollegen aber etwas langsamer<br />
und weniger im Dialekt, damit ich sie<br />
verstehe“, grinst Kayhan während<br />
sie einen Beitrag auf ihrem Computer<br />
schneidet. Ihre Vorgesetzte Sabrina<br />
Blagojevic ist voll des Lobes über ihre<br />
rasende Reporterin vom Hindukusch:<br />
„Es macht viel Freude zu sehen, wie<br />
sich Frau Kayhan im Rahmen ihrer<br />
Tätigkeit entwickelt. Als Kamerafrau<br />
zeigt sie großen Einsatz und liefert als<br />
Frau in einer Männerdomäne tolle Bilder.“<br />
Worte, die Kayhan für kurze Zeit<br />
rot werden lassen. Worte, die sich<br />
das Allroundtalent hart erarbeiten<br />
musste. Von Taliban verfolgt, nach<br />
Europa geflüchtet, hier unglücklich<br />
gearbeitet bis sie in der Medienbranche<br />
endgültig Fuß gefasst hat. Liest<br />
sich doch viel besser als ein Messerangriff<br />
oder eine Vergewaltigungstat,<br />
die im Boulevard auch entsprechend<br />
ausgeschlachtet werden? Das wissen<br />
auch die jungen Afghaninnen, die<br />
Kayhan nacheifern. „Wie Tanya müssen<br />
wir sein“, sagen sie. ●<br />
Aleks Jobicić<br />
Job?<br />
Fix!<br />
BEZAHLTE ANZEIGE<br />
DIE BERUFSLEBENS KOLUMNE DES<br />
AMS WIEN<br />
Mein Lebenslauf in meiner Bewerbungsmappe:<br />
Das bin ich. Also sozusagen. Es ist die<br />
Kurzfassung all dessen, was ich bisher so<br />
gelernt und geleistet habe. Eine Beschreibung<br />
meiner Stärken und Fähigkeiten, und<br />
natürlich meiner Erfahrungen.<br />
Das klingt jetzt ein bissl zu feierlich? Naja,<br />
aber eigentlich merkt man, wenn man zum<br />
ersten Mal das eigene Berufsleben so in<br />
Worte fasst, dass man schon was drauf hat.<br />
Dass das nicht nichts ist, was man bisher<br />
gemacht hat, weswegen ja auch die Personalverantwortlichen<br />
als erstes ihre Nase da<br />
hineinstecken. Und: Der Lebenslauf wächst<br />
mit dir mit, wird dichter und interessanter,<br />
wie das ganze Leben.<br />
Und darauf will ich diesmal hinaus: Halte deinen<br />
Lebenslauf aktuell! Ruh dich nicht darauf<br />
aus, dass du eh vor einem Jahr deinen<br />
Werdegang hübsch gestaltet hast, wenn sich<br />
in der Zwischenzeit allerhand verändert hat!<br />
Gerade, was du zuletzt getan und gelernt<br />
hast, ist wichtig und darf nicht fehlen.<br />
Und schließlich geht’s ja um nichts anderes,<br />
als dass sich die Betriebe darum streiten, dir<br />
einen Job oder eine Lehrstelle anbieten zu<br />
dürfen. Glaubst du nicht? Ist so!<br />
Tipp: Wenn der Lebenslauf, den das AMS<br />
von dir hat, älter ist als ein Jahr, dann<br />
schick unbedingt einen neuen. Die Leute<br />
beim AMS wollen dich so gut wie möglich<br />
unterstützen und können dann einfach<br />
besser das Optimale für dich herausholen.<br />
Mehr Infos gibt’s auch hier: ams.at/wien<br />
/ KARRIERE / 51
Selbermacher<br />
Bio-<br />
Delikatessen<br />
mit sozialem<br />
Plus<br />
BioBalkan ist ein junges<br />
Unternehmen, das<br />
frische Bio-Produkte<br />
vom Balkan direkt in<br />
unsere Mägen bringt<br />
und dabei kleine Bauern<br />
und Frauen aus<br />
benachteiligten Gruppen<br />
vor Ort unterstützt.<br />
Text: Nada El-Azar, Fotos: Soza Almohammad<br />
Der Balkan – eine Region mitten in<br />
Europa, für viele Österreicher ein<br />
Sehnsuchtsort, in dem die Sonne<br />
lange scheint und das Meer in Riechweite<br />
liegt. Und doch eine Region, die es<br />
nicht ganz ins Zentrum geschafft hat. Die<br />
Böden sind nahrhaft und sogar seltenes<br />
Obst gedeiht am Rande der Dörfer. Zwei<br />
Unternehmer wollen nun dieses Potential<br />
ausschöpfen und dabei etwas Gutes für die<br />
Gesellschaft tun.<br />
UNTERSTÜTZUNG FÜR<br />
KLEINE BAUERN<br />
Hans-Jörg Hummer ist einer der Gründer<br />
von BioBalkan: einem Unternehmen, das<br />
eine kleine aber feine Auswahl an Bio-Spezialitäten<br />
vom Balkan auf den heimischen<br />
Markt bringt. Er sorgt mit finanzieller Unterstützung<br />
dafür, dass Bauern in Serbien, die<br />
ihren Betrieb auf Bio umzurüsten, mit den<br />
dazugehörigen Kosten fertig werden. Seit<br />
20 Jahren gibt es schon Bestrebungen,<br />
am Balkan die Bio-Landwirtschaft voranzutreiben<br />
– mit einem Problem: „Einige<br />
Bauern stellen erst ihre Betriebe aufwändig<br />
um und bleiben dann auf ihren Produkten<br />
sitzen“, erklärt Hummer. Der Österreicher<br />
spricht fließend serbisch, nachdem er fast<br />
15 Jahre beruflich am Balkan soziale Projekte<br />
betreute und sich stark mit Themen<br />
wie regionaler und ländlicher Entwicklung<br />
sowie Armut auseinandergesetzt hat. Wie<br />
es der Zufall wollte, fand er zu Slobodanka<br />
Pavlovic von Radanska Ruza (dt. die Rose<br />
vom Radangebirge), einem Social Business<br />
aus Serbien. In enger Zusammenarbeit stellt<br />
52 / KARRIERE /
Radanska Ruza hochwertige Bio-Produkte<br />
her, deren exklusiver Abnehmer BioBalkan<br />
ist. „Für Bio-Produkte mangelt es oftmals<br />
an Kaufkraft“, so Pavlovic im Gespräch.<br />
BALKAN-KLASSIKER IN HANDARBEIT<br />
Hans-Jörg Hummer versichert: „Bei<br />
Biobalkan steht nicht der Gewinn im<br />
Vordergrund, sondern die Hilfe vor Ort.<br />
Beschäftigt werden bei uns 30 bis 50<br />
Frauen in einer der ärmsten Regionen<br />
Europas und die allesamt aus marginalisierten<br />
Gruppen stammen.“ Menschen<br />
mit Behinderung, Langzeitarbeitslose oder<br />
alleinerziehende Frauen aus den Dörfern<br />
stellen nach alten Familienrezepten in<br />
reiner Handarbeit und ohne maschinelle<br />
Hilfe die Klassiker der Balkanküche Ajvar,<br />
Maliđano und Pinđur her. „Wir bezahlen<br />
unsere Mitarbeiterinnen für Tätigkeiten, die<br />
sie seit Jahrzehnten unentgeltlich verrichtet<br />
hatten“, sagt Slobodanka Pavlovic.<br />
Unlängst wurde der Onlineshop eröffnet,<br />
bei dem man die Produkte im schicken<br />
Sechserpack bestellen kann – perfekt als<br />
delikates Geschenk. Wir sagen: „Prijatno!“<br />
Diese Bio-Delikatessen werden nach<br />
traditionellen Familienrezepten ausschließlich<br />
von Hand gefertigt.<br />
Mehr Informationen unter:<br />
www.biobalkan.info<br />
WKO-WIEN HILFT<br />
Im Gründerservice der WKO-<br />
Wien kann man bei einem<br />
Beratungsgespräch alle Fragen<br />
stellen, die die Gründung eines<br />
Unternehmens betreffen. Im<br />
Vorhinein kann man sich auch<br />
schon eigenständig online<br />
informieren. Ob generelle<br />
Tipps zur Selbstständigkeit,<br />
rechtliche Voraussetzungen,<br />
Amtswege oder Finanzierungsund<br />
Förderungsmöglichkeiten:<br />
Auf der Website kommt man<br />
mit wenigen Klicks zu allen<br />
wichtigen Informationen.<br />
wko.at/wien<br />
www.gruenderservice.at<br />
Die Selbermacher-Serie ist eine<br />
redaktionelle Kooperation von das<br />
biber mit der Wirtschaftskammer<br />
Wien.<br />
ZEIGEN SIE<br />
WAS SIE<br />
KÖNNEN<br />
» WKO FIRMEN A–Z –<br />
IHRE INDIVIDUELLE VISITENKARTE IM WEB<br />
Sie wollen Ihre Produkte und<br />
Dienstleistungen online präsentieren?<br />
Mit wenigen Klicks und ohne Kosten?<br />
Das WKO Firmen A–Z macht's<br />
möglich und bietet zusätzlich<br />
wertvolle Services.<br />
W wko.at/firmen T +43 1 514 50-3900
MEINUNG<br />
TYPISCH MÄDCHEN.<br />
Kommentar von Aleksandra Tulej<br />
Ich wollte als Kind ein Junge sein. Jungs hatten es einfach<br />
besser: Es war egal, wenn sie aufgeschlagene Knie vom<br />
Bäumeklettern hatten. Mir wurde immer wieder eingebläut,<br />
dass es sich für ein Mädchen nicht gehört, überall Pflaster<br />
kleben zu haben – passt nicht zum weißen Erstkommunionskleid.<br />
Jungs hat niemand gesagt, sie dürfen nicht<br />
breitbeinig in der U-Bahn sitzen, da man ihnen dann<br />
zwischen die Beine sehen kann. Keiner hat sie gewarnt,<br />
dass sie sich nicht in der Öffentlichkeit die Lippen abschlecken<br />
sollen, da das zu lasziv aussehen kann. Als wir älter<br />
wurden, hat sie niemand gewarnt, sie sollten Abends ja<br />
aufpassen, wenn sie alleine nachhause gehen. Und heute,<br />
als Erwachsene, fragt sie niemand, wann sie denn Kinder<br />
haben wollen oder warum sie ihr Liebesleben so pragmatisch<br />
angehen.<br />
Augenverdrehen. „Das ist doch alles so ein Mimimi-<br />
Feminismus“ und „wir haben ja andere Sorgen weil in<br />
Saudi-Arabien dies oder jenes.“ Haben wir eh. „Frauen<br />
können doch eh machen was sie wollen, was kümmert<br />
euch, was andere von euch denken?“ Mich kümmert es<br />
herzlich wenig. Mittlerweile. Junge Mädchen kümmert es<br />
viel mehr – Und da geht es nicht um aufgekratzte Knie,<br />
sondern um die Konstrukte, in die wir Frauen von klein<br />
auf hineingepfercht wurden und werden. Es ist dieses<br />
ewige Aufpassen, Zurückhalten, „sich Benehmen“. Dieses<br />
Schuldgefühl, wenn dich jemand Fremder auf der Straße<br />
grindig anmacht – du hättest ja eine längere Hose anziehen<br />
können. Hätte das wirklich was geändert? Hätte ich<br />
anders reagieren sollen, als einfach wegzuschauen? Aber<br />
wie? Das sind Gedanken, die ich als Jugendliche tagtäglich<br />
hatte. Und ehrlich gesagt immer noch habe. Es ist natürlich<br />
nicht deine Schuld, aber warum fühlst du dich dann<br />
so? Weil es dir unbewusst eingeredet wurde. Seit immer<br />
schon. Und bitte kommt mir jetzt nicht damit, dass das<br />
nicht die echten Probleme sind und dass tagtäglich Frauen<br />
vergewaltigt werden und das die richtigen Sorgen sind.<br />
Ich würde mir nie anmaßen, so etwas zu vergleichen oder<br />
gleichzustellen, aber ich denke, dass wir hier alle klug<br />
genug sind, das herauszulesen. Mir geht es darum, dass du<br />
als Frau so oft an deinem Selbstwertgefühl zweifelst. Weil<br />
dir beigebracht wurde, dass zwar du selbst dafür verantwortlich<br />
bist, aber dieses dennoch irgendwie von anderen<br />
abhängt. Ich ertappe mich selbst heute noch dabei, wie ich<br />
manchmal in diese Muster falle und ich hasse es.<br />
Aber das wollte man uns so lange verklickern: Wirst du also<br />
abfällig angemacht, soll dein Selbstwert runtergehen. Und<br />
wie baust du es wieder auf? Uns Frauen wird beigebracht,<br />
sei es durch Disneyfilme oder sei es durch Werbung und<br />
Magazine, dass man sich von Männern „umgarnen“ lassen<br />
muss, sie um sich kämpfen lassen muss. Und wenn dir das<br />
nicht gelingt, bist du weniger wert. Und genau darauf hatte<br />
ich nie Bock. Das erschien mir immer so schwach. Und<br />
kontraproduktiv: Frauen wollen Gleichberechtigung aber<br />
gleichzeitig wie irgendwelche unnahbaren Wesen behandelt<br />
werden? Das ergibt doch keinen Sinn. Bitte brechen wir<br />
endlich diese Konstrukte auf. Und gehen wir weiter in eine<br />
Richtung, in der es sich gut anfühlt, eine Frau zu sein.<br />
Heute bin ich verdammt froh, dass ich eine Frau bin. Ich bin<br />
froh, dass ich mir über die oben genannten Dinge Gedanken<br />
machen darf. Das alles habe ich Frauen zu verdanken,<br />
die dafür gekämpft haben, ohne jemals das Wort Feminismus<br />
gehört zu haben. Die alles riskiert haben, damit wir es<br />
später besser haben. Man denke an Suffragetten, an Aktivistinnen<br />
in stark patriarchalen Gesellschaften. Oder auch<br />
einfach an Frauen, die ihren Töchtern ein starkes Selbstwertgefühl<br />
vermittelt haben – was diese Töchter dann weitergeben.<br />
Denn genau darum geht es – Gehen wir weiter<br />
diesen Weg, der uns schon geebnet wurde. So lange, bis<br />
wir keine Angst mehr haben, für uns selbst aufzustehen. So<br />
lange, bis wir aufhören, die Schuld bei uns zu suchen, wenn<br />
uns jemand grausig anmacht. So lange, bis wir nicht mehr<br />
über depperte Pflaster auf den Knien diskutieren werden.<br />
Marko Mestrović<br />
54 / MIT / MIT SCHARF / /
TECHNISCHE BERUFE SIND NIX FÜR MÄDCHEN?<br />
NA SICHER!<br />
Mädchen von 11 bis 16 Jahren haben<br />
beim Wiener Töchtertag am 25. April<br />
20<strong>19</strong> die Gelegenheit, ein Wiener<br />
Unternehmen zu besuchen – und in<br />
Berufe hineinzuschnuppern, die als<br />
typisch „männlich“ abgestempelt<br />
sind. Du glaubst zum Beispiel, IT ist<br />
nur was für Burschen? Nope! Die<br />
ersten Programmierer waren weiblich!<br />
Am Töchtertag können die Mädchen<br />
erfolgreiche weibliche Vorbilder in<br />
den verschiedensten Branchen treffen.<br />
„Ich habe selbst eine Tochter – ich<br />
möchte Frauen die Angst vor der<br />
IT nehmen und zeigen, was IT<br />
bedeutet oder eben nicht bedeutet.<br />
Das ist keine Rocket Science, da<br />
sitzen nicht nur Nerds. Wir haben<br />
mittlerweile einige Damen bei uns<br />
im Unternehmen, die beim Töchtertag<br />
teilgenommen haben und dann<br />
gemerkt haben, IT ist ja gar nicht so<br />
techniklastig, sondern auch kreativ.“<br />
(Oliver Krizek, Eigentümer und<br />
Geschäftsführer NAVAX Unternehmensgruppe)<br />
„In Zukunft wird man digitale Skills<br />
quer durch alle Wirtschaftszweige<br />
benötigen und dabei lässt sich<br />
richtig gut verdienen, denn die<br />
Nachfrage nach Fachkräften ist<br />
enorm! Jungen Mädchen, die sich<br />
für eine IT-Lehre entscheiden,<br />
stehen also viele Möglichkeiten<br />
offen.“<br />
(Mag. Wilhelmine Ebner-Winkler,<br />
Chief Financial Officer bei Atos<br />
Österreich)<br />
Der Wiener Töchtertag findet am 25. April statt. Such dir jetzt ein Unternehmen aus, das du besuchen willst:<br />
www.toechtertag.at<br />
DAS LEVEL-UP FÜR DEINE ZUKUNFT:<br />
DIE NEUE IT-LEHRE!<br />
JETZT INFORMIEREN:<br />
IT-LEHRE<br />
.WIEN<br />
+1<br />
+1<br />
+1<br />
+1<br />
ENTSCHEIDE DICH JETZT<br />
FÜR DEINEN BERUF MIT ZUKUNFT!<br />
/ MIT SCHARF / 55
Melanie wurde mit 1 6 schwanger – als sie gerade im zweiten<br />
Lehrjahr ihrer Ausbildung im Bereich Elektrotechnik/Energietechnik<br />
bei SIEMENS steckte. Die heute 18-jährige Jungmama<br />
erzählt, wie sie Kind und Lehre unter einen Hut bekommt.<br />
TEENIE-MAMA &<br />
TECHNIKTALENT<br />
Wie haben dein privates Umfeld und deine<br />
Kollegen auf deine Schwangerschaft<br />
reagiert?<br />
Die Reaktionen meiner Freunde und<br />
Familie waren ganz unterschiedlich – von<br />
überglücklich bis „geht’s noch?“. Zu meiner<br />
Mutter habe ich seitdem zum Beispiel<br />
keinen Kontakt mehr. Natürlich war die<br />
Chefin meiner Lehrabteilung überrascht,<br />
aber sie hat großen Wert daraufgelegt,<br />
mir die Zeit bis zur Geburt so angenehm<br />
wie möglich zu gestalten. Während der<br />
Schwangerschaft konnte ich meine Leidenschaft<br />
fürs Programmieren und Auto-<br />
CAD, ein technisches Zeichenprogramm,<br />
voll ausbauen. Das war ausschlaggebend<br />
für die Abteilung, in der ich heute bin:<br />
Engineering.<br />
Siehst du es auch gewissermaßen als<br />
Vorteil an, so jung Mutter geworden zu<br />
sein?<br />
Wenn die Kleine erwachsen ist, steh ich<br />
in der Blüte meines Lebens (lacht). So<br />
kann ich sie auch besser verstehen, weil<br />
ich mich noch gut an meine Jugend erinnere.<br />
In der Arbeit bin ich durch meine<br />
Schwangerschaft viel reifer geworden,<br />
kann mehr Verantwortung tragen. Ich<br />
verurteile nicht mehr so schnell, weil ich<br />
als junge Mami selbst weiß, wie es ist,<br />
verurteilt zu werden – sei es von Ärzten<br />
oder von Behörden.<br />
Wie geht’s dir jetzt mit der Doppelverantwortung<br />
in einem doch recht jungen<br />
Alter?<br />
Am Anfang war es schon sehr schwer<br />
– in den eineinhalb Jahren, die ich zu<br />
Hause war, war ich insgesamt nur drei<br />
Stunden getrennt von meiner Tochter.<br />
Jetzt sind es auf einmal mehrere<br />
Stunden am Tag. Die Kleine geht in den<br />
SIEMENS-Kindergarten und anfangs habe<br />
ich jede Mittagspause dort angerufen<br />
(lacht). Ich habe sie sehr vermisst und<br />
mir Sorgen gemacht. Jetzt komme ich<br />
damit besser klar.<br />
Was wünschst du dir für deine Zukunft<br />
und die Zukunft deiner Tochter?<br />
Wünschen würde ich mich mir auf jeden<br />
Fall, dass ich so viel lernen kann wie<br />
möglich, damit ich meiner Tochter die<br />
bestmögliche Zukunft bieten kann. Für<br />
meine Tochter wünsche ich mir, dass sie<br />
weiterhin glücklich ist und dass sie eine<br />
unbeschwerte Kindheit hat.<br />
Susanne Einzenberger<br />
56 / KARRIERE /
JOBS MIT ZUKUNFT<br />
„Jeder fängt mal klein an.<br />
Aber hier werd’ ich groß!“<br />
LEHRLINGE<br />
GESUCHT!<br />
JOBS MIT<br />
ÖSTERREICH DRIN.<br />
SPAR als 100% österreichisches Unternehmen ist nicht nur einer der größten heimischen Arbeitgeber, sondern<br />
auch größter privater österreichischer Lehrlingsausbildner. Jedes Jahr beginnen rund 900 junge Menschen ihre<br />
Karriere bei SPAR in 21 spannenden Lehrberufen und nützen die vielfältigen Ausbildungsangebote, die ihnen<br />
den Weg zu einer zukünftigen Karriere ebnen. Wer Freude am Kontakt mit Menschen hat und offen für Neues<br />
ist, ist bei SPAR genau richtig. Prämien während und Aufstiegschancen nach der Lehre gibt‘s genug.<br />
Besuche uns auf<br />
www.spar.at/lehre
TECHNIK & MOBIL<br />
Alt+F4 und der Tag gehört dir.<br />
Von Adam Bezeczky<br />
MEINUNG<br />
World wide<br />
weg<br />
China und Russland haben<br />
einen. Einen Schalter, mit dem<br />
das dortige Internet vom Rest<br />
der Welt abgekoppelt werden<br />
kann. Damit soll die „nationale<br />
Infrastruktur“ vor bösen Hackern<br />
geschützt werden. Oder auch<br />
die eigenen Bürger vor fremden<br />
Ideen oder gar anderen Meinungen<br />
abgeschirmt werden. Damit<br />
zeigt sich, dass das Internet<br />
weitaus anfälliger für Eingriffe<br />
ist, als man es anfangs noch<br />
vermutet hatte. Das Start-up<br />
„Swarm Technologies“ möchte<br />
das ändern: Internet soll über<br />
150 Satelliten in der Erdumlaufbahn<br />
erreichbar bleiben. Ein<br />
kleiner, nicht genehmigter Satellitenstart<br />
hat das Unternehmen<br />
zwar 900.000 Dollar gekostet -<br />
aber es war gute Werbung: jetzt<br />
erhielt das Team eine Finanzspritze<br />
in der Höhe von 25. Mio<br />
US-Dollar von Investoren.<br />
bezeczky@dasbiber.at<br />
Roboter-Fedex<br />
Nicht nur Amazon - auch der Zusteller FedEx arbeitet an<br />
selbstfahrenden Lieferdrohnen. Vorerst im Testbetrieb,<br />
könnten diese bald den klassischen FedEx-Truck ersetzten.<br />
Wobei es fraglich bleibt, wie diese mit dem Gelände in<br />
Europa und dem Rest der Welt fertig werden.<br />
THE DIVISION 2<br />
Ubisoft hat mit<br />
The Division 2<br />
die Stärken<br />
des Vorgängers<br />
ausgebaut<br />
und die<br />
Schwächen<br />
ausgemerzt.<br />
Diesmal kämpfen<br />
wir uns<br />
als wackerer<br />
Agent durch<br />
das verfallenverlassene<br />
Washington<br />
D.C um das Rätsel um die Dollar-Seuche<br />
weiter zu ergründen. Mehr Fraktionen,<br />
mehr Loot und mehr Inhalte halten die<br />
Spieler auch im Single-Player länger bei<br />
der Stange. Wer also die US Hauptstadt<br />
inkl. einer spannenden Story erleben<br />
möchte, sollte hier unbedingt zuschlagen.<br />
Sprachen lernen<br />
mit Netflix<br />
Mit einer Chrome-Browser<br />
Erweiterung können<br />
wir jetzt Sprachen lernen.<br />
Einfach nach LLN,<br />
Language Learning with<br />
Netflix runterladen und<br />
mit beliebten Shows in<br />
anderen Sprachen den<br />
eigenen Wortschatz ausbauen.<br />
Mucho gusto!<br />
Ubisoft, Marko Mestrović, FedEx<br />
58 / TECHNIK /
BEZAHLTE ANZEIGE<br />
MIT DER NEUEN<br />
DEBITKARTE ZUM<br />
ONLINE-SHOPPEN<br />
Ab sofort wird bei der Erste Bank die Debitkarte der Zukunft ausgegeben. Die<br />
neue Debit Mastercard löst die bisherige Maestro-Karte ab. Vorteil: Damit kann<br />
man auch online bezahlen und hat<br />
weltweit mehr als doppelt so viele<br />
Akzeptanzstellen.<br />
Die neue Debitkarte<br />
gibt es ab sofort für<br />
alle Kundinnen und<br />
Kunden der Erste<br />
Bank – auch für<br />
spark7 sowie für<br />
Studentinnen und<br />
Studenten.<br />
Die Bankomatkarte hat in Europa ab sofort eine<br />
einheitliche Bezeichnung und heißt jetzt Debitkarte.<br />
Passend dazu bringt die Erste Bank für alle Konten ein<br />
Upgrade für die gute alte Bankomatkarte: Die Bank-<br />
Card Debit Mastercard. Sie wird neben den üblichen<br />
Funktionen wie Bargeldbehebung, Kontoauszüge und<br />
Bezahlung im Shop nun auch internettauglich sein.<br />
Zu diesem Zweck findet sich eine neue 16-stellige<br />
Nummer auf der Vorderseite der Karte, mit der man<br />
im Internet überall, wo jetzt schon Mastercard akzeptiert<br />
wird, einkaufen kann. Das Prinzip ist ähnlich einer<br />
Kreditkarte, aber bei der neuen Debitkarte erfolgt die<br />
Abbuchung des Betrags vom Konto wie bisher sofort.<br />
Im Gegensatz zu einer Kreditkarte, wo die bezahlten<br />
Beträge gesammelt mit einer Monatsrechnung zu<br />
einem späteren Zeitpunkt abgebucht werden. Die Debitkarte<br />
kann auch in mobile Zahlungslösungen (Wallets)<br />
eingebunden werden und ermöglicht damit kontaktloses<br />
Bezahlen mit dem Smartphone.<br />
Kartentausch ab sofort möglich<br />
Seit April wird bei der Erste Bank nur mehr die Bank-<br />
Card Debit Mastercard ausgegeben, Maestro ist<br />
Geschichte. Jeder der eine Maestro-Karte besitzt, kann<br />
diese weiterhin nutzen und bekommt automatisch im<br />
Zuge des regulären Kartentausches bis Ende 2020 die<br />
neue Debitkarte. Wer jetzt schon eine haben will, kann<br />
diese kostenlos im Internet-Banking George, bei der<br />
persönlichen Beraterin oder beim Berater in der Filiale<br />
bestellen.<br />
TIPP: In der Umstellungsphase kann es bei einigen Online-Shops<br />
vorkommen, dass man beim Bezahlvorgang mit der neuen Debitkarte<br />
noch auf den Punkt „Kreditkarte“ klicken muss. Das kommt daher,<br />
dass bisher unter „Mastercard“ nur Kreditkarten verfügbar waren.
LIFE & STYLE<br />
Mache mir die Welt, wie sie<br />
mir gefällt<br />
Aleksandra Tulej<br />
Aleks’ Beauty Fail<br />
Trend des Grauens<br />
RADLERHOSEN<br />
AM LAUFSTEG –<br />
WIESO?<br />
MEINUNG<br />
Emojis und<br />
Emotionen – Ich<br />
hab’ euch eh lieb.<br />
Ich weiß nicht, was schlimmer ist:<br />
Menschen, die „Supi“ oder Menschen,<br />
die „Oki“ schreiben. Bei Affen- und<br />
Einhornemojis überkommt mich immer<br />
ein Schauer. Aber lagern wir Emojis<br />
mal auf das wahre Leben und wahre<br />
Emotionen um: Dass bei mir in Bezug<br />
auf zwischenmenschliche Beziehungen<br />
einiges schiefläuft, wissen wir mittlerweile.<br />
Ich bin nicht so der Super-Profi,<br />
was Emotionen angeht. Aber die Leute,<br />
die ich mag, wissen es eh. Und die<br />
anderen mag ich eh nicht. Manchmal<br />
frage ich mich jedoch, ob ich ein<br />
schlechter Mensch bin, weil ich nicht<br />
euphorisch und überdrüber motiviert<br />
wirke, wenn ich mich für oder auf<br />
jemanden freue.<br />
Egal ob jetzt per Handy oder im Real<br />
Life. Oder vielleicht bin ich einfach nur<br />
asozial, emotional unfähig und sollte<br />
abgeschottet von der Menschheit<br />
leben, weil ich es nicht anders verdient<br />
hab‘. Ohne Handyempfang, versteht<br />
sich. Aber keine Sorge, ich hab’ euch<br />
eh lieb.<br />
Affe mit Pfoten auf den Augen-Emoji.<br />
tulej@dasbiber.at<br />
GESICHTSMASKE<br />
AUS DER HÖLLE<br />
Da ich ein Opfer des Kapitalismus,<br />
des Konsums und der Werbung bin,<br />
falle ich regelmäßig auf Beautytrends<br />
rein. So wie letztens auf<br />
diese Tuch-Gesichtsmasken mit<br />
Tiermotiv. Du kannst dir im Nullkommanichts<br />
einen Tiger, Panda<br />
oder einen Koala auf dein Gesicht<br />
klatschen - pflegt deine Haut und<br />
sieht auch noch süß aus. Dachte<br />
ich zumindest. Auf der Verpackung<br />
strahlte mir ein süßer Panda entgegen.<br />
Kaum hatte ich aber die Maske<br />
auf mein Gesicht geklatscht, fing<br />
meine Haut an zu brennen.<br />
Dazu sah ich aus wie ein mittelalterlicher<br />
Heiler mit Pest im<br />
Endstadium.<br />
Oder ein Clown aus einem Low-<br />
Budget-Horrorfilm. Sucht es euch<br />
aus: Das wunderbare Ergebnis<br />
könnt ihr am Foto betrachten. Was<br />
lernen wir daraus? Kauft keine<br />
Gesichtsmasken an polnischen<br />
Tankstellen. Es wird nicht gut<br />
gehen.<br />
Sie waren bis dato eher für Papas<br />
reserviert, die am Sonntag einen<br />
Radausflug ins Grüne gemacht<br />
haben. Oder für die Tour de<br />
France. Aber dieses Jahr sah man<br />
kein Kleidungsstück öfter auf den<br />
Fashion Weeks rund um den Globus,<br />
als die Radlerhose. Die engen<br />
Hosen, die bis zum Knie gehen,<br />
mögen am Laufsteg gut aussehen<br />
– kombiniert mit Sakko und<br />
High-Heels. Aber wenn ihr euch<br />
im Alltag schon die Mühe macht,<br />
euch so zu stylen, dann zieht euch<br />
doch etwas an, das nicht aussieht<br />
wie eine lange Unterhose. Außer<br />
ihr seid Hailey Baldwin. Oder ein<br />
Familienvater über 50. Dann dürft<br />
ihr nämlich auch diese länglichen<br />
Sonnenbrillen tragen, die sowohl<br />
Hailey als auch jeder Papa besitzt.<br />
Marko Mestrović, instagram.com/kyliejenner, bereitgestellt<br />
60 / LIFESTYLE /
FRECHE FRÜCHTE AUS DER FERNE<br />
Vahdeta und ihre Exoten: Was<br />
wie ein Märchentitel klingt, ist<br />
die Geschichte einer jungen<br />
Bosnierin, die seit kurzem in<br />
Wien lebt und hier Karriere<br />
im Obstbusiness macht - was<br />
hat es mit den Exoten auf sich<br />
und wie passen Mango und<br />
Reis zusammen?<br />
©SPAR/Krug<br />
Hast du schon mal was von Tamarinde, Mangostane<br />
oder Pitahaya gehört? Nein? Zugegeben: Die Tamarinde<br />
sieht aus wie eine seltsam geratene Erdnuss<br />
und die Pitahaya schreckt durch ihre schrille, pinke<br />
Farbe auch erstmal eher ab. Wir haben im Rahmen<br />
der Ausstellung zu exotischen Pflanzen und Früchten<br />
im Palmenhaus Schönbrunn, die gemeinsam<br />
von Lehrlingen von SPAR und den Bundesgärten auf<br />
die Beine gestellt wurde, die kulinarischen „Exoten“<br />
gekostet und uns so von ihrer Genießbarkeit überzeugen lassen.<br />
Dabei haben wir auch Vahdeta kennengelernt. Sie ist 18<br />
Jahre alt und im dritten Lehrjahr zur Einzelhandelskauffrau mit<br />
dem Schwerpunkt Feinkostfachverkauf bei SPAR. Die gebürtige<br />
Bosnierin wohnt erst seit drei Jahren in Österreich - mit biber<br />
hat sie über ihre Anfangszeit in Wien gesprochen und uns ihre<br />
Lieblingsfrucht samt Rezeptidee verraten:<br />
„Mein Gebietsleiter hat mein Leben gerettet“<br />
Du bist in Brčko aufgewachsen und im Alter von 15 Jahren mit<br />
deiner Mutter und deiner Schwester nach Wien gekommen. Wie<br />
kam es dazu und wie bist du bei SPAR gelandet?<br />
VAHDETA: Meine Mama hatte in Bosnien drei Jobs, was wirklich<br />
hart war. Sie hat früher schon einmal in Graz gelebt, deshalb sind<br />
wir wieder zurückgekommen. Am Anfang – da war ich erst seit<br />
ein paar Monaten in Wien und konnte noch nicht so gut Deutsch –<br />
habe ich erst mal nur samstags bei SPAR gearbeitet. Nach kurzer<br />
Zeit durfte ich dann die Lehre anfangen. SPAR hat mir ziemlich<br />
geholfen, in Wien Fuß zu fassen. Mein Gebietsleiter hat mir mein<br />
Leben gerettet, sag ich mal so. Er hätte auch sagen können „Du<br />
kannst nicht gut genug Deutsch und tschüss.“ Dafür bin ich schon<br />
sehr dankbar.<br />
Gibt es bosnische Früchte, die man hier in Österreich nicht<br />
bekommt?<br />
In Bosnien haben wir mehrere Sorten von Kirschen und Pflaumen.<br />
Die esse ich immer noch sehr gerne. Ich bin zwar nicht mehr so<br />
oft in Bosnien, aber meine Tante schickt uns regelmäßig ein Paket.<br />
Was sind deine Pläne für die Zukunft?<br />
Im September habe ich Lehrabschlussprüfung. Danach würde ich<br />
sehr gerne als Obst- und Gemüseabteilungsleiterin arbeiten und<br />
dann als stellvertretende Markleiterin. Ich habe große Pläne!<br />
Vahdeta (rechts) mit ihren beiden LehrlingskollegInnen auf der Eröffnungsfeier<br />
der Exotenausstellung<br />
Mango Sticky Reis<br />
ZUTATEN:<br />
80g Milchreis /<br />
Rundkornreis<br />
500ml SPAR Vital<br />
Bio-Kokosmilch<br />
2-3 EL SPAR<br />
Natur*pur<br />
Agavendicksaft<br />
1 Prise Salz<br />
1 Mango (sehr reif)<br />
Saft einer halben<br />
Limette<br />
1 TL Sesam<br />
ZUBEREITUNG:<br />
Den Milchreis zusammen mit der Kokosmilch, dem Agavendicksaft<br />
und einer Prise Salz in einen Topf geben und<br />
bei mittlerer Hitze zum Köcheln bringen. Dabei immer<br />
wieder umrühren, um zu verhindern, dass der Reis anklebt.<br />
Sobald dieser kocht, die Temperatur reduzieren und auf<br />
sehr kleiner Flamme für ca. 30 Minuten köcheln lassen.<br />
Dabei umrühren nicht vergessen!<br />
Währenddessen die Mango vom Kern lösen und zusammen<br />
mit dem Saft einer halben Limette in einem Mixer o.Ä.<br />
pürieren und im Kühlschrank kaltstellen. Den fertigen Reis<br />
mit Hilfe eines kleinen Schälchens in Form bringen und auf<br />
einen Teller stürzen. Mit Mango und Sesam garnieren.<br />
© Mara Hohla (@stadtmaerchen)<br />
62 / MIT SCHARF /
DEN TAG BEKOMMST<br />
DU GEBACKEN.<br />
Der Duft von gemahlenem Kaffee liegt in der Luft und – was ist das?<br />
Riechst du hier frisch Aufgebackenes? Deine Nase liegt richtig.<br />
Denn jetzt gibt es bei McCafé Topfengolatschen, Schoko-Croissants, Apfel-Gitter und Croissants!<br />
Mehlzeit! Äh… Mahlzeit!<br />
© 20<strong>19</strong> McDonald’s. Verfügbar in allen McCafés, solange der Vorrat reicht.
KULTURA NEWS<br />
Klappe zu und Vorhang auf!<br />
Von Nada El-Azar<br />
Filmtipp<br />
Willem Dafoe ist<br />
Vincent van Gogh<br />
MEINUNG<br />
Ein mörderisches<br />
Angebot<br />
Eine Lehrerin sagte einmal, die wahren<br />
Faulen machen ihre Aufgaben sofort,<br />
damit sie bis zum Schluss faulenzen<br />
können. Leider gehöre ich nicht dazu.<br />
Vom Schönschreiben bis zur Bachelorarbeit<br />
habe ich immer alles in letzter<br />
Sekunde gemacht. Sogar diese Kolumne!<br />
Aber meistens gut. Um mein bewährtes<br />
Prokrastinationssystem zu füttern, habe<br />
ich mir wieder Netflix zugelegt. Und mit<br />
größter Sensationslust „bingewatche“ ich<br />
eine Serienkiller-Doku nach der nächsten.<br />
Klar, da geht’s meistens um abscheuliche<br />
Typen, die massenweise Frauen umgebracht<br />
haben. Aber dieses mörderische<br />
Angebot (haha!) wäre ja nicht so groß,<br />
gäbe es nicht die Nachfrage. Und die<br />
kommt – nicht überraschenderweise – von<br />
jungen Frauen. Lady Gagas berühmte<br />
Aussage, Social Media sei die Toilette des<br />
Internet, hat sich bei meiner Recherche<br />
über Ted Bundy wieder einmal bestätigt.<br />
Da gibt es tatsächlich tausende junge<br />
Frauen, die ihre wildesten Fantasien mit<br />
dem (mindestens!) 30-fachen Mörder<br />
ausleben würden. Und das ist nicht genug.<br />
Sich zu Verbrechern hingezogen zu fühlen,<br />
heißt übrigens „Hybristophilie“. Und unter<br />
dem gleichnamigen Reddit-Thread musste<br />
ich feststellen, dass viele dieser Hybristophilen<br />
genauso begonnen hatten wie ich:<br />
mit Serienkiller-Dokus. Und wo endet das?<br />
Hochzeit mit einem Insassen. Genug! Ich<br />
steig dann mal auf Kochshows um.<br />
Beschwerden an: el-azar@dasbiber.at<br />
Buchtipp<br />
ZIEGELBRENNEN<br />
<strong>19</strong>44 flieht der mit der Kroatin<br />
Ruzmarinka verheiratete Donauschwabe<br />
Raimund Quendler<br />
mit seiner Familie von Slawonien<br />
nach Österreich. 2015 steht<br />
die polnische Künstlerin Asja<br />
Szczakowska an dem zur Abwehr<br />
von Flüchtlingen errichteten<br />
Grenzzaun zwischen Ungarn und<br />
Kroatien. Ziegelbrennen, der<br />
Roman von Christian Lorenz Müller,<br />
ist ein Roman über Flucht,<br />
Anpassung und das Fremdsein<br />
– vom zweiten Weltkrieg über<br />
die Jugoslawienkriege bis zur<br />
Flüchtlingswelle 2015.<br />
„Ziegelbrennen“ von Christian<br />
Lorenz Müller, Otto Müller Verlag<br />
Julian Schnabls hochkarätig besetzte Filmbiographie<br />
„Van Gogh - An der Schwelle<br />
zur Ewigkeit“ ist eine faszinierende Reise<br />
in den Körper und Geist von Vincent van<br />
Gogh, der trotz Skepsis, Wahnsinn und<br />
Krankheit einige der beeindruckendsten<br />
und gefeiertsten Kunstwerke der Welt<br />
erschuf. Neben Willem Dafoe, der für seine<br />
Rolle als van Gogh für den Oscar in der<br />
Kategorie “Bester Schauspieler” nominiert<br />
wurde, sind Mads Mikkelsen, Oscar Isaac<br />
und Emmanuelle Seigner mit dabei.<br />
Filmstart: <strong>19</strong>. <strong>04</strong>. 20<strong>19</strong><br />
Mark Rothko im KHM<br />
Mark Rothko (<strong>19</strong>03 – <strong>19</strong>70) gehört zu den bedeutendsten<br />
Künstlern des 20. Jahrhunderts. Am<br />
bekanntesten ist der Amerikaner als Wegbereiter<br />
der Farbfeldmalerei. Nun werden über vierzig seiner<br />
Hauptwerke erstmals in Österreich ausgestellt.<br />
Stark beteiligt an der Ausstellungsgestaltung waren<br />
seine Kinder, Christopher und Kate Rothko. Das<br />
sollte man sich nicht entgehen lassen!<br />
Bis 30. Juni 20<strong>19</strong>, Kunsthistorisches Museum Wien<br />
Christoph Liebentritt, bereitgestellt<br />
64 / KULTURA /
FOMO („Fear of Missing Out“)<br />
war gestern!<br />
Heute reden alle von JOMO („Joy of Missing Out“)<br />
– und wie lässt es sich leichter dem Alltag entfliehen,<br />
als mit einem guten Buch? In der Festwochen<br />
into the city-Produktion „Ich bin ein Buch“ stellen<br />
WienerInnen ihr ganz persönliches Lebensbuch<br />
vor, lesen daraus und erzählen, warum es ihnen so<br />
viel bedeutet. Der Journalist Thomas Wolkinger<br />
pickt eine Auswahl der präsentierten Geschichten<br />
heraus und sammelt sie in einem Magazin.<br />
Untermalt werden die Texte von der Künstlerin<br />
Petja Dimitrova mit liebvollen Bildern, Narrativen<br />
und Comics. Als Highlight erhältst du auf<br />
der Abschlussveranstaltung am 2. Juni mit<br />
Michael Köhlmeier das gestaltete Magazin als<br />
Geschenk.<br />
Du willst dein ganz persönliches Lebensbuch<br />
vorstellen oder einfach nur dem Lesekreis<br />
lauschen?<br />
Die nächsten Termine im April sind:<br />
15. April, 24. April, 26. April<br />
Für weitere Termine und Informationen:<br />
www.vhs.at/ichbineinbuch<br />
Anmeldung per Mail: info@vhs.at<br />
Eintritt frei!<br />
Peter Friedl, Report (still), 2016, © the artist
„Ich war ein Problemkind<br />
mit guten Absichten“<br />
Er war Support für Raf Camora, ist seit November bei Sony Music<br />
unter Vertrag und hat gerade sein erstes Album „Eva&Adam“<br />
veröffentlicht: Svaba Ortak ist gerade groß im Kommen. Der<br />
Wiener Rapper hat mit uns über seine Kindheit in 1030 Wien,<br />
Deutschrap auf Spotify, seine Mutter und Ariana Grande geredet.<br />
Von Anna Jandrisevits, Fotos: Aleksandar Perić<br />
„Bitte Patschen anziehen!“,<br />
sagt jemand, als wir das Studio<br />
betreten. Svaba Ortak zieht<br />
seine Sneakers aus und schlüpft<br />
in viel zu kleine Stoffpatschen.<br />
„Aber he, pass bitte auf, dass<br />
man die nicht auf den Fotos<br />
sieht!“, ruft er dem Fotografen<br />
zu. Ich nehme im Studio von<br />
NVDW Platz, einer Gruppe von<br />
Produzenten, die hier im Keller<br />
einer Wohnungsanlage des 10.<br />
Bezirks die Hits von morgen<br />
basteln. Während die Laxenburgerstraße<br />
über ihnen langsam<br />
zur Ruhe kommt, fangen die<br />
Jungs erst mit der Arbeit an.<br />
Ohne diese Arbeit von PMC<br />
Eastblok, Doni Balkan und Stanic<br />
wäre Svaba Ortaks erstes<br />
Album mit dem Namen „Eva<br />
& Adam“ wohl nie zustande<br />
gekommen, meint er. Als ich den<br />
Wiener Rapper für ein Interview<br />
anfragte, stellte er zwei Dinge<br />
klar: Er kommt nur mit seinen<br />
Produzenten und er redet nicht<br />
über Politik.<br />
<strong>BIBER</strong>: Warum willst du nicht über Politik<br />
reden?<br />
SVABA ORTAK: Alle Journalisten wollen<br />
immer nur über Politik reden. Das nervt. Ich<br />
bin Rapper und will über meine Musik sprechen,<br />
nicht über Politik. Interviews gebe ich<br />
eigentlich auch nicht, aber mit biber habe<br />
ich in der Vergangenheit gute Erfahrungen<br />
gemacht. Das Magazin lag damals schon in<br />
meiner Schule, also kenne ich es schon seit<br />
meiner Jugend.<br />
Wie hast du deine Kindheit und Jugend in<br />
Erinnerung?<br />
Sehr schön. Ich war ein Problemkind mit<br />
guten Absichten. Ich wollte nie jemandem<br />
etwas Böses, war aber immer ehrlich. So<br />
wie Kinder eben sind. Irgendwann bin ich da<br />
rausgewachsen und meine Eltern haben mir<br />
Manieren beigebracht.<br />
Woher stammen deine Eltern?<br />
Meine Mutter ist aus Bosnien und mein Vater<br />
aus Montenegro. Er kam schon vor dem<br />
Krieg nach Wien und hat hier als Bauarbeiter<br />
gearbeitet. Als es unten zu brodeln begonnen<br />
hat, ist meine Mutter nachgekommen.<br />
Sie haben sich im 3. Bezirk angesiedelt und<br />
zwei Jahre später kam ich auf die Welt. In<br />
der Rudolfsstiftung, wenn du’s genau wissen<br />
willst. Das Stockwerk weiß ich nicht mehr<br />
(lacht).<br />
Bevor ich die nächste Frage stellen kann,<br />
unterbricht mich Svaba Ortak mit einem<br />
kurzen „Wart kurz!“ und dreht sich zum<br />
Computer, der zwischen zwei Musikboxen<br />
auf dem Tisch steht. Er steigt ins Internet,<br />
klickt auf YouTube und gibt „Vlado Georgiev“<br />
(serbischer Sänger; Anm. d. Red.) in<br />
die Such-Zeile ein. „Spielen wir bisschen<br />
Musik im Hintergrund ab. Jugo-Balladen<br />
sind das Geilste!“, sagt er. Das Interview<br />
wird anschließend von stimmungsvollen<br />
Balkan-Klängen begleitet.<br />
Kam für dich je ein „normaler“ Job infrage?<br />
Ja, natürlich. Rapper zu werden war lange<br />
Zeit nur ein zweites Standbein. Ich war auf<br />
der Grafischen und danach habe ich keinen<br />
Job in der Branche gefunden. Also bin ich<br />
direkt andere Berufswege gegangen. Ich<br />
habe in jedem Bereich gearbeitet, den man<br />
sich vorstellen kann. Es fehlt nur noch der<br />
Dönerstand. In Museen war ich zum Beispiel<br />
für die Reinigung zuständig und da haben<br />
mich viele Leute erkannt.<br />
Wirst du oft erkannt?<br />
Jeden Tag. Früher wollte jeder ein Autogramm,<br />
heute geht’s nur noch um ein Foto.<br />
Aber das bestätigt mir, dass ich meine Arbeit<br />
gut mache. Ich kann mich erinnern, als ich<br />
2010 das erste Mal auf dem Westbahnhof<br />
erkannt wurde und mir jemand sagte, dass<br />
er meinen Song feiert. Ich hatte keinen Plan<br />
wer der Typ war, aber das war die Bestätigung,<br />
die ich gebraucht habe, um weiterzumachen.<br />
66 / KULTURA /
„<br />
Rapper kriegen<br />
kein Echo in<br />
diesem Land<br />
“<br />
Der Künstlername Svaba Ortak stammt aus dem serbischen Film „Rane“ (<strong>19</strong>98).<br />
/ KULTURA / 67
„Alle Journalisten wollen immer nur über Politik reden. Das nervt.“<br />
Wie kam es zu dem Künstlernamen<br />
Svaba Ortak?<br />
Der Name stammt aus dem serbischen<br />
Film „Rane“ (<strong>19</strong>98). Im Film geht es um<br />
zwei Hawaras, die Svaba und Pinki heißen.<br />
Ich habe damals mit einem meiner<br />
besten Freunde angefangen zu rappen,<br />
er hat sich den Namen Pinki gegeben<br />
und ich mir den Namen Svaba. Und jetzt<br />
bin ich Svaba Ortak, niemand sonst.<br />
Warum heißt dein Album „Eva & Adam“<br />
anstatt „Adam & Eva“?<br />
Die Frau hat in meiner Familie einen<br />
hohen Stellenwert. Ich sehe das vor<br />
allem bei meinen Eltern, die Frau ist das<br />
Allerwichtigste. Und da dieses Album ein<br />
Geschenk an meine Eltern ist, habe ich<br />
das Album „Eva & Adam“ genannt. Wenn<br />
man sich das Album anhört, weiß man<br />
definitiv, warum es so heißt.<br />
Hat dein Leben einen starken Einfluss<br />
auf das Album?<br />
Mein Gott, auf jeden Fall. Es geht<br />
hauptsächlich um mich und persönliche<br />
Geschichten, die ich über die Jahre<br />
erlebt habe. Es geht auch um meine<br />
Eltern, meine Freunde und meine Liebe<br />
zur Musik. Auch um Probleme, mit denen<br />
der normale Gastarbeiter zu kämpfen<br />
hat. Das Album ist meine Autobiografie,<br />
aus jedem Song hört man einen Auszug<br />
meines Lebens. Der Song „Südbahnhof“<br />
zum Beispiel, der von PMC Eastblok,<br />
Doni Balkan und Manilo produziert<br />
wurde, beschreibt eine Liebesgeschichte<br />
von zwei Menschen, die nach Österreich<br />
kommen, ohne ein Wort Deutsch<br />
zu sprechen und es trotzdem schaffen,<br />
ein Leben aufzubauen. Es ist die „Eva &<br />
Adam“ Geschichte.<br />
Was bedeuten deine Produzenten für<br />
dich?<br />
Jeder Song ist wie ein Haus. Ich grabe<br />
und lege das Fundament, während die<br />
Produzenten den Beton mischen und ihn<br />
ins Fundament gießen. Dann beginne ich<br />
eine Mauer zu bauen, ich schreibe also<br />
den Text. Das Dach machen wir zusammen,<br />
indem wir den Song mixen und<br />
mastern. PMC, Doni und Stanic haben<br />
den musikalischen Faden der Geschichte<br />
kreiert. Deswegen rede ich die ganze<br />
Zeit von „unserem“ Projekt. Deswegen<br />
schleppe ich sie hier auch mit, weil<br />
wir das Album gemeinsam erschaffen<br />
haben. Das ist mir sehr wichtig. Früher<br />
hat ein Rapper ein Lied veröffentlicht und<br />
niemand wusste, wer es produziert hat.<br />
Mittlerweile genießen manche Produzenten<br />
denselben Status wie Rapper.<br />
Wenn ich ihnen das durch meine Stimme<br />
ermöglichen kann, ist mir das nur recht.<br />
Und wenn man dann auch noch befreundet<br />
ist und über alles reden kann, ist das<br />
ein Jackpot.<br />
Warum ist Deutschrap momentan so<br />
erfolgreich?<br />
Das hat viel mit den Streamingdiensten<br />
zu tun. Jeder hat ein Smartphone und<br />
dadurch rund um die Uhr schnellen<br />
Zugang zu Musik. Anfangs dachte ich,<br />
dass Spotify & Co uns alle in den Ruin<br />
treiben werden. Aber das Gegenteil ist<br />
der Fall, Deutschrap explodiert und ist<br />
so angesagt wie nie zuvor. Die Rapper<br />
gehen mittlerweile so oft Gold, dass sie<br />
keinen Platz mehr an der Wand haben.<br />
Und das ist gut so. Denn Musik wird den<br />
Menschen immer helfen. Musik ist wie<br />
eine Schulter, die Halt gibt.<br />
In deinen Texten geht’s auch um Drogen<br />
und Gewalt. Siehst du das problematisch?<br />
Jeder trägt sein Kreuz selbst. Ob meine<br />
Songs einen Einfluss auf die Hörer<br />
haben, kann ich nicht bestimmen. Mir<br />
war immer wichtig, dass ich jetzt keine<br />
brutal frauenverachtenden Texte rappe.<br />
Ich bin keinesfalls ein weißes Schaf, ich<br />
bin definitiv schwarz. Aber richtig brutale<br />
Texte sind nicht mein Ding. Ich bin ein<br />
einfacher Typ aus einer einfachen Stadt<br />
mit einem einfachen Leben. Und von<br />
68 / KULTURA /
dem erzähle ich.<br />
Viele Rapper stehen Medien kritisch<br />
gegenüber. Du auch?<br />
Ich und viele andere Rapper hatten nie<br />
das Gefühl, von den Medien unterstützt<br />
zu werden. Nie kam ein Echo, wenn man<br />
einen Song rausgebracht hat. Selbst mit<br />
Videos, die teilweise 300.000 Klicks auf<br />
YouTube knacken, kriegen Rapper kein<br />
Echo in diesem Land. Ich verstehe nicht,<br />
warum. Es ist ja nicht so, als würden wir<br />
das nicht wollen.<br />
Du bist jetzt bei Sony Music unter Vertrag.<br />
Hast du dich seit deinen Anfängen<br />
als Rapper verändert?<br />
Nein. Ich fahre immer noch mit der<br />
Straßenbahn. Wieso sollte ich mich<br />
verändern? Ich habe höchstens gelernt,<br />
mehr Verantwortung zu übernehmen und<br />
nicht überheblich zu sein. Ich hatte früher<br />
Momente, wo ich mich gefühlt habe<br />
wie der beste Rapper der Welt. Aber da<br />
hat mein Bruder nur einmal „Halt die<br />
Fresse!“ sagen müssen und ich war ganz<br />
schnell wieder am Boden.<br />
Hast du deinen Eltern das Album vorgespielt?<br />
Das mache ich morgen, wenn ich das<br />
Album das erste Mal in den Händen<br />
halte. Meine Mutter wird es sicher lieben,<br />
sie ist mein größter Fan. Wenn ich ihr<br />
Plakate von mir bringe, macht sie Fotos<br />
davon und schickt es den Verwandten<br />
in Montenegro und Bosnien. Sie<br />
hat sich extra eine Google Play Karte<br />
geholt, damit sie meine Lieder kaufen<br />
kann. Mein Vater ist natürlich auch sehr<br />
stolz, aber er sagt dauernd, ich soll auf<br />
Serbisch rappen, damit die Verwandten<br />
meine Texte auch verstehen (lacht).<br />
Ein Vogel hat mir gezwitschert, dass du<br />
Ariana Grande feierst...<br />
Ich würde diese Frau sofort heiraten<br />
(lacht). Es ist eine komplett andere Musikrichtung,<br />
aber ihre Lieder und Vocals<br />
haben mich bei den Mix- und Master-<br />
Arbeiten zum Album sehr inspiriert. Sie<br />
macht alles sehr gezielt. Das gefällt mir.<br />
Was hast du aus diesem Album gelernt?<br />
Ich glaube, wir haben in diesen drei<br />
Jahren sehr viel gelernt, vor allem in<br />
Bezug auf unsere Arbeitsmoral. Wie wir<br />
mit bestimmten Dingen umgehen, uns<br />
gegenseitig behandeln und miteinander<br />
kommunizieren. Wir sind mit diesem<br />
Album sehr gereift. Vor einem zweiten<br />
Album habe ich deshalb überhaupt keine<br />
Angst mehr. Nur Ehrfurcht. ●<br />
„Mein Vater sagt dauernd, ich soll auf serbisch rappen.“<br />
18. Mai 20<strong>19</strong><br />
Campus der Universität<br />
Wien, Hof 1<br />
FREIER EINTRITT<br />
Mit YASMO UND DIE KLANGKANTINE<br />
www.suedwind.at/strassenfest
„Die Leiden des jungen Todor“<br />
Von Todor Ovtcharov<br />
Beschwerdebrief<br />
Wenn man in Österreich einen Deutschkurs<br />
macht und eine der Niveaustufen<br />
bewältigen will, muss man lernen,<br />
einen Beschwerdebrief zu schreiben. Das ist<br />
nicht leicht, da man lernen soll, sich schriftlich zu<br />
beschweren. Im Lehrbuch gibt es einen Musterbrief.<br />
Dort geht es um einen Herrn Schmidt, der<br />
auf Urlaub in Mallorca war. Sein Bad war schimmlig,<br />
im Hotelrestaurant gab es keine frischen Pfirsiche<br />
und statt guter deutscher Musik musste Herr<br />
Schmidt lästigen Flamenco hören. Im Flugzeug saß<br />
Herr Schmidt neben einem weinenden Baby und<br />
konnte nicht schlafen und statt 150 Meter musste<br />
er genau 275 Meter zum Strand gehen, deswegen<br />
ist er nach seinem Urlaub müde und gar nicht<br />
entspannt.<br />
Für einen Menschen, der in Osteuropa geboren<br />
ist, ist so einen Beschwerdebrief zu schreiben eine<br />
Riesenherausforderung. Vielleicht hilft das Schreiben<br />
von Beschwerdebriefen zur Entwicklung der<br />
bürgerlichen Gesellschaft, doch der Ostmensch<br />
betrachtet das ganz skeptisch. Im Unterschied zum<br />
Herrn Schmidt glaubt er, dass sein Beschwerdebrief<br />
gar nichts ändern wird: Der Schimmel im Bad<br />
wird bleiben, im Restaurant wird es weiterhin keine<br />
Pfirsiche geben und das Hotel wird sich nicht dem<br />
Strand nähern. Das mit dem Flamenco ist auch<br />
vollkommen absurd. Wenn Herr Schmidt keinen<br />
Flamenco hören will, dann soll er auch nicht nach<br />
Spanien fahren!<br />
Auf Bulgarisch sagt man: “Beschwer dich<br />
beim armenischen Popen!”. Das bedeutet: Sowohl<br />
mündliche als auch schriftliche Beschwerden sind<br />
sinnlos, denn derjenige, der auf deine Beschwerden<br />
hören muss, den gibt es gar nicht. Höchstens<br />
wirst du ausgelacht. Das habe ich mal persönlich<br />
erlebt: Ich habe vor vielen Jahren auf der bulgarischen<br />
Schwarzmeerküste gearbeitet. Ein deutscher<br />
Tourist beschwerte sich, dass in der Toilette<br />
Klopapier gefehlt hat. Der Geschäftsführerin vom<br />
Hotel war das vollkommen egal: “Deutschland ist<br />
groß”, sagte sie, “Der mag vielleicht nicht wiederkommen,<br />
aber sein Nachbar kommt!”.<br />
Vielleicht schreiben wir deshalb keine<br />
Beschwerdebriefe. Wir glauben, dass sie uns nur<br />
schaden können, ein böser Beamter wird sie sehen<br />
und sagen: „Wenn es dir nicht gefällt, dann bleib<br />
zu Hause!“. Und dann werden wir abgeschoben.<br />
Ein Schuldkomplex verfolgt uns. Dabei könnten wir<br />
eigentlich so schöne Beschwerdebriefe schreiben,<br />
die selbst Herrn Schmidt zum Erröten bringen<br />
würden. Denn wir sehen Ungerechtigkeiten, die<br />
gewöhnliche Österreicher nicht sehen. Die soziale<br />
Ungerechtigkeit und der Alltagsrassismus und<br />
weniger das Fehlen von frischen Pfirsichen im<br />
Hotelrestaurant.<br />
Die Übung mit dem Schreiben eines Beschwerdebriefs<br />
schaffen viele ganz gut. Das heißt, dass<br />
wir unsere Rechte eigentlich ganz gut kennen.<br />
Trotzdem schreiben wir keine Beschwerdebriefe. ●<br />
70 / MIT SCHARF /
#WeAreMusical<br />
Foto VBW © Oliver Gast 2018<br />
DAS MUSICAL MIT DEN HITS VON<br />
RAINHARD FENDRICH<br />
REGIE<br />
Andreas Gergen<br />
BUCH<br />
Titus Hoffmann<br />
Christian Struppeck<br />
TICKETS UM € 15,–<br />
Online ab zwei Stunden vor Vorstellungsbeginn für Schüler, Studenten, Lehrlinge und Präsenzdiener<br />
EDU.MUSICALVIENNA.AT<br />
NUR NOCH BIS JUNI 20<strong>19</strong><br />
© THE BODYGUARD (UK) LTD. Designed by DEWYNTERS
MAGAZIN 1 MO bis FR 18:10<br />
ZIB 18 18:00<br />
ZIB NACHT 23:00