HANSEstyle 1 | 2019
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WIRTSCHAFT & POLITIK<br />
ist wie eine kleine Umfrage – mit interessanten Hinweisen,<br />
was die Menschen beschäftigt und welche<br />
Probleme sie haben.<br />
Bei welchen Themen gibt es momentan besonderen<br />
Handlungsbedarf in Hamburg?<br />
Beim Verkehr und im Wohnungsbau.<br />
Was halten Sie als erfahrener Finanzsenator von den<br />
derzeitigen Vorschlägen zur Novellierung der allgemeinen<br />
Grundsteuer, die nach dem derzeitigen Entwurf<br />
von Finanzminister Scholz zu höheren Abgaben<br />
für viele Hamburger führen könnte? Hat das Bundesland<br />
Hamburg dazu eigene Ideen?<br />
In den letzten Jahrzehnten haben wir in den großen<br />
Städten eine enorme Wertentwicklung von Immobilien<br />
und Grundstücken gesehen. Teilweise hat sich der<br />
Wert verzwanzigfacht. Dieser Effekt darf nicht eins zu<br />
eins in Grundsteuerhöhe umgerechnet werden, denn<br />
das würde zu einer massiven Verteuerung des Wohnens<br />
führen. Wir verfolgen zwei Grundprinzipien: ein<br />
möglichst einfaches Modell und keine zusätzliche<br />
Verteuerung des Wohnens in den jetzt schon sehr<br />
teuren Metropolen.<br />
Wie geht es jetzt weiter?<br />
Das hängt von den weiteren Verhandlungen des Bundes<br />
und der Länder ab. Das neue System muss auf<br />
jeden Fall gerechter werden als das alte, das vom<br />
Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft<br />
wurde. Wir achten darauf, dass die Grundsteuer<br />
in Hamburg insgesamt nicht höher wird. Es<br />
wird vermutlich einzelne geben, die weniger, und andere,<br />
die etwas mehr zahlen. Aber das sollte in einem<br />
vertretbaren Rahmen bleiben. Bis Ende <strong>2019</strong> muss<br />
nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts<br />
ein neues Grundsteuergesetz beschlossen werden.<br />
Mit der Umsetzung haben die Länder dann noch einige<br />
Jahre länger Zeit.<br />
Die Baustellen sind für sehr viele Menschen ein Ärgernis.<br />
Wäre es aus Sicht des Senats auch im Hinblick<br />
auf Umfragewerte nicht wichtig, um mehr Verständnis<br />
für diese Umstände zu werben?<br />
Ja, Verständnis ist immer gut, aber wir müssen da<br />
niemanden belehren. Die Menschen wissen, dass wir<br />
die Stadt in Ordnung halten müssen. Wenn man ein<br />
Haus oder eine Wohnung hat, muss man auch mal<br />
sanieren oder renovieren. Das ist lästig und störend,<br />
aber wenn man es nicht macht, bekommt man irgend-<br />
wann ein großes Problem. Das gilt auch für eine Stadt.<br />
Wir müssen unsere Brücken, unsere Grünanlagen und<br />
Straßen sanieren – und wir haben viel nachzuholen,<br />
denn es wurde jahrzehntelang zu wenig getan.<br />
Wie bereitet sich Hamburg auf das weitere Wachstum<br />
der Stadt vor?<br />
Wir können die Stadt nicht einreißen und neu bauen,<br />
aber wir können den Straßenraum besser nutzen, indem<br />
wir mehr Menschen die Möglichkeit geben, mit<br />
U- und S-Bahn zu fahren, Busse zu nutzen oder auch<br />
Fahrrad zu fahren. Deswegen bauen wir zum Beispiel<br />
die U5, mit der über 150.000 Menschen direkten Zugang<br />
zum Schnellbahnsystem erhalten. Ende letzten<br />
Jahres haben wir die Kapazität des Bus- und Bahnverkehrs<br />
kurzfristig um 20 Prozent erhöht, indem wir größere<br />
Züge und Busse angeschafft haben, die häufiger<br />
fahren. Je komfortabler, zuverlässiger und pünktlicher<br />
Busse und Bahnen sind, umso mehr Menschen haben<br />
keinen Grund mehr, das eigene Auto zu nutzen. Diese<br />
Strategie hat sich als erfolgreich erwiesen. Wir haben<br />
höhere Anteile an Rad-, Bus- und Bahnfahrern als<br />
noch vor 10 Jahren.<br />
Einer Ihrer Wünsche für Hamburg ist, die Stadt zu<br />
einer Wissenschaftsmetropole auszubauen. Was bedeutet<br />
das – und wie gehen Sie dabei vor?<br />
Die Welt verändert sich. Das gilt für unser persönliches<br />
Leben, aber auch für die Stadt insgesamt. Wir<br />
müssen uns den großen Trends stellen und dürfen<br />
uns nicht abhängen lassen: Globalisierung, demografischer<br />
Wandel, Digitalisierung, Klimawandel. Das<br />
alles ist mit Risiken, aber auch neuen Chancen verbunden,<br />
die wir nutzen können. Die wichtigste Res-<br />
Die Menschen wissen,<br />
dass wir die Stadt<br />
in Ordnung halten<br />
müssen.<br />
Dr. Peter Tschentscher<br />
1989 trat Dr. Peter Tschentscher in<br />
die SPD ein. Seit 2018 ist er Erster<br />
Bürgermeister<br />
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