STARKS!STROM Nr8 Web-versuch-2
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strom-planet<br />
© Sabine Hauswirth<br />
12<br />
Muff, vor ziemlich genau 30 Jahren war auch mein „erstes<br />
Mal“ im damals recht neuen Rockhaus. Jetzt sitze ich mit<br />
dir hier und wir reden über drei Dekaden Wiener Szene.<br />
Das hätten wir damals wohl beide nicht gedacht, oder?<br />
Von dir nicht, haha. Im Ernst, wir haben schon an<br />
eine Zukunft geglaubt, sonst hätten wir ja erst gar<br />
nicht anzufangen brauchen. Aber an das, was in<br />
30 Jahren sein könnte, dachte natürlich niemand.<br />
Kannst du in aller Kürze die Eckdaten dieser drei Jahrzehnte<br />
auflisten?<br />
Am 27.09.1989 hatten wir unser erstes<br />
Konzert im Rockhaus Wien: Sodom<br />
mit einem Support namens Sepultura.<br />
Wir wollten in erster<br />
Linie heimischen Bands Auftrittsmöglichkeiten<br />
bieten,<br />
die internationalen Sachen<br />
sind uns quasi passiert, zumal<br />
es dafür sonst wenig gab<br />
in Wien. Anfangs bestand der<br />
Großteil des Programms aus<br />
Rock und Metal, wir öffneten<br />
uns aber zunehmend anderen,<br />
neuen Ausrichtungen und<br />
änderten demzufolge unseren<br />
Namen in Planet Music, und zwar<br />
am 30.10.1999 mit dem einzigen Ö-<br />
Konzert von Eminem, der übrigens<br />
nach dem Gig unseren Tontechniker<br />
töten wollte.<br />
Im neuen Jahrtausend wurden rund um uns Wohnbauten<br />
hochgezogen, in deren Planung wir aber<br />
nicht berücksichtigt wurden, das Ende war demnach<br />
absehbar. Wären wir geblieben, hätten wir mit einer<br />
Flut von Anrainer-Problemen rechnen müssen,<br />
der Zu- und Abfluss des Publikums, letzterer beim<br />
Muff Sopper,<br />
30 Jahre Planet Music<br />
Baseball, Rammstein, tote Hendln<br />
© Privat<br />
Im Jahr 1989 machte er mit seinem Team, einem engagierten Haufen<br />
ahnungsloser Musiker auf der Suche nach einer Stätte für ihre Bands, aus<br />
dem Veranstaltungszentrum „Fritz“ in der Adalbert-Stifter-Straße 73 das<br />
legendäre Rockhaus, das 10 Jahre später zum Planet Music wurde und<br />
eine weitere Dekade danach in den Gasometer siedelte. Eine Bühne<br />
am Donauinselfest betrieb man schon vorher, eine am Maifest kam<br />
dazu wie später auch noch die Szene Wien und die SiMM City.<br />
„…bis mir einer den Doppler<br />
ins Gesicht schmeißen wollte“<br />
Reggea Rasta – Wüde Gfrasta<br />
Stark!Strom-Mike zu Gast bei Josef „Muff“ Sopper:<br />
Anekdoten, derbe Zoten, alte Schoten, gute Quoten.<br />
männlichen Teil auch sprichwörtlich, der Lärm,<br />
chancenlos. Ich sprach bei den zuständigen Politikern<br />
wegen etwaigen „Ersatz-Locations“ vor, der<br />
damalige Wohnungsstadtrat ließ mich gnadenlos<br />
abblitzen, ein gewisser Werner Faymann. Schließlich<br />
bot man uns den Gasometer an, den wir dankbar<br />
annahmen, aber natürlich ist der für all die kleineren,<br />
jungen heimischen Acts viel zu groß, weshalb<br />
man uns auch die Szene Wien überantwortete. Vor<br />
fünf Jahren kam dann noch der brachliegende<br />
„Festsaal Zentrum Simmering“ dazu, in den wir<br />
einiges investierten und erfolgreich als SiMM City<br />
betreiben.<br />
Das liest sich auch in Zahlen sehr beeindruckend:<br />
30 Jahre, 10.000 Veranstaltungstage<br />
mit mehr als 35.000<br />
Künstlergruppen, davon gut 75%<br />
österreichische Acts und: 15 Millionen<br />
Besucher.<br />
Die Besucher sind natürlich<br />
schwer auszurechnen. Zählt<br />
man Donauinselfest und Maifest<br />
mit, sind es noch viel mehr.<br />
Andererseits gibt es Leute, die<br />
nicht nur auf einem Konzert bei<br />
uns waren, sondern öfters. Wir<br />
haben viele Stammgäste, die immer<br />
wieder kommen.<br />
Was auch auf Bands zutrifft. Manche<br />
ließen sich gefühlt in jedem einzelnen<br />
der 30 Jahre anschauen. Kann man sagen, welcher Act<br />
tatsächlich am öftesten bei euch zu sehen war?<br />
Die Schulband Haizingergasse! Diese Schule macht<br />
zweimal im Jahr ein Fest in der Szene, bei dem immer<br />
die aktuelle Schulband spielt. Also, rechne es dir aus<br />
(lacht). Ansonsten natürlich Uriah Heep, Nazareth,<br />
Blind Petition, Alkbottle usw. Nicht zu vergessen die<br />
Band „Curfew“ (Oh Gott, jetzt geht das los, Andi).<br />
Und die „Doors“ ganz am Anfang. (Hilfe! Andi)<br />
Sehr oft auch die „Changeover“ (samma´s? Andi).<br />
Oder Sepulturas Europa-Debüt.<br />
Das war eigentlich eine Sodom-Tour, aber die haben<br />
grad ein bisserl geschwächelt. Sepultura hingegen<br />
waren am Durchstarten, extrem motiviert, erste Europa-Tour,<br />
Startschuss wie erwähnt am 27.09.1989 bei<br />
uns im Rockhaus. Jahre später waren sie DIE neuen<br />
Metal-Stars.<br />
Stark war auch Pearl Jam 1992. Genau in der Woche der<br />
Wien-Show ging ihr Album auf Platz 1 der Billboard-<br />
Charts. Damit rechnete vorher niemand, auch nicht<br />
die Band, sonst hätte sie nicht um eine Gage von<br />
4.000 Dollar gespielt, das tut sie heute vermutlich<br />
nicht mehr (lacht).<br />
Legendär natürlich die allererste Rammstein Wien-<br />
Show. Die fackelten uns beinahe das Rockhaus ab. Das<br />
hat mich gleichermaßen erschreckt und beeindruckt.<br />
Auch der Größenwahnsinn, den die an den Tag legten.<br />
Später probten sie vorm „Aerodrome“-Festival<br />
bei uns und spielten als kleines Dankeschön eine<br />
„Secret Show“ nur für Freunde und geladene Gäste.<br />
Ohne Pyro- und sonstige Effekte, das war natürlich<br />
einzigartig (und fad, Andi).<br />
Nach der Show gab es eine kleine Party, bei der ich<br />
meine damals ca. 13-, 14-jährigen Söhne mithatte.<br />
Als ich ihnen sagte, dass sie nach Hause müssten,<br />
morgen Schule usw, grinsten mich beide nur an,<br />
weil hinter mir der Rammstein-Sänger mit beiden<br />
Mittelfingern auf mich zeigte. Besten Dank, Till, das<br />
half mir sehr weiter.<br />
„Sie mussten ihn zu viert aus dem U4 tragen“<br />
Sir Lemmy Kilmister<br />
Weniger lustig in Erinnerung blieb mir das Gastspiel<br />
von Yellowman. Er selbst trägt keine Schuld, aber seine<br />
Band, holländische Rasta-Freaks, feierten backstage bis<br />
zum Morgengrauen. Dann bat ich sie, zunächst sehr<br />
höflich, woanders weiter zu feiern, ich würde gerne<br />
zusperren. Die Bitte blieb unerhört, der Ton wurde<br />
rauer, bis mir einer einen Doppler ins Gesicht schmeißen<br />
wollte und ich grad noch ausweichen konnte.<br />
Daraufhin holte ich meinen Baseball-Schläger und<br />
jagte die ganze Partie über die Adalbert-Stifter-Straße.<br />
Aus einem schöneren Grund unvergessen bleibt<br />
der Auftritt der ostdeutschen Band Rockhaus – im<br />
Rockhaus. Die spielten nämlich genau an dem Tag bei<br />
uns, an dem die Berliner Mauer fiel. Da waren auch<br />
zahlreiche deutsche Fans im Publikum, es flossen<br />
viele Tränen.<br />
Gänsehaut. Aber gab es trotz all der schönen Erfahrungen<br />
auch mal einen Punkt, an dem du ans Aufhören dachtest?<br />
© Doris Jungmayer<br />
Before We Arise:<br />
SEPULTURA<br />
© Doris Jungmayer<br />
Mott The Rockhaus:<br />
IAN HUNTER<br />
© Dietmar Hoscher<br />
See The Light:<br />
JEFF HEALEY<br />
Lost Paradise: PARADISE LOST<br />
© Dietmar Hoscher<br />
30 Jahre<br />
musik<br />
geschichte<br />
Günstige Chartstürmer:<br />
PEARL JAM<br />
New Wave Of Rosa Metal:<br />
RAVEN<br />
© Doris Jungmayer<br />
© Doris Jungmayer