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hinnerk Juni/Juli 2019

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MUSIK<br />

FOTOS: FIFOU<br />

ESC<br />

BILAL HASSANI:<br />

ZU QUEER FÜR SPIESSER<br />

Eigentlich ist alles ganz einfach:<br />

Bilal Hassani liebt Popmusik.<br />

Schon immer, „seit ich ein<br />

Baby bin“. Seitdem er denken kann,<br />

mag er Aufmerksamkeit, er mag<br />

es, im Zentrum zu stehen. Er kann<br />

gar nicht anders, als für andere zu<br />

performen. „Seitdem ich zwei bin,<br />

habe ich immer Shows abgezogen.<br />

Für meine Familie, für meine Freunde.<br />

Das war schon immer mein<br />

Leben.“ Und so hat es niemanden in<br />

seinem Umfeld gewundert, dass er<br />

bei der französischen Ausgabe von<br />

„The Voice Kids“ teilnahm, wo er es<br />

durch die Blind Auditions schaffte,<br />

indem er Conchita Wursts „Rise<br />

Like a Phoenix“ sang. Dass er jetzt<br />

selbst zum Eurovision Song Contest<br />

als Vertreter seines Landes reisen<br />

wird, ist eigentlich nur die logische<br />

Konsequenz.<br />

Doch natürlich ist es nicht wirklich so<br />

einfach, denn dass ein schwuler Mann, der<br />

Sohn einer ursprünglich marokkanischmuslimischen<br />

Familie, nun ganz Frankreich<br />

vertreten wird, bringt auch die zu<br />

erwartenden Reaktionen der Dummen mit<br />

sich. Der Hass kocht mal wieder über – und<br />

er kommt aus allen Richtungen. Zu queer<br />

für Spießer und Nationalisten und alle<br />

Dogmatiker. Gleichzeitig ist Bilal aber auch<br />

gerade deshalb Vorbild, viele sehen zu ihm<br />

auf. Das alles könnte ganz schön viel sein<br />

für einen gerade Neunzehnjährigen. Doch:<br />

„Ich würde eigentlich nicht sagen, dass<br />

es schwierig ist – eher verwirrend“, erklärt<br />

Bilal. Er klingt dabei sehr ruhig. „Manchmal<br />

bist du sehr glücklich, manchmal sehr<br />

traurig. Aber Liebe triumphiert immer über<br />

Hass. Ich kümmere mich nicht um das,<br />

was diese Menschen denken.“ Und wie<br />

ist es mit der Meinung seiner Fans? Allein<br />

auf Instagram beobachtet ihn eine halbe<br />

Million Menschen – und das werden in den<br />

kommenden Wochen sicher nicht weniger.<br />

„Ich bin ein Kind des Internets, der sozialen<br />

Medien. Für mich ist das alles einfach da,<br />

einfach ein Teil meines Lebens. Ich teile,<br />

worauf ich Lust habe, ich gehe damit sehr<br />

leichtherzig um. Ich lebe einfach – wenn<br />

ich mich wirklich darum kümmern würde,<br />

würde ich bestimmt irre werden.“<br />

Stattdessen hat er sich auf sein Debütalbum<br />

„Kingdom“ konzentriert. Natürlich<br />

wird sich darauf auch der ESC-Beitrag<br />

„Roi“ befinden, sein Lied über Selbstakzeptanz,<br />

darüber, wie man der König in seinem<br />

eigenen Reich wird. Doch das Album ist<br />

nicht um dieses Lied herum gebaut. „Es ist<br />

alles Popmusik, denn ich wollte unbedingt<br />

ein echtes Pop-Album machen – das<br />

war mir sehr wichtig. Kein Lied klingt wie<br />

das andere.“ Schon die neue Single „Fais<br />

Beleck“, ein Dance-Pop-Banger, beweist,<br />

dass ihm das gelungen ist. „Wir waren ein<br />

sehr kleines Team und alle haben mir geholfen.<br />

99 Prozent der Melodien sind von<br />

mir, bei den Texten ist es auch so.“ Bilal<br />

hat also nicht nur die Ausstrahlung und die<br />

Persönlichkeit eines Stars, bei ihm kommt<br />

auch noch das Talent dazu.<br />

Doch wenn es um den ESC geht, ist er vor<br />

allem noch immer Fan. Er kennt alle Lieder<br />

seiner Mitbewerber, auch wenn er keinen<br />

Favoriten hat. Aber das geht ihm immer so.<br />

„Jedes Jahr rufe ich für viele verschiedene<br />

Kandidaten an“, lacht er. „Ich bin so unentschlossen!<br />

Darüber findet sich übrigens<br />

ein Lied auf dem Album – ich kann mich<br />

einfach nicht entscheiden …“ Was aber<br />

nicht der Grund dafür ist, dass bisher jeder<br />

seiner Auftritte mit „Roi“ völlig anders aussah.<br />

„Ich liebe Veränderung! Ich kann nicht<br />

zweimal dasselbe tun, vielleicht wirklich,<br />

weil ich ein Kind der sozialen Medien bin.<br />

Alles ist schnell und alles ist Veränderung.“<br />

Deshalb wird sein Auftritt in Israel auch<br />

nichts mit dem beim Vorentscheid zu tun<br />

haben. „Ich werde alles verändern!“, erklärt<br />

er nachdrücklich, ohne preiszugeben, was<br />

er genau vorhat. Aber er geht mit der gleichen<br />

Einstellung an diesen einzigartigen<br />

Moment heran wie an seine Konzerte. „Ich<br />

will etwas abliefern, etwas Großes! Mein<br />

Ziel ist immer, dass die Leute alles andere<br />

vergessen, alles was draußen vor sich<br />

geht.“ Normalerweise ist das Haupt, das<br />

die Krone trägt, ja schwer. Doch König zu<br />

sein, ist manchmal eben nur eine Frage der<br />

Einstellung. Und dann ist alles auf einmal<br />

doch ganz leicht – und einfach. *fis

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