buchreport.spezial 07/2019
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uchreport.<strong>spezial</strong> <strong>2019</strong><br />
Hörbuch<br />
27<br />
bei denjenigen, die bereits Hörbücher hören,<br />
gibt es Potenzial. Angebote wie die Tonies<br />
erreichen neue Zielgruppen und auch<br />
durch neue Technologien wie die Smart-<br />
Lautsprecher, die zunehmend zum Inventar<br />
in den Wohnungen werden, lassen sich<br />
neue Hörer gewinnen. Es gibt also noch viel<br />
Spielraum für weitere Innovationen im<br />
Hörbuchbereich.<br />
Inwiefern hat sich die Zielgruppe verändert?<br />
Sie ist größer und jünger geworden. Das<br />
Hörbuch ist in der Mitte der Gesellschaft<br />
angekommen. Früher haben das die Alten<br />
und Sehbehinderten gehört, dann waren es<br />
die Early Adopter, also der Typus Porsche<br />
fahrender Anzugträger, der in der Werbeagentur<br />
arbeitet und gern anspruchsvolle<br />
Sachen hört. Jetzt sind es junge Leute und<br />
mittelalte, Eltern, aber auch der 60-jährige<br />
Lehrer. Die Hörerschaft ist wirklich ganz<br />
breit aufgestellt.<br />
Wie wirkt sich das auf das Marketing aus?<br />
Es hat sich viel verändert: Vor 20 Jahren gab<br />
es in der „Zeit“ alle 14 Tage eine Hörbuch-<br />
Kolumne, in der „Süddeutschen“ jede<br />
Woche. Diese Zeiten sind vorbei. Das hängt<br />
natürlich auch mit der Krise der Zeitschriften<br />
und Zeitungen zusammen. Jetzt erreicht<br />
man die Gruppen viel eher über die<br />
Social- Media-Kanäle. Und auch Blogger<br />
werden immer wichtiger. Das wirkt sich natürlich<br />
auch auf die Pressearbeit aus.<br />
Die Grenze zwischen Presse und Marketing<br />
verwischt immer stärker …<br />
Genau, das ist wirklich eine Herausforderung.<br />
Wir haben das im Moment so gelöst,<br />
dass wir eine Arbeitsgruppe aus Presse- und<br />
Marketingmitarbeitern als Schnittstelle eingerichtet<br />
haben, die diese Kanäle gemeinsam<br />
bedienen.<br />
Und wie steht es mit dem Programm?<br />
Früher hat man versucht, die Hörbuchrechte<br />
der Bestseller zu kaufen. Das ist mittlerweile<br />
ganz anders: Zum einen muss man<br />
die Hörbücher oft schon parallel zum Buch<br />
produzieren, man kann also nicht mehr darauf<br />
warten, ob sich ein Buch als Bestseller<br />
etabliert oder nicht. Zum anderen ist das<br />
Programm breiter geworden, man setzt<br />
auch Titel um, die man früher nicht als Hörbuch<br />
gemacht hätte, z.B. Sachthemen. Die<br />
Zielgruppe dafür erreicht man im Buchhandel<br />
nicht mehr so gut, aber im Internet<br />
funktionieren diese Titel wunderbar. Das<br />
geht so weit, dass wir manche Produktionen<br />
nur fürs Digitale machen, weil diese im<br />
Haptischen nicht mehr funktionieren.<br />
Im vergangenen Jahr hat Random House<br />
DAV übernommen. Nimmt die Marktkonzentration<br />
zu?<br />
Die Übernahme hat meiner Einschätzung<br />
nach keine Auswirkungen auf den Markt,<br />
weil die Verlage sehr unterschiedliche Profile<br />
haben. Aber natürlich haben es die kleinen<br />
unabhängigen Verlage schwerer, an<br />
Lizenzen heranzukommen. Weil wir selbst<br />
zur Bonnier-Gruppe gehören, haben wir<br />
den großen Vorteil, dass wir ein Erstzugriffsrecht<br />
auf die Bonnier-Lizenzen haben.<br />
»Viele Verlage experimentieren damit,<br />
was mit Hörbüchern noch zu machen ist.<br />
Und wir machen das natürlich auch.«<br />
Bei Playern wie Audible spielt es ebenfalls<br />
eine Rolle, ob man ein großes Haus ist oder<br />
ein kleines, ob man zu einem Konzern gehört<br />
oder nicht.<br />
Welche Chancen bestehen dann noch für die<br />
kleinen Verlage?<br />
Ich denke, dass sie sich durch Originalität<br />
hervorheben können, indem sie Perlen ausfindig<br />
machen. Sie müssen ihre Nischen<br />
finden, in denen sie überleben können.<br />
Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung<br />
im Buchhandel?<br />
Damit bin ich nicht zufrieden. Das Problem:<br />
Hörbücher sind im Gegensatz zum<br />
Buch viel häufiger ein Spontankauf, das zeigen<br />
auch verschiedene Studien. Wenn das<br />
Hörbuch nicht im Laden liegt, dann weiß<br />
der Kunde gar nicht, dass es das gibt und<br />
nimmt es auch nicht mit. Ich glaube, dass<br />
das Hörbuch im Handel ein viel größeres<br />
Potenzial hat. Wir sehen das bei einzelnen<br />
Händlern, die mutig sind, ihre Kunden gut<br />
kennen und durch Beratung wirklich etwas<br />
erreichen können. Das kostet natürlich Mühe<br />
und erfordert engagierte Buchhändler,<br />
die das Hörbuch erklären: Beim Buch haben<br />
Sie einen Autor und vielleicht noch einen<br />
Übersetzer. Beim Hörbuch haben Sie<br />
einen Sprecher, Sie haben unterschiedliche<br />
Formate, Sie haben gekürzte und ungekürzte<br />
Lesungen, Hörspiele. Gerade bei der älteren<br />
Generation müssen Sie viel erklären.<br />
Aber dort, wo es umgesetzt wird, sind die<br />
Händler auch erfolgreich.<br />
Eva Killy killy@<strong>buchreport</strong>.de