buchreport.spezial 07/2019
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uchreport.<strong>spezial</strong> <strong>2019</strong><br />
Hörbuch<br />
31<br />
von Boxine so zusammen: „Die Zukunft darf<br />
nicht das Motto verfolgen, wie wir alles möglichst<br />
digitalisieren können, sondern wie<br />
man sinnvolle Synergien findet, um das Beste<br />
aus der analogen Welt mit der neuen digitalen<br />
Welt zu verbinden.“ Für die Toniebox-<br />
Erfinder bedeutet das in erster Linie, dass die<br />
Technologie nicht zum Selbstzweck wird.<br />
Patric Faßbender: „Welche Technologie wir<br />
einsetzen, war für uns erst einmal zweitrangig.<br />
Wir sind das Projekt aus Kundenperspektive<br />
angegangen. Das fiel uns als Start-up<br />
natürlich leichter als vielen etablierten Unternehmen,<br />
die sich an vorhandenen technischen<br />
Gegebenheiten orientieren müssen.“<br />
Das Grundprinzip der Toniebox ist simpel.<br />
Die Nutzer kaufen Audiotitel in Form<br />
von Tonies. Um einen Titel anzuhören,<br />
wird die jeweilige Figur auf die Abspielbox<br />
gestellt, mit der sie sich automatisch verbindet.<br />
Dass der Nutzer auf die Inhalte nicht<br />
ohne die Figuren als physische Datenträger<br />
zugreifen kann – obwohl sie in der Cloud<br />
vorgehalten werden und somit theoretisch<br />
über alle internetfähigen Endgeräte abrufbar<br />
wären –, gehört zum Konzept. „Unsere<br />
Philosophie folgt dem Gedanken, dass ein<br />
Kind nicht immer ein Smartphone in die<br />
Hand nehmen sollte, um Audioinhalte abzuspielen“,<br />
erklärt Faßbender.<br />
Klassiker und starke Marken im Fokus<br />
Zunächst war es vornehmlich der Back-Katalog,<br />
den Boxine von den Verlagen zur Verfügung<br />
gestellt bekam. Faßbender zufolge war<br />
das für das junge Unternehmen unproblematisch:<br />
„In dem Kleinkindsegment, in dem<br />
wir unterwegs sind, haben Klassiker glücklicherweise<br />
einen hohen Stellenwert, zumal<br />
viele Eltern sie selbst von früher kennen.“<br />
Wenn Eltern die Tigerente, das Sandmännchen,<br />
das Sams oder den Räuber Hotzenplotz<br />
sähen, spreche das viele von ihnen stärker<br />
an als aktuelle Toptitel. „Insofern sind<br />
wir etwas unabhängiger von den üblichen<br />
Marktregeln als Anbieter von Produkten für<br />
andere Altersgruppen“, glaubt Faßbender.<br />
Das Tonie-Portfolio entwickelt sich stetig.<br />
Bis Ende <strong>2019</strong> sind für die DACH-Region<br />
noch über 30 weitere Hörspiele und Hörbücher,<br />
Musik- und Wissenstitel geplant,<br />
für Kinder im Alter von 3 bis 8 Jahren. Die<br />
Lizenzgeber sind divers, von kleinen und<br />
großen Kinderhörmedienverlagen bis zu<br />
den Entertainment-Konzernen Disney und<br />
Playmobil, von denen im August und September<br />
Figuren ins Portfolio kommen. Die<br />
Mehrzahl der Titel kommt dabei aus dem<br />
hochpopulären Mainstream-Bereich. Neben<br />
Kinderbuchklassikern prägen das Angebot<br />
Marken wie Benjamin Blümchen und Mia<br />
and me. Die Tonies bringen somit vielfach<br />
Character ins Kinderzimmer, die ohnehin<br />
schon den Markt dominieren.<br />
Wo bleibt da die Sichtbarkeit für weniger<br />
bekannte Stoffe? Führt das begrenzte Titelangebot<br />
nicht zwangsläufig zu einer Vereinheitlichung<br />
im Kinderzimmer? Solche Kritik<br />
kann Faßbender in gewissem Maße<br />
nachvollziehen. „Dass wir so viele große<br />
Themen im Portfolio haben, ist keiner Haltung,<br />
sondern unserem Geschäftsmodell<br />
geschuldet.“ Das Unternehmen muss aufgrund<br />
hoher Initialkosten mindestens 5000<br />
Tonies pro Titel produzieren, damit dieser<br />
annähernd rentabel ist. Hintergrund: Zwischen<br />
dem Entschluss für ein Tonieprojekt<br />
und dem fertigen Produkt liegen über 70<br />
Wochen, die bezahlt werden müssen. „Diese<br />
für viele Titel zu hohe Hürde schmerzt<br />
uns auch“, versichert Faßbender. Daher will<br />
Begleiter des<br />
Medienwandels:<br />
Patric Faßbender gründete<br />
2013 gemeinsam mit<br />
Marcus Stahl die Boxine<br />
GmbH. Die beiden Quereinsteiger<br />
(Faßbender war<br />
zuvor Kreativdirektor in<br />
einer Werbeagentur, Stahl<br />
Manager in einem Elektronik-Unternehmen)<br />
konnten<br />
viele Verlage schnell von<br />
ihrem Konzept überzeugen<br />
– andere hatten zunächst<br />
Bedenken. So befürchteten<br />
einige Lizenzgeber im Vorfeld,<br />
dass ihnen durch die<br />
Tonies reguläre Verkäufe<br />
entgehen könnten. Eine<br />
Sorge, die sich Faßbender<br />
zufolge als unbegründet erwiesen<br />
hat. „Ganz im Gegenteil:<br />
Wir bescheren den<br />
Verlagen neue Umsätze.<br />
Wenn wir überhaupt etwas<br />
kannibalisieren, dann das<br />
Medium Audio-CD. Aber<br />
das bricht ohnehin weg. Im<br />
Ausland ist die CD schon<br />
kaum mehr vorhanden – in<br />
Deutschland beschleunigen<br />
wir diese Entwicklung<br />
höchstens minimal.“