04.07.2019 Aufrufe

MQ Sommer 2019 int

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Das Artland-Magazin.<br />

Aber zurück zum Schwarzen Weg, der, wie ich bereits in der letzten Geschichte berichtet hatte, zu<br />

meinem Schulweg gehörte, und daher entdeckten wir für uns auch das alte Sägewerk von Möllers<br />

Mühle als Spielplatz. Hier habe ich gern und viel mit meinen Freunden gespielt. Es war zwar<br />

von Möllers Senior nicht gern gesehen, und wir wurden auch des Öfteren von ihm verjagt, aber<br />

wir waren wie die Fliegen, versteckten uns für einige Minuten um die Ecke und kehrten so schnell<br />

zurück wie wir kurz vorher abgehauen waren. Ich glaube, dass Möller sen. auch seine Freude an uns<br />

hatte. Wir kletterten auf den Baumstämmen und sprangen auf ihnen hin und her, kleinere Stämme<br />

wurden als Sprungbrett, andere als Wippe benutzt, und den Kran missbrauchten wir als Schaukel.<br />

Ein alter schwerer Wagen, der zum Transportieren der Stämme diente und auf Schienen lief, wurde<br />

von uns auch in Beschlag genommen. Zwischen den großen Holzstapeln spielten wir Verstecken,<br />

oder wir begaben uns im Sägewerk auf Schatzsuche und Entdeckungstour. Die Zeiten, in denen hier<br />

Bauholz produziert wurde, lagen schon lange zurück, aber es roch noch immer nach frisch gesägtem<br />

Holz. Wir kämpften uns bei dem fahlen Licht, das durch die kleinen, nicht verbretterten Fenster fiel,<br />

in die engsten Löcher, und manchmal sahen wir aus, als hätten wir in einem Bergwerk gearbeitet:<br />

Wir hatten Spinnweben im Haar, und uns fielen Sägespäne ins Genick, die sich unter den Klamotten<br />

mit dem angesammelten Staub und Schweiß vermischten und für mächtigen Juckreiz sorgten, was<br />

aber niemanden daran hinderte, weiter zu machen. Eine dicke Staubschicht hatte sich auch im Laufe<br />

der Zeit über die zurückgelassenen Werkzeuge und Tische gelegt. Es sah beinahe so aus, als wären<br />

die Arbeiter von einer Minute auf die andere durch Geisterhand verschwunden und nie mehr zurückgekommen.<br />

Das weckte natürlich einen leichten Gruseleffekt in uns, und so redeten wir uns ein,<br />

dass h<strong>int</strong>er jeder Tür oder in jedem Schrank jemand stehen könnte. Da war der Schreck dann umso<br />

größer, wenn Fränzchen Möller auf einmal die Tür aufriss und uns zum Teufel jagte.<br />

Doch irgendwann müssen wir anscheinend den Bogen überspannt haben, denn als wir eines Nachmittags<br />

mit unseren Fahrrädern auf dem Schwarzen Weg angefahren kamen, wurden wir schon von<br />

Fränzchen auf der Schleusenbrücke erwartet. Er hatte sich mit Setzkartoffeln bewaffnet und warf sie<br />

gezielt nach uns, dass es für ihn das reinste Schützenfest war. Wir waren völlig überrascht, als uns<br />

die ersten Kartoffeln um die Ohren flogen und anfangs fanden wir das ja noch lustig, aber wenn er<br />

uns getroffen hatte, war die Lust sehr schnell verflogen. Denn werfen konnte Fränzchen, und wenn<br />

er treffen wollte, dann gelang ihm das auch. So blieb uns also nichts weiter übrig, als uns einen<br />

neuen Spielplatz zu suchen.<br />

Doch uns fiel eigentlich immer etwas ein, um draußen herumzutoben. Wir benötigten dafür nicht<br />

immer ein Spielzeug. Das förderte nicht nur den Dialog unter uns Kindern, sondern auch unsere<br />

Kreativität. So fuhren wir also erstmal zur Viehverladerampe am Bahnübergang, setzten uns auf die<br />

Geländer, sahen den Männern bei der Arbeit zu und hielten Rat, was wir anstellen könnten. Doch<br />

da gab es immer ein Problem, das wir unfreiwillig mit nach Hause nahmen und das zumindest bei<br />

meiner Mutter nicht für Wohlgefallen sorgte. Ich habe, wenn ich beim Viehverladen zugesehen<br />

hatte, immer derartig nach Schweinestall gestunken, dass meiner Mutter fast schlecht wurde, wenn<br />

ich nach Hause kam.<br />

Wir beschlossen also den Schrottplatz von Willi Wacker zu besuchen. Willi hatte auf der gegenüber<br />

liegenden Seite des Bahnübergangs einen Platz mit Laderampe und einen weiteren Lagerplatz auf<br />

der angrenzenden Ladestraße. Aber das ist eine andere Geschichte…<br />

Detlef Bülow<br />

12 | mq + Ausgabe <strong>Sommer</strong> <strong>2019</strong><br />

Fotos: Archiv Stadtmuseum Quakenbrück und Detlef Bülow

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!