Christian Jenewein, Wir Kinder vom 64er O-Dorf Leseprobe
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hinein in den Verkaufsladen mit der großen Vitrine, in der das ganze<br />
Gebäck in voller Pracht hinter einer Glasscheibe von mir getrennt lag.<br />
Allein der Duft im Verkaufsraum führte dazu, dass einem die oft<br />
ewige Wartezeit, bis man – vor allem an Samstagvormittagen – endlich<br />
an die Reihe kam, völlig egal war. Der Duft entschädigte für alles.<br />
Damals gab es weitum noch keinen Supermarkt, keine Backware,<br />
die aus Holland über Tausende Kilometer angeliefert und bei uns zehn<br />
Minuten lang aufgebacken wurde, um dann als „frisch“ verkauft zu<br />
werden. „Der“ Tiefenthaler war noch ein Bäcker, der die Backstube um<br />
ein Uhr nachts betrat und seine köstliche Ware produzierte, die man ab<br />
sechs (!) Uhr morgens im Laden kaufen konnte. Genau jene Samstage<br />
waren es, die es notwendig machten, um sieben Uhr bis vor das Haus<br />
hinaus anzustehen, um endlich die heißbegehrten weltbesten Semmeln<br />
oder das nicht minder köstliche Tiefenthaler Schwarzbrot zu erhalten.<br />
An Samstagen tat man gut daran, nicht allzu spät aus den Federn zu<br />
kriechen, denn es konnte durchaus passieren, dass um zehn Uhr vor-<br />
Die Backstube<br />
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