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Die Weinstraße - Septemeber 2019

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Foto: Barbara Franzelin<br />

Gefesselte Bauern<br />

MARKUS LINTNER VOM SCHORNHOF IN ALDEIN HAT VOR 13 JAHREN SEINEN BAUERNHOF AUF MUTTERKUHHALTUNG UND<br />

BIOLOGISCHE LANDWIRTSCHAFT UMGESTELLT – UND HAT DIESE ENTSCHEIDUNG KEINEN MOMENT BEREUT. GEMEINSAM MIT IHM<br />

UND SEINER MUTTER MARTINA HAT „DIE WEINSTRASSE“ ÜBER DAS DERZEITIGE IMAGEPROBLEM DER BAUERN REFLEKTIERT.<br />

Sie sind zwei kritische Charakterköpfe,<br />

die mit ihrer Meinung auch mal anecken<br />

und dafür nicht immer nur Anerkennung<br />

eingesteckt haben. Als Martina vor 52 Jahren<br />

ihren Ehemann Toni, den Bauer vom<br />

Schornhof heiratete und aus dem hohen<br />

Vinschgau nach Aldein zog, war noch vieles<br />

anders. „Wir Bauern wurden damals<br />

nicht beneidet, im Gegenteil. In Mals waren<br />

unsere Felder weit verstreut, das Heu mussten<br />

wir in langen Fußmärschen mit zwei<br />

Kühen einbringen. Mehr als zwei Fuhren<br />

am Tag waren nie drin“, erinnert sie sich<br />

an ihre Kindheit zurück. Eine Sorge, die<br />

sie als Bauern nie hatten, war das Essen,<br />

davon sei immer genug dagewesen, auch<br />

in der Nachkriegszeit. Ein Lächeln huscht<br />

über ihr Gesicht, als sie von der Nachbarschaftshilfe<br />

erzählt: „Waren wir mit unserer<br />

Arbeit fertig, haben wir stets einen Blick<br />

auf die anderen geworfen. Herrschte Not<br />

am Mann, haben wir ausgeholfen, es war<br />

ein gegenseitiges Geben und Nehmen, die<br />

Verantwortung füreinander spürbar.“ Vieles<br />

hat sich seitdem verändert, hört man<br />

bei Martinas Erzählungen aber genau hin,<br />

ES WAR EIN GEGENSEITIGES<br />

GEBEN UND NEHMEN, DIE<br />

VERANTWORTUNG FÜREIN-<br />

ANDER SPÜRBAR.<br />

Martina Lintner<br />

begreift man schnell, dass damals wie heute<br />

die Bauern existenzielle Probleme hatten,<br />

wenn auch anderer Natur und anderen<br />

Ursprungs. Warum dann also dieses vermeintliche<br />

Imageproblem? „<strong>Die</strong> Bauern<br />

halten zwar immer noch zusammen, aber<br />

mir fehlt die Vielfalt und Ehrlichkeit, vor<br />

allem im Denken“, sagt Martina. „Nicht<br />

nur bei den Bauern, sondern auch in der<br />

Politik und bei den Lobbys.“<br />

ABHÄNGIGKEIT TREIBT<br />

BAUERN IN DIE ENGE<br />

Markus ist nicht nur Biobauer, sondern<br />

auch Lehrer für ökologischen Landbau an<br />

der Fachschule für Land- und Hauswirtschaft<br />

in Salern. Ist das Imageproblem der<br />

Bauern bereits bei seinen Schülern spürbar?<br />

„Nein. Wir haben seit 10 bis 15 Jahren<br />

einen sehr regen Zulauf, die angehenden<br />

Junglandwirte sind sehr offen, Reibereien<br />

entstehen lediglich in der Diskussion um<br />

intensive oder naturnahe Bewirtschaftung.<br />

Und das ist gut so“, lächelt er. Genau wie<br />

seine Mutter vermisst er buntes Denken,<br />

18 // SEPTEMBER <strong>2019</strong>

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