Die Weinstraße - Septemeber 2019
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GAUMEN & GENUSS<br />
Wegerich<br />
Pflanze<br />
des Monats<br />
P<br />
„ISS WEGERICH, SPITZ ODER BREIT,<br />
SO KRIEGST DU KEINEN HUSTEN, WENN ES SCHNEIT“<br />
<strong>Die</strong> Bezeichnung Wegerich bedeutet „Herrscher am Weg“. Wie<br />
der Name schon sagt, sind Wegerich-Arten an viel begangenen<br />
Wegen zu finden und somit sehr widerstandsfähig. Von manchen<br />
Bauern wird er als „Heufresser“ ungern gesehen, da er mit seinen<br />
kräftigen Blattbüscheln den Gräsern den Raum zum Wachsen nimmt.<br />
Auch im Garten kann er Rasenliebhaber zur Verzweiflung bringen.<br />
Brauchtum<br />
Funde von Samenresten in jungsteinzeitlichen Pfahlbauten belegen,<br />
dass Wegericharten den Menschen bereits in der Jungsteinzeit<br />
bekannt waren. Aufgrund ihrer fettreichen Samen zählten sie<br />
wahrscheinlich zu den ersten Nahrungs- und Heilpflanzen. Der<br />
Wegerich galt immer schon als wichtige Orakelpflanze. Im Südtiroler<br />
Brauchtum hieß es, wenn zwei Menschen ein Wegerichblatt auseinanderreißen,<br />
dass jener der größere Lügner sei, bei welchem mehr<br />
Faden aus dem Blatt herausragen. Der Wegerich wurde daher oft<br />
als Lügenblattl bezeichnet. Im Altertum und im Mittelalter war der<br />
Breitwegerich geschätzter als der Spitzwegerich. Bei Ohrenschmerzen<br />
wurden die Fäden aus dem Breitwegerichblatt herausgezogen, zu<br />
einem Knäuel geformt und in die Ohrmuschel gelegt.<br />
Heilkraft<br />
<strong>Die</strong> Heilkraft vom Wegerich liegt einerseits an seinem Gehalt an<br />
Schleimstoffen, welche unsere gereizten Schleimhäute schützen, seine<br />
Gerbstoffe, welche entzündungswidrig und wundheilend sind, die<br />
Kieselsäure, welche das Gewebe stärkt und seine Iridoidglykoside<br />
(Aucubin und Catalpol), welche eine starke antimikrobielle Kraft<br />
haben. Forschungsergebnisse belegen, dass Wegerich auch einen<br />
sehr hohen Zinkgehalt hat. Zink spielt bei der Wundbehandlung<br />
eine wichtige Rolle. Juckreiz, Schwellungen, Hautentzündungen und<br />
schlecht heilende Wunden sind somit ein weiteres Anwendungsgebiet.<br />
Frische zerriebene Blätter sind als Auflage ein hilfreiches Mittel<br />
nach Insektenstichen.<br />
Sigrid Thaler Rizzolli<br />
Autorin des 2017 erschienenen Buchs „<strong>Die</strong> Zirbe“<br />
in Zusammenarbeit mit Heinrich Gasteiger.<br />
Präsidentin der Südtiroler Kräuterpädagogen,<br />
Landesleitung der FNL-Kräuterakademie Südtirol,<br />
deren volksheilkundlichen Kräuterkurse mit Abschluss<br />
zum zertifizierten FNL-Kräuterexperten<br />
jährlich im Unterland, Vinschgau und Pustertal<br />
starten.<br />
Anmeldung und Info unter:<br />
sigrid.thaler@gmail.com<br />
www.sigrid-thaler.blogspot.it<br />
Volksrezept<br />
Schichtsirup<br />
Spitzwegerichblätter klein schneiden und in Schichten abwechselnd<br />
mit einer Schicht Zucker oder Honig in ein Glas geben bis<br />
das Glas gefüllt ist. Jede Schicht sollte ca. 1 bis 2 cm hoch sein, die<br />
letzte Schicht ist Zucker oder Honig. Bei Verwendung von Zucker<br />
kann man noch ein paar dünne Zitronenscheiben obenauf legen.<br />
Das Glas wird gut verschlossen in den Kühlschrank gegeben.<br />
Nach 2 Monaten hat sich der Zucker aufgelöst und man kann<br />
den Hustensaft abseihen.<br />
In der Volksheilkunde wurde das Glas für drei Monate in der<br />
Erde eingegraben (Erdkammersirup).<br />
Spitzwegerichsirup lindert den Hustenreiz, wirkt entzündungshemmend,<br />
keimtötend, schleimlösend und stärkt zudem<br />
unser Immunsystem.<br />
Küchenrezept<br />
Gedünstete Breitwegerich-Kölbchen<br />
Zutaten:<br />
250 g grüne Breitwegerich-Kölbchen mit reifen Früchten<br />
1 Zwiebel<br />
1 Knoblauchzehe<br />
Etwas Olivenöl<br />
Kräutersalz<br />
Fruchtstände (Kölbchen) waschen und Stängel entfernen.<br />
Zwiebel und Knoblauch hacken und im Öl glasig dünsten.<br />
Kölbchen dazugeben mit einem Schuss Wasser aufgießen,<br />
weichdünsten und mit Kräutersalz abschmecken.<br />
Breitwegerich-Samen werden vielfach roh auf das Butterbrot<br />
gestreut oder in einem Kräuteraufstrich gemischt. Sie haben<br />
einen hervorragenden nussigen Geschmack.<br />
34 // SEPTEMBER <strong>2019</strong>