Kulturfenster Nr. 04|2019 - August 2019
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Informiert & Reflektiert<br />
Prähistorisch, vorrömisch,<br />
rätisch-eisenzeitlich…<br />
Orts- und Flurnamen im Burggrafenamt als Spiegel der Siedlungsgeschichte<br />
Schenna ist eine Gemeinde im Burgrafenamt<br />
Seit dem Mittelalter wird der Gerichts- und<br />
Verwaltungsbezirk des Tiroler Burggrafen<br />
als „Burggrafenamt“ bezeichnet. Daher<br />
kann man ihn getrost als Herzstück Tirols<br />
bezeichnen – denn von der Dynastenburg<br />
Schloss Tirol wurde unter Meinhard II. die<br />
Einigung des Landes vorangetrieben. Doch<br />
die Siedlungsgeschichte dieses Landstriches<br />
beginnt viel früher…<br />
Das Burggrafenamt ist uraltes Siedlungsland.<br />
Bronzezeitliche Kultplätze<br />
am Mutkopf, eisenzeitliche Wohngruben<br />
auf dem Sinichkopf sowie rätische<br />
Häuser am Riffianer Burgstall belegen<br />
eine dichte prähistorische Besiedlung.<br />
Der Namentyp Mut z. B. ist prähistorisch,<br />
denn *mutta bezeichnet sowohl<br />
im rätoromanischen Graubünden als<br />
auch in Tirol eine abgestumpfte kuppenartige<br />
Erhebung. Die bekannte Dorf<br />
Tiroler Mut bezieht sich wahrscheinlich<br />
auf den bewaldeten Rundrücken des<br />
Mutkopfs, auf dem der Sage nach ein<br />
Norggenschloss stand. Das mundartliche<br />
muttlt „hornlos, stumpf“ oder der<br />
Passeirer Begriff Mute (Saltauser Mute,<br />
Stuller Mute usw.) für den Hangsporn,<br />
auf dem die Heuhütten der Bergmähder<br />
stehen, sind Lehnwörter zu eben dieser<br />
*mutta. Übrigens bezeichnet das ladinische<br />
möt „Bub“ treffend einen noch<br />
stumpfen jungen Mann!<br />
Viele Toponyme im Burggrafenamt sind<br />
ebenfalls vorrömisch, z. B. Verdins (*fritinjo<br />
„wallendes Wasser“, Bezug zum<br />
uralten Waalsystem?), Plars (*plauri-<br />
„Schwemmland“) oder Vellau (*wVlodo<br />
„gewölbtes Gelände“; Sackungen und Anhöhen<br />
als landschaftliches Charakteristikum).<br />
Diese Ortsnamen werden einer alpenindogermanischen<br />
Sprachschicht der<br />
Bronzezeit zugerechnet. Ortsnamen wie<br />
Schenna, Tirol, Kuens und Algund werden<br />
nach neuesten Forschungsergebnissen<br />
als rätisch-eisenzeitlich interpretiert.<br />
Eine der namenhistorischen Besonderheiten<br />
des Burggrafenamts sind die<br />
spätrömischen Prädiennamen. Prädien<br />
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