RB_2019-09

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16 Sport & Wirtschaft September <strong>2019</strong> I Jahrgang 18 I Nr. 206 Benjamin Schweigert Yuri Dimitri Leon Löbig Oscar Wieland Marko Stankovic Markus Zilch Sechs Trainer kümmern sich um sieben Mannschaftsjahrgänge. Bereits die älteren Jugendlichen messen sich mit den Besten ihrer Altersstufe aus ganz Deutschland. Fotos: Hakro Merlins Weit mehr als nur ein Spiel Hakro Merlins: Der Bundesligist betreibt eine intensive, perspektivisch angelegte Jugendarbeit. Die sportliche Entwicklung des Nachwuchses ist dabei nur ein Aspekt. Basketball zu spielen ist Teil einer ganzheitlichen Persönlichkeitsförderung. VON HERIBERT LOHR Nein, am Anfang steht die Freude, der Spaß am Spiel“, sagt Jugendkoordinator Benjamin Schweigert. Seit zwölf Jahren ist er für die Merlins tätig. Eigentlich wollte er Eventmanager werden und Sportmanagement studieren. Dass er für ein Praxissemester im Jahr 2006 dazu mit Geschäftsführer Martin Romig telefonierte, war ein Glücksfall. Er hospitierte beim sportlichen Leiter Ingo Enskat und das Trio arbeitete gemeinsam jenes Leitbild zur Nachwuchsförderung aus, das mehrfach modifiziert, die Grundlage der umfassenden Jugendarbeit der Crailsheimer Korbjäger ist. „Wir sind zuletzt gut vorangekommen, aber wird haben auch noch einiges vor uns“, beschreibt Schweigert die perspektivisch angelegten Ziele. Die Vision: Die Basis verbreitern. „Ich möchte, dass wir in jedem Teilort und in den Nachbargemeinden eine Basketballgruppe haben. Wir müssen die Leidenschaft für den Basketballsport, aber auch für die Merlins, noch stärker verwurzeln um durch ein strukturelles Netzwerk das Leistungsniveau in der Breite weiter zu heben“, ist der 32-Jährige überzeugt. Der Maßstab für den Erfolg des eigenen Tuns misst sich für Benjamin Schweigert nicht allein im Siegen auf dem Parkett. Disziplin, Respekt, Demut, Fleiß, die Bereitschaft alles für das Team zu geben, sind übergeordnete Werte, die es zu vermitteln gilt. Der Sport ist für ihn ein wesentlicher Bestandteil der Persönlichkeitsförderung. Benjamin Schweigert: „Im Basketball musst du schnell sein – im Denken, im Handeln. Du musst bereit sein. Das fordert.“ Insgesamt sechs hauptamtliche Jugendtrainer sind mittlerweile bei den Hakro Merlins im Einsatz. Die Vorgabe: Den Unterbau für absoluten Spitzensport zu legen. Doch Benjamin Schweigert wirbt auch für ein gerüttelt Maß an Realitätssinn: „Es ganz an die Spitze zu schaffen, ist enorm schwer. Schon wenn jemand in der Regionalliga ankommt, kann er richtig Basketball spielen.“ Der intensive Einsatz für die Jugendarbeit gehört zur DNA der Hakro Merlins. „We are family“ ist der übergeordnete Anspruch. Die Leidenschaft, die Emotion, die Merlins-Gemeinde. Fast 230 Jugendliche werden heute vom Trainerteam betreut. Es ist eine Linie, die sich von der Initiative „Merlins@kiga“ bis zur U 19 spannt. „Zuerst vermitteln wir die sportlichen Grundfertigkeiten“, erläutert Benjamin Schweigert das Konzept. Nach und nach fließen dann übergeordnete Prinzipien ein, die das moderne Basketballspiel prägen. Der Aufwand ist immens. Selbst die Kleinsten, die heute schon mit vier Jahren beginnen, stehen wöchentlich zwei bis drei Mal in der Halle. Mit etwa mit 14 Jahren wird dann damit begonnen, die jungen Korbjäger verstärkt taktisch zu schulen. Da kommt es uns zu gute, sagt Benjamin Schweigert, dass sich unser Trainerstab aus ganz unterschiedlichen Nationalitäten zusammensetzt. Andere Länder, andere Spielphilosophien. Am Ende macht es ohnehin die Mixtur. Benjamin Schweigert: „Basketball verlangt viel Kreativität, das kannst du auch nicht alles einfach so erlernen. Vorbilder für die Spielweise der Merlins? Benjamin Schweigert sagt ohne zu zögern: „Die Spanier. Deren Spielweise ist häufig ein Kunstwerk mit Ball. Und das in Vollendung.“ www.crailsheim-merlins.de PARTNER DER HAKRO MERLINS Berlin, München, Hamburg, Crailsheim – was haben diese Städte gemeinsam? Alle drei haben Vereine, die in der ersten Basketball-Bundesliga spielen! Wir finden es super, dass sich Crailsheim zwischen diesen Metropolen behaupten kann. Deshalb unterstützen wir Crailsheim nicht nur als Sponsor, sondern so oft wie möglich auch als Fans in der Halle! Harald und Volker Bier Geschäftsführer Stieber Druck FLAIR PARK-HOTEL ILSHOFEN www. .cr Außenanlagen GmbH
September <strong>2019</strong> I Jahrgang 18 I Nr. 206 Politik & Wirtschaft 17 Der ruhende Pol im Team Adela ist Spülerin, Küchenhilfe und Hauswirtschafterin im Crailsheimer Café Frank – gefördert wird sie über das Teilhabechancengesetz. VON FRANK LUTZ In ihrem Heimatland Afghanistan unterrichtete sie Frauen und Kinder in der Kunst des Teppichknüpfens. Vor mittlerweile 26 Jahren floh die Frau, die in diesem Artikel nur als „Adela“ bezeichnet werden will, aus politischen Gründen nach Deutschland, schloss hier eine Ausbildung zur Gärtnerin ab und arbeitete in den verschiedensten Berufen – unter anderem als Dolmetscherin, Kassiererin und Verkäuferin. Nebenbei kümmert sich Adela um ihre vier Kinder und ihren erkrankten Mann. Eine Frau, die in den 50 Jahren ihres Lebens durch so viele Höhen und Tiefen gegangen ist, bringt gelegentlicher Stress auf der Arbeit kaum aus der Ruhe. Und so ist es kein Wunder, dass Adelas Chefin, Marianne Baier, über ihre Mitarbeiterin sagt: „Sie bringt viel Lebenserfahrung ins Team ein. Sie ist der ruhende Pol, wenn alles wild wird.“ FLEXIBEL Seit Mai vergangenen Jahres arbeitet Adela im Crailsheimer Café Frank als Spülerin und Küchenhilfe und erledigt hauswirtschaftliche Tätigkeiten. 20 Stunden in der Woche ist sie dort tätig. Für fünf Stunden ist sie nicht fest eingeteilt, sondern springt spontan ein, wenn Not am Mann ist. „Sie ist hilfsbereit und ganz arg flexibel“, lobt Marianne Baier und fügt hinzu: „Ich kann sie jetzt mehr einsetzen. Sie hat einen Bezug zum Arbeitsplatz, sie lernt dazu und kann immer mehr Aufgaben übernehmen.“ Die Dinge entwickeln sich also erfreulich. Doch Baiers Worte machen auch deutlich: Bis Adela zum Café Frank fand, bis sie dort zur festen Größe wurde, war es ein weiter Weg mit vielen Rückschlägen. Im Laufe der Jahre war die Afghanin immer wieder arbeitslos und musste ihre Familie von Arbeitslosengeld II ernähren, das ihr schon alleine wegen ihrer vier Kinder und ihrem durch seine Krankheit seit vier Jahren arbeitsunfähigen Mann zustand. Ein besonderes Handicap stellte sich ihr bei der Jobsuche: Bis heute kann sie die deutsche Schreibschrift nur ansatzweise lesen. Das führte zu einem Teufelskreis: Durch ihre Schreibschwäche fiel sie mehrmals durch die Deutschprüfung, was bei ihr wiederum Prüfungsangst auslöste. Vor einigen Wochen hat sie endlich die B1-Prüfung bestanden – auch mithilfe eines Prüfungsvorbereitungskurses bei der Aufbaugilde. FÖRDERUNG Dass Adela nun beruflich angekommen ist, hat sie auch der Förderung durch das Jobcenter zu verdanken – vor allem einem neuen Gesetz, das dieses Jahr in Kraft trat und sich speziell an Langzeitarbeitslose richtet: das Teilhabechancengesetz (siehe Infokasten). In Adelas Fall Teamwork: Marianne Baier, Adela und Annette Wallisch (v. li.). Weitere Infos und Kontaktdaten Das Teilhabechancengesetz bietet zwei Förderungsvarianten: Beim „Eingliederungszuschuss“ zahlt das Jobcenter im ersten Jahr 75 Prozent, im zweiten Jahr 50 Prozent des Lohns, kann Weiterbildungskosten übernehmen und bietet in den ersten sechs Monaten ein beschäftigungsbegleitendes Coaching. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer mindestens zwei Jahre arbeitslos war. Bei der „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ wird der Lohnkostenzuschuss bis zu fünf Jahre absteigend von 100 bis 70 Prozent gezahlt. Die geförderten Arbeitnehmer müssen mindestens 25 Jahre alt sein und seit mehreren Jahren Arbeitslosengeld II beziehen. Weiterbildungskosten bis zu 3000 Euro übernimmt das Jobcenter hier vollständig und bietet ein Jahr lang ein beschäftigungsbegleitendes Coaching. Ansprechpartner: Main-Tauber-Kreis: Nicole Bethäuser (0 93 41 / 8 72 52 Jobcenter-Main-Tauber@jobcenter-ge.de), SHA: Ulrike Dehen (07 91 / 9 75 85 82, ulrike.dehen@jobcenterge.de), Crailsheim: Dennis Lewandowski (0 79 51 / 9 49 02 77, Jobcenter-LK-SchwäbischHall.CR-Passgenau@jobcenter-ge.de), Hohenlohekreis: Andrea Roll (0 79 40 / 9 15 15 82, jobcenter-hohenlohekreis.vermittlung@jobcenter-ge.de). Foto: Frank Lutz zahlt das Jobcenter für die ersten fünf Jahre einen Lohnkostenzuschuss – noch bis Februar 2020 sogar den vollen Lohn. Diesen Zuschuss bezeichnet Marianne Baier als „wichtig für den Einstieg“: Ansonsten hätte sie Adela, die wegen ihrer familiären Situation nur in Teilzeit arbeiten kann, womöglich nicht einstellen können. FAMILIE Außerdem gehört zu den im Teilhabechancengesetz verankerten Leistungen, dass Adela ein Jahr lang beschäftigungsbegleitend gecoacht wird. „Wir brauchen einen ganzheitlichen Blick auf die Familie. Adela ist sehr motiviert und zuverlässig, aber durch die Schwierigkeiten in der Familie kann sie nur in Teilzeit oder in einem Minijob arbeiten. Deshalb sind wir dankbar für dieses Modell, das speziell für Frauen geeignet ist“, sagt Annette Wallisch, Führungsberaterin SGB II bei der Agentur für Arbeit Schwäbisch Hall-Tauberbischofsheim. Bis Ende Juni hat Wallisch Adela als „Arbeitsvermittlerin passgenau“ beim Jobcenter Crailsheim betreut. Nicht zuletzt übernimmt das Jobcenter die kompletten Kosten für Weiterbildungsmaßnahmen bis zu einem Betrag von 3000 Euro und hat Adela mehrere Deutschkurse finanziert. „Wenn sich ihre familiäre Situation entspannt, ist auch eine Weiterqualifizierung möglich“, sagt Baier. Über die Möglichkeiten, die das neue Gesetz bietet, sind alle Beteiligten glücklich: „Es ist ein Erfolgsmodell, das so für mich passt“, freut sich Baier. „Ich bin sehr zufrieden mit dem, was ich mache“, sagt auch Adela. Wallisch fasst zusammen: „Durch den langen Förderungszeitraum sollen Hemmnisse abgebaut werden und der Arbeitnehmer soll wirtschaftlich verwertbar werden für den Arbeitgeber. Bei gutem Verlauf kann der Förderungszeitraum auch verkürzt werden.“ www.baeckerbaier.de www.jobcenter-landkreis-sha.de Nächste Folge In dieser Serie werden monatlich Arbeitnehmer aus der Region vorgestellt, die über das Teilhabechancengesetz gefördert werden. In der nächsten Folge geht es um zwei Mitarbeiter des Öhringer Fahrradgeschäfts „Mike’s Garage“. Gastkommentar Kritik an Linnemann ist voreilig und vorlaut Walter Döring: Natürlich sollen Grundschüler deutsch sprechen und verstehen können! Der CDU-Politiker Carsten Linnemann hat mit einem einzigen Satz die politische Diskussion für mehrere Tage beherrscht; er sagte in einem Interview: „Um es auf den Punkt zu bringen: Ein Kind, das kaum Deutsch spricht und versteht, hat auf einer Grundschule noch nichts zu suchen.“ Seinen zweiten Satz haben seine zahlreichen Kritiker nicht gelesen oder bewusst weggelassen. Dieser lautete: „Hier muss eine Vorschulpflicht greifen, notfalls muss seine Einschulung auch zurückgestellt werden.“ Reflexartig haben Linke-Politiker, SPD-Abgeordnete und zahlreiche weitere „Experten“ aus dem Netz Carsten Linnemann übel beschimpft und ihn zu einem Rechtspopulisten und „Quasi-AfD- Mann“ gemacht. Wenige Wochen zuvor war bekannt geworden, dass die ohnehin erschreckend hohe Zahl der Schulabbrecher in Deutschland wieder angestiegen ist: Auf mehr als 52 000. Hauptgrund: Ungenügende Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und Schrift. Wie Mutig: Carsten Linnemann hat ein ernstes Problem thematisiert. Das verdient Anerkennung, findet Walter Döring. Foto: Michael Kappeler/DPA wenig das diese Kritiker kümmert, sieht man auch daran, dass diese Zahl seit Jahren ziemlich stabil ist. Forschungen dazu belegen, dass die Zahl bei wenigstens ausreichenden Deutsch-Kenntnissen deutlich geringer wäre. Also liegt Linnemann nicht falsch mit seiner Aussage, zumal er ja auch eine Lösung anbot: Mehr Vorschulunterricht. Wie zum Beispiel in Kanada, das für seine hervorragenden Integrationsergebnisse international Beachtung findet. Heinz-Peter Meidinger, der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, sagte der „Welt“ am 8. August: „Wir müssen uns endlich ideologiefrei dem Problem widmen, dass inzwischen ein Fünftel bis ein Viertel der Erstklässler nur schlecht oder gar kein Deutsch kann.“ Wichtig: Kein alleiniges „Migranten-Thema“! Ebenfalls wenige Wochen zuvor war bekannt geworden, dass die teils recht teuren Privatschulen enorme Zuwächse zu verzeichnen haben. Einer der Gründe: In den „normalen“ staatlichen Schulen geht es wegen der Mitschüler mit zu geringen Deutschkenntnissen nicht voran. Auch hier wird deutlich, dass Handlungsbedarf besteht. Eine anerkannte Jugendpsychologin hat wiederum ganz aus der Praxis darauf hingewiesen, was es bedeutet, wenn Mitschüler ihre Mitschüler auf dem Pausenhof nicht richtig verstehen können, dadurch weder an Spielen noch an Scherzen teilnehmen beziehungsweise mitlachen und sich auch nicht wehren können: Ausgrenzung. So ziemlich das Schlimmste, was kleinen Kindern passieren kann. Zumal sich die „Ausgrenzung“ natürlich im späteren Leben fortsetzt; auch Chancen auf Aufstieg: gleich null. In nahezu allen Bundesländern gibt es Sprachtests vor der Einschulung. In Bayern und Hessen können Kinder „bei mangelnden Sprachkenntnissen vom Schulbesuch zurückgestellt werden“. Im „roten“ Berlin droht bei Nichtteilnahme an Sprachtests ein Bußgeld! All die verschiedenen Regeln und Maßnahmen zeigen, dass das Thema „mangelnde Sprachkenntnisse“ sehr wohl ein ernst zu nehmendes ist. Darauf hat Linnemann hingewiesen; nicht mehr und nicht weniger. Laut Pisa-Studie erbringen 43 Prozent der 4,9 Millionen Kinder mit Migrationshintergrund in Deutschland „sehr schwache Leistungen“ in der Schule. Ursache: mangelnde Deutschkenntnisse. Auch ein Grund dafür: 80 Prozent der Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die im Ausland geboren wurden, sprechen zu Hause kein Dr. Walter Döring Der gebürtige Stuttgarter war lange eine der Galionsfiguren der FDP. Er war Gemeinderat in Schwäbisch Hall, Vorsitzender der Landtagsfraktion und Wirtschaftsminister von Baden-Württemberg. Heute arbeitet der 65-Jährige als Consultant und hält Vorlesungen an Hochschulen. Im Kreistag ist er für die Freien Demokraten politisch aktiv. Döring ist Initiator und Mitorganisator des Kongresses „Gipfel der Weltmarktführer“ in Schwäbisch Hall und gründete die Akademie Deutscher Weltmarktführer. Deutsch. Linnemanns Kritikern rufe ich mit Ulf Poschardt zu: „Auch die Kritik aus dem Netz ist in diesem Fall bedenklich. Sie lautet: Nicht nur, was du sagst, ist gefährlich, wenn es den Moraleliten nicht passt, sondern auch das, was du gesagt haben könntest. Aus meiner Sicht ist das ein absurdes Klima der Spaltung und Vergiftung. Wer aus Linnemann einen Rechten macht, agiert im Sinne der AfD.“ Foto: Hans Kumpf
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Seite 3 und 4: September 2019 I Jahrgang 18 I Nr.
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