reisen EXCLUSIV - Herbst 2019
Die große "Hallo Fernweh"-Ausgabe* Karibik* Malediven* Peru* Orient* China* Philippinen* Lifestyle* Gewinnspiele
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<strong>Herbst</strong> <strong>2019</strong><br />
Deutschland € 7,90 · Schweiz SFR 13,50 · Österreich € 9,00<br />
Das Magazin für Reisen & Lifestyle<br />
Hallo<br />
FERNWEH<br />
Karibik<br />
Malediven<br />
P er u<br />
Orient<br />
China<br />
Philippinen
JAMAIKA • ANTIGUA • SAINT LUCIA • BAHAMAS • GRENADA • BARBADOS<br />
Traumurlaub<br />
IN DER KARIBIK<br />
Entdecken Sie die Schönheit der Karibik! In den Sandals<br />
Resorts erleben Sie Luxus und das Beste, das die Karibik zu<br />
bieten hat. Die Sandals Luxury Included ® Resorts auf den<br />
karibischen Inseln Jamaika, Antigua, Saint Lucia, Bahamas,<br />
Grenada und Barbados liegen alle an traumhaft weißen<br />
Sandstränden, umgeben von kristallklarem, türkisfarbenem<br />
Wasser und sind der Inbegriff des Luxusurlaubs für Paare.<br />
Genießen Sie das 5-Stars Global Gourmet Dining in bis<br />
zu 16 hervorragenden Restaurants, Robert Mondavi Twin<br />
Oaks Weine, Spirituosen von höchster Qualität, wohltuende<br />
Spa-Behandlungen**, sowie unbegrenzte Land- und<br />
Wassersportmöglichkeiten, wie Golf oder Tauchen***.<br />
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*Das Hochzeitsarrangement ist kostenlos für Gäste die 3 oder mehr Nächte buchen (Alle Zimmerkategorien<br />
und Suiten). Die örtlichen Verwaltungsgebühren sind nicht inbegriffen. **Spa-Behandlungen kosten extra.<br />
***Zertifizierte Taucher tauchen zweimal täglich kostenlos. Es gelten die Geschäftsbedingungen.<br />
2 0 1 8<br />
23 Jahre in Folge<br />
zu den führenden All-Inclusive<br />
Resorts der Welt gewählt
EDITORIAL<br />
DIE GOLDENE MITTE<br />
Boarding completed, raunzt es aus den Lautsprechern in einem Flugzeugtyp des<br />
A320-Modells. Also ein Gang und drei Sitze jeweils rechts und links. Ich sitze<br />
in Reihe 15 Platz E. Das bedeutet Mittelplatz, und leider sind die Plätze rechts<br />
wie links neben mir besetzt. So wie jeder andere Sitz in der Maschine, sonst<br />
säße ich ja nicht hier. Ich habe mich schlichtweg zu spät um das Einchecken<br />
gekümmert. Und musste nehmen, was übrig war. Die Auswahl bestand aus Mitte mitte,<br />
Mitte hinten oder Mitte ganz hinten.<br />
Neben mir nun zwei Männer. Beide sitzen breitbeinig in ihren Randsesseln, so wie wir es<br />
aus U-Bahnen schon kennen und angemahnt haben. Der Herr links neben mir ist zwar<br />
kleiner als ich, das Tischchen in der Mitte könnte aber sicherlich bei einer starken Bremsung<br />
gegen seine Kniescheiben drücken. Das gilt es zu verhindern, denkt er sich, denn<br />
deswegen befindet sich sein Knie in meinem Sitzbereich. Ebenso wie das halbe Bein des<br />
zugegeben sehr großen Mannes rechts neben mir. Der bekommt schlichtweg sein Bein<br />
gar nicht hinter den Sitz geklemmt. Doch was bitte haben diese Arme rechts und links auf<br />
den Armlehnen zu suchen? Klar, wer in der Mitte sitzt, braucht auch keine Arme abzulegen!<br />
Waren die einfach schneller als ich? Setzt man sich als selbstbewusster Randsitzer<br />
auf seinen Flugzeugsitz und markiert gleich die Armlehne. Und lässt auch nicht mehr<br />
locker. Ich warte auf den Moment, in dem der Arm mal zu einer Tasche wandert … aber<br />
nein, wie festgewachsen ruht er dort. Rechts wie links. Ich schiebe also die Schultern<br />
zusammen, halte die Arme ein wenig so, als hätte ich keine gesunde Körperhaltung, und<br />
freue mich auf die kommenden Stunden.<br />
Jetzt ergeben sich zwei Fragen: Sind Mitpassagiere immer soziale Monster? Die Arme<br />
und Beine des Menschen im Mittelsitz haben auch eine Daseinsberechtigung. Vielleicht<br />
können Sie das, wenn Sie das nächste Mal in diese Situation kommen, berücksichtigen.<br />
Niemand freut sich, stundenlang eingepfercht zu sein.<br />
Zweite Frage: Wieso tut denn keine Airline etwas dagegen? Doch dann erreichte mich<br />
diese Nachricht: Das Start-up Molon Labe Seating aus den Vereinigten Staaten hat eine<br />
Economy-Sitzreihe entworfen, die mehr Komfort auf den mittleren Plätzen verspricht.<br />
Der Trick: Die äußeren Plätze befinden sich etwas weiter vorne und sind höher als der<br />
Mittelsitz. Weil Passagiere somit versetzt voneinander sitzen, kommen sich die Schultern<br />
nicht mehr in die Quere. Und auch zwei Ellbogen sollen pro Armlehne besser Platz finden,<br />
da die Lehnen abgestuft sind.<br />
Illustration: Nataleana/Shutterstock.com<br />
Oh danke, jetzt muss sich das System nur durchsetzen, oder ich muss mich schneller<br />
kümmern, damit am Ende in der Mitte ein anderer armer Wicht sitzt, dem ich aber gewiss<br />
die Armlehne überlassen werde. Versprochen.<br />
Jennifer Latuperisa-Andresen<br />
Instagram @fraumuksch<br />
herbst <strong>2019</strong><br />
3
58 Brasilien<br />
Inhalt<br />
03 Editorial<br />
06 Check In<br />
15 Autoren<br />
16 Kolumne<br />
17 Vorfreude<br />
131 Service<br />
136 Abo<br />
08 & 138 Verlosungen<br />
138 Impressum<br />
lifestyle<br />
22 Schmuck<br />
Hier ist fast alles Gold, was glänzt.<br />
Und das ist auch gut so.<br />
98 Sonnencreme<br />
Sonnenschutz, der keine Korallen tötet. Das war<br />
uns wichtig. Deshalb hier unsere Empfehlungen.<br />
23 Karibik<br />
4
»Die besten Reisen beantworten Fragen,<br />
die man sich zu Beginn der Reise<br />
gar nicht gestellt hat.«<br />
Jeff Johnson<br />
KARIBIK<br />
ORIENT<br />
Fotos: Emily Bauman, hpliveira, , Visit Ras Al Khaimah, Illustration: Kapreski/Shutterstock.com<br />
24 Martinique<br />
Traumstrände, traumhafte Cocktails, die<br />
Speisen ein Träumchen. Ein wahr gewordener<br />
Traum für Reporterin Simone Sever.<br />
32 Antigua<br />
Redakteur Frank wollte unbedingt in die<br />
Karibik. Seine Wahl fiel auf Antigua, und als er<br />
die Strände sah, wurde er nicht enttäuscht.<br />
38 Karibische Abenteuer<br />
Wo glüht nachts die Bucht? Wo läuft man<br />
durch die älteste Stadt Nordamerikas? Und wo<br />
sprudelt das Wasser wie Champagner? In der<br />
Karibik. Wo genau, verraten wir hier.<br />
LATEINAMERIKA<br />
48 Peru<br />
Unterwegs im Heiligen Tal entlang des<br />
Urubamba-Flusses zwischen Cusco und<br />
Machu Picchu fand Reporter Andreas<br />
Dauerer kulinarische Hotspots.<br />
58 Salvador<br />
Die drittgrößte Stadt Brasiliens verzaubert<br />
durch ihre bunt blätternde Altstadt. Für<br />
Brasilienkenner und Redakteur Frank ist<br />
es die schönste Stadt des Landes.<br />
68 Orient<br />
114 Yangshuo<br />
84 Sabi Sabi Earth Lodge<br />
Redakteurin Linda träumt heute noch von<br />
grasenden Nashörnern, schlummernden<br />
Löwen und Zebrastreifen in der<br />
Savanne Südafrikas.<br />
92 Oblu Select at Sangeli<br />
Wenn Reporterin Susanne Wess urlaubt, dann<br />
meist in den Bergen oder an einem Trampelpfad.<br />
Wir haben sie auf die Malediven<br />
geschickt. Und nu?<br />
102 The Romanos<br />
Was verbindet einen antiken Helden,<br />
einen visionären Kapitän und die Luxusdestination<br />
Costa Navarino<br />
in Griechenland miteinander?<br />
106 Alàbriga<br />
Mit dem Design einer nachempfundenen<br />
Luxusyacht ist hoch über der Bucht von St. Pol<br />
an Spaniens Costa Brava das Alàbriga Hotel<br />
& Home Suites vor Anker gegangen.<br />
110 east Miami<br />
Schick, aber unangestrengt. Wer hier<br />
eincheckt, muss nicht im feinen Zwirn durch<br />
die Hotellobby schreiten. Dafür entspannt<br />
in der Rooftop-Bar den Blick über<br />
Miami genießen.<br />
66 Jordanien<br />
Dort, wo rote Felsen jahrhundertealte<br />
Geschichten erzählen, ging unser Reporter<br />
Lawrence, oh Entschuldigung – Norbert,<br />
von Arabien auf Spurensuche.<br />
76 Ras Al Khaimah<br />
Das nördlichste Emirat der VAE ist für seine<br />
Traumstrände am Persischen Golf bekannt.<br />
Und für die längste Zipline der Welt. Aber<br />
nur für diejenigen, die sich trauen.<br />
ASIEN<br />
Eine Landschaft wie im Märchen: dramatische<br />
Karstfelsen, Komoranfischer wie aus<br />
einer anderen Zeit und ein Nebel, der die<br />
Szenerie in etwas Mystisches lullt.<br />
122 Davao<br />
Über 1,6 Millionen Einwohner, und für uns<br />
Deutsche ist die Stadt fast unbekannt. Zu<br />
Unrecht, findet Redakteurin Marie.<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
5
CHECK IN<br />
Und dann<br />
macht’s puff!<br />
Warum alle neuerdings ins The Waldorf Hilton<br />
in London strömen? Weil in der Parrot Bar dieser<br />
coole Cocktail serviert wird. Der Parrot Puffer<br />
ist eine Kombination aus Wodka,<br />
saisonalen Früchten und Vanilleeis. Schmecken<br />
tut er sensationell aus wohl einem der<br />
trendigsten Cocktailgläser überhaupt.<br />
Auf leisen Sohlen<br />
Das Konzept dieses Schuhs ist in seiner Art einzigartig:<br />
Vibram Furoshiki The Wrapping Sole ist der erste<br />
Schuh, der wie die namensgebende japanische Wickelkunst<br />
furoshiki den Fuß praktisch umwickelt und somit<br />
einen individuellen Sitz gewährleistet. Die ergonomischen<br />
Bänder sorgen für einmaligen Tragekomfort.<br />
Durch die hochwertigen Vibram Sohlen eignen sie sich<br />
für Städte- sowie Winterurlaub. € 149.<br />
Auf unserer Wunschliste<br />
Da wollen wir hin<br />
»PURESLeben weckt ein neues Lebensgefühl, das die Gäste anschließend mit nach<br />
Hause tragen«, schwärmt Dietmar Silly, der sich mit den Ferienhäusern einen langjährigen<br />
Traum erfüllt hat. Von dem Winzer selbst entworfen, ist jedes der elf Häuser<br />
für sich ein Schmuckstück, das sich in Architektur, Design und Lage komplett von<br />
den anderen unterscheidet. Inmitten der Südsteiermark gelegen, laden die individuell<br />
gestalteten Domizile zu einem entspannten Urlaub, umgeben von sanften<br />
Weinbergen, ein und bieten zahlreiche Fotomotive zum Verlieben.<br />
IDYLLE IN DER STEIERMARK<br />
Fotos: Hilton Hotels, PURESLeben, PR<br />
6<br />
herbst <strong>2019</strong>
VORFREUDE | La Gomera<br />
VERZAUBERT<br />
von einem perfekten Tag<br />
0800 1828 000<br />
jumeirah.com /de<br />
ABU DHABI | BAHRAIN | CHINA | DUBAI | FRANKFURT | KUWAIT<br />
LONDON | MALEDIVEN | MALLORCA<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
7
CHECK IN<br />
Wo bitte liegt<br />
Neukaledonien?<br />
Neukaledonien ist eine Inselgruppe im Südpazifik,<br />
die zu Frankreich gehört. Bekannt ist sie für ihre<br />
palmengesäumten Strände und der artenreiche Lagune,<br />
die mit einer Fläche von 24.000 Quadratkilometern zu der größten weltweit<br />
zählt. In Neukaledonien leben über 340 Stämme von Ureinwohnern, die den<br />
Namen Kanak tragen (dt. Mensch). Besucher können während eines Besuchs<br />
in das traditionelle Leben eintauchen, in Strohhütten übernachten, sich im<br />
Flechten von Schraubenbaum- und Kokosblättern üben und gemeinsam eine<br />
Bougna zubereiten. Was das wiederum ist, sollte man persönlich herausfinden.<br />
Am schönen Ende der Welt. Infos unter: de.newcaledonia.travel<br />
Fotos: Airbnb (2), Tourism Northern Territories, Sebastien Lebegue, Yan Cazaban/Shutterstpck.com<br />
SPICE UP<br />
YOUR URLAUB<br />
Anhänger der »Girl Power«- Bewegung können<br />
sich freuen: Der Doppeldeckerbus aus dem<br />
Fan-Movie »Spice World« ist ab sofort dauerhaft<br />
auf Airbnb buchbar. Die außergewöhnliche<br />
Unterkunft liegt auf der Isle of Wight, einer<br />
Insel vor der Südküste Großbritanniens.<br />
Rosafarbene Union-Jack-Kinostühle, Teppiche<br />
in Zebraprint sowie Magazine und CDs der<br />
1990er-Jahre lassen den Spirit des ultimativen<br />
Pop-Jahrzehnts wieder aufleben. Bis zu drei<br />
Personen können hier übernachten und einen<br />
unvergesslichen Abend verbringen. Auch für<br />
Nicht-Fans ein Erlebnis.<br />
Australischer Kult wird 90<br />
In 54 Stunden quer durch Australien: An Bord des Fernverkehrszuges<br />
Ghan geht es von Adelaide in Südaustralien via Alice Springs<br />
im Roten Zentrum des Kontinents bis ganz in den Norden nach<br />
Darwin. Reisende legen in vier Tagen 2.979 Kilometer zurück,<br />
durchqueren vier Klimazonen sowie 22,5 Breitengrade und erleben<br />
bei diversen Stopps die Vielseitigkeit Australiens.<br />
Eine Traumreise mit Tradition.<br />
8 sommer herbst <strong>2019</strong>
TRAUMURLAUB<br />
UNTER SEGELN<br />
Asien • Karibik • Panamakanal<br />
Mittelmeer • Ozeanüberquerungen<br />
NEU<br />
Den neuen Hauptkatalog<br />
November <strong>2019</strong> - März 2021<br />
mit vielen Informationen können Sie<br />
ab sofort bei uns anfordern.<br />
Beratung und Buchung in Ihrem Reisebüro oder bei:<br />
STAR CLIPPERS KREUZFAHRTEN GMBH<br />
Gebührenfreie Hotline: 00800 / 78 27 25 47 (STARCLIP)<br />
info@star-clippers.de · www.star-clippers.de
CHECK IN<br />
TRAVEL<br />
GRUMPY<br />
TV- UND RADIOMODERATOR JAN MALTE ANDRESEN IST<br />
UNSER TRAVEL-GRUMPY, ALSO DER MANN, DER AUSSPRICHT,<br />
WAS IHM BEIM REISEN MISSFALLEND INS AUGE SPRINGT. VON<br />
BERUFS WEGEN IST ER VIEL UNTERWEGS UND HAT SOMIT<br />
REICHLICH FUTTER FÜR SEINE NEUE KLEINE KOLUMNE.<br />
Schon mal was von der Körperkerntemperatur gehört? So nennt man unsere,<br />
vereinfacht gesagt, »normale Betriebstemperatur«, und die liegt bekanntlich bei<br />
37 Grad. Letztens habe ich gelesen, dass diese Temperatur bei Piloten gerne<br />
mal um ein Grad erhöht sein kann. Das gilt zwar eher für kleine Flugzeuge, deren<br />
Cockpit durch die Plexiglas-Scheiben in praller Sonne über den Wolken extrem<br />
aufgeheizt werden. Gleichzeitig erklärt es aber, warum Piloten immer eine Mütze<br />
und grundsätzlich kurze Hemdsärmel tragen. Zumindest lässt es mich, den<br />
hypochondrischen Passagier, erst einmal Angst davor haben, dass auch meine<br />
Körperkerntemperatur steigen könnte. Umso mehr ist also auf ausreichende<br />
Flüssigkeitsaufnahme zu achten. Gerne schon vor dem Flug. Allerdings nicht,<br />
ohne vorher einen Kleinkredit beantragt zu haben. Der halbe Liter Cola am<br />
Airport kostet gerne mal 3 Euro 60. Auch wenn meine Frau mir das ewig gestrige<br />
Umrechnen gerne austreiben möchte.<br />
Fakt ist: Das sind 7 Mark 20!!! Und ich könnte mir ja selbst was mitbringen, wenn<br />
mir die freundlichen Damen und Herren von der Security nicht regelmäßig die<br />
Wasser-to-go-Flasche abnehmen würden. Die können aber ja auch nichts für die<br />
Regel: Bis zu100 Milliliter SONNENmilch dürfen ins Handgepäck, schon ab dem<br />
hundertersten Milliliter BANANENmilch schnappt aber die Security-Falle unerbittlich<br />
zu. So kann also niemand im Urlaub an Sonnenbrand sterben, den man aber<br />
ohnehin nicht erreicht, weil man vorher schon verdurstet ist.<br />
Gut, das ist jetzt vielleicht ein wenig übertrieben. Ich weiß auch, dass Ladenflächen<br />
am Airport teuer sind und dass einige Flughäfen schon Wasserflaschen<br />
zum Schnäppchenpreis anbieten. Aber längst nicht alle. Also hab ein Einsehen,<br />
liebes Airport-Wasser-Kartell. Meinetwegen verkauft die pappige Brezel weiter<br />
für 3 Euro 50 und das viel zu lange im Wasser gequollene Würstchen für 5.<br />
Aber lasst mich das Zeugs bezahlbar runterspülen. Meine Körperkerntemperatur<br />
wird es euch danken!<br />
Ganz schön<br />
wasserfest<br />
Die letzte Taucheruhr, die in Glashütte<br />
– dem Uhrenmekka in Deutschland –<br />
entwickelt wurde, kam 1969 heraus.<br />
50 Jahre später folgt nun eine Neuauflage<br />
einer mechanischen Taucheruhr von<br />
Glashütte Original, eine Reminiszenz an<br />
vergangene Tage, die nach deutschem<br />
und internationalem Standard (DIN und<br />
ISO) getestet wurde und sicher jedem<br />
Gewässer dieser Erde standhält.<br />
Fotos: David Levene, Jim Holden, PR (4)<br />
Türkise Nachricht<br />
Postkarten schreiben ist wieder in. Noch besser geht das mit diesem wunderschönen Stift.<br />
Kugelschreiber aus leichtem, robustem Aluminium von Caran d’Ache, € 39.<br />
10<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> herbst <strong>2019</strong>
DER WINTER<br />
KANN KOMMEN!<br />
Mit diesem schönen<br />
Pullover von<br />
Mads Norgaard<br />
kann der Winter<br />
kommen. Wohlig<br />
weich aus recycelter<br />
Wolle<br />
ist man überall auf<br />
der Welt Trendsetter.<br />
Was will<br />
Frau mehr?<br />
€ 139<br />
DER<br />
ROSAROTE<br />
PANTHER<br />
Trolleys müssen auf Reisen einige<br />
Strapazen überstehen, wie praktisch,<br />
wenn der gute Koffer genau für<br />
diesen Zweck konzipiert wurde. Der<br />
formstabile und kratzfeste Herschel<br />
Trade-Hard-Koffer mit vier Rädern ist<br />
somit ein idealer Reisebegleiter. Die<br />
charakteristischen Details von Herschel<br />
Supply und das geteilte Design<br />
mit Reißverschluss-Mesh-Aufbewahrung<br />
tragen zu einem designorientierten<br />
Hardgepäck bei. Diese zeitlosen Eigenschaften dürfen nicht bei<br />
Ihrem nächsten Kofferkauf fehlen, deswegen verlosen wir vorab ein<br />
Exemplar im Wert von je € 239.<br />
Für Ihre Teilnahme am Gewinnspiel beantworten Sie eine Frage<br />
unter <strong>reisen</strong>exclusiv.com/gewinnspiel-herschel<br />
Einsendeschluss ist der 15. November <strong>2019</strong>.<br />
Was für eine Brücke!<br />
Englands Südwesten ist seit ein paar Wochen um eine Attraktion reicher: Am<br />
11. August dieses Jahres wurde die Fußgängerbrücke des Tintagel Castle offiziell<br />
eröffnet. Die Brücke ist ein echter Hingucker, sie überspannt eine knapp 58 Meter<br />
lange Schlucht und vereint die beiden Hälften der Burg aus dem 13. Jahrhundert.<br />
Wer hin will: Tickets für Erwachsene im Alter von 18 bis 64 Jahren kosten 13 britische<br />
Pfund. Mehr Infos auf www.english-heritage.org.uk/visit/places/tintagel-castle<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
11
CHECK IN Moment mal ...<br />
Interview Celina Fuhrmann<br />
Schauspielerin Maria Ehrich, bekannt aus<br />
Ku‘damm 56/59, war mit ihrem Oldtimer-<br />
VW-Käfer Heidi auf Weltreise. In ihrem Projekt<br />
»Leaving the Frame« erzählt sie von ihrem aufregenden<br />
Abenteuer durch die fernen Länder.<br />
In unserem Interview gibt sie uns einen kleinen<br />
Vorgeschmack auf ihren Film und ihr Buch.<br />
»Leaving the Frame« ist der Name<br />
Ihres Buches. Am 3. Oktober <strong>2019</strong><br />
erscheint auch der gleichnamige<br />
Film. Was bedeutet dieser Titel für<br />
Sie persönlich?<br />
Ich habe angefangen, in der Filmbranche zu<br />
arbeiten, als ich zehn Jahre alt war. Ich habe<br />
mein Leben im Film, und damit auch »im<br />
Frame«, immer sehr geliebt. Aber je älter ich<br />
wurde, desto mehr hatte ich das Bedürfnis,<br />
neben den fi ktionalen Geschichten, die mich<br />
immer noch begeistern, auch die kennenzulernen,<br />
die real sind und jeden Tag in der Welt<br />
geschehen. Diesen Herzenswunsch konnte ich<br />
mir durch »Leaving The Frame« nun erfüllen.<br />
Sie sind 26 Jahre alt und eine<br />
sehr erfolgreiche Schauspielerin<br />
in Deutschland. Was hat Sie dazu<br />
bewegt, plötzlich alles hinter sich zu<br />
lassen und auf Weltreise zu gehen?<br />
Natürlich wollte ich zuallererst <strong>reisen</strong> und die<br />
Welt kennenlernen. Außerdem hatte ich<br />
aber den Wunsch, meinem Beruf und der<br />
Verantwortung, die damit einhergeht, endlich<br />
entspannter gegenübertreten zu können. Ich<br />
wollte wissen, was mich neben der Schauspielerei<br />
noch so ausmacht.<br />
Wie lange organisiert man denn so<br />
ein Megaprojekt? Wie oft waren Sie<br />
an einem Ort, der wunderschön war,<br />
aber sich das Wetter dort nicht von<br />
der schönen Seite gezeigt hat?<br />
Beinah ein gesamtes Jahr, bevor wir losgefl o-<br />
gen sind, haben wir mit der Planung begonnen.<br />
Vieles hat sich dann aber auch im Laufe der<br />
Reise spontan ergeben. Eigentlich hatten wir<br />
wettertechnisch immer Glück, außer in Hawaii.<br />
Da hatten wir fast nur Regen und Sturm,<br />
die Inseln sind aber hauptsächlich für den<br />
Aufenthalt draußen ausgelegt.<br />
Mit einem der letzten gebauten Käfer-<br />
Oldtimer der Sonderserie Última<br />
Edición einmal um die Welt – was<br />
ist das Besondere an »Heidi«?<br />
Heidi hat uns unbeschadet durch die abgelegensten<br />
Orte, über die schlechtesten Straßen und<br />
durch jedes Wetter gebracht. Wir hatten nicht<br />
eine einzige Panne während unserer Reise.<br />
Die eigene Komfortzone verlassen:<br />
Gab es Momente während Ihrer<br />
Reise, in denen es zu abenteuerlich<br />
wurde und Sie an Ihre Grenzen<br />
gestoßen sind?<br />
Als wir in Mexiko beschlossen, nicht, wie<br />
geplant, nach Hause zu fl iegen, sondern ein<br />
Auto zu kaufen und noch weiterzu<strong>reisen</strong>, hatte<br />
ich kurz die Befürchtung, in Deutschland<br />
etwas verpassen zu können. Aber ich verrate<br />
euch ein Geheimnis: Die Welt dreht sich weiter,<br />
egal was passiert.<br />
Für die Produktion des Films<br />
mussten Sie nun auch mal hinter<br />
der Kamera stehen. Was verriet Ihnen<br />
der Blick hinter die Kulissen?<br />
Wie viel Arbeit das ist! Nicht nur, dass wir alles<br />
selbst recherchiert und gedreht haben, während<br />
der Post-Produktion lernte ich so viel darüber,<br />
wie die Filmwelt tickt und welches Zahnrad wo<br />
greift. Das war mir trotz 15 Jahren Schauspielerfahrung<br />
in der Form nicht bewusst.<br />
Was kann in Ihren Augen der Einzelne<br />
zur Veränderung der Welt beitragen?<br />
Die Welt braucht Menschen, die Dinge laut<br />
aussprechen. Leute wie Greta Thunberg,<br />
denen der Fortbestand unserer Erde und ihrer<br />
Bewohner nicht egal ist. Weil aber nicht jeder<br />
eine Greta ist, müssen wir anderen unsere<br />
Sprachrohre ausfi ndig machen und auf unsere<br />
Art und Weise laut sein. Wir hoffen, das mit<br />
»Leaving the Frame« geschafft zu haben.<br />
Eine Weltreise gehört ja heutzutage<br />
in jedem Werdegang zum guten Ton.<br />
Woher rührt der Trend?<br />
Ich glaube, dass es weniger ein Trend ist, als<br />
vielmehr das Bedürfnis der Menschen, sich<br />
weiterentwickeln zu wollen. Wir stecken von<br />
klein auf in Hamsterrädern und kommen meist<br />
nicht aus ihnen heraus, bis wir alt und grau<br />
sind. Das liegt aber nicht in unserer menschlichen<br />
Natur. Wir entwickeln uns ständig<br />
weiter, und wenn wir das nicht können, dann<br />
brechen wir irgendwann aus. Auf welche Weise<br />
auch immer. Und ja, die Welt ist klein, aber<br />
wenn man einmal wirklich in sie eintaucht,<br />
dann vergeht die Zeit langsamer, und man hat<br />
das Gefühl, endlich wieder durchatmen zu<br />
können.<br />
Tipp für junge Menschen auf<br />
Weltreise?<br />
Viele Dinge gehören in deinen Koffer, aber die<br />
Angst kannst du getrost zu Hause lassen. Während<br />
unserer Reise sind aus den unerwarteten<br />
Situationen oft die lustigsten, absurdesten<br />
und herzerwärmendsten geworden. Das heißt<br />
nicht, dass man alle Vorsicht über Bord werfen<br />
sollte, aber nichts ist schlimmer, als wieder zu<br />
Hause zu sitzen und sich zu fragen, ob man<br />
durch seine Furcht die Zeit vielleicht gar nicht<br />
richtig genutzt hat.<br />
Fotos: Leaving the frame<br />
12<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> herbst <strong>2019</strong>
Foto: Kerstin Langenberger/Frederking & Thaler Verlag<br />
sommer <strong>2019</strong> 13
CHECK IN Nachgelesen<br />
Text Linda Ruckes<br />
IHR SEID AM ZUG!<br />
KAP-KAIRO-LINIE, AFRIKA<br />
Ende des 19. Jahrhunderts wollte der<br />
britische Unternehmer und Politiker Cecil<br />
Rhodes eine Eisenbahnstrecke bauen, die<br />
den gesamten afrikanischen Kontinent<br />
umspannt – vom Mittelmeer bis zum Südatlantik.<br />
Dieses Projekt wurde leider nie<br />
realisiert. Stattdessen warten heute viele<br />
kleine Teilstrecken auf Reisende, die das<br />
geballte Afrika-Abenteuer erleben wollen.<br />
Eines ist gewiss: Eine solche Reise beansprucht<br />
Zeit und ist keinesfalls unkompliziert,<br />
doch wird man die imponierenden<br />
Eindrücke niemals vergessen.<br />
Zugfahrten stehen für Entschleunigung. Zurücklehnen, die<br />
Landschaft postkartenreif vorbeiziehen lassen und sich seinen<br />
Tagträumen hingeben. Dabei ist die Aussicht aus dem Zug so<br />
unterschiedlich wie die Züge selbst. Eine Metrofahrt durch<br />
Mexiko Stadt, im Luxuszug durch australisches Outback oder in<br />
der Eisenbahn durch die Rocky Mountains. Alle reizvoll und toll.<br />
»500 Zug<strong>reisen</strong>«<br />
von Sarah Baxter, im<br />
Knesebeck Verlag, erhältlich<br />
im Buchhandel<br />
oder unter www.<br />
knesebeck-verlag.de.<br />
Der Preis beträgt € 32.<br />
ISBN: 978-3-95728-225-5<br />
PODI MENIKE, SRI LANKA<br />
Die Zugstrecke zwischen Kandy und Ella gehört zu einer Sri-Lanka-Reise<br />
wie der Eiffelturm zu Paris. Grasgrüne Teefelder zieren das Hochland des<br />
kleinen Inselstaates, der zu den größten Teeproduzenten der Welt gehört.<br />
292 Kilometer tuckert der Zug über imposante Brücken, durch schmale<br />
Tunnel und gibt weite Blicke auf die Landschaften frei. Komfort ist zwar<br />
anders, und Zugtickets sind bereits Monate vorher ausverkauft, doch<br />
lohnt sich die Zugfahrt der einmaligen Aussichten wegen allemal.<br />
JASPER – PRINCE RUPERT, WESTKANADA<br />
Weite, unberührte und dünn besiedelte Landschaften zieren den Westen<br />
Kanadas. Hinzu kommen eindrucksvolle Bergketten, funkelnde Seen und<br />
dunkelgrüne Wälder. Die Zugstrecke des Jasper–Prince Rupert startet bei<br />
Jasper, von wo sie durch die Rocky Mountains führt und sich dann am<br />
Fraser River entlang schlängelt. Auf dem Weg werden viele kleine Dörfer<br />
passiert, in denen die Kultur der First Nations noch immer lebendig ist.<br />
Ziel ist der Pazifikhafen Prince Rupert in British Columbia.<br />
14 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
herbst <strong>2019</strong>
AUTOREN<br />
Unter 24 Grad<br />
Wassertemperatur<br />
geht gar nichts.<br />
Simone Sever<br />
Susanne Wess<br />
Die gebürtige Münchnerin<br />
ist eine eingefleischte<br />
Landratte und ein richtiger<br />
Bergfex. Egal, wie<br />
weit das nächste Ziel der<br />
Reisejournalistin entfernt<br />
ist, immer zieht es sie<br />
hinauf auf die Gipfel, egal<br />
ob auf Saint Lucia, in<br />
Thailand oder ihrer Herzensheimat<br />
Italien. Auf<br />
den Bergen findet sie die<br />
Freiheit. Und nun das: ein<br />
Luxusinselchen mitten<br />
im Indischen Ozean. Was<br />
macht sie da nur den<br />
ganzen Tag, haben wir<br />
uns gefragt.<br />
»Ich bin eigentlich eine<br />
bayerische Bergziege und<br />
ein klein wenig wasserscheu.<br />
Unter 24 Grad<br />
Wassertemperatur geht gar<br />
nichts. Umso erstaunlicher,<br />
dass ich mich auf den<br />
Malediven zu einem<br />
Schnorcheltrip überreden<br />
ließ. Die paradiesische<br />
Stille der Unterwasserwelt<br />
habe ich erst hier kennenund<br />
lieben gelernt.«<br />
instagram@wesssusanne<br />
Norbert Eisele-Hein<br />
Mit dem Kajak rings um<br />
Manhattan, auf dem<br />
Pferderücken durch Utah<br />
oder mit Bergstiefeln auf<br />
den aktivsten Vulkan der<br />
Welt in der Südsee. Sein<br />
kreativer Spieltrieb treibt<br />
ihn immer wieder zu<br />
ungewöhnlichen und bisweilen<br />
auch anstrengenden<br />
Reportagen. Für uns<br />
war er unter sengender<br />
Sonne im Wadi Rum, dem<br />
Drehort von Lawrence<br />
von Arabien unterwegs.<br />
»Zum Glück konzentrieren<br />
sich fast alle Sehenswürdigkeiten<br />
Jordaniens entlang<br />
der westlichen Landesgrenze.<br />
Somit halten sich die<br />
Fahrtzeiten im Rahmen und<br />
es bleibt genug Spielraum<br />
für Hiking, Canyoning und<br />
das bizarre Badeerlebnis<br />
am tiefsten Punkt der Welt<br />
– dem Toten Meer. Doch<br />
trotz aller schweißtreibenden<br />
Aktionen ist Jordanien<br />
das falsche Reiseziel für<br />
eine Diät – denn schon<br />
die Mezze, die gemischten<br />
Vorspeisen, bestehen meist<br />
aus über zehn Tellern mit<br />
levantinischen Leckereien.«<br />
Frank Störbrauck<br />
Redakteur Frank liebt<br />
Brasilien so sehr, dass<br />
er sogar seit Monaten<br />
eifrig versucht, Portugiesisch<br />
zu lernen. Doch<br />
anscheinend kennt er<br />
nicht jeden Winkel des<br />
Landes. Deshalb staunte<br />
er nicht schlecht, als er<br />
die Maschine am Flughafen<br />
Coronel Horácio de<br />
Mattos in Lençóis verließ<br />
und somit erstmals den<br />
Nationalpark Chapada<br />
Diamantina besuchte.<br />
»Der Park bietet Naturund<br />
Wanderfreunden eine<br />
märchenhafte, von tiefen<br />
Canyons zerspaltene Tafelberglandschaft<br />
und wunderschöne<br />
von Wasserfällen<br />
gespeiste Naturpools«,<br />
berichtet er in seiner Reportage<br />
aus Bahia. Nach<strong>reisen</strong><br />
dringend empfohlen!<br />
Andreas Dauerer<br />
Andreas hat ein Herz für<br />
Südamerika. Und er war<br />
schon viel zu lange nicht<br />
mehr dort, bis er unserem<br />
Auftrag gen Peru zu<br />
<strong>reisen</strong>, mit Vorfreude<br />
folgte. Scheint sich<br />
gelohnt zu haben, auch<br />
wenn er seine Tour ohne<br />
den Klassiker Machu<br />
Picchu gemacht hat.<br />
»Peru und das Heilige Tal<br />
sind beileibe keine Geheimtipps<br />
mehr. Dennoch ist es<br />
erstaunlich, wie abwechslungsreich<br />
man sich die Zeit<br />
im Urubamba-Tal fernab<br />
von Machu Picchu und<br />
Touristenmassen vertreiben<br />
kann. Wandern inmitten<br />
sagenhafter Landschaften<br />
zu anderen, weniger überlaufenen<br />
Inkaruinen gehört<br />
dann ebenso dazu wie der<br />
Marktbesuch in Urubamba<br />
und die Verkostung der<br />
lokalen Küche. Dann heißt<br />
es Adiós Ceviche, willkommen<br />
pinke Kartoffel und<br />
Andenlamm. Das kann sich<br />
nicht nur sehen lassen, das<br />
schmeckt auch vorzüglich.«<br />
Fotos: privat<br />
Von China hat Reporterin<br />
Simone Sever schon so<br />
lange geträumt, besonders<br />
von den Kormoranfischern,<br />
diesen Überbleibseln<br />
einer längst<br />
vergangenen Zeit. Die<br />
wollte sie so gern einmal<br />
aus der Nähe sehen.<br />
Doch die anstrengende<br />
Anreise und ihre nervige<br />
Flugangst hielten sie<br />
lange davon ab. Bis sich<br />
einer ihrer Zwillingssöhne<br />
für ein Austauschjahr<br />
in Peking entschied.<br />
Diese Chance hat Simone<br />
so schnell am Schopf<br />
gepackt, wie Herr Huang<br />
seine Kormorane.<br />
»Flugangst hin oder her.<br />
Endlich hatte ich meinen<br />
perfekten Reisebegleiter<br />
gefunden. Mit meinem<br />
17-jährigen Sohn im Zug<br />
durch das Reich der Mitte<br />
zu rattern, war eine absolute<br />
Once-in-a-Lifetime-Erfahrung.<br />
Und das Ziel unserer<br />
Schienentour war eine<br />
wahre Augenweide.«<br />
instagram@aspirinia<br />
instagram@yourselfmales<br />
instagram@bunducafe<br />
herbst <strong>2019</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
15
KOLUMNE<br />
Unsere Kolumnistin Ala Zander lässt uns jede<br />
Ausgabe an ihren Jetset-Reisen teilhaben. Die<br />
Inhaberin einer großen Lifestyle-PR-Agentur<br />
ist eine unermüdliche Weltenbummlerin.<br />
Ihre nächste Reise führt sie in die schöne<br />
Hauptstadt Kopenhagen. Vorher berichtet<br />
sie uns aber von ihrer Hotelentdeckung.<br />
Ich bin kein allzu großer Fan von verstaubten Grand Hotels.<br />
Zwar ist deren Äußeres oftmals herrlich luxuriös und die<br />
Lobby meist Inbegriff prunkvoller Dekadenz vergangener<br />
Jahre, in den Zimmern fehlt es dann allerdings gerne mal an<br />
Komfort und zeitgemäßen Neuerungen.<br />
Viele alteingesessene Häuser mit großem Namen haben<br />
einfach irgendwann mal den Zug verpasst, denn die Generation<br />
»Concierge-Service meets Lobby-Pianist« stirbt eindeutig<br />
aus. Und als Hotel künftig nur noch auf Araber und<br />
Russen zu setzen, ist definitiv keine schlaue Entscheidung.<br />
So was in der Art erwartete ich, als ich kürzlich zwei Nächte im »EL<br />
PALACE« in Barcelona buchte. Ich wollte: zentrale Lage, einen Outdoor-Pool<br />
und ein anständiges Gym. Das alles war laut Internetseite<br />
geboten und zudem die Tatsache, dass es sich bei dem imposanten<br />
Gebäude um das ehemalige »Ritz Barcelona« handelte. Das fand ich<br />
interessant und war bereit, dafür auch »oldfashioned Style« in Kauf<br />
zu nehmen. Kurz vorm Betreten der wie erwartet recht mondänen<br />
Hotellobby stolperte ich über einen Gedenkstein, der mich darüber<br />
informierte, dass im Jahr 1919 hier das »Hotel Ritz« eröffnete. Also<br />
genau vor 100 Jahren.<br />
Der Schweizer Visionär César Ritz gilt als Vater des modernen<br />
Hotelwesens, mit seinen dekadent konzipierten Luxushotels in Paris,<br />
London, Madrid und Barcelona revolutionierte er damals die traditionelle<br />
Hotellerie, wurde vom Prince of Wales, dem späteren britischen<br />
König Edward VII., sogar als »König der Hoteliers und Hotelier der<br />
Könige« betitelt. Ritz wollte den totalen Luxus seiner Zeit, und so<br />
war er beispielsweise der erste Hotelbesitzer, der für jedes Zimmer ein<br />
eigenes Badezimmer baute. Ritz definierte das Wort »Luxus« damals<br />
neu, und 100 Jahre später ist genau dies noch immer in jedem Winkel<br />
des Hauses spürbar. 120 Zimmer und Suiten hat das El Palace heute,<br />
und keins davon ist verstaubt. Im Gegenteil, den neuen Besitzern ist<br />
es gelungen, die ehemalige Grandezza stilvoll mit zeitgemäßen Elementen<br />
zu kombinieren, und das Ergebnis ist schwer beeindruckend.<br />
2009 endete die »Ritz«-Ära, und seither wurde viel renoviert, modernisiert<br />
und optimiert. Meine Suite trägt den Namen »Josephine<br />
Baker«, und ich fühlte mich darin mindestens so berühmt, wie sie es<br />
war (zudem benutzen wir das gleiche Berliner Parfum, sei an dieser<br />
Stelle erwähnt). Mein Badezimmer hatte die Größe eines üblichen<br />
Hotelzimmers. Vom Rooftop-Pool aus hat man einen 360-Grad-Blick<br />
über die ganze Stadt, wobei das berühmteste aller Gaudi-Gebäude, die<br />
Sagrada Familia, zum Greifen nah scheint. Besonders hervorzuheben<br />
ist der Service. Selten habe ich ein so herzliches, bemühtes und cooles<br />
Team erlebt wie im El Palace, die ihren besonderen Arbeitsplatz<br />
offensichtlich alle sehr zu schätzen wissen und das auch ausstrahlen.<br />
Das Hotel liegt zudem in unmittelbarer Nähe zum berühmten<br />
»Passeig de Gràcia« und zum Szeneviertel »La Rambla«, und es finden<br />
sich zahllose coole Bars und gute Restaurants quasi ums Eck.<br />
Wobei: Die coolste Bar ist im Hotel selber, und zwar im Keller. In<br />
der plüschigen »Bluesman Cocktail Bar« gibt‘s nicht nur die besten<br />
Drinks der Stadt, sondern auch regelmäßige Live-Musik, zu der man<br />
auf tief dunkelroten Samtsesseln mitswingt.<br />
Ich will da wieder hin, und dann wohne ich in der Suite »Cesar Ritz«,<br />
jawohl. Denn die ist dem Jahrhundert-Hotelier persönlich gewidmet<br />
und bietet neben traumhaftem Vintage-Interior ein spektakuläres, von<br />
den alten Römern inspiriertes riesiges Badezimmer – in dem ich mich<br />
dann wieder wie Josephine Baker fühlen darf. Mindestens.<br />
Fotos: Ala Zander (4)<br />
16 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
herbst <strong>2019</strong>
VORFREUDE<br />
Fernweh stillen ist glücklicherweise nicht gleichbedeutend<br />
mit einem Urlaub am anderen Ende der Welt. Hier sind die Orte,<br />
die weit oben auf unserer Wunschliste stehen.<br />
Faszinierend und fotogen.<br />
Foto: Dessy<br />
»Wow, sieht ja aus wie eine Welle«, raunte schon so mancher Besucher Lissabons, der zum ersten Mal die lang gezogene, ovale Fassade des<br />
»Museum of Art, Architecture and Technology« (MAAT) sah. Das direkt am Fluss Tejo gelegene, architektonische Meisterwerk der britischen<br />
Architektin Amanda Levete ist freilich nicht nur von außen ein Hingucker. So kann man zum Beispiel dem Museum aufs Dach steigen und die<br />
fulminante Aussicht genießen. Und wer Zeit und Muße hat, kann sich im Inneren des Hauses auf 3.000 Quadratmeter Fläche zeitgenössische<br />
Kunst zu Gemüte führen. Geöffnet täglich von 11 bis 19 Uhr, außer dienstags. Mehr Infos auf www.maat.pt/en/about.<br />
herbst <strong>2019</strong><br />
17
Das letzte Licht des Tages fällt auf den Bergrücken des Monte Baldo an der Ostflanke des Gardasees. Wanderer kehren ein ins Rifugio<br />
oder nehmen die letzte Seilbahn zum Seeufer nach Malcesine oder Prada. Auch wenn besonders das Nordufer des Sees zum Touristenmagnet<br />
avanciert ist, verheißen die umliegenden Bergketten unberührte Naturerlebnisse für Wanderer, Kletterer und Mountainbiker –<br />
mit spektakulärem Blick über den See. Übrigens: Am besten eignet sich der <strong>Herbst</strong> für aktive Unternehmungen, dann ist es<br />
nicht mehr so heiß, überlaufen, und die Luft in den Höhen ist herrlich klar.<br />
18
VORFREUDE | Gardasee<br />
Foto: Cristina Gottardi<br />
herbst <strong>2019</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
19
VORFREUDE | Norwegen<br />
Mystische Nordlichter, tief ins Land reichende Fjorde und pittoreske Häfen unter der<br />
Mitternachtssonne – wer einmal die Lofoten in Norwegen im Sommer besucht hat, der stellt fest:<br />
Diesem Landstrich wohnt ein besonderer Zauber inne. Einer der schönsten Orte in dieser Region<br />
ist die Insel Hamnøy. Das Fischerdorf im Miniformat bietet Norwegen-Idylle wie aus dem<br />
Bilderbuch. Das liegt vor allem an den hinreißend schönen, roten Hütten, die wie in Reih und Glied<br />
vor den mächtigen Bergen posieren. Wer also die Lofoten perfekt ins Bild bekommen möchte, der<br />
kommt nicht umhin, diesen faszinierenden Ort einmal in seinem Leben zu besuchen.<br />
Klick, klick! Mehr Infos auf www.visitnorway.de<br />
20
Foto: Yuriy Garnaev<br />
herbst <strong>2019</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
21
1<br />
EIN SCHMUCKSTÜCK IN EHREN<br />
KANN NIEMAND VERWEHREN. DIESE<br />
GOLDSTÜCKE SIND HINGUCKER,<br />
ERBMASSE UND GLÜCKSBRINGER IN<br />
EINEM. WAS WILL FRAU MEHR?<br />
Golden<br />
Times<br />
1<br />
Schmuckdesignerin Delfi na Delettrez hat für<br />
das frisch renovierte Luxushotel St. Regis Rome<br />
eine wundervolle Kollektion entworfen. Jedes<br />
Schmuckstück verkörpert den Glamour vergangener<br />
Tage sowie den heutigen Purismus.<br />
Der Zwei-in-eins-Ring wird aus 18-karätigen<br />
gelb-goldenen Zwillingsringen individuell angepasst.<br />
Besetzt mit Diamanten für den gebührenden<br />
Luxus. Über die St. Regis Boutique<br />
auch online erhältlich für € 1.050.<br />
2<br />
4<br />
2<br />
Bei uns hat es Boom! gemacht, als wir dieses<br />
schlichte, schöne und aussagekräftige<br />
Chain-Bracelet von Boumé gesehen haben.<br />
Mit den drei Cubes bestehend aus 18 Karat<br />
Gelbgold kostet es etwa € 940.<br />
3<br />
Der Herr der Ringe ist für uns Ole Lynggaard,<br />
wobei mittlerweile seine Kinder das Schmuckruder<br />
in der Hand halten. Diese zwei Prachtexemplare<br />
nennen sich Lotus Ringe und bestehen<br />
aus 18 Karat Gelb- und Roségold mit Brillanten,<br />
Aquamarin (€ 4.850) bzw. Mondstein<br />
(€ 3.950). Von Ole Lynggaard Copenhagen.<br />
3<br />
4<br />
Der Schmuck von Julia Neumann steht für<br />
zeitlose Lieblingsstücke. Kein Wunder, dass uns<br />
das Collier aus Muscheln aus 24 Karat vergoldetem<br />
925 Sterling Silber von ihrem Label<br />
Chaingang so gut gefallen hat. € 479.<br />
5<br />
Für jeden Geldbeutel geeignet, und es macht<br />
dennoch Bling! Elegante Ohrstecker sind in<br />
Form einer Feder besetzt mit funkelnden Kristallen.<br />
Natürlich von Swarovski, ab € 69.<br />
5<br />
22<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
herbst <strong>2019</strong>
KARIBIK<br />
Street-ART<br />
Ja, tatsächlich, die Karibik hat auch ihre ganz eigenen Murals und<br />
auf Aruba sogar ihre eigene Street-Art-Veranstaltung – die Aruba Art<br />
Fair. Dazu kommen im <strong>Herbst</strong> in San Nicolas im Süden Künstler<br />
zusammen und lassen Straßen und Gassen der kleinen Stadt zu<br />
einem lebendigen, begehbaren Kunstwerk werden.<br />
www.aruba.de<br />
EINE RUNDE<br />
SACHE<br />
Als Basket Duo kommt die Circle<br />
Bag zusammen mit einem der<br />
kuratierten Strandtücher aus<br />
angenehm weicher, saugfähiger<br />
Baumwolle. Die Tücher aus<br />
natürlichen Fasern harmonieren<br />
perfekt in hellen, sommerlichen<br />
Farben mit der Tasche – nicht<br />
nur am Strand, auch beim Picknick<br />
in der Stadt. Die schöne<br />
Urlaubs-Combo kostet € 58<br />
von marin et Marine.<br />
www.marinetmarine.com<br />
Fotos: Aruba Tourism Authority, Cuba Buddy, PR<br />
Kuba-Kenner<br />
Wer einen wirklich tollen Urlaub auf Kuba erleben will, bucht am besten<br />
beim Cuba Buddy, einem Reiseveranstalter aus Berlin mit reichlich<br />
Know-how über die Insel. Ein Tipp: Den Erzählungen zufolge war Baracoa<br />
am östlichsten Zipfel Kubas der Ort, an dem Christoph Kolumbus<br />
erstmals kubanischen Boden betrat. »Das herrlichste Land, was<br />
menschliche Augen je erblickten«, beschreibt der spanische Eroberer<br />
den natürlichen Reichtum, den sich die Stadt bis heute bewahrt hat. Die<br />
Flüsse Miel, Toa und Yumurí in Baracoa haben beste Wasserqualität. In<br />
den Wäldern sind mehr als 60 Vogelarten, Hunderte Arten von Farnen<br />
und seltene Tierarten zu Hause. Klingt super. www.cuba-buddy.de<br />
FRANKREICHS SCHÖNSTE KÜSTE: Autorin Simone Sever reiste für uns nach Martinique und ließ sich von einem Mann in Hotpants bekochen.<br />
S. 24 – JAHRESURLAUB: Jeden Tag im Jahr an einem anderen Strand abhängen? Auf Antigua kein Problem. Redakteur Frank Störbrauck hat sich<br />
auf der Karibikinsel umgeschaut. S. 32 – UNSERE SCHATZKISTE: Die Karibik hat mehr auf Lager als Traumstrände. Diese besonderen und<br />
abenteuerlichen Erlebnisse auf den Inselwelten bleiben unvergesslich. S. 38<br />
frühling 2016<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
23
KARIBIK | Martinique&VON<br />
FLÜSSIGEM<br />
GOLD<br />
FLIEGENDEN<br />
JUWELEN<br />
24 herbst <strong>2019</strong>
Foto: Emily Bauman<br />
text & fotos<br />
BSimone Sever<br />
CHILLEN UND STUNDENLANG IN DER SONNE BRATEN, SIND<br />
KEINE OPTIONEN FÜR EINE GELUNGENE AUSZEIT VON REISEN <strong>EXCLUSIV</strong>-AUTORIN<br />
SIMONE SEVER. DIE SEHNT SICH ZWAR NACH SONNE, STRAND UND PALMEN,<br />
KANN ABER DIE FÜSSE NICHT STILL HALTEN<br />
AUF DER KARIBIKINSEL MARTINIQUE.<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> 25
KARIBIK | Martinique<br />
DDer erste Eindruck beim Anflug im stählernen Condor ist ein kleines<br />
bisschen ernüchternd: kein perlweißer Sandstrand, dafür die Hauptstadt<br />
Fort-de-France inklusive Riesenkreuzfahrtschiff und grauem<br />
Himmel – fast wie zu Hause. Nix mit Liebe auf den ersten Blick, dafür<br />
Liebe auf den ersten Klick! Mein Smartphone hat sich gerade mit dem<br />
lokalen Netzanbieter verbunden. Deutsches Internetvolumen funktioniert<br />
ohne Zuzahlung auch 7.448 Kilometer Luftlinie von meinem<br />
Heimathafen entfernt. Warum? Weil Martinique ein Département<br />
Frankreichs ist und somit europäisch.<br />
Hello Mr. Nice Guy!<br />
»Langusten mit Vanille-Essence« soll ich unbedingt probieren, rät mir<br />
Guy Ferdinand, den ich in seinem Restaurant Le Petibonum am Strand<br />
von Le Carbet treffe. Guy trägt die kürzesten Shorts, die ich je an<br />
wohlgeformten Männerbeinen sah. Mr. Hot Pants, wie er deshalb auf<br />
der Insel genannt wird, möchte mir unbedingt das Beste zeigen, was<br />
das Meer vor Martinique hergibt: fangfrischen Crawfish. Und den hält<br />
er bereits blau leuchtend in seiner Hand. Später landet das Meerestier<br />
in roter Schale, duftend und schmackhaft auf meinem Teller. Wer<br />
den Weg ins Le Petibonum an die nördliche Westküste Martiniques<br />
gefunden hat, der findet ein Restaurant, so bunt wie ein karibischer<br />
Planteur, ein Rumcocktail mit frischen Fruchtsäften und Schirmchen.<br />
Die Speisekarte liest sich karibisch, kreolisch, französisch: Accra, die<br />
mit Fisch oder Gemüse frittierten Teigbällchen, Dorade, Marlin, Thunfisch,<br />
Foie Gras … »Leben wie Gott in Frankreich«, das muss sich jemand<br />
hier ausgedacht haben.<br />
Ein karibischer Garten Eden<br />
Hoch oben im äußersten Norden der Insel überragt ein immer noch aktiver<br />
Vulkan, der Mont Pelée, das Eiland. Eine Stunde Fahrt von Guys<br />
Gourmetbude entfernt, führt meine Tour hinauf in den Regenwald, wo<br />
die Natur üppiger, das Grün satter und die Luft feuchter wird. Links<br />
26<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
herbst <strong>2019</strong>
Dieser Mann kann<br />
sich nicht nur sehen<br />
lassen, er kann auch<br />
ganz ausgezeichnet<br />
kochen. Guy Ferdinand<br />
oder auch<br />
Mr. Hot Pants – der<br />
Name ist Programm<br />
– macht im Le Petibonum<br />
in Le Carbet<br />
Appetit auf Meer.<br />
Ein Fest für Botaniker und Hobbygärtner ist der Jardin de Balata, in dem es über 3.000 Pflanzenarten<br />
zu bestaunen gibt. Nicht die Kolibris verpassen!<br />
27
28<br />
AN DER OSTKÜSTE IST<br />
DER WELLENGANG HEUTE RAU,<br />
DIE GISCHT WEISS. MANCHMAL KANN<br />
MAN VON DER KÜSTE AUS DELFINE SEHEN.<br />
ICH SEHE GERADE DEN SURFERN<br />
UND BOOGIEBOARDERN AM STRAND<br />
VON LE TARTANE ZU, WIE SIE<br />
UNERMÜDLICH DIE<br />
WELLEN REITEN.
KARIBIK | Martinique<br />
Santé! Er sieht harmlos<br />
und so schön erfrischend<br />
aus, hat es aber in sich:<br />
der Planteur, der einem<br />
mit frischem Fruchtsaft<br />
und Rum so herrlich den<br />
Kopf verdrehen kann.<br />
und rechts der Straße breiten sich Riesenfarne aus, ragt Bambus in<br />
die Höhe. 50 Shades of Grün – wenn nicht mehr. Der Jardin de Balata,<br />
eine private Gartenanlage, ist zu jeder Tageszeit gut besucht. Wer sich<br />
die Zeit nimmt, den Rundweg einzuschlagen, den führt der Pfad vorbei<br />
an purpurnem Ingwer, feuerroten Flamboyants, an Croton, dieser<br />
faszinierenden Pflanze, die ihre Betrachter immer wieder überrascht,<br />
wächst sie doch in den unterschiedlichsten Formen und Farbkombinationen.<br />
James A. Michener hat dem Croton in seinem Historienschinken<br />
Karibik sogar ein ganzes Kapitel gewidmet. Der Besucher<br />
erfreut sich an floralen Schönheiten wie etwa den rosafarbenen Hibiskusblüten,<br />
Bougainvilleas in Pink, Orange und leuchtendem Violett,<br />
Strelitzien, die wie Vogelköpfe aussehen, und an Weihnachtssternen<br />
von ungeahnter Größe. Alles in allem ein Blumenbouquet, das sich<br />
im besten Licht präsentiert und sich seiner Schönheit bewusst zu sein<br />
scheint. Martinique wird nicht umsonst auch Blumeninsel genannt.<br />
Ich entdecke Blätter mit geometrischen Mustern, die einen Designwettbewerb<br />
gewinnen könnten, und staune über langbeinige<br />
Rotblättler, die aussehen, als würden sie Flamingos imitieren. 3.000<br />
Pflanzenarten wachsen und gedeihen in diesem göttlichen Garten<br />
zwischen Karibischem Meer und Atlantik. Das beeindruckt sogar<br />
mich – und seien wir ehrlich, ich erkenne sonst nur Tulpen. Der Star<br />
des Gartens ist dennoch der weltkleinste Vogel, der Kolibri. Gleich<br />
beim Eingang locken mit Zuckerwasser gefüllte Futterstellen die bunt<br />
schimmernden Piepmätze an. Während die langen Schnäbel in die<br />
Öffnung eintauchen, fliegen die Juwelen der Lüfte auf der Stelle. Ein<br />
unbezahlbarer Anblick.<br />
Surfer's Paradise<br />
An der Ostküste ist der Wellengang heute rau, die Gischt weiß.<br />
Manchmal kann man von der Küste aus Delfine sehen. Ich sehe gerade<br />
den Surfern und Boogieboardern am Strand von Le Tartane zu, wie sie<br />
unermüdlich die Wellen reiten. Die atlantische Seite im nördlichen<br />
Teil der Insel zeigt sich natürlicher, ohne Strandbetten, dafür mit Badetüchern<br />
im Sand und Picknicktischen unter Palmen. Mir schmeckt<br />
auch das.<br />
Das flüssige Gold der Insel<br />
Was mir ebenfalls schmeckt: der Signature Drink der karibisch-französischen<br />
Überseedepartements. Ti' Punch, Petit Punch, also kleiner<br />
Punsch, ist so herrlich einfach und schnell zubereitet, um dann karibisch-köstlich<br />
die Kehle herunterzusamten. Das Wort existiert nicht?<br />
Probieren Sie den Ti' Punch, und Sie wissen, was gemeint ist!<br />
Saint-James & die eckige Flasche<br />
Martinique ist nach eigener Aussage das<br />
Land des Rums. Rum ist auf dieser Insel<br />
mehr als nur ein guter Drink, Rum ist Vergangenheit<br />
und Gegenwart, ist Sklavenarbeit<br />
auf den Zuckerrohrplantagen, die erst<br />
1848 offiziell ein Ende fand. Heute ist das<br />
flüssige Gold Ausdruck von Lebensart, von<br />
Freude. In Sainte-Marie besuche ich die<br />
Destillerie Saint-James, die sich seit 1882<br />
mit ihrer ungewöhnlichen eckigen Flaschenform<br />
von den anderen Rumherstellern<br />
unterscheidet. Die Idee der eckigen<br />
Flasche zahlte sich aus, denn Ende des 19.<br />
Jahrhunderts transportierten hauptsächlich<br />
Segelschiffe die kostbare Ladung, und bei<br />
hohem Wellengang rollte eine eckige Flasche<br />
eben weniger gut als eine runde Bouteille.<br />
Die Flaschenform war also nicht unerheblich<br />
am Ruhm dieses Rums beteiligt,<br />
und so zollt gleich beim Eingang eine Skulptur des Künstlers Jean-Luc<br />
Toussant der Saint-James-Flasche Respekt. Auch die alten Werbeschilder<br />
aus Emaille haben die eckige Schönheit im Visier. Schon wartet<br />
der wichtigste und schmackhafteste Part: Rumtasting. Ich lerne, dass<br />
es für mich nicht immer der ganz alte Rum sein muss. Meinen Ti'<br />
Punch mit einem Stück zusammengedrückter Limette, etwas Sugar<br />
Cane Syrup und weißem Saint-James Fleur de Cannes Rhum Agricolor<br />
kommt einer Offenbarung gleich.<br />
herbst <strong>2019</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
29
Mahnmale und Erinnerungen<br />
an die Zeiten der Sklaverei: das<br />
Memorial de l'Anse Caffard (oben)<br />
und der Skulpturengarten in der<br />
Habitation Clément (unten).<br />
Nicht<br />
verpassen!<br />
Clément & die Kunst<br />
Weiter südlich, nahe der Stadt Le Francois, heißt die Destillation Habitation<br />
Clément ihre Besucher in einem einzigartigen Garten voller<br />
Kunst willkommen. In Kooperation mit dem Centre Pompidou in Paris<br />
gibt es im paradiesischen Jardin eine Dauerausstellung mit Skulpturen<br />
etwa von Christian Lapie, der aus Baumstämmen menschliche Wesen<br />
sägte, die hier still, stumm und monumental zu wachen scheinen. Einige<br />
Schritte weiter strahlt blutrot der imposante Schriftzug »Blood«<br />
von Thierry Alet aus dem Grün heraus und erinnert an die Schrecken<br />
der Sklaverei. Ein Museum, gesponsert von Renault, gibt es ebenfalls,<br />
dort hängt zum Beispiel ein weniger bekanntes Foto des damaligen<br />
Renault-Werkfotografen Robert Doisneau, der mit dem Foto »Der<br />
Kuss« später Weltruhm erlangte. Fässerweise Rum gibt es natürlich<br />
auch, der Shop inklusive Bar hat für wirklich jeden Geschmack etwas<br />
im Angebot. Und wie gut, dass zehn Liter Alkohol im Gepäck innerhalb<br />
Europas erlaubt sind. Na dann mal Santé!<br />
Mahnmal für Menschlichkeit<br />
15 betonweiße, zweieinhalb Meter große und je vier Tonnen schwere<br />
Skulpturen sollen an die Nacht des 8. April 1830 erinnern, als ein<br />
Schiff aus Guinea vor der Küste von Le Diamant in schweres Wetter<br />
geriet. 46 leblose Körper wurden geborgen: Männer, Frauen, Kinder –<br />
Sklaven. Arbeitsmaterial für die Zuckerrohrfelder. Das Mahnmal für<br />
Menschlichkeit trotzt seit 1998, dem 150-jährigen Jubiläum der Abschaffung<br />
der Sklaverei, stürmischen Zeiten.<br />
Life is a beach!<br />
Meinen letzten Abend verbringe ich mit leichter Brise am Strand in<br />
Sainte-Anne im Süden der Insel. Golden glitzert der Sand im weichen<br />
Licht, helltürkis lockt das Karibische Meer, Palmen wachsen wild und<br />
himmelhoch und sind als Instagram-Motiv definitive Neidfaktoren für<br />
Daheimgebliebene. Ich sitze in einer Fototapete, die Abendsonne im<br />
Gesicht, einen Ti' Punch in der Hand – hier könnte ich nun allerdings<br />
doch noch ein paar Tage bleiben.<br />
INFO<br />
Das Musée de la Banane www.museedelabanane.fr. beheimatet 60 verschiedene<br />
Bananenpflanzen. Fragen Sie nach Luc, er kennt sich aus!<br />
Im kleinen Shop gibt es köstliche Bananensoße zu kaufen. Die Marina<br />
in Le Marin www.marina-martinique.fr, hier können Boote in den unterschiedlichsten<br />
Komfortklassen ausgeliehen werden. Mit oder ohne<br />
Kapitän. Shopping im kleinen Örtchen Saint-Luce. Das Restaurant Ti<br />
Sable www.tisablemartinique.com in Les Anses-d'Arlet. Und natürlich<br />
das Postkartenmotiv: Kirche mit Steg in Grand Anse. Unbedingt:<br />
Auto mieten! www.europcar.de. Die öffentlichen Verkehrsverbindungen<br />
sind für eine Inselrundreise trotz eines exzellenten Straßennetzes<br />
leider nicht ausreichend. Fahrer mieten: Marc kann per E-Mail unter<br />
marco9722@gmail.com kontaktiert werden. Marc ist ein exzellenter<br />
Fahrer, er spricht Englisch und ein bisschen Deutsch, und der Mann<br />
kennt sich aus wie kaum ein anderer. Nicht vergessen: Mückenspray<br />
und Sonnenschutz.<br />
UNTERKUNFT Le Domaine Saint Aubin, domaine-saint-aubin.com,<br />
Doppelzimmer mit Terrasse ab € 124<br />
Flüge mit Condor ab Frankfurt ca. € 400, www.condor.de.<br />
Inspirationen, Events und News fi nden Sie bei Martinique<br />
Touristik unter de.martinique.org oder bei Atout France, der<br />
Französischen Zentrale für Tourismus unter www.france.fr/de<br />
Le Petibonum www.petibonum.com<br />
Jardin de Balata www.jardindebalata.fr<br />
Destillerie Saint-James<br />
www.rhum-saintjames.com<br />
Destillation Habitation Clément<br />
www.rhum-clement.com<br />
Den <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>-Guide finden<br />
Sie unter www.<strong>reisen</strong>exclusiv.com/<br />
guide-martinique<br />
Illsutrationen: Exotic vector/shutterstock.com<br />
30<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
herbst <strong>2019</strong>
KARIBIK | Martinique<br />
GOLDEN GLITZERT DER SAND IM WEICHEN LICHT,<br />
HELLTÜRKIS LOCKT DAS KARIBISCHE MEER,<br />
PALMEN WACHSEN WILD UND HIMMELHOCH UND<br />
SIND ALS INSTAGRAM-MOT IV DEFINIT IV E NEIDFAKTOREN<br />
FÜR DAHEIMGEBLIEBENE.<br />
31
32 herbst <strong>2019</strong>
KARIBIK | Antigua<br />
B text<br />
Frank Störbrauck<br />
Wer träumt nicht davon, sich an jedem<br />
Tag im Jahr an einem anderen Strand in der Sonne zu aalen?<br />
Wo das geht? Auf Antigua! Die Insel bietet aber nicht nur<br />
365 Strände wie aus dem Karibikbilderbuch, sondern auch<br />
einige mondäne Unterkünfte. Eines davon ist das Sandals<br />
Grande Antigua an der Dickenson Bay. Redakteur Frank<br />
Störbrauck ist für drei Tage hineinspaziert! Und wäre<br />
am liebsten noch 362 Tage dringeblieben.<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> 33
KARIBIK | Antigua<br />
Ich habe mich verlaufen. Och nö. Ich mäandere nun schon seit zehn<br />
Minuten schlaftrunken durch die riesige Gartenanlage des Sandals<br />
Grande Antigua. Irgendwo dahinten in der Ecke muss der Fitnessraum<br />
doch sein. Mist! Bin ich etwa den falschen Weg abgebogen? Ich lande<br />
in einer langen Bungalow-Reihe. Totenstille. Niemand zu sehen, niemand<br />
zu hören. Kein Wunder. Die Sonne ist ja noch gar nicht aufgegangen.<br />
Das Paradies schläft noch.<br />
So richtig habe ich den Jetlag noch nicht überwunden. Ja, ja, ich<br />
weiß, fünf Stunden Zeitunterschied zwischen Deutschland und Antigua<br />
sind nun kein Grund zum Lamentieren. Aber ich musste am<br />
Abend zuvor ja zeitig ins Bett hüpfen. Todmüde war ich.<br />
Dann endlich die Erlösung. Ich habe das Studio gefunden. Hinter<br />
den Tennisplätzen hat es sich versteckt. Dann mal ab aufs Laufband<br />
und losgelaufen. Außer mir sind noch zwei weitere Damen so verrückt,<br />
dass sie während der schönsten Zeit des Jahres in aller Herrgottsfrühe<br />
ihre Zeit im Gym verbringen.<br />
Eine von ihnen ist Mary. Sie gehört der Golden-Age-Generation<br />
an, stampft aber in die Pedale wie ein 16-jähriger Teenager. Mary<br />
kommt aus den USA, erzählt sie während des Small Talks. »I am here<br />
every morning at this time«, prahlt sie, bevor sie ihr Powertraining<br />
beendet. Als ich berichte, dass ich gestern erst angekommen und ergo<br />
noch ein wenig durch den Wind sei, setzt sie einen sehr beruhigenden<br />
Blick auf und sagt: »This great hotel will quickly get you on the trail.«<br />
Na, das will ich doch hoffen!<br />
Als ich am Tag zuvor die Condor-Maschine aus Frankfurt verließ,<br />
war ich ziemlich perplex. Gerade einmal rund 20 Passagiere verließen<br />
mit mir den Flieger auf dem schnuckeligen V.C. Bird International<br />
Airport in St. Johns. Der Rest der Passagiere in dem ansonsten ausgebuchten<br />
Flieger blieb – sitzen! Nanu, was ist denn hier los?, rätselte<br />
ich vor mich hin, hat hier keiner Lust auf Karibik? Bis mir wieder<br />
einfiel, dass die Condor auf dem Weg in die Karibik ja eine Doppelschicht<br />
einlegt und nach der Landung auf Antigua weiter nach Punta<br />
Cana in die Dominikanische Republik jettet. Okay, dann latsche ich<br />
eben allein mit den anderen 19 raus. Keine Frage, ich bin auf einer<br />
Karibikinsel gelandet, die bei vielen Touristen aus Europa doch eher<br />
ein Dornröschen-Dasein fristet.<br />
Antigua, das muss man wissen, spielt in der Karibik in der zweiten<br />
Liga – was auch irgendwie kein Wunder ist bei Schwergewichtskonkurrenten<br />
wie Kuba, Jamaika, Barbados, St. Lucia oder Martinique.<br />
Antigua und Barbuda, wie das Land samt Schwesterinsel offiziell<br />
heißt, liegt in den Kleinen Antillen und rund 40 Kilometer südlich<br />
von Barbuda. Das größte Pfund der Insel sind ihre feinsandigen Strände<br />
(365 an der Zahl, mit denen die Tourismusbehörde der Insel nur<br />
allzu gern kokettiert) und die große Zahl luxuriöser Yachten im English-Harbour-Hafen.<br />
Als ich im Sandals Grande Antigua ankomme, die Fahrt vom Flughafen<br />
dauerte nur 15 Minuten, hat sich bereits eine kleine Armada<br />
aufgebaut. Die Resort-Angestellten strahlen allesamt um die Wette,<br />
um uns, den Neuankömmlingen, gleich zu Beginn zu signalisieren,<br />
dass nun bezaubernde Tage vor uns liegen. Sehr bezaubernde Tage.<br />
Während ich in dem ultratiefen Lobbysofa versinke und in Gedanken<br />
eigentlich schon am Strand vor mich hindöse, reicht man mir einen<br />
Willkommensdrink (schön), feuchtwarme Erfrischungstücher (auch<br />
schön) und ein Pad mit Pencil (nicht so schön). Ich möge doch bitte, so<br />
signalisiert man mir, das Eincheck-Formular selbst ausfüllen. Och …<br />
Wenig später ist das Prozedere erledigt, und ich werde zum Zimmer<br />
begleitet. Es liegt im Hauptgebäude, mit Blick auf die riesige Bungalowanlage<br />
und das Meer. Es ist der Moment, in dem ich endlich<br />
angekommen bin. Die Sonne brennt in meinen Augen, nur ein laues<br />
Lüftchen umgarnt mich. Es mögen gerade 32 Grad sein, aber gefühlt<br />
doch eher an die 40 Grad. Schweißperlen rinnen mir von der Stirn.<br />
Puh. Ich kann mich gar nicht entscheiden. Packe ich jetzt den Koffer<br />
aus, schnappe mir die Badehose und springe ins Meer? Oder in einen<br />
der vielen Swimmingpools? Ach, Karibik, diese Art der Qual der Wahl<br />
liebe ich so an dir …<br />
Am nächsten Morgen geht es auf die erste Entdeckungstour. Allerdings<br />
nicht durchs Resort, sondern über die Insel. Denn ein Inselbesuch,<br />
ohne Land und Leute kennenzulernen, das geht gar nicht. Bei<br />
der Tour »Island Safari Gold« erlebt man genau das. Die Highlights der<br />
Insel: Devil’s Bridge, Betty’s Hope, Blockhouse, Shirley Heights und<br />
ein »beach break«.<br />
Betty’s Hope steht zuerst auf meiner Must-see-Liste. Die ehemalige<br />
Zuckerrohrplantage, rund 17 Kilometer südöstlich des Sandals<br />
Grande Antigua gelegen, wurde in den vergangenen Jahren peu à peu<br />
restauriert. Als wir am Vormittag aus dem Auto steigen, fällt mir sofort<br />
die riesige Windmühle ins Auge. Ein hübsches Fotomotiv gibt sie<br />
her, sie hat ja auch neue Flügel bekommen und kontrastiert wunderbar<br />
mit dem blauen Himmel im Hintergrund. Ich bin neugierig und<br />
spaziere über die Anlage.<br />
Im hinteren Bereich befindet sich ein kleines Besucherzentrum.<br />
Früher diente das Häuschen als Lagerraum, heute erfährt man hier etwas<br />
über die Vergangenheit der Plantage: Nachlasspläne, Bilder, Karten<br />
und Artefakte sind ausgestellt. Und auch ein hässliches Kapitel wird<br />
nicht ausgespart: die Ausbeutung der Sklaven zwischen 1674 und 1834.<br />
Hunderte Afrikaner lebten in dieser Zeit auf dieser und anderen Plantagen<br />
der Insel unter der Aufsicht einer Handvoll europäischer Imperia-<br />
34<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
herbst <strong>2019</strong>
Sail Away: Zwischen Bergen und<br />
Buchten kann man sich gar nicht<br />
entscheiden, die Insel besser zu<br />
Wasser oder Land zu erkunden.<br />
Bei einer Tour über die Insel<br />
kommt man immer wieder an<br />
solchen grandiosen Aussichtspunkten<br />
vorbei.<br />
Hoch hinaus:<br />
Die<br />
Usambara<br />
Mountains<br />
liegen<br />
etwas abseits<br />
des<br />
großen<br />
Touristenstroms.<br />
Dabei finden Besucher<br />
im Mambo View Point, der<br />
wie ein Adlerhorst auf einem<br />
35
KARIBIK | Antigua<br />
Gigantisch: Das Sandals Grande Antigua an der Dickenson Bay bietet ganz viel Platz zum Erholen.<br />
listen. »Sehr beeindruckend«, flüstert eine US-Amerikanerin neben mir,<br />
als sie die Fotos aus dieser Zeit betrachtet. Ich nicke nur stumm.<br />
Am nächsten Morgen steht der zweite Teil unserer Inseltour an.<br />
Unser heutiger Fahrer lässt uns freie Hand. Klar, Betty’s Hope und<br />
Shirley Heights muss man gesehen haben. Aber der Rest? »Up to you«,<br />
sagt er lässig, schmeißt den Motor an und düst los. Unser erster Stopp<br />
führt in die Vergangenheit. Fort James. Das Fort wurde einst von den<br />
Briten gebaut, um den Hafen von St. John's zu bewachen. Die Franzosen<br />
hatten nämlich damals durchaus auch Interesse an dem Inselchen.<br />
Mehrere Kanonen und das Fundament der Festungsmauer sind noch<br />
erhalten, das Schönste aber ist der formidable Ausblick aufs Meer. Ja,<br />
und die Ruhe. Wir sind die einzigen Besucher hier. Niemand zu sehen<br />
und zu hören, weit und breit. Ob der Rest der Inselbesucher am Strand<br />
liegt und dem süßen Nichtstun frönt?<br />
Das ist dann auch unser Stichwort. Jetzt wollen wir aber endlich<br />
mal was von den berühmten 365 Stränden der Insel sehen, mit denen<br />
Antigua so prahlt. Wenigstens einen, bedeuten wir unserem Fahrer.<br />
Nach rund 30 Minuten haben wir das Paradies schon vor uns. »Half<br />
moon bay« heißt der Zauberort. Der Strand gilt nicht nur als schönster<br />
der Insel, sondern dürfte auch in der gesamten Karibik weit vorn mitspielen:<br />
schneeweißer Pudersand, blautürkises Wasser, garniert mit<br />
Federpalmen, so weit das Auge reicht. Keine Sonnenliegen, keine Schirme.<br />
Himmel, ist das schön hier!<br />
Aber Handtuch auspacken und ein paar Stündchen chillen ist jetzt<br />
nicht. Leider. Es geht weiter. Unser nächstes Ziel: Shirley Heights. Auf<br />
dem Weg zu dem Aussichtspunkt wird mir klar: Unser Fahrer scheint<br />
die halbe Insel zu kennen. Hier ein winke, winke, dort ein grüßendes<br />
Hallo. »Ja, Mann, man kennt sich hier«, sagt er lachend. An unserem<br />
Autofenster ziehen weite Felder vorbei, Einheimische, die neugierig<br />
in unseren SUV schauen und meist ein Lächeln im Gesicht haben.<br />
Glücklich scheinen sie hier zu sein auf Antigua. Und sehr entspannt.<br />
Kaum ein Dorf, in dessen Mitte man sich nicht trifft, um zu plaudern<br />
oder einfach nur bei Reggae-Sounds abzuhängen.<br />
Shirley Heights, das muss man wissen, ist DER perfekte Ort auf<br />
Antigua für ausgiebige Foto-Sessions. Kein anderer Ort auf der Insel<br />
lässt Instagramer-Herzen wilder lospochen. Es ist aber auch ein sensationeller<br />
Blick auf English Harbour, den Hafen zu unseren Füßen.<br />
Hügel ragen wie gemalt in den Himmel, Yachten dösen vor sich hin,<br />
garniert mit einem Himmel, der mit dem türkisfarbenen Meer um den<br />
schönsten Blauton konkurriert – und dann schon wieder diese Ruhe.<br />
Obwohl jeder, zumindest alle unter 50, vor dieser Kulisse das perfekte<br />
Selfie versuchen zu schießen, herrscht doch eine himmlische Stille.<br />
Kein Geschrei dabei, kein Touristenrummel, nichts.<br />
Als ich am Tag meiner Abreise wieder im Gym bin, suche ich Mary.<br />
Ich möchte ihr berichten, dass mich diese Insel doch ganz schön schnell<br />
auf den richtigen (Erholungs-)Weg gebracht hat. Aber Mary ist nicht<br />
da. Wie vom Erdboden verschwunden. Vermutlich ist sie abgereist.<br />
Daran mag ich noch gar nicht denken. Denn 364 Strände hätte ich ja<br />
noch vor mir.<br />
INFO<br />
ANREISE Condor fliegt im kommenden Winter nicht mehr<br />
nonstop nach Antigua, allerdings können Flüge mit der Schwesterairline<br />
Thomas Cook Airlines über Manchester gebucht werden.<br />
Die Flugdauer von Manchester beträgt knapp neun Stunden,<br />
über die Condor-Website kann ein Zubringerflug ab € 70 Euro<br />
pro Person und Strecke hinzugebucht werden. Das Gepäck wird<br />
durchgecheckt. Die Flüge von Manchester nach Antigua sind ab<br />
€ 429 pro Person one-way buchbar.<br />
UNTERKUNFT Sandals Grande Antigua, P.O. Box 147, Dickenson<br />
Bay, St John's, Antigua. Das Resort bietet 373 Zimmer und<br />
Suiten in 28 (!) verschiedenen Kategorien. Elf Restaurants und<br />
sieben Bars stehen zur Auswahl, u. a. ein authentisches japanisches<br />
Restaurant. Wer keine Lust auf Meer hat, hat die Wahl<br />
zwischen sechs Süßwasserpools und sechs Whirlpools. 1 Woche<br />
(7 Nächte) kostet ab € 3.158 Euro für 2 Personen<br />
(ohne Flug). Mehr Infos und Buchung<br />
auf www.sandals.com/grande-antigua<br />
Den <strong>reisen</strong>-<strong>EXCLUSIV</strong>-Guide gibt es hier:<br />
<strong>reisen</strong>exclusiv.com/guide-antigua-karibik<br />
Fotos: Sandals Resort International (4), Antigua and Barbuda Tourism Authority<br />
36 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
herbst <strong>2019</strong>
Den Sprung ins<br />
warme Wasser wagen.<br />
Barbados entdecken:<br />
3 x pro Woche ab Frankfurt.<br />
In Kooperation mit<br />
sommer 2016<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
37
KARIBIK<br />
Im Champagner schnorcheln in DOMINICA<br />
Diese Bläschen kommen nicht aus der Nase. Sie kommen vom Meeresgrund, denn wir befinden uns am<br />
Champagne Reef, und hier ist Schnorcheln legendär. Denn hier gleicht Schnorcheln einem Bad in Champagner.<br />
Zumindest was die Luftbläschen angeht. Die entstehen durch Gase, die von einem nahe gelegenen Vulkan durch<br />
das Riff getrieben werden. Und während der Schnorchel friedlich durch das Wasser treibt und man bunte<br />
Meereslebewesen beobachtet, kitzeln winzige Blasen auf der Haut.<br />
38 herbst <strong>2019</strong>
Foto: Gail Johnson/shutterstock.com, Illustration: Cartarium/shutterstock.com<br />
Postkartenreife<br />
SCHATZ-<br />
KISTE<br />
DIE KARIBIK. DIE URLAUBSREGION UNSERER TRÄUME.<br />
DAS PARADIES DER STRANDJÜNGER UND SONNENANBETER.<br />
DOCH WER DENKT, DIE INSELN GLEICHEN SICH WIE<br />
EIN EI DEM ANDEREN, IRRT. DIE KARIBIK IST EINE WUNDERTÜTE<br />
DER SCHÖNHEIT. WER NEBEN TRAUMSTRÄNDEN NOCH MEHR ERLEBEN<br />
WILL, DER SOLLTE BEI DIESEN TIPPS GENAU HINSEHEN.<br />
Jamaica<br />
Dominikanische<br />
Republik<br />
Puerto Rico<br />
,<br />
Curacao<br />
Dominica<br />
Barbados<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
39
KARIBIK<br />
Fotos: Martin Voeller<br />
Nachttauchen in CURAÇAO<br />
Curaçaos Unterwasserwelt beeindruckt seit jeher – vor allem Familien. Denn auch Kinder können bereits im<br />
flachen Wasser und ohne weit hinaus zu schwimmen die schillernd bunte Unterwasserwelt entdecken. Wer den<br />
besonderen Kick sucht, sollte sich einmal im Nachttauchen versuchen. Die Tauchschule Coral Divers bietet an<br />
ihrem Hausriff einen Tauchgang in der Nacht an – nächtliche Begegnungen mit Hummer, Kraken, Rotfeuerfischen<br />
und Krabben inklusive! Um das Leben unter Wasser von seiner schönsten Seite zu erleben, sollte man einen Besuch<br />
zwischen Ende September und Anfang Oktober planen. Dann locken Millionen Fischlaiche unzählige tropische<br />
Fische der westlichen Hemisphäre in die bunten Korallenriffe vor Curaçao. Wenn dann noch Vollmond ist, erlebt<br />
man garantiert einen der spannendsten Tauchgänge seines Lebens. Und keine Sorge, die Sicht in der Nacht ist<br />
überraschend gut! Ab rund 50 US-Dollar ist man dabei, www.divecentercuracao.com/de<br />
40 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
herbst <strong>2019</strong>
LATEINAMERIKA | Peru<br />
Kleine Leuchten ganz groß in PUERTO RICO<br />
Wer sich einmal am Strand von Vieques niedergelassen hat, kommt eventuell in die Versuchung, nicht<br />
mehr gehen zu wollen. Doch das wäre schade, denn Mosquito Bay liegt nur zehn Kilometer entfernt und ist<br />
die hellste biolumineszierende Bucht der Welt. Denn winzige Dinoflagellaten bevölkern hier das Wasser.<br />
Insbesondere um die Zeit eines Neumondes, wenn der Himmel am dunkelsten ist, leuchten sie wie Libellen.<br />
Toll ist, wenn sie mit einem anderen Organismus in Berührung kommen und dann leuchtende neonblaue<br />
Spuren hinterlassen. Ein nächtliches Bad wird hier zu einem glühenden Ereignis, das im Gedächtnis bleibt.<br />
Foto: ArtTomCat/Shutterstock.com<br />
41
42 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>
KARIBIK<br />
Kreisverkehr in<br />
BARBADOS<br />
Fotos: Flystock/Shutterstock.com, Simon Dannhauer/Shutterstock.com<br />
Die Insel Barbados birgt noch echte Abenteuer,<br />
wenn man sie mit einem Motorroller umrundet.<br />
Bei einem Blick auf die Landkarte steht fest:<br />
Barbados eignet sich wunderbar, um mit dem<br />
Motorroller umrundet zu werden – wie praktisch,<br />
dass die Scooter dort an vielen Stellen erhältlich<br />
sind. Meist schon an der Rezeption.<br />
Doch wer losfährt, und das eventuell auf noch einsameren<br />
Straßen, muss dringend daran denken:<br />
Linksverkehr! Und wer das verinnerlicht hat, kann<br />
sich auf ein kleines rundes Abenteuer freuen.<br />
Eine wunderbare Küstenstraße führt die gesamte<br />
Westküste entlang. Hier ist die Insel flach, und<br />
ein langer, seichter Traumstrand reiht sich an<br />
den nächsten. Karibik-Feeling pur. Dabei liegt<br />
Barbados streng genommen gar nicht im Karibischen<br />
Meer, sondern im Atlantischen Ozean. Das<br />
wird einem speziell an der Animal Flower Cave<br />
bewusst, wo sich ein Blick über die Klippen lohnt:<br />
Die Wellen peitschen gegen die Küste, darunter<br />
liegt versteckt die berühmte Höhle, die man von<br />
oben über eine Treppe besichtigen kann.<br />
Als Nächstes geht es die Ostküste hinunter.<br />
Plötzlich hat man das Gefühl, auf einer völlig<br />
anderen Insel zu sein. Es rollt sich prima vorbei an<br />
Zuckerrohrfeldern, an einem verlassenen Leuchtturm,<br />
und wer mag, sollte sich die kurvenreiche<br />
Straße hinauf in die Berge trauen. Bergab ist es<br />
weitaus holpriger. Die Küste wird rau und öffnet<br />
sich nur in kleinen, palmenüberladenen Buchten<br />
wild ihren Besuchern. Doch einige wenige Dörfer<br />
finden sich hier, und im kleinen Surferort<br />
Bathsheba lohnt sich eine Rast in einem kleinen<br />
Rum-Shop, da wird es gerne mal sehr laut<br />
und herzlich.<br />
Zum Schluss sollte der Weg nach Oistins führen.<br />
Denn: Auf dem dortigen Fischmarkt werden die<br />
besten Meeresfrüchte der Insel serviert. Frisch<br />
gefangen, werden Hummer, Schwertfisch und Co.<br />
gegrillt und gleich an Plastiktischen serviert,<br />
dazu gibt es Livemusik.<br />
Barbados ist eine runde karibische Sache. Oder<br />
sagen wir so, eine runde karibische Atlantikinsel.<br />
Als ich satt und glücklich die letzten Kilometer<br />
zurück zum Hotel im Dunkeln fuhr, wusste ich:<br />
Barbados bleibt eine ganz besondere Karibikinsel<br />
für mich. Vielleicht, weil sie in Wahrheit eine<br />
karibische Atlantikinsel ist.<br />
herbst <strong>2019</strong> 43
Die älteste Stadt Nordamerikas – SANTO DOMINGO<br />
Oh, Santo Domingo, du Perle der Dominikanischen Republik! In »La Capital«, wie die Stadt von den Menschen im<br />
Land auch genannt wird, fühlt man sich gleich wie in einem Freilichtmuseum. Das verwundert wenig, schließlich ist<br />
die Stadt die älteste Amerikas. Und das spürt man überall. In der Ciudad Colonial, der historischen Altstadt Santo<br />
Domingos, lassen sich viele architektonische Meisterwerke vom 16. bis zum frühen 20. Jahrhundert bewundern.<br />
Unser Tipp: einen gemütlichen Spaziergang auf der El-Conde-Straße unternehmen. Es ist vermutlich die interessanteste<br />
Art, um einen authentischen Eindruck von Santo Domingo zu bekommen. Vorbei geht es an der imposanten<br />
Kathedrale, der Festung Ozama, dem alten Gemeindehaus (Cabildo) und dem Pranger (La Picota). Wer zwischendurch<br />
chillen mag, nimmt Kurs auf den Jardín Botánico Nacional, den größten botanischen Garten in der Karibik,<br />
und gönnt sich im Grünen eine Pause.<br />
44 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
herbst <strong>2019</strong>
KARIBIK<br />
Fotos: e2dan/Shutterstock.com, Lost Mountain Studio/Shiutterstock.com<br />
Zu den Wurzeln des<br />
Reggae nach JAMAIKA<br />
Reggae gehört zu Jamaika wie der Jazz zu New Orleans<br />
und der Samba zu Rio de Janeiro. Es geht also gar nicht<br />
ohne. In den Randbezirken der Hauptstadt Kingston<br />
entwickelte sich der Reggae in den 1960er-Jahren aus<br />
seinen Vorläufern Mento, Ska und Rocksteady. Und<br />
spätestens Bob Marley verschaffte dem Musikstil eine<br />
internationale Reputation, von der Jamaika noch heute<br />
zehrt. Womit wir auch beim Thema wären: Der Geburtsmonat<br />
von Bob Marley, der Februar, wird auf Jamaika<br />
mittlerweile als »Reggae-Monat« mit Konzerten auf der<br />
ganzen Insel gefeiert. Mitfeiern lohnt sich da nicht nur,<br />
sondern macht auch eine Menge Fun! Wer noch mehr<br />
über den Reggae erfahren möchte, kann in Kingston<br />
das Bob Marley Museum besuchen. Aber auch geführte<br />
Touren in die Musikszene von Kingston sind<br />
vor Ort buchbar.<br />
45
ANZEIGE<br />
Yachturlaub mit Skipper<br />
auf den Britischen Jungferninseln<br />
Einmal wie ein Model oder Fußballstar Urlaub machen: Mit der eigenen Yacht<br />
durch kristallklare Gewässer der Karibik gleiten, in idyllischen Buchten ankern und<br />
in gemütlicher Runde den Sonnenuntergang vom Deck aus beobachten.<br />
Ein Reiseerlebnis für die Ewigkeit<br />
Eine Yacht-Charter ist eine besonders individuelle Art, mit Freunden oder<br />
der Familie eine unvergessliche Auszeit vom Alltag zu nehmen. Und einen<br />
Segelschein oder Segelerfahrung braucht man dafür nicht. Charterunternehmen<br />
wie The Moorings bieten »Segelurlaub mit Skipper« an. Dabei<br />
wird einfach ein professioneller Skipper mitgebucht, der die Verantwortung<br />
für Yacht und Crew trägt und gleichzeitig persönlicher Reiseführer<br />
ist. Egal, ob es um die besten Strandbars oder Strände geht, der Skipper<br />
kennt alle Geheimtipps.<br />
Schnorcheln, schwimmen oder Sightseeing – der Skipper richtet sich<br />
bei der Urlaubsgestaltung ganz nach den Wünschen seiner Gäste. Und<br />
jeden Morgen wacht man in einer anderen Traumbucht auf. Übernachtet<br />
wird auf einem Segelkatamaran mit bis zu vier Kabinen. Komplette Küche,<br />
Badezimmer und Wohnbereich, die Gäste finden auf der Yacht alles,<br />
was auch ein Ferienapartment bietet.<br />
BVI: Ideal für Segeleinsteiger und Familien<br />
Eine vielfältige Auswahl für Segelcharter bietet die Karibik. Besonders beliebt<br />
für Yachturlaub sind die Britischen Jungferninseln, die man am besten<br />
per Boot kennenlernt, denn jede Insel hat ihren eigenen Charme. Beim<br />
Inselhopping steht der Besuch der Indians bei Norman Island an, einer der<br />
besten Schnorchelspots der BVI. Für den besten Painkiller, ein Cocktail<br />
aus Pusser‘s Rum, Kokosnusscreme, Orangensaft und Ananas, lohnt sich<br />
der Ankerstopp in der White Bay auf Jost Van Dyke, wo die Soggy Dollar<br />
Bar bei karibischen Rhythmen gute Stimmung verbreitet. Auf Virgin Gorda<br />
wartet »The Baths«, ein Labyrinth aus gigantischen Granitfelsbrocken mit<br />
Grotten und Meerwasserpools. Hier kann man den ganzen Tag verbringen<br />
und baden, entdecken und auf Felsen klettern. Wer längere Passagen auf<br />
offenem Meer nicht scheut, segelt nach Anegada, das einzigartige Korallenatoll<br />
und die nördlichste Insel der Britischen Jungferninseln. Hier gibt es<br />
leckeren Lobster und Wracks gesunkener Schiffe.<br />
INFO<br />
www.moorings.de, Tel. 06101/55791530<br />
46 <strong>EXCLUSIV</strong><br />
herbst <strong>2019</strong>
LATEINAMERIKA<br />
Viva<br />
MEXICANA!<br />
Mercedes Salazar ist eine mexikanische<br />
Designerin, die Schmuck kreiert, der sehr viel<br />
bunte Freude ins Leben bringt.<br />
Wer unauffällig durch den Tag gleiten will,<br />
darf ihre Kreationen nicht tragen. Hier ein<br />
Exemplar, das sie speziell für die Hotelkette<br />
The Luxury Collection entwarf.<br />
www.luxurycollectionstore.com<br />
FREIHEIT –<br />
DAS EINZIGE,<br />
WAS ZÄHLT<br />
100.000 Kilometer durch imposante<br />
Nationalparks, weite<br />
Wüsten und dichte Dschungel:<br />
Drei Jahre reiste der<br />
Fotograf Martin Leonhardt<br />
auf seinem Motorrad durch<br />
Lateinamerika. Sein Buch<br />
entführt uns von Patagonien<br />
über die Atacama-Wüste<br />
bis hin nach Havanna und<br />
erzählt Geschichten von<br />
Menschen, Kulturen und<br />
dem Gefühl von unendlicher<br />
Freiheit. Erschienen bei<br />
Frederking & Thaler, ISBN:<br />
9783954163021, € 39,99<br />
Fotos: The Luxury Collection, Globe Guide Media Inc/Shutterstock.com, Frederking & Thaler<br />
Holy Hole!<br />
Das »Great Blue Hole« im Belize Barrier Reef, dem<br />
zweitgrößten Korallenriff der Welt, hat einen Durchmesser<br />
von 300 Metern und eine Tiefe von 120 Metern. Bestaunen<br />
können Besucher das unter dem Meeresspiegel liegende<br />
Höhlensystem entweder mit einem Helikopterflug aus der<br />
Luft oder direkt zu Wasser bei einem geführten Schwimmund<br />
Tauchgang. Egal wie – es ist ein Erlebnis!<br />
DU HEILIGER BIMBAM: Das Urubamba-Tal im Süden Perus birgt unzählige heilige Stätten der Inkas, allen voran natürlich den Machu<br />
Picchu. Den besuchte unser Autor Andreas Dauerer nicht, denn er wanderte fernab des Tourismus durch das Andenparadies. S. 48 –<br />
TROMMELWIRBEL: Redakteur Frank Störbrauck liebt Brasilien – und auch Salvador im Bundesstaat Bahia bildet da keine Ausnahme. S. 58<br />
frühling 2016<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
47
LATEINAMERIKA | Peru<br />
IM<br />
KARTOFFEL-<br />
LAND<br />
48 herbst <strong>2019</strong>
text & fotos<br />
BAndreas Dauerer<br />
Das Heilige Tal erstreckt sich entlang des Urubamba-Flusses<br />
zwischen Cusco und Machu Picchu. Am besten erkundet man die<br />
unzähligen imposanten Hinterlassenschaften des Inkareiches in<br />
der Hügellandschaft zu Fuß - und genießt ganz nebenbei eine<br />
Andenküche, die sich gerade selbst neu erf indet.<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> 49
Grün, Grau,<br />
Braun – das sind<br />
die Farben der<br />
peruanischen<br />
Bergwelt<br />
Auf den alten Inkawegen trifft man schon mal auf vollbepackte<br />
Esel, meistens hat man allerdings nur Augen für die<br />
atemberaubende Landschaft des Heiligen Tales.<br />
50 herbst <strong>2019</strong>
LATEINAMERIKA | Peru<br />
iImmer ein Lächeln auf den Lippen: indigene<br />
Frauen in ihren bunten Trachten.<br />
iIch fröstle ein wenig, als ich aus dem Bus steige. Mittlerweile haben wir<br />
iacht Uhr morgens, und die Umgebung hüllt sich in müdes Grau. Ne-<br />
ibel. Überall. Auf knapp 3.800 Metern über dem Meeresspiegel nichts<br />
iUngewöhnliches. Er darf da schon mal ein bisschen in der Cordille-<br />
ira hängen, schließlich bekommt die Natur auf diese Weise stets ihre<br />
iersehnte Feuchtigkeit, ehe die Sonne in einer halben Stunde kräftig<br />
idagegen ankämpfen und ziemlich sicher auch gewinnen wird. Meine<br />
iReisebegleiter haben endlich ihre Stiefel geschnürt, und es kann los-<br />
igehen. Auf engen Pfaden wandern wir vom kleinen Ort Misminay aus<br />
ibergab. Mit etwas Bewegung erwachen in mir auch jene wärmenden<br />
iLebensgeister, die man frühmorgens dringend benötigt, damit einem<br />
inicht kalt wird. Grün, Grau, Braun – das sind die Farben der peruaniischen<br />
Bergwelt, die mit jeder Sekunde an Intensität gewinnen. Kom-<br />
imen einheimische Frauen des Weges, wird die Farbpalette durch die<br />
itraditionellen Kleider noch erheblich ausgeweitet und auch eine Spur<br />
igreller. Eine willkommene Abwechslung zum morgendlichen Einerlei. iEine Handvoll Esel kreuzt unseren Weg, dick bepackt mit Stroh auf<br />
dem Rücken, stapfen sie auf ihren dünnen Beinen, ihre Herren hasten<br />
hinterher. Gedankenverloren komme ich gar nicht schnell genug mehr<br />
aus dem Weg, sodass mich ein Teil der Ladung die kleine Böschung<br />
hinunterbugsiert. Das wäre zu Inkazeiten nicht möglich gewesen, die<br />
mussten noch alles selbst tragen, denke ich noch bei mir, während ich<br />
um Gleichgewicht bemüht bin. Glücklicherweise war die Fracht weich<br />
und der Abhang nicht zu tief. Ein paar Hunde begleiten uns mit hochgestellten<br />
Ruten, zwei junge Brüder bewachen brav eine Herde Schafe<br />
und schauen etwas argwöhnisch auf die fremde Wandertruppe. Die<br />
kargen Bäume verschwinden allmählich, und plötzlich öffnet sich die<br />
Natur. Der Nebel ist verschwunden, alles wird heller, und vor uns liegt<br />
eine grüngoldene Ebene, im Hintergrund vom Schnee angezuckerte<br />
Berge und darüber das makellose Blau des Himmels. Agaven säumen<br />
die Steinmauern der Bauern, und links unten erahne ich schon unser<br />
Ziel, das sich tief in die Erde gegraben hat. Moray. Eine der mysteriösesten<br />
Stätten der Inkas, von der man noch immer nicht ganz sicher<br />
weiß, wozu sie genutzt wurde.<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
51
LATEINAMERIKA | Peru<br />
»Natürlich, das war das Gewächshaus der<br />
Inkas.« Santos, unser Guide, ist sich jedenfalls<br />
absolut sicher. Ihm darf man schon<br />
aus dem Grunde Glauben schenken, da<br />
er hier im Umland groß geworden ist, er<br />
hat in Cusco studiert und lebt mittlerweile<br />
mit seiner kleinen Familie wieder hier<br />
in den Bergen des Heiligen Tales. Auch<br />
Die Zelte abbrechen? Nicht, wer in einem<br />
spricht er noch Quechua, was mittlerweile<br />
der luxuriösen One Nature Nyaruswiga<br />
in seiner Generation der Endzwanziger nicht mehr ganz so selbstver-<br />
Safari-Camps residiert. Mehr Komfort und Privatsphäre geht nicht.<br />
ständlich ist. Immerhin stützen auch wissenschaftliche Forschungen<br />
seine These. In den drei amphitheaterrunden Terrassen fanden sie<br />
nicht nur jeweils unterschiedliche klimatische Bedingungen vor, nein,<br />
die Inkas hatten ganz offenbar auch Erdreich aus anderen Teilen des<br />
Landes herbeigeschafft, um hinsichtlich Klima und Bodengüte ihren<br />
Anbau zu optimieren. Man fand Guanospuren von Vögeln, die in dieser<br />
Höhe nicht leben, ebenso, wie von Muscheln durchtränkte Erde.<br />
Für ihre Experimente haben sie also Erdschichten aus 1.000 Kilometer<br />
Entfernung zu sich bringen zu lassen, ohne das Rad je erfunden zu<br />
haben, versteht sich. »Essen war den Inka-Herrschern offenbar schon<br />
immer sehr wichtig«, lacht Santos.<br />
Damit dürfte er nicht nur bei autokratischen Herrschern auf der<br />
ganzen Welt ins Schwarze treffen, nein, das gilt wohl auch für den<br />
ganz gemeinen Touristen, der sich zum Wandern und Erkunden ins<br />
Heilige Tal begibt. Nicht umsonst hat Küchenchef Virgilio Martínez<br />
hier oben, einen Steinwurf über Moray, sein Restaurant Mil eröffnet.<br />
Da drängt sich natürlich die Frage nach dem Warum auf. Hier oben?<br />
Schwer zugänglich und wenig Platz bietend? Sein Michelinstern-prämiertes<br />
Restaurant Central in Lima läuft prächtig und wurde auch<br />
<strong>2019</strong> wieder unter den besten 50 Restaurants weltweit ausgewählt.<br />
Seit der Anfang 40-Jährige dann auch noch Teil der Chef’s Table Serie<br />
bei Netflix geworden ist, gilt er international als junger wilder Star der<br />
peruanischen Küche. »Ich möchte hier eine novoandine Cuisine anbieten«,<br />
sagt Virgilio. »Mir ist es wichtig, dass sichtbar wird, wo wir uns<br />
befinden. Ob unten im Tal, auf den terrassierten Feldern oder hoch<br />
oben in den Bergen. Diese Bandbreite soll sich auch auf dem Teller<br />
widerspiegeln.« Dann holt der schlaksige Küchenchef erst einmal kurz<br />
Bei uns sind<br />
die Kartoffeln<br />
nicht nur bis<br />
zu zehnmal<br />
vitaminreicher,<br />
sie wirken auch<br />
antioxidantisch.<br />
Luft. Unprätentiös kommt er daher, ruhig.<br />
Auf dem Boden geblieben und ohne<br />
auch nur den Anflug eines Missionierenwollens.<br />
Wobei das nicht bedeutet, dass<br />
er keinen Enthusiasmus für das verspürt,<br />
was er tut. Ganz im Gegenteil. Er fühle<br />
sich eher wie ein Forscher und Entdecker,<br />
so Virgilio. Einfach Dinge wieder<br />
entdecken, die es im Heiligen Tal schon<br />
immer gab, sie verfeinern, weiterentwickeln, wieder ins allgemeine<br />
kulinarische Gedächtnis rücken. Eine unglaubliche Diversität lasse<br />
sich hier finden, und nachdem er jahrelang im Central schon mit den<br />
Zutaten aus dem Heiligen Tal gekocht habe, könne er jetzt die Lieferanten<br />
noch etwas genauer kennenlernen und obendrein der Region<br />
etwas zurückgeben.<br />
Spätestens an diesem Punkt kommt die Kartoffel ins Spiel und mit<br />
ihr der Mann, der sich damit so gut auskennt wie nur wenige: Manuel<br />
Choque. Wenn der Bauer erst einmal auf sein Lieblingsthema zu<br />
sprechen kommt, dann leuchten nicht nur seine Augen, sondern dann<br />
geht es ans Eingemachte. Quasi direkt an das Heiligste selbst, wobei<br />
es sich doch nur um ein Nachtschattengewächs mit Knollen handelt.<br />
Mit dem kleinen Unterschied, dass hier im Land gleich über 3.500,<br />
manche sagen sogar über 4.000 verschiedene Sorten von Kartoffeln<br />
gedeihen. In allen nur erdenklichen Formen und Farben. Manuel ist<br />
zwar Bauer, aber eben auch studierter Agrarwirt und hat die Kartoffeln<br />
hier oben zur Genüge erforscht. Zwölf Jahre lang hat er 350 bunte<br />
Sorten davon gesammelt und untersucht. »Bei uns sind die Kartoffeln<br />
nicht nur bis zu zehnmal vitaminreicher, sie wirken auch anti–<br />
oxidantisch.« So ist die Knolle auch heute noch eine Art Allheilmittel<br />
gegen jegliche Malaise, die man so haben kann, wobei der natürliche<br />
Entzündungshemmer den Inkas auch nicht helfen konnte, ihre relativ<br />
kurze Regentschaft von etwa 100 Jahren zu verlängern. Dann kamen<br />
die Spanier und mit ihnen die Eroberung der Neuen Welt. Hinterlassen<br />
wurden so wundervolle und mysteriöse Ruinen wie Machu Picchu,<br />
Ollantaytambo, Sacsayhuamn, Pisac oder eben Moray. Die Kartoffel<br />
allerdings hat sie alle überlebt und kommt jetzt, auch dank Manuel,<br />
zu neuer Blüte. Er hat nämlich experimentiert und Sorten gekreuzt,<br />
52 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
frühjahr herbst 2018 <strong>2019</strong>
Die Ruinen von Moray liegen<br />
vor einer majestätischen<br />
Bergkulisse. Hier sollen die<br />
Inkas mit ihrem Anbau<br />
experimentiert haben.<br />
Während Manuel Choques Mutter auf<br />
dem Feld bei der Kartoffelernte selbst mit<br />
anpackt, warten die alten Inkaterrassen<br />
von Chinchero auf Besucher.<br />
sommer 2016 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> 53
Schwimmen mit Bergblick:<br />
Nach einem Tag voller<br />
Exkursionen wartet der Pool<br />
des Explora Hotels auf müde<br />
Kundschaft.<br />
Ruheoase: Wunderbar<br />
eingebettet in das Bergpanorama<br />
des Heiligen Tals liegt<br />
das Explora Hotel im<br />
kleinen Örtchen Urquillos.<br />
54<br />
sommer 2016
LATEINAMERIKA AFRIKA | Tansania | Peru<br />
Essen war den<br />
Inka-Herrschern schon immer<br />
sehr wichtig.<br />
Illustration: Daria Rosen/Shutterstock.com<br />
damit sie geschmacklich noch besser werden. 50 davon landen jetzt<br />
regelmäßig bei Virgilio auf dem Tisch, was dem Grundnahrungsmittel<br />
zu neuen gastronomischen Höhenflügen verhilft, und zwar nicht<br />
nur in der Wahrnehmung. Dabei hat es die vielen verschiedenen Kartoffeln,<br />
die wir Europäer so gar nicht kennen, schon immer gegeben.<br />
Mittwochs auf dem Markt in Urubamba kann man sich davon selbst<br />
überzeugen. Dann bieten die Familien genau das an, was sie auf dem<br />
heimischen Acker noch übrig haben. Von Farbe und Form ist alles dabei:<br />
pink, orange, lila, schlangenförmig, rund, eckig. Gleich geblieben<br />
ist jedoch die klassische Zubereitung, direkt in der Huatia, dem typischen<br />
Erdofen. Hierzu werden Steine zu einer kleinen, oben offenen<br />
Pyramide aufgerichtet, im Inneren Glut entfacht und dann kommen<br />
die Kartoffeln vom Feld hinein. Nach ein paar Garminuten kann man<br />
sie direkt in den Mund schieben und essen. »Besser geht es kaum«,<br />
schwärmt Virgilio, vielleicht noch eine mit einer tiefgrünen Crema<br />
Uchucuta, einer einfachen Kräutersoße aus Petersilie, Minze, Koriander<br />
und anderen Kräutern auf der einen und Öl, Chilipaste und Feta<br />
auf der anderen Seite. Dazu eine Prise Salz aus den, nur einen Steinwurf<br />
entfernten, Salineras de Maras, diesen wunderbar in den Felsen<br />
eingebetteten Salzpfannen, und schon hat man ein ebenso einfaches<br />
wie herrliches Gericht.<br />
Mit betont einfachen Zutaten, aber doch etwas raffinierter Zubereitung<br />
geht es in Virgilios Mil und neuerdings auch in der Gastronomie<br />
des Explora zu. Für die Mittags- und Abendkarte des Hotels<br />
kreiert der Sternekoch künftig eigens die 3-Gänge-Menüs. Alles, was<br />
dem Gast kredenzt wird, kommt selbstverständlich aus der unmittelbaren<br />
Umgebung. So finden sich Gerichte wie Enten-Ceviche mit<br />
Tarwi und schwarzem Quinoa, Bohnen mit Kresse und Cushuros,<br />
einer Algenart, die hier in den hochgelegenen Teichen wächst und extrem<br />
protein-, calcium- und eisenreich ist, oder Fladenbrot aus lila Mais<br />
mit Piscorontu, einer Pflanzenart, und geschmortem Rib Steak auf der<br />
Karte. Eines von vielen Kartoffelgerichten, natürlich von Manuel Choques<br />
Acker, ist die geräucherte Forelle mit Avocado. Als Nachtisch<br />
ein Sorbet mit Früchten aus Huacatay oder eine Cacao Quillabamba,<br />
ein wahr gewordener Traum für jeden Schokoladenfan. Anschließend<br />
bleibt einem nur noch der Gang an die Hotelbar, um das Essen mit<br />
einem Pisco Sour abzurunden, ehe man sich schlafen legt und von den<br />
kulinarischen Wanderungen im Heiligen Tal erholt. Denn eines muss<br />
man selbstverständlich immer berücksichtigen: Wandern, Essen und<br />
Trinken sind ja per se schon anstrengend, in Höhen von über 3.500<br />
Metern aber noch ein bisschen mehr. Und dabei ist es fast egal, ob<br />
man voll akklimatisiert ist oder eben nicht. Ein Genuss für alle Sinne<br />
ist es hier im Heiligen Tal jedoch allemal.<br />
INFO<br />
British Airways (via London) oder KLM (via Amsterdam) verbinden<br />
Europa täglich mit Lima. Von dort geht es dann weiter in Richtung<br />
Cuzco und ins Heilige Tal. Das Hotel Explora Valle Sagrado bietet<br />
ein besonderes Rundum-Sorglos-Paket an. Bei Zimmerp<strong>reisen</strong><br />
ab ca. € 450 pro Person sind die An- und Abreise zum Flughafen<br />
in Cuzco, sämtliche Ausflüge (ganztägig oder zwei verschiedene<br />
am Tag) sowie alle Mahlzeiten inkludiert. Neben dem Frühstück<br />
gibt es dann mittags und abends ein Drei-Gänge-Menü, das seit<br />
Ende Juli eigens von Sternekoch Virgilio Martínez kreiert wurde.<br />
www.explora.com<br />
herbst <strong>2019</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
55
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GUANACASTE<br />
Die Sonnenseite Costa Ricas<br />
Im Nordwesten von Costa Rica liegt eine Naturschönheit, die sich ganzjährig von<br />
ihrer besten Seite zeigt. Und die frohlockt mit malerischen Stränden, tropischen<br />
Wäldern und rauen Vulkanlandschaften. Beste Voraussetzungen<br />
für einen Urlaub, der garantiert unvergesslich gut wird.<br />
56<br />
<strong>EXCLUSIV</strong> herbst <strong>2019</strong>
BEZAUBERNDE STRÄNDE, SO WEIT DAS AUGE REICHT<br />
Ein Reisender zu sein, kann einen vor unlösbare Aufgaben stellen. Beispielsweise<br />
bei einer Küstenlinie von über 700 Kilometern, den passendsten<br />
unter den bezaubernden Stränden zu fi nden. Endlose Ausblicke,<br />
einsame Buchten und türkis leuchtendes Wasser haben sie alle<br />
gemeinsam. Doch wer den Playa Conchal besucht, der wird die perfekte<br />
Postkartenidylle mit feinem weißen Muschelsand vorfi nden. Beliebt und<br />
wunderschön ist auch Tamarindo oder Nosara. Surfer-Orte mit Charme,<br />
in denen es zahlreiche kleine, individuelle Cafés, Boutiquen und Shops<br />
gibt. Anschließend kann an einem der umliegenden Strände wie etwa<br />
Playa Grande, Playa Avellana oder Playa Langosta verweilt werden. Wer<br />
es jedoch einsam mag und sich an Instagram-tauglichen Palmenmotiven<br />
erfreut, der ist in der Bucht von Playa Carrillo oder Samará goldrichtig.<br />
BARFÜSSIGER LUXUS<br />
Den Trubel hinter sich lassen und Kraft tanken, das kann man auf der<br />
Peninsula de Papagayo, einem der exklusivsten Orte des Landes. 24 Kilometer<br />
Küstenlinie ragen hier in den weiten Golf von Papagayo, an die<br />
sich über 25 kleine, idyllische und einsame Buchten schmiegen. An der<br />
schmalsten Stelle liegt einem das Meer in beiden Richtungen zu Füßen.<br />
Sonst bestimmen luxuriöse Anwesen und dichtes Grün das Landschaftsbild<br />
der Halbinsel. Erstklassige Hotels haben sich hier längst einen Spot<br />
gesichert und versetzen Reisende in eine luxuriöse Urlaubshypnose.<br />
ZWISCHEN SMARAGDGRÜN UND ZARTVIOLETT<br />
Eine Wanderung vorbei an strahlend blauem Wasser, mit Blick auf einen<br />
der aktivsten Vulkane des Landes. Auf Instagram ist der Rio Celeste im<br />
Tenorio Nationalpark längst ein Star. Sein surreal leuchtendes türkisfarbenes<br />
Wasser schlängelt sich durch die sattgrüne Vulkanlandschaft des<br />
Parks. Für das Farbspektakel ist das Aufeinandertreffen zweier Flüsse<br />
verantwortlich. Die unterschiedlichen pH-Werte der Flüsse verleihen<br />
dem Rio Celeste am Fuße des Tenorio Vulkans seine heitere Farbe. Ein<br />
Selfi e vor türkisfarbenem Gewässer ist quasi ein Muss.<br />
Fernglas zücken, und los geht die Suche nach den Stars der Lüfte im<br />
Palo Verde Nationalpark. Hier zirpt und raschelt es überall. Ab und zu muss<br />
man schon genau hinschauen, um die bunten Gefi eder zwischen all dem<br />
Grün wahrnehmen zu können. Doch hat man sie einmal entdeckt, wimmelt<br />
es hier nur so vor seltenen und bunten Vögeln. Um sich an dem Anblick der<br />
Federtierchen zu erfreuen, muss man gewiss kein Hobby-Ornithologe sein.<br />
TIERISCHE VERGNÜGEN<br />
Tierische Begegnungen sind in Guanacaste vorprogrammiert. Nicht selten<br />
wird sich ein Faultier (laaaangsam) seinen Weg durchs Grün bahnen, oder<br />
Affen werden neugierig einen Blick aufs Essen werfen. Während der Wintermonate<br />
kann man mit etwas Glück sogar Buckelwale sehen, die sich<br />
an der Küste versammeln, um sich zu paaren und ihre Jungen zu stillen.<br />
Auch Papageien, Wale, Schildkröten und Delfi ne kann man in Guanacaste<br />
zu Gesicht bekommen, von den exotischen Vögeln ganz zu schweigen.<br />
Zwischen Oktober und März zum Beispiel vergraben riesige Lederschildkröten<br />
an der Playa Grande bei Tamarindo ihre Eier im Sand. Spätestens,<br />
wenn während des Frühstücks drei Tukane über einen hinwegziehen, dann<br />
kann man den grünen Ruf Costa Ricas mehr als nachvollziehen.<br />
UND, ACTION!<br />
Der Puls steigt. Der Blick in die Tiefe lässt die Knie schlottern. Doch gleich<br />
vor einem offenbart sich in den Nationalparks von Guanacaste ein Meer<br />
aus sattgrünem Dschungel. Obwohl man beim Ziplining an langen Drahtseilen<br />
durch die dichten Baumwipfel düst und kaum Zeit hat, seine Umgebung<br />
ausgiebig zu begutachten, spürt man das Gefühl von Freiheit in<br />
jeder Pore des Körpers. Ein besonders lohnenswerter Ort für Ziplining ist<br />
der Rincón de la Vieja Nationalpark. Der gleichnamige Vulkan zählt zu den<br />
sechs aktiven Vulkanen des Landes und wird von tosenden Wasserfällen,<br />
uralten Mythen und vielfältiger Flora und Fauna umgarnt. In den verschiedensten<br />
Grüntönen leuchtet der dichte Regenwald, der den Vulkan umgibt.<br />
Ziplining ist nichts für Sie? Wie wäre es mit Rafting, Horseback Riding<br />
oder Wandern? In den Nationalparks von Guanacaste habt ihr die Qual der<br />
Wahl. Nach der Action belohnen die natürlichen vulkanischen Thermalquellen<br />
mit Entspannung pur inmitten der Natur.<br />
INFO<br />
Weitere Informationen über die Provinz Guanacaste findet ihr unter<br />
www.visitcostarica.com/de/costa-rica/where-to-go/guanacaste<br />
Facebook @visitcostaricade und Instagram @visit_costaricade<br />
frühling 2016<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>
B text<br />
Frank Störbrauck<br />
SEHNSUCHT<br />
NACH BAHIA<br />
Bahia - schon der Name klingt wie der<br />
eines Kinderbuches, in dem alles fein ist. Das kommt hin,<br />
denn der Bundesstaat im Nordosten Brasiliens gilt<br />
als die Gute-Laune-Kammer des Landes, wo .. der<br />
Leichtigkeit des Seins nur allzu gern gefront wird.<br />
Das liegt vor allem an der Musik. Aber nicht nur.<br />
58 herbst <strong>2019</strong>
LATEINAMERIKA | Brasilien<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> 59
LATEINAMERIKA | Brasilien<br />
Nationalpark<br />
Chapada Diamantina<br />
Salvador<br />
wWenn die ersten Strahlen der Sonne die pastellfarbenen KolonialbauwWenn<br />
die ersten Strahlen der Sonne die pastellfarbenen Kolonialbau-<br />
wten im Pelourinho in neuem Glanz erstrahlen lassen, nur die Putzfrau<br />
weines Restaurants mit dem Umherrücken der klappernden Tische und<br />
wStühle die Stille durchbricht und die Touristen noch in ihren Hotelwzimmern<br />
schlummern, wünsche ich mir, dass dieser Moment für im-<br />
wmer mir gehört. Salvador. Endlich bin ich wieder bei dir.<br />
wVor fünfzehn Jahren führte mich meine erste Brasilien-Reise unter<br />
wanderem nach Salvador. Es war gleich meine Lieblingsstadt. Während<br />
wich die Mega-Metropole São Paulo damals unerträglich laut und wu-<br />
wselig und Rio de Janeiro viel zu sehr mit Touristen überlaufen fand,<br />
whatte ich mich in Salvador sofort verliebt. Die Leutseligkeit und gute<br />
wLaune der Einheimischen, die hübsch restaurierten, bonbonfarbenen<br />
wKolonialbauten und die vielen Sandstrände – ja, es passte.<br />
wAuch die brasilianische Politik fand Gefallen an Salvador. Wenn<br />
auch vor sehr langer Zeit. Mehr als 200 Jahre lang, von 1549 bis 1763,<br />
war die Stadt gar Hauptstadt Brasiliens. Die Kolonialherren aus Portugal<br />
bauten seinerzeit in vielen Regionen des Landes Plantagen, um<br />
zunächst Zuckerrohr und später Tabak zu ernten. Um die Arbeiten zu<br />
bewerkstelligen, schifften die Portugiesen 300 Jahre lang rund dreieinhalb<br />
Millionen Sklaven aus Afrika nach Brasilien. Viele von ihnen<br />
endeten auf den Plantagen im Hinterland im Nordosten des Landes.<br />
In Bahia. Und blieben. Heute sind rund 80 Prozent der Einwohner<br />
Salvadors Schwarze.<br />
Salvadors Sahneschnitte, deretwegen heute das Gros der Touristen<br />
herbeischwirrt, ist die Altstadt. Genauer gesagt der Pelourinho.<br />
Der Stadtteil in der Cidade Alta (Oberstadt) ist das koloniale Herz der<br />
Stadt – und von zeitloser Schönheit. Manch einer in Salvador behauptet<br />
gar, den internationalen Durchbruch, den schaffte die Stadt und<br />
allen voran der Pelourinho durch den »King of Pop«, Michael Jackson.<br />
Der US-Sänger drehte hier 1996 Teile des Musikvideos »They don’t<br />
care about us« und verschaffte dem Viertel eine gehörige internationale<br />
Reputation, von der die Stadt noch heute zehrt.<br />
Musik spielt eine große Rolle in Salvador. Sie liegt förmlich in der<br />
Luft. Die Rede ist nun nicht von Michael-Jackson-Sounds. Auch nicht<br />
60<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
herbst <strong>2019</strong>
Musik spielt eine grosse<br />
..<br />
Rolle in Salvador.<br />
Sie liegt fOrmlich in der Luft.<br />
Ein Trommelwirbel<br />
für Sonne, Strand<br />
und Musik: Wem<br />
dieser Dreiklang<br />
gefällt, der ist in<br />
Salvador da Bahia<br />
goldrichtig.<br />
61
Hoch das Bein: In Salvador ist der Capoeira allgegenwärtig, die Tänzer verbreiten stets gute Laune in der Stadt. Mestre Nenel (unten),<br />
Chef der Capoeiraschule »Filhos de Bimba«, bildet den Nachwuchs aus.<br />
Die Zelte abbrechen? Nicht, wer in einem der luxuriösen One Nature Nyaruswiga<br />
Safari-Camps residiert. Mehr Komfort und Privatsphäre geht nicht.<br />
62<br />
frühjahr herbst 2018 <strong>2019</strong>
LATEINAMERIKA | Brasilien<br />
»Unser Anliegen ist es, die Kinder von der<br />
Strasse zu holen und ihnen beizubringen,<br />
dass Gewalt und Drogen nichts in<br />
ihrem Leben zu suchen haben.<br />
»<br />
vom Samba-Rhythmus. Wer wissen will, was den Zauber Salvadors<br />
ausmacht und warum die Stadt die Heimat und Hochburg des faszinierenden<br />
Kampfsporttanzes Capoeira ist, der sollte Mestre Nenel<br />
besuchen. Nenel gilt als König des Capoeiras. Das hat viel mit seinem<br />
berühmten Vater Mestre Bimba zu tun, der einer der kompetentesten<br />
und renommiertesten Capoeiristas seiner Zeit war und von den Bewohnern<br />
Salvadors ehrfürchtig »o Rei Negro« (»der schwarze König«)<br />
genannt wurde. Mestre Nenel hat sein Domizil, die Capoeiraschule<br />
»Filhos de Bimba«, in einer kleinen Gasse im Pelourinho. Ich möchte<br />
ihn kennenlernen.<br />
Mestre Nenel schiebt seinen jungen Kollegen zur Seite. Jetzt bin<br />
ich bei ihm, ein wenig nervös bin ich und druckse bei der Vorstellung<br />
ungelenk herum. Meine zuvor brav im Hotelzimmer gelernten Portugiesisch-Vokabeln<br />
zur Begrüßung haben sich in Luft ausgelöst. »Bom<br />
dia. Como vai voc?« Guten Tag, wie geht es Ihnen?, das schaffe ich<br />
gerade noch. Aber das war es dann auch. Mestre Nenel, ein freundlicher<br />
kleiner Mann im Alter von 58 Jahren, nickt milde-großväterlich,<br />
reicht mir die Hand und beginnt zu erzählen.<br />
Schon als Kind habe ihn der Capoeira fasziniert, sagt er, als er<br />
Platz genommen hat. Seit 1976, da war er 16 Jahre alt, sei er Capoeira-Lehrer.<br />
Auf die Frage, was denn Capoeira eigentlich sei – eine Art<br />
der Selbstverteidigung, ein Spiel, ein Kampf, eine Sportart oder ein<br />
Tanz –, mag sich Mestrel Nenel nicht festlegen. Historisch gesehen<br />
sei es natürlich primär eine Selbstverteidigungsmaßnahme der versklavten<br />
Afrikaner in Brasilien gewesen, erläutert er. Erst später sei es<br />
ein identitätsstiftender Teil der afrobrasilianischen Kultur geworden.<br />
»Heute können wir Capoeira nicht auf ein einziges Merkmal herunterbrechen.<br />
Das entscheidet jeder für sich. Wenn du ein Capoeira-Kämpfer<br />
sein willst, dann bist du einer. Wenn du Capoeira als Mittel der<br />
Physiotherapie begreifst, dann ist das so. Und wenn du Capoeira für<br />
dich als Sportart oder Tanz definierst, dann ist das auch in Ordnung.«<br />
Aber in Bahia, das sei klar, schlägt das Herz des Capoeiras.<br />
Bahia, schon der Name klingt in den Ohren eines Unbedarften wie<br />
der eines Kinderbuches, in dem alles fein ist. Es ist aber nicht alles<br />
fein. Die Kriminalität ist immer noch – oder wieder einmal, ganz wie<br />
man will – hoch in Brasilien. Erst recht hier im Nordosten des Landes.<br />
Es ist eine Tragödie, die wie ein Damoklesschwert über diesem in so<br />
vielerlei Hinsicht liebenswerten Brasilien hängt. Nun könnte man die<br />
Hände in den Schoß legen, einen höchst umstrittenen Politiker wie<br />
Jair Bolsonaro ins Präsidentenamt wählen und sich sagen, die Politik<br />
möge es doch bitte richten.<br />
Nicht so Mestre Nenel. Er packt an. Er will nicht zusehen, wie sich<br />
Verwahrlosung, Drogen und Kriminalität wie ein Krebsgeschwür in<br />
Bahia ausbreiten. Mit seiner Capoeiraschule will er etwas dagegen unternehmen.<br />
Rund 300 Kinder und Jugendliche sind im Rahmen eines<br />
sozialen Projekts »Mestre Bimba’s foundation« unter seine Ägide. Das<br />
Gros der Kids ist zwischen sechs und 14 Jahre alt, die meisten leben<br />
in den Vororten Salvadors. »Unser Anliegen ist es, die Kinder von der<br />
Straße zu holen und ihnen beizubringen, dass Gewalt und Drogen<br />
nichts in ihrem Leben zu suchen haben«, sagt Mestre Nenel. Capoeira<br />
sei perfekt dafür, um die Kinder auf den richtigen Weg zu bringen,<br />
davon ist er überzeugt.<br />
Als ich später auf dem Weg zum Hotel bin, muss ich noch oft an<br />
die Worte von Mestre Nenel denken. Es müsste viel mehr Menschen<br />
wie ihn geben. Menschen, die eine Leidenschaft für etwas entwickeln,<br />
– sei es in der Musik, der Kunst, der Kultur, im Sport –, andere dafür<br />
begeistern und dabei gegen die Verrohung der Gesellschaft kämpfen.<br />
Ja, Brasilien braucht Menschen wie ihn, und Salvador kann stolz darauf<br />
sein, einen Bürger wie Mestre Nenel in seinen Reihen zu haben.<br />
Am nächsten Tag verlasse ich Salvador. Ich nehme Kurs auf eine Region<br />
in Bahia, die ziemlich viele Brasilianer kennen, vielen Europäern<br />
aber gar nichts sagt: den Nationalpark Chapada Diamantina, rund 350<br />
Kilometer westlich von Salvador gelegen. Chapada heißt auf Deutsch<br />
Hochebene und Diamantina, man ahnt es schon, Diamant. Rund<br />
1.500 Quadratkilometer groß ist der Nationalpark – und bietet Naturund<br />
Wanderfreunden eine hinreißend malerische, von tiefen Canyons<br />
zerspaltene Tafelberglandschaft. Die Berge sind schon betörend schön<br />
genug, der Höhepunkt aber sind die Dutzenden Wasserfälle und die<br />
von ihnen gespeisten Naturpools, die der Chapada ihren ganz besonderen<br />
Charakter geben.<br />
Erster Anlaufpunkt für Touristen ist Lençóis; ein herausgeputztes<br />
Städtchen, das im Zentrum restaurierte, bonbonfarbene Kolonialbauten<br />
aufbietet, die von einer glorreichen Vergangenheit erzählen. Früher<br />
nämlich, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wurde die Gegend<br />
von Diamantenschürfern und Glücksjägern aus aller Welt aufgesucht,<br />
auf der Suche nach dem schnellen Reichtum. Ein regelrechter Hype entstand<br />
um die Stadt, die Einwohnerzahl schwoll auf mehr als 30.000 an.<br />
Nach der Entdeckung großer Carbonado-Vorkommen in Südafrika zog<br />
die Karawane der Glücksritter allerdings weiter. Lençóis wurde seinem<br />
Schicksal überlassen und fristete fortan ein Dasein als Mauerblümchen.<br />
Mittlerweile, seit 1985, ist die Chapada ein Naturschutzgebiet, die Suche<br />
nach Diamanten streng verboten. Wer heute sein Geld in der Chapada<br />
verdienen will, bietet Touristen seine Dienste an. Denn: Man lebt<br />
hier gut vom Tourismus. Im Sommer (dann, wenn bei uns Winter ist)<br />
kommen besonders viele Besucher her.<br />
Lençóis könne man ohne die Schönheit seiner Natur nicht verstehen,<br />
bedeutet mir mein Reiseführer Antonio José in der Lobby des<br />
in die Jahre gekommenen Hotels Portal Lençóis und marschiert auch<br />
herbst <strong>2019</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
63
LATEINAMERIKA | Brasilien<br />
Tunnelblick: In der<br />
Chapada Diamantina<br />
regiert Mutter<br />
Natur. Die von tiefen<br />
Canyons zerspaltene<br />
Tafelberglandschaft<br />
ist eine Augenweide.<br />
schon los. Draußen wartet unser Fahrer. Ohne Auto hat man in der<br />
Chapada keine Chance, all die Sehenswürdigkeiten zu besuchen, lerne<br />
ich schnell. Züge gibt es nicht, Busse fahren viel zu unregelmäßig, und<br />
zu Fuß kann man allenfalls Tageswanderungen unternehmen. Der Park<br />
besitzt so gut wie keine Infrastruktur. Wer sich hier ohne Guide auf den<br />
Weg macht, was man tunlichst unterlassen sollte, geht schnell verloren.<br />
Unser heutiges Ziel ist der Morro do Pai Inácio; ein 1.120 Meter<br />
hoher Berg, von dem man einen fantastischen Blick über ein Meer aus<br />
Plateaus genießen kann. Er gilt als Wahrzeichen der Chapada. Unser<br />
Fahrer, der zur musikalischen Untermalung Achtzigerjahre-Songs von<br />
A-ha, Duran Duran und Phil Collins schätzt, schmeißt den Sound an<br />
und drückt aufs Gaspedal. Nach rund 25 Kilometern über die Bundesstraße<br />
242, die Salvador mit Brasilia verbindet, geht es über eine staubig-rote<br />
Sandpiste den Berg hinauf. Auf dem Parkplatz am Rande des<br />
Gipfelsteigs tummeln sich bereits die ersten Touristen. Der »Eintritt«<br />
auf den Berg kostet umgerechnet einen Euro, ein mittelleichter Steig<br />
führt in rund 20 Minuten auf den Gipfel.<br />
Um den Berg ranken sich viele Legenden. Eine aber erzählt man sich<br />
besonders gern in dem Park. Und die geht so: »Papa Ignaz«, der Namensgeber<br />
des Bergs, war ein Sklave, der sich in die Frau seines Herren<br />
verliebte. Als der Herr eines Tages von der Romanze seiner Gattin<br />
erfuhr, war er erzürnt und ließ nach dem Sklaven rufen. Dieser bekam<br />
zeitig davon Wind und verabschiedete sich hastig von seiner Geliebten,<br />
denn er fürchtete den Groll seines Herrn. Zum Andenken übergab sie<br />
ihm einen Sonnenschirm, mit dem er auf den Berg flüchtete.<br />
Doch schon nach wenigen Stunden war er auf dem Plateau des Berges<br />
gefangen, denn die Schützlinge seines Herrn waren ihm gefolgt. In<br />
seiner Verzweiflung sprang der Sklave mit dem Schirm vom Berg. Seine<br />
Verfolger sahen allerdings nur noch den Schirm den Berg hinabgleiten.<br />
Am Boden suchten und suchten sie nach der Leiche des Sklaven,<br />
aber vergeblich. Da sie davon ausgingen, dass er den Sprung unmöglich<br />
überleben konnte, gaben sie die Suche auf und berichteten ihrem<br />
Herrn davon. Dieser gab sich damit zufrieden und schloss das Kapitel<br />
ab. Wenige Tage später aber war die Frau des Herrn verschwunden.<br />
Was war passiert? In Wahrheit sprang der Sklave nicht in die Tiefe,<br />
sondern rettete sich auf einen Vorsprung und versteckte sich in einer<br />
Höhle. Und wenn der Sklave und die Gattin des Herrn nicht gestorben<br />
sind, dann leben sie noch heute …<br />
Oben angekommen, ist eine wilde Fotografie-Orgie im Gange. An allen<br />
Ecken und Enden auf der Bergspitze, zwischen Kakteen und Steingeröll,<br />
zwischen Steig und Gipfelspitze tummeln sich Dutzende Besucher und<br />
wetteifern um das perfekte Selfie-Foto. Ich habe gerade keine Lust auf<br />
Selbstinszenierung und schreite zum Aussichtspunkt am Ende der Plattform.<br />
Unvermittelt öffnet sich die Landschaft. Ich starre wie hypnotisiert<br />
auf das üppige Grün des Vale do Cercado, das sich scheinbar endlos seinen<br />
Weg durch die Landschaft pflügt. Immer wieder durchbrochen von<br />
den kantigen Tafelbergen. Allen voran die Bergmassive der Três Irmãos,<br />
der drei Brüder. So könnte ich noch Stunden hier sitzen. Einfach sitzen,<br />
schauen, jeden noch so leisen Windstoß auskosten. Hier ist Brasilien so,<br />
wie ich es liebe. Möge auch dieser Moment immer mir gehören.<br />
INFO<br />
FLUG TAP Air Portugal fliegt täglich von zahlreichen Flughäfen<br />
in Deutschland, Österreich und der Schweiz über das Drehkreuz<br />
Lissabon nonstop nach Salvador. Ein Ticket in der Economy Class<br />
ist ab rund € 450, in der Business Class ab rund € 1.700 zu<br />
haben. www.flytap.com<br />
UNTERKUNFT Villa Bahia, Luxus-Boutiquehotel im historischen<br />
Zentrum von Salvador im Kolonialstil. Das Hotel bietet große<br />
Zimmer (zwischen 28 und 40 Quadratmetern), die Einrichtung ist<br />
mit viel Liebe zum Detail ausgestattet: Himmelbetten, breite Holzpaneele,<br />
hohe Decken. Im Innenhof gibt es einen kleinen Swimmingpool.<br />
Chef des Hauses ist ein Franzose. Pro Nacht im DZ<br />
zwischen € 150 und 200. Largo do Cruzeiro de Sao Francisco, n<br />
16/18 Pelourinho, Salvador – BA, Tel. 00 55 (71) 3322 4271.<br />
www.lavillabahia.com<br />
Das brasilianische Tourismusbüro<br />
Embratur informiert auf seiner Website<br />
über Hotels, Ausflüge, Restaurants und<br />
vieles mehr. www.visitbrasil.com<br />
Den <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>-Guide finden<br />
Sie unter www.<strong>reisen</strong>exclusiv.com/<br />
guide-salvador-da-bahia<br />
Fotos: Frank Störbrauck, Thiago Leite, Sergio Rocha, hpolveira, Mestrel Nene, Joao Tzanno R. M. Nunes, Embratur<br />
Illustrationen: NA image/Shutterstock.com, donatas1205/Shutterstock.com<br />
64<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
herbst <strong>2019</strong>
ORIENT<br />
Was isst du da,<br />
LIBANON?<br />
Libanon in 75 Tagen, äh Rezepten. Hummus, Halloumi und<br />
Granatapfel begleiten Liza und Ziad Asseily auf ihrer kulinarischen Reise durch<br />
ihre Heimatstadt Beirut. Was sonst noch auf den Teller kommt?<br />
Gastfreundschaft mit einer großen Portion Lebensfreude.<br />
Das klingt lecker! Libanon – Das Kochbuch im<br />
Dorling Kindersley Verlag, € 24,95<br />
DUBAI DUFTET<br />
Wer von den betörenden<br />
Düften auf Dubais Souks nicht<br />
genug bekommen kann, der<br />
sollte einen Besuch im Perfume<br />
House einplanen. Es ist Teil der<br />
Al-Shindagha-Museen, direkt am<br />
Dubai Creek gelegen, und beherbergt<br />
eine interaktive Ausstellung<br />
über die Parfumherstellung<br />
und die arabischen Traditionen<br />
rund um Düfte wie zum Beispiel<br />
den Nationalduft Oud. Im<br />
Museumsshop können eigene<br />
Düfte kreiert und hübsche<br />
Souvenirs erstanden werden.<br />
Fotos: Dorling Kindersley Verlag, Marriott International, DTCM<br />
Frischer »W«-Wind an Muscats Küste<br />
Mehr als 50 W Hotels gibt es mittlerweile weltweit, nun ist in Omans<br />
Hauptstadt ein neues Flaggschiff der Hotelgruppe eröffnet worden: das<br />
W Muscat. Auch in diesem Haus sind Architektur und Innendesign ein<br />
Hingucker. Das beginnt schon bei der Ankunft, wo eine neun Tonnen<br />
schwere und zehn Meter hohe Weihrauchbaum-Skulptur aus Edelstahl<br />
die Gäste begrüßt – und setzt sich fort in den Zimmern und Suiten, wo<br />
sich das Meer und die nahe gelegenen Berge, Höhlen und Wüsten im<br />
Design widerspiegeln. Besonders cool ist der sage und schreibe 1.800<br />
Quadratmeter große Pool am Strand, wo Gäste zu DJ-Livemusik chillen.<br />
www.w-hotels.marriott.com/de-DE<br />
KINDHEITSTRAUM : Als Autor Norbert Eisele-Hein als Kind zum ersten Mal Lawrence von Arabien sah, wusste er, dass er einmal in diese Wüste<br />
<strong>reisen</strong> wollte. Nun erfüllte er sich seinen Traum von einer Reise nach Jordanien. S. 66 – DAS UNBEKANNTE EMIRAT: Ras Al Khaimah im Norden<br />
der Vereinigten Arabischen Emirate ist noch ein echter Geheimtipp. Dabei gibt es hier die längste Zipline der Welt. S. 76<br />
frühling 2016<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
65
text & fotos<br />
Norbert B<br />
Eisele-Hein<br />
WÜSTE,<br />
WADIS,<br />
WELT-<br />
WUNDER<br />
Märchenhaftes Jordanien – wo Lawrence<br />
von Arabien einst vom Kamel fiel und Indiana Jones<br />
bereits die Peitsche schwang, offenbaren endlose<br />
Sandwüsten, tosende Wasserfälle und Petra,<br />
die rosarote Felsenstadt der Nabatäer,<br />
betörend schöne Trekkingtouren.<br />
66 herbst <strong>2019</strong>
ORIENT | Jordanien<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> 67
»Lawrence von Arabien« war mein erster Film im Cinemascope-Format.<br />
Auf Zehenspitzen bin ich damals an der Kinokasse vorbeigetänzelt.<br />
Schließlich stand auf den Plakaten klar und deutlich ab zwölf Jahren,<br />
und ich war gerade mal acht. Nervös baumelten meine Beine im<br />
Rasiersitz der vordersten Reihe. Mit weit geöffnetem Mund und Augen<br />
erlebte ich Sir Peter OToole in seiner Kultrolle als britischen Offizier<br />
LThomas Edward Lawrence. Braun gebrannt und mit stechend blauen<br />
Augen führte er die arabischen Stämme zum Sieg über die osmanische<br />
Besatzungsmacht. An seiner Seite kämpften der schöne Omar Sharif<br />
und der ungestüme Anthony Quinn, der Auda, den Stammesfürsten<br />
der Howeitat mimte.<br />
Gnadenlose Action in der Wüste und monumentale Aufnahmen einer<br />
mir völlig unbekannten Welt aus ewigem Sand, gleißender Sonne<br />
und mächtigen Gebirgen ließen mein kleines Abenteurerherz frohlocken.<br />
Schon im zarten Kindesalter stand fest: Da musst du mal hin!<br />
Taucher schätzen den Korallenreichtum des Roten Meeres im Süden<br />
bei Aqaba, doch ansonsten zieht es meist nur klassische Trümmertouristen<br />
nach Jordanien. Die meisten davon über christliche<br />
Bibelkreise motiviert: Jesus wurde im Jordan von Johannes getauft,<br />
Moses schlug bei Wadi Musa mit seinem Stab Wasser aus dem Felsen,<br />
Lots Frau erstarrte an den Ufern des Toten Meeres zur Salzsäule, wie<br />
im ersten Buch Mose zu lesen ist …<br />
Eine runde Sache: Der mächtige<br />
Steinbogen Al Kharza im Wadi Rum<br />
lässt sich mühelos erklimmen.<br />
68<br />
herbst <strong>2019</strong>
Gute Aussichten:<br />
Für das Felsenfenster<br />
Al Borg Alsagheer<br />
müssen Trekker kurz<br />
mal die Hände zu<br />
Hilfe nehmen beim<br />
Hochsteigen, dafür<br />
reicht der Blick<br />
weit in die Wüste<br />
zu den Drehorten<br />
von »Lawrence von<br />
Arabien«.<br />
ORIENT | Jordanien<br />
Wir wollten das Märchenland im Nahen Osten mit den Wanderschuhen<br />
erkunden. Und so viel vorweg: Berge, Schluchten, Canyons, Wüste<br />
und das Rote Meer bieten dafür beste Bedingungen.<br />
Zur Akklimatisation an die fremden Sitten streifen wir zuerst<br />
durchs Zentrum von Amman, der Hauptstadt von Jordanien. Alte<br />
Männer sitzen beim Backgammon oder rauchen eine Shisha, eine Wasserpfeife.<br />
Die einen diskutieren lautstark und gestenreich das Spiel,<br />
die anderen scheinen mit dem Tabakrauch im Nirwana abzutauchen.<br />
Dazwischen wuseln junge Kellner mit Tabletts voller Tee- und Kaffeegläser.<br />
Andere hantieren kunstvoll mit dem Nachschub glühender<br />
Kohlen für die Wasserpfeifen. Auf den ersten Blick wirkt alles wie ein<br />
heilloses Durcheinander. Aber das Chaos hat Prinzip. Wer genau hinsieht,<br />
wird feststellen, dass der tausendfach wiederholte Ablauf der<br />
Geschehnisse eine spezielle Form arabischer Meditation darstellt.<br />
Eine satte Rampe bringt uns in gut 15 Minuten Fußmarsch auf den<br />
Zitadellenhügel über der Stadt. Zwischen den Überresten der im zweiten<br />
Jahrhundert von Kaiser Marc Aurelius erbauten Tempelanlage lauschen<br />
wir dem markerschütternden Schrei des Muezzins – arabischer<br />
Soulfood für Leib und Seele. Weit reicht der Blick über die restlichen<br />
sechs Hügel der Metropole. Etwas unterhalb fällt sofort das antike<br />
Theater auf. Zu Zeiten der römischen Besatzung, als Amman noch<br />
Philadelphia hieß, fasste es 6.000 Zuschauer. Die kolossale Arena ist<br />
Klimperkasten: Die einseitige Fidel des Beduinen sorgt<br />
nicht unbedingt für virtuose Klänge, aber mit dem Sprechgesang<br />
sorgt es für die passende Wüstenstimmung.<br />
69
WER GENAU HINSIEHT,<br />
WIRD FESTSTELLEN,<br />
DASS DER TAUSENDFACH<br />
WIEDERHOLTE ABLAUF<br />
DER GESCHEHNISSE<br />
EINE SPEZIELLE FORM<br />
ARABISCHER MEDITATION<br />
DARSTELLT.<br />
Filmreif: Vor dem<br />
Schatzhaus »Khazne<br />
al-Firaun«, dem Glanzstück<br />
der Felsenstadt<br />
Petra, durfte Harrison<br />
Ford alias Indiana<br />
Jones bereits die<br />
Peitsche schwingen.<br />
70 frühjahr herbst 2018 <strong>2019</strong>
ORIENT | Jordanien<br />
noch prächtig erhalten. Umrahmt von Verkehrstrubel und Werbeplakaten<br />
wirkt sie wie eine Spiegelung aus längst vergangenen Tagen.<br />
Eine ausgedehnte Wüstenschleife bringt uns zu den ca. 100 Kilometern<br />
östlich von Amman gelegenen Omayyaden-Schlössern. Sinn<br />
und Zweck dieser völlig abgelegenen Bauwerke sind bis heute nicht<br />
ganz geklärt. Von einer mobilen Hofhaltung zur besseren Kontrolle<br />
der Nomaden und zur Sicherheit vor der seuchengebeutelten Großstadt<br />
ist die Rede. Viele Forscher sind jedoch der Meinung, dass es<br />
sich schlichtweg um frühislamische Lustschlösschen handelte. Jedenfalls<br />
sprechen die frivolen Fresken über Wein, Weib und Gesang<br />
Klartext darüber, dass die aus Damaskus stammenden Omayyaden im<br />
siebten und achten Jahrhundert das Bilderverbot des Islams nicht ganz<br />
so eng sahen.<br />
Die gut 1.200 Höhenmeter lange Abfahrt mit dem Mietwagen zum<br />
Toten Meer entpuppt sich als bestes Autokino. Zwischen Granitblöcken<br />
und schwarzen Basaltbändern lenken wir eine Kehre nach der<br />
anderen zu Tal. Bei gut 35 Grad im Schatten träumen wir insgeheim<br />
schon von einem Sprung in die kühlen Fluten. So salzig wird das Wasser<br />
schon nicht sein. Palmen, Sonnenliegen und Strandkörbe zeichnen<br />
sich im flirrenden Wüstenstaub ab, steigern unsere Erwartungen.<br />
Doch 30 Prozent Salzgehalt vereiteln jegliche Erfrischung. Das Wasser<br />
hilft zwar wirksam gegen diverse Hautkrankheiten, aber schon der<br />
kleinste Tropfen »Totes Meer« auf der Zunge oder gar in den Augen<br />
brennt wie die Hölle. Dafür beschert uns der enorme Auftrieb die klassischen<br />
Aufnahmen, wie wir in aller Seelenruhe Zeitung im Meer lesen<br />
können. Und somit wird der mit 420 Meter unter Null tiefste Punkt<br />
unseres Planeten trotz allem ein Höhepunkt unserer Reise. Tipp: Im<br />
nahen Wadi Mujib lässt es sich unbeschwert wandern und plantschen.<br />
Das steil zu Tal fallende Süßwasser hat einen bizarren Canyon mit<br />
Wasserfällen, Stromschnellen und Gumpen freigespült.<br />
Heute stehen ein paar Stunden Autofahrt auf dem Programm. Auf halbem<br />
Weg zwischen dem Toten Meer und dem Golf von Aqaba steuern<br />
wir zunächst Richtung Dana – in ein 308 Quadratkilometer großes<br />
Biosphärenreservat. Vom Rummana Camp auf bald 1.400 Metern Seehöhe<br />
windet sich der White Domes Trail über volle acht Kilometer<br />
zwischen und über unzählige versteinerte Kamelbuckel hinweg. Eine<br />
echte Sahneschnitte für Trekker. Überwältigend – der Ausblick auf<br />
die Wüste und die 'Domes', die vom Weltall wohl aussehen wie ein<br />
Schokoigel mit puderzuckerbesprenkelten Stacheln. »Hier gibt es ein<br />
paar Flecke, wo schon König Hussein und seine Gemahlin Noor gerne<br />
ungestörte Stunden verbrachten,« plaudert unser Guide Suleyman aus<br />
dem Nähkästchen und adelt das Terrain damit einmal mehr.<br />
Tags darauf kurven wir in das Hochland von Edom nach Petra. Erst<br />
1812 entdeckte der Schweizer Johann Ludwig Burckhardt die von<br />
mächtigen Felsriegeln hervorragend versteckte rosarote Felsenstadt<br />
der Nabatäer wieder. Die bizarre Felsenwelt liegt strategisch günstig<br />
an der historischen Weihrauchstraße. Dieser Standortvorteil gepaart<br />
mit einer geschickten Handels- und Zollpolitik verhalf den Nabatäern<br />
zu erklecklichem Reichtum. Petras Felsenwelt aus Canyons und Bergrücken<br />
wurde nur mithilfe von Hammer, Meißel und dank einer unglaublichen<br />
Künstlerschaft zu einer Großstadt mit Wassersystemen,<br />
riesigen Kirchen, Theatern und Grabkammern. Das Unesco-Weltkulturerbe<br />
wurde am 07.07.2007 in Lissabon auch zu einem der sieben<br />
Weltwunder der Neuzeit gekürt. Als Glanzlicht der versunkenen Zivilisation<br />
gilt das »Khazne al-Firaun«. Dieses Schatzhaus wird regelmäßig<br />
von Hollywood frequentiert. Harrison Ford durfte vor der berühmten<br />
Fassade die Schlussszene für seinen Kassenknüller »Indiana<br />
Jones und der letzte Kreuzzug« drehen. Die Treppenwege und Trails<br />
bis zum Kloster »Ad Deir« verlaufen zwischen 800 und 1.350 Metern<br />
Seehöhe und sind ein Paradies für Wanderer. Etwas außerhalb, bei<br />
Die Füße hochlegen: Im Toten Meer ist das<br />
Abtauchen schier unmöglich – somit lässt sich<br />
dank des Auftriebs auch gemütlich Zeitung lesen.<br />
sommer 2016<br />
71
ORIENT | Jordanien<br />
EINE WÜSTENNACHT<br />
UNTER FREIEM STERNENHIMMEL<br />
ZU VERBRINGEN IST AUF JEDEN<br />
FALL EIN MUSS.<br />
Foto: John Mark Conklin/Shutterstock.com<br />
Klein-Petra wartet eine weitere Mondlandschaft aus unzähligen Hügeln.<br />
Auf der rauen Oberfläche der versteinerten Dünen haften die<br />
Wanderschuhe wie Marmelade an den Fingern. Somit lassen sich<br />
selbst enorme Steigungen spielend meistern. Fototipp: der Elefantenfelsen<br />
direkt neben der Verbindungsstraße.<br />
Im Wadi Rum, wo ein Großteil des Filmepos Lawrence von Arabien<br />
an Originalschauplätzen gedreht wurde, gibt es auch heute noch kaum<br />
Touristenrummel. Das Land gehört, wie schon zu Zeiten Lawrence’,<br />
immer noch den Howeitat. Der stolze Beduinenstamm vermietet heutzutage<br />
Kamele, Pferde und Landcruiser für Trips in die Wüste und zu<br />
den grandios gelegenen Wüstencamps. Hohe Temperaturunterschiede<br />
und die ständig nagende Erosion haben diese vor 30 Millionen Jahren<br />
entstandene Bergwüste zu einem fantastischen Felsenzirkus geformt.<br />
Zwischen den mehrere Hundert Meter steil aufragenden Felsen haben<br />
sich sogar weit ausladende Steinbögen gebildet, die wir problemlos<br />
überschreiten können. Etwas Schwindelfreiheit vorausgesetzt. Aber<br />
Vorsicht. Ein paar Kurven zu viel, dazu ein kleiner Sandsturm, und die<br />
Orientierung ist im Eimer. Wer unbeschwert wandern und entdecken<br />
will – ohne Gefahr zu laufen, dabei zu verdursten –, sollte unbedingt<br />
mit seinem beduinischen Führer zu den schönsten Plätzen des Wadis<br />
fahren und genaue Absprachen treffen oder GPS-Daten vereinbaren.<br />
Eine Wüstennacht unter freiem Sternenhimmel zu verbringen ist<br />
auf jeden Fall ein Muss. »Der Sternschnuppenhagel über dem Wadi<br />
Rum schlägt jeden Blockbuster mit Leichtigkeit«, erklärt uns Ali Nawafleh<br />
mit einem verklärten Blick in die Nacht. Er hat erst Ende 2016<br />
sein geniales Wadi Rum Night Luxury Camp frisch aus der Wüste gehoben.<br />
Die aufblasbaren Zimmer mit ihren durchsichtigen Kuppeln<br />
gewähren selbst in der Horizontalen vollen Einblick in die Milchstraße.<br />
Schon jetzt übertrifft Jordanien, vor allem das Wadi Rum und Petra,<br />
unsere kühnsten Erwartungen. Mein persönlicher Kindheitstraum<br />
von einst hat sich voll erfüllt. Und auch der halbwegs Erwachsene in<br />
mir grinst breit und zufrieden.<br />
Am Ziel in Aqaba und somit wieder auf Meereshöhe haut uns die<br />
Hitze schier aus den qualmenden Socken. Um 22:30 Uhr zeigt das<br />
Thermometer immer noch 32 Grad Celsius. Vielleicht war das auch<br />
der Grund für Lawrence’ größte Schlappe. In seinem Buch »Die sieben<br />
Säulen der Weisheit«, einem Meisterwerk über die arabische Volksseele<br />
und die eiskalte Kolonialpolitik der Engländer, schildert er minutiös<br />
den Sturm auf Aqaba und damit die Vertreibung der Osmanen. Allerdings<br />
verschweigt er galant, dass er schon zu Beginn der Schlacht vom<br />
Kamel fiel. Erst nach siegreicher Beendigung des Gemetzels erwachte<br />
er im Wüstenstaub aus seiner Ohnmacht.<br />
INFO<br />
Nützliche Infos liefert das Fremdenverkehrsamt von Jordanien unter<br />
www.visitjordan.com und www.facebook.com/jordanienerleben<br />
FLUG Royal Jordanian Airlines, Kaiserstr. 3, 60311 Frankfurt/M.,<br />
Tel. 069/231853, www.rj.com/de<br />
Direkt von Frankfurt, München oder Berlin in ca. 4,5 Stunden,<br />
ab ca. € 400. Tipp: Inlandsflug nach Aqaba oder Amman gleich<br />
mitbuchen!<br />
TOURENVERANSTALTER Tischler Reisen bietet Kultur- und<br />
Wandertouren durch Jordanien mit verschiedenen buchbaren<br />
Modulen, interessant auch der Besuch einer Frauenkooperative<br />
und der Besuch eines Waisenhauses. Tel. 08821-9317-0,<br />
info@tischler-<strong>reisen</strong>.de,<br />
www.tischler-<strong>reisen</strong>.de/rund<strong>reisen</strong>/orient/<br />
jordanien/hohepunkte-jordaniens.html<br />
Den <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>-Guide finden<br />
Sie unter www.<strong>reisen</strong>exclusiv.com/<br />
guide-jordanien<br />
Illustration: Daniel Wiedeman/Shutterstock.com<br />
72<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
herbst <strong>2019</strong>
Traditionell auf<br />
dem Esel reiten<br />
und währenddessen<br />
noch<br />
ein paar Whats-<br />
App-Texte<br />
schreiben … die<br />
Beduinen Guides<br />
von Petra gehen<br />
mit der Zeit.<br />
Die schneidig<br />
herausgeputzte<br />
Beduinen-Polizei<br />
Petras sorgt dafür,<br />
dass übermütige<br />
Touristen nicht<br />
allzu wagemutig<br />
im Weltkulturerbe<br />
umherkraxeln<br />
und steht stets<br />
für Auskünfte zur<br />
Verfügung.<br />
Fragile Schönheiten: In den Omayyaden-Schlössern zeugen<br />
Fresken von buntem Treiben mit Wein, Weib und Gesang.<br />
herbst <strong>2019</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
73
STOPOVER IN DER<br />
KULTURHAUPTSTADT DER<br />
GOLFREGION<br />
Hayyakum! – Willkommen in Qatar! Der Staat auf der Arabischen Halbinsel zieht als beliebtes<br />
Stopover-Ziel eine stetig wachsende Zahl von internationalen Besuchern an. Die hochwertige Hotellerie,<br />
zahlreiche Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten, das ganzjährig sonnenreiche Klima sowie die arabische<br />
Kultur sorgen für ein abwechslungsreiches Urlaubserlebnis. Bei seiner touristischen Ausrichtung setzt<br />
Qatar vor allem auf Kunst und Kultur, was in der jüngsten Entwicklung des Landes unübersehbar ist.<br />
74
SPECIAL | Malediven ANZEIGE<br />
Fotos: Qatar National Tourism Council<br />
Sehenswürdigkeiten. Qatar bietet zahlreiche pittoreske Fotomotive:<br />
Die sieben Kilometer lange Uferpromenade Corniche, Moscheen, Museen<br />
und ausdrucksvoll geformte traditionelle Bauwerke wechseln sich<br />
ab mit modernen Einkaufszentren, grünen Parkanlagen, den lebendigen<br />
Gassen der Souks und den Dhauen (hölzerne Segelschiffe) in der Bucht<br />
vor der Hauptstadt. Im Rahmen einer geführten Stadtrundfahrt oder mit<br />
dem Anbieter Doha Bus lassen sich all diese Stationen bequem verbinden.<br />
Besonders zum Sonnenuntergang empfiehlt sich eine Fahrt mit einer<br />
Dhau, um das Panorama der erleuchteten Skyline vom Wasser aus<br />
zu bestaunen.<br />
Kultur. Die Museumslandschaft von Doha ist sehr vielseitig. Das vom<br />
französischen Architekten Jean Nouvel entworfene Nationalmuseum<br />
von Qatar wurde im Frühjahr dieses Jahres eröffnet. Das in seiner Form<br />
an eine Sandrose erinnernde Gebäude beherbergt eine Sammlung einzigartiger<br />
und umfassender Werke, von denen ein jedes einen Teil der<br />
Geschichte Qatars und seiner Menschen erzählt. Das Museum für Islamische<br />
Kunst (MIA) befindet sich in einem unverwechselbaren, vom Stararchitekten<br />
I. M. Pei entworfenen Gebäude auf einer künstlichen Insel<br />
an der Corniche. Die Ausstellung im Inneren zeigt einige der schönsten<br />
islamischen Kunstwerke und Objekte aus aller Welt. Im Herzen eines der<br />
ältesten Stadtviertel von Doha zeugen die Msheireb Museen von den Besonderheiten<br />
des Landes. Verteilt auf vier Gebäude, werden im Museumskomplex<br />
die Geschichte, Kultur und Entwicklung Qatars sichtbar gemacht.<br />
Moderne Kunst wird mitunter im Mathaf Arab Museum of Modern Art<br />
gezeigt, das mit temporären Ausstellungen lokaler Künstler immer wieder<br />
überrascht. Das Kulturdorf Katara bietet Örtlichkeiten für Events wie<br />
Theater- und Opernaufführungen, Konzerte und Filmfestivals. Aber auch<br />
wegen der Unterhaltungsangebote, des schönen Strands und der vielfältigen<br />
kulinarischen Angebote ist Katara einen Besuch wert.<br />
Lebendiges Erbe. Auf traditionelle Werte wie Gastfreundschaft und Höflichkeit<br />
wird in Qatar viel Wert gelegt. Im Souq Waqif erwartet Besucher<br />
eine lebhafte Atmosphäre: Das bunte Treiben der Händler mit einer Vielfalt<br />
an Farben, Klängen und Aromen, unzählige kleine Geschäfte, Restaurants<br />
und die vielen Einheimischen machen diesen Ort zu einem Lieblingsplatz<br />
vieler Besucher. Vor der Corniche erinnern die hölzernen Dhauen an Qatars<br />
Geschichte als Seefahrer- und Handelsnation. Traditionelle Freizeitbeschäftigungen<br />
wie Kamelrennen und die Falknerei sind äußerst beliebt.<br />
Auch das Kunsthandwerk sowie Musik und Tanz sind allgegenwärtig.<br />
Natur. Mit dem Binnenmeer Chaur al-Udaid dringt der Arabische Golf tief<br />
in die Wüste vor. Diese Wasserlandschaft im Südosten des Landes kann<br />
nur im Geländewagen querfeldein über die Dünen erreicht werden und lädt<br />
zum Baden ein. Mehrere qualifizierte Touranbieter vor Ort bieten halb- oder<br />
ganztägige Ausflüge in die Wüste sowie längere Touren mit Übernachtung<br />
unterm Sternenzelt an. Zu den weiteren Naturschönheiten Qatars gehören<br />
die imposanten, 40 Meter tiefen Fasergipshöhlen bei Dahl Al Misfir und die<br />
Mangrovenwälder von Al Thakira, in denen es sich wunderbar kajaken lässt.<br />
INFO<br />
Einreise leicht gemacht. Reisende aus über 85 Ländern können<br />
ohne Visum nach Qatar ein<strong>reisen</strong>. Die nationale Fluggesellschaft<br />
Qatar Airways fliegt Doha täglich von Frankfurt, München, Berlin<br />
und Wien sowie Zürich an (www.qatarairways.com). Weitere<br />
Informationen über Land und Leute unter www.visitqatar.qa<br />
Mit EWTC nach Qatar. 8-tägiger Aufenthalt im Sharq Village &<br />
Spa, A Ritz-Carlton Hotel inklusive Halbpension, Flug mit Qatar<br />
Airways und Privattransfers ab € 1.375. Beratung und Buchung per<br />
Telefon +49 (0) 221 80 11 12 0 sowie online unter www.ewtc.de<br />
herbst <strong>2019</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
75
B text<br />
Simone Sever<br />
WIE<br />
SAND<br />
AM<br />
MEER<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> hat Autorin<br />
Simone Sever in die Wüste<br />
geschickt. Anstatt den Kopf in<br />
den Sand zu stecken, taucht<br />
unsere Reporterin vor Ort<br />
in eine fremde Welt ein und<br />
träumt am Persischen Golf im<br />
nördlichsten Emirat Ras<br />
Al Khaimah von 1.000 Sandkörnern<br />
und einer<br />
arabischen Perle.<br />
76 herbst <strong>2019</strong>
ORIENT | Ras Al Khaimah<br />
Ein Meer aus Sand:<br />
So weit das Auge<br />
reicht, türmen sich<br />
die Sanddünen in<br />
Ras Al Khaimah.<br />
Dabei hat das Emirat<br />
weit mehr als Wüste<br />
auf Lager.<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> 77
ORIENT | Ras Al Khaimah<br />
DDrend das fein gemahlene Steinsediment im Licht der aufgehenden<br />
Der Sand, der durch die Finger rinnt, ist so weich wie Samt, und wäh-<br />
Drend das fein gemahlene Steinsediment im Licht der aufgehenden<br />
DSonne mit einem Farbspektrum von Terrakotta bis Rosarot erstrahlt,<br />
Dmalt die Hand wie ferngesteuert immer und immer wieder Zeichen<br />
Dder Unendlichkeit auf die Spitze der Wüstendüne. Es herrscht völlige<br />
DHarmonie im Hier und Jetzt. Nichts als Stille und Sand, sehr viel Sand.<br />
DZeit für Träume …<br />
D… etwa vom Sprung in einen Pool inmitten der Wüste. Von einem<br />
Dgroßzügigen Pavillon mit Holzintarsien, dessen arabeske Muster<br />
Ddie Märchen vom Orient erzählen könnten, von Schattenspielen der<br />
DEIN BAD IN DER WÜSTE<br />
DArabian Lights, Betten so weich, dass selbst eine Prinzessin auf der<br />
Erbse nichts zu beanstanden hätte, und von Laken aus allerfeinstem<br />
Damast. Von duftenden Blüten in lichtdurchfluteten Badezimmern so<br />
78<br />
herbst <strong>2019</strong>
Überflieger: Wer<br />
seinen Traum<br />
vom Fliegen<br />
wahr machen<br />
möchte, der sollte<br />
an der längsten<br />
Zipline der Welt<br />
2.830 Meter vom<br />
höchsten Berg<br />
der Vereinigten<br />
Emirate düsen.<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
79
FÜR MICH WAR ER<br />
EINE ART SUPERHERO,<br />
WIE AQUAMAN.<br />
Legenden: Früher war das Perlentauchen eine große<br />
Sache. Heute können sich auch Touristen auf der Suwaidi<br />
Pearl Farm auf Schatzsuche begeben.<br />
80<br />
frühjahr 2018
ORIENT | Ras Al Khaimah<br />
Die Picknicker: Wer sich nicht vor<br />
Sand im Sandwich scheut, kann<br />
es sich am Meer mit Köstlichkeiten<br />
gemütlich machen.<br />
groß wie Ein-Familienwohnungen in Hongkong … und tatsächlich: In<br />
der Wüste des Al Wadi Khadeja Rerservats werden Träume wahr, als<br />
drei elegante Oryxantilopen in Schwarz-Weiß livriert vor der Herberge<br />
warten. Auf dem Dach der Moon Bar sind die Sterne zum Greifen nah,<br />
leuchtet das Firmament und fügt den Träumen Sternschnuppenwünsche<br />
hinzu. Cinderella goes Orient irgendwo zwischen Realität und<br />
La La Land.<br />
1.000 TRÄUME IN EINER NACHT<br />
Ein Kaffee am nächsten Morgen öffnet die Augen und bringt die Erkenntnis:<br />
Das Ritz Carlton Al Wadi ist ein real gewordenes Traumhotel,<br />
auch für nur eine und keine zusätzlichen 1.000 Nächte, denn<br />
die Karawane zieht weiter. Ras al Khaimah hat noch ein paar Überraschungen<br />
im Programm.<br />
HIMMELSRITT<br />
Der Berg ruft, auch aus der Wüste heraus. 1.934 Meter ragt der Jebel<br />
Jais, die höchste Erhebung der Bergkette Ru'us Al Jibal, Ras al Khaimahs,<br />
ja sogar der Vereinigten Arabischen Emirate, in den Himmel<br />
über dem Wüstenstaat. Wer den Traum vom Fliegen träumt, der darf<br />
sich seit Februar 2018 zum Jebel Jais Flight, zum Rekordflug an die<br />
längste Zipline – eine stählerne Seilrutsche – der Welt hängen. 2.830<br />
Meter lang – und damit längst im Guiness-Buch der Rekorde eingetragen<br />
– fliegen Mutige bäuchlings und mit bis zu 150 Stundenkilometern<br />
sicher verzurrt durchs Tal. Helm, Sicherheitsbrille und -handschuhe,<br />
jede Menge Karabinerhaken und eine orangene Schutzhülle,<br />
die an Kleid und Teppich gleichermaßen erinnert – Aladdin lässt grüßen.<br />
Männer, Frauen, Jugendliche mit Nerven so dick wie die Stahlseile<br />
nutzen die Megarutsche der Macher von Toroverde. Wen der Mut<br />
am Ende doch verlässt, der fährt mit dem Auto zurück ins Tal des<br />
Hadschar-Gebirges, vorbei an steinernen Landschaften, Geröllteppichen<br />
und dem omnipräsenten Sand, der hier noch die Farbe der Steine<br />
trägt.<br />
RAS AL KHAIMAH KANN MEER<br />
Der Sand an den Ufern der Küste – übrigens mit einer Länge von<br />
insgesamt 64 Kilometern – strahlt hingegen perlweiß in der Mittagssonne.<br />
Das Meer indes schimmert gerade noch in sattem Grün und<br />
wechselt mit dem Sonnenstand sogleich in ein karibisch anmutendes<br />
Türkis, wobei die kleinen Wellenspitzen wie 1.000 Brillanten glitzern.<br />
Dabei ist das Juwel des Landes die arabische Perle. Die schmückende<br />
Meeresfrucht entsteht, in dem sich nur ein einziges Sandkorn zur richtigen<br />
Zeit, am richtigen Platz in einer Auster bettet. Mehr braucht es<br />
nicht, um etwas so Kostbares wie eine Perle entstehen zu lassen. Und<br />
Sand am Meer gibt es genug in Ras al Khaimah.<br />
DAS ERBE DER PERLENTAUCHER<br />
Mindestens so viele Geschichten erzählte auch einst ein Großvater<br />
seinem Enkel. Es waren die Erzählungen von Mohammed bin Abdulla<br />
Al Suwaidi, einem der letzten kommerziellen Perlentaucher der Al-<br />
Suwaidi-Familie, die – ähnlich wie ein Sandkorn in einer Auster – im<br />
Gedächtnis des jungen Abdulla Al Suwaidi einen ganz speziellen Platz<br />
fanden und zu etwas Besonderem heranwuchsen. »Mein Großvater<br />
nahm mich mit zum Hafen und erzählte mir von seinen Abenteuern<br />
und den tapferen Perlentauchern unserer Vorfahren. Für mich war er<br />
eine Art Superhero, wie Aquaman.« Täglich 50-, im besten Fall bis zu<br />
200-mal ließen sich die Perlentaucher der letzten Jahrhunderte mit<br />
Nasenclip aus Schildpatt, an Seilen und mit Steinen beschwert hinab<br />
in Poseidons Reich. Immer auf der Suche nach den schimmernden<br />
Schätzen des Meeres. Ein hartes, karges Leben, das die Männer an<br />
Bord der Dhauen führten. Die Arbeit erschöpfend, manchmal tödlich.<br />
Anfang des 20. Jahrhunderts änderte sich alles, als die Perlen aus dem<br />
Persischen Golf nicht mehr mit den Zuchtperlen aus Japan konkurrieren<br />
konnten. Perlentauchen kam aus der Mode.<br />
ZEIT UND EINE VISION<br />
Es brauchte Zeit und eine Vision für die Gegenwart. Der Enkel war<br />
erwachsen geworden. Abdulla Al Suwaidis engagierte Suche und seine<br />
passionierten Visionen haben nun der arabischen Perle die Zukunft<br />
geschenkt. Mit modernen Möglichkeiten und dem vererbten Wissen<br />
der Generationen von Perlentauchern in der Familie hat sich Al Suwaidi<br />
die Gewässer, in denen schon vor Tausenden von Jahren die ersten<br />
Prachtperlen gefunden wurden, zu eigen gemacht. Heute ermöglicht<br />
der Visionär, Schatzsuchenden und anderen Besuchern seine schwimmende<br />
Perlenfarm im kleinen Ort Al Rams zu besuchen, und hat daraus<br />
ein lukratives Business inklusive Freiluftmuseum entstehen las-<br />
herbst <strong>2019</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
81
ROOMSERVICE<br />
Fotos: ScottAWoodard, PR (2)<br />
BAUMHAUS-<br />
Dinner<br />
Hoch über den Wipfeln des alten Baumbestands<br />
im Herzen der Insel serviert<br />
das Küchenteam auf Wunsch ein siebengängiges<br />
Spezialmenü, das die Magie der Kulisse<br />
kunstvoll auf den Teller bannt. Prädestiniert für<br />
romantische Stunden unterm Sternenhimmel,<br />
belohnt das Treehouse im One & Only Reethi<br />
Rah all jene, die den Aufstieg auf sich nehmen,<br />
nicht nur mit Gaumenfreuden in absoluter<br />
Privatsphäre, sondern auch mit Logenplätzen<br />
für das allabendliche Schauspiel des<br />
Sonnenuntergangs über dem Indischen Ozean.<br />
www.oneandonlyresorts.com/de<br />
WERMUT<br />
OHNE<br />
WEHMUT<br />
Der eigene Wormwood Wagon ist<br />
seit Kurzem das Glanzstück in der<br />
Fontenay Bar im Fünf-Sterne-Superior-<br />
Hotel The Fontenay. Kreiert wurde<br />
das in der weltweiten Barszene bisher<br />
einzigartige Konzept von Bar Manager<br />
Sebastian Schneider. Die Besonderheit<br />
liegt im Spiel von De- und Rekonstruktion.<br />
Denn der Wormwood Wagon<br />
präsentiert die einzelnen Komponenten<br />
– quasi die DNA von Wermut rund um<br />
Bitterkeit, Süße und Kräuter. Am Tisch,<br />
vor den Augen des Gastes, werden die<br />
individuellen Ingredienzien wieder nach<br />
Geschmack des Gastes zusammengesetzt.<br />
www.thefontenay.com<br />
We love Wa Ale<br />
Feine Sandstrände, steile Felsen,<br />
dschungelbewachsenes Hinterland<br />
und eine unbeschreibliche<br />
Unterwasserwelt: Das erwartet die<br />
Gäste der nur 14 Villen, die sich<br />
harmonisch in die Natur einfügen<br />
und fast ausschließlich aus<br />
recycelten Materialien bestehen.<br />
On top gibt es Inselabenteuer,<br />
eine fantastische Unterwasserwelt<br />
und Dschungelfeeling. Wir wollen<br />
dahin! https://waaleresort.com<br />
TIERPARADIES: Redakteurin Linda war auf Safari in Südafrika. Bei ihrem Besuch im Sabi Sabi Private Game Reserve sah sie in nur einem Tag<br />
alle »Big Five« und noch viel mehr. S. 84 – FAULENZERIN: Autorin Susanne wollte ihre Zeit auf den Malediven eigentlich dafür nutzen, ihr Mailpostfach<br />
zu entrümpeln. Doch dann kam alles anders. S. 92 – GUT GERÜSTET: Diese Sonnencremes schützen nicht nur vor Sonnenbrand, sie sind<br />
auch völlig unschädlich für Korallen – perfekt zum Schnorcheln. S 98. – GÖTTLICH: Autorin Simone Sever legte für uns einen Hotelmarathon hin.<br />
Im Costa Navarino ließ sie sich mit griechischen Köstlichkeiten verwöhnen, zu lesen ab S. 102 – MEERESBRISE: Auch an der Costa Brava wusste<br />
Simone zu entspannen, und zwar im Alàbriga Hotel & Home Suites. S. 106 – INTERNATIONAL: Chefredakteurin Jennifer kostete sich im asiatischen<br />
East Miami Hotel durch uruguayanische und israelische Küche. S. 110<br />
frühling 2016<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
83
ORIENT | Ras Al Khaimah<br />
Meeresglück: Die<br />
Austernperlen in<br />
Ras Al Khaimah<br />
sind eine Schönheit,<br />
und auch<br />
sonst bringt das<br />
Meer leckersten<br />
Fisch hervor.<br />
sen. Seine Leidenschaft und sein Stolz auf das Erbe seiner Vorfahren<br />
sind spürbar und mitreißend.<br />
METAMORPHOSE EINES SANDKORNS<br />
»Wer möchte eine Perle finden?«, fragt Al Suwaidi, gekleidet im langen<br />
weißen Gewand der Emirati, selbstsicher. Eine Besucherin erspäht<br />
im smaragdfarbenen Wasser rund um die schwimmende Perlenfarm<br />
eine auftauchende Schildkröte. Das Glück scheint ihr hold. Kurze Zeit<br />
später liegt strahlend weiß das Juwel des Meeres in ihrer Handinnenfläche.<br />
Schönheit liegt im Auge des Betrachters, denn perfekt ist die<br />
Metamorphose des Fremdkörpers in diesem Fall nicht, erklärt Abdulla<br />
Al Suwaidi und öffnet vor den Augen der staunenden Besucher eine<br />
märchenhafte Schatzkiste mit den allerschönsten Exemplaren aus<br />
dem Familienbesitz: Perlen in unterschiedlichsten Farben und Formen,<br />
glänzend silbrig, goldschimmernd, weich und rund und manchmal<br />
murmelgroß. Eine Misbaha, eine islamische Gebetskette aus perfekten<br />
Perlen und von unschätzbarem Wert. Meisterwerke, geboren<br />
in der Natur aus einem einzigen Sandkorn, das heutzutage auf der<br />
schwimmenden Perlenfarm lediglich wohlplatziert wird. Al Suwaidi<br />
lebt seinen Traum.<br />
Die Sonne brennt gnadenlos am wolkenfreien Himmel. Zeit, zurück<br />
an Bord der traditionellen Fischerboote zu gehen und auf den<br />
weichen orientalisch gemusterten Teppichen Platz zu nehmen. Die<br />
Hadschar-Berge im Rücken nimmt die hölzerne Dhau-Fahrt auf Richtung<br />
Hafen. Wer gute Augen hat, erkennt das eine oder andere Kamel<br />
am Ufersaum.<br />
TISCHLEIN, DECK' DICH!<br />
Im kleinen Örtchen Al Dhait North liegt gleich neben einer Kamelplastik<br />
der Eingang zum Restaurant Al Fanar. Um ein Land und seine<br />
Menschen kennenzulernen, sollte gegessen werden, was auf den Tisch<br />
kommt. Es sitzen hauptsächlich Männer im klimatisierten Restaurant<br />
unter einem ausladenden Mandelbaum. Die Damen der Gesellschaft<br />
nehmen in extra Familienräumen Platz. Anoop, der junge Kellner,<br />
trägt mit einnehmendem Lächeln auf: erfrischende Salate, gegrillte<br />
Meeresfrüchte, ganze Fische, Hühnchen-Kebap, Reis, Datteln … und<br />
als Dessert Eis aus Kamelmilch, das etwas salziger schmeckt als das<br />
europäische Milchspeiseeis und in Variationen daherkommt: mit Datteln,<br />
Safran, mit Pistazien … das Emirat Ras al Khaimah zeigt auch<br />
kulinarisch orientalische Vielfalt.<br />
In der Nacht wirbelt nur kurz ein kleiner Sandsturm durch die<br />
Straßen. »Mr. Sandman, bring me a dream!«<br />
INFO<br />
Umfassende Infos zu Ras Al Khaimah unter de.rasalkhaimah.ae<br />
FLUG mit Emirates bis Dubai. Mehrfach täglich ab Frankfurt,<br />
München, Hamburg, Düsseldorf.<br />
SCHLAFEN The Ritz-Carlton Ras Al Khaimah, Al Wadi Desert<br />
www.ritzcarlton.com, 5 Nächte in einer Al Rimal Pool Villa inkl.<br />
Frühstück ab € 1.024 pro Person buchbar, z.B. bei Dertour<br />
www.dertour.de<br />
Jebel Jais Flight www.jebeljaies.ae<br />
Suwaidi Perlenfarm www.suwaidi-pearls.com<br />
Restaurant Al Fanar www.alfanarrestaurant.com<br />
Fotos: Visit Ras Al Khaima (3), Simone Sever, Jonny Kennaugh, Zafeerah Heesambee, May Libertine, Illustration: New Line/Shutterstock.com<br />
82 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
herbst <strong>2019</strong>
ROOMSERVICE<br />
Sabi Sabi Private Game Reserve<br />
Sabi Sabi Private Game Reserve<br />
Südafrika<br />
84<br />
herbst <strong>2019</strong>
DASS REDAKTEURIN LINDA GLEICH NACH IHREM<br />
ERSTEN SAFARI-TAG DIE BIG FIVE VON IHRER BUCKET-<br />
LIST STREICHEN KANN, HÄTTE SIE NICHT GEDACHT.<br />
ELEFANT: CHECK. NASHORN: CHECK. BÜFFEL: CHECK.<br />
LEOPARD: CHECK. LÖWE: CHECK. DOCH EIN BESUCH IN<br />
DEN SÜDAFRIKANISCHEN SABI SABI LODGES STECKT<br />
EBEN VOLLER (TIERISCHER) ÜBERRASCHUNGEN.<br />
Kreis<br />
text Linda Ruckes<br />
D E R E W I G E<br />
85
ROOMSERVICE<br />
86<br />
herbst <strong>2019</strong>
BBlätterrascheln. Huch. Wo kommt das her? Ein zweites Rascheln. Was<br />
ist denn da? Plötzlich taucht ein langer gelber, braun gepunkteter Hals<br />
im Busch auf. Gerade erst hatten wir im Jeep Platz genommen und<br />
sind vom Skukuza Airport Richtung Earth Lodge aufgebrochen, als die<br />
ersten Giraffen unseren Weg kreuzen. Kopfhörer, Kindle, Notizblock,<br />
ja sogar meine Handcreme ziehe ich vor der Kamera aus den Tiefen<br />
meines Rucksacks. War ja klar, dass die sich in der untersten Ecke<br />
versteckt. Aber wer konnte schon ahnen, dass uns bereits nach 100<br />
Metern die ersten Tiere über den Weg laufen? Anfängerfehler.<br />
Sabi Sabi ist ein privates Wildreservat in Südafrika. Es ist Teil des<br />
Sabi Sands Game Reserves, das sich insgesamt auf 65.000 Hektar erstreckt<br />
und im Südwesten lediglich durch den Sabi River vom berühmten<br />
Kruger-Nationalpark getrennt wird. Eine Grenze gibt es nicht. Die<br />
Tiere können hier nach Lust und Laune hin- und herspazieren. Und mittendrin<br />
heißen vier luxuriöse Lodges Gäste in Sabi Sabi willkommen.<br />
»Here we are, welcome to Earth Lodge.« Verunsichert steige ich aus<br />
dem Jeep. Vergeblich versuchen meine Augen, ein Gebäude ausfindig<br />
zu machen. Nichts, ich sehe nichts als flaches, weites Land. Hier soll<br />
ein Hotel sein? Erneut drehe ich mich im Kreis. Dann sehe ich den<br />
Weg, der sich vor meinen Augen ins Erdreich schlängelt. Wow.<br />
Am anderen Ende spuckt uns der kleine Tunnel wieder aus. Vor<br />
mir breitet sich ein Meer aus südafrikanischer Steppe aus. Die unendliche<br />
Weite ist überwältigend. Und ich? Ich befinde mich irgendwie<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
87
ROOMSERVICE<br />
Sabi Sabi Private Game Reserve<br />
unter der Erde. Klingt skurril? Ist es auch! Unauffällig schmiegt sich<br />
die Lodge in die afrikanische Landschaft. Das Architektenteam um<br />
Mohammed Hans hat hier großartige Arbeit geleistet. Ein Großteil<br />
der Möbel wurde aus altem Treibholz hergestellt, das bei den Überschwemmungen<br />
im Jahr 2000 angespült wurde. Die 13 luxuriösen<br />
Suiten sind Termitenhügeln nachempfunden und nisten sich fast unsichtbar<br />
in die Steppenlandschaft ein.<br />
Die Lodge ist nicht eingezäunt. Wir sind zu Gast bei den wilden<br />
Tieren. Das bedeutet aber auch, dass hier zu jeder Tages- und Nachtzeit<br />
Tiere auf dem Grundstück umherlaufen können. Unsicherheit und<br />
Neugierde begleiten mich ab sofort auf jeden Schritt.<br />
16:30 Uhr. Zeit für meine erste offizielle Safari. Chané ist eine<br />
zierliche Frau, deren breites Lächeln mich schon aus der Distanz ansteckt.<br />
Die junge Südafrikanerin wird die nächsten Tage mit uns auf<br />
Safari gehen. Begleitet werden wir von Tracker Samson, der die Fährten<br />
lesen soll. Wie ich mich so fühle vor meiner ersten Safari? Euphorisch.<br />
Und mit einer Cargo-Hose, einem Jeanshemd und einem Hut<br />
bin ich zumindest klamottentechnisch bestens ausgestattet. Ach ja,<br />
Kamera nicht vergessen.<br />
Aufregung mischt sich unter die Euphorie, als Samson bereits nach<br />
den ersten Metern ins Dickicht deutet. Meine Augen wissen gar nicht,<br />
nach welchem Tier sie Ausschau halten sollen. Ein Impala huscht mir<br />
vor die Linse. Die kleinen Springböcke entdecken wir während unserer<br />
Safaris immer wieder.<br />
Keine zehn Minuten später hält Chané den Wagen an. Wildhunde.<br />
Was für die meisten jetzt erst mal unspektakulär klingen mag, ist<br />
in Wahrheit eine Besonderheit. Denn den Afrikanischen Windhund<br />
bekommt man hier nur selten zu Gesicht. Seit Jahren ist er stark ge-<br />
fährdet. Lediglich 400 Wildhunde sollen in dem Gebiet leben, erklärt<br />
uns Chané. »Manche Gäste waren bereits viermal hier in Sabi Sabi<br />
und haben nicht ein einziges Mal Wildhunde gesehen.« Und vor uns<br />
tummelt sich gleich ein ganzes Rudel verspielter junger Wildhunde.<br />
Stundenlang könnte ich den Jungen beim Spielen zusehen. Doch der<br />
Busch ruft.<br />
Impalas, Elefanten und Giraffen kreuzen immer wieder unsere<br />
Wege. Majestätisch stolzieren die Tiere durch die Landschaft. Und entgegen<br />
meiner Befürchtungen rattern in Sabi Sabi keine Jeep-Kolonnen<br />
durch die Büsche. »Wir dürfen mit unseren Jeeps nicht von den Hauptwegen<br />
abkommen,« erklärt uns Chané, als hätte sie meine Gedanken<br />
gelesen. »Schließlich wollen wir die Natur nicht unnötig zerstören.«<br />
Nur wenn die Tracker eindeutige Spuren der Big Five wahrnehmen,<br />
dürfen die Jeeps im Gebüsch auf Entdeckungsjagd gehen.<br />
Längst habe ich die Orientierung verloren, als Chané irgendwo im<br />
Nirgendwo den Wagen parkt. »Cocktail break«, schmunzelt Samson.<br />
Während Chané und Samson Cocktails mixen, kleine Snacks aufbereiten<br />
und für uns in die Kamera lächeln, genieße ich die abendliche<br />
Stimmung. Der Himmel ist bereits in ein pastellfarbenes Kleid getaucht,<br />
der nun seinen zarten Vorhang um die weite Landschaft legt.<br />
Gin Tonic with a view hat in diesem Zusammenhang eine ganz neue<br />
Bedeutung bekommen.<br />
Das Licht und die Ruhe, die diesen Ort umgeben, versetzen mich<br />
in einen wohligen Zustand. Friedlich, zumindest augenscheinlich, grasen<br />
Nashörner vor unseren Augen in der Dämmerung, ohne das Weite<br />
zu suchen. Niemand von uns sechs Safariteilnehmern sagt etwas.<br />
Worte sind überflüssig geworden, spiegelt sich in unseren strahlenden<br />
Gesichtern reine Glückseligkeit wider.<br />
Gemeinsamkeiten: Obwohl das Zebra mit dem Pferd verwandt ist, konnte es nie domestiziert werden.<br />
Der Afrikanische Wildhund, natürlich verwandt mit dem Hund, ist vom Aussterben bedroht.<br />
88 herbst <strong>2019</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>
Ihr Horn gil t<br />
in pulverisierter Form<br />
als Potenzmit tel.<br />
In Zeit en von Viagra<br />
unfassbar.<br />
sommer 2016<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
89
ROOMSERVICE<br />
Sabi Sabi Private Game Reserve<br />
Luxushöhle mit Aussicht. Die Earth Lodge im Sabi Sabi Private Game Reserve integriert sich exzellent in ihre Umgebung. So gut, dass die<br />
Tiere den Pool schon mal für ein Wasserloch halten.<br />
90<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
sommer 2016
Tiere in ihrem natürlichen<br />
Lebensraum zu beobachten, ist ein wahres<br />
Geschenk des Himmel s<br />
Fotos: Linda Ruckes (6), Sabi Sabi Private Game Reserve (3), Illustration: Kapreski/Shutterstock.com<br />
Mit zunehmender Dunkelheit habe ich endgültig die Orientierung verloren.<br />
Nicht mal mehr meine Fingerspitzen kann ich erahnen. Gerade<br />
habe ich den Reißverschluss zugezogen, um meine Kamera in der Tasche<br />
zu verstauen, als wir ein Fauchen hören. Was war das? Hätte mir<br />
vorher jemand gesagt, dass wir an diesem Abend Zeugen einer Leopardenpaarung<br />
sein werden, hätte ich ungläubig den Kopf geschüttelt.<br />
Dass ich überhaupt einen Leoparden sehen würde, hätte ich bis dato<br />
für ein Märchen gehalten. Und hier stehen wir nun. Ein paar Meter<br />
von unserem Wagen entfernt knurren Männlein und Weiblein um die<br />
Wette und zelebrieren ihre Begattung. Und meine Kamera? Die habe<br />
ich mal wieder nicht griffbereit.<br />
Erschöpft schließe ich am Abend die Vorhänge, knipse alle Lichter<br />
aus und lasse mich ins Bett fallen. What a day! Plötzlich reißt mich<br />
ein Geräusch aus den Gedanken. Hastig schalte ich das Nachtlicht an<br />
und richte mich auf. Im Halbschlaf mäandere ich Richtung Terrasse<br />
und schiebe den Vorhang vorsichtig beiseite. Es dauert einen kurzen<br />
Moment, bis sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben. Im<br />
nächsten Moment nehme ich wahr, was auf meiner Terrasse – gleich vor<br />
meinen Augen – sein Unwesen treibt: ein Nilpferd. Offenbar kommt<br />
ihm das kalte Poolwasser sehr zugute, hat es die letzten Monate doch<br />
kaum geregnet.<br />
Auch, als ich zehn Minuten später wieder eingemummelt unter<br />
meiner Bettdecke liege, kann ich es immer noch nicht glauben. Ein<br />
Hippo auf meiner Terrasse, und keine Menschenseele weit und breit.<br />
Und mit diesem wohligen Gefühl, als würde mich das Nilpferd beschützen,<br />
schließe ich die Augen.<br />
05:30 Uhr. Es ist noch früh am Morgen. Nicht nur die Gäste der<br />
Lodge, auch das Wildlife in Sabi Sabi erwacht langsam zum Leben. Die<br />
ersten Insekten zirpen, die Büsche rascheln. Es kann losgehen. Auch<br />
an diesem sonnigen Morgen enttäuscht Sabi Sabi nicht.<br />
Zwei Minuten vorher noch hat sich der Jeep über schmale Wege gekämpft<br />
und einen ausgetrockneten Fluss überquert. Nun breitet sich<br />
eine Flughafenlandebahn vor unserem Wagen aus. Chané tritt etwas<br />
fester aufs Gaspedal. So fühlt sich also Sorglosigkeit an.<br />
Obwohl wir bereits viele Tiere zu Gesicht bekommen haben, lassen<br />
Aufregung und Spannung keinen Deut nach. Noch immer staune ich<br />
nicht schlecht, wenn eine kleine Elefantenherde aus dem Busch tritt<br />
oder wenn ich in weiter Ferne die Impalas umherirren sehe. Und doch<br />
haben wir eine letzte Mission. Denn der König der Tiere, der fehlt noch.<br />
Plötzlich gibt Samson Chané ein Zeichen. Sie bringt den Wagen<br />
zum Stehen. Normalerweise, das haben wir gleich zu Anfang gelernt,<br />
darf man im Jeep auf keinen Fall aufstehen, geschweige denn das Auto<br />
verlassen. Das ist oberste Safari-Regel. Doch die zwei ausgebildeten<br />
Ranger wissen, was sie tun. Neugierig gehen sie Spuren nach, Samson<br />
geht immer weiter aufs Feld hinaus. Welche Spuren sie wohl entdeckt<br />
haben? Dann meldet sich das Walkie-Talkie zu Wort. Chané pfeift<br />
Samson zurück in den Wagen und gibt Gas.<br />
Zwanzig Minuten später bin ich kaum in der Lage, abzudrücken<br />
und ein Foto zu schießen. Vier Löwinnen haben es sich auf einem Hügel<br />
gemütlich gemacht und posen nahezu für schaulustige Menschen<br />
wie mich. Die königlichen Kreaturen aalen sich im Sonnenlicht, dass<br />
ihr beigefarbenes Fell gold glänzen lässt. Erhaben blickt eine Löwin<br />
in die Kamera. Oder bilde ich mir das nur ein? »Das werden tolle Fotos«,<br />
höre ich eine junge Dame aus dem benachbarten Jeep sagen. Sie<br />
könnte sicherlich ein Daumenkino basteln, so oft wie sie ihre Handytaste<br />
betätigt. Doch kein Foto der Welt könnte diese Situation, dieses<br />
Gefühl, das ich verspüre, auch nur ansatzweise wiedergeben. Schließlich<br />
geht es nicht darum, das tollste Foto geschossen zu haben. Auch<br />
nicht darum, die Big Five von irgendeiner Liste abzuhaken. Es geht<br />
darum die Tiere auf unserem Planeten in ihrer ursprünglichsten Form<br />
zu sehen. Ein Gechenk, das wir schätzen sollten. Mit diesem Gedanken<br />
verschwindet meine Kamera in den Tiefen meines Rucksacks. Die<br />
brauche ich vorerst nicht mehr. Denn die Erinnerungen, die hüte ich<br />
in mir wie einen Schatz, den mir Sabi Sabi schenkte.<br />
INFO<br />
ANREISE South African Airlines fliegt täglich von München oder<br />
Frankfurt nonstop nach Johannesburg. Von dort geht es in einer<br />
kleinen Maschine weiter Richtung Skukuza Airport. Die Flugzeit<br />
beträgt circa eine Stunde. www.flysaa.com<br />
Sabi Sabi Private Game Reserve. Vier luxuriöse Lodges liegen<br />
im Sabi Sabi Private Game Reserve: Selati Camp, Bush Lodge,<br />
Little Bush Camp und die Earth Lodge. Sabi Sabi setzt sich seit<br />
über 40 Jahren für einen verantwortungsvollen Umgang mit<br />
Natur, Mensch und Tier ein. www.sabisabi.com<br />
Earth Lodge. 13 Luxussuiten, für deren Bau ausschließlich<br />
natürliche Materialien verwendet wurden. Die Earth Lodge verfügt<br />
als einzige Lodge in Sabi Sabi über ein Spa. Übernachtung<br />
in einer Luxury Suite ab € 1.338 pro Person pro Nacht inklusive<br />
Safaris, Mahlzeiten, alkoholfreien Getränke, Transfer zum<br />
Skukuza Airport und Steuern.<br />
herbst <strong>2019</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
91
ROOMSERVICE<br />
Oblu Select at Sangeli<br />
text Susanne Wess<br />
D I E E N T D E C K U N G<br />
der Stil le<br />
Oblu Select at Sangeli<br />
Malediven<br />
92<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> herbst <strong>2019</strong>
DIE MALEDIVEN GELTEN ALS DAS URLAUBSPARADIES<br />
SCHLECHTHIN. WAS ABER, WENN MAN EINE LANDRATTE IST,<br />
DIE AM LIEBSTEN STEILE BERGE ERKLIMMT, AUF STÄDTETRIPS<br />
STEHT UND BEIM SCHNORCHELN ALLENFALLS IN DEN GENUSS<br />
EINER MEERWASSER-NASENDUSCHE KOMMT? URLAUBSZIEL<br />
VERFEHLT, HIER IM OBLU SELECT AT SANGELI? STIMMT NICHT –<br />
DIE MALEDIVEN SIND IDEAL FÜR EINE HYPERAKTIVE WIE MICH …<br />
KLINGT SELTSAM, STIMMT ABER.<br />
93
ROOMSERVICE<br />
Oblu Select at Sangeli<br />
Fishing ‘n‘ Mails:<br />
Eigentlich wollte Autorin<br />
Susanne Wess in ihrer<br />
Zeit auf den Malediven ihr<br />
elektronisches Postfach<br />
aufräumen. Doch dann<br />
verfiel sie den paradiesischen<br />
Aussichten über<br />
und unter Wasser.<br />
Allein beim Blick auf die Landkarte formten<br />
sich vor meinem geistigen Auge jede Menge<br />
Fragezeichen. Acht Flugstunden, nur um<br />
dann auf einem Sandhügel am anderen Ende<br />
des Erdballs im Oblu Select at Sangeli zu sitzen?<br />
Warum das? Und warum ausgerechnet<br />
ich? Wo ich doch beim letzten Strandurlaub<br />
spätestens nach zwei Stunden auf einer Sonnenliege<br />
wie ein Huhn mit den Füßen im Sand gescharrt<br />
und den Tauchkurs bereits im Hotel-Pool für<br />
beendet erklärt habe? Weil die Malediven ein Muss sind,<br />
eine Traumdestination, die man als Reisejournalist zumindest einmal<br />
im Leben gesehen haben muss. Romantik und Erholung pur. Und man<br />
will ja schließlich mitreden können.<br />
NACH ANKUNFT AB AUF SPEEDBOATS<br />
ODER WASSERFLUGZEUGE<br />
Nach der Ankunft am überschaubaren Flughafen Malé werden die<br />
Gäste von zahlreichen Herren in bunten Polohemden mit Resort-Emblem<br />
zügig auf Speedboats und Wasserflugzeuge und weiter auf über<br />
100 Touristeninseln der insgesamt 26 Atolle verteilt. »Unsere« Insel<br />
liegt im Nord-Malé-Atoll und damit nur 50 Minuten per Schnellboot<br />
vom Flughafen entfernt. Gekonnt jagt der junge Kapitän das Boot über<br />
die Wellen, die Schiffsjungs grinsen zufrieden unter ihren dunklen<br />
Sonnenbrillen, ich halte die Krempe meines Strohhuts fest und denke:<br />
»Na gut, eine Woche Strandurlaub – natürlich mit WLAN im gesamten<br />
Resort –, da kannst du endlich mal deine alten Mails aufarbeiten.«<br />
Und wie ich so im Kopf durchgehe, was ich alles beackern könnte, sehe<br />
ich in der Ferne unser Resort auf der Insel Sangeli. Ein palmenbewachsenes<br />
Stück Paradies, eine Doppelinsel, wo sich auf einer Seite die Overwater-Villen<br />
sichelförmig wie ein Halbmond über dem Wasser aufreihen.<br />
»Wow, das hat schon was – so direkt über dem Meer wohnen und<br />
abends womöglich das leise Rauschen des Wassers hören«, schießt<br />
es der Landratte unwillkürlich durch den Kopf. Bei der Ankunft steht<br />
die gesamte weiß gekleidete Resort-Crew zu<br />
landestypischen Trommelklängen am Steg<br />
und nimmt uns mit Blumenkränzen, einem<br />
breiten Lächeln und einem kühlen Getränk<br />
in Empfang. Viele sind barfuß und in Shorts<br />
– da fühlt man sich in Flip-Flops und langem<br />
Sommerkleid fast overdressed. Urlaubsfeeling<br />
kommt auf.<br />
GESPANNT, ABER NOCH NICHT<br />
ENTSPANNT IM OBLU SELECT AT SANGELI<br />
In kleinen Elektrowägelchen werden wir in unsere De-luxe-Villa mit<br />
Pool gefahren. Klar, dass ich als Daueraktive gleich nach dem WLAN-<br />
Passwort frage, um ja keine Mail, keinen Auftrag zu verpassen. »Kein<br />
Problem, Sie können überall online surfen, aber das werden Sie sicher<br />
nicht«, versichert mir unser Begleiter grinsend. Na, mal sehen. Da sich<br />
die Sonne über Sangeli im Winter bereits früh verabschiedet, sind wir<br />
schnell in abendlicher Cocktail-Laune.<br />
Ab an die Hotelbar am Strand, rein in die Hängematte und Gin<br />
Tonic ins Glas. Herrlich, wenn man so da liegt und mit zunehmender<br />
Dunkelheit immer mehr Sternengebilde am Himmel entdeckt. Ich<br />
werfe einen verstohlenen Blick auf die jungen Pärchen neben mir und<br />
frage mich ernsthaft: Wie kann man nur so stur auf seinem Smartphone<br />
rumklimpern, wo man hier mitten im Paradies ist? Ja, ich habe<br />
tatsächlich »Paradies« gedacht – Sternenhimmel, Meeresrauschen und<br />
die im Preis inbegriffenen Cocktails sind ein verdammt guter Mix.<br />
Am nächsten Morgen schlafe ich bis halb zehn. Mag am Jetlag liegen<br />
– ich bin doch eigentlich Frühaufsteherin! Vielleicht liegt’s aber auch<br />
daran, dass hier morgens kein Müllwagen rumpelt und kein Nachbarskind<br />
lauthals seinen Unmut kundtut. Hier ist einfach nur Ruhe, Ruhe<br />
und die Brandung der Wellen. Zum Munterwerden hüpfe ich kurz in<br />
den Pool der Villa, um anschließend sofort die Füße ins Meer zu stecken.<br />
Die Einzigen, die am Strand geschäftig rumwuseln, sind kleine<br />
Taschenkrebse. Verführt vom Frühstücksbuffet, das auch typisch maledivische<br />
Morgenkost wie Thunfisch mit viel Chili und Kokos bereit-<br />
94<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> herbst <strong>2019</strong>
»UND WENN<br />
MICH EIN FISCH<br />
BEISST?«<br />
95
ROOMSERVICE<br />
Trubel, adé! Kein Kindergeschrei, keine Müllabfuhr, einfach nur Stille. Langweilig, dachte sich Autorin Susanne Wess.<br />
Bis sie von ihrem Speedboat aus das Oblu Select at Sangeli erblickte.<br />
hält, vergesse ich den morgendlichen Mailcheck und denke nur: hast<br />
ja den ganzen Tag Zeit …<br />
LANDRATTE MEETS WASSERRATTE<br />
Und deshalb schnappe ich mir erst einmal eines der türkisblauen Resort-Räder<br />
und erkunde die Insel. Die Rundfahrt dauert nur 20 Minuten:<br />
Ich strample gemächlich von der Bar »The Rock«, wo sich alle Romantiker<br />
zum Sonnenuntergang einfinden, über den Holzsteg, unter<br />
mir das disneyartig hellblaue Wasser, vorbei an den Overwater-Villen<br />
zur anderen Inselhälfte.<br />
Am Strand tummeln sich Schwärme pastellfarbener Kleinfische,<br />
denen chinesische Youngster im Neoprenanzug mit Schnorchel zu folgen<br />
versuchen. Ist anscheinend toll, was man hier alles unter Wasser<br />
sieht. »Vielleicht sollte ich doch mal, wenn ich schon hier bin …?«,<br />
denkt die Landratte, der man wohlweislich eine 1A-Schnorchelausrüstung<br />
in die Villa gelegt hat.<br />
Um den verkrampften Laptop-Nacken zu entspannen, buche ich<br />
erst mal ein Spa-Treatment und gönne mir im »One Banyan«, dem Inselteil<br />
nur für Erwachsene, einen Aperitif an der Bar. Irgendwie cool,<br />
dieses faule Rumhängen – und noch immer keine Mails gecheckt. Beim<br />
Zurückradeln komme ich am Tauchcenter vorbei, und da Tauchlehrerin<br />
Sandra Italienerin ist, also aus meiner Wahlheimat stammt, haben<br />
wir gleich ein Thema. Ja, und man ahnt es, mit Charme und Geschick<br />
hat sie mich für den Schnorchelausflug am Folgetag eingebucht …<br />
Sie wird schon sehen, was sie davon hat, wenn ich japsend an ihrem<br />
Bikinizipfel hänge, denke ich nach dem Abendessen mit indischem<br />
Curry, zu dem uns der Maitre tatsächlich einen deutschen Riesling kredenzt.<br />
In trauter Zweisamkeit lassen wir den Abend auf der Terrasse<br />
ausklingen. »Willst du ein wenig Musik?«, fragt der mit Bluetooth-Boxen<br />
ausgestattete moderne Mann. »Ach, nein, ist gerade so schön still …«<br />
DIE MIT DEN FISCHEN SCHWIMMT<br />
Auf dem Boot am nächsten Morgen sehe ich aus wie eine Art australisches<br />
Schnabeltier: T-Shirt, Bikini, Flossen und Schnorchelausrüstung<br />
auf der Stirn. Eine Stunde später gibt es kein Pardon mehr. Sandra lockt<br />
mich mit einem Rettungsring ins Wasser, ihre Hand an einer Seite,<br />
meine an der anderen. »Kopf gerade, Schnorchel nach oben, und wenn<br />
du müde bist, zieh ich dich.« Ein faires Angebot. »Und wenn mich ein<br />
Fisch beißt?« Ich ernte das Gelächter der gesamten Schnorcheltruppe.<br />
Und dann passiert’s: Sandra zieht mich sanft unter Wasser. Ich<br />
versuche ruhig zu bleiben, mache lange Atemzüge. Wie im Schwebezustand<br />
treiben wir vorbei an bizarren Korallenformationen, als ein<br />
zitronengelber Schwarm Minifische an mir vorüberzieht. Sandra kennt<br />
das Riff gut. Sie führt uns zu einer Stelle, wo es vor bunten Fischen geradezu<br />
wuselt: blau gestreifte Zackenbarsche, Kaiserfische, ein knallroter<br />
Feuerfisch, der aussieht wie ein Indianerhäuptling, schwarz-weiß<br />
gepunktete Drückerfische und leuchtend blaue Doktorfische tummeln<br />
sich hier – was für eine faszinierende neue Welt, die so gar nichts<br />
Beängstigendes hat.<br />
Vom Wasser getragen sind auch unsere Schwimmbewegungen: weich<br />
und sanft. Als dann noch ein Schwarm Anemonenfische auftaucht, die<br />
mich an »Nemo« erinnern, bin ich endgültig hin und weg. Was für eine<br />
neue Welt. Und so still. Genau wie abends, wenn man in den Sternenhimmel<br />
schaut. Ganz ohne Musik – und die Mails sind noch immer<br />
nicht gecheckt. Morgen ist auch noch ein Tag …<br />
INFO<br />
Das Vier-Sterne-Deluxe-Resort Oblu Select at Sangeli liegt<br />
an einigen der schönsten Tauch- und Schnorchelgebiete im<br />
gesamten Malé-Atoll und umfasst 137 frei stehende Villen,<br />
darunter 77 Overwater-Villen. Es bietet mit dem »Serenity<br />
Plan« ein echtes All-inclusive-Programm, verfügt über ein<br />
Hauptrestaurant, zwei À-la-carte Restaurants und zahlreiche<br />
Aktivitäten, die im Preis inbegriffen sind.<br />
Eine Woche für zwei Personen inkl. Flug, All-inclusive,<br />
Beachvilla kostet ab € 4.152, in der Overwater-Villa<br />
ab € 4.578. Mehr Infos und<br />
Buchung unter www.oblu-sangeli.com<br />
Den <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>-Guide finden<br />
Sie unter www.<strong>reisen</strong>exclusiv.com/<br />
guide-malediven<br />
Fotos: Oblu Select at Sangeli (5), Susanne Wess (2), Illustration: Kapreski/Shutterstock.com<br />
96 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
herbst <strong>2019</strong>
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Sehnsuchtsziel Malediven<br />
Ihr Anblick lässt schon beim Anflug aus der Luft das Herz hüpfen:<br />
Wie glitzernde Perlen liegen Hunderte kleiner Inseln mit ihren schneeweißen Stränden<br />
im strahlenden Blau des Indischen Ozeans. Und jede davon ist ein Paradies!<br />
In alten Zeiten galten die rund 1.200 Inseln der Malediven als tückische<br />
Hindernisse für Seefahrer. Heute strandet man hier mit voller Absicht!<br />
Wo die Palmen im Wind rascheln, die Strände mit dem Meer um die Wette<br />
glitzern und eine exotische Unterwasserwelt zu Entdeckungstouren<br />
einlädt, rückt der Alltag schnell in weite Ferne. Insbesondere, wenn man<br />
sich in exklusiven Hotels und Resorts mit erstklassigem Komfort und<br />
Service, eleganten Spas und exotischen Köstlichkeiten verwöhnen lässt!<br />
Eine der feinsten Adressen unter den rund 140 touristisch erschlossenen<br />
Malediveninseln ist das Constance Moofushi Maldives im Süd-Ari-<br />
Atoll. First-Class-Komfort und elegante Ausstattung gesellen sich in dem<br />
All-inclusive-Resort zu lässiger Barfuß-Atmosphäre. Das Restaurant Manta<br />
entführt die Gäste auf kulinarische Weltreise, und das exklusive U Spa<br />
verwöhnt seine Besucher mit wohltuenden Anwendungen auf Stelzen<br />
über dem Meer.<br />
Neben allem Luxus stehen auch soziale Verantwortung und Umweltbelange<br />
bei Constance Hotels & Resorts im Fokus: In vielen Resorts wird<br />
zum Beispiel das Trinkwasser selbst hergestellt und durch Hege und Neu-<br />
ansiedlung von Korallen aktiver Meeresschutz betrieben. Müllvermeidung<br />
und Recycling sind die Grundpfeiler des Konzepts: Sogar ausrangierte<br />
Handtücher bekommen als Pflanztöpfe ein zweites Leben eingehaucht.<br />
Jedes Constance Resort geht hier seinen eigenen Weg – zum Teil vielfach<br />
ausgezeichnet.<br />
So auch das Constance Halaveli Maldives im Nord-Ari-Atoll. Als Mitglied<br />
der Leading Hotels of the World verheißt es Spitzenkomfort. In den<br />
Villen auf Stelzen über dem Wasser oder am Strand zählen der private<br />
Pool und Annehmlichkeiten wie ein großes Sonnendeck, ein Weinkühlschrank<br />
oder ein Garten zum guten Ton. Die Strandvillen punkten zudem<br />
mit opulenten Open-Air-Badezimmern.<br />
INFO Die Constance Hotels & Resorts findet man bei DERTOUR, einer der<br />
führenden Reiseveranstaltermarken im Indischen Ozean. DERTOUR<br />
bietet Top-Preise, attraktive Extras und ist buchbar über<br />
www.dertour.de und im Reisebüro.<br />
97
LIFESTYLE<br />
ES GIBT<br />
SON(N)E<br />
UND SOLCHE<br />
1<br />
2<br />
1<br />
Dank der seidigen Konsistenz wird das Eincremen zum Kinderspiel.<br />
Die Sun Emulsion zieht im Nu ein und hinterlässt nichts<br />
als einen wunderbar fruchtigen Zitrusduft. Sun Emulsion SPF<br />
30 von JULISIS, 100 ml, € 110<br />
2<br />
Die wasserfeste und schnell einziehende Water Soul Eco<br />
Suncream schützt Haut (und Ozean) auch bei längeren Tauchgängen.<br />
Auch die Verpackung besteht aus 100 % recyceltem<br />
Kunststoff. Von comfort zone, 150 ml, um € 32<br />
3<br />
Pflegen, schützen, mit Feuchtigkeit versorgen – die Cellular<br />
Protection Sunscreen besteht aus rein natürlichen Stoffen und<br />
bietet den ultimativen Schutz vor der Sonne. Von The Organic<br />
Pharmacy, 100 ml, um € 40 über www.curantus.de<br />
3<br />
98<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>
HAUT SCHÜTZEN,<br />
ABER KORALLEN<br />
TÖTEN – DAS WOLLEN<br />
WIR NICHT.<br />
DESWEGEN STELLEN<br />
WIR EUCH SONNEN-<br />
SCHUTZ VOR,<br />
DER GARANTIERT<br />
KEINER KORALLE<br />
ETWAS ZU LEIDE TUT.<br />
4<br />
Erfrischung bitte! Minze, Patchuli und Lavendel verleihen der<br />
N°169 Sunscreen SPF30 von L:A BRUKET einen sommerlichen<br />
Duft und erfrischen gleichzeitig das Gemüt. 200 ml, € 48<br />
5<br />
Im Urlaub sollte immer Sonn-Tag sein! Die Hello Sunshine<br />
Sensitive Sunscreen SPF 30 von Pai schützt selbst empfindliche<br />
Haut vor Sonnenstrahlen. 40 ml, € 36 über www.curantus.de<br />
6<br />
Mit der Sun 15 Beach BB Shimmering Sunscreen LSF 15 von<br />
MÁDARA glitzert eure Haut ganz wunderbar im Sonnenlicht.<br />
100 ml, um € 22.<br />
7<br />
Natürliche Kräuterextrakte und Aloe vera beruhigen das<br />
Hautbild und unser Gewissen: Natürliche UV-Blocker und<br />
transparentes Zinkoxid schützen nicht nur unsere Haut.<br />
Mineral Based Premium Sunscreen SPF 30, von SALT & STONE,<br />
88 ml, um € 10, erhältlich über greenglam.de<br />
4<br />
6<br />
7<br />
Text & Fotos: Linda Ruckes<br />
5<br />
herbst <strong>2019</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
99
100<br />
<strong>EXCLUSIV</strong>
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HARD ROCK HOTEL TENERIFE<br />
Urlaub wie ein echter Rockstar<br />
Die Marke »Hard Rock International« ist für ihre Cafés, Hotels und Casinos<br />
in 73 Ländern auf der ganzen Welt bekannt. Angefangen mit einer Gitarre<br />
von Eric Clapton, besitzt »Hard Rock International« heute die weltweit größte<br />
Memorabilien-Sammlung von Musikikonen. Das Hard Rock Hotel Tenerife an der<br />
sonnigen Südküste in der Nähe von Adeje ist das zweite Hotel der Marke in Europa.<br />
Erstklassiger Service, luxuriöse Unterkünfte und moderner Komfort<br />
sorgen für ein außergewöhnliches Urlaubserlebnis. Hier gibt es überall<br />
Musik: Live-Konzerte, DJ-Sessions und Akustik-Bands sorgen rund um<br />
die Uhr für Unterhaltung und Stimmung, und die große Ausstellung mit<br />
Instrumenten, Bühnenoutfits und anderen Erinnerungsstücken großer<br />
Musiker wie den Beatles oder Elvis Presley nehmen Besucher mit auf<br />
eine Reise durch die Pop- und Rockgeschichte.<br />
Im gesamten Hotel sorgt ein eigens für die musikalische Untermalung<br />
zuständiger Sound Experience Manager für den perfekten Klang. Mit<br />
dem innovativen »Sound of Your Stay®«-Programm lässt sich sogar jedes<br />
der 624 Zimmer in einen eigenen privaten Konzertbereich verwandeln.<br />
Einfach eine eigene Playlist erstellen, eine ikonische Vinylschallplatte auflegen<br />
oder gleich selbst zum Musiker werden. Den Gästen stehen dafür<br />
eine professionelle DJ-Ausrüstung sowie eine Auswahl an Fender-E-Gitarren,<br />
E-Bässen und Verstärker zur Verfügung. Die Lage der Zimmer in den<br />
beiden Türmen, die in Hommage an die beiden legendären Rockbands<br />
Oasis und Nirvana benannt wurden, sorgt für das perfekte Bühnenbild mit<br />
beeindruckendem Ausblick über die Insel. Noch mehr Star-Feeling bietet<br />
das sogenannte »Rock Royalty Level« im Nirvana-Turm mit 260 absolut<br />
Rockstar-würdigen Suiten. Ein Rundum-Service mit eigenem Butler sowie<br />
weitere Vorteile wie einem VIP-Check-In sind hier inklusive.<br />
Selbstverständlich kommt auch die Erholung nicht zu kurz. Das<br />
Rock Spa® lädt mit einem Thermalbad-Bereich, Saunen und traditionellen<br />
Massagen zum Entspannen und Abschalten ein. Darüber hinaus<br />
verfügt das Hotel über drei Pools und eine Salzwasserlagune mit Beach<br />
Club in natürlicher Umgebung. Für die Aktiveren hat das Body Rock®<br />
Fitness-Center eine große Auswahl an Kursen und ist zudem mit den<br />
modernsten Fitnessgeräten ausgestattet.<br />
Ein Highlight des Hotels ist die Rooftop-Bar »The 16th« im 16. Stock des<br />
Hotels. Hier sind die Aussichten über den Atlantik und über Teneriffas<br />
Naturlandschaft mit dem majestätischen Vulkan Teide einmalig. Dazu gibt<br />
es einen Live-DJ, Gourmet-Burger und Gin & Tonic. Für Fans von hausgemachter<br />
Pasta und Pizza bietet das Restaurant »Capolavoro« beste<br />
italienische Küche und köstliche Weine. »Montauk« ist der Traum jedes<br />
Steakliebhabers, während im »Narumi« asiatische Leckerbissen frisch<br />
vom Teppanyaki-Tisch serviert werden. Insgesamt findet man sechs verschiedene<br />
Restaurants und Bars im ganzen Resort verteilt, inklusive einer<br />
Beach Bar, einer Sportsbar und dem lichtdurchfluteten »Sessions«-Restaurant,<br />
wo jeden Tag ein phänomenales Frühstücksbüffet errichtet wird.<br />
Das Hard Rock Hotel Tenerife eignet sich sowohl für Adults-only-Gäste<br />
als auch für Familien. Für Reisende mit Kindern gibt es drei Kidsclubs,<br />
gestaffelt nach den Altersklassen vom Kleinkind bis zum Teenager. Hier<br />
erwartet die zukünftigen Rockstars ein abwechslungsreiches Programm<br />
aus Tanzworkshops, Musikwettbewerben und Rock Partys.<br />
Abends verwandelt sich das Hotel in einen Freiluft-Konzertbereich<br />
für bis zu 5.000 Personen, in dem weltweit bekannte Künstler vor einer<br />
beeindruckenden Kulisse ihre größten Rockhits zum Besten geben. Ein<br />
besonderes Highlight ist die monatliche »Children of the 80’s«-Partyreihe,<br />
bei der in nostalgischen 80er- Outfits und mit spektakulären Performances<br />
die größten Ohrwürmer vergangener Jahrzehnte gefeiert werden.<br />
Auf diese Weise wird der Urlaub mit dem Hard Rock Hotel Tenerife<br />
zu einer unvergesslichen Party.<br />
INFO<br />
Weitere Informationen unter www.hardrockhoteltenerife.com/de<br />
herbst <strong>2019</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
101
ROOMSERVICE<br />
The Romanos, a Luxury Collection Resort<br />
Costa Navarino<br />
102
Von Göttern,<br />
HELDEN UND VISIONEN<br />
Bereits vor mehr als 3.000 Jahren wurde die Saat für eine<br />
nachhaltige Urlaubsregion am Peloponnes gelegt. <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>-<br />
Autorin Simone Sever hat sich auf Spurensuche begeben und verrät,<br />
was einen antiken Helden, einen visionären Kapitän und die<br />
Luxusdestination Costa Navarino miteinander verbindet.<br />
Der Wind, der zwischen den turmhohen Marmorsäulen in der<br />
Lobby weht, ist auch am späten Nachmittag trotz der sommerlichen<br />
Temperaturen erfrischend – ja fast kühl. Das The<br />
Romanos, a Luxury Collection Resort, eines von zwei Sternehäusern<br />
von Costa Navarino, empfängt seine Gäste inmitten zeitloser<br />
Eleganz garniert mit den Inspirationen griechischer Tempel.<br />
Ganz natürlich: die Farben Hellas<br />
Die Aussicht aus meinem Zimmer hat himmlisches Potenzial und gibt<br />
den Blick frei aufs satte Grün des Golfplatzes »The Dunes Course« und<br />
auf das Ionische Meer, das sich strahlend blau mit ein paar weißen<br />
Wölkchen garniert hat. Dabei sahen meine Bilder von Hellas lange<br />
Jahre ganz anders aus: karg und steinern, wenig einladend. Der griechische<br />
Wein laut besungen und nicht nach meinem Geschmack. Der<br />
Griechische Salat in meinen Augen wenig appetitanregend. Vorurteile,<br />
über die Jahre in Stein gemeißelt wie die Namen antiker Helden.<br />
Zeitlose Schönheit<br />
Es ist an der Zeit, neue Geschichten zu schreiben. Dinnertime am<br />
Strand in der Nähe der Navarinobucht, die der Entdecker Trojas, Heinrich<br />
Schliemann, übrigens bereits 1874 so beschrieb: »Gegen acht Uhr<br />
am Abend erreichten wir ziemlich erschöpft Navarino, die schönste<br />
Bucht der Welt.« Es ist noch immer bildschön hier.<br />
Das Barbouni, eines von insgesamt 13 Restaurants in Costa Navarino,<br />
hat Position bezogen in einem hölzernen Bau des griechischen<br />
Architektenbüros K-Studio. Der Bungalow fügt sich nahtlos in die<br />
Strandlandschaft Navarino Dunes ein. Auf der Karte mediterrane Küche<br />
mit den Aromen Messeniens und feinsten regionalen Zutaten, wie<br />
das renommierte Kalamata Olivenöl aus eigener Herstellung. Es wird<br />
aufgetragen: gefüllte Weinblätter mit Tsatsiki und Kefalotyri, einem<br />
herbst <strong>2019</strong> <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
103
ROOMSERVICE<br />
The Romanos<br />
DAS ANGEBOT IST SO VIELSCHICHTIG<br />
WIE MEINE NEU ENTDECKTE LIEBE<br />
ZUM GRIECHISCHEN SALAT.<br />
salzig und leicht süßlichen Hartkäse aus der Milch von Schafen und<br />
Ziegen, Oktopus vom Grill und ein griechischer Salat so schön wie die<br />
Krieger Spartas in meinen Träumen. Und auch das letzte meiner so<br />
lang gepflegten Vorurteile zerfällt gerade zu Staub: Ein griechischer<br />
Rosé, der so leicht und frisch mit zarter Farbe mein Glas beschlagen<br />
lässt, stimmt in meinem Kopf Udo Jürgens an: »Griechischer Wein …«<br />
Ach, schenk noch mal ein! Über mir ist der Himmel in Bewegung. Die<br />
Stoffinstallation von K-Studio spendet Schatten- und Lichtspiele und<br />
erinnert an die Wellen des Meeres, die nur wenige Schritte entfernt<br />
heute etwas rauer an den Strand schlagen.<br />
Das schönste Land Griechenlands<br />
In den Pools ist das Wasser ruhiger. Auf weich gepolsterten Daybeds<br />
schmeckt die Auszeit mit einem Freddo Cappuccino in der Hand, einem<br />
dieser köstlichen Eiskaffees, gleich noch mal so gut. Für mich<br />
der richtige Zeitpunkt, in der Costa Navarino App nach Freizeitvertreib<br />
zu suchen. I am in the mood for, ja wonach steht mir denn der<br />
Sinn? Das Angebot ist so vielschichtig wie meine neu entdeckte Liebe<br />
zum griechischen Salat und hat von astronomischen Abenden, an denen<br />
es gilt, nach den Sternen zu greifen und die Nebel des Orion zu<br />
observieren, über Golf und schmackhafte Oliven-Tastings bis hin zu<br />
Farm-to-Table-Experiences mit kostbaren Produkten aus der Region,<br />
ein breit gefächertes Spektrum im Angebot. Ich erklimme den Olymp<br />
der Kreativität und werde während eines Theater-Workshops Teil einer<br />
griechischen Komödie, oder – mein schauspielerisches Talent hält<br />
sich in Grenzen – eher tragender Teil einer Tragödie?<br />
Mein gebuchtes Tagesprogramm lässt mich weiter eintauchen in<br />
die Antike. Vor etwa 3.000 Jahren lebte Nestor, ein weiser König in<br />
Pylos, nur wenige Kilometer von Costa Navarino entfernt. Die Badewanne<br />
des antiken Herrschers und göttlichen Helden bei Homer steht<br />
immer noch auf dem Peloponnes und ist noch heute im Palast des<br />
Nestor zu bestaunen. Vielleicht kam er genau in der Badewanne auf<br />
eine bahnbrechende Idee: Nestor ließ Tausende Olivenbäume anpflanzen<br />
und erkannte bereits vor mehr als 3.000 Jahren das Potenzial Messeniens.<br />
Das schönste Land Griechenlands wollte er erschaffen.<br />
Im Einklang mit der Natur<br />
Eine ganz ähnliche Idee hatte viele Gezeiten später, im 20. Jahrhundert,<br />
ein weiterer griechischer Held. Auch er erkannte die Schönheit<br />
seiner Heimat und auch ihm lag das Wohl Messeniens und seiner<br />
Bewohner am Herzen. Die Vision des Captains Vassilis Constantakopoulos,<br />
eines einflussreichen Reeders, war es, ein Urlaubsgebiet zur<br />
luxuriösen Entspannung im Einklang mit der Natur zu erschaffen, die<br />
Geburtsstunde von Costa Navarino. Und so wird heute und auch in<br />
Zukunft ganz im Sinne von Captain Vassilis darauf geachtet, das Urlaubsrefugium<br />
im Zusammenspiel mit der Natur weiterzuentwickeln.<br />
16.000 Olivenbäume etwa wurden bei der Fertigstellung des Resorts<br />
umgesiedelt. Kein Licht und keine wilden Partys sind am fast drei Kilometer<br />
langen Romanos Strand gestattet, denn das könnte Caretta<br />
Caretta, die weltweit vom Aussterben bedrohte Meeresschildkröte,<br />
daran hindern, ihre Eier abzulegen.<br />
Auf den Golfplätzen bewässern hoch entwickelte, elektronische<br />
Systeme die Grüns und führen so zu großen Einsparungen im Wasserverbrauch;<br />
die Häuser sind optimal ausgerichtet, um natürliche<br />
Wärme, Licht und Schatten bestmöglich nutzen zu können; künstliche<br />
Seen tragen zu besserem Mikroklima bei und Müllreduzierung, Wiederwendbarkeit<br />
und Recycling sind tägliche Begleiter. Denn in Costa<br />
Navarino hat man längst erkannt, dass Luxus sich nicht nur durch<br />
exzellenten Service und hochwertige Produkte auszeichnet. Luxus ist<br />
unbeschadete Natur für die Zukunft, und die Zukunft ist der größte<br />
Luxus.<br />
In meiner nahen Zukunft sehe ich einen Wellnesstermin im Anazoe<br />
Spa, mit der Signature-Behandlung »Nestors Bad«, denn Helden werden<br />
in Messenien nicht vergessen, und so verwundert es auch nicht,<br />
dass der internationale Flughafen Kalamata nach dem Gründer von<br />
Costa Navarino, Captain Vassilis Constantakopoulos, benannt wurde.<br />
INFO<br />
Eine Nacht im Deluxe Garden View Room im The Romanos, a<br />
Luxury Collection Resort kostet ab € 335. www.marriott.com<br />
Mehr Infos zur Costa Navarino finden Sie hier<br />
www.costanavarino.com. Auch Visit Greece liefert viele<br />
spannende Infos unter www.visitgreece.com/de<br />
Fotos: Marriott (4), Simone Sever, Illustration: Kapreski/Shutterstock.com<br />
104<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
herbst <strong>2019</strong>
Liebe auf den ersten Schlag: Erst abschlagen auf einem der 18-Loch-Plätze und am Ende des Tages den Bauch vollschlagen mit kulinarischen<br />
Finessen des Hotelresorts. So in etwa könnte ein Tag hier in Kalamata aussehen. Unschlagbar toll, eben!<br />
105
ROOMSERVICE<br />
text Simone Sever<br />
Ein Haus<br />
AM MEER<br />
Stolz, selbstsicher und mit dem<br />
unverkennbaren Design einer<br />
nachempfundenen Luxusyacht ist hoch<br />
über der Bucht von Sant Pol an Spaniens<br />
Costa Brava das Alàbriga Hotel &<br />
Home Suites vor Anker gegangen.<br />
Das Fünf-Sterne-Haus verwöhnt Gäste<br />
aus aller Welt – nicht nur mit seiner<br />
exponierten Lage.<br />
106<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>
Costa Navarino Kalamata<br />
herbst <strong>2019</strong><br />
Die hoteleigene Motoryacht Lady IV hat Fahrt<br />
aufgenommen. Wind und Wellen geben sich<br />
gemäßigt, die Sonne brennt noch nicht erbarmungslos<br />
vom Himmel. Ein paar Gäste<br />
räkeln sich bereits am Bug des Bootes. Andere lassen<br />
sich auf dem Upperdeck ein Gläschen spanischen Cava<br />
und deutsche Schokolade kredenzen. Die Smartphones<br />
filmen und fotografieren unermüdlich, als die Lady IV<br />
den besten Blick auf das Alàbriga Hotel & Home Suites<br />
freigibt.<br />
Doch nicht nur das Design kann sich sehen lassen.<br />
Wer die Alàbrigawelt in Sant Feliu de Guìxols betritt,<br />
der wird zunächst vom Farbspiel einer überdimensionalen<br />
Lavaleuchte meditativ eingefangen. Ein paar<br />
Schritte weiter strahlt golden eine Symbiose aus Hotelname<br />
und Kunst als dreidimensionales Wellen- und<br />
Wiedererkennungsobjekt an der Eingangswand. Eine<br />
Hommage an die Schönheit und Kraft des Meeres.<br />
Einchecken im Handumdrehen<br />
Klack, klack, klack … die High Heels der weiblichen<br />
Gäste auf dem glänzenden Marmor bestimmen die<br />
Tonart. Einladend sind die Lichtspiele der Lovee Bar,<br />
die inmitten der Lobby an den geselligen Tresen locken<br />
und sich Ton in Ton mit den Deckenleuchten und dem<br />
Rezeptionstresen im spiegelblanken Marmorboden widerspiegeln.<br />
Kleine lederne Sitzecken auf hochflorigen<br />
Teppichen sind perfekte Hotspots, um an- und ab<strong>reisen</strong>de<br />
Gäste zu beobachten.<br />
Die Lobby gibt noch mehr her: zeitgenössische<br />
Kunst etwa, wie die tierischen Skulpturen der Moskauerin<br />
Olga Muravina, die überall im Eingangsbereich<br />
zu entdecken sind. Wer mehr Ruhe benötigt, zieht<br />
sich in den Galatea Room inklusive Bibliothek, Kamin<br />
und Flügel zurück oder genießt die Privatsphäre der<br />
eigenen Hotelwände. Das Einchecken ist im Handumdrehen<br />
und per Fingerspitze erledigt. Kein Schlüssel,<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
107
ROOMSERVICE<br />
Hier ist alles Gold, was glänzt. Ein Stilmix trifft an der Costa Brava im Hotel Alàbriga auf internationale Gäste, die bei dieser Großzügigkeit<br />
und diesem Luxus ganz schön ins Staunen kommen.<br />
108 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
herbst <strong>2019</strong>
DIE EINFLÜSSE DER<br />
KREATIVEN KATALONISCHEN<br />
KOCHREGION SIND KOSTBAR<br />
Fotos: Alàbriga Hotel & Home Suites (5), Illustratioin: Kapreski/Shutterstock.com<br />
keine Hotelkarte … alles ist personalisiert und digital. Die aufgenommenen<br />
Personalien, so wird versichert, löschen sich, sobald der Gast<br />
das Hotel wieder verlässt.<br />
29 Suiten mit Aussicht<br />
29 Einheiten – die kleinste Kategorie Deluxe mit 71 Quadratmetern –<br />
kommen mit mindestens zwei Schlaf- und dazugehörigen Badezimmern<br />
daher und bieten den Gästen neben einem Rund-um-die-Uhr-<br />
Butler-Service alles, was der anspruchsvolle Gast benötigen könnte.<br />
Die Ensuite-Masterbedroom-Bäder glänzen mit geräumigen begehbaren<br />
Duschen aus goldenen oder auch meerblauen Mosaiksteinchen.<br />
Waschtische und -becken sind aus Blattgold, die einzig für das Albriga<br />
Hotel & Home Suites hergestellt wurden. Die wohlduftenden Badezimmeraccessoires<br />
sind von Lorenzo Villoresi, Firenze. Die eleganten<br />
Möbel in hoch qualitativem Leder – wie etwa der formschöne und<br />
langbeinige Sekretär von Rubelli – bieten hochwertigen Wohnkomfort.<br />
Borschtsch und Burger<br />
Im offenen Wohnbereich überzeugt eine State-of-the-Art-Miele-Küche<br />
inklusive integrierter Espressomaschine. Wer dennoch den Kochlöffel<br />
im Urlaub nicht selber schwingen möchte, der lässt ein Küchenteam<br />
des Hotels auftischen.<br />
Muss es hingegen schneller gehen, können neben Burger und Bier zudem<br />
Borschtsch, Blinis, Champagner und Kaviar per Klick bestellt und<br />
direkt in die Suiten gebracht oder auf den riesigen Veranden mit Olivenbaum<br />
und Seaview angerichtet werden – und keine Angst, im Alàbriga<br />
Hotel & Home Suites gibt es keine Wohneinheit ohne Meerblick.<br />
Für Allein<strong>reisen</strong>de und Paare sind die Homes away from Home<br />
eventuell eine Nummer zu groß. Wer jedoch mit Familie anreist oder<br />
gar mit kompletter Gesellschaft, der wird in diesem Haus am Meer genügend<br />
Platz für alle finden. Bei Bedarf kann einfach das ganze Hotel<br />
gemietet werden.<br />
Auf Erkundungstour<br />
Für Wünsche, die außerhalb des Albriga Hotel Home Suites liegen,<br />
ist Concierge Maxim aus St. Petersburg zuständig. Maxim und sein<br />
Team machen Exkursionen in das Umland möglich. Und das Angebot<br />
kann sich sehen lassen: Ob Skydiving, Formel-1-Erlebnis, Shopping<br />
bis zum Umfallen inklusive Personal Shopper … nichts, was es nicht<br />
gibt. Wer sich etwa dazu entscheidet, mit der Alàbriga-Motoryacht,<br />
der Azimut 58 Flybridge, bis Ibiza cruisen zu wollen, Salvador Dalís<br />
Theatermuseum in Figueres oder lieber die Game-of-Thrones-Drehorte<br />
in Girona besichtigen möchte … der Gast fragt, Maxim und sein<br />
Team machens möglich!<br />
Po(o)lposition<br />
Nötig sind derlei Exkursionen nicht. Wer das Hotel nicht verlassen<br />
möchte, hat jede Menge Möglichkeiten, den Tag ent- und auch spannend<br />
zu verbringen. Die Massagen im Spa lassen den Alltag vergessen,<br />
im Fitnessraum wartet eine Menge Bodywork. Sauna und Hamam sowie<br />
Whirlpool und der Spa-Swimmingpool sind mehr als nur einladend.<br />
Im Beachclub an der Poolposition lässt es sich hervorragend unter<br />
Pinienbäumen relaxen. Ein Drink, ein kleiner Snack zur Mittagszeit.<br />
Ein Spaziergang in die nahe gelegene Bucht. Großes Urlaubsfeeling<br />
unter der Sonne Spaniens.<br />
Sternekoch mit zweierlei Herz<br />
Im Terra, dem hoteleigenen Michelin-Stern-Restaurant, kocht seit Saisonstart<br />
im April <strong>2019</strong> der Mallorquiner Abraham Artigas und verwöhnt<br />
die Gaumen der Gäste mit multinationalen Interpretationen<br />
einer modernen Küche mit mediterranem Fokus.<br />
Austern mit Roter Bete, Meerrabe in Mangold gewickelt, dazu Kokosschaum,<br />
Kefir und on top ein Hauch von getrocknetem Thunfischherz<br />
– die Einflüsse der kreativen katalonischen Kochregion um das 2011 geschlossene<br />
Drei-Sterne-Restaurant El Bulli von Ferran Adrià sind kostbar.<br />
Inspirieren lässt sich der Chefkoch außerdem vom Waisenhaus-Projekt<br />
Childrens Home in Bawjiase, Ghana, das er unterstützt und das<br />
ihm sehr am Herzen liegt. Von seinen Reisen nach Afrika bringt er<br />
gern Moringa mit, ein grünes Pulver, das aus den Blättern des Moringa-Baumes<br />
gewonnen wird. Ein Superfood. Und so verwundert es<br />
nicht, wenn im Terra eine Dessertvariation mit afrikanischer Inspiration<br />
den Tag zu einem geschmackvollen Abschluss bringt.<br />
Wer den Abend mit einem Drink ensuite aus der Maxi-Bar – natürlich<br />
gibt es im Alàbriga Hotel & Home Suites keine Mini-Bar – ausklingen<br />
lassen möchte, der muss vor der Tür nicht in Hosen- oder Handtaschen<br />
wühlen: Der Hotelluxus zeigt sich noch mal mit Fingerspitzengefühl!<br />
INFO Flüge gehen von diversen deutschen Flughäfen nach Barcelona<br />
etwa mit Lufthansa. Alàbriga Hotel & Home Suites, Deluxe<br />
Suite ab € 506 pro Nacht für zwei Personen. Das Hotel liegt<br />
etwa 1,5 Stunden Autofahrt von Barcelona entfernt.<br />
Wer möchte, bucht den privaten Flughafen-<br />
Shuttle des Hotels. www.hotelalabriga.com/en/<br />
Den <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>-Guide finden<br />
Sie unter www.<strong>reisen</strong>exclusiv.com/<br />
guide-costa-brava<br />
herbst <strong>2019</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
109
ROOMSERVICE<br />
East Miami<br />
110
East<br />
text Jennifer Latuperisa-Andresen<br />
ABLISHMENT<br />
Der Name verspricht eine Prise aus Fernost. Wer sie sucht,<br />
bekommt sie auch. Doch das east Miami ist mehr als eine<br />
Luxusherberge, die auch Sushi servieren kann. Es ist ein<br />
Stadthotel und gleichzeitig ein Resort. Wer mag, braucht das<br />
Gelände nicht zu verlassen und würde dennoch nichts missen.<br />
Wie sagen wir so schön im Ruhrpott: Bei dem Anblick blieb<br />
mir die Spucke weg. In der Tat. Ich dachte, unsere Familie<br />
zieht in ein schnuckeliges Appartement in Miami Downtown.<br />
Urlaub in der Großstadt ist mit vielen Familienangehörigen<br />
immer eine Herausforderung, doch im east Miami sind selbst Teenager-Befindlichkeiten<br />
kein Problem. Denn der »Schuppen«, und damit<br />
ist das Hotel gemeint, macht Eindruck. Es macht so viel her, dass es<br />
für die wählerische Instagram-Community der Jugend reicht. Wow,<br />
denke ich, als ich so durch unsere »Residence« spaziere. Und ja, »Residence«<br />
klingt schon nach einem zweiten Zuhause. Ich sehe da bereits<br />
große Chancen, dass es auch zu einem werden kann.<br />
Wir befinden uns im elften Stock, es ist ein supermodernes Appartement<br />
mit drei (!) Schlafzimmern, drei Bädern, einem Wohnzimmer<br />
und einer Küche. Zu den gut 165 uadratmetern übrigens<br />
mehr Wohnfläche als unsere Bleibe in Köln gehören zwei Balkone,<br />
von denen wir wahlweise chillend-schöne Menschen am Pool beobachten<br />
können oder aber den Rundumblick auf die gegenüberliegenden<br />
Hochhäuser. Die Küche in unserer bescheidenen Bleibe ist edel<br />
in Dunkelbraun gehalten und der Kühlschrank prall mit Getränken<br />
gefüllt. Hier weiß man, was Familien brauchen.<br />
herbst <strong>2019</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
111
ROOMSERVICE East Miami<br />
Israel trifft Uruguay im<br />
»asiatischen« Hotel in<br />
Miami. Mehr Weltoffenheit<br />
geht nicht. Und die<br />
Shakshuka schmeckt<br />
ausgezeichnet.<br />
Beispielsweise ein Fitness-Center. Das klingt jetzt zweitrangig, aber<br />
mit einem sportlichen Teenager-Sohn im Schlepptau ist ein Laufband<br />
in Fahrstuhlweite ein echter Gewinn. Die Kleine hingegen freut sich<br />
über die Badewanne vor den bodentiefen Fenstern, und die Älteste<br />
tanzt zur Musik im weitläufigen Wohnzimmer umher. Die Box in Supersoundqualität<br />
sieht aus wie eine Vase und steht direkt neben der<br />
Couch. Niemand langweilt sich – wie angenehm.<br />
Was kann das Hotel denn noch? Die Rooftop-Bar Sugar wird uns<br />
empfohlen, die in der Tat ganz schick ist, aber wer schon die ein oder<br />
andere Bar auf einem Hochhaus besucht hat, weiß, es gibt auf dem<br />
Planeten heißere Kandidaten. Aber kaum bessere »Edamame« Sojabohnen<br />
als dort oben im 40. Stock zu einem kühlenden Lychee-<br />
Blossom-Cocktail. Am besten gleich zwei Portionen von den Bohnen<br />
bestellen. Die sind wirklich sensationell.<br />
Das gesamte gastronomische Konzept ist ein Highlight. Dinner<br />
im uruguayischen Trendrestaurant uinto la Huella, ein Ableger des<br />
Originals aus Montevideo, kann zu einem Spiel mit dem Feuer werden.<br />
Insbesondere wenn der Platz unmittelbar am Grill ergattert wird.<br />
Noch schöner ist jedoch der Tea Room, ebenfalls in der 40. Etage mit<br />
Blick auf die Biscayne Bay. Ein Konzept, das sich ideal für einen kinderfreien<br />
Abend anbietet. Denn wer hier einen Tisch reserviert, kann<br />
sich über all-you-can-drink-Champagner, -Wein, -Bier und -Sake freuen.<br />
Diese werden zu einem köstlichen asiatischen Fünf-Gänge-Menü<br />
gereicht. Die Atmosphäre in der plüschigen Bar ist und wird beim<br />
Genuss des exzellenten Schaumweins immer romantischer.<br />
Überhaupt muss das Hotel nicht verlassen werden. Das Brickell<br />
City Centre, ein Einkaufszentrum, schließt sich direkt an, denn es gehört<br />
demselben Besitzer. Schon schick, wer mit seinen Tüten gleich<br />
wieder in seine Residence spazieren kann. Da braucht es kaum mehr<br />
in der schönen Stadt Miami.<br />
Aber wer sich wirklich fortbewegen will, dem sei der Metro-Mover<br />
empfohlen, der praktisch nebenan hält und die Menschen autofrei und<br />
kostenlos durch die Stadt kutschiert. Nur falls der Sinn nach Stadtabenteuern<br />
steht. Und das Beste wartet am Abend, wenn man in sein<br />
durchgestyltes Traumappartement zurückkehren darf.<br />
INFO<br />
east, Miami. 788 Brickell Plaza, Miami, FL 33131, USA,<br />
www.east-miami.com<br />
Zu den east Hotels gehören noch zwei weitere Häuser in<br />
Hongkong und Peking. Das Haus in Miami hat 352 Zimmer<br />
und 89 Residences mit einem, zwei oder drei Schlafzimmern.<br />
PREIS Ein Standardzimmer kostet ca. € 330 pro Nacht ohne<br />
Frühstück plus Steuern. Die Residence Suite mit drei Schlafzimmern<br />
€ 1.200 pro Nacht. Ein Fünf-Gänge-Menü plus<br />
Getränke satt im Tea Room kostet ca. € 80 pro Person. Das ist<br />
in Anbetracht der gebotenen Getränke und Speisen ein sehr<br />
gutes Angebot, das sich zu reservieren lohnt.<br />
Mehr Infos zur Stadt Miami: www.miamiandbeaches.de<br />
Fotos: East Miami (3), Jennifer Latuperisa-Andresen (2), Illustration: Kapreski/Shutterstock.com<br />
112<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> herbst <strong>2019</strong>
ROOMSERVICE<br />
Fotos: ScottAWoodard, PR (2)<br />
BAUMHAUS-<br />
Dinner<br />
Hoch über den Wipfeln des alten Baumbestands<br />
im Herzen der Insel serviert<br />
das Küchenteam auf Wunsch ein siebengängiges<br />
Spezialmenü, das die Magie der Kulisse<br />
kunstvoll auf den Teller bannt. Prädestiniert für<br />
romantische Stunden unterm Sternenhimmel,<br />
belohnt das Treehouse im One & Only Reethi<br />
Rah all jene, die den Aufstieg auf sich nehmen,<br />
nicht nur mit Gaumenfreuden in absoluter<br />
Privatsphäre, sondern auch mit Logenplätzen<br />
für das allabendliche Schauspiel des<br />
Sonnenuntergangs über dem Indischen Ozean.<br />
www.oneandonlyresorts.com/de<br />
WERMUT<br />
OHNE<br />
WEHMUT<br />
Der eigene Wormwood Wagon ist<br />
seit Kurzem das Glanzstück in der<br />
Fontenay Bar im Fünf-Sterne-Superior-<br />
Hotel The Fontenay. Kreiert wurde<br />
das in der weltweiten Barszene bisher<br />
einzigartige Konzept von Bar Manager<br />
Sebastian Schneider. Die Besonderheit<br />
liegt im Spiel von De- und Rekonstruktion.<br />
Denn der Wormwood Wagon<br />
präsentiert die einzelnen Komponenten<br />
– quasi die DNA von Wermut rund um<br />
Bitterkeit, Süße und Kräuter. Am Tisch,<br />
vor den Augen des Gastes, werden die<br />
individuellen Ingredienzien wieder nach<br />
Geschmack des Gastes zusammengesetzt.<br />
www.thefontenay.com<br />
We love We Ale<br />
Feine Sandstrände, steile Felsen,<br />
dschungelbewachsenes Hinterland<br />
und eine unbeschreibliche<br />
Unterwasserwelt: Das erwartet die<br />
Gäste der nur 14 Villen, die sich<br />
harmonisch in die Natur einfügen<br />
und fast ausschließlich aus<br />
recycelten Materialien bestehen.<br />
On top gibt es Inselabenteuer,<br />
eine fantastische Unterwasserwelt<br />
und Dschungelfeeling. Wir wollen<br />
dahin! https://waaleresort.com<br />
TIERPARADIES: Redakteurin Linda war auf Safari in Südafrika. Bei ihrem Besuch im Sabi Sabi Private Game Reserve sah sie in nur einem Tag<br />
alle »Big Five« und noch viel mehr. S. 84 – FAULENZERIN: Autorin Susanne wollte ihre Zeit auf den Malediven eigentlich dafür nutzen, ihr Mailpostfach<br />
zu entrümpeln. Doch dann kam alles anders. S. 92 – GUT GERÜSTET: Diese Sonnencremes schützen nicht nur vor Sonnenbrand, sie sind<br />
auch völlig unschädlich für Korallen – perfekt zum Schnorcheln. S 98. – GÖTTLICH: Autorin Simone Sever legte für uns einen Hotelmarathon hin.<br />
Im Costa Navarino ließ sie sich mit griechischen Köstlichkeiten verwöhnen, zu lesen ab S. 102 – MEERESBRISE: Auch an der Costa Brava wusste<br />
Simone zu entspannen, und zwar im Alàbriga Hotel & Home Suites. S. 106 – INTERNATIONAL: Chefredakteurin Jennifer kostete sich im asiatischen<br />
East Miami Hotel durch uruguayanische und israelische Küche. S. 110<br />
frühling 2016<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
83
114 herbst <strong>2019</strong>
ASIEN | China<br />
text & fotos<br />
BSimone Sever<br />
HERR HUANG,<br />
FRAU WU,<br />
MEIN SOHN<br />
& ICH<br />
Foto: aphotostory/Shutterstock.com<br />
Pünktlich verlässt der K21 den Westbahnhof<br />
Pekings und nimmt Fahrt auf Richtung Südwest.<br />
28 Stunden, 34 Minuten und 2.135 Kilometer lang ist<br />
die Reise. In der zweiten Klasse hat es sich<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>-Autorin Simone Sever<br />
halbwegs bequem gemacht.<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> 115
ASIEN | China<br />
Es ist nicht nur die<br />
Natur der Karststeinfelsen<br />
im<br />
Süden Chinas, die<br />
den Reisenden in<br />
ihren Bann zieht.<br />
Bei der Impression<br />
Liu Sanjie begrüßen<br />
die wunderschönen<br />
Mädchen der ethnischen<br />
Minderheit<br />
Miao die Besucher<br />
mit ihrem traditionellen<br />
Schmuck.<br />
116
Star-Express: Wenn<br />
sich mal Europäer in<br />
die Züge aufs Land<br />
verirren, schauen die<br />
meisten chinesischen<br />
Zug<strong>reisen</strong>den nur<br />
neugierig oder filmen<br />
heimlich. Nicht so<br />
Frau Wu, die freut<br />
sich über ihre neue<br />
Bekanntschaft. Bilder<br />
für die Erinnerung.<br />
Heimlich werden wir gefilmt und fotografiert – bestaunt allemal, denn<br />
mein Sohn David und ich sind definitiv die einzigen europäischen<br />
Zug<strong>reisen</strong>den auf dieser Fahrt durchs Reich der Mitte. Unsere Plätze<br />
sind schnell gefunden, beim Einstieg ist alles streng reglementiert.<br />
Wir richten uns gerade in unserem Zweite-Klasse-Abteil ohne Türen<br />
ein, als sich der Zug auf die Minute genau um 8:18 Uhr langsam in<br />
Bewegung setzt. Das Abenteuer beginnt. Meine Aufregung nimmt<br />
zeitgleich mit dem Zug Fahrt auf.<br />
Foto mit Frau Wu<br />
Ich bin unterwegs mit meinem 17-jährigen Sohn, der ein Jahr lang<br />
im Rahmen eines Auslandsjahres Teil einer chinesischen Familie in<br />
Peking wurde, zur Schule ging und die meistgesprochene, aber wohl<br />
zugleich schwierigste Sprache der Welt erlernte. Das kann er nun auch<br />
mir beweisen, als er höflich mit verständlichen internationalen Gesten<br />
nach einem gemeinsamen Foto gefragt wird. Die chinesische Dame<br />
ist deutlich überrascht von seiner Antwort in verständlichem Mandarin<br />
und sitzt Sekunden später neben ihm, wobei sie fröhlich in die<br />
Handykamera ihrer mit<strong>reisen</strong>den Freundin lächelt, Frau Wu ist kontaktfreudig,<br />
andere Mit<strong>reisen</strong>den trauen sich nicht, uns anzusprechen.<br />
Ein Mann, der auf einem Klappsitz im Gang Platz genommen hat, hält<br />
lieber »unauffällig« sein Handy in unsere Richtung. Wir sind die Attraktion<br />
an Bord.<br />
Mittendrin im Reich der Mitte<br />
Um die 21,5-Millionen-Megametropole Peking zu verlassen, braucht<br />
es eine halbe Ewigkeit. Vorbei rauscht Zug K21 immer wieder an<br />
Hochhaussiedlungen, die sich lediglich am Dachornament – das mal<br />
üppiger, mal schlichter ausfällt – und im Beigeton des Betons – der<br />
mal grauer und mal weniger grau erstrahlt – unterscheiden. In den<br />
Abteilen herrscht derweil munteres Treiben: Großfamilien, die lauthals<br />
über mehrere Schlafnischen hinweg kommunizieren, chinesische<br />
Schmachtsongs, die auf diversen Smartphones gleichzeitig und<br />
eigentlich immer ohne Kopfhörer genossen werden, Games, deren<br />
Lautstärke wohl nicht regulierbar ist, und eine omnipräsente chinesische<br />
Musikdarbietung über die abteileigenen Lautsprecher, die in etwa<br />
so blechern klingen wie der Sound alter Schwarz-Weiß-Filme. Ich bin<br />
mitten drin im Reich der Mitte. Mehr China geht nicht, denke ich und<br />
werde sogleich korrigiert, als der Herr im Gang genüsslich und unüberhörbar<br />
seine Frühstücks-Instantnudeln schlürft. Andere Länder,<br />
andere Sitten. Oder auch: Alles, was ich meinen Kindern in Deutschland<br />
beigebracht habe, nicht zu tun, gehört hier offensichtlich zum<br />
guten oder zumindest normalen Ton. Das kann ja noch lustig werden.<br />
Noch 26 Stunden und 15 Minuten.<br />
Das Rattern des Zuges ist bald schon meditativ und die China-Kakophonien<br />
verhallen immer mehr zur Hintergrundmusik. Es schläft<br />
sich irgendwann auch gar nicht schlecht auf dem Hard Sleeper, der<br />
herbst <strong>2019</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
117
ASIEN | China<br />
Direkt am Fluss<br />
hat das traumhafte<br />
kleine Hotel<br />
Yangshuo Mountain<br />
Retreat Stellung<br />
bezogen. Ein fast<br />
unentdecktes Juwel<br />
inmitten einer<br />
Traumlandschaft.<br />
eigentlich recht weich ist und mit frischem weißen Baumwolllaken<br />
und dazugehörigem Kissen nur 458 uan, also knappe 60 Euro für die<br />
Strecke kostet.<br />
Ein Land im Aufbruch<br />
Aus dem Nichts erscheinen draußen vor dem Zugfenster auch in der<br />
Nacht immer wieder Millionenstädte, von denen ich gar nicht wusste,<br />
dass sie existieren: Shijiazhuang, 10,7 Millionen. inxiang, 5,7 Millionen<br />
… morgens um 8:30 Uhr hält K21 in Hengyang, 7,1 Millionen.<br />
Die einen steigen aus, andere steigen ein. Ein Kommen, ein Gehen.<br />
Ganz China, so scheint es, ist im Aufbruch. Noch etwas mehr als vier<br />
Stunden bis Guilin. Die Landschaft verändert sich: Grün statt Beton,<br />
Reisfelder statt Atomkraftwerke. Dahinten sind Berge zu erkennen,<br />
und dann erreicht Zug K21 Guilins Nordbahnhof. Fast am Ziel.<br />
Traumlandschaft<br />
Glücklicherweise hat das Hotel ein Taxi geschickt. Noch mal 1,5 Stunden<br />
Fahrt südwärts und hinein in die dramatische Landschaft der Region<br />
Guangxi, nach angshuo mit den so ungewöhnlich bezaubernden<br />
Karststeinkegelbergen. Langsam wird es dörflicher. Rostige Lastendreiräder<br />
knattern an lautlosen Elektrorollern vorbei. Hinter der Brücke<br />
über den ulonfluss biegt das Taxi von der Hauptstraße rechts ab,<br />
Karststeinfelsen strecken sich so zahlreich in die Höhe wie Hochhaussiedlungen<br />
in der Hauptstadt.<br />
Das Leben ist ein langer, ruhiger Fluss<br />
Das angshuo Mountain Retreat liegt am langen, ruhigen ulongfluss.<br />
Die Szenerie ist wie in Hollywood erdacht: Avatar, Der Herr der Ringe<br />
– nur ganz anders. Alles ist sattgrün, und neben dem Rauschen kleiner<br />
Wasserschnellen ist lediglich Grillenzirpen und Vogelgezwitscher zu<br />
hören. Auf dem Fluss ziehen Bambusflöße mit bunt gestreiften Schirmen<br />
vorbei. Ich glaub, ich heul' mal 'ne Runde vor Glück.<br />
118
Buntes Treiben: Die Bambusfahrten am<br />
Yulong River sind so bunt wie zahlreich.<br />
Täglich kommen vor allem chinesische<br />
Touristen und lassen sich den langen,<br />
ruhigen Fluss hinunternavigieren.<br />
Blumenkind: Selbst geflochtene<br />
Haarreifen mit bunten<br />
Blumen, die ein chinesisches<br />
Mütterchen verkauft.<br />
Das setzt der Chinareise<br />
und <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>-<br />
Autorin Simone für ihre<br />
Fahrt die Krone auf.<br />
An der Rezeption empfängt Anna die Gäste, ihr Englisch ist prima,<br />
ihre Freundlichkeit hinreißend. »Hunyng«, »Welcome«. Das gebuchte<br />
Zimmer macht uns nicht nur durch die direkte Lage am Fluss glücklich.<br />
Die dunklen Holzmöbel muten chinesisch an, alles ist gemütlich<br />
und geschmackvoll für uns hergerichtet. Vom Balkon haben wir den<br />
ulong im Blick, wo unaufhörlich mehr und mehr Bambusfloßkapitäne<br />
ihre Passagiere sicher über die Wasserschnellen navigieren. Ein<br />
chinesisches Bier im Garten, dabei Flöße zählen und die Schönheit<br />
der Natur genießen – mehr braucht es gerade nicht für Glückseligkeit,<br />
allerhöchstens noch einen dieser frisch gepressten Ananassäfte.<br />
Irgendwann am Spätnachmittag kommen keine Flöße mehr, es wird<br />
noch ruhiger, und mit einem Sprung wird der Fluss zur Badewanne.<br />
Blumige Accessoires<br />
Ein Fahrrad, ein Strohhut<br />
und chinesische<br />
Glückszeichen an der<br />
Tür. Da, wo China noch<br />
nicht modernisiert ist,<br />
ist es wunderschön.<br />
Anna hat uns Räder für eine Fahrt entlang des ulong River bereitgestellt,<br />
doch bevor wir uns in die Sättel schwingen, verkauft mir ein chinesisches<br />
Mütterchen, weißhaarig, krumm und mit nur noch einem<br />
Zahn im Mund, selbst geflochtene Blumenhaarkränze. Das blumige<br />
Accessoire setzt meinem geplanten Ausflug die Krone auf.<br />
Immer am Fluss entlang, fahren wir vorbei an Reisbauern, die mit<br />
Wasserbüffeln ihre Reisfelder bestellen, an üppiger bunter Vegetation,<br />
wir tragen unsere Räder über kleine Brücken. Es fährt sich fast wie von<br />
selbst auf dem betonierten Fahrradweg. Nach 13 Kilometern mit wenig<br />
Schatten und einer prallen Sonne erreichen wir die ulongbrücke,<br />
eine Art chinesisch-touristischer Anziehungspunkt la Neuschwanstein.<br />
Reisebusse spucken Hunderte von einheimischen Touristen aus<br />
und mindestens genau so viele Bambusflößer warten auf Kundschaft.<br />
Es ist ein Farbenfest für die Augen. Der Rückweg tut aus vielerlei<br />
Gründen weh.<br />
Traummomente<br />
Sie sind weg. Verschwunden. Nichts ist mehr zu sehen von den Karststeinfelsen<br />
auf der anderen Seite des Flusses. Ein Platzregen lässt am<br />
nächsten Morgen die Welt vor meinen Augen verschwinden. Erst nach<br />
herbst <strong>2019</strong><br />
119
Herr Huang ist einer<br />
von Guilins Kormoranfischern.<br />
Herr Huang und<br />
seine Vögel sind<br />
die Shootingstars<br />
von Guilin. Und<br />
die Karststeinfelsen<br />
von Guilin<br />
standen Pate<br />
für den 20-Yuan-<br />
Schein.<br />
Foto: ESB Professional/Shutterstock.com<br />
120
ASIEN | China<br />
20 Minuten lichtet sich der watteartige Dunst und gibt den traumhaften<br />
Anblick auf die Kegelberge wieder frei. Die Luft ist erfrischt, zur<br />
nächsten Floßstation ist es nur ein kleiner Spaziergang. Wenig später<br />
gleiten wir glücklich und gut gelaunt, gehüllt in orangene Sicherheitswesten,<br />
auf einem der Bamboorafts sanft über das klare Wasser des<br />
ulong Rivers an unserem Hotel vorbei. Dürfte ich mir zehn Momente<br />
in meinem Leben wünschen, die ich immer und immer wieder erleben<br />
könnte, dieser wäre wohl unter meinen Top 10.<br />
Vogelperspektiven<br />
Am Li-River in Guilin, mitten in der Bilderbuchlandschaft des 20-uan-<br />
Geldscheins, haben mein Sohn David und ich eine Verabredung zum<br />
Sonnenuntergang. Mit einem motorisierten Floß aus uncharmanten<br />
Plastikrohren setzen wir über zur Flussinsel, wo wir mit Herrn Huang<br />
verabredet sind. Der 79-Jährige scheint sich aus einer längst vergangenen<br />
Epoche ins Hier und Jetzt gebeamt zu haben. Mit spitzem Reishut,<br />
weißem Bart und mit einem fast zahnlosen Lächeln hockt er bildschön<br />
auf einem schmalen Bambusfloß, eingerahmt von zwei schwarzen<br />
Vögeln. Herr Huang ist einer von Guilins Kormoranfischern, jenen<br />
Männern, die schon seit vielen Hundert Jahren ihren zahmen Vögeln<br />
zum Fischfang den Hals abschnüren, damit die den Fang nicht verschlingen.<br />
Absurd und irgendwie undenkbar, aber in China noch heute<br />
Realität. Gefüttert werden die Kormorane mit kleinen Fischen. Die<br />
gibt es gerade aus einer Plastiktüte, die, kaum ist sie leer, mit Schwung<br />
in den Fluss entsorgt wird. Umweltdenken ist in dieser Traumnatur<br />
noch nicht wirklich angekommen. Unbeeindruckt von all dem versucht<br />
ein Fotograf derweil, die einzigartige Landschaft mit seiner Drohne<br />
einzufangen. Das Hightech-Fluggerät surrt per Knopfdruck hoch in<br />
den Himmel und zeigt auf einem Bildschirm unten an der Bodenstation<br />
die atemberaubende Szenerie aus der Vogelperspektive. Da staunt<br />
auch Herr Huang, bevor er mit seinen Kormoranen wieder Position<br />
auf dem Floß bezieht. Er weiß, wie er sich am besten in Szene setzt,<br />
denn seine größte Einnahmequelle sind inzwischen die Touristen. Für<br />
mich glänzt Herr Huang nun im goldenen Gegenlicht Guilins.<br />
..<br />
Der kronende Abschluss<br />
Die Impression Sanjie Liu Show, ein chinesisches Musical, steht am<br />
letzten Abend auf dem Programm. Die Show am River Li ist die asiatische<br />
Variante der Karl-May-Festspiele am Kalkberg, nur viel größer,<br />
bunter, kitschiger und deutlich dramatischer. Eine Open-Air-Show in<br />
realer Landschaftskulisse mit 2.000 Plätzen und einer zwei uadratkilometer<br />
großen Fläche als Bühne. Ein Wahnsinn. Und so endet mein<br />
Abenteuer mit einem Paukenschlag des chinesischen Spektakels unter<br />
südchinesischem Himmel, bevor mich nun der Zug mit der Nummer<br />
K158 zurück in die Millionenmetropole Beijing bringt.<br />
INFO<br />
HOTEL Yangshuo Mountain Retreat<br />
www.yangshuomountainretreat.com, Doppelzimmer ab € 49<br />
Fremdenverkehrsamt der Volksrepublik China<br />
www.china-tourism.de<br />
VISUM für China www.visaforchina.org<br />
ZUGINFOS The Man in Seat 61, www.seat61.com<br />
TICKETS für die Impression Sanjie Liu Show über Get your<br />
Guide www.getyourguide.de<br />
herbst <strong>2019</strong><br />
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121
DIE<br />
INSEL<br />
DES<br />
DI<br />
GONG<br />
122 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>
ASIEN ASIEN | Philippinen | China<br />
B text<br />
Marie Tysiak<br />
Der philippinische Archipel in Südostasien ist wunderschön:<br />
Traumstrände, Regenwald, eine farbenfrohe Unterwasserwelt<br />
und lebensfrohe Menschen. Kein Wunder also, dass sich<br />
Redakteurin Marie Tysiak nach ihrem Abitur in das Inselreich<br />
verliebte, dort lebte und liebend gern dorthin zurückkehrt.<br />
Diesmal führte ihr Flug in den Süden des Landes nach<br />
Mindanao. Ein Besuch zwischen Paradies und Politik.<br />
herbst <strong>2019</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
123
ASIEN | Philippinen<br />
B»Bääh.« Ich kann mir einen leicht angewiderten Kommentar nicht<br />
verkneifen, als der Marktverkäufer meine frisch gekaufte Durian mit<br />
seinen kräftigen Händen in zwei Häften teilt. Ein penetranter Geruch<br />
geht von der Frucht aus, besonders appetitlich sieht ihr Inneres auch<br />
nicht aus. Ein paar Teenies haben sichtlich belustigt einen Kreis um<br />
uns gebildet und kichern. Ihre dunkelbraunen Schokoladenaugen<br />
beäugen mich neugierig. Mit einer ermutigenden Geste hält mir der<br />
Mann die Frucht hin, ich traue mich und nehme ein Stück des gelben<br />
Fruchtfleischs aus der großen stacheligen Schale. Mir ist sofort<br />
klar, wieso man sie im Volksmund »Stinkefrucht« nennt, warum ihr<br />
Transport in Flugzeugen und manchen Bussen untersagt ist. Durian<br />
müffelt. Der Geruch ist schwer in Worte zu fassen – faul, fruchtig und<br />
frisch zugleich –, und er liegt so schwer in der feuchten Luft, dass ich<br />
kaum noch zu atmen vermag.<br />
»King of the Fruits« nennen die Menschen in der Davao-Region<br />
der Philippinen diese Frucht. Man ist stolz auf sie, schließlich wird<br />
das Super-Food auf den Philippinen nur hier auf der Insel Mindanao<br />
angebaut. Um dann als Curry verkocht oder zu Eis, Kuchen, Marmelade<br />
und allen anderen möglichen Speisen weiterverarbeitet zu werden.<br />
Oder eben beim Straßenhändler unter bunten Markisen zwischen Ber-<br />
gen tropischer Köstlichkeiten frisch verzehrt zu werden. Ich beiße in<br />
die gelbe Masse, vergrabe meine Zähne in dem harten Kern darunter.<br />
Das Gelächter der Teenies wird lauter – ich lasse mich von dem Gestank<br />
und der Aufmerksamkeit nicht ablenken.<br />
Mein persönliches Fazit: Es schmeckt scheußlich. Nichts, was<br />
man freiwillig und zum Genuss essen möchte. Selbst auf den Philippinen<br />
scheiden sich die Geister, wenn es um den Geschmack von<br />
Durian geht. Doch worüber sich alle Filipinos einig zu sein scheinen:<br />
die schönste Stadt des Landes. Einstimmig hallt es da »Davao City«.<br />
In Europa hat man selten etwas von dieser City gehört, dabei ist sie<br />
eine der größten Städte der Welt. Flächenmäßig. Da schlägt sie mit<br />
knapp 4.000 uadratkilometern selbst New ork. Doch nur gut 2,5<br />
Millionen Einwohner bewohnen diese Fläche. Kein Wunder also, dass<br />
inmitten der Stadt Bananen, Ananas, Kakao und Kaffee – und eben<br />
auch Durian – gedeihen. Wenn ich mich so an dem kleinen Obststand<br />
umsehe, wundert es nicht, dass man Davao auch gerne als »Fruit Basket<br />
of the Philippines« bezeichnet. Kaum anderswo sind die Mangos<br />
süßer, die Pomelos saftiger – naja und die Durians eben stinkiger.<br />
Dass man in Europa kaum von dieser Stadt gehört hat, hat primär<br />
zwei Gründe. Erstens: Nur wenige südostasiatische Mega-Cities loh-<br />
»King of the Fruits«<br />
nennen die Menschen in der Davao-Region<br />
der Philippinen diese Frucht.<br />
Gal bewirtet ihre Gäste mit frischen<br />
Kokosnüssen. Sie hat gut lachen.<br />
Gal bewirtet ihre Gäste mit frischen<br />
Kokosnüssen. Sie hat gut lachen.<br />
124 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>
Im Restaurant<br />
Onkel Taa kochen<br />
drei Frauen aus<br />
drei Generationen.<br />
Janett ist zudem<br />
eine passionierte<br />
Kräuterfachfrau. Zum<br />
krönenden Abschluss<br />
gibt es bei Onkel Taa<br />
ein Gläschen aus den<br />
Schnapsnasen.<br />
Geschmacksfrage: Durian ist nicht jedermanns Sache. In Davao jedenfalls kommt man nicht ums Probieren herum.<br />
Eine Busfahrt,<br />
die ist lustig,<br />
eine Busfahrt,<br />
die ist schön:<br />
Jeepneys<br />
werden die<br />
philippinischen<br />
Stadtbusse<br />
genannt, die<br />
gerne bunt<br />
verziert und mit<br />
lauter Musik<br />
ihre Passagiere<br />
befördern. Wer<br />
aussteigen will,<br />
klopft laut gegen<br />
die Decke<br />
des Busses.<br />
herbst <strong>2019</strong><br />
125
126<br />
Abgetaucht:<br />
Die Philippinen liegen<br />
auf dem Korallengürtel,<br />
der die Erde umspannt.<br />
Egal wo man abtaucht –<br />
es wird tierreich!
ASIEN | Philippinen<br />
»Wer die Philippinen nur von oberhalb<br />
der Wasseroberflache gesehen hat, hat<br />
nur die Halfte von ihnen gesehen.«<br />
nen sich für einen Städtetrip – wenn man vielleicht mal von Singapur<br />
und Saigon absieht. Da tanzt leider auch Davao City nicht aus der<br />
Reihe. Aber man muss zugeben: Die Stadt ist anders. Sauberer. Geordneter.<br />
Und doch versprüht sie die philippinische kreative Lebenskunst<br />
und Herzlichkeit, die beim ersten Betrachten purem Chaos gleicht.<br />
Beim genaueren Hinsehen fällt auf: Hier sind die Motorradfahrer, die<br />
sich durch das Gewirr aus Fahrradtaxis und bunten Jeepney-Bussen<br />
schlängeln, zum Helmtragen verpflichtet. Rauchen ist auf der Straße<br />
nur in bestimmten Bereichen gestattet. Es herrschen Anti-Diskriminierungsgesetze<br />
für Homosexuelle. Weitaus weniger Kinder gehen<br />
betteln (als beispielsweise in Manila oder Cebu). Man sieht kaum<br />
Müll am Wegesrand. Doch all dies hat seinen Preis – und dahinter<br />
steckt kein anderer als Rodrigo Duterte, der heutige Präsident der Philippinen.<br />
Zum zweiten Grund komme ich später.<br />
Von meinem Durian-Schock erholt, schlendere ich mit einer frischen<br />
Kokosnuss in den Händen die Straße entlang. Der Obstverkäufer<br />
hat sie mir mit einer Machete aufgeschlagen, mit einem Strohhalm<br />
trinke ich den frischen Saft also gleich aus der noch grünen Nuss. Ein<br />
paar der Teenies folgen mir, weiterhin kichernd. Ich biege in den Peoples<br />
Park ein, gegenüber der St.-Pedros-Kathedrale, der Hauptgemeinde<br />
von Davao. Wie so vieles in der Stadt, geht auch dieser Park auf das<br />
Werk von Duterte zurück. 22 Jahre lang war er Bürgermeister seiner<br />
Heimatstadt, heute regiert sie seine Tochter. Radikal ging er gegen Kriminelle<br />
und Straßenkinder vor, kein Mittel war ihm unrecht, um »für<br />
Ordnung zu sorgen«. Nach dem Vorbild, mit dem er Davao an die wirtschaftliche<br />
Spitze des Staates gepusht hat, verspricht er seinen vielen<br />
Anhängern im Land, nun die gesamten Philippinen »erfolgreicher« zu<br />
machen. Berichte über seine Methoden und Kontroversen sind mittlerweile<br />
ja auch zur Genüge nach Europa geschwappt.<br />
Durch den »Durian-Dome« – eine gigantische Kuppel in Durian-<br />
Form – trete ich in den grünen Park. Kinder spielen, während ihre<br />
Mütter lachend und auf dem Smartphone tippend auf den Bänken sitzen.<br />
Kunstskulpturen verteilen sich im Park.<br />
Doch: Alleine für einen Städtetrip lohnt sich Davao nicht. Aber<br />
die Stadt ist ein idealer Standort für Erkundungen ins Umland, denn<br />
eigentlich ist die südlichste Hauptinsel der Philippinen wie die Seele<br />
des Landes: Der höchste Gipfel, der Mount Apo, ragt im südlichen<br />
Stadtgebiet mit seinen knapp 3.000 Metern in den blauen Himmel.<br />
Traumhafte Wasserfälle rauschen im dschungeligen Inland, die Obstund<br />
Reis-Plantagen zählen zu den wichtigsten im Land. Und natürlich<br />
warten unzählige palmenüberladene Traumstrände mit perfekten<br />
Surferwellen darauf, erkundet zu werden. Die lebensfrohen Filipinos,<br />
die am Abend bei Karaoke und Bahalina (bitterer Kokosnusswein) beisammensitzen,<br />
versprühen Gastfreundschaft und Fröhlichkeit pur. Fast<br />
an jedem Wochenende feiert die ganze Stadt bei einer Fiesta – der Partyhöhepunkt<br />
ist in Davao Mitte August, wenn beim Kadayawan-Festival<br />
traditionell kostümierte Tanzgruppen durch die Straßen paradieren.<br />
Natürlich lasse ich mir das paradiesische Umland nicht entgehen. Deswegen<br />
besteige ich am Folgetag vom St. Ana Pier in Davao eines der wackeligen<br />
Boote gen Samal Island. Das Wetter könnte nicht traumhafter<br />
sein für Inselhopping. Die Sonne knallt vom strahlend blauen Himmel,<br />
eine leichte Brise sorgt für Erfrischung. Außerdem sind kaltes San-Miguel-Bier<br />
und Cola an Bord, aufgeschnittene Mangos laden zum Naschen<br />
ein. Knatternd nimmt die Bangka Kurs auf die vorgelagerte Trauminsel.<br />
Dicke Bambusstämme stützen das traditionelle Fischerboot zu<br />
beiden Seiten, Gischt spritzt mir ins Gesicht. Das Motorgeräusch übertönt<br />
alle Gedanken, wie ein Fliegenfisch flitzen wir über das tiefblaue<br />
Wasser. Das palmenüberladene Ufer hinter uns verschwimmt zu einem<br />
grünen, wilden Horizont. Dafür nimmt vor uns Samal Island Form an,<br />
erste Felsformationen ragen aus dem Wasser. Kurz vor der Ankunft im<br />
Pearl Farm Beach Resort halten wir an einem schwimmenden Haus.<br />
Die Wände offen, schaukelt es auf einer kleinen Holzplattform in den<br />
seichten Wellen. »Willkommen im Taclobo Giant Clam Sanctuary« ruft<br />
uns der Mann in lässiger Badehose und Flip-Flops zu, der sich von<br />
seinem Plastikstuhl auf der schmalen »Terrasse« des schwimmenden<br />
Hauses erhoben hat. Und wedelt mit einer Handvoll Schnorchelbrillen.<br />
Das lasse ich mir nicht zweimal sagen. Ein Sprichwort besagt: »Wer die<br />
Philippinen nur von oberhalb der Wasseroberfläche gesehen hat, hat<br />
nur die Hälfte von ihnen gesehen.«<br />
Und Taucher wissen: Die Unterwasserwelt der Philippinen ist ein<br />
Ebenbild der Schönheit der Inseln über dem Meeresspiegel. Wild, bunt,<br />
artenreich – und jede der 7.641 Inseln ein wenig einzigartig. An manchen<br />
Tauchspots schauen Walhaie vorbei, an anderen Meeresschildkröten,<br />
und keiner der bunten Korallengärten gleicht dem nächsten.<br />
Als ich meinen Kopf vor Samal Island unter Wasser tauche, leuchten<br />
mir ein Dutzend großer Riesenmuscheln entgegen. Über einen Meter<br />
lang, erstrahlt ihr leicht geöffnetes Inneres türkis, lila oder manchmal<br />
gelb. Vor Samal wird die gefährdete Muschel geschützt, und Touristen<br />
können sich an ihrer Schönheit erfreuen.<br />
So sitze ich also kurze Zeit später mit feuchten und salzigen Haaren<br />
im Pearl Farm Beach Resort auf Samal Island und kann mein Glück<br />
gar nicht fassen. Ich bin im Paradies gelandet. Wunderschön recken<br />
die hölzernen Bungalows ihre Veranda aus dem dichten Grün über das<br />
Wasser, Palmen wanken im Wind. Im Restaurant gleich am Strand wird<br />
köstliches Kinilaw serviert. Die philippinische Variante der Ceviche aus<br />
frischem Thunfisch, Makrele und Schwertfisch ist gut mit Chili, Zwiebeln<br />
und Essig mariniert und zergeht im Mund. Vor mir glitzert ein<br />
Infinity-Pool. Das Pearl Farm Beach Resort kann sich mehr als sehen<br />
lassen – wer einen der begehrten Übernachtungsspots bekommt, bleibt<br />
am besten ein paar Tage. Doch ich habe noch Pläne für meine weiteren<br />
Tage. Schließlich möchte ich ja auch noch in die Berge. Und praktischerweise<br />
sind auch diese unmittelbar von Davao aus erreichbar.<br />
Der Van holpert am späten Nachmittag über Schlaglöcher in Richtung<br />
Mount Apo. Doch dann biegt er am Fuß des in Wolken gehüllten<br />
herbst <strong>2019</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
127
ASIEN | Philippinen<br />
Das palmenuberladene Ufer<br />
hinter uns verschwimmt zu einem<br />
grunen, wilden Horizont.<br />
Berges nach rechts. Einfache Holzhütten reihen sich entlang der Straße,<br />
Kinder spielen auf dem Asphalt, auf einem Basketball-Feld steigt<br />
gerade eine spannende Partie der Männer-Dorfmannschaften. Dann<br />
kommt eine Weile wieder nichts, nur Palmen, so weit das Auge reicht.<br />
Die Kokospalme, auf Philippinisch »buko«, wird hier auch der Baum<br />
des Lebens genannt: Sein Stamm liefert Holz für Häuser und Boote,<br />
die Blätter decken Dächer, und ihre Nüsse spenden Trank und Speis.<br />
Selbst die leeren Kokosnuss-Schalen werden noch zu Kohle weiterverarbeitet.<br />
Der Anblick der Abertausenden Palmen über weite Hügel<br />
gleicht einem Tropentraum der Superlative.<br />
Im nächsten kleinen Dorf ragt eine Moschee hinter den Hütten hervor.<br />
Ein ungewöhnlicher Anblick für die Philippinen. Denn 300 Jahre<br />
spanische Kolonialzeit haben ihre Spuren hinterlassen, Papst Franziskus<br />
wird hier als Popstar gefeiert. Aber das ist der zweite Grund, warum<br />
die geheime Schönheit – Davao – international völlig unbekannt<br />
geblieben ist. Die Stadt ist nämlich die Hauptstadt von Mindanao, und<br />
über Mindanao spricht man nicht gerne international.<br />
Denn dann müsste man zwangsläufig auch über die Abu Sayyaf<br />
sprechen. Also auch über Terror und Krieg.<br />
Denn: Auf der Insel Mindanao herrscht seit Jahrhunderten ein Disput,<br />
der als Moro-Konflikt bekannt ist. Während die Spanier bereits im 16.<br />
Jahrhundert die meisten Inseln der Philippinen unter ihrer Kontrolle<br />
hatten, besiedelten von Malaysia kommende Muslime den südlichen<br />
Teil. Unter anderem auf der Hauptinsel Mindanao und dem Sulu-Archipel<br />
und den Tawi-Tawi-Inseln wurden Sultanate errichtet, die sich<br />
blutig den Übernahmeversuchen der europäischen Katholiken widersetzte.<br />
Dennoch erklärte man diesen Teil später zu den Philippinen,<br />
systematisch wurden Christen in die Regionen versetzt, um so die<br />
Sultanate zu zersplittern. Seit jeher kämpft die muslimische Minderheit<br />
mit der Moro Islamic Liberation Front, kurz als MILF bekannt<br />
(übrigens lange bevor das Kürzel seine heutige Bedeutung erlangte!)<br />
auf Mindanao für einen unabhängigen Staat – den sie 2014 unter Präsident<br />
Aquino mit einem Friedensvertrag und einer autonomen Region<br />
namens »Bangsamoro« im Südosten der Insel ersiegt haben. Auch<br />
Duterte sicherte ihnen teilweise Autonomie zu. Doch noch immer<br />
nutzen Terrorgruppen, allen voran die Abu Sayyaf, den Konflikt für<br />
ihre eigenen Zwecke. Deswegen wird von Reisen in den Südosten von<br />
Mindanao, besonders auf das Sulu-Archipel, weiter abgeraten.<br />
Jump! Im Paradies<br />
der über 7.000 Inseln<br />
genießen auch die<br />
Einheimischen die unzähligen<br />
Traumstrände<br />
am Wochenende.<br />
Ironischerweise<br />
können verhältnismäßig<br />
wenige Filipinos<br />
schwimmen.<br />
Haus am Meer: Am<br />
Stadtrand von Davao<br />
erheben sich die<br />
Häuser auf Stelzen am<br />
Ufer, davor ankert ein<br />
Fischerboot, Bangka<br />
genannt. Wirtschaftlich<br />
sind die Philippinen<br />
nach wie vor eines<br />
der ärmsten Länder<br />
der Welt – und die<br />
Blechhütten müssen<br />
ständig Erdbeben und<br />
tropischen Stürmen<br />
trotzen.<br />
128 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>
Herr Huang ist einer<br />
von Guilins Kormoranfischern.<br />
Schwere Last: Dieser Karabaw zieht einen Karren voll Kokosnüsse. Auf den Philippinen arbeiten viele Menschen als Bauern und Fischer,<br />
Kokosnusspalmen, Ananasplantagen und Reisfelder zieren die Landschaft. Abends sitzt man nach getaner Arbeit gesellig bei einem Red<br />
Horse oder Tanduay zu Karaoke-Musik beisammen. Es gibt kaum ein Land, in dem so viel gelacht und gesungen wird.<br />
herbst <strong>2019</strong> 129
ASIEN | Philippinen<br />
Herausgeputzt: Der Philippinenadler trägt je nach Laune eine<br />
völlig andere Frisur. Zur Fiesta verkleiden und schminken sich<br />
schon die Kleinsten und tanzen in Paraden durch die Straßen.<br />
Natürlich mit ordentlich Musik.<br />
Auch wenn diese Region weit weg von Davao ist und hier die wenigen<br />
Moros (wie die Muslime auf den Philippinen genannt werden)<br />
friedlich mit den Christen zusammenleben – die jahrelangen Kämpfe<br />
haben der Reputation der gesamten Provinz, Davao eingeschlossen,<br />
massiv geschädigt. Und so sehe ich, während meiner ganzen Zeit rund<br />
um die Stadt, kaum andere internationale Touristen.<br />
Dabei ist Davao für Touristen ähnlich sicher wie der Rest der Philippinen.<br />
Manche Stimmen behaupten sogar, es sei dank Dutertes früherer<br />
Bürgermeisterschaft sicherer – auch wenn man leider auf den<br />
Philippinen nie weiß, ob die Aussage eine Marketingmasche des Präsidenten<br />
ist. In jedem Fall ist es hier wunderschön, authentisch und noch<br />
absolut vom Massentourimus verschont, anders als in El Nido, Bohol<br />
oder Boracay. Ein paar Abstriche im Komfort sind da schnell vergessen.<br />
Bei den Filipinos hat sich die Stadt bereits seit einer Weile als beliebter<br />
Urlaubsort etabliert. Besonders Outdoor-Fans und Wildlife-Fotografen<br />
schätzen die einzigartige Flora und Fauna im Hinterland von Davao.<br />
Eine Spezies kann da nicht unerwähnt bleiben: der Philippinenadler.<br />
Schon lange gilt er als Symbol des Artensterbens – denn heute gibt es<br />
nur noch wenige Hundert der wunderschönen, gigantischen Vögel. Ihr<br />
Lebensraum in den dichten tropischen Wäldern auf Mindanao wird<br />
durch Abholzung und Bejagung stark begrenzt. Einmal eines dieser<br />
wildlebenden Tiere vor die Linse zu bekommen, bleibt ein lang gehegter<br />
Traum vieler, nicht nur auf den Philippinen.<br />
Doch für das monatelange Ausharren in Baumhäusern, im Regenwald<br />
– wie es beispielsweise der Filmemacher Neil Rettig für den berührenden<br />
Film »Bird of Prey« birdofpreymovie.com tat –, um einen<br />
der scheuen Vögel zu Gesicht zu bekommen, habe ich nicht die Zeit.<br />
Deswegen ist mein Ziel für heute das Malagos Garden Resort. Hier<br />
gibt es nicht nur die beste Schokolade der Philippinen, Rafting, Wandern<br />
und ein echtes Dschungelgefühl – im nahe gelegenen Philippine<br />
Eagle Center kann man den seltensten Adler der Welt bestaunen.<br />
Denn hier werden kranke oder angeschossene Vögel aufgepäppelt und<br />
warten auf ihre hoffentlich baldige Wiederauswilderung. Morgen früh<br />
möchte ich gleich los – ich bin fast ein wenig aufgeregt, denn dieser<br />
Vogel bleibt einfach eine Faszination für mich.<br />
Die Sonne ist schon hinter den Palmenkronen verschwunden, als<br />
ich vor dem Malagos Garden Resort aus dem Van hopse. Trotz nur kurzer<br />
Fahrt ist die Luft hier kühler und weitaus feuchter, als stünde der<br />
allabendliche Regen kurz bevor. Mir steigt ein altbekannter Duft in die<br />
Nase – auf der anderen Straßenseite erhasche ich den Durian-Verkaufsstand.<br />
Vielleicht kann ich mich ja sogar an diesen Geruch gewöhnen.<br />
INFO<br />
FLUG Seit diesem Jahr fliegt Qatar Airways Davao City einmal<br />
wöchentlich direkt von Doha an – und verbindet damit die Großstadt<br />
international gen Westen. Man kann unkompliziert einen<br />
Zwischenstopp in Katar einlegen. www.qatarairways.com<br />
Nützliche Infos rund um die Philippinen und die Region Davao liefert<br />
das Department of Tourism unter www.morefunphilippines.<br />
de oder www.davaotourism.ph.<br />
ÜBERNACHTUNG Das Pearl Farm Beach Resort auf Samal<br />
Island bietet unterschiedliche Zimmerkategorien,<br />
auch Overwater-Villas. Ab € 225, mehr Infos<br />
unter www.pearlfarmresort.com<br />
Den <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>-Guide finden<br />
Sie unter www.<strong>reisen</strong>exclusiv.com/<br />
guide-philippinen<br />
Fotos: Marie Tysiak (4), Warren Camitan, Arthur Lao/Shutterstock.com, Alexis Revamonte/Shutterstock.com, saiko3p/Shutterstock.com, OvuOng/Shutterstock.com, Alaz/Shutterstock.com, Aleksei Kornev/Shutterstock.com<br />
130 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> herbst <strong>2019</strong>
SERVICE<br />
AUSGEZEICHNET gewartet<br />
Die schönste Flughafenlounge wurde gekürt! Laut World Travel Awards warten<br />
Flughafengäste in der THE LOFT by Brussels Airlines & Lexus Lounge so schön<br />
wie sonst nirgendwo in Europa. Die erst 2018 am Flughafen Brüssel eröffnete<br />
Lounge erwartet ihre Gäste mit belgischen Pralinen, Grohe Duschkabinen,<br />
Schlafräumen mit Sternenhimmel, preisgekrönter Kunst, Weinproben,<br />
Gourmet-Küche aus biologischem Anbau und vielem mehr. So stilvoll<br />
wartet man gerne auch mal etwas länger auf den Flug.<br />
www.brusselsairlines.com<br />
IMMER<br />
VERNETZT<br />
Jeder Reisende kennt das<br />
Problem: kein Internet auf<br />
dem Smartphone im Urlaub.<br />
Mobile Daten sind zu teuer,<br />
eine ausländische Sim-Karte<br />
lohnt sich nicht oder das<br />
Hotel-WLan ist grauenvoll.<br />
Da verspricht Skyroam die<br />
Lösung. Der kleine orangene<br />
Reisebegleiter Solis X<br />
Smartspot verspricht überall<br />
dort, wo lokaler Handy-Empfang<br />
ist, schnelles WLAN<br />
für bis zu zehn (!!) Geräte.<br />
Je nach Bedarf kann man<br />
eine Internetflatrate buchen<br />
oder die verbrauchten Daten<br />
abrechnen lassen. Übrigens<br />
muss man das Gerät nicht<br />
gleich für 149 Euro kaufen –<br />
man kann es auch nur für den<br />
Urlaub mieten. Mit integrierter<br />
Kamera, Powerbank und<br />
Smart Assistant.<br />
www.skyroam.com/eu<br />
Fotos: Mei Yi/Shutterstock.com, PR (2)<br />
Strawberry kind of Life<br />
Nein, dies ist kein Erdbeerverkaufsstand. Dies ist eine Bushaltestelle. Denn in<br />
Konagai in der Nagasaki-Präfektur in Japan wartet man in einer Melone,<br />
Tomate, Orange oder eben Erdbeere auf den Bus. Die Idee kam bei einer<br />
Reisemesse in Osaka so gut an, dass man kurzerhand in dem kleinen Städtchen<br />
14 Bushaltestellen die Form von Obst und Gemüse verpasste.<br />
NÄCHTLICHE JAGD: Redakteurin Marie Tysiak machte sich auf die Suche nach Nordlichtern in einem abgedunkelten Flugzeug über Faröer.<br />
Ob sie bei ihrem Polarlichterflug erfolgreich war, lest ihr ab S. 132 – ROADT(R)IPPING: Ein Roadtrip im Ausland kann ganz schnell ganz schön<br />
teuer werden – wenn man sich mit den Verkehrsregeln im Urlaubsland nicht auskennt. Wir verraten die absurdesten Verkehrsregeln und was<br />
sie zur Folge haben können. S. 135<br />
frühling 2016<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
131
SERVICE<br />
Die Wunder<br />
des Nachthimmels<br />
WAS MACHT UNSERE REDAKTEURIN MARIE TYSIAK NACHTS UM DREI UHR ÜBER<br />
ISLÄNDISCHEM LUFTRAUM? IN EINER STOCKFINSTERNEN BOEING-MASCHINE, ALLE<br />
NOTAUSGANGSSCHILDER ABGEKLEBT, DIE PLÄTZE VON MUCKSMÄUSCHENSTILLEN,<br />
SCHWARZ GEKLEIDETEN MENSCHEN BESETZT? RICHTIG, SIE IST AUF DER JAGD NACH<br />
NORDLICHTERN. DAS ERLEBNIS EINES POLARLICHTERFLUGS.<br />
132<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>
Ich trete vor die große Anzeigetafel. Alles scheint vertraut: Die vielen<br />
Urlaubsziele, die dort in digitalen Lettern geschrieben stehen, daneben<br />
blinkende Gatenummern. Das Treiben in der großen Glashalle des<br />
Köln-Bonner Flughafens ist ein Heimspiel für mich. Und doch ist heute<br />
alles anders. Denn ich trete gleich zu einem absurden Flug an, auf der<br />
Anzeigentafel an sechster Stelle. Ein blinkendes Symbol leuchtet auf:<br />
Polarlichtflug X3 8950 von Köln/Bonn in den Luftraum von Faroer und<br />
anschließend zurück nach Köln/Bonn, Abflug 21 Uhr, ist nun bereit<br />
zum Check-in.<br />
Die schwarze Nordlichter-Crew<br />
Aurora Borealis. Symbol des hohen Nordens, mystisch und romantisch<br />
– doch im Endeffekt eine simple physikalische Erscheinung. Ich habe<br />
sie noch nie gesehen, dabei war ich schon im winterlichen Russland<br />
oder in Kanada unterwegs. Doch für Polarlichter muss man eben nicht<br />
nur am richtigen Ort sein, sondern auch zur richtigen Zeit. Und auch<br />
dann kann es Wolken geben, oder sie sind einfach nicht da – wie bei so<br />
vielen natürlichen Phänomenen gibt es keine Garantie für Nordlichter.<br />
Doch heute stehen meine Chancen auf Grün, und zwar wörtlich. Ich<br />
scheine nicht die Einzige zu sein, die nun endlich Nordlichter sehen<br />
möchte. Vor dem Check-in reiht sich eine gepäcklose Schlange<br />
schwarz gekleideter Menschen allen Alters und Konstellationen. Eclipse-Reisen.de<br />
ist das Projekt eines Reiseveranstalters aus Bonn, das<br />
sich auf astrophysische Reisen aller Art spezialisiert hat. Für das Polarlicht-Erlebnis<br />
wird in Zusammenarbeit mit Air Partner eine reguläre<br />
Urlaubsmaschine gechartert, in diesem Jahr von TuiFly. Der Plan: Kurs<br />
auf Faroer nehmen, dort die Nordlichter bestaunen und zurück. Sechs<br />
Stunden soll der Spaß dauern.<br />
..<br />
Von Sonnenwind und Erdatmosphare<br />
Mit meiner Bordkarte Flug Köln/Bonn nach Köln/Bonn schlendere ich<br />
durch den Flughafen und nehme vor Gate D60 Platz. Ein wenig sieht es<br />
so aus, als würde auf dieser großen freien Fläche hinter dem letzten Gate<br />
eine Tagung stattfinden: eine Leinwand mit Beamer, ein Rednerpult, dahinter<br />
ein großes Banner. Als alle schwarz gekleideten Nordlichtjäger auf<br />
den Stühlen Platz genommen haben, betritt Reiseleiter Stefan Krause –<br />
Und plötzlich brannte der Horizont:<br />
Doch Autorin Marie sah die Lichter<br />
bläulich, die Linse fing das Leuchten<br />
jedoch Grün ein.<br />
herbst <strong>2019</strong><br />
133
SERVICE<br />
Heimspiel: Beim Polarlichterflug<br />
ist Start und Ziel Köln/Bonn,<br />
doch was dazwischen geschieht,<br />
gleicht keinem gewöhnlichen<br />
Urlaubsflug.<br />
ebenfalls in schwarzem Rollkragen-Pullover –<br />
das Rednerpult. Freundlich begrüßt er uns zu<br />
diesem besonderen Flug und erzählt ein wenig<br />
zum Ablauf und zu den Hintergründen. Schließlich<br />
möchte er uns aber nicht ohne eine kleine<br />
Einführung zum Flug entlassen, ist er ja nicht<br />
allein wegen der spektakulären Aussichten ein<br />
Liebhaber des Nachthimmels. Es folgt eine<br />
Präsentation auf der Leinwand, detailreich und leidenschaftlich erklärt<br />
er uns – hauptsächlich Astro-Laien – die physische Tiefe hinter den bunten<br />
Lichtern am Himmel. Ich schalte irgendwann ab, doch die Grundinfos<br />
finde ich mehr als spannend:<br />
Man könnte sagen, dass das Himmelsleuchten nichts anderes ist als<br />
Sonnenstaub, der in die Erdatmosphäre dringt. In regelmäßigen Abständen<br />
löst sich nämlich Material von der Oberfläche der Sonne. Dieser<br />
sogenannte Sonnenwind wirbelt dann umher und dringt in die Erdatmosphäre<br />
ein. Treffen diese geladenen Teilchen auf genügend Sauerstoff<br />
und Stickstoff (was ab etwa 95 Kilometer Entfernung von der Erdoberfläche<br />
passiert), reagiert der Sonnenwind und leuchtet auf. Je nach Menge<br />
und Geschwindigkeit scheinen diese Lichter grün, rot oder sogar lila. Fun<br />
Fact: Auch wenn die Lichter auf den vielen beeindruckenden Fotos, die<br />
zur Genüge Instagram füllen, knallgrün leuchten – das menschliche Auge<br />
sieht sie mitunter nur in einem gräulichen Schimmer, so schwach ist die<br />
grüne Farbe. Die Kamera widerum, meist mit Langzeitbelichtung, fängt<br />
diesen Schimmer in buntesten Farben ein.<br />
Und warum sieht man die Polarlichter nur in gewissen Regionen und<br />
zu gewissen Jahreszeiten? Das ist simpel. Denn die Erde besitzt Magnetfelder,<br />
und diese leiten die Sonnenteilchen ganz natürlich zu den Polen.<br />
Ja, auch am Südpol gibt es Polarleuchten, sogenannte Aurora Australis.<br />
Doch nicht zu allen Jahreszeiten steht die Erde im richtigen Winkel zur<br />
Sonne – am wahrscheinlichsten treten Himmelslichter im Frühjahr und<br />
<strong>Herbst</strong> auf. Zudem ist es im Sommer ja oft die ganze Nacht hell.<br />
Was wie ein normaler Urlaubsflug beginnt …<br />
Mit viel Wissen gefüttert, geht es nun endlich los. 115 Leute sind an<br />
Bord der Boeing 737, bis zu drei Passagiere teilen sich eine Sitzreihe und<br />
das Fenster. Was wie ein normaler Urlaubsflug beginnt – Sicherheitseinweisung,<br />
Abflug, Essen –, wird kurz darauf zur Dunkelkammer: Das<br />
gesamte Licht im Flugzeug wird abgeschaltet, selbst die Notausgangsschilder<br />
werden anschließend abgeklebt. Das Fotografieren mit Blitz ist<br />
untersagt, selbst Handy- und Kameradisplays sind tabu.<br />
»Denn nur so können sich Ihre Augen vollständig an die Dunkelheit<br />
gewöhnen und die wahre Schönheit der Lichter sehen«, erklärt Stefan<br />
Krause durch das Mikrofon. Zwei professionelle Fotografen fangen das<br />
Erlebnis für alle ein. Die einzigen Lichtquellen sind nun die Abertausenden<br />
Sterne am Nachthimmel. »Wir haben jetzt den isländischen Luftraum<br />
erreicht, die Prognosen stehen gut«, klärt Stefan Krause uns auf. Zuvor<br />
hatte er uns erklärt, dass viele Apps, die die Nordlichter über Tage hinweg<br />
voraussagen wollen, völliger Quatsch sind. Mithilfe von Weltraumwetterdaten,<br />
die den Eintritt von Sonnenwind in die<br />
Erdatmosphäre angeben, kann eine einigermassen<br />
zuverlässige Prognose bloß für die<br />
nächsten Stunden aufgestellt werden – aber<br />
auch dann bleibt alles unbestimmt (Webseiten-Tipp:<br />
www.spaceweatherlive.com). Und<br />
so hört man auch ein wenig Spannung in<br />
seiner Stimme, denn selbst wenn heute die<br />
Nacht ist, in der die Lichter am wahrscheinlichsten sind, weiß man nie.<br />
Beim Kauf des Flugtickets gab es keine Garantie für Nordlichter. »Und<br />
jeder Flug ist anders«, ließ Stefan Krause vor Abflug verlauten. Seit 2014<br />
findet der Flug von Deutschland zweimal im Jahr statt.<br />
… wird zum Feuerzauber am Nachthimmel<br />
Doch heute haben wir Glück: Was zunächst wie ein leicht gräulicher<br />
Schleier am Horizont erscheint, entwickelt sich zum wahren Polarlichtersturm.<br />
In Schlangenlinien kreist der Pilot umher, nach jeder Kurve wird<br />
der Fensterplatz gewechselt. Auch wenn sich die Augen schnell an das<br />
Dunkel gewöhnt haben, purzeln wir beim Platztauschen förmlich übereinander<br />
– dass meine beiden Sitznachbarn Dirk heißen, macht das Ganze<br />
nicht einfacher. Stefan Krause und sein Betreuerteam tapsen durch die<br />
Reihen, erklären mit Geduld alles gerne noch mal. Als ich ihm erzähle,<br />
dass ich mir die Lichter bunter vorgestellt habe, sagt er, dass es vielen<br />
so ginge. Weil Fotos eben nicht die visuelle Erscheinung einfingen. Doch<br />
er sehe die Lichter heute grün. »Jedes Auge nimmt das Leuchten anders<br />
wahr, und meine sind natürlich sehr geübt darin.«<br />
Als sich schließlich alle sattgesehen haben und der Lichtersturm<br />
vorüberzieht, wendet der Pilot. Zeit für den Rückflug. Es ist mitten in<br />
der Nacht, ich kann meine Augen vor Müdigkeit nicht mehr offenhalten,<br />
die Dunkelheit beschleunigt den Prozess. Als ich die Lider wieder öffne,<br />
ist das Licht eingeschaltet, die Flugbegleiterinnen verteilen gerade ein<br />
Fläschchen Sekt und eine Urkunde für jeden.<br />
Stefan Krause schüttelt jedem beim Verlassen des Flugzeugs die<br />
Hand und bedankt sich. Er grinst nun breit – dieses Lichterspektakel<br />
hatte auch er nicht zu erhoffen gwagt. Vier Uhr morgens, ich trete aus<br />
der gläsernen Eingangshalle in die klare Nachtluft. Während ich auf mein<br />
Taxi warte und mich aufs Bett freue, blicke ich in den Nachthimmel. Was<br />
ich dort oben erleben durfte, erscheint mir jetzt schon wie ein Traum.<br />
Eine Sternschnuppe zischt über den Sternenhimmel – als wollte sie mir<br />
sagen: Nein, die Wunder des Nachthimmels gibt es wirklich, du musst<br />
nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein.<br />
INFO<br />
Eclipse-Reisen.de aus Bonn führt den Polarlichtflug in Zusammenarbeit<br />
mit Air Partner und TuiFly durch, der nächste Flug findet<br />
am 23. November <strong>2019</strong> von Köln/Bonn aus statt, Tickets ab<br />
€ 499. www.polarlicht-flug.de<br />
Fotos: Wilfried Bongartz, Marie Tysiak<br />
134<br />
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VERRÜCKTE<br />
FAHRREGELN WELTWEIT<br />
Bei einem Roadtrip im Urlaub lässt sich das Land auf tolle und flexible<br />
Weise erkunden. Doch in manchen Urlaubsländern herrschen einige<br />
außergewöhnliche Verkehrsregeln, die man vor der Fahrt kennen<br />
sollte – sonst wird es schnell teuer! Das sind die absurdesten.<br />
➥ Auto futsch: In Dänemark kann bei Alkohol am Steuer ab<br />
einem Wert von zwei Promille das Auto zwangsversteigert<br />
werden. In Italien kann das bereits ab einem Promillewert<br />
von 1,5 passieren.<br />
➥ Im Gegensatz zu den hiesigen Regeln haben in Frankreich<br />
die einfahrenden Autos Vorfahrt im »Rond-Point«, also im<br />
Kreisverkehr. Umgekehrt ist die Regelung in einem »Giratoire«,<br />
zu erkennen an den Vorfahrtsschildern.<br />
➥ In der Schweiz droht Rasern eine Gefängnisstrafe. Wer<br />
in der 30er-Zone ab 40 Kilometer pro Stunde zu schnell<br />
unterwegs ist, kann für mindestens ein Jahr ins Gefängnis<br />
kommen, auf der Autobahn muss dafür das Tempolimit um<br />
80 Stundenkilometer überschritten werden.<br />
➥ In Spanien gibt es sogar Rabatt beim Bußgeld: Wer innerhalb<br />
von 20 Tagen seine Rechnung begleicht, bekommt 50<br />
Prozent Erlass für die Strafe.<br />
➥ In Russland darf die Polizei Bußgelder ausstellen, wenn<br />
das Auto zu schmutzig ist.<br />
➥ Auf Hawaii gelten andere Verkehrsregeln als auf dem<br />
Festland. Wenn alle Plätze besetzt sind, dürfen Mitfahrer<br />
ab zwölf Jahren auf der offenen Ladefläche mitfahren. Wie<br />
in fast allen Staaten der USA darf man auch hier bei einer<br />
roten Ampel trotzdem rechts abbiegen. Nur Alkohol ist<br />
verboten – und zwar für alle Mitfahrer.<br />
IIllustration: Cosmaa/Shutterstock.com<br />
➥ Augen auf bei der Parkplatzsuche in Griechenland: Die<br />
Verbote richten sich nach den Kalendermonaten. Weisen<br />
die Halteverbotsschilder einen senkrechten Strich auf,<br />
gelten sie in ungeraden Monaten – mit zwei Strichen in<br />
geraden Monaten. Auch in Großbritannien kann das<br />
Parken zur echten Aufgabe werden. Eine gelbe Linie am<br />
Straßenrand zeigt ein Parkverbot an, kurzzeitiges Halten<br />
ist aber erlaubt. Ist eine einzelne rote Linie sichtbar, gilt<br />
das Parkverbot zwischen sieben und 19 Uhr. Zwei rote Linien<br />
sind die Kennzeichnung für ein absolutes Park- und<br />
Halteverbot. In Russland zeigen Kreise und Striche an,<br />
wann wo geparkt werden darf.<br />
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erscheint viermal im Jahr in der<br />
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Emil-Hoffmann-Str. 55–59<br />
50996 Köln<br />
Tel.: 02236 84880<br />
Fax: 02236 848824<br />
E-Mail: info@<strong>reisen</strong>exclusiv.com<br />
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Chefredakteurin<br />
Jennifer Latuperisa-Andresen<br />
Art Director<br />
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Einsendeschluss ist der 15. November <strong>2019</strong>.<br />
Redaktion<br />
Linda Ruckes,<br />
Frank Störbrauck, Marie Tysiak<br />
Mitarbeiter dieser Ausgabe<br />
Sinan Altinova<br />
Jan Malte Andresen<br />
Andreas Dauerer<br />
Celina Fuhrmann<br />
Norbert Eisele-Hein<br />
Simone Sever<br />
Susanne Wess<br />
Ala Zander<br />
Anzeigenleitung<br />
Susanne Gorny, sg@ella-verlag.de<br />
Anzeigen<br />
Andrea Vogel, av@ella-verlag.de<br />
Marketing & Kooperationen<br />
Margot Cremer,<br />
mcremer@ella-verlag.de<br />
Korrekturen<br />
Bärbel Philipp, textperlen.de<br />
Dokumentation<br />
Sebastian Heimer<br />
Titelbild Warren Camita<br />
Druck Bonifatius, Paderborn<br />
Vertrieb<br />
VU Verlagsunion KG, Hamburg<br />
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