reisen EXCLUSIV Sommer 2023
“Die Fühl-Dich-Frei-Ausgabe" Sri Lanka Schweden Alaska Dolomiten Mekong Mallorca Kentucky Hotel-Tipps Auf dem Rhein und vieles mehr
“Die Fühl-Dich-Frei-Ausgabe"
Sri Lanka
Schweden
Alaska
Dolomiten
Mekong
Mallorca
Kentucky
Hotel-Tipps
Auf dem Rhein
und vieles mehr
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<strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong><br />
Deutschland € 7,90 · Schweiz SFR 13,50 · Österreich € 9,00<br />
Die<br />
Fühl<br />
Frei Dich<br />
Ausgabe<br />
SRI LANKA<br />
AUF DEM MEKONG<br />
SCHWEDEN<br />
TOLLE HOTELTIPPS<br />
ALASKAS WILDNIS<br />
DOLOMITEN WANDERN
Menschen, Landschaften, Wildlife, Kultur<br />
ALLES KANADASTISCH!<br />
Der Blog mit allen wichtigen Infos zum<br />
schönsten Land der Welt<br />
WWW.KANADASTISCH.DE
EDITORIAL<br />
MACH DICH LOCKER, FÜHL DICH FREI<br />
Freiheit, ist das Einzige, was zählt. So Westernhagen. Doch wieso fühlt sich<br />
das Reisen an, als würden wir einen Happen Freiheit probieren? Habt ihr<br />
schon mal von der Sensation-Seeking-Theorie gehört? Da geht es darum,<br />
dass Menschen, die gerne <strong>reisen</strong>, eine höhere Risikobereitschaft haben.<br />
Und vermutlich auch die Bereitschaft in sich tragen, andere Risiken einzugehen.<br />
Wie beispielsweise Drogenkonsum oder Extremsport. Zumindest<br />
lautet so die Theorie in der Psychologie.<br />
Durch neue Reize, wie beispielsweise auf Reisen, beziehen Menschen mit eben entsprechender<br />
Persönlichkeitsstruktur einen Teil ihrer Lebenszufriedenheit. Zum einen ist<br />
man laut der Theorie des US-Psychologen Marvin Zuckerman stets auf der Suche nach<br />
neuen, komplexen und intensiven Empfindungen; zum anderen ist man bereit, dafür<br />
gewisse – zum Beispiel finanzielle und soziale – Risiken einzugehen.<br />
Ich würde sagen, auf meinen Freundeskreis trifft dies zu 100 Prozent zu. Doch warum<br />
fühlen wir uns beim Reisen frei? Psychologe Jürgen Kagelmann fasste es einmal so zusammen:<br />
»Im Prinzip ist das Grundmotiv der Reise, eine ins Ungleichgewicht geratene<br />
Befindlichkeit durch ein temporäres Weggehen wieder in Ordnung zu bringen!« Verlassen<br />
der Alltagsstrukturen also. Zumindest auf Zeit. Das können wir alle gebrauchen.<br />
Deshalb haben wir dazu ein paar Ideen gesammelt.<br />
Frei fühlen in der Wildnis beispielsweise. Abgelegen und abenteuerlich in Alaska. Eventuell<br />
Auge in Auge mit einem Bären. Oder paddelnd und saunierend in Schweden. Oder<br />
aber auf verschlungenen Wegen durch Sri Lanka. Ein Elefant hier. Ein Tempel da. Und<br />
eine Tasse Tee. Ganz wie einem beliebt. Und dann wären da noch die Hotels, die Komfort<br />
versprechen. Und Service. Kein Bettenmachen. Kein Putzen. Frei sein. Einfach sein.<br />
Alles, was wir tun müssen? Die Sensation suchen. Und zwar nicht nur in der Theorie.<br />
Foto: Julia Breuer/juliaslieblinge; Illustration:GoodStudio/Shutterstock.com<br />
Jennifer Latuperisa-Andresen<br />
Instagram @fraumuksch<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
3
48ALASKA: Todesmutig<br />
wagte sich Reporter<br />
Norbert in die Nähe<br />
des Braunbären.<br />
102DOLOMITEN: Die fünf spektakulärsten<br />
Orte von Redakteurin Marie zwischen<br />
hoch hinaus und steil bergab.<br />
INHALT
90<br />
»Viel wandern<br />
macht bewandert.«<br />
MALLORCA:<br />
Das Belmond<br />
Residencia ist eine<br />
Künstleroase in Deià.<br />
Peter Sirius<br />
ASIEN<br />
NAH<br />
Fotos: Norbert Eisele-Hein, Belmond/ www.aquilamattiu.it, Kapreski/Shutterstock.com, William Martret<br />
26 Mekong<br />
Träumen erwünscht! Mit dem Boutique-Boot<br />
und reichlich Komfort eine Reise in eine<br />
andere Welt antreten.<br />
38 Sri Lanka<br />
Zum Nachmachen: Eine Reise durch Sri Lanka<br />
vom Strand zum Tee, vom Zahn zum<br />
Wolkenmädchen. Schwer zu verstehen?<br />
Dann besser lesen!<br />
USA<br />
48 Alaska<br />
Wenn es im Katmai Nationalpark laut grummelt,<br />
heißt es: Achtung, Bär! Die braunen Riesen sind<br />
hier zu Hause. Und Reporter Norbert<br />
war zu Besuch.<br />
58 Kentucky<br />
Zwischen Bourbon und »Black Beauty« ist<br />
Reporter Harald unterwegs im amerikanischen<br />
Süden.<br />
LIFESTYLE<br />
71 Creme dich ein!<br />
79 Lies dich schlau!<br />
85 Zieh dich an!<br />
112 Bring was mit!<br />
66 25 hours Indre By<br />
Durchgestylt schlafen in Kopenhagen:<br />
Wer farbenfrohe Möbel und Wände sowie<br />
verspieltes Interieur nicht mag, sollte<br />
woanders einchecken.<br />
72 Casa Baglioni<br />
Die neue Luxusherberge in Mailand<br />
überzeugt mit edlen Details im Herzen<br />
der Stadt.<br />
76 The David Kempinski<br />
Poleposition am Strand von Tel Aviv:<br />
Redakteur Frank testet das neue<br />
Kempinski Hotel.<br />
80 Aman Kyoto<br />
Hier stimmt alles: von Tatami-Matten in den<br />
Zimmern, Bonsai im Garten und fangfrischem<br />
Fisch zum Frühstück.<br />
86 Monte Carlo Beach Hotel<br />
Côte d’Azur, s’il vou plaît! Wer entspannen<br />
möchte wie die Schönen und Reichen,<br />
der ist hier goldrichtig.<br />
90 Belmond La Residencia<br />
Auf den Spuren der Kunst: Das Belmond<br />
La Residencia ist ein Kunstwerk für sich.<br />
Das Hotelensemble liegt traumhaft im<br />
Tramuntana-Gebirge Mallorcas.<br />
96 Schweden<br />
Und Action! Västervik zählt zu den<br />
beliebtesten <strong>Sommer</strong>zielen Schwedens.<br />
Die Gründe dafür haben den Anfangsbuchstaben<br />
»S«: schwimmen, segeln,<br />
saunieren.<br />
102 Dolomiten<br />
Die bizarren Felsformationen der<br />
Dolomiten erschaffen eine Kulisse wie aus<br />
einer anderen Welt. Grund genug, sie zu<br />
erwandern.<br />
108 Auf dem Rhein<br />
Reporterin Simone war bei der Jungfernfahrt<br />
der MS Viva Two auf dem Rhein an<br />
Bord und erklärt uns, was das 135 Meter<br />
lange Schiff so kann.<br />
STANDARDS<br />
03 Editorial<br />
06 Reisenews<br />
08 Take away<br />
09 Da wollen wir hin<br />
10 Esskalation<br />
12 Für kleine Weltenbummler<br />
14 Städtetipp Greifswald<br />
16 Nachgelesen<br />
18 Events<br />
19 Vorfreude<br />
24 Autor:innen der Ausgabe<br />
114 Gewinnspiel & Impressum<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
5
eisenews<br />
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte: Im Sandals Royal Curaçao liegt ganz schön viel Liebe in der Luft,<br />
denn hier turteln ausschließlich Verliebte, Verlobte und Verheiratete. Das Resort ist nicht nur ein Allinclusive-,<br />
sondern auch ein Couples-only-Resort. Romantik, wohin man blickt. Selbst der Pool ist als Herz<br />
geformt. So genießen die Gäste die Urlaubstage mit vollem Herzen: Beim Planschen im Pool, Candle-<br />
Light-Dinner am Strand oder Paarmassagen im Spa – mehr traute Zweisamkeit geht nicht. Ab und an<br />
sollte man seine Aufmerksamkeit vom Partner auf die Traumkulisse lenken. Das Resort liegt eingebettet<br />
zwischen 3.000 Hektar tropischer Natur, eingerahmt vom Karibischen Meer. Neun Außenpools – darunter<br />
ein zweistöckiger Infinitypool –, dreizehn Bars und acht Restaurants verteilen sich auf dem Gelände. Mit<br />
schicken Hollandrädern radelt man entspannt zwischen den Palmen von Spot zu Spot. Dabei ist wirklich<br />
alles all-inclusive – aber in schick! Auch der Butlerservice und alle Restaurants; und in den obersten<br />
Kategorien bekommt man sogar ein Mini Cooper Cabrio, in dem man die Insel erkunden kann, vor die<br />
Tür gestellt. Auch die Karibikinsel Curaçao selbst ist das perfekte Plätzchen für Verliebte. Die Insel wirkt<br />
intim und entspannt, sie gehört zu den Kleinen Antillen, die auch den Beinamen »Inseln unter dem Wind«<br />
tragen. Und die frische Brise an warmen Tagen ist wirklich ein Segen, versprochen. www.sandals.com<br />
Ein<br />
und<br />
eine Seele<br />
6<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
sommer <strong>2023</strong>
Mega<br />
Die Luxushotelkette Ritz-Carlton hatte bereits 2017 angekündigt, sich in<br />
unbekannte Gewässer aufmachen zu wollen und in den nächsten Jahren<br />
mit drei Luxusschiffen in See zu stechen. Ursprünglich sollte das erste Schiff,<br />
die Evrima, bereits 2020 die ersten Passagiere luxuriös übers Meer schippern,<br />
doch es wurde Oktober 2022. Das Warten hat sich gelohnt, denn die<br />
Evrima ist weniger ein Kreuzfahrtschiff, denn eher eine Megaluxusyacht mit<br />
gerade einmal 298 Gästen. Nun steht schon das zweite Schiff, die Ilma, in<br />
den Startlöchern. Sie geht 2024 auf Jungfernfahrt. Die Gäste schlafen in 228<br />
Suiten – jede mit einer privaten Terrasse, begehbarem Kleiderschrank und<br />
Kingsizebetten. Und werden von einem persönlichen Concierge und 24-Stunden-Zimmerservice<br />
umsorgt. Die Route? Hauptsächlich Ziele in der Karibik<br />
und in Europa. www.ritzcarltonyachtcollection.com<br />
Sand aufs<br />
Wenn Sand in Kunstwerke verwandelt<br />
wird, befindet man sich an<br />
der dänischen Nordseeküste. Das<br />
Sandskulpturenfestival in Søndervig<br />
feiert seinen 20. Geburtstag – und<br />
widmet das Jubiläum der griechischen<br />
Mythologie. So tummeln sich<br />
griechische Götter des Olymps<br />
wie Zeus, Poseidon, Aphrodite und<br />
Apollo erstarrt wie steinerne Riesen<br />
am Strand. Sehr beeindruckend, wie<br />
aus rund 12.000 Tonnen westjütländischem<br />
Sand solch unglaubliche<br />
Skulpturen geschaffen wurden.<br />
www.sandskulptur.dk<br />
Fotos: Universeum (2), Marriott International, Sandals, Tine Uffelmann/VisitNordseeland<br />
Fass dir ein<br />
Um ins All zu <strong>reisen</strong>, braucht man seit Anfang des Jahres nicht<br />
mehr weiter als nach Göteborg. Denn im Wisdome, der neu<br />
gebauten Kuppel auf dem Dach des Wissenschaftsmuseums<br />
Universeum, können Besucher nun visuelle Weltraum<strong>reisen</strong><br />
unternehmen. Eine 360-Grad-Leinwand mit modernster<br />
Visualisierungstechnologie ermöglicht die Ausflüge ins All.<br />
Da bekommt man richtig Herzklopfen vor Aufregung.<br />
Was für ein Trip! www.universeum.se/experiences/wisdome<br />
7
takeaway<br />
AIRWAYS.<br />
Laufen wie auf Wolken? Mit dem<br />
Running Sneaker von Ferragamo<br />
ist man auf Reisen für alle Eventualitäten<br />
gewappnet, so bequem<br />
ist man mit ihm unterwegs. Kleiner<br />
Sprint zum Gate? Kein Problem!<br />
€ 795<br />
WIN-WIN.<br />
Ob bei Langeweile, weil der Flug<br />
schon wieder Verspätung hat, oder<br />
aus purer Spielfreude am Urlaubsort:<br />
Das faltbare Schachbrett ist allzeit<br />
bereit für eine Partie und macht dabei<br />
in Himmelblau auch noch eine gute<br />
Figur. Dieses Mal gewinne ich! € 28<br />
COOL DOWN.<br />
Mit Schirm, Charme und<br />
Melone: Der Fächer von<br />
Pubumésu gehört mit<br />
ins Gepäck, denn er<br />
sieht nicht nur zum<br />
Anbeißen aus, sondern<br />
sorgt auch stets für ein<br />
kühles Lüftchen. € 160<br />
Sieht aus wie eine kleine Clutch, doch<br />
verbirgt sich darin das wohl praktischste<br />
Puder zum Nachschminken für unterwegs.<br />
Erspart einem hektisches Herumwühlen<br />
in der Handtasche. Das Light-Lasting-<br />
Puder verbessert den Hautton und verleiht<br />
ein mattes Finish. Go-Clutch von Valentino,<br />
nachfüllbar, 7 ml, € 170<br />
TO GO.<br />
BUTTERBALM.<br />
Für den perfekten Strandlook:<br />
Der Treasure Island<br />
Lipbalsam von benefit<br />
spendet Feuchtigkeit und<br />
verleiht einen Hauch von<br />
Farbe. Hallo, butterweiche<br />
Lippen! Sun’s Up Butter<br />
Balm, 10 ml, € 21<br />
STAR-RAIN.<br />
Holt einem die Sterne vom Himmel, jedenfalls wenn es<br />
ums Auftragen der Foundation geht. Ob cremige, flüssige<br />
oder pudrige Foundation – mit dem superweichen Pinsel<br />
zaubert man mühelos einen streifenfreien Teint. Ohne<br />
ver<strong>reisen</strong>? Undenkbar! Heavenly Luxe Superstar Flawless<br />
Foundation Brush von IT Cosmetics um € 30<br />
Fotos: PR (6)<br />
8<br />
sommer <strong>2023</strong>
da wollen wir hin<br />
ECHO ECO LODGE Antarktis<br />
Fotos: Courtesy of White Desert, Andrew Macdonald<br />
Aus der Ferne wirkt die Ansammlung dunkelsilberner Kapseln auf der dicken Eisschicht wie<br />
ein Lager auf einem fernen Planeten. Tatsächlich handelt es sich bei den dunkelsilbernen Kapseln<br />
um eine Luxuslodge in der Antarktis. Die Echo Eco Lodge ist die neueste Unterkunft des<br />
Reisespezialisten White Desert und liegt an einem der entlegensten Orte der Erde umgeben<br />
von Eisbergen und Kolonien von Königspinguinen. Die sechs hochmodernen, kugelförmigen<br />
»Himmelskapseln« aus Fiberglas wären allerdings durchaus auch weltraumtauglich. Die bis zu<br />
zwölf Gäste vermissen im Inneren der Kapseln keinen Luxus: Geräumige Badezimmer, kuschelige<br />
Betten, Ledersessel und Felldecken sowie Gourmet-Essen verwöhnen, während draußen<br />
Schneestürme toben und eisige Temperaturen herrschen.<br />
Das Öko-Camp, das komplett über Solar- und Windenergie betrieben wird, kann nur zwischen<br />
November und Januar bewohnt werden. Außerhalb der Saison, wenn starke Winde für eine<br />
lebensfeindliche Umgebung sorgen, wird es abgebaut, ohne jede menschliche Spur zu hinterlassen.<br />
Ein Team aus Polarforschern betreut das Camp und organisiert unter anderem Exkursionen<br />
durch das Eis zu Kaiserpinguin-Kolonien und dem Südpol. Die fünftägige Expedition<br />
startet in Kapstadt und kostet rund 57.000 Euro pro Person. www.white-desert.com<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
9
esskalation<br />
GEHEIMNISKRÄMER<br />
Wie wohl Sekt schmeckt, der ein halbes Jahr auf dem<br />
Meeresgrund gereift ist? Der Kreuzfahrtspezialist Hurtigruten<br />
Norwegen hat sich anlässlich des 130-jährigen<br />
Jubiläums etwas Besonderes ausgedacht und 1.700<br />
Flaschen des weltweit ersten in arktischen Gewässern<br />
gereiften Sekts an einem streng geheimen Ort vor der<br />
Küste Norwegens versenkt. Das Projekt »Havets Bobler«<br />
wurde in Zusammenarbeit mit dem renommierten britischen<br />
Weingut Rathfinny realisiert. Die exklusiv hergestellten,<br />
mit Wachs versiegelten Flaschen schlummerten<br />
die letzten sechs Monate auf dem 66. Breitengrad – kurz<br />
vor dem Polarkreis – auf bis zu 34 Meter Tiefe auf dem<br />
Meeresgrund. Nun wurden sie geborgen und werden ab<br />
diesem <strong>Sommer</strong> auf den Postschiffen von Hurtigruten<br />
ausgeschenkt. Wer also ein Gläschen des Zaubertranks<br />
genießen möchte, muss eine Runde mit dem Postschiff<br />
drehen. Das wiederum lohnt sich auch ohne Sekt. Aber<br />
mit ist es einfach schöner. www.hurtigruten.de<br />
Fotos: Steffen Silseth/Hurtigruten Norway, Kristian Dale/Hurtigruten Norway, PR, Valentyn Volkov/Shutterstock.com, Victor Robyn, Patrick vom Berg, ZUMA, Maine Ibiza<br />
10 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
sommer <strong>2023</strong>
Quatsch<br />
MIT SOSSE?<br />
Ganz im Gegenteil! In den<br />
Soßen von Stupid Tasty stecken<br />
neben viel Liebe beste<br />
vegane und ausschließlich<br />
natürliche Zutaten. Entwickelt<br />
werden sie zusammen<br />
mit Sterneköchen in der<br />
Food-Manufaktur in Hamburg.<br />
So lecker und cremig!<br />
Creamy Thai Curry, 280 ml,<br />
um € 6<br />
Zuma Capri<br />
restauranttipps<br />
Der perfekte Ort, um sich mit Freunden zu treffen und sich<br />
gutes Essen zu teilen. Denn das ist der Izakaya-Stil des neuen<br />
Zuma Capri. Die authentischen Gerichte mit kräftigen und<br />
intensiven Aromen sind zum Teilen am Tisch gedacht. Und<br />
während man sich bestens<br />
amüsiert und im Genuss<br />
schwelgt, blickt man ab und<br />
zu über den Golf von Neapel<br />
und die Insel Ischia. Das Zuma<br />
Capri liegt auf der Dachterrasse<br />
des glamourösen Capri Palace<br />
Jumeirah in der hübschen<br />
Stadt Anacapri.<br />
Werde PATE!<br />
Das eigene Olivenöl geliefert<br />
bekommen? Das geht –<br />
und zwar, wenn man eine<br />
Baumpatenschaft für einen<br />
Olivenbaum übernimmt.<br />
Möglich ist das bei Agrivar,<br />
dem landwirtschaftlichen<br />
Teilbetrieb des Palazzo di<br />
Varignana. Natürlich wird<br />
das eigene Bäumchen auch<br />
mit eigenem Namen versehen.<br />
Schöne Sache!<br />
palazzodivarignana.com<br />
The Maine Ibiza<br />
Wer im kürzlich eröffneten The Maine<br />
auf Ibiza einen Tisch reserviert, der<br />
kommt auch her, um sich den ein<br />
oder anderen erstklassigen Drink mit<br />
Tequilas und Mezcals schmecken zu<br />
lassen. Denn das The Maine ist auch<br />
für seinen Barbereich und seine exzellente<br />
Barkarte bekannt. Tagsüber<br />
werden vegetarische und vegane<br />
Bowls und mediterrane Platten mit frischen und lokal bezogenen<br />
Produkten aufgetischt. Am Abend unterhalten verschiedene<br />
DJs von der Insel. Überhaupt ist das The Maine ein sehr<br />
lässiger Ort in einer sorgfältig restaurierten Finca aus dem<br />
18. Jahrhundert neben der kleinen Kirche von Sant Francesc<br />
de s’Estany, nur eine kurze Autofahrt von Ibiza-Stadt entfernt.<br />
TellerWÄSCHER<br />
Wenn die Teller immer ratzeputz leer gegessen sind, dann<br />
besitzt man höchstwahrscheinlich das kunstvolle Service<br />
der Serie »La Mère Tableware by Marie Michielssen« von<br />
Serax. Schließlich möchte man sie gerne wieder sehen, die<br />
kunstvolle Frau. Teller in M um € 20, in L um € 25<br />
Mahjong Roof Gardens<br />
Die Speisekarte des Mahjong Roof Garden klingt wie eine<br />
Abenteuerreise durch die Küchen Südamerikas. Dort stehen<br />
Gerichte mit Wildschwein- und Hirschfleisch inspiriert vom<br />
peruanischen Dschungel und Zutaten wie Getreide aus dem<br />
peruanischen und bolivianischen Hochland, Maniokwurzeln sowie<br />
Exotisches wie Cocona und Charapita, der teuersten Chili<br />
der Welt. Seit April <strong>2023</strong> kocht Küchenchef Michael Cánepa<br />
Farfán ungewöhnliche Kreationen aus seiner südamerikanischen<br />
Heimat Peru. Sein Restaurant liegt auf dem Dach eines<br />
Hochkaräters: dem Mandarin Oriental in München.<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
11
kleine weltenbummler<br />
WIESO,<br />
WESHALB,<br />
WARUM?<br />
Den Satz »Wer nicht fragt, bleibt dumm« kennt doch jedes Kind – oder<br />
besser singt doch jedes Kind. Und woher stammt er? Richtig, aus der<br />
Sesamstraße. Und die feiert in diesem Jahr ihren 50. Geburtstag. Die<br />
Sesamstraße begeistert seit ihrem Start am 8. Januar 1973 mit ihren einmaligen<br />
Charakteren kleine und große Zuschauerinnen und Zuschauer.<br />
Vom frechen Ernie über den aufgeregten Elmo hin zur neugierigen Abby<br />
und den auch mal grummeligen Oskar aus der Mülltonne. Dabei bringt<br />
sie Groß und Klein etwas bei und ist oft urkomisch. Mit der Ausstellung<br />
»Sesamstrasse. 50 Jahre Wer, Wie, Was!« huldigt das Museum für Kunst<br />
& Gewerbe Hamburg die wohl bekannteste Kindersendung. Und beantwortet<br />
ebenso wie die Sendung Tausend tolle Fragen, die so noch nie<br />
gestellt worden sind: Wer hat die Sendung erfunden? Wie funktioniert die<br />
Sesamstraße? Und wie wird das alles eigentlich gemacht? Es geht also<br />
um die kreativen Köpfe und Hände hinter den Kulissen. Und dabei gibt es<br />
natürlich auch jede Menge zum Mitmachen und Ausprobieren: Im Musikzelt<br />
wird getanzt und lauthals mitgesungen und an der großen Malstation<br />
können sich die Kinder kreativ austoben. Zudem gibt es ein Begleitprogramm,<br />
bei dem u. a. Knetfiguren-Workshops angeboten werden. Noch<br />
bis zum 7. Januar 2024. www.mkg-hamburg.de<br />
WER HAT HIER<br />
DEN HUT AUF?<br />
Damit ist sonnenklar, wer hier das<br />
Kommando hat: Die Kappe »Skipper«<br />
von Mini Rodini aus Biobaumwolle<br />
ist das perfekte <strong>Sommer</strong>accessoire<br />
für Minikapitäne – ob am Strand, See<br />
oder auf dem Meer. € 55, über<br />
www.smallable.de<br />
12 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>
Komm mit mir<br />
ins Abenteuerland!<br />
Ein Kleid, das perfekt gemacht ist für kleine Abenteurerinnen:<br />
von einer Safaritour durch die Savanne<br />
mit Nashörnern über einen Kamelritt bis hin zu einer<br />
Insel mit Palmen – all das versteckt sich dezent als<br />
niedlicher Print auf dem ärmellosen Kinderkleid aus<br />
Popeline. Von Petit Bateau, € 75<br />
Das geht mir<br />
auf den Kekz!<br />
Für ruhige Autofahrten und entspannte<br />
Flüge: Mit den Kekz-Kopfhörern<br />
kann jedes Kind selbst<br />
bestimmen, welche Lieblingsgeschichte<br />
es gerade hören möchte.<br />
Von Robin Hood über Conni bis<br />
Pumuckl. Einfach den Audio-Clip<br />
einsetzen und wieder austauschen,<br />
ganz wie man mag. Kekz-Hörer,<br />
um 70, Clips je um € 12.<br />
Das liegt mir<br />
auf der Tasche<br />
Da wäre man gern noch einmal Kind:<br />
Die Gürteltasche von Sticky Lemon<br />
aus robustem Segeltuch mit den zwei<br />
Fronttaschen sieht so hübsch und<br />
stylish aus, dass man sie auch gerne<br />
als Erwachsener tragen würde. Wasserdicht<br />
ist sie auch noch. »Abenteuer-<br />
Kollektion«, Farbe: cousin clay, um € 33.<br />
Fotos: PR (4), Hochzeiger Bergbahnen/Daniel Zangerl, NDR/Uwe Ernst<br />
Die Kinder wieder aus dem Zirbenpark im Pitztal an der Hochzeiger<br />
Mittelstation wegzubekommen, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Warum<br />
dann nicht einfach bleiben, bis es dunkel wird? Zu tun gibt es genug!<br />
Das große Zirbenbaumhaus hinunterkraxeln, zu rutschen und sich darin<br />
zu verstecken, macht super viel Spaß. Und erst die XXL-Zirbenkugelbahn<br />
oder der Motorikparcours, wo sich die Kleinen bei jeder neuen<br />
Runde immer geschickter anstellen. Und die Eltern? Die machen es<br />
sich einfach in der Sonne bequem und genießen das Nichtstun – und<br />
den Blick und Duft von Tirols größtem Zirbenwald.<br />
Das beruhigt! Versprochen! www.pitztal.com<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
13
städtetipp<br />
GREIFSWALD<br />
WEIT UNTER DEM STÄDTETRIP-RADAR LIEGT – VÖLLIG<br />
ZU UNRECHT – GREIFSWALD. DIE STADT BEGEISTERT.<br />
NICHT NUR MIT DER TOLLEN LAGE AN DER OSTSEE,<br />
DER HÜBSCHEN ARCHITEKTUR, DER ATMOSPHÄRE EINER<br />
STUDENTENSTADT, SONDERN AUCH DURCH KULTUR. UND<br />
DIE ERLEBT NÄCHSTES JAHR EIN SPEKTAKULÄRES JAHR.<br />
WIR SIND FÜR EUCH AUF DEN SPUREN DES DEUTSCHEN<br />
MALERS CASPAR DAVID FRIEDRICH SPAZIERT.<br />
ELDENA<br />
NACHAHMEN DRINGEND EMPFOHLEN.<br />
Die wohl schönste, zugänglichste und berühmteste Ruine Deutschlands ist Eldena. Liegt<br />
sie auch ums Eck der drei Weisen. Den Ruhm hat sie wohl Friedrich zu verdanken. Denn<br />
er machte die Ruine des alten Zisternenklosters weltbekannt und heute ist sie geradezu<br />
Denkmal der Romantik. Friedrich hat die Klosterruine Eldena in verschiedenen Kontexten<br />
und Stimmungen dargestellt. Im strahlenden Sonnenschein umgeben von Vegetation,<br />
oder er hat sie versetzt. Und zwar in die völlig andere Landschaft des Riesengebirges.<br />
Das ehemalige Kloster ist der ausschlaggebende Grund, dass die Stadt Greifswald<br />
überhaupt entstand. Heute finden dort gerne Jazzkonzerte statt. Und im Jubiläumsjahr<br />
kommt beispielsweise der avantgardistische Martin Kohlstedt hierher und wird die<br />
Ruine avantgardistisch neu zum Glühen bringen.<br />
MARKTPLATZ<br />
Am besten, man platziert sich direkt vor der Sparkasse und blickt Richtung Ratsapotheke,<br />
dann hat man den gleichen Blick, den auch Caspar David Friedrich hatte,<br />
als er die Szene auf dem Marktplatz malte. Das Bild ist übrigens eines seiner wenigen<br />
Werke auf Papier. Ganz selten wird es nur ausgestellt, weil die Qualität des Gemäldes<br />
erhalten bleiben soll. Das letzte Mal wurde das Original 2018 ausgestellt. Nächstes Jahr<br />
ist es wieder so weit. Wir durften im Archiv schon mal einen Blick darauf erhaschen. Ja,<br />
toll, oder? Und was sehen wir? Tatsächlich die gleiche Apotheke, an der wir eben noch<br />
vorbeigingen. Die ist dort nämlich schon seit 1550.<br />
14 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>
POMMERSCHES<br />
LANDESMUSEUM<br />
Fotos: Jennifer Latuperisa-Andresen (5), SSKH-Pictures, Marc Venema/Shutterstock.com, Armin Wenzel<br />
AFFENFELSEN<br />
Am Greifswalder Museumshafen, übrigens der größte Deutschlands,<br />
liegt der Affenfelsen. Ein in Holz verkleideter Container und eine<br />
Vielzahl von Liegestühlen ist die perfekte Location, um den Tag ausklingen<br />
zu lassen. Besonderes zum Sonnenuntergang. Für Feierlustige.<br />
Für Junggebliebene. Mit Blick auf Schiffe, die dort schon gefühlt<br />
seit Jahrhunderten genau an dieser Stelle im Hafen liegen. Genau –<br />
den Anblick genoss auch schon Caspar David Friedrich. Es ist ihm<br />
nicht zu verdenken.<br />
CASPAR<br />
DAVID<br />
FRIEDRICH<br />
Tatsächlich steht noch ein Teil<br />
des ehemaligen Geburtshauses<br />
des Farbvirtuosen in der Langen<br />
Straße. Caspar David Friedrich<br />
erblickte als sechstes Kind des<br />
Seifensieders und Kerzengießers<br />
Adolf Gottlieb Friedrich<br />
das Licht der Welt. Dort lebte<br />
er, bevor er zum Kunststudium<br />
aufbrach. Inzwischen beherbergt<br />
das frühere Wohnhaus das<br />
Caspar-David-Friedrich-Zentrum,<br />
wo Besucher eine Ausstellung<br />
über das Leben und Schaffen<br />
des großen Malers bestaunen<br />
können. Wer mag, kann<br />
heute hier zeitgenössische<br />
Kunst bewundern,<br />
das kreative Talent der<br />
Familienangehörigen beurteilen<br />
oder aber Kurse<br />
zum Kerzenziehen und<br />
Zeichnen besuchen.<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
Einer der berühmtesten Maler Deutschlands<br />
wurde 1774 in Greifswald geboren.<br />
Und weil sein Geburtstag<br />
nächstes Jahr 250 Jahre<br />
her ist, putzt sich die Stadt<br />
heraus, um mit zahlreichen<br />
Events und reichlich<br />
Kunst den bedeutenden<br />
deutschen Künstler zu<br />
feiern. Also unbedingt den<br />
Veranstaltungskalender<br />
studieren.<br />
Eine faszinierende Reise durch 14.000 Jahre Kultur<br />
und Geschichte Pommerns kann der Besucher hier erfahren.<br />
Hinzu kommt, dass die Architektur beeindruckt.<br />
Hier treffen gotische, klassizistische und zeitgenössische<br />
Architektur in einem imposanten Gesamtensemble<br />
aufeinander. Preisgekrönt zudem. Doch nicht<br />
nur die Architektur beeindruckt, sondern auch eine<br />
hochkarätige Gemäldesammlung, die das kulturelle<br />
Erbe der Region auf einzigartige Weise präsentiert.<br />
Hier treffen sich die Meister der Romantik. Darunter<br />
natürlich Caspar David Friedrich. Im kommenden Jahr,<br />
seinem Jubiläum, wird er zelebriert. Und es werden noch<br />
mehr Werke von ihm ausgestellt. Beispielsweise wird<br />
auch das Bild »Kreidefelsen auf Rügen« zu sehen sein.<br />
DIE DREI WEISEN<br />
UND DIE WIECKER<br />
KLAPPBRÜCKE<br />
Drei Holzköpfe stehen am Ufer und blicken in die<br />
Ferne. Sie trotzen dem Wind. Der See. Und den<br />
Vögeln, die auf ihnen Platz nehmen und gerne<br />
picken. Hier schlendern Paare Hand in Hand. Hier<br />
lässt es sich verweilen. Oder ein kleines Picknick<br />
organisieren. Einfach auf eine Bank setzen. Zwei<br />
Gläschen Rosé, zwei gut belegte Stullen und das<br />
Glück ist perfekt. Als Caspar David Friedrich sich hier<br />
Inspiration holte, war der Stadtteil Wieck noch ein<br />
Fischerdorf. Die berühmte Holzklappbrücke, die<br />
heute noch von Hand betrieben wird, entstand erst<br />
1887, nach Friedrichs Zeiten. Gehört aber zu einem<br />
Ausflug dazu. Man kommt eh daran vorbei.<br />
Kaiseki<br />
15
nachgelesen<br />
Ein feines, kleines Buch mit gewaltiger Wirkung: Nach der Lektüre möchte<br />
man alles stehen und liegen lassen und irgendwo auf der Welt als Leuchtturmwärter<br />
ein romantisches Dasein fristen – umgeben von ungestümem<br />
Wind und tosendem Wasser. Beispiele liefert das Buch in Hülle und Fülle.<br />
Von Leuchttürmen wie von den beeindruckenden Menschen, die das Feuer<br />
bewachen. Und eines wird schnell deutlich: Als Leuchtturmwärter muss<br />
man die erbarmungslose Einsamkeit abkönnen, furchtlos gegenüber den<br />
Naturgewalten sein und Nerven wie Drahtseile haben.<br />
Die Geschichten, die Autor José Luis González Macías in seinem »Kleinen<br />
Atlas der Leuchttürme am Ende der Welt« erzählt, faszinieren. Und als Leser<br />
lernt man jede Menge dazu. Zum Beispiel, dass der Leuchtturm von Bell<br />
Rock der älteste noch aktive Leuchtturm auf offenem Meer ist. Er steht auf<br />
einem Felsen in der Nordsee, 18 Kilometer vor dem schottischen Festland.<br />
Seine Bauweise ist ein Wunder der Technik, so wie er der schottischen See<br />
trotzt. Sein Bau dauerte Jahre und kostete mehrere Menschenleben. Oder<br />
das Godrevy Lighthouse in West Cornwall, den Virginia Woolf sogar in einen<br />
ihrer Romane einfließen ließ, wenn auch an einem anderen Ort. Als Kind<br />
urlaubte sie mit ihrer Familie dort und trug sich sogar ins Gästebuch des<br />
Leuchtturms ein. Ein anderer Leuchtturm vor der Küste der USA wiederum<br />
dient mittlerweile als Aufbewahrungsort für Urnen. In einem anderen soll<br />
nachts noch das Klappern einer Schreibmaschine nach dem Tod des Leuchtturmwärters<br />
zu hören gewesen sein.<br />
Die Leuchttürme sind über die ganze Welt verteilt und haben mit den<br />
unterschiedlichsten Begebenheiten zu kämpfen. Wie der Leuchtturm von<br />
Maatsuyker, der auf einem abgesprengten Felsblock vor Tasmanien zwischen<br />
Pazifischem und Indischem Ozean liegt. Danach kommt lange, lange<br />
nichts – und irgendwann würde man in der Antarktis landen. Ein unwirtlicher<br />
Ort, wo der Wind oft bis zu 100 Stundenkilometer misst. Es stürmt so,<br />
dass selbst der massive Turm ins Wanken kommt und es an fünf von sieben<br />
Tagen regnet. Acht Jahre lang bewachte John Cook das Licht dieses abgelegenen<br />
Leuchtturms. Sein schlimmster Moment? Als ein Blitz in den Turm<br />
einschlug und die Kraft des Donners ihn an die Wand schleuderte. Doch er<br />
erlebte auch Momente voller Glück – als er Schweinswale beobachten<br />
konnte, Polarlichter den Nachthimmel erhellten oder unvergesslich eindrucksvolle<br />
Sonnenuntergänge am Horizont zu sehen waren.<br />
Über jeden der im Buch erwähnten 34 Leuchttürme weiß José Luis González<br />
Macías eine spannende Anekdote zu erzählen. Anekdoten, die erschauern<br />
lassen, aber diesem Beruf auch viel Bewunderung entgegenbringen, der in<br />
der Realität doch eher wenig mit Romantik gemein hat. Gespickt ist das<br />
Büchlein mit wunderschönen Illustrationen und feinen Grafiken.<br />
Kleiner Atlas der Leuchttürme<br />
am Ende der Welt<br />
José Luis González Macías,<br />
ISBN: 978-3-86648-693-5,<br />
mare, 160 Seiten, 36 Euro<br />
Foto: José Luis Gonzáles Macías/Kleiner Atlas der Leuchttürme am anderen Ende der Welt/mare<br />
16 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
sommer <strong>2023</strong>
Savannah<br />
Sea Island<br />
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Ihr<br />
ultimativer<br />
Luxusurlaub<br />
in Georgia<br />
Ungeahnten<br />
Luxus entdecken<br />
Erleben Sie noble Hotels, gastronomische<br />
Höhenflüge, erstklassiges Shopping und<br />
Georgias einzigartige Gastfreundschaft.<br />
Atlanta – Eldorado für Shopaholics<br />
Erstklassiges Shopping, feine Restaurants und einige der besten<br />
Hotels von Atlanta befinden sich im vornehmen Stadtviertel<br />
Buckhead. So liegt das St. Regis nur wenige Schritte vom<br />
Buckhead Village District entfernt, das mehr als 50 Designer-<br />
Boutiquen, darunter Hermès, Dior und Christian Louboutin,<br />
beherbergt. Keinesfalls verpassen sollte man das Top-Einkaufsziel<br />
der Stadt: Der kultige Lenox Square und Phipps Plaza<br />
liegen direkt gegenüber und bieten zusammen 300 Luxusmarken-Shops<br />
sowie die Möglichkeit, stilvoll im brandneuen<br />
Nobu Hotel zu übernachten.<br />
Savannah – Augenschmaus für den Gaumen<br />
Die charmante Stadt begeistert nicht nur das Auge mit idyllischen<br />
Squares und historischer Architektur unter einem Baldachin<br />
von Eichen mit Spanischem Moos, sondern auch den Gaumen<br />
mit namhaften Restaurants und verschiedensten Küchen.<br />
Genießen Sie raffinierte Speisen aus erntefrischen Produkten<br />
und fangfrische Meeresfrüchte aus dem Atlantik im Common<br />
Thread. Erleben Sie gehobene Kulinarik im The Grey, einem<br />
preisgekrönten Restaurant, das in einem ehemaligen Busbahnhof<br />
untergebracht ist. Oder <strong>reisen</strong> Sie in die Vergangenheit im<br />
bekannten Olde Pink House, das elegante Südstaatenküche in<br />
einer historischen Villa aus dem 18. Jahrhundert auftischt.<br />
Sea Island – Legendärer Rückzugsort<br />
An der Atlantikküste von Georgia befindet sich The Cloister, ein<br />
abgeschiedenes Refugium, das 1928 auf Sea Island eröffnete<br />
und schnell zum beliebten Zufluchtsort für VIPs wie die Rockefellers,<br />
den früheren US-Präsidenten Calvin Coolidge sowie<br />
für weitere Staatsoberhäupter, Stars und gekrönte Häupter<br />
wurde. Noch heute strahlt das Resort im mediterranen Stil<br />
eine einladende Opulenz aus und lädt mit dem preisgekrönten<br />
Restaurant Georgian Room sowie einem Spa, Pools und dem<br />
Sea Island Beach Club zum Genießen ein. Auf der Insel gibt es<br />
zahlreiche Aktivitäten, wie Falknereikurse, Reiten am Strand<br />
und Golfen auf einem Platz nahe dem Ozean.<br />
Foto: © Sea Island Resort<br />
Buckhead Village District<br />
INFO<br />
Beginnen Sie mit der Planung Ihres ultimativen Luxusurlaubs<br />
unter exploregeorgia.org<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
17
events<br />
Ganz schön was los im <strong>Sommer</strong>. Drei Tipps, bei denen man mit vollem<br />
Herzen dabei ist – von sportlich bis kunstvoll.<br />
Fotos: Succession H. Matisse / VG Bild-Kunst, Bonn <strong>2023</strong>,<br />
TVB Paznaun – Ischgl, Vibe Images/Shutterstock.com<br />
ICH BIN DABEI, DU BIST DABEI, WIR SIND DABEI?..<br />
Ihr könnt euch ein Radrennen nur mit einem Motor unterm Po vorstellen? Dann aufgepasst! Es gibt nämlich<br />
dieses Jahr die E-Bike-WM für jedermann im österreichischen Ischgl. Die Chance, hier zu gewinnen, hat jeder,<br />
denn die Regeln beim weltgrößten E-Bike-Rennen sind einfach: »Die Teilnehmer in der Wertungsklasse<br />
JEDERMANN fahren gegen drei Fahrzeitlimits (Gold, Silber und Bronze) an. Beim Unterschreiten einer der drei<br />
definierten Limits erhalten die E-Biker eine offizielle Gold-, Silber- oder Bronzemedaille der JEDERMANN WM“,<br />
erklärt Dr. Markus Mitterdorfer (E-Bike World Federation). Cool: Wer das Goldlimit unterschreitet, darf sich<br />
Weltmeister nennen. Das gilt schon für Gelegenheitsradler ab zehn Jahren. Wann? 31. August bis<br />
2. September <strong>2023</strong>. Anmeldungen unter: www.ebikewm.com<br />
FROH DABEI ZU SEIN..<br />
Wer auf Borkum eine Schlappe einsteckt,<br />
nimmt das nicht allzu schwer. Denn der alljährliche<br />
Badeschlappenweitwurf macht so<br />
viel Spaß, dass das Dabeisein wirklich alles<br />
ist. Die Regeln des Wettbewerbs sind schnell<br />
erklärt: Die Badeschlappe, die am weitesten<br />
fliegt, gewinnt. Der Wettbewerb wird<br />
im Zuge des »Sportstrand Borkum« in den<br />
Dünen am Nordbad ausgetragen. In diesem<br />
Jahr vom 10. Juli bis 4. August <strong>2023</strong>. Aber<br />
keine Sorge, wer es nicht schafft: Auch im<br />
<strong>Sommer</strong> 2024 fliegen wieder die Schlappen<br />
über den Borkumer Strand. www.borkum.de<br />
ALLE DABEI..<br />
Von Marc Chagall über Henri<br />
Matisse bis Joan Miró und Pablo<br />
Picasso, sie alle sind dabei.<br />
Bei der Ausstellung »Chagall,<br />
Matisse, Miró. Made in Paris«<br />
im Museum Folkwang vom<br />
1. September <strong>2023</strong> bis zum<br />
7. Januar 2024. Die Sammlung<br />
des Museums Folkwang wurde<br />
um internationale Leihgaben<br />
erweitert, gezeigt werden herausragende<br />
Werke wie »Jazz«<br />
von Henri Matisse, »La Tauromaquia«<br />
von Pablo Picasso<br />
und »A toute épreuve« von<br />
Joan Miró. Ebenfalls spannend:<br />
Von einigen Exponaten werden<br />
auch die berühmten Druckwerkstätten<br />
vorgestellt, in<br />
denen sie entstanden sind.<br />
www.museum-folkwang.de<br />
18<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>
VORFREUDE<br />
Wunderschönes Dreierlei: Unerwartet sind diese drei Tipps<br />
auf unserer Reisewunschliste gelandet. Von Kultur und<br />
trubelig über Natur und einsam bis hin zu Genuss<br />
und nass. Hach, wie schön!<br />
Foto: Elle Leontiev<br />
ALLEZ, ALLEZ!<br />
Durch diese Allee geht man nicht bloß, man schreitet. Die Baobab-Bäume strahlen etwas Erhabenes aus. Die<br />
260 Meter lange Allee im Westen von Madagaskar in der Region Menabe ist wohl die schönste Straße Ostafrikas.<br />
Die Affenbrotbäume, die sich bis zu 30 Meter gen Himmel strecken, wachsen hier teils seit stolzen<br />
800 Jahren. Sie sind Teil eines 3,2 Quadratkilometer großen Gebiets, das unter Naturschutz steht und wo auch<br />
viele neue Bäume gepflanzt werden. Der beste Zeitpunkt, um die Allee zu besuchen? Bei Sonnenaufgang und<br />
Sonnenuntergang, dann verändert sich nicht nur die Farbe der Stämme im warmen Sonnenlicht, sondern die<br />
Bäume werfen dramatisch lange Schatten. Eine neue Dimension an Schattenspiel! Der Reiseveranstalter FTI<br />
hat gleich drei neue Rund<strong>reisen</strong> auf Madagaskar im Programm, unter anderem auch eine in den Westen des<br />
Landes. www.fti.de<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
19
VORFREUDE | Polen<br />
Fotos: Mariott International (2)<br />
20<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>
LICHTGESTALT<br />
Lust auf einen Kulturtrip? Dann empfehlen wir Polen. Von<br />
Warschau über Krakau nach Sopot. Das Land ist kulturell<br />
aufregend. Und hat ganz nebenbei auch zahlreiche Hotels,<br />
die so einzigartig sind, dass sich eine Reise lohnt. Denn was<br />
haben Tina Turner, Marlene Dietrich und Michael Jackson<br />
gemeinsam? Richtig, sie haben in dem wohl altehrwürdigsten<br />
Hotel Polens genächtigt. Das Hotel Bristol wurde zur Jahrhundertwende<br />
an Warschaus Prachtstraße Krakowskie Przedmiescie<br />
errichtet und hat aufregende Zeiten erlebt. Die Lage<br />
in der Innenstadt ist perfekt und der Präsidentenpalast liegt<br />
direkt nebenan. Wer elegant und nobel nächtigen will und in<br />
einer Sehenswürdigkeit übernachten möchte, ist in diesem<br />
wunderschönen Haus sehr gut aufgehoben. Unbedingt vorbeischauen<br />
im beliebten Bristol Café oder in der superstylishen<br />
Gin-Bar Lane’s. Mehr Hotels und Tipps auf:<br />
www.emea.marriott.com/de/destinations/poland<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
21
22<br />
SCHÖNHEITSPARADE<br />
Die Südsee ist ein Sehnsuchtsziel. Manche würde es als »Paradies« bezeichnen. Mit einem<br />
blauen Farbspiel, das fast trunken macht, und einer Unterwasserwelt, in die man ab- und völlig<br />
berauscht wieder auftauchen kann. Und genau so fühlt es sich an, wenn man die Paul Gaugin<br />
betritt und Richtung Französisch-Polynesien und in den Südpazifik schippert. Für welche der<br />
insgesamt 33 Routen, die zu sieben verschiedenen Südsee-Destinationen führen, man sich<br />
auch entscheidet, es ist immer eine gute Wahl. Ob nun von Papetee über Motu Mahana bis<br />
nach Bora Bora und Moorea und wieder zurück. Oder zu den Marquesas, nach Tahiti oder den<br />
Fidschis und Cookinseln. Das Kreuzfahrtschiff der Reederei Ponant bietet mit 332 Passagieren<br />
ein intimes und luxuriöses Erlebnis aus komfortablen Suiten, aufmerksamem Service und einer<br />
Gourmetküche. Schöner kann man wohl das Ende der Welt nicht erkunden.<br />
de.ponant.com/paul-gauguin
VORFREUDE | Südsee<br />
Foto: Paul Gaugin Cruises (2)<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
23
AUTOR:INNEN<br />
!<br />
... grunzen glücklich<br />
geradeaus !<br />
Tina Bremer<br />
Norbert Eisele-Hein<br />
Mit dem Tuk-Tuk durch<br />
Teeplantagen tingeln und<br />
zu Fuß zu den größten<br />
Braunbären der Welt. Dieses<br />
Mal war Norbert in Sri<br />
Lanka und Alaska für uns<br />
unterwegs. Der gebürtige<br />
Münchner ist kein Strandtyp,<br />
bestenfalls mal mit<br />
einem richtig guten Buch<br />
in der Hand, ansonsten<br />
fängt der Ethnologe,<br />
Autor und Fotograf ganz<br />
schnell zu steppen an.<br />
»Meine ersten Begegnungen<br />
mit Grizzlybären hatte<br />
ich vor bald 35 Jahren.<br />
Damals fuhr ich in den<br />
Semesterferien mit dem<br />
Fahrrad von Alaska nach<br />
San Francisco. Bei den<br />
ersten Bärenbegegnungen<br />
standen mir die Haare zu<br />
Berge. Oft genug ließ ich<br />
das Rad einfach auf dem<br />
Highway liegen und trippelte<br />
sachte rückwärts. Nun<br />
auf Katmai – mit kundiger<br />
Führung – konnten wir die<br />
Bären aus nächster Nähe<br />
beobachten. Ein unglaubliches<br />
Erlebnis in einer<br />
überwältigend schönen<br />
Wildnis.«<br />
Simone Sever<br />
Italienische Modemetropole,<br />
griechische Sonneninsel,<br />
an Bord eines<br />
luxuriösen Flussfahrtschiffs<br />
– Simone hat stets<br />
ausgesuchte Garderobe<br />
dabei und natürlich dazu<br />
passende Schuhe. In Milano<br />
italienische Slipper,<br />
auf Rhodos Havaianas und<br />
zur Tauffahrt an Bord der<br />
Viva Two auch mal High<br />
Heels. Im Casa Baglioni<br />
in Mailand wurde ihrer<br />
Garderobe nun noch »die<br />
Krone aufgesetzt«. Was es<br />
damit auf sich hat – lest<br />
selbst!<br />
»Mein liebstes Kompliment<br />
ist, wenn ich nicht als<br />
Touristin erkannt werde.<br />
In Milano wurde ich gleich<br />
mehrfach nach dem Weg<br />
gefragt. Ich habe den Modeton<br />
der Stadt wohl getroffen.<br />
Kleider machen auch auf<br />
Reisen Leute. Ich freue<br />
mich schon auf meinen<br />
nächsten Mailand-Trip, dann<br />
›molto italiano‹ und perfekt<br />
behütet.«<br />
Harald Braun<br />
Als <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>-<br />
Reporter hat der Wahl-<br />
Hamburger mit dem<br />
rheinischen Sprachfehler<br />
schon einige Ecken auf<br />
der Welt gesehen. Er hat<br />
die Winzer Westaustraliens<br />
getroffen, auf den<br />
Scilly Islands Ornithologen<br />
beobachtet und<br />
auf dem Marktplatz von<br />
Marrakesch Schlangenbeschwörern<br />
beim Musizieren<br />
zugehört. Gar nicht<br />
schlecht für einen Mann,<br />
der in seiner Jugend<br />
immer bloß in Eifeler<br />
Landschulheime reiste.<br />
»Stets lehrreich, so ein Trip<br />
in die Fremde. Für diese<br />
Ausgabe waren es gleich<br />
zwei davon: Auf dem Mekong<br />
in Laos lernte ich auf<br />
einer Kreuzfahrt die Freuden<br />
der Melancholie kennen. In<br />
Kentucky wiederum lernte<br />
ich vor allem, dass man<br />
Bourbon auch schon zum<br />
Frühstück trinken sollte,<br />
um sich den Gebräuchen<br />
der Locals anzupassen.<br />
Und noch ein paar Sachen<br />
über Pferde, die ich schnell<br />
wieder vergessen habe. Der<br />
Bourbon vermutlich.«<br />
Andreas Dauerer<br />
Fotoreporter Andreas<br />
bringt von seinen Reisen<br />
nicht nur stets wunderschöne<br />
Bilder mit,<br />
sondern auch immer besondere<br />
Restauranttipps.<br />
Dieses Mal war er im<br />
schwedischen Västervik<br />
für uns unterwegs und es<br />
wurde ziemlich nass und<br />
kalt – so viel dürfen wir<br />
schon einmal verraten.<br />
»Ein Hoch auf die Schultersaison.<br />
Västervik und<br />
Umgebung zeigen sich<br />
dann in diesem schönen<br />
Zwischenzustand vor oder<br />
nach dem Winterschlaf.<br />
Die Natur atmet durch und<br />
auch ich hatte bei all der<br />
touristischen Ruhe meine<br />
Sinne nachgeschärft. Das<br />
Beste: Kulinarisch ist nichts<br />
im Winterschlaf. Selten<br />
habe ich in einer Kleinstadt<br />
so viele gute Restaurants<br />
gesehen.«<br />
Mit Dänemark ist Tina<br />
Bremer quasi auf Du und<br />
Du – stammt die Reisejournalistin<br />
doch aus<br />
Schleswig-Holstein. Vielleicht<br />
ist ihr der Norden<br />
Europas deshalb so nah,<br />
mag sie die Klarheit von<br />
Luft und Leuten. Nur an<br />
dem häufigen Schietwetter<br />
sollte man arbeiten,<br />
findet das Nordlicht.<br />
Zum Glück schien bei<br />
ihrem letzten Besuch die<br />
Sonne. Für uns radelte<br />
Tina durch Kopenhagen<br />
und stellte ihr Fahrrad<br />
im neuen 25hours Hotel<br />
Indre By ab.<br />
»Dänemark mag Vorreiter<br />
in vielen Dingen sein wie<br />
nachhaltige Fashion Week<br />
oder Legalisierung von<br />
Pornografie, Kopenhagen<br />
aber ist Vor-Radler. Genau<br />
so sollten Städte aussehen:<br />
weniger Autos, mehr Platz<br />
für Mensch und Natur. Wie<br />
gut, dass man im Leben<br />
stets dazulernt – vor allem<br />
im 25hours Hours Indre By,<br />
das sich mit seinem Design<br />
dem Thema Erwachsenwerden<br />
und Lernen verschrieben<br />
hat.«<br />
Instagram @tina_bremer<br />
Instagram @<strong>reisen</strong>_exclusiv<br />
Instagram @aspirinia<br />
Instagram @<strong>reisen</strong>_exclusiv<br />
Instagram @andreasdauerer<br />
Fotos: privat<br />
24<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
sommer <strong>2023</strong>
ASIEN<br />
EAT, PRAY, FLY<br />
1.425.775.850<br />
Menschen – so viele Einwohner<br />
zählt Indien <strong>2023</strong>. Damit ist<br />
INDIEN das bevölkerungsreichste<br />
Land der Welt und hat<br />
China nun überholt.<br />
Fotos: PR, Aron Visuals/Shutterstock.com, T. Lesia/Shutterstock.com<br />
Gute Nachrichten für alle Bali-Liebhaber: Singapore Airlines fliegt nun die beliebte<br />
indonesische Ferieninsel von Frankfurt aus öfters an – und natürlich auch wieder<br />
zurück. Ab dem 1. Juli geht es täglich in einem Nachtflug über Singapur nach Bali.<br />
www.singaporeair.com<br />
WIE MAN<br />
NINJA WIRD<br />
Ein unterhaltsames und spannendes<br />
Buch, das Fernweh<br />
weckt, Wissen weitergibt und<br />
auch dazu anregt, die eigene<br />
Weltsicht zu erweitern oder<br />
zu überdenken. Autorin Anna<br />
Sanner erzählt in ihrer Biografi e<br />
von ihrer besonderen Zeit in<br />
Japan. Denn als sie nach Osaka<br />
zieht, bekommt sie die Chance,<br />
eine Ausbildung zur Show-Ninja<br />
zu machen. Kein leichter Weg,<br />
in eine für uns ganz fremde<br />
Kultur einzutauchen. Humorvoll<br />
und authentisch geschrieben.<br />
Ein Muss für alle Japan-Fans.<br />
»Wie man in Japan Ninja wird«,<br />
Reisedepeschen Verlag, 352<br />
Seiten, € 20.<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
25
ASIEN | Mekong<br />
fotos<br />
BPatrick Ohligschläger<br />
Das Leben<br />
ist ein langer,<br />
ruhiger Fluss<br />
Eine Kreuzfahrt kam für <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>-Autor<br />
Harald Braun bislang nie infrage. Zu viele Menschen auf<br />
einem viel zu großen Gewässer. Erst die Möglichkeit,<br />
im charmanten Boutique-Boot ein paar Tage auf dem<br />
Mekong zu cruisen, änderte die Meinung unseres<br />
störrischen Schreibers.<br />
26
Hinreißender Fluss: Eine Reise auf dem<br />
bislang wilden und unregulierten Mekong<br />
ist ein Abenteuer. Geankert wird dort,<br />
wo es der Strom gerade zulässt.<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
27
CHINA<br />
START<br />
Luang Prabang<br />
MYANMAR<br />
ZIEL<br />
Vientiane<br />
LAOS<br />
THAILAND<br />
KAMBODSCHA<br />
VIETNAM<br />
Prolog<br />
Alles, was über eine Kreuzfahrt zu sagen ist, hat<br />
David Foster Wallace bereits in seinem Büchlein<br />
»Schrecklich amüsant – aber in Zukunft ohne<br />
mich« niedergeschrieben. Dachte ich jedenfalls.<br />
Allerdings bezog sich Foster Wallace auf einen<br />
Trip mit einer Art fahrendem Möbelhaus, so gigantisch,<br />
dass eine Kleinstadt darin Platz finden<br />
würde. Zudem schipperte er im Pazifik herum,<br />
was mir als Nichtschwimmer einen gewissen<br />
Respekt abverlangt. Nein, ich war kein Fan. Was<br />
sieht man denn auf so einer Reise, was lernt man<br />
kennen? Außer sehr viel Wasser und bunten<br />
Buffets, die auf jedem Stockwerk dieser schwimmenden<br />
Vergnügungsfabriken davon ablenken<br />
sollen, dass es auf solch einem Traumschiff wenig<br />
zu tun gibt. So weit zu meinen und von Foster<br />
Wallace untermauerten Vorurteilen.<br />
Neulich aber erhielt ich die Einladung, mit<br />
einem Boutique-Boot ein paar Tage lang auf dem<br />
Mekong zu cruisen. Das klang doch schon mal<br />
ganz anders, aufregend, geheimnisvoll. Ich entschloss<br />
mich, über meinen Schatten zu springen<br />
und das erste Mal an einer »Kreuzfahrt« teilzunehmen.<br />
Spoiler-Alarm: Ich habe es nicht bereut.<br />
28 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>
ASIEN | Mekong<br />
Ist eine Reise auf dem<br />
Fluss eine Kreuzfahrt im<br />
klassischen Sinne?<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
29
ASIEN | Mekong<br />
Für die Ewigkeit! Die Wat Xieng<br />
Thong ist die älteste Tempelanlage<br />
Luang Prabangs und eines der<br />
bedeutendsten buddhistischen<br />
Zentren in Laos.<br />
30<br />
herbst 2020
Mönche<br />
dürfen keinen<br />
weltlichen<br />
Besitz haben.<br />
Tag 1<br />
Beginnen wir mit der Beschreibung dessen, was so eine<br />
Fahrt mit dem Boutique-Boot von einer beliebigen Sause<br />
mit einer schwimmenden Kleinstadt unterscheidet.<br />
Die Mekong Sun ist nur 40 Meter lang und wirkt durch<br />
die eleganten Aufbauten aus Teak- und Mahagoniholz<br />
wie die schwimmende Gartenlaube eines skandinavischen<br />
Designers. Schuhe aus. Das ist der erste Satz, den<br />
wir an Bord hören – die glänzenden Holzbohlen sollen<br />
möglichst nicht in Mitleidenschaft gezogen werden.<br />
Auf den beiden Decks befinden sich nur 14 Kabinen.<br />
Das Schwesterschiff Mekong Pearl hat nur eine Kabine<br />
mehr. Das heißt, dass nie mehr als 28 Gäste an Bord<br />
sind – zuzüglich der 16 Crewmitglieder natürlich, die<br />
wir im Rahmen einer Vorstellungsrunde kennenlernen.<br />
Bevor wir in Luang Prabang an Bord der Mekong<br />
Sun einchecken, bleibt ein Tag Zeit, um uns den wohl<br />
schönsten Ort Südostasiens anzuschauen. Luang Prabang<br />
gilt als Stadt der Tausend Pagoden, doch wirklich<br />
gezählt hat offenbar niemand. Ständig wechseln die<br />
Angaben. Sicher ist nur, dass es sehr, sehr viele Tempel<br />
sind. Man kann es jeden Morgen aufs Neue sehen.<br />
Dieses Schauspiel auf Luang Prabangs Straßen ist<br />
wirklich beeindruckend: Im Morgengrauen schwärmen<br />
Heerscharen leuchtend orange gekleideter Mönche aus,<br />
um sich ihre tägliche Spende abzuholen. Tak Bat heißt<br />
dieses Schauspiel, das auch als »Offering« oder »Einsammeln<br />
der Morgengabe« bekannt und zur beliebten<br />
Touristenattraktion geworden ist. Schweigend schlurfen<br />
die müden Mönche durch den Morgennebel und sammeln<br />
Früchte und eine Menge Klebereis in glänzenden<br />
Bottichen aus Plastik ein – ihr Frühstück, Mittag- und<br />
Abendessen. Mönche dürfen keinen weltlichen Besitz<br />
haben und sind auf dieses malerische Bettelritual angewiesen.<br />
Der Preis dafür: Touristen aus aller Welt rücken<br />
ihnen mit Kameras und Mobiltelefonen zum Teil sehr<br />
nah auf die Pelle. Nicht immer bleibt die Würde dieser<br />
traditionellen Zeremonie gewährleistet.<br />
Kaum haben sich die Mönche im Tempel zurückgezogen,<br />
öffnen die ersten Frühstückscafés in Luang<br />
Prabang. Avocados werden aufgeschnitten, Siebträger-Kaffeemaschinen<br />
zischen, frische Früchte werden<br />
auf Tellern zerteilt. Es könnte auch Ibiza sein oder ein<br />
Hipsterspot in New York, wenn man nicht so genau<br />
hinschaut. Luang Prabang ist dank üppiger Finanzspritzen<br />
seiner einstigen französischen Besatzer zu einer Art<br />
Freilichtmuseum geworden, hübsch anzusehen, aber<br />
doch auch sehr künstlich.<br />
Backpacker aus der ganzen Welt klappen hier in<br />
schmucken Gasthäusern ihre Laptops auf, die Restaurants<br />
und Cafés sind stilvoll aufgerüscht, die Straßen<br />
überwiegend sauber – mit dem Rest von Laos, einem der<br />
ärmsten Länder der Welt, hat Luang Prabang wenig zu<br />
tun. Das ist Fluch und Segen für die Bewohner dieser<br />
wundervollen Stadt, denn vom ursprünglichen laotischen<br />
Leben ist man hier zumindest in der historischen Altstadt<br />
weit entfernt. Selbst die rauen, lange so angenehm ungeordneten<br />
Tages- und Nachtmärkte haben sich verändert,<br />
sind weitgehend zugeschnitten worden auf westliche<br />
Bedürfnisse. Aber Vorsicht, es gibt Ausnahmen: Nicht<br />
jeder Besucher ist auf den Anblick von gekochten Ratten<br />
oder Flughunden eingestellt – oder auf blutige Stümpfe<br />
von Ziegenbeinen, die auf die Auslage tropfen.<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
31
ASIEN | Mekong<br />
Tag 2<br />
Der Oberlauf des Mekongs gehört zu den schönsten<br />
Flussstrecken der Welt. Unsere Route zwischen Luang<br />
Prabang und Vientiane, der Hauptstadt von Laos, ist<br />
knapp 500 Kilometer lang – ein Klacks nur im Vergleich<br />
zu den fast 5.000 Kilometern, in denen sich die<br />
»Mutter aller Flüsse« von den Götterbergen Tibets bis<br />
ins Delta von Vietnam windet. Doch es sind abwechslungsreiche<br />
500 Kilometer, das erkennen wir schon<br />
nach kurzer Fahrt. Sie werden bestimmt von engen Biegungen,<br />
mächtigen Schleusen und raffiniert versteckten<br />
Sandbänken. Der Eindruck täuscht allerdings. Was aus<br />
unserer Perspektive wie die betuliche Verfilmung von<br />
»Das Leben ist ein langer, ruhiger Fluss« wirkt, kann<br />
in Wahrheit zu einem echten Abenteuer werden. Der<br />
Mekong hat viele Gesichter: An einigen Stellen ist er<br />
100 Meter tief, an anderen nur einen einzigen Meter.<br />
Mal misst er erstaunliche 50 Meter von Ufer zu Ufer,<br />
dann wiederum dehnt er sich auf bis zu gewaltige 14<br />
Kilometer aus. Unser Kapitän Huan Chith Ta Phon ist<br />
ein kurzer Mann. Er steht auf einem Höckerchen, um<br />
freie Sicht auf den Fluss zu haben und die Mekong Sun<br />
Der Mekong hat<br />
ein Eigenleben.<br />
Wann wir wo sein<br />
werden, ist im<br />
Voraus nie genau<br />
zu bestimmen.<br />
zu lenken. Das geschieht auf Sicht, keine automatische<br />
Navigation steuert unsere Geschicke. Er gehört zu den<br />
wenigen Kapitänen, die ein Schiff wie die Mekong Sun<br />
überhaupt lenken können. Schriftliches Kartenmaterial,<br />
das helfen könnte, einen sicheren Weg zwischen Stromschnellen<br />
und tückischen Sandbänken zu finden, gibt es<br />
nicht. Erfahrung und ein Gefühl für die Launen des Mekong<br />
sind es, die unseren Kapitän leiten. Und das auch<br />
nur tagsüber. Bevor die Dunkelheit einsetzt, muss ein<br />
Ankerplatz gefunden werden. Fest kalkulierbare Ziele<br />
gibt es nicht. Der Mekong hat ein Eigenleben. Wann wir<br />
wo sein werden, ist im Voraus nie genau zu bestimmen.<br />
Am zweiten Abend landen wir irgendwo weit abseits<br />
von Spuren menschlicher Zivilisation. Auf einer dünnen<br />
Landzunge errichtet unsere Crew ein Lagerfeuer und<br />
stimmt zu den Klängen einer schlichten Klampfe laotische<br />
Lieder an. Wir kontern mit US-amerikanischen<br />
Gassenhauern: »Take me home, country roads.« Ob John<br />
Denver geahnt hat, dass sein Song laotischen Matrosen<br />
mal eine solche Freude bereiten wird? Die höflichen Gesellen<br />
haben jedenfalls so getan.<br />
Die 28 Gäste werden<br />
von 16 Crewmitgliedern<br />
umsorgt.<br />
Thomas Stukenbrok<br />
ist Hoteldirektor der<br />
Mekong Sun, Reiseleiter<br />
und Südostasien-Experte<br />
in einem.<br />
32
Auch wenn er oft wunderschön<br />
anzusehen ist: Der<br />
Mekong hat seine Launen.<br />
Kapitän Huan Chith Ta Phon<br />
Dieser Kopf zierte einst einen Wagen beim Karneval von Mindelo.<br />
weiß sie zu nehmen.<br />
Heute verwittert er in einem Hof, in dem die bildenden Künstler der<br />
Stadt arbeiten.<br />
frühling sommer <strong>2023</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
33
34<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
herbst 2020
ASIEN | Mekong<br />
Illustration: MuchMania/Shutterstock.com<br />
Tag 3<br />
Wir besuchen ein kleines Dorf: Ban Don Sai<br />
Ngam. Seine Bewohner gehören zu den sogenannten<br />
Tiefland-Laoten, einer von drei Bevölkerungsgruppen<br />
in Laos. Neben ihnen gibt es noch<br />
Hochland- und Berghang-Laoten. Im Laufe des<br />
letzten Jahrzehnts entwickelte sich im Schatten<br />
der prosperierenden Tigerstaaten Thailand, Vietnam<br />
und China auch in Laos spürbares Wirtschaftswachstum.<br />
Ob sich das in der Lebensqualität<br />
der Menschen im winzigen Ban Don Sai<br />
Ngam widerspiegelt, ist eine interessante Frage.<br />
Einige Kinder zwischen drei und 13 Jahren erwarten<br />
uns vor dem Eingang zum Dorf. Einer<br />
aus unserer Gruppe hat Spielzeug dabei, extra<br />
für diese Begegnung aus Deutschland durch alle<br />
Zollkontrollen geschleppt: Puppen, Steiff-Tiere,<br />
ausrangierter Plüsch aus westlichen Altbaustuben.<br />
Die laotischen Kinder nehmen die Geschenke<br />
erfreut, aber auch sichtlich irritiert entgegen.<br />
Teilweise tragen sie Fußballtrikots von Manchester<br />
United oder Real Madrid. Die Häuser<br />
im Dorf sind einfach, aber solide erbaut, nur der<br />
randständige Tempel sieht verwahrlost aus. Der<br />
Grund: Der Mönch ist weg. Länger schon, wie<br />
wir hören, weitergezogen, weil sich die Gemeinde<br />
seinen Unterhalt nicht mehr leisten konnte.<br />
Das vermutet jedenfalls Thomas Stukenbrok,<br />
unser bedächtiger Guide in allen Fragen der Völkerverständigung<br />
auf der Mekong Sun. Die Menschen<br />
im Dorf leben von der Landwirtschaft. Hier<br />
in Ban Don Sai Ngam will uns niemand etwas<br />
verkaufen. Einer von uns darf einen seltsamen<br />
dreirädrigen Traktor Probe fahren, der eines der<br />
wenigen technischen Hilfsmittel zu sein scheint,<br />
mit dem die Tiefland-Laoten hier Landwirtschaft<br />
betreiben. Das meiste ihrer Ernte verkaufen sie<br />
auf einem Markt in der Gegend, davon leben sie.<br />
Ban Don Sai Ngam ist kein Show-Dorf, das<br />
von Touristen lebt, versichert Thomas Stukenbrok,<br />
und es stimmt. Die Menschen dort haben<br />
genauso viel Interesse an uns wie wir an ihnen,<br />
ohne dass daraus unbedingt ein Geschäft entstehen<br />
müsste. Als wir zurück an Bord gehen, sind<br />
wir trotzdem bedrückt. Objektiv sind die Tiefland-Laoten<br />
bitterarm. Der Eindruck, den sie auf<br />
uns machen, suggeriert allerdings eine gewisse<br />
demütige Zufriedenheit. Oder ist es nur unser<br />
westlicher Blickwinkel, der uns beruhigt glauben<br />
lässt, dass Menschen in diesen Verhältnissen ein<br />
gutes Leben führen?<br />
Hier in Ban Don Sai<br />
Ngam will uns niemand<br />
etwas verkaufen.<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
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35
ASIEN | Mekong<br />
Tag 4<br />
Wäre die Langsamkeit nicht schon von Schriftsteller Stan<br />
Nadolny entdeckt worden, nach dieser Reise hätte ich<br />
mich auch dafür bewerben können. Seit Tagen schweben<br />
wir nun bereits im stillen Wasser durch den laotischen<br />
Teil des Mekongs und hängen unseren Gedanken nach.<br />
Wenn wir nicht gerade von der Crew der Mekong Sun<br />
mit traditionellem Thai-Food bedient oder von unserem<br />
»Hoteldirektor« Thomas Stukenbrok auf die Eigenheiten<br />
asiatischer Lebensart hingewiesen werden, schauen wir<br />
immer wieder still und staunend hinaus auf den umbrabraunen<br />
Fluss und schweben in gefühlter Zeitlupe durch<br />
die Landschaften Südostasiens. Das kraftvolle, zweimal<br />
550 PS starke Tier tief im Rumpf unseres Boots unterlegt<br />
dieses exotische Bühnenbild mit dumpfem Brummen.<br />
Hinter jeder Biegung des Flusses taucht ein neues Szenario<br />
auf: Dschungelidyllen an hoch aufragenden Ufern.<br />
Hügelige Lehmkaskaden neben rissigen, brachial in Sand<br />
und Stein geschlagenen Treppenstufen ins Nichts. Verwitterte<br />
Hütten aus Holz, die schon jahrelang niemanden<br />
mehr beherbergt haben dürften. Dazu immer wieder<br />
vereinzelt Menschen, die in gebückter Haltung aus der<br />
Entfernung so verloren wirken wie Dschunken in stürmischer<br />
Brandung. Der Mekong ist ein mächtiger Fluss, der<br />
alles um sich herum an den Rändern übermalt.<br />
Nach vier Tagen endet unsere Reise in Vientiane,<br />
der Hauptstadt von Laos. Im Gegensatz zum schicken<br />
Luang Prabang versprüht Vientiane den Charme einer<br />
staubigen Provinzstadt. Vom exotischen Zauber unserer<br />
Schiffspassage auf dem Mekong ist hier nichts mehr zu<br />
spüren. Wehmütig lassen wir die eindrucksvollen Bilder<br />
der letzten Tage noch einmal vor unserem geistigen Auge<br />
ablaufen, bevor uns ein Flugzeug nach Bangkok bringt.<br />
Der Moment, in dem wir in den berühmten Pak-Ou-Höhlen<br />
neben den Tausenden von erhabenen Buddhastatuen<br />
auch die eine Figur entdecken, die lacht wie ein Kobold<br />
auf Ecstasy, und der uns beweist: Buddha hat Humor.<br />
Der Moment, in dem wir Grillen vom Grill probieren und<br />
die Stinkefrucht Durian (keine gute Idee). Der Moment,<br />
in dem uns laotische Tänzerinnen Leinenbändchen umlegen,<br />
um böse Geister zu vertreiben. Und die perfekten<br />
Momente natürlich, die wir still und beinahe andächtig<br />
am Oberdeck der Mekong Sun verbringen, während diese<br />
magische Flusslandschaft in Zeitlupe an uns vorüberzieht<br />
und uns wehmütig und glücklich zugleich macht.<br />
Mehr als auf dem Mekong werden wir über das Wesen<br />
der Melancholie vermutlich nie erfahren.<br />
36<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>
Alles Gold, was glänzt:<br />
Der buddhistische Stupa<br />
Pha That Luang in der<br />
Hauptstadt Vientiane<br />
ist das Nationalsymbol<br />
von Laos.<br />
Der Mekong ist ein<br />
mächtiger Fluss, der<br />
alles um sich herum<br />
an den Rändern<br />
übermalt.<br />
INFO<br />
ANREISE Von Frankfurt a. M. und München gibt<br />
es Direktflüge in die thailändische Hauptstadt<br />
Bangkok. Von dort sind es weitere eineinhalb<br />
Flugstunden bis Luang Prabang. Zurück fliegt Lao<br />
Airlines von Vientiane nach Bangkok.<br />
EINREISE Für Laos wird ein Visum benötigt.<br />
»Visa-on-arrival« wird am Flughafen ausgestellt und<br />
kostet rund € 38.<br />
FLUSSKREUZFAHRTEN Lernidee Erlebnis<strong>reisen</strong><br />
betreibt die zwei Boutique-Schiffe Mekong Sun<br />
und Mekong Pearl auf dem oberen Mekong.<br />
14 beziehungsweise 15 Kabinen bieten Platz für<br />
28 beziehungsweise 29 Personen. Besonders<br />
beliebt ist die Reise »Orchidee« vom Goldenen<br />
Dreieck über Luang Prabang bis nach Vientiane<br />
oder umgekehrt. Sie dauert 14 Tage (zehn Tage<br />
Schiffsreise) und ist ab € 4.400 buchbar. Im<br />
Reisepreis sind Flüge ab/bis Deutschland sowie<br />
sämtliche Mahlzeiten enthalten.<br />
WÄHRUNG In Laos wird in laotischen Kip gezahlt.<br />
Ein Euro entspricht rund 19.000 Kip.<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
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37
ASIEN | Sri Lanka<br />
text & fotos<br />
BNorbert Eisele-Hein<br />
entLANKA<br />
Eine Reise nach Sri Lanka<br />
war der Traum vieler. Zu vieler.<br />
Und dann kam Corona, eine<br />
Wirtschaftskrise und die<br />
Unsicherheit, ob denn Sri Lanka<br />
wirklich noch das richtige Ziel<br />
ist. Jetzt, wo sich das Land<br />
langsam berappelt hat, haben<br />
wir unseren Reporter Norbert<br />
Eisele-Hein hingeschickt, um<br />
nach dem Rechten zu sehen<br />
und uns von der Trauminsel<br />
vorzuschwärmen.<br />
Die prächtigen blauen Blumen sind<br />
begehrte Devotionalien für Buddhisten<br />
und lassen sich auf dem Markt gut<br />
verkaufen. Dass in den Gewässern auch<br />
Krokodile schwimmen, scheint den<br />
Sammler nicht zu kümmern.<br />
38
sommer <strong>2023</strong><br />
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39
Überragend: Der 350 Meter hohe<br />
Lotus Tower mitten in der Hauptstadt<br />
Colombo sticht heraus.<br />
Mitten im geschäftigen Colombo liegt<br />
der kleine Beira-See. Hier turteln<br />
Liebespaare in Tretbooten. Pelikane<br />
segeln über den Teich. Setzen auf der<br />
Suche nach Fischen immer wieder<br />
zum so plump wirkenden, aber dennoch<br />
meist erfolgreichen Sturzflug an. Am Ufer lässt<br />
ein Schlangenbeschwörer eine Kobra nach den Lauten<br />
seiner Flöte tanzen. Andere hieven mutigen Touristen<br />
für einen Obolus gar einen Python auf die Schultern.<br />
Gleich daneben werden Zuckerwatte, Mangos und junge<br />
Kokosnüsse mit Strohhalm verkauft. m Hintergrund<br />
ragt der erst kürzlich, noch vor der großen Wirtschaftskrise<br />
im Frühjahr 2022 erbaute, 350 Meter hohe Lotusturm<br />
in den Himmel. Die lilafarbenen Blütenblätter<br />
aus illuminierbarem Glas strahlen wie ein aumschiff.<br />
Das höchste Bauwerk Südasiens gilt als architektonisch<br />
gelungenes Statement. Doch so ein sündteures Statussmbol<br />
inmitten schwerster Wirtschaftskrise, war das<br />
wirklich nötig, fragen sich die Bürger. Selbst der riesige,<br />
goldene Buddha im nahen Viharamahadevi Park, der zu<br />
Zeiten britischer Kolonialherrschaft etwas leichter auszusprechen<br />
nur Cinnamon Gardens hieß, scheint skeptisch.<br />
m Lotussitz blickt er mit stilisierten Augen träumerisch-verklärt<br />
auf das neue Wahrzeichen der Stadt<br />
– den kaum zu übersehenden, protzigen Phallus. Gütige<br />
Stimmen meinen, Buddha drücke beide Augen zu. Sri<br />
Lanka fängt also schon mal richtig gut an.<br />
40<br />
herbst 2020
ASIEN | Sri Lanka<br />
»Das hat alles<br />
seine Ordnung.<br />
Wozu haben wir<br />
Hupe und Bremse?«<br />
Geplant ist eine 14-tägige Rundtour durch das zentrale<br />
Hochland, um dann in den Süden der nsel zu <strong>reisen</strong>.<br />
Zum Baden. Dazwischen wollen wir möglichst viel Kultur<br />
und atur Sri Lankas erfahren. Und so viel vorweg:<br />
Von beidem hat die Perle im ndischen Ozean jede Menge.<br />
Bis zu unserem ersten Stopp in Kand sind es von der<br />
Hauptstadt Colombo 11 Kilometer. »We take the main<br />
road«, erklärt Guide Sunda, » hope it will onl take about<br />
four hours.« Schon bald ist klar: Wer bei »Hauptstraße«<br />
an die deutsche Autobahn denkt, ist falsch gewickelt. Die<br />
Straße führt durch eine unendliche Anreihung von Dörfern.<br />
Der Straßenrand ist Werbefläche, beschert durch<br />
seine omnipräsenten, krachbunten Plakate eine stetige<br />
eizüberflutung. Ab Mirigama wird die Vegetation üppiger.<br />
Bald ragen Urwaldriesen in den Himmel. Darin<br />
hängen Hunderte Flughunde kopfüber beim tagsüber<br />
üblichen Nickerchen. Die quietschbunten Papageien sind<br />
tagaktiv und schwirren lautstark krächzend kreuz und<br />
quer. Mittendrin watschelt ein bestimmt zwei Meter langer<br />
Waran seelenruhig über die Straße. Dort scheint ohnehin<br />
Anarchie zu herrschen. »ein, das hat alles seine<br />
Ordnung. Wer vorne ist, hat Vorfahrt. Es gilt das echt<br />
des Stärkeren. berholt wird überall. Wozu haben wir<br />
Hupe und Bremse«, lacht Sunda. Die unzähligen Mopeds,<br />
Tuk-Tuks, Kleinlaster und Schwertransporte sorgen für<br />
ein Bewegungsprofil, das einem Ameisenhaufen auf<br />
Ecstas gleicht. ur hin und wieder eingebremst durch<br />
einen Ochsenkarren. Und obwohl uns Europäern in so<br />
mancher Fahrsituation das Blut in den Adern gefriert,<br />
passiert doch erstaunlich wenig.<br />
Eakt nach vier Stunden biegen wir zur Thotupola esidence<br />
ein. Dort weiht uns Frau Sulochana in die Kunst<br />
der Currzubereitung ein. Wir öffnen Kokosnüsse für das<br />
Kokoswasser, raspeln fleißig Kokosmark. Mörsern, mahlen<br />
und schnippeln frische Gewürze: Bockshornklee,<br />
Kurkuma, Curryblätter, Senfsamen, Knoblauch und<br />
Chilis. n einem Mini-Tonofen zaubern wir mit Holzfeuer<br />
ein pikantes Curr. Wahlweise mit Huhn. Dazu gibt<br />
es Karottengemüse, Auberginenmousse und Bratkartoffeln.<br />
Zur achspeise: Pfannkuchen mit Kokosmark,<br />
Palmhonig und – als einzige Zutat aus dem Supermarkt<br />
– Vanilleeis. »Das Geheimnis des Currys ist die frische<br />
Zubereitung der Gewürzmischung«, meint Frau Sulochana.<br />
So schlemmen wir auf ihrer Terrasse und würden<br />
am liebsten die Tonschalen ausschlecken. Lauschen der<br />
Kakophonie des Urwalds und beobachten Sandsammler<br />
auf dem Mahaweli iver, dem längsten Fluss Sri Lankas.<br />
Mit langen Stangen, an denen eimerähnliche Kellen<br />
montiert sind, schaufeln sie Sand vom Grund des Mahaweli.<br />
Packen ihn mit purer Muskelkraft nach oben und<br />
türmen ihn auf den Bambusflößen zu stattlichen Bergen<br />
auf. Was für eine Plackerei.<br />
Später in Kandy hören wir gerade noch den Schulgong.<br />
Schon strömen unzählige Schüler auf die ohnehin<br />
vollgepackten Straßen. Die Mädchen mit Zöpfen<br />
und Schleifchen, hochgeschlossener, weißer Bluse und<br />
ock. Die Jungen mit gebügelten Uniformen und gescheiteltem<br />
Haar – alle Geschlechter mit Krawatten.<br />
Wer nicht mit dem Tuk-Tuk abgeholt wird, uetscht sich<br />
in die Busse oder schlendert zur Eisenbahn. Wir eilen<br />
zur Pooja, einem Abendgebet im Sri Dalada Maligawa,<br />
dem wohl wichtigsten buddhistischen Heiligtum Sri<br />
Lankas. m »Zahntempel« wird angeblich der mthenumrankte<br />
Eckzahn des Buddha aufbewahrt. Die mehr<br />
als abenteuerliche Odyssee dieser Reliquie füllt Bücher.<br />
Der weise Khema soll den Zahn einst um 40 vor Chris-<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
41
ASIEN | Sri Lanka<br />
Waren es Dienerinnen,<br />
Nymphen, Prinzessinnen?<br />
tus aus Buddhas Scheiterhaufen gerettet haben. m Jahr<br />
311 wurde er von der indischen Königstochter im wallenden<br />
Haar versteckt nach Sri Lanka gebracht. Der Zahn<br />
selbst liegt geschützt in einer mit Edelsteinen besetzten<br />
Karanduwa, die wiederum – ähnlich einer russischen<br />
Matroschka-Puppe – in weiteren sieben Behältnissen<br />
mit Schlössern und Zugangsbeschränkungen für Äbte<br />
und Verwalter gesichert ist. Die spirituelle Verneigung<br />
der Buddhisten und das Blumenmeer der Opfergaben<br />
lässt die Atmosphäre angenehm knistern. Auch wenn<br />
der Zahn nicht wirklich zu sehen ist, die Andacht mit<br />
Trommlern und Bläsern in diesen prunkvollen Gemäuern<br />
ist ein Muss.<br />
Wir setzen zu einer mehrtägigen, nördlichen Schleife<br />
durch das kulturelle Dreieck an. Die Anlage von Dambulla<br />
mit ihrem riesigen goldenen Buddha gleich am<br />
Eingang und den liegenden Buddhas in fein mit Fresken<br />
verzierten Höhlen wird auch heute noch von Mönchen<br />
bewohnt. Der Aukana-Buddha nur 30 Minuten weiter,<br />
etwas westlich der A , thront nur ein paar Schritte vom<br />
Parkplatz entfernt. Dieser segnende Buddha wurde aus<br />
einem einzigen, sagenhaften Felsblock gemeißelt und gilt<br />
als größte Kolossalplastik Sri Lankas.<br />
Weiter geht es zu einem monumentalen Tafelberg,<br />
der majestätisch aus dem Urwald aufragt. Der Löwenfelsen<br />
von Sigiria wurde bereits 1 von der Unesco ins<br />
Weltkulturerbe aufgenommen. Der Aufstieg durch den<br />
alten Königspalast über steile und eponierte Stufen hat<br />
es in sich und erfordert gelegentlich etwas Schwindelfreiheit<br />
und gutes Schuhwerk. Zur Belohnung gibt es einen<br />
Blick auf die Fresken bezaubernder Wolkenmädchen, bereits<br />
im 5. Jahrhundert liebreizend dargestellt, rätselt die<br />
Wissenschaft heute noch über ihre ursprüngliche Bedeutung.<br />
Waren es Dienerinnen, mphen, Prinzessinnen?<br />
Für eine Bootstour auf der Seenplatte von Habarana<br />
nehmen wir uns einen ganzen Tag Zeit. Vor uns gleiten<br />
Kinder mit hölzernem Katamaran über den regungslos<br />
daliegenden See. Erst als ein kleines Mädchen ein paar<br />
Seerosen pflückt, zerfließt dieses impressionistische<br />
Gemälde still zu einem modernen Auarell. Die Ufer<br />
werden von mächtigen Urwaldriesen gesäumt. Seiden-,<br />
Eben- und sogar Eisenholzbäume sind darunter, dazwischen<br />
suchen immer wieder Kokospalmen den Weg<br />
durch das Blätterdach ans Licht. Zwischen den Seen und<br />
zahlreichen Kanälen lässt sich die Tour genauso entschleunigt,<br />
aber etwas ruckeliger mit dem Ochsenkarren<br />
fortsetzen. eben einer Vielzahl von eihern, Kormo-<br />
42 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>
Der Aufstieg zu den Wolkenmädchen am Löwenfelsen<br />
von Sigiriya ist anstrengend, aber der Anblick der<br />
Fresken und der Ausblick sind die Mühe wert.<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
43
Die wellenförmigen Teeplantagen sind eine Augenweide, aber die Arbeit in den steilen Hängen ist ein Knochenjob –<br />
so auch für die Teepflückerinnen.<br />
44<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
herbst 2020
ASIEN | Sri Lanka<br />
Affen zocken auch gerne mal<br />
Sonnenbrillen und Handys.<br />
ranen und Greifvögeln sehen wir Wasserbüffel. Unser<br />
Guide meint, es gäbe auch Bären und Krokodile. Okay,<br />
Baden fällt für uns also aus. Nicht so für einen Lotusblumensammler.<br />
Er watet durch das schultertiefe Wasser<br />
einer zugewachsenen Bucht und pflückt blaue Lotusblumen<br />
für den Verkauf auf dem Markt – eine begehrte Devotionalie<br />
bei Buddhisten.<br />
Doch wofür ist Sri Lanka auch bekannt? Genau, für<br />
die Elefanten. Also ist eine Jeepsafari zu den Dickhäutern<br />
ein absolutes Muss. uckelnd im engen Jeep kurven<br />
wir durch den angrenzenden ationalpark. Und da sind<br />
sie. Und neben den riesigen Elefantenherden tummeln<br />
sich auch etliche, locker vier Meter lange Krokodile an<br />
den Ufern der Seen.<br />
Polonnaruwa markiert unsere letzte Station im »Culture<br />
Triangle«. Die einst florierende Königsstadt wurde<br />
nach mehreren Plünderungen 1288 aufgegeben.<br />
Das riesige Areal wäre die perfekte Filmkulisse<br />
für das Dschungelbuch , denn die Languren,<br />
Hutaffen und Schlankloris haben<br />
die Ruinen längst für sich erobert. Der<br />
zentrale Königspalast soll bis zu sieben<br />
Stockwerke hoch gewesen sein und über<br />
1.000 Zimmer verfügt haben. Ein Bad<br />
in Form einer Lotusblume, zig Tempel<br />
und Buddha-Statuen. Unbedingt genug<br />
zu trinken mitnehmen und vor allem den<br />
Sonnenschirm nicht vergessen.<br />
Wieder zurück in Kand wechseln wir das Fortbewegungsmittel.<br />
Für unsere »Tour de Tee« ins Hochland<br />
nehmen wir den Zug. Der Bahnhof Kand ist eine Augenweide,<br />
atmet förmlich koloniales Flair. Die optisch so<br />
gemütlich wirkenden, bauchig runden singhalesischen<br />
Schriftzeichen wurden per Hand auf die Tafeln gemalt,<br />
die Schalter und Bänke aus dunklem Tropenholz reichhaltig<br />
verziert. Die Main Line verbindet Colombo mit<br />
dem Hochland und rattert über 0, Kilometer bis nach<br />
Bandarawela. Wir picken uns das Sahnestück von Kand<br />
bis Ella heraus. Die scheinbar in die Jahre gekommene<br />
Diesellok tuckert fleißig bergauf. Ausladende Bougainvilleen<br />
und Büsche mit kunterbunten Zistrosen wischen<br />
wie ein egenbogen im Zeitraffer an uns vorbei. Bananenstauden<br />
reichen derart nah an die Waggons heran,<br />
dass wir sie unter der Fahrt pflücken können. Baumdicker<br />
Bambus mit bis zu 25 Metern Höhe säumt die Strecke.<br />
Bei ngura Oja tauchen die ersten Teeplantagen auf.<br />
Bei Hatton kraelt der Zug bis auf 1.1 Meter über dem<br />
Meeresspiegel empor. Gelegentlich wirkt es, als würfen<br />
die Teeplantagen Wellen und die fleißigen Teepflückerinnen<br />
mit ihren leuchtenden Saris schwämmen in diesem<br />
Ozean aus schimmerndem Grün. Bei Talawakelle darf die<br />
Diesellok durchschnaufen. Leicht bergab rollen wir mitten<br />
durch das Städtchen, blicken direkt in angrenzende<br />
Häuser, sehen das dampfende Curry auf dem Tisch und<br />
Leute beim Duschen im Vorgarten. Schon laufen wieder<br />
fliegende Händler am Zug entlang. Verkaufen gebackene<br />
Chilis mit Limetten, lecker gefüllte Samosas und Pakoras<br />
und wechseln im Dauerlauf auch noch das Geld. Vorsicht:<br />
Die Speisen sind fast immer von Locals für Locals,<br />
also eine im Hinblick auf den Schärfegrad ungefilterte<br />
Einheimischenvariante. Aber keine Angst, hungern wird<br />
keiner, denn in der ersten Klasse werden für westliche<br />
Gäste taugliche Speisen und Getränke serviert.<br />
Über eine Steinbrücke mit neun Bögen, ein Glanzlicht<br />
kolonialer Baukunst, gelangen wir nach Ella.<br />
Ein perfekter oga-Ort, der Hotspot illustrer<br />
ucksacktouristen. Ein knackfrischer<br />
Salat mit Mango im Guru Café, ein Kokospfannkuchen<br />
vom Straßenstand und<br />
dann auf den ausgedehnten Kissenlandschaften<br />
in der One Love Lounge mit<br />
Drink und Shisha die Seele baumeln<br />
lassen. Angenehme Temperaturen auf<br />
gut 1.000 Metern Seehöhe, herrliche<br />
Wanderwege, ein kapitaler Wasserfall am<br />
Ortsrand und jede Menge coole Bars und<br />
Boutiquehotels. Genau dieses Programm könnten<br />
wir schon noch ein paar Tage aushalten.<br />
Doch schon am nächsten Morgen steht Sunda wieder<br />
parat. Kurbelt uns auf der A 16 durch die prächtige<br />
Kulturlandschaft des »Hill Country« über Bandarawella<br />
und Haputale nach Dambatenne, wo wir auf Tuk-Tuks<br />
umsteigen. Zwischen Nebelfetzen schrauben wir uns<br />
auf schmalen, eponierten, gerade noch fahrbaren Wegen<br />
über endlose Teeterrassen in die Plantage hinauf.<br />
Ganz oben sitzt er dann gemütlich, jovial-milde lächelnd<br />
und genießt ein umwerfendes 360-Grad-Panorama: Sir<br />
Thomas Johnstone Lipton, britischer Selfmade-Milliardär<br />
alter Schule, 1 gründete er seine ikonografische<br />
Teemarke, die noch heute jedes Kind kennt, auch wenn<br />
die Firma längst zum multinationalen Unilever-Konzern<br />
gehört. Natürlich gibt es dort oben neben seiner lebensgroßen<br />
Plastik auch frisch gebrühten Tee und kleinere<br />
Snacks. Achtung: Vagabundierende Affen klauen nicht<br />
nur die Kekse vom Teller, sondern zocken auch gerne mal<br />
Sonnenbrillen und Handys.<br />
Achtung, Affen!<br />
Die lustigen Kerle<br />
sind rotzfrech – auf<br />
keinen Fall füttern!<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
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45
ASIEN | Sri Lanka<br />
Ein Stopp in Galle ist für jede Rundreise Pflicht. Nicht nur beim<br />
Leuchtturm ist es dort idyllisch. Und Elefanten begegnen einem hier<br />
entweder in einem Park oder aber gern auch wild auf der Straße.<br />
Auf dem ückweg stoppt unser Tuk-Tuk an einer Sammelstelle,<br />
wo Dutzende Damen gerade ihre riesig aufgebauschten<br />
Sammelbehälter wiegen lassen. »Ja, das Teezupfen<br />
ist körperlich sehr anstrengend, aber es macht mir immer<br />
noch Freude«, erzählt die 0-jährige Sirigawatha mit<br />
strahlendem Lächeln. Sie hat sechs Kinder und schon <br />
Enkel, die meisten arbeiten auf der Plantage. Seit ihrer<br />
Kindheit steigt sie barfuß über das wilde Wurzelwerk der<br />
steilen Hänge und zupft täglich noch über 15 Kilogramm<br />
in ihren mit einem Trageriemen am Kopf befestigten Beutel.<br />
Dafür bekommt sie den Mindestlohn von ca. 100 Euro<br />
monatlich. Sirigawatha wirkt erstaunlich gesund und<br />
glücklich.<br />
Die nächsten Tage kurvt Sunda nur noch bergab. Bald<br />
bricht sich der Dschungel wieder Bahn. m »Center for<br />
Elephant Conservation« bei Udawalawa können wir die<br />
Pullis endgültig in den Koffer packen. Das Elefanten-Waisenhaus<br />
kümmert sich um ausgediente Arbeitselefanten,<br />
aber auch um junge Problemfälle, wie einen Babyelefanten<br />
mit Holzbein, der einem Krokodil zu nahe gekommen<br />
ist. Zurück am ndischen Ozean steht die Hitze wieder.<br />
Der Fischmarkt von Tangalle uillt schier über vor Angebot.<br />
Hummer in allen Farbschattierungen, Krabben,<br />
Thun- und adelfische mit Furcht einflößenden Zähnen<br />
landen täglich auf den Holzbänken der Händler.<br />
Die aus der Tourismuswerbung bekannten Stelzenfischer<br />
bei Kogalla sind eigentlich nur noch Fotomotive.<br />
Für einen unverschämten Eintrittspreis schwingen sie<br />
ihre windigen Angeln, der minimale Fang ist ebensache.<br />
Dafür entführt uns Galle noch einmal in die portugiesisch-britisch-holländische<br />
Kolonialvergangenheit<br />
des einstigen Ceylons. Beim alten Fort mit seinem palmengesäumten,<br />
18 Meter hohen Leuchtturm rattern die<br />
Kameras um die Wette. Entlang der Befestigungswälle<br />
locken etliche goldgelbe Ministrände noch einmal ins<br />
Meer. Lautstark schlürfen wir eine Kokosnuss. Lassen<br />
uns gedankenverloren vom badewannenwarmen Wasser<br />
umspülen. Dösen in der Hängematte. Sehen mit einem<br />
Auge den Barkeeper mit dem Shaker und die Palmen darüber<br />
beim Tanz in der leichten Brise. Die letzte Nacht in<br />
Colombo wird gecancelt, wir bleiben zwei Tage in Galle.<br />
Die Hängematte ist der perfekte Ort, um die Wundertüte<br />
Sri Lanka mit ihren Wolkenmädchen, Elefanten und<br />
Krokodilen, Buddhas Zahn und der Teerallye mit Tuk-Tuk<br />
evue passieren zu lassen.<br />
INFO<br />
RUNDREISE Buchbar beim Reiseveranstalter<br />
Enchanting Travel. 15 Tage Sri Lanka: »Teetradition,<br />
koloniale Schätze und Strände« kosten ab € 4.190<br />
p. P. ohne internationale Flüge. Route: Negombo,<br />
Sigiriya, Kandy, Hatton, Udawalawe National Park,<br />
Balapitiya, Galle Fort. www.enchantingtravels.com<br />
Mehr Infos zum Land: www.srilanka.travel<br />
46<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
sommer <strong>2023</strong>
USA<br />
Fotos: Alex Person, Luke Mummert, <strong>2023</strong> Mona Whetzel<br />
NICHT MIT MIR<br />
Realität oder optische Täuschung? Auf den ersten Blick scheint es, als wälze sich der Hund im<br />
Pulverschnee. Doch auf den zweiten Blick macht das Auge keine Schneeberge, sondern gleißend<br />
weiße Dünen aus. Diese sind charakteristisch für den 712 Quadratkilometer großen White-Sands<br />
Nationalpark im amerikanischen Bundesstadt New Mexico. Und sie bewegen sich. Die stets starken<br />
Winde sorgen dafür, dass die Dünen bis zu zehn Meter pro Jahr wandern. Seinen Schlitten<br />
kann man trotzdem einpacken und die Dünen hinunterflitzen.<br />
JA, ICH WILL<br />
Das Punk Rock Museum ist die<br />
weltweit umfassendste Ausstellung<br />
über die Geschichte, Kultur und<br />
Absurdität des Punks. Es befi ndet<br />
sich in Las Vegas und beherbergt<br />
nicht nur Artefakte und Erinnerungsstücke<br />
aus der weltweiten<br />
Punkszene, wie handgeschriebene<br />
Texte, Instrumente, Kleidung, und<br />
Fotos, sondern natürlich auch eine<br />
Bar und einen ganz besonderen<br />
Museumsshop. Auf einer Fläche<br />
von 12.000 Quadratmetern in der<br />
1422 Western Ave, zwischen dem<br />
Las Vegas Strip und Downtown,<br />
feiert das Museum den großen<br />
kulturellen Einfl uss des Genres im<br />
letzten halben Jahrhundert. Es ist<br />
auch noch frisch, denn es wurde<br />
erst am 1. April eröffnet. Ach ja,<br />
und wer mag, kann sich in der<br />
Wedding Chapel des Punk<br />
Museums das Jawort geben.<br />
www.thepunkrockmuseum.com<br />
JETZT JA<br />
Auf dieser Insel verbrachte früher<br />
niemand freiwillig seine Zeit:<br />
Alcatraz, auch als »The Rock«<br />
bekannt. Der Felsen in der Bucht<br />
von San Francisco diente einst<br />
als ausbruchsicheres Gefängnis<br />
für die schlimmsten Verbrecher<br />
wie den Mafi aboss Al Capone. Vor<br />
60 Jahren verließen die letzten<br />
Häftlinge den berüchtigten Ort, zu<br />
unmenschlich waren die Bedingungen<br />
dort. Heute ist die Insel<br />
eine Attraktion und lässt jeden<br />
mal hinter schwedische Gardinen.<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
47
IN ALASKAS KATMAI NATIONALPARK GIBT ES DIE<br />
HÖCHSTE DICHTE AN BRAUNBÄREN IN DEN USA.<br />
BESUCHER KÖNNEN DIE IMPOSANTEN TIERE FAST<br />
HAUTNAH ERLEBEN – UNTER KUNDIGER FÜHRUNG<br />
UND MIT GROSSEM RESPEKT VERSTEHT SICH.<br />
48 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
sommer <strong>2023</strong>
USA | Alaska<br />
text<br />
BNorbert Eisele-Hein<br />
GROSSARTIGES<br />
..<br />
BARENKINO<br />
Auf dem Trockenen: Bei Ebbe liegen die Aluboote<br />
im Katmai Nationalpark auf Sand. Dahinter nehmen<br />
Bären vorübergehend die Abkürzung.<br />
49
..<br />
..<br />
UBER 2.200 KUSTENBRAUNBAREN<br />
..<br />
TUMMELN SICH WAHREND DES<br />
SUBPOLAREN SOMMERS IM KATMAI<br />
NATIONALPARK.<br />
..<br />
50
USA | Alaska<br />
Chill-Bill! Die Hood<br />
auschecken, etwas<br />
snacken und sich locker<br />
machen, das beherrschen<br />
die kleinen Bären perfekt.<br />
Das Leben braucht manchmal einen Perspektivwechsel.<br />
Ein Abenteuer. Deshalb habe ich<br />
mich entschieden, die Bären Alaskas zu besuchen.<br />
Um genauer zu sein den Kodiakbären<br />
Ursus arctos middendorfi. Und dieser ist<br />
vom Grizzl Ursus arctos horribilis kaum<br />
zu unterscheiden. Die Kodiaks ernähren sich<br />
vermehrt von Lachs und Meerestieren, wodurch<br />
sie häufig noch größer und schwerer<br />
als der Grizzly werden, der oft im Landesinneren auf die<br />
Jagd geht und auch auf Beeren, Wurzeln und Aas angewiesen<br />
ist.<br />
Im »Katmai National Park and Preserve« auf der Alaska<br />
Peninsula, dem Bindeglied des alaskischen Festlands<br />
zu der sich in den unendlichen Weiten der Beringsee<br />
verlierenden Inselkette der Aleuten, tummeln sich während<br />
des kurzen, subpolaren <strong>Sommer</strong>s sage und schreibe<br />
über 2.200 Küstenbraunbären. Nur so viel vorweg: Es<br />
gibt wohl auf der ganzen Welt keinen besseren Ort, um<br />
Bären in ihrem natürlichen Habitat zu beobachten und<br />
ihnen fast schon haarsträubend und pulstreibend nahe<br />
zu kommen.<br />
Damit die Bären im Herbst auf ordentliche Fettreserven<br />
zurückgreifen können, müssen sie im Frühjahr<br />
und <strong>Sommer</strong> rund um die Uhr Futter suchen. Die riesigen<br />
Lachsschwärme strömen häufig erst Ende Juli oder<br />
Anfang August über die Shelikof Strait im Osten oder<br />
die Bristol Bay im Westen zu ihren Geburtsplätzen zurück.<br />
Bis dahin ist der Tisch für die Bären keineswegs<br />
reichhaltig gedeckt. Die Nahrungssuche erfordert weite<br />
Wege und emsige Kleinarbeit, im grünen Dickicht kostet<br />
das Vorankommen nämlich zusätzliche Kalorien.<br />
Die Bären sind also clever und suchen verstärkt an den<br />
Uferzonen nach Essbarem. Und wir können sie dort mit<br />
den flachen Alubooten der Katmai Wilderness Lodge<br />
wunderbar beobachten. Gleich am ersten Tag begleiten<br />
wir eine Bärenmutter mit zwei tollpatschigen Kids<br />
auf ihrer Strandmeile. Die Bärin frisst pausenlos. Dreht<br />
riesige Felsbrocken mit bestimmt 40 bis 50 Kilogramm<br />
Gewicht mal eben mit der Pranke auf die Seite, um darunter<br />
nach kleinen Krebsen zu suchen. Zerquetscht<br />
kleine ankenfußkrebse, auch Seepocken genannt, die<br />
sich auf Felsen fest angesaugt haben, mit ein paar gezielten<br />
Tatzenhieben. Buddelt Muscheln im Sand aus, die<br />
sie mit fast schon chirurgischer Präzision ihrer Furcht<br />
einflößenden Krallen auseinandernimmt. Am oberen<br />
Ufer werden sämtliche Beeren abgepflückt. Und wenn<br />
gerade nichts anderes zur Verfügung steht, wird eine<br />
Unmenge Riedgras verschlungen. Dutzende Kilogramm<br />
täglich, das die Bärin mit lautstarkem Rupfgeräusch in<br />
dicken Bündeln ausreist. Das saftige Gras enthält enorm<br />
viel Eiweiß und sichert den Bären in der lachsfreien Zeit<br />
das Überleben. Die Bärenkids folgen ihrer Mutter, so gut<br />
es geht. Stolpern teils übereinander. Balgen sich zudem<br />
beständig, um spielerisch den Kampf ums Überleben zu<br />
erlernen. Stündlich drängen die beiden an die Milchzitzen<br />
der Mutter. Prügeln sich förmlich um den besten<br />
Platz an der Milchbar. Schon diese putzigen Teddys, die<br />
höchstens drei bis vier Monate alt sein dürften, geben<br />
dabei ein unglaublich finsteres Grollen von sich. Danach<br />
wird kurz gekuschelt und gedöst. Unsere Boote sind zum<br />
Teil nur noch wenige Meter entfernt. Selbst das Surren<br />
der Kameramotoren scheint die Bären nicht zu stören.<br />
Unsere Guides Dustin Edwards und Jake de eff<br />
klappen die 10-PS-Außenborder um. Unsere Aluflundern<br />
gleiten über die Kukak Bay zurück zur Lodge. Offenbaren<br />
ganz nebenbei einen überwältigen Einblick in<br />
die maritime Fauna Alaskas. »Schaut mal da drüben auf<br />
14.00 Uhr«, ruft Jake. »Ein Otterfloß aus mindestens 100<br />
Tieren. Diese Community treibt scheinbar planlos auf<br />
dem Meer. Sie sind über Kelpstängel miteinander verwoben.<br />
Seht, wie sie ihren Nachwuchs auf dem Rücken<br />
transportieren.« Der große ückenschwimmer vorne<br />
zerkleinert mithilfe eines Steins leckere Muscheln auf<br />
seinem Bauch. Was für ein wuseliges Treiben, ständig<br />
tauchen Köpfe auf und ab. Wie Jake uns erzählt, lockten<br />
die Otter einst russische Pelztierjäger nach Alaska. »Das<br />
Otterfell besteht aus gut 100.000 Haaren pro Quadratzentimeter,<br />
so viel hat ein Mensch auf seinem ganzen<br />
Kopf«, weiß Jake. »Sauber verarbeitet ist es wasserdicht<br />
und enorm warm. Die High Society der alten und neuen<br />
Welt in Paris und New York, konnten nicht genug von<br />
diesem Pelz bekommen. 1867 schien der Otter fast ausgerottet.<br />
Und es war wohl nicht grundlos, dass Russland,<br />
den vermeintlich wertlosen Gefrierschank Alaska für 7,2<br />
Millionen Dollar an die USA verscherbelte.«<br />
Wir passieren markante Felsmonolithen. Erschrocken<br />
türmen die Papageientaucher sofort. obben dösen<br />
lethargisch auf den flechtenbewachsenen Felsen weiter.<br />
Erst als wir ihnen schon fast die Flosse reichen können,<br />
öffnen sie ihre tiefschwarzen Kulleraugen. Lassen sich<br />
plump ins Wasser fallen. An den Ufern patrouillieren<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
51
USA | Alaska<br />
Tanzbären? Nein,<br />
zwei junge Bären beim<br />
spielerischen Kampf.<br />
Ein faszinierendes<br />
Schauspiel!<br />
Dutzende Weißkopfseeadler. Das amerikanische Wappentier<br />
segelt majestätisch über der Wasseroberfläche<br />
und schnappt elegant riesige Fische aus der See, um den<br />
nimmersatten Nachwuchs hochzupäppeln.<br />
Unsere Lodge liegt umrahmt von mannshohem,<br />
lila-pink in der Sonne strahlendem Fireweed, in Deutsch<br />
Schmalblättriges Weideröschen, auf einem Hügel. Dahinter<br />
ragen monumentale Berge, wie der Kukak Volcano,<br />
Mount Steller und Mount Denison, wie Kathedralen<br />
empor. Der Kontrast vom scheinbar lichterloh brennenden<br />
Fireweed zu den mit kapitalen Eisschilden und Hängegletschern<br />
bewehrten Eisriesen und dem Stahlblau<br />
des alaskanischen Himmels betört die Sinne. Die Gipfel<br />
schrammen zwar alle nur knapp an der 2.500-Meter-Marke,<br />
aber vom Meeresspiegel betrachtet wirken sie wie unbezwingbare<br />
Himalayariesen.<br />
Im Garten liegen Walknochen und ein riesiges Elchgeweih.<br />
»Typisches Strandgut hier in der Bucht«, meint<br />
Perry Mollan. Er kam im <strong>Sommer</strong> 1980 zum ersten Mal<br />
nach Katmai. Lernte auf der Ostseite des Parks in der<br />
Brooks Falls Lodge seine Frau Angela kennen. 003 eröffneten<br />
sie ihre Katmai Wilderness Lodge. Eine wahrhaft<br />
philanthropische Oase in der rauen Wildnis. Die maximal<br />
zwölf Gäste werden in einer Handvoll schnuckeliger<br />
Blockhäuschen mit eigener Dusche und Gasheizung untergebracht.<br />
Im Haupthaus wird gegessen und gechillt,<br />
wenn einem das Wetter hier oben am Nordrand der Welt<br />
mal wieder einen Strich durch die Rechnung macht. Im<br />
urgemütlichen Salon liegen hochwertige Lexika und<br />
Ethnografika über die Fauna, Flora und Besiedlungsgeschichte<br />
Alaskas bereit. Perry verfügt über ein enormes<br />
Fachwissen. Er zeigt uns seine beeindruckende Sammlung<br />
von Schädelskeletten. »Seht euch diese beiden Exemplare<br />
von einem Bären und einem Seelöwen an. Kaum<br />
auseinanderzuhalten. Oder dieses Bibergebiss. Die geschwungenen<br />
Nagezähne lagern mit einer enormen Reservelänge<br />
im Kiefer und wachsen somit ein Leben lang<br />
nach.« Angela ist die gute Seele des Hauses und regiert<br />
den Funk – wenn Wetterkapriolen wieder mal alle Flugzeiten<br />
über den Haufen werfen. Nicht ganz unwichtig<br />
für das seelische Gleichgewicht auf diesem Außenposten<br />
ist Tom Elliott, der Koch. Er zaubert unglaubliche<br />
Menüfolgen aus seinem Vorrat: Krabbenküchlein, Risotto<br />
mit Pilzen und Cranberrys, Terriyaki-Fleischbällchen,<br />
Salate mit Kräutern aus dem eigenen Gärtlein, um nur<br />
eine kleine Auswahl seines Repertoires zu nennen. Tom<br />
war lange Chefkoch auf Kreuzfahrtschiffen und hält seine<br />
Wildnisküche auf einem hohen Lecker-Level. Eine logistische<br />
Meisterleistung, wenn man bedenkt, dass das Gros<br />
der Vorräte für die sechsmonatige Saison nur einmal zu<br />
Beginn mit einem Versorgungsfrachter angeliefert wird.<br />
Lediglich Obst, Gemüse und Eier lässt Tom immer noch<br />
wöchentlich mitsamt den Gästen in den kleinen Wasserfliegern<br />
anliefern.<br />
Am nächsten Morgen herrscht Kaiserwetter – wir<br />
ziehen wieder mit den Booten los. Begleiten »Blondie«,<br />
unsere Bärenmama, und ihre Rasselbande wieder auf ihrer<br />
Landzunge beim morgendlichen Streifzug in unserer<br />
Aluschale. Es ist Alaska, wie man es sich erträumt. Ein<br />
Naturerlebnis, das in nur wenigen Minuten das Herz erwärmt.<br />
Das wiederzugeben, ist schier unmöglich. Doch<br />
ich will es versuchen. Der erste Stopp ist der Wasserfall<br />
52<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
sommer <strong>2023</strong>
ES GIBT WOHL AUF DER .. GANZEN WELT<br />
KEINEN .. BESSEREN ORT, UM BAREN IN IHREM<br />
NATURLICHEN HABITAT ZU BEOBACHTEN.<br />
53
Die Bärin »Blondie« und ihre Boys auf<br />
Futtersuche am Ufer: Muscheln, Seepocken,<br />
Krebse – alles wird vernascht.<br />
..<br />
ERST AUF DER RUCKFAHRT<br />
WEICHT DAS ADRENALIN .. LANGSAM<br />
DEN GLUCKSHORMONEN.<br />
54
FERNWEH USA | | Kanada Alaska<br />
der Kaflia Ba. Am seichten Ende eines Kanals sehen wir<br />
durch den Fernstecher einen Elch, der mit seiner monströsen<br />
Schaufel gerade aus dem Wasser auftaucht. Das<br />
Bild zerfließt wie ein epressionistisches Gebilde. Das<br />
rücklaufende Wasser verbietet uns, näher zu kommen.<br />
Dann schwenken wir zu einer kleinen, dem Festland<br />
vorgelagerten Inselgruppe, die Jake und Dustin schlicht<br />
nur den Garten Eden nennen. Wandern durch riesige Farne<br />
und monströses Fireweed auf die begrünten Höcker<br />
mitten in der Kukak Bay und sind sprachlos. Von dort<br />
oben präsentiert sich die gegenüberliegende Bergkette<br />
mit perfektem Spiegelbild im satten Blau des Salzwassers.<br />
Wollgras erstrahlt wie kleine Fackeln im Gegenlicht,<br />
Cranberrys glühen wie Laternen, wilde Iris’ und arktische<br />
Gänseblümchen tänzeln in der leichten Brise. Wieder<br />
unten am Strand brennt die Sonne intensiv auf die<br />
vom Wellengang rundgewaschenen Kiesel. Tom hat uns<br />
ein Picknick eingepackt. Tee und Kaffee wird aus Thermoskannen<br />
gereicht. Wow, das ist eine Form von Glück,<br />
die man nur selten findet.<br />
Vollgefuttert schippern wir weiter westlich zur<br />
Aguchik Island. Kurz bevor die Kukak Bay eine Sackgasse<br />
bildet, gehen wir an Land. Es herrscht Ebbe, somit<br />
stapfen wir nach dem opulenten Mahl etwas schwerfällig<br />
mit unseren Wattstiefeln über Schlamm, Schlick und rutschige<br />
Algen. Über einen leichten Aufschwung gelangen<br />
wir auf ein fruchtbares Plateau mit fast schon smaragdgrünem<br />
Riedgras – fürwahr ein Bärenparadies. Prompt<br />
sehen wir fünf stattliche Exemplare. Zwei beim bärigen<br />
Tête-à-Tête und die anderen bei der somit zweitliebsten<br />
Beschäftigung, dem Fressen. Wir bleiben zwar brav auf<br />
Abstand und verhalten uns mucksmäuschenstill, aber<br />
Schnepfen, die an den nahen Böschungen nisten, schlagen<br />
sofort sirenenartig Alarm. Sie keckern ohne Punkt<br />
und Komma und fliegen Scheinattacken über unseren<br />
Köpfen. Schon nähert sich ein kapitales Männchen bis<br />
auf wenige Meter. Jake und Dustin formieren uns zur<br />
Gruppe. Sie treten vorne raus. Bilden die Speerspitze.<br />
Bärenspray und einen kleinen Pyrostab, den man sonst<br />
nur aus Fußballstadien kennt, im Anschlag. Der Bär beäugt<br />
uns kurz, kippt verspielt nach hinten und startet mit<br />
allen Vieren nach oben gereckt ein Nickerchen. Keine<br />
fünf Meter von uns entfernt. Was für eine grotesk-komische<br />
Situation. Wenn wir nicht die Hosen voll hätten,<br />
würden wir gerne in schallendes Gelächter ausbrechen.<br />
Nach dem Liebesakt kommt die Bärendame solo an uns<br />
vorbeigeschlendert. Und siehe da, nach dem Power-Nap<br />
Landpartie mit Wasseranschluss: Beim<br />
Flug von Kodiak Richtung Shelikof Strait<br />
passiert man dieses Flussdelta mit seinen<br />
mäandernden Läufen.<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
55
USA | Alaska<br />
Schön wachsam: Das Weißkopfseeadlerpaar<br />
rackert rund um<br />
die Uhr, um den Nachwuchs<br />
satt zu kriegen.<br />
zeigt unser Herr Bär sofort lüsternes Interesse. Schon<br />
sausen beide über einen Wassergraben hinfort zum näheren<br />
Kennenlernen. Uns stockt immer noch der Atem.<br />
Erst auf der Rückfahrt weicht das Adrenalin langsam den<br />
Glückshormonen.<br />
Doch das Wetter in Alaska ist ungestüm. Unvorhersehbar.<br />
Und so kommt es, dass wir den Nachmittag in<br />
der Lodge verbringen. Allerdings wohl verwöhnt. Tom<br />
zaubert Blaubeerpfannkuchen in Bärenform. Zeit, ein<br />
wenig zu plaudern und die Anekdoten auszupacken. Bei<br />
dampfendem Kaffee erzählen die Guides von ihren ersten<br />
Touren, als sie selbst noch Rookies waren. Jake erzählt,<br />
wie er einem Seeadlernest zu nahe kam: »Ich hatte<br />
nicht realisiert, dass die Adler Nachwuchs haben. Die Eltern<br />
haben mich sofort mit ihren messerscharfen Krallen<br />
attackiert. Ich musste mich mehrmals zu Boden werfen<br />
und konnte mich zum Glück in die Büsche schlagen.«<br />
Und dann ist da noch die Geschichte des Grizzly Man,<br />
der in der Kaflia Ba wirkte, die wir ja just besucht hatten.<br />
Perr empfiehlt uns: »Am besten seht ihr euch die<br />
Doku zu ihm an.« Gesagt, getan. Das filmische Meisterwerk<br />
von keinem Geringeren als dem deutschen Werner<br />
Herzog lässt uns das Blut in den Adern gefrieren. Timothy<br />
Treadwell, ein blondgelockter Surfer aus Kalifornien,<br />
war ein radikaler Tierschützer und Bärenfan. Er kam über<br />
Jahre hinweg in die Kaflia Ba, lebte dort allen Warnungen<br />
zum Trotz mit den Bären. Er filmte etensiv, wurde<br />
alsbald von Firmen und Hollywoodstars gesponsert, trat<br />
sogar in der David-Letterman-Show auf. Herzog zeichnet<br />
in seiner prämierten Doku das Bild eines sympathischen,<br />
aber letztlich auch geistig verwirrten Grenzgängers. Er<br />
lässt seine Eltern und Weggefährten zu Wort kommen<br />
und verwendet hauptsächlich das Originalmaterial von<br />
Treadwell. Nach 13 <strong>Sommer</strong>n kam es wie es wohl kommen<br />
musste. Treadwell wird im Oktober 2003 von dem<br />
28 Jahre alten Bären 141 angefallen, der nicht mehr ordentlich<br />
jagen und fischen konnte. Er ruft seiner Freundin<br />
Amie Huguenard noch zu, dass sie fliehen soll. Die<br />
aber versucht, den hungrigen Bären mit einer Bratpfanne<br />
zu vertreiben. Auch sie wird getötet und teils gefressen.<br />
Tatsächlich wollte er den Bären filmen, als er attackiert<br />
wurde, die Kamera lief bereits, aber der Objektivdeckel<br />
blieb oben. Das Tondokument vom Todeskampf der beiden<br />
ist der blanke Horror. Herzog verwendet es nicht<br />
und empfiehlt den Erben, es zu vernichten. Für eine ganze<br />
Weile ist in unserer Lodge nur noch das Prasseln des<br />
Kaminfeuers zu hören.<br />
Am nächsten Tag klart es auf. Leider. Es ist Abreisetag.<br />
Die De-Havilland-Beaver-Wasserflieger landen direkt<br />
vor der Lodge. Pilot Jerry ist so ein netter Kerl, dass er<br />
für uns eine Panoramaroute einlegt. Gleich nach Über-<br />
uerung der Shelikof Strait steuert er jäh abfallende Bergkämme<br />
an. Zeigt uns schneeweiße Bergziegen, die in<br />
schier senkrechten Wänden grasen. Dann taucht er<br />
zum intensiven Grün der Tundra hinab. Schwebt über<br />
Sitka-Fichten-Wälder und glitzernde Mäander eines namenlosen<br />
Flussdeltas. Kurz vor dem Landekanal an der<br />
Ostseite von Kodiak verspricht er uns über den knarzenden<br />
Bordfunk ein riesiges Otterfloß. Und dann kann er<br />
es selbst kaum fassen, dass auch noch eine Schule Finnwale<br />
prustend auftaucht, bevor wir endgültig landen.<br />
Ich sage nur: Perspektivenwechsel – check! Abenteuer –<br />
check! Glück – check! Ich habe einen Bärenglück.<br />
INFO<br />
ANREISE Über Anchorage und Kodiak mit dem<br />
Wasserflugzeug direkt zur Lodge. Meist müssen<br />
zwei zusätzliche Übernachtungen in Anchorage<br />
und Kodiak eingeplant werden.<br />
Anchorage-Kodiak mit einer großen Propellermaschine<br />
der Alaska Air. www.alaskaair.com<br />
Kodiak-Katmai Wilderness Lodge mit dem Wasserflugzeug,<br />
Island Air Service, www.flyadq.com<br />
ÜBERNACHTEN Adressen unter: www.alaska.org<br />
und www.kodiak.org<br />
Tipp: Sheraton Anchorage Hotel & Spa<br />
(www.marriott.com) und Best Western Kodiak Inn<br />
(www.kodiakinn.com)<br />
LODGE Auf der Ostseite des Parks gibt es nur<br />
eine Lodge, die Katmai Wilderness Lodge. Pakete<br />
mit drei, vier oder sieben Nächten buchbar, ab<br />
€ 4.325. All-inclusive mit Guides, Bootsfahrten,<br />
Vollverpflegung, alkoholische Getränke, Ausrüstung<br />
wie Regenzeug, Wattstiefel und Fliegennetze – und<br />
mit Bärengarantie. www.katmai-wilderness.com<br />
Paket buchbar mit kompletter Beratung und<br />
Zubringerflügen bei: DIAMIR Erlebnis<strong>reisen</strong> GmbH,<br />
Berthold-Haupt-Str. 2, 01257 Dresden, Tel. + 49 (0)<br />
351 312070, info@diamir.de, www.diamir.de<br />
Fotos: Norbert Eisele-Hein (11), Anton Klocker (2), Perry Mollan (2); Illustration: Rainer Lesniewski/Shutterstock.com<br />
56<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
sommer <strong>2023</strong>
Kopfstand: In der Kaflia Bay spiegeln sich die umliegenden<br />
Gipfel wunderschön in einer Regenwasserlagune.<br />
Pilot Jerry Borchard liebt seinen<br />
Job und dreht auch gerne mal eine<br />
Extrarunde. Die Wasserflieger<br />
landen direkt vor der Hütte und<br />
bringen neben Touristen auch<br />
frische Nahrungsmittel.<br />
herbst 2020<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
57
text<br />
BHarald Braun<br />
SAG NICHT<br />
COWBOY ZU MIR,<br />
FREMDER!<br />
NEULICH FÜHLTE SICH REISEN <strong>EXCLUSIV</strong>-AUTOR HARALD<br />
BRAUN EINE WOCHE AM STÜCK WIE SEIN NAMENSVETTER<br />
JUHNKE: »KEINE TERMINE HABEN UND LEICHT EINEN SITZEN … «<br />
DAS BEZEICHNETE JENER MAL ALS INBEGRIFF IRDISCHEN<br />
GLÜCKS. DAS MIT DEN TERMINEN VERGESSEN WIR MAL. ABER<br />
DER REST KOMMT IN KENTUCKY ZWANGSLÄUFIG HIN.<br />
58<br />
Jeder Bourbon ist ein Whiskey,<br />
aber nicht jeder Whiskey ist ein Bourbon.<br />
sommer <strong>2023</strong>
WEIT WEG | Nationalparks USA | Kentucky Kanada<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
59
USA | Kentucky<br />
Kentucky<br />
Cowboys? Die gibt es in Kentucky<br />
nicht, weiß Guide Chenelle.<br />
Wer davon geträumt hat, irgendwann einmal<br />
ein Pferd vor einer Apotheke kotzen<br />
zu sehen, dürfte in Kentucky die besten<br />
Chancen haben. Es gibt nämlich genau<br />
zwei Dinge, um die sich in dem Bundesstaat<br />
im Grenzbereich zwischen dem Süden<br />
und dem Mittleren Westen der USA<br />
alles dreht: Pferde und Bourbon. Auf das<br />
Kentucky Derby und die wirtschaftliche Bedeutung der<br />
Pferdezucht für den im Vergleich recht überschaubaren<br />
Bundesstaat komme ich später zurück. Zuerst zum<br />
Whiskey. Oder besser: zum Bourbon. Nicht dasselbe!<br />
Das ist so ziemlich die erste Lektion, die ein Kentucky-Greenhorn<br />
wie ich von einem eingeborenen Local<br />
erhält: »Jeder Bourbon ist ein Whiskey, aber nicht jeder<br />
Whiskey ist ein Bourbon.« Die Unterschiede sind vielfältig,<br />
wichtig zu wissen ist Folgendes: 95 Prozent der weltweiten<br />
Bourbon-Produktion stammt aus Kentucky. Dass<br />
sich ein hochprozentiges Getränk überhaupt Kentucky<br />
Straight Bourbon nennen darf, setzt voraus, dass es in<br />
Kentucky gebrannt worden ist, in einem brandneuen Eichenfass<br />
mindestens ein Jahr gelagert und zu 51 Prozent<br />
aus Mais gewonnen wurde. Es ist nicht schwer, diese Informationen<br />
abzuspeichern, wenn man in Kentucky zu<br />
Gast ist. Sie werden einem schließlich so drei- bis viermal<br />
am Tag eingetrichtert. Stets zusammen mit einem<br />
Gläschen Bourbon. Ablehnen ist keine Option. Ich frage<br />
in die Runde, ob es in Kentucky möglicherweise mehr<br />
Alkoholmissbrauch gibt als anderswo im Land, könnte<br />
doch sein. Spöttisches Gelächter in der Runde der Einheimischen.<br />
»Schon okay«, wiegelt Chenelle McGee ab,<br />
die unsere Gruppe in Louisville in Empfang genommen<br />
hat und uns in der Bar North of Bourbon zum Dinner<br />
parkt: »Bourbon gehört in Kentucky zum täglichen Lifestyle,<br />
das ist kein Problem für uns.« Nun denn. Im<br />
North of Bourbon stehen rund 300 Bourbon-Sorten auf<br />
der Karte, auch die meisten der angebotenen 26 Cocktails<br />
basieren auf, Überraschung: Bourbon. Essen gibt’s<br />
auch, Comfort Food mit Louisiana und Mississippi-<br />
Wurzeln – mächtige Portionen, stabil paniert. In den<br />
nächsten Tagen werden wir allerlei Bars und Restaurants<br />
kennenlernen, das Angebot ist nahezu identisch: Stolze<br />
Mengen Bourbon, üppige Küche – welcome to Kentucky!<br />
Tatsächlich habe ich es dann mal kurz gegoogelt. Es<br />
stimmt: Im Ranking aller 51 US-Bundesstaaten nimmt<br />
Kentucky, was den Alkoholkonsum pro Person angeht,<br />
einen unauffälligen 1. Platz ein. ur in Sachen »Betrunken<br />
verhaftet« rückt man landesweit auf Platz sechs<br />
nach vorn. Was mich wiederum verwundert, denn ich<br />
habe in einer Woche zwischen Louisville, Lexington und<br />
Covington zwar eine Menge Frauen und Männer amtlich<br />
bechern sehen, aber niemand wurde dabei aggressiv oder<br />
auch nur unfreundlich. Im Gegenteil: Kentuckys Einwohner<br />
machen, wenn derartige Pauschalisierung hier<br />
ausnahmsweise mal gestattet ist, einen überwiegend<br />
entspannten, gemütlichen und sympathischen Eindruck.<br />
Das bestätigt auch Chenelle McGee. Ihr fällt dann auch<br />
gleich ein gutes Beispiel für die No-Bullshit-Attitüde ihrer<br />
Landsleute ein. Vorlage: Moi. »Wo sind denn die ganzen<br />
Cowboys hin?«, frage ich mit Blick auf die braven<br />
Kerle, die mit schmucklosen Basecaps an der Theke des<br />
North of Bourbon hocken. Kein Stetson weit und breit.<br />
Chenelle lacht mich spöttisch aus. Schon wieder. »Niemand<br />
würde sich hier als Cowboy bezeichnen«, sagt sie<br />
schließlich, »das wäre in ihren Augen völlig lächerlich.<br />
Sie sind einfach Farmer.«<br />
Man könnte nun denken, dass man als Gast in Kentucky<br />
auch mal in die freie Natur gebeten wird. Schließlich<br />
nimmt man bei der Überlandfahrt aus dem Fenster des<br />
Vans wahr, dass die Landschaft in Kentucky überwiegend<br />
grün und leicht hügelig wie in einem lieblichen Hobbitland<br />
zu sein scheint, also für Wanderer durchaus einladend.<br />
Doch wer 42 Bourbon-Destillerien in seinem Bundesstaat<br />
vorzuzeigen hat, muss sich sputen. Nicht mal<br />
für den spektakulären Mammoth Cave Nationalpark mit<br />
seinem unterirdischen Höhlensystem oder die Anglerparadiese<br />
Kentucky Lake und Lake Barkley bleibt genügend<br />
Zeit (was wir trotzdem jedem Kentucky-Besucher<br />
empfehlen würden – allein schon, um mal ein paar Stunden<br />
nüchtern zu bleiben). Stattdessen landen wir in der<br />
Castle & Key Distillery am beschaulichen Glenn’s Creek<br />
in der ähe von Frankfort. Auf der offiziellen Kentuck<br />
Distillery Map ist zu erkennen, dass in unmittelbarer<br />
60<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
sommer <strong>2023</strong>
WEIT WEG | Nationalparks Kanada<br />
..<br />
BOURBON .. GEHORT IN KENTUCKY<br />
ZUM TAGLICHEN LIFESTYLE, .. DAS<br />
IST KEIN PROBLEM FUR UNS.<br />
frühling <strong>2023</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
61
IN NOVA SCOTIA<br />
JEDER BASEBALL-SUPERSTAR<br />
KOMMT NACH LOUISVILLE, .. UM SICH<br />
SEINEN SCHLAGER AUF MASS<br />
ANFERTIGEN ZU LASSEN.<br />
62<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
frühling <strong>2023</strong>
USA | Kentucky<br />
Beim Kentucky Derby übertrumpfen<br />
sich die Damen mit ihren Hüten und<br />
führen einen ganz eigenen Wettbewerb.<br />
Nachbarschaft auch die Whiskey Thief Distillery (vielversprechender<br />
Name!), die Woodford Reserve oder die<br />
Wild Turkey Distillery auf dem Weg liegen. Warum wir<br />
ausgerechnet bei Castle & Key landen, entschlüsselt sich<br />
schon vor den Toren der Brennerei. Empfangen werden<br />
wir von einer Art Zuckerbäckerschloss aus Sandstein, das<br />
als Entree des weitläufigen Areals beste nstagram-ualitäten<br />
aufweist. Der Bourbon-Boom in Kentucky in den<br />
letzten Jahren hat dazu geführt, dass immer mehr stillgelegte<br />
Destillerien restauriert und in schmuckem Gewand<br />
wieder eröffnet werden. Auch die Gebäude<br />
von Castle & Key rotteten 40 Jahre vor sich hin, bis sich<br />
die beiden Bourbon-Abenteurer Will Arvin und Wesley<br />
Murr aufmachten, die uine flottzumachen. Seit 016<br />
wird dort wieder Bourbon gebrannt. Mit Marianne Eaves<br />
ist dort erstmals eine weibliche Meister-Brennerin am<br />
Werk. 2022 wurden die ersten Fässer von Castle & Key<br />
ausgeliefert. Doch mehr noch: Das Gelände der vorläufig<br />
jüngsten Destillerie Kentucks ist ein landschaftliches<br />
Schmuckstück. Es verfügt über einen zauberhaften englischen<br />
Garten, einen glamourösen Eventbereich und mit<br />
dem Boiler Room on top über ein fantastisches Gewölbe,<br />
in dem die Produkte des Hauses angeboten werden. Ganz<br />
wichtig das Ritual, das uns bei jeder der kommenden Tastings<br />
in den unterschiedlichsten Brennereien angetragen<br />
wird: In einer der gewaltigen Castle-&-Key-Lagerhäuser<br />
lernen wir, wie man mithilfe einer Art großen Pinzette<br />
den Bourbon direkt aus einem Fass ausschenkt – und,<br />
ähm: trinkt.<br />
Für die meisten der 42 Destillerien in Kentucky gehören<br />
Tastings und Führungen wie diese zum Geschäftsmodell.<br />
Selbst wenn man keinen eigenen Bourbon<br />
brennt, kann man im Whiskeygeschäft mitmischen.<br />
Sogar buchstäblich, wenn man zum Beispiel ein Tasting<br />
veranstaltet, bei dem jeder Gast aus vier ausgesuchten<br />
Bourbon-Sorten mithilfe seiner Geschmacksknospen<br />
den eigenen Bourbon zusammenbraut. So geschehen bei<br />
Wenzel Whiskey in Covington. Hier erhalte ich meine<br />
eigene Flasche Bourbon. Ein Unikat. Auf dem extra für<br />
mich beschrifteten Etikett werden selbst die 55 Prozent<br />
Alkoholgehalt beglaubigt, die ich mir mithilfe von Wenzel-Gründer<br />
Bill Whitlow zusammengemischt habe. Der<br />
Mann wird übrigens in den nächsten Monaten mit der<br />
Hilfe von Investoren seine eigene Brennerei betreiben,<br />
die Hallen sind schon angemietet. »Der Markt für Bourbon<br />
in Kentucky ist riesig«, schwärmt Whitlow. »Was<br />
gibt’s Größeres, als den eigenen herzustellen?«<br />
Ambitionen, die Brad »Dust« Bonds offenbar nicht<br />
kennt. Der Mann führt zusammen mit seinen beiden Businesspartnerinnen<br />
Shannon Smith und Katie Meyer den<br />
Revival Vintage Bottle Shop in Covington. Auf zahlreichen<br />
Regalen kuscheln sich braun schimmernde Bourbon-Flaschen<br />
mit amüsanten Etiketten aneinander. Zum<br />
Teil sind sie fünfzig, sechzig Jahre alt und älter. Ausgesuchte<br />
Tropfen, bei denen Sammlern das Herz aufgeht.<br />
Brad Bonds allerdings hält nichts davon, seine Schätze<br />
von Old Rip Van Winkle, Yellowstone oder Colonel Lee<br />
nur in die Vitrine zu stellen. Täglich öffnet er eine Flasche<br />
aus seinem reichhaltigen und ständig nachwachsenden<br />
Portfolio und schenkt Genießern für einen schlanken<br />
Zehner ein Schlückchen aus. Natürlich erst nachdem er<br />
selbst probiert hat. Wie seine Leidenschaft der Gesundheit<br />
bekommt, will ich wissen. Brad Bonds grinst mich<br />
ungläubig an und zuckt mit den Schultern. Die Sprechblase<br />
über seinem Kopf ist nicht zu übersehen: Was will<br />
er, der europäische Moralapostel?<br />
Es gibt halt so Fragen, die darf man in Kentucky einfach<br />
nicht stellen, wenn man sich nicht auslachen lassen<br />
möchte. Auch Ethan zweifelt an meinem Verstand, eine<br />
Melange aus Erheiterung und Ungläubigkeit schütteln<br />
ihn, als er mich mustert. Ethan ist Guide im Slugger Museum<br />
von Louisville. Dieses Museum zeigt die Geschichte<br />
der berühmten Baseballschläger, die seit Generationen<br />
hier angefertigt werden. Vor dem Gebäude steht ein überlebensgroßes<br />
Exemplar dieser hölzernen Totschläger, fast<br />
40 Meter hoch, angeblich der größte Schläger der Welt.<br />
In Deutschland kenne ich die Dinger nur in Zusammenhang<br />
mit Türstehern und rechten Hooligans. Ob man die<br />
in den USA frei erwerben und ohne Waffenschein führen<br />
darf, ist also in meiner Welt eine durchaus berechtigte<br />
Frage. Hätte ich mir sparen können, wenn ich Ethans<br />
Blick richtig deute. Als wir die Führung durch das Museum<br />
hinter uns haben, bekommen wir alle zum Abschied<br />
eine Minivariante des Holzprügels geschenkt. Außerdem<br />
wissen wir nun, dass Baseball in Louisville von allergröß-<br />
sommer <strong>2023</strong> <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> 63
USA | Kentucky<br />
Muhammad Ali wurde auch »Louisville<br />
Lip« genannt, eine Anspielung auf die<br />
Geburtsstadt des Boxers.<br />
ter Bedeutung ist und jeder amerikanische Baseballsuperstar,<br />
der etwas auf sich hält, nur hierher kommt, um<br />
sich seinen Schläger auf Maß anfertigen zu lassen.<br />
Das Slugger Museum ist allerdings nur das zweitwichtigste<br />
Museum in Louisville. Die Nummer eins<br />
ist das Muhammad Ali Center, fußläufig vom Sluggermuseum<br />
in der Innenstadt Louisvilles nur ungefähr fünf<br />
Minuten entfernt. Bei der Gelegenheit nur kurz erwähnt:<br />
Die Städte in Kentucky sind Kleinstädte, wenn man nur<br />
auf ihre Einwohnerzahlen schaut. Straßen und Häuserzeilen<br />
allerdings sind weder klein noch idyllisch: Louisville<br />
oder Lexington wirken ganz genauso modern und<br />
gewaltig wie New York oder Los Angeles, wenn man sich<br />
ihre architektonischen Dimensionen anschaut. In Amerika<br />
denkt man eben auch in der Provinz groß. Der Unterschied<br />
zu einer richtigen Großstadt besteht jedoch darin,<br />
dass das gesamte Louisville in zwei Stadtteile von New<br />
ork reinpasst. Das Muhammad Ali Center befindet sich<br />
nicht zufällig in Louisville – der Größte aller Zeiten wurde<br />
1942 hier geboren und wird auch über seinen Tod hinaus<br />
verehrt. Auf vier Stockwerken sind die wichtigsten<br />
Ausschnitte seiner Kämpfe zu sehen, dazu eine Menge<br />
Memorabilien, Fotos und Plakate. Funfact: An der Gestaltung<br />
des Museums war er noch selbst beteiligt.<br />
Eine Sache ist ungeklärt: Wie kommt es, dass Kentucky<br />
solch eine Pferdehochburg ist, so dass Lexington<br />
sich unwidersprochen Pferdehauptstadt der Welt nennen<br />
darf? Es ist ein Mythos, dem sich der Schriftsteller<br />
J. J. Sullivan in einer Art Kulturgeschichte des Kentucky-Pferdesports<br />
am Ende auch nur vage nähert: Es hat<br />
etwas mit der geologischen Beschaffenheit Kentucks zu<br />
tun, den geschwungenen Hügeln, dem klaren Wasser,<br />
den gesunden Blue-Grass-Weiden. Über 50 Pferderassen<br />
werden in Kentucky gezüchtet, rund 450 Gestüte sind<br />
daran beteiligt. Das Kentucky Derby, jährlich stets am<br />
ersten Samstag im Mai, ist das wichtigste Pferderennen<br />
weltweit. Selbst die englische ueen war zu Lebzeiten<br />
da. Keeneland, diese wunderbare Anlage aus Rennbahn<br />
und Auktionshaus in Lexington, gilt als heißester Umschlagplatz<br />
für Rassepferde aus aller Welt. Zweimal im<br />
Jahr wechseln hier Millionensummen den Besitzer. Zuschauer,<br />
Züchter, Jockeys, Trainer und Rennstallbesitzer<br />
kommen in Kentucky zusammen und tun, was sie am<br />
liebsten tun: auf Pferde wetten. Normalsterbliche beim<br />
sogenannten »Run for the Roses«-Rennen, wie das Kentucky<br />
Derby auch genannt wird, am Wettcounter. Die<br />
Profis der Branche am Auktionspult in Keeneland. »Ein<br />
Glücksspiel ist es für beide Gruppen«, lacht Chenelle<br />
McGee. Sie berichtet von einem Herrn aus Übersee, der<br />
seit Jahren stets eine Million Dollar auf den Favoriten<br />
des Rennens setzt. Limits gibt es keine, Garantien allerdings<br />
auch nicht. Der Millionen-Mann hat bislang immer<br />
verloren. Die Zeit des Kentucky Derbys sei überdies fast<br />
eine eigene Jahreszeit, sagt Chenelle: »Es herrscht Ausnahmezustand<br />
in der Stadt, überall wird gefeiert, eine<br />
Woche lang bleibt hier kein Stein auf dem anderen.« Immerhin<br />
trinken die Leute dann mal was anderes als immer<br />
nur diesen Bourbon, werfe ich ein, schließlich habe<br />
ich bei unserer Führung in Keeneland gut aufgepasst und<br />
weiß daher, dass beim Kentucky Derby traditionell »Mint<br />
Julep« gebechert wird. Ein letztes Mal lacht Chenelle<br />
mich aus, und das habe ich auch nicht besser verdient.<br />
Denn die Zutaten eines Mint Juleps in Kentucky sind:<br />
1, cl Zuckersirup, sechs bis acht Blätter Minze und ,<br />
cl Bourbon!<br />
INFO<br />
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Louisville, beispielsweise mit American Airlines.<br />
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das The Grady Hotel in Louisville. DZ ab € 300 die<br />
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64<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
sommer <strong>2023</strong>
HOTEL<br />
KNEIF<br />
MICH MAL<br />
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So startet man perfekt in den<br />
Urlaubstag: Mit den Zahnpasta-<br />
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Gäbe es ein Paradebeispiel für einen Inselurlaubstraum,<br />
dann wäre die The Island Pongwe<br />
Lodge auf Sansibar ein heißer Anwärter. Die<br />
Lodge liegt auf einer kleinen, verträumten und<br />
privaten Insel inmitten unberührter Natur, in<br />
der sich gerade einmal fünf exklusive Villen<br />
verstecken. Mehr Privatsphäre und Komfort<br />
geht kaum. Ein natürlicher Luxus, denn im<br />
umweltfreundlichen Boutiquehotel wurden<br />
recyceltes Holz und natürliche, lokale<br />
Materialien für Designelemente und Gebäude<br />
verwendet. Wach ich oder träum ich? Diese<br />
Frage stellt man sich als Gast wohl jeden<br />
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Erden«? Im Alpencamping<br />
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Gäste einen besonderen Glampingurlaub<br />
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sommer <strong>2023</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> 65
HOTEL<br />
text<br />
Tina Bremer<br />
25 STUNDEN<br />
FÜR EINE NACHT<br />
Das 25hours Hotel Indre By in Kopenhagen ist das jüngste Haus der angesagten<br />
Hotelkette. Untergebracht in einem ehemaligen Universitätsgebäude,<br />
drückt man hier allzu gerne wieder die Schulbank. Erst recht, wenn sie von<br />
Martin Brudnizki designt wurde, dem Interior-Whizz-Kid der Stunde.<br />
25HOURS HOTEL INDRE BY<br />
Kopenhagen<br />
66
»Die 25hours Hotels<br />
rühmen sich, dass keines<br />
dem anderen gleicht.«<br />
Es ist fast ein Automatismus: Sobald die Rede<br />
von Kopenhagen ist, fällt nahezu unweigerlich<br />
das Wort »hygge«. Jener skandinavische<br />
Begriff, der ein Lebensgefühl zusammenfasst,<br />
das sich gut mit dem Verzehr einer<br />
warmen Zimtschnecke vergleichen lässt. Es<br />
hinterlässt ein wohliges »Mmhh« in der Magengegend,<br />
nährt Leib und Seele. Dabei kann Kopenhagen<br />
durchaus Kante zeigen. Die dänische Metropole trägt<br />
<strong>2023</strong> den Titel »Welthauptstadt der Architektur«. Wer<br />
verstehen will, warum, der macht es am besten wie die<br />
Einheimischen, schnappt sich ein Fahrrad und tritt in die<br />
Pedale. Es geht zur Oper mit ihrem windschnittigen Dach.<br />
Am Ufer der gegenüberliegenden nsel befindet sich die<br />
Königliche Bibliothek mit ihrem Anbau aus poliertem<br />
Granit, der den Spitznamen »Schwarzer Diamant« trägt.<br />
Und gleich daneben steht das Kulturzentrum Blox, das<br />
aussieht, als hätte man Legosteine übereinandergestapelt.<br />
Keine Frage, das Erbe von Architekten und Designern wie<br />
Arne Jacobsen, Hans J. Wegner oder Finn Juhl wird in Kopenhagen<br />
hochgehalten.<br />
Mitten in der nnenstadt hat vergangenes Jahr ein<br />
weiteres Architektur-Highlight seine Türen geöffnet: Das<br />
hours Hotel ndre B. Benannt nach dem ältesten Viertel<br />
Kopenhagens, ist es das neueste Haus der angesagten<br />
Hotelkette – und vielleicht das schönste. Wobei: Die Geschmäcker<br />
sind bekanntlich verschieden, und die 25hours<br />
Hotels rühmen sich, dass keines dem anderen gleicht. Jedes<br />
Haus ist von der Geschichte des jeweiligen Orts inspiriert.<br />
Für den Umbau des ndre B zeichnet das lokale<br />
Architekturbüro BPP Arkitekter verantwortlich, für die<br />
nneneinrichtung das Londoner Designstudio von Martin<br />
Brudnizki, dem nteriordesign-Whizz-Kid der Stunde.<br />
ew ork, Paris, London, Los Angeles – der schwedische<br />
Stararchitekt ist bei Bauherren und nvestoren auf<br />
der ganzen Welt so heiß begehrt wie eingangs erwähnte<br />
Zimtschnecken. Sein eklektisches Design findet sich in<br />
estaurants wie dem Baurs in Zürich oder in Luushotels<br />
wie dem Four Seasons Astir Palace Hotel Athens. Das<br />
hours Hotel ndre B trägt zwar keine fünf Sterne, aber<br />
die Chancen stehen gut, dass es zu einer der beliebtesten<br />
Herbergen der Stadt avanciert.<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
67
HOTEL<br />
Höre ich da das Klappern von Schreibmaschinen?<br />
Das 25hours Indre By steckt voller überraschender<br />
Details. Im gesamten Hotel befinden sich versteckte<br />
Orte, die entdeckt werden wollen.<br />
68
Radiergummis und Bleistifte weisen den Weg. Die Zimmer, die in die<br />
Kategorien »Passion« und »Knowledge« unterteilt sind. Schiefertafeln<br />
mit den Notizen von Charles Darwin und Tycho Brahe fordern den<br />
Verstand. In den Zimmern, die der Leidenschaft frönen,<br />
räkeln sich nackte Frauen auf den Fenstervorhängen.<br />
herbst sommer 2020 <strong>2023</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> 69
HOTEL<br />
Das fröhliche Design<br />
macht einfach Spaß.<br />
Wer es nicht bunt mag,<br />
macht sich besser<br />
woanders frisch.<br />
Das Hotel liegt gegenüber der Trinitatis-Kirche, seine<br />
43 Zimmer verteilen sich auf vier Gebäude. n den drei<br />
historischen wurde einst Porzellan gebrannt und Papier<br />
geschöpft, anschließend rauchten in ihnen die Köpfe: Bis<br />
2017 waren in den hohen Räumen das theologische sowie<br />
das rechtswissenschaftliche nstitut der Universität<br />
untergebracht. Verbunden ist das Quartett durch einen<br />
modernen eubau und einen »Secret Garden«. Die Vergangenheit<br />
als Ort des Wissens war nspiration für das<br />
Gestaltungskonzept »Coming of Age«. st Lernen doch<br />
ein wichtiger Teil des Heranwachsens. Und so finden sich<br />
im ganzen Hotel Anleihen an die Geschichte: Die Schilder<br />
etwa, auf denen die Zimmernummern geschrieben sind,<br />
haben die Form eines Radiergummis, in der zentralen<br />
»Assembl Hall« prangen über den abgehenden Gängen<br />
noch die Buchstaben aus Universitätszeiten, an den Türen<br />
zu den Mitarbeiterräumen steht »For scientists only«,<br />
vor der Rezeption windet sich der »Tree of Knowledge«<br />
bis zur Decke. Die Skulptur der spanischen Künstlerin<br />
Alicia Martin besteht aus 3.000 Büchern, die zu einem in<br />
sich gedrehten Turm angeordnet sind. Die ezeption ist<br />
bewusst nach hinten versetzt, sodass sich auch die Kopenhagener<br />
im Hotel willkommen fühlen, keine Barriere<br />
aufgebaut wird.<br />
Die Zimmer selbst unterteilen sich in die Kategorien<br />
»Knowledge« und »Passion«. n den Zimmern, in denen<br />
der Leidenschaft gefrönt wird, finden sich unterschiedliche<br />
Zeichnungen an einer Pinnwand aus Kork, räkeln sich<br />
nackte Frauen auf den Fenstervorhängen. Denn bei all<br />
dem Pauken soll auch die Libido nicht zu kurz kommen.<br />
War Dänemark 16 doch das erste Land, das Pornografie<br />
legalisiert hat. Als Hommage an die freizügige Vorreiterrolle<br />
gibt es im Erdgeschoss eine »Librar of Love«, die<br />
mit erotischer Literatur ausgestattet ist. n den Bücherregalen<br />
können Gäste in Coffee-Table-Books wie »The Art of<br />
Pin-up« oder »Le Petit Voeur« blättern. Wem das zu anrüchig<br />
ist, bucht sich lieber in eines der Wissenszimmer<br />
ein, die garantiert keine roten Wangen verursachen. Hinter<br />
den Kopfteilen der Betten prangt eine Schiefertafel mit<br />
otizen von Charles Darwin und Tcho Brahe. Der Däne<br />
Brahe war einer der bedeutendsten Astronomen seiner<br />
Zeit, an den Wänden hängen Bilder einer nach ihm benannten<br />
Supernova. Der eplodierende Stern taucht aber<br />
nicht nur dort auf. Auch der Signature Drink des Hauses<br />
heißt Supernova und hat es in sich: Whisky, Wermut, Hibiskus<br />
und Zitrone, um genau zu sein. Serviert wird er in<br />
der Lobbbar, die sich in der »Assembl Hall« befindet.<br />
Alternativ geht es eine Etage tiefer in die Boilerman Bar,<br />
wo die Gäste an einem langen Tisch »Mensch ärgere Dich<br />
nicht«, »Backgammon« oder »Mühle« spielen.<br />
Das Leben hat auch gelehrt: Besser nicht zu tief ins<br />
Glas schauen, ohne vorher eine gute Grundlage geschaffen<br />
zu haben. m hours Hotel ndre B ist das entweder im<br />
italienischen Café Duse möglich oder im eni, das von einer<br />
Glaskuppel überdacht ist, die sich öffnen lässt und in<br />
der warmen Jahreszeit den Frühling und <strong>Sommer</strong> in den<br />
Wintergarten bittet. Der ame eni klingt bekannt? Gut<br />
möglich, kooperieren doch auch andere 25hours-Häuser<br />
mit der estaurantkette, die für ihre ostmediterrane<br />
Küche beliebt ist. Dass Gründerin Haa Molcho aus<br />
srael stammt, spiegelt sich auch an der langen Wand<br />
wider: Künstlerinnen und Künstler aus Tel Aviv haben<br />
Szenen der »Weißen Stadt« an ihr verewigt. Überhaupt,<br />
die Kunst: m ganzen Hotel lassen sich über 100 Bilder,<br />
Wandteppiche, Neonschilder und Skulpturen entdecken.<br />
Sie wurden von der Pariser Art-Consulting-Agentur Visto<br />
mages zusammengetragen. Und so unterschiedlich die<br />
Werke auch sind, sie alle beschäftigen sich mehr oder weniger<br />
subtil mit dem Erwachsenwerden und der Frage,<br />
wie sehr – und ob – sich unsere Persönlichkeit im Laufe<br />
des Lebens verändert. Vielleicht findet man in Stunden<br />
keine Antwort darauf, aber eine Nacht schläft man in<br />
dem Kopenhagener Hotel liebend gerne darüber.<br />
INFO<br />
25hours Hotels. Pilestræde 65, 1112 København,<br />
Tel. +45 70 77 07 07, www.25hours-hotels.com<br />
Doppelzimmer ab € 202 die Nacht.<br />
Illustration: Kapreski/Shutterstock.com; Fotos: Stephan Lemke (6)<br />
70<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
sommer <strong>2023</strong>
LIFESTYLE<br />
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doch jeder, oder? Kleine Helferlein<br />
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die Seele baumeln lassen dürfen,<br />
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Casa Baglioni seine Türen im angesagten<br />
Künstler- und Designviertel Brera eröffnet. <strong>reisen</strong><br />
<strong>EXCLUSIV</strong>-Autorin Simone Sever durfte als eine<br />
der Ersten in der Luxusherberge an der<br />
Via dei Giardini Probe liegen.<br />
72 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>
CASA BAGLIONI Mailand<br />
Der Frühling ist da. Die Temperaturen<br />
deutlich im zweistelligen Bereich. Die<br />
Sonne zeigt sich strahlend. Man kann<br />
den <strong>Sommer</strong> fast schon riechen. Die modebewussten<br />
Mailänder tragen die Slipper<br />
sockenlos und ohne Sonnenbrille<br />
geht kaum noch jemand aus dem Haus.<br />
Ich trage mein Lieblingssommeraccessoire in meiner Lockenpracht,<br />
während ich die sechs marmornen Stufen hinunterspringe,<br />
um die Gegend rund um die Casa Baglioni<br />
zu erkunden. Schon werde ich nach dem Weg zur Scala,<br />
dem Mailänder Opernhaus, gefragt. Leider kann ich nicht<br />
wirklich helfen, muss mich ja selbst erst einmal orientieren,<br />
nehme aber die Frage als Kompliment für meinen offensichtlich<br />
an Mailand angepassten Modestil. Das fühlt<br />
sich verdammt gut an. Ebenso wie die musikalische Untermalung<br />
meiner Spotify-Playlist, die mir derweil passend<br />
zum italienischen Frühling den Italosong »Sincera«<br />
von Giuse The Lizia ins Ohr setzt. Ich habe zwar keinen<br />
Schimmer, worum es in dem Song geht, aber Italienisch<br />
klingt einfach immer gut.<br />
Vor dem Hoteleingang steht ein Paar, sich wundernd,<br />
wer hier wohl wohnt in diesem Art Noveau Palazzo von<br />
1913. Denn im Vorbeigehen erscheint der Eingang zur<br />
Casa Baglioni eher wie das Entree in private Heiligtümer.<br />
So gar nichts weist auf eine Hotellobby hin. Es ist, als<br />
schaue man direkt in ein geschmackvolles Wohnzimmer<br />
hinein. Gedeckte und von den 1960er-Jahren inspirierte<br />
Farben schenken den Augen schmeichelnde Momente.<br />
Ein samtenes, goldglänzendes Sofa wird von frei hängenden,<br />
kreisrunden, modernen Panzeri-Designleuchten ins<br />
richtige Licht gesetzt. An der Wand Enrico Castellanis<br />
eliefkunstwerk »SuperficieBianca«.<br />
Auf eine Rezeption, an der eingecheckt wird, hat man<br />
in der Casa Baglioni bewusst verzichtet. Warum? Um<br />
dem Gast bei der Ankunft das unpersönliche, bürokratische<br />
Gefühl des Eincheckens zu nehmen. Es heißt: Einfach<br />
Platz nehmen in den extra für das Hotel entworfenen<br />
Sesseln, alles Weitere wird schnell und unkompliziert von<br />
lässig bis edel gekleideten Mitarbeitern per Tablet erledigt.<br />
Währenddessen scannt und verinnerlicht der design- und<br />
kunstinteressierte Blick die Materialien und Muster, die<br />
Farben und Formen. Auf den Tischen liegen dekorativ<br />
Coffee-Table-Books zum Stöbern und Einstimmen.<br />
Die italienischen Architekten von Spagnulo & Partners<br />
haben mit dem Design und der Kunst, die überall im<br />
Haus zu finden ist, eine Wohlfühlwelt erschaffen, in der<br />
man es sich gemütlich machen kann, so, als wäre man bei<br />
einem Kunstsammler zu Besuch. Mehr ein »Platz nehmen<br />
im Wohnzimmer« als das Ankommen in einem Hotel.<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
73
HOTEL<br />
Hier legt man sich nur<br />
zu gerne ins gemachte<br />
Bett: Die Zimmer der<br />
Casa Baglioni sind<br />
gemütliche Rückzugsorte.<br />
Aber nicht zu<br />
lange Verrweilen, denn<br />
das Hotel liegt in einer<br />
der schönsten Ecken<br />
der Stadt.<br />
74<br />
sommer <strong>2023</strong>
»Benvenuto a Milano!<br />
La mia casa è la tua casa.<br />
Willkommen in Mailand!<br />
Mein Haus ist dein Haus.«<br />
Fotos: Diego de Pol (3); Illustration: Kapreski/Shutterstock.com<br />
Mehr ein: »Benvenuto a Milano! La mia casa è la tua casa.<br />
Willkommen in Mailand. Mein Haus ist dein Haus.«<br />
Die Milano-Suite, eine von insgesamt 30 Zimmern<br />
und Suiten, liegt im fünften Stock und ist in ihrer Art<br />
einzigartig. Der Blick auf die begrünten Dachterrassen<br />
der umliegenden Prachtbauten ebenfalls. Mehr Raum<br />
braucht es nicht, um Wohnglück zu fühlen: Wohnbereich,<br />
Schlafzimmer, ein Bad so schön und vielseitig, dass<br />
man stundenlang nirgendwo anders sein mag. Ich würde<br />
meine Wohnung daheim wohl in der Sekunde gegen<br />
dieses Refugium oder vielleicht auch nur gegen das Bad<br />
eintauschen. Überall in der Suite gibt es Schönes zu entdecken.<br />
Die Liebe liegt stets im Detail. Vasen und Objekte<br />
von Gala Rotelli, so einzigartig und formvollendet, dass<br />
man sie streicheln mag, fühlen muss. Die Atollo-Leuchte<br />
von Oluce, diese ikonische Leuchte in Gold, passend<br />
zum Telefon, das in Schwarz und Gold auf der dunkelgrün<br />
durchzogenen Marmorplatte des Schreibtischs so hochwertig<br />
und perfekt zu meinem goldenen Schmuck und<br />
meinen schwarz lackierten Nägeln passt. Das nenne ich<br />
mal »Match made in Milano!«.<br />
Im Bad scheinen Lichtquellen in der Luft zu schweben,<br />
runden Spiegel ohne Ecken und Kanten das Bild ab.<br />
Konkurriert eine frei stehende und filigran anmutende<br />
Badewanne mit einer dunkel im Fischgrätstil gefliesten<br />
Regendusche. Im Schlafzimmer umrahmen edle, matte<br />
Walnusshölzer das einladende Kingsizebett und fließen<br />
über in Ablagen links und rechts, die wiederum von frei<br />
schwebendem und punktiertem Licht von Panzeri in Szene<br />
gesetzt werden. Die goldenen Regale, die wie eine<br />
Art Raumteiler wirken, präsentieren dekorative Objekte<br />
und inspirierenden Lesestoff. An den Wänden beim Sofa<br />
hängen Schwarz-Weiß-Fotografien aus dem Mailand der<br />
160er-Jahre und nehmen einen mit auf eine Zeitreise.<br />
Eine weitere Reise im Hier und Jetzt erwartet die<br />
Hotelgäste auf ihren Zimmern. Die Casa Baglioni hat<br />
mit der italienischen Hutmanufaktur Borsalino, dem ältesten<br />
Spezialisten für luxuriöse Kopfbedeckungen, eine<br />
Kooperation, um den Gästen ein besonderes Erlebnis<br />
zu bieten: »Made to Measure« nennt sich das Erlebnis.<br />
Mein »Made to Measure«-Termin mit Hutprofi Simone<br />
– meiner Namensvetterin – wartet. Die Entstehung<br />
eines personalisierten Huts by Borsalino beginnt. Mein<br />
Kopf wird vermessen. 59er-Umfang. Ich werde durch das<br />
Farb- und Materialangebot geführt. Ich habe nicht wirklich<br />
das richtige Hutgesicht, finde ich. Allerdings ist mein<br />
Namenszwilling da ganz anderer Meinung. <strong>Sommer</strong>licher<br />
Panamahut? Klassiker? Ich gehe classy passend zur Basis<br />
meiner Garderobe in Schwarz. Weicher Wollstoff, breite<br />
feminine Hutkrempe, Krokoband. Und für meine windige<br />
Heimatstadt Hamburg mit Rückversicherung in Form eines<br />
langen Fangbands, das ich an einem meiner Knopflöcher<br />
befestigen kann, falls mir der Wind den Hut mal vom<br />
Kopf wehen will. Das wäre schließlich fatal, denn solch<br />
ein Borsalino-Klassiker hat einen ordentlichen Wert.Mit<br />
dem Probehut auf dem Kopf, einem Blick auf den Instagram-Account<br />
der Borsalino World und in den Spiegel<br />
komme ich schließlich zu der Erkenntnis: Der Hut steht<br />
mir ganz gut. Simone hat ganze Arbeit geleistet.<br />
Es klopft. Der Zimmerservice kommt mit Essen auf<br />
Rädern. Der mobile Tisch wird am Fenster mit Ausblick<br />
positioniert. Die 67 Quadratmeter der Milano-Suite geben<br />
genügend Platz her. Unter einer Cloche kommt ein<br />
farbenfroher Hummersalat, appetitlich auf dem Teller<br />
komponiert, zum Vorschein. Ein Glas toskanischer Rosé<br />
Alìe Ammiraglia Frescobaldi mit Aromen von weißen<br />
Blumen, Walderdbeeren und Zitrusschalen ist eine gute<br />
Gesellschaft für meinen späten Lobster-Lunch. Wohlschmeckende<br />
kleine Foccacina con pomodori, lokales<br />
Olivenöl, Salz, Pfeffer aus der Mühle Die Küche um<br />
Michelin-Sterne-Koch Claudio Sadler kocht mit Leidenschaft,<br />
das ist ganz einfach schon an den kunstvollen<br />
Kompositionen der Gerichte erkennbar, bevor man überhaupt<br />
einen Bissen probiert hat.Weiter geht es dann am<br />
Abend im sternegekrönten »Ristorante Sadler«. Jeder Biss<br />
eine Offenbarung.<br />
Bevor ich am nächsten Morgen bei einer vom Hotel<br />
organisierten Kunsttour die Pinacoteca di Brera im barocken<br />
»Palazzo di Brera« anpeile, um mich mit den alten<br />
Meistern auseinanderzusetzen, nehme ich erneut kurz<br />
Platz im »Wohnzimmer«. Und werfe einen Blick auf das<br />
Coffee-Table-Book direkt vor mir: »nside Milan« lese ich.<br />
Ja, das passt, denn im Casa Baglioni sitzt man mittendrin<br />
in Mailand, spürt die Kunst, die Gastfreundschaft und die<br />
besondere Art des Hauses – und wird für einen kurzen<br />
Moment selbst zur Mailänder Stilikone. Hut ab! Und Hut<br />
auf, denn jetzt heißt es: Ciao Milano, Ciao Casa Baglioni –<br />
Ti amo!<br />
INFO<br />
Casa Baglioni. Via dei Giardini, 21, 20121 Mailand,<br />
Tel. +39 02 305 5561, www.baglionihotels.com<br />
Zimmer ab € 900 für zwei Personen.<br />
herbst sommer 2020 <strong>2023</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> 75
HOTEL<br />
text<br />
Frank Störbrauck<br />
EIN LÄCHELN<br />
IM GESICHT<br />
Erfolgsrezeptur: Geschichte bis zum Abwinken,<br />
spannende Architektur, Kulinarik zum Dahinschmelzen, viel Sonne,<br />
Strand und Meer. Eine der besten Adressen der Stadt, um all das<br />
zu erkunden, ist das Hotel The David Kempinski. Ein Besuch.<br />
Ach, besser könnte der Tag nicht starten.<br />
Gerade eben hat mich der Wecker aus<br />
dem Schlaf gesummt. Ich strecke Arme<br />
und Beine weit von mir. Zu gern würde<br />
ich jetzt noch ein Stündchen in der<br />
edlen Bettwäsche liegen bleiben und<br />
vor mich hin träumen. Aber die Neugier<br />
auf den Ausblick aus dem 15. Stock treibt mich raus<br />
aus den Federn. Es ist schließlich mein erster Morgen<br />
hier. Der erste Blick löst bereits Vorfreude aus. Strand!<br />
Die frühmorgendlichen Sonnenstrahlen verwandeln den<br />
Tel Aviver Stadtstrand in ein zauberhaftes goldenes Licht.<br />
Der Tag könnte hier, im The David Kempinski, nicht besser<br />
starten.<br />
Schon am Vortag signalisierte mir der Service des<br />
Hauses, dass es ein unvergesslich feiner Aufenthalt werden<br />
könnte. Im klassisch-vornehmen Stil, versteht sich.<br />
Bei der Anreise eilten adrette Pagen herbei, standesgemäß<br />
im schwarzen Frack und mit Zlinder, öffneten mit<br />
einem Lächeln die Türen, kümmerten sich um die Koffer<br />
und wiesen mir den Weg zur Rezeption. Während eines<br />
Zigarettenpäuschens merkte ich gleich, dass das Pagenteam<br />
nicht nur professionell seine eigentlichen Aufgaben<br />
erledigt, sondern gern auch ein Schwätzchen mit<br />
den Gästen hält. Geheimtipps inklusive. Carmel Market?<br />
Ja, unbedingt. Nur 15 Minuten zu Fuß. Dort unbedingt<br />
Pitah, das israelische Fladenbrot, probieren. Jerusalem?<br />
Ganz anders als Tel Aviv. Traumaussicht auf die Altstadt<br />
vom Ölberg! Frühmorgens hinfahren, dann sind noch<br />
nicht so viele Touristen da. Da hört man doch gern zu.<br />
Kempinski betreibt derzeit 80 Fünf-Sterne-Hotels<br />
und -Residenzen in 34 Ländern, darunter prunkvolle, geschichtsträchtige<br />
Vorzeigehäuser wie etwa das Adlon in<br />
Berlin, das Emerald Palace in Dubai und das iraan Palace<br />
in Istanbul. Die Dependance in Tel Aviv gehört zu den<br />
jüngsten Küken in der Kempinski-Familie. Erst im Frühling<br />
0 hat es seine Türen für die ersten Gäste geöffnet.<br />
Der Neubau ist unübersehbar, er ragt 34 Stockwerke<br />
in den Himmel und beherbergt 250 Zimmer und Suiten.<br />
Wer es sich richtig gut gehen lassen möchte, kann sich<br />
ein paar Nächte in der David-Penthouse-Suite gönnen.<br />
Auf 380 Quadratmetern Fläche gibt’s zwei Schlafzimmer<br />
mit eigenem Bad, einen riesigen Wohn- und Essbereich,<br />
einen eigenen Fitnessraum und eine Terrasse samt zehn<br />
Meter langem nfinitpool.<br />
Doch, Moment, es muss und kann für die meisten selten<br />
das Teuerste sein. Wer sich für eine Signature-Suite<br />
entscheidet, bekommt Zugang zu der Horizon Lounge im<br />
22. Stock. Wie in einem exklusiven Club. In dem man sich<br />
Drinks aller Art mixen kann oder sich am Hotel-Lounge-Buffet<br />
satt essen. Das ist übrigens etrem opulent zu<br />
allen drei Mahlzeiten gefüllt.<br />
Und ja, das Konzept wird von vielen Hotels so gehandhabt.<br />
Die anderen wiederum haben aber keine Anna.<br />
Anna ist die fröhliche Lounge-Rezeptionistin, die schon<br />
beim zweiten Besuch die Gäste mit Namen anspricht.<br />
Und auch die Lounge-Terrasse ist beeindruckend. Der<br />
Blick auf die Promenade und den Strand ist wunderbar.<br />
ch treffe hier Hoteldirektor Gu Klaiman. 3 Jahre<br />
lang war er Manager von Hilton-Hotels auf der ganzen<br />
Welt, zuletzt leitete er das Waldorf Astoria in Jerusalem.<br />
Klaiman, stets im Maßanzug und mit der Aura eines<br />
Grandseigneurs, der in der Knesset eine mächtige Rolle<br />
spielen könnte, ist ein Mann der alten Hotelschule:<br />
charmant, zuvorkommend, gebildet und stets die Contenance<br />
wahrend. Man könnte sich Stunden mit ihm über<br />
die Philosophie eines Luxushotels unterhalten. Das, worauf<br />
es ihm besonders ankommt, lässt er rasch durchblicken:<br />
die Menschen, die in seinem Hotel arbeiten. »Sie<br />
können jeden erdenklichen Hotelluxus bieten. Aber wenn<br />
76 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
sommer <strong>2023</strong>
THE DAVID KEMPINSKI Tel Aviv<br />
Bauklötze staunen:<br />
Das The David Kempinski<br />
liegt direkt am beliebten<br />
Stadtstrand von Tel Aviv.<br />
77
HOTEL<br />
Dampf ablassen?<br />
Im Restaurant<br />
Sereia lässt sich<br />
über Geschmack<br />
nicht streiten.<br />
Alles schmeckt<br />
hervorragend!<br />
Innovation steht bei<br />
Küchenchef Mor Cohen<br />
ganz hoch im Kurs.<br />
das Lächeln in den Gesichtern der Mitarbeiter fehlt, hat<br />
man verloren«, sagt er. Das Lächeln sei für ihn eine Frage<br />
der Einstellung zum Job. Wer beim Vorstellungsgespräch<br />
im Kempinski-Hotel nicht gelächelt habe, den habe er<br />
erst gar nicht genommen. »Wenn die Bewerber nicht die<br />
richtige Einstellung haben, können sie einfach nicht die<br />
Herzlichkeit der Gastfreundschaft bieten, für die wir stehen«,<br />
sagt er. Lächelnd, versteht sich.<br />
Nach einem Nickerchen düse ich am Abend mit dem<br />
Aufzug entspannt ins Erdgeschoss, wo die Sereia Lounge<br />
Gaumenschmäuse verspricht. Ausschließlich koschere<br />
Speisen werden hier serviert. Verantwortlich für die Leckereien,<br />
die heute Abend auf meinen Teller gezaubert<br />
werden, ist Küchenchef Mor Cohen – ein recht bekannter<br />
Koch im Land, schließlich tritt der 37-Jährige regelmäßig<br />
in einer Kochshow im israelischen Fernsehen auf. Sein<br />
Lebensmotto: »Wähle einen Job, den du liebst, und du<br />
musst keinen Tag in deinem Leben arbeiten.«<br />
Seine frischen Zutaten besorgt er sich regelmäßig auf<br />
dem Carmel Market, der nur wenige Fußminuten vom<br />
Hotel entfernt liegt. Beim Zubereiten seiner Speisen treibe<br />
ihn immer wieder der Ehrgeiz an, Neues auszuprobieren,<br />
sagt er. Innovation stehe bei ihm ganz hoch im Kurs.<br />
Ach ja, das schiebt er noch hinterher, er möchte zudem<br />
eine leichte Küche servieren: »Keiner will doch heute<br />
noch mit einem schweren Magen das Restaurant verlassen.<br />
Dann ist der Tag oder die Nacht doch gelaufen.« Aber<br />
lecker, das verspricht er, wird es ganz bestimmt.<br />
Das Team von Mor Cohen sorgt dann auch für einen<br />
fantastischen Abend. Köstlicher Hummus wird als<br />
Vorspeise serviert, dazu frisch gebackenes Brot mit Algenbutter<br />
zum Dahinschmelzen. Thunfischsteak mit<br />
Kohlrabi, Chili, Mandeln und Kosho-Joghurt-Dip gibt<br />
es, anschließend köstliches Goldbarschfilet la plancha<br />
mit feinen Rosinen und Pinienkernen. Die Weinkarte<br />
verwöhnt mit israelischen Tropfen von den Golanhöhen,<br />
aus Galiläa und Negev. Darunter ist ein exzellenter Pinot<br />
Noir (»Domaine du Castel«) aus 2016, den ich am liebsten<br />
flaschenweise in meinen Koffer verfrachten würde.<br />
Der letzte Vormittag, Tag der Abreise. Ich verabschiede<br />
mich aus der Lobby. Direktor Guy Klaiman, während<br />
meines Aufenthalts unfassbar präsent im ganzen Hotel,<br />
kommt um die Ecke. Ein letzter Small Talk, er möchte<br />
wissen, wie es mir in der Stadt gefiel. ch schwärme vom<br />
quirligen Carmel Market, den imposanten Häusern im<br />
Bauhaus-Stil, der pittoresken Altstadt in Jaffa und – ja natürlich,<br />
so viel Lob muss sein – der wunderbaren Zeit, die<br />
ich im Kempinski hatte. Ein Lob über die dauerlächelnden<br />
Mitarbeiter seines Hauses verkneife ich mir. Das<br />
wäre dann doch eine Schleimspur zu viel, die ich jetzt<br />
hinterlassen würde, denke ich mir. Klaiman lächelt zum<br />
Abschied. Ich auch.<br />
INFO<br />
The David Kempinski Tel Aviv. Hayarkon 51,<br />
6343203, Tel Aviv, Israel, Tel. +972 3 776 8888,<br />
www.kempinski.com<br />
Doppelzimmer ab € 600 die Nacht.<br />
Illustration: Kapreski/Shutterstock.com; Fotos: Sivan Askayo, Alexander Maistern, Ben Yuster The David Kempinski Tel Aviv<br />
78<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
sommer <strong>2023</strong>
LIFESTYLE<br />
Wach<br />
lektüre<br />
Illustration: Huza Studio/Shutterstock.com<br />
Schlaflos im Hotel? Zum Glück!<br />
Denn dann bleibt genug Zeit, in der<br />
mitgebrachten Nachtlektüre zu<br />
schmökern. Drei Buchtipps für<br />
entspannte Urlaubstage<br />
oder -nächte!<br />
»Der letzte Sessellift« begeistert<br />
mit dem typischen Irving-Charme<br />
aus skurrilen Figuren und derber<br />
Komik. Der junge Adam macht sich<br />
auf die Suche nach seinem Vater,<br />
den er nie kennengelernt hat. Sein<br />
Weg führt ihn in den amerikanischen<br />
Luxusskiort Aspen, ins Hotel<br />
Jerome, in dem er gezeugt wurde.<br />
Damals, als seine Mutter als 18-Jährige<br />
bei den Skimeisterschaften<br />
in Aspen angetreten ist. In dem<br />
altehrwürdigen Hotel trifft er auf<br />
Gespenster und schrulliges Personal.<br />
Und was hat der letzte Sessellift<br />
mit all dem zu tun? Mit 1.088 Seiten<br />
hat man ihn zum Glück auch nicht<br />
in einer Nacht oder einer Sessellift-Fahrt<br />
durchgelesen. Diogenes<br />
Verlag, € 36.<br />
»Und sie bewegt sich doch« –<br />
an manchen Tagen ist das nur eine<br />
Wunschvorstellung. Viel zu oft<br />
bewegt sich die Bahn nämlich eben<br />
nicht. Und doch gibt es auch die<br />
Fahrten, die das Herz berühren, weil<br />
man auf nette Zufallsbegegnungen<br />
oder eine große Hilfsbereitschaft<br />
trifft. Denn in der Bahn kommen wir<br />
alle zusammen – unabhängig von<br />
Milieu, Klasse, Stil und Weltanschauung.<br />
Ein jeder von uns hat eine<br />
Bahn-Anekdote zu berichten. Wie<br />
auch die Autorinnen und Autoren<br />
dieses Buchs. Horst Evers, Dietmar<br />
Wischmeyer und Cordula Stratmann<br />
erzählen auf herrlich-komische<br />
Weise Geschichten, wie sie nur die<br />
Bahn schreibt. Rowohlt Berlin,<br />
240 S., € 16.<br />
»Gebrauchsanweisung für den<br />
Strand« nimmt einen mit auf eine<br />
Reise zu den Stränden der Welt:<br />
vom sommerlichen Isarstrand über<br />
den winterlichen Nordseestrand bis<br />
hin zum karibischen Traumstrand.<br />
Von Coney Island bis Kreta, von Bali<br />
bis Sylt werden die Strände unter<br />
die Lupe genommen. Wie sieht<br />
eigentlich der perfekte Strand aus?<br />
Wo gibt es die weißesten Strände,<br />
und wie ist der Beach-Kult überhaupt<br />
entstanden? Für Strandspaziergänger<br />
und Muschelsucher, für<br />
Badenixen und Beachvolleyballer, für<br />
Winterschwimmer und Sonnenanbeter.<br />
Zum Schmökern am Strand oder<br />
eben nachts im warmen Hotelbett.<br />
Von Stella Bettermann, Piper,<br />
208 S., € 16.<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
79
HOTEL<br />
VERWUNSCHENES<br />
WUNSCHHOTEL<br />
80 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
sommer <strong>2023</strong>
text<br />
Jennifer Latuperisa-Andresen<br />
Kyoto war mehr als 1.000 Jahre lang die kaiserliche Hauptstadt Japans.<br />
Noch heute ist die Stadt eine Ode an die Schönheit und den Wohlstand von Japans<br />
Vergangenheit. Die steinernen Straßen mit ihren Häusern aus dem 11. Jahrhundert,<br />
den tippelnden Geishas und den jahrhundertealten Tempeln sind ein kulturelles<br />
Feuerwerk. Nun gibt es die Chance, inmitten der pulsierenden Stadt zu nächtigen<br />
oder sich in eine grüne Oase zurückzuziehen, die Kyoto von einer ganz<br />
anderen Seite zeigt. Verwunschen sozusagen. Willkommen im Aman Kyoto.<br />
AMAN Kyoto<br />
81
HOTEL<br />
Gelassenheit, Ruhe,<br />
Minimalismus, Eskapismus<br />
Wenn man wie ich am<br />
Bahnhof von Koto<br />
ankommt und in ein<br />
Tai steigt, um ins<br />
Aman Koto zu fahren, sollte man<br />
sich nicht wundern, dass die Fahrt<br />
erstens ein wenig länger dauert und<br />
zweitens in eine Gegend führt, die so<br />
gar nicht nach Großstadt aussieht.<br />
Dafür aber – und ich bin nicht esoterisch<br />
veranlagt – eine ganz besondere<br />
Aura hat. Etwas Magisches. Etwas<br />
Bezauberndes. Das Luushotel liegt<br />
in einem verwunschenen Garten und ist zusätzlich von<br />
dichtem, sattgrünen Wald umgeben. Wer hier eincheckt,<br />
checkt bei der Zivilisation aus.<br />
Jetzt könnte der Eindruck entstehen, dass das Aman<br />
Koto so abgelegen liegt und es sich deshalb nicht eignet,<br />
um das prächtige Koto zu entdecken. Das täuscht. Praktisch<br />
vor der Haustür des Hotels liegen einige wichtige<br />
Sehenswürdigkeiten: Kinkakuji, der Tempel des Goldenen<br />
Pavillons, ist nur 1 Minuten zu Fuß entfernt. Auch<br />
der oanji-Tempel mit seinem berühmten Steingarten<br />
ist nicht weit. Deshalb: Ja, die nächste Sushibar liegt ein<br />
bisschen ferner. ch habe die Fahrdienste von Tais und<br />
Uber bemüht. Aber dafür schläft man an einem Ort, der<br />
wohl keinem anderen Hotel gleicht.<br />
Doch das erkläre ich besser im Detail. Das Aman Koto<br />
hat keine großzügige Lobb, wie es viele Luushotels<br />
haben. Menschen tummeln sich hier eigentlich nirgends.<br />
Wer hierherkommt, sucht uhe und Abgeschiedenheit,<br />
möchte seine Privatsphäre genießen und Koto in seinem<br />
ganz eigenen Tempo entdecken. Wer hierherkommt, mag<br />
es minimalistisch, aber luuriös. Dennoch, wer Gold und<br />
Glitzer sucht, ist hier definitiv fehl am Platz.<br />
Attribute, die mir spontan zu dem Haus einfallen,<br />
sind: Gelassenheit, uhe, Minimalismus, Eskapismus.<br />
Das Hotel befindet sich umgeben von einem Park, dessen<br />
Status sich zwischen gepflegt und wuchernd angeben<br />
lässt. Zudem befinden sich um das Terrain 3 Hektar<br />
Wald. Und der ist, trotz Großstadt, so frei von Zivilisation,<br />
dass sich otwild dort wohlfühlt. Derart unberührt<br />
mögen wir auch die Welt um uns herum, wenn wir bei<br />
eisen zur uhe kommen möchten, oder? nmitten all<br />
dieses Grüns befindet sich eine eihe von hölzernen Pa-<br />
villons, die von Kerr Hill entworfen<br />
wurden, dem verstorbenen australischen<br />
Architekten, der bereits zuvor<br />
einige Projekte von Aman umsetzte.<br />
Doch nun zu den Zimmern: Die<br />
insgesamt 6 Suiten sind in sechs<br />
Pavillons untergebracht, die auf<br />
dem Gelände verstreut sind. Die<br />
Gästezimmer sind eine moderne<br />
nterpretation traditioneller japanischer<br />
okans. Sie sind sehr großzügig,<br />
natürlich minimalistisch und<br />
strahlen bereits eine gewisse uhe<br />
aus. Es gibt Bodenbeläge aus Tatami-Matten, traditionelle<br />
Pjamas, einen begehbaren Kleiderschrank, einen<br />
versteckten Fernseher und die Aussicht auf den verwunschenen<br />
Wald, die – eingerahmt von bodentiefen Fenstern<br />
– wie ein Gemälde wirkt.<br />
Das wahre Highlight sind jedoch die Badezimmer mit<br />
großen japanischen Badewannen aus duftendem Hinoki-Zpressenholz.<br />
Sie sind so gigantisch, dass sie zwei<br />
Stöpsel haben und es 30 Minuten dauert, sie zu füllen,<br />
und zwei groß gewachsene Menschen darin zu zweit<br />
beuem Platz finden. Eigentlich bade ich nie und habe<br />
bislang sämtliche Whirlpool-Badewannen, selbst die in<br />
schwindelerregenden Höhen vor Panoramafenstern, gekonnt<br />
ignoriert. Doch dieses riesige Holzbecken wollte<br />
ich ausprobieren.<br />
Dabei war das schon mein zweites Bad vor Ort. Denn<br />
natürlich habe ich auch schon das Spa besucht. Doch Moment,<br />
es entspricht nicht ganz den europäischen Vorstellungen<br />
von einem Spa. Denn einen Pool zum Bahnenziehen<br />
oder Planschen gibt es nicht. Auch keine Sauna oder<br />
Dampfbad. Dafür aber können die Gäste ein Bad im wärmenden,<br />
mineralhaltigen Onsen-Wasser nehmen, bevor<br />
sie eine wohltuende Behandlung genießen. Doch Achtung<br />
m Onsen schwimmt man nackt. Ja, richtig gehört.<br />
Komplett nackig. ur als Vorwarnung. Und die Anwendungen?<br />
Die AmanKotoSignature Journe ist eine tief<br />
erholsame Massage mit einer alchemistischen Mischung<br />
aus köstlich duftenden len – von Koto-Kitaama-Zedern<br />
und uzu-Zitrusfrüchten bis hin zu Sakura-Kirsche<br />
und grünem Tee – wie sie traditionell vonKotoer Geishas<br />
für ihre Schönheitspflege verwendet werden. Und<br />
für alle, die sich doch nach etwas Glitzer sehnen: Es gibt<br />
82<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
sommer <strong>2023</strong>
Spürt ihr es? Diese Ruhe! Die Räume des Aman Kyoto ruhen in sich und wir in ihnen. Es ist, als würde man beim Betreten der Tatami-Matten<br />
auf dem Boden die Welt da draußen dort lassen, wo sie hingehört. Vor der Tür. Wohlfühlen garantiert.<br />
Om. Oder sollten wir lieber Onsen sagen. Das ist der<br />
Onsen-Pool des Spas, der von einer heißen Quelle gespeist<br />
wird. Es gibt einen Bereich für Männer und einen für Frauen.<br />
Das liegt daran, dass Badebekleidung unerwünscht ist.<br />
herbst 2020<br />
83
HOTEL<br />
Tagesgericht: Klassiker des Menüs, die sich im Taka-An über Jahre oder Monate auf der Karte befinden,<br />
gibt es nicht. Jeder Tag birgt neue Überraschungen auf dem Teller. Loslassen und genießen heißt die Devise.<br />
eine Gesichtsbehandlung mit japanischem Blattgold, für<br />
die 4-karätiges Gold aus Kanazawa verwendet wird.<br />
Preislich fast auf Gold-iveau ist ein Essen im noblen<br />
Taka-An. Die Fine Dining Eperience des Hotels.<br />
Das estaurant ist ein weiterer friedlicher Zufluchtsort,<br />
mit Ledersesseln an einer langen Holztheke, an der Chefkoch<br />
Shinichir Takagi mit den Aromen spielt wie ein Maler<br />
mit seinen Farben. Dabei habe ich die Metapher nicht<br />
willkürlich gewählt. Auf der Website des Taka-An steht,<br />
dass er die Zutaten zubereitet wie ein Künstler ein Gemälde<br />
– mit akribischer Präzision und kreativer Finesse.<br />
Das estaurant folgt der japanischen Omakase-Tradition.<br />
Doch was heißt Omakase? Eigentlich bedeutet es »ich<br />
vertraue dir« und dementsprechend wird serviert, was das<br />
kreative Gespür des Chefkochs just hergibt. Bedeutet, es<br />
gibt kein Menü. Es gibt keine Auswahl. Es wird gegessen,<br />
was auf den Tisch kommt – uasi in der Delue-Version.<br />
Das kann ab und an berraschungen auf den Teller<br />
zaubern, die tatsächlich einer Dschungelcamp-Aufgabe<br />
gleichen. Die rohe Seegurke, die ja nicht wie der ame<br />
vermuten lässt, ein Gemüse ist, sondern eher ein Wurm<br />
aus dem Meer, ist in ihrem faden Geschmack und ihrer<br />
schleimigen Konsistenz schwer für mich erträglich. ch<br />
esse sie dennoch. Schließlich steht der Chefkoch direkt<br />
vor mir und beobachtet mich. Kleiner Benimmtipp: Japaner<br />
trinken CHT zu jedem Gang einen korrespondierenden<br />
Wein. Eher trinken sie zum Essen wenig bis<br />
nichts. Es kann Unverständnis verursachen, wenn man<br />
sich das dritte Glas Wein bestellt. Hicks. Aber wo wir bei<br />
Getränken sind: Den Sake-Sekt kann ich nur empfehlen<br />
Aber das ist nicht das einzige herausragende Getränk.<br />
Es klingt banal. Aber der Orangensaft beim Frühstück im<br />
Living Pavilion ist Weltklasse. ch würde fast behaupten,<br />
der beste weltweit. Living Pavilion ist das Hauptrestaurant,<br />
in dessen Mitte sich ein runder Kamin befindet und<br />
in dem die Wände mit handgefertigten aku-Kacheln<br />
verkleidet sind. Hinzu kommt der Panoramablick in die<br />
grüne Oase durch die große, bodentiefe Fensterfront.<br />
Morgens kann man zwischen traditionellem japanischem<br />
Frühstück wählen was ich unbedingt empfehlen würde<br />
oder sich dem klassischen westlichen Eier-und-Speck-<br />
Frühstück widmen. Abends kreiert Chefkoch Tatsua<br />
Ozawa hausgemachte Küche im Koto-Stil. Oder westliche<br />
Küche mit einem Hauch Koto-Esskultur. Die Karte<br />
ist klein, aber oho<br />
Wie das Hotel selbst. Das hat nur 6 Zimmer. Dennoch<br />
wird dem Gast viel geboten. Kleiner Einblick in<br />
das Eperience-Menü? Da hätten wir Meditieren mit<br />
einem Zen-Buddhistenmönch. Mit einer persönlichen<br />
Einladung können Aman-Koto-Gäste ein altes Ochaa<br />
Teehaus besuchen und einen achmittag und Abend<br />
mit einer Geiko so nennen sich die Geishas in Koto<br />
verbringen, Ozashiki spielen, Tee trinken und eine Tanzvorführung<br />
sowie ein Abendessen genießen. Es gibt auch<br />
das Angebot, den achmittag mit der kebana-Kunst zu<br />
verbringen und zu lernen, wie man Blumen in strukturell<br />
prächtige Arrangements aus Farbe und Form verwandelt.<br />
Oder wie wäre es mit Malen, einer traditionellen Teezeremonie<br />
oder, wie ich es getan habe, die Tempel in der<br />
Umgebung mit dem E-Bike zu erkunden. Eine wunderbare<br />
Erfahrung. icht nur weil sich die Perspektive auf die<br />
Stadt verändert, auch weil man sich dann eher als Teil des<br />
Ganzen fühlt.<br />
Und am Ende jedes Koto-Besuchs kehrt man zurück<br />
in diese verwunschene Welt. Zwischen überwuchernden<br />
Mäuerchen, unebenen Steinen, moosbewachsenen Wegen,<br />
in ein klar strukturiertes Zimmer. Und es fühlt sich<br />
an, als käme man nach Hause. Und das lieb ich sehr.<br />
INFO<br />
Aman Kyoto. 1 Okitayama Washimine-cho Kita-ku<br />
603-8458 Kyoto, Tel. +81 75 496 333, aman.com<br />
Zimmer zwischen € 800 und € 5.000 – je nach Saison.<br />
Illustration: Kapreski/Shutterstock.com; Fotos: Nacasa & Partners Inc. (7), Aman Resorts (2)<br />
84<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
sommer <strong>2023</strong>
schlaf<br />
gut<br />
Schlafen mit Stil.<br />
Das gilt nicht nur<br />
für die Herberge,<br />
sondern auch für<br />
das Outfit.<br />
Grandhotel<br />
Altehrwürdige Luxushotels<br />
verlangen auch eine elegante<br />
Nachtgarderobe. Mit dem<br />
Nachthemd mit Spitze von<br />
Molly Bracken ist man auch in<br />
den Laken bestens gekleidet.<br />
Verstellbare Träger, Länge<br />
106 cm. »Lace Trim Nightgown«,<br />
um € 60<br />
LIFESTYLE<br />
Englisches Cottage<br />
Direkt aus dem Bett die erste Tasse<br />
Earl Grey auf dem Sofa genossen –<br />
der Pyjama von Guess ist wirklich zu<br />
schade, um ihn nur zum Schlafen zu<br />
tragen. Aus Seide, € 85.<br />
Fotos: PR (3), nadtytok/Shutterstock.com<br />
Safarizelt<br />
Der Pyjama von mey ist so hübsch anzusehen<br />
und fühlt sich so gut auf der Haut an, dass<br />
man ihn glatt morgens auf der Safaritour<br />
einfach anlassen könnte. Serie Demy mit<br />
knöchellanger Hose, um € 90 und Langarmshirt,<br />
um € 100.<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
85
HOTEL<br />
Schöne Aussichten: Geschichte und gutes Essen finden die Gäste des Monte Carlo Beach Hotels im Sternerestaurant Elsa. Hoch oben über<br />
dem pittoresken Luxushotel wacht die Villa von Karl Lagerfeld über Monaco und Mittelmeer.<br />
86
text<br />
Ulrike Herder<br />
ZUM GLÜCK IN<br />
MONTE CARLO<br />
Das Monte Carlo Beach Hotel im Fürstentum Monaco ist ein<br />
legendäres Hotel, in dem die Reichen und Schönen seit den<br />
1930er-Jahren ihre Häupter betten. Standesdünkel? Nicht zu spüren.<br />
Ganz im Gegenteil: Es geht herrlich unkompliziert zu. Das Hotel<br />
versprüht sommerliche Lebensart und ist der perfekte<br />
Rückzugsort für einen entspannten Aufenthalt am Strand.<br />
MONTE CARLO BEACH HOTEL<br />
Verrückt. Ich stehe am Pool, einem Hotelpool<br />
wohlgemerkt, und vor mir ragt<br />
ein Fünf-Meter-Sprungturm in den<br />
hellblauen Himmel. Ob ich mich traue<br />
zu springen? Sagen wir so: Ich fühle<br />
mich beschwingt. Und das hat zweifelsohne<br />
mit dem Ort zu tun, an dem<br />
ich mich gerade befinde: dem Monte Carlo Beach Hotel.<br />
Alles scheint hier möglich. Sogar, dass ich mich von einem<br />
fünf Meter hohen Turm in die Tiefe stürze. Das scheint<br />
eine Art Aura des Orts zu sein. Nicht umsonst tummelt<br />
sich hier so viel Sportsgeist und Glücksspiel. Vom »Rien<br />
ne va plus« am oulettetisch des weltberühmten Casinos<br />
bis zu den bereits aufgestellte Extraleitplanken für das im<br />
Mai stattfindende Formel-1-ennen – in Monaco heißt es<br />
oft »Leben am Limit«.<br />
Glamour, Wettkampf und schnelle Autos – dafür steht<br />
das Land im Taschenformat, das sich gerade einmal über<br />
zwei kleine Kilometer entlang der felsigen Küste erstreckt<br />
und vom Mittelmeer umspült wird. Schwindelerregende<br />
Türme, bunte Villen im italienischen Stil mit Pools, schicke<br />
Klubs und Palmen formen sich zu einem privilegierten<br />
Zufluchtsort für die eichen und Schönen. Ein Land<br />
mit gerade einmal 36.690 Einwohnern. Das sind ein paar<br />
Menschen weniger als die Stadt Emsdetten. Dafür ist Monaco<br />
aber weltbekannt. Dem schillernden Fürstenhaus sei<br />
Dank. So wie den zahlreichen Filmen, die sich dieser Kulisse<br />
bedienten.<br />
Doch in Monaco kann man, abseits des Trubels, auch<br />
ganz fantastisch die Seele baumeln lassen und einen entspannten<br />
Strandurlaub verleben. Das Monte Carlo Beach<br />
Hotel liegt – wie der ame es schon verrät – in Monte<br />
Carlo, einem Bezirk von Monaco. Seinen amen hat es<br />
dem Fürsten Charles . zu verdanken, auf italienisch<br />
Carlo ., der in den 160er-Jahren auf dem damals völlig<br />
unbesiedelten Felsvorsprung (italienisch Monte =<br />
Berg ein Casino erbauen ließ.<br />
Um zum Monte Carlo Beach zu gelangen, lässt man<br />
den Trubel hinter sich. Das Hotel schmiegt sich in einer<br />
pittoresken Bucht am ande des Fürstentums in den<br />
Felsen, umringt von einem Pinienwald. Zunächst sticht<br />
die ungewöhnliche Farbe der Fassade ins Auge. Terrakottarot<br />
trifft es wohl am besten. Frankreich-Kundige<br />
werden sich sofort an die roten Felsen des nahen Esterel-Massivs<br />
an der Cte dAzur zwischen Saint-aphal<br />
und Cannes erinnert fühlen. So oder so eine wirklich<br />
gelungene Komposition: Die tiefrot schimmernde Fassade<br />
und das azurblau funkelnde Meer werden von der<br />
Sonne in ein warmes, schmeichelndes Licht getaucht.<br />
Auch das Design im Inneren kann man nur als gelungen<br />
bezeichnen. Hier hat jemand ein Händchen für<br />
Farben, Licht und Formen. Dieser jemand ist einer der<br />
Superstars unter den Designern: die gebürtige Iranerin<br />
ndia Mahdavi, die das 1 erbaute Luushotel<br />
mit seinen 40 Zimmern in den letzten Jahren mit ihrer<br />
Handschrift in die Neuzeit katapultiert hat. Hier versüßt<br />
Design den Aufenthalt. Dabei sind die Zimmer<br />
nicht nur schön anzusehen, sondern ich fühle mich direkt<br />
pudelwohl. Farbenfrohe marine Elemente treffen<br />
auf zeitlose und elegante Formen – und all das schafft<br />
ein behagliches Ambiente. Alles wirkt schwungvoll und<br />
fröhlich.<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
87
HOTEL<br />
Auf dem Sprung? Wagemutige<br />
stürzen sich im Monte Carlo<br />
Beach Hotel vom Fünf-Meter-<br />
Turm in den Pool. Der Rest<br />
schaut zu. Auch schön!<br />
Angefangen bei den Möbeln mit organischen Formen,<br />
Kurven und vielfältigen Strukturen, wie etwa das Sofa,<br />
das sich im maritimen blau-weißen Look in einem großen<br />
Bogen an die Wand schmiegt. Oder die Tische, die fast so<br />
wirken, als hätte das Meer in Tausenden von Jahren für<br />
ihre besondere abgerundete Form gesorgt. Oder der Sessel<br />
»Cap Martin«, den die Designerin eigens für das Monte<br />
Carlo Beach entwarf, und auf dem man es sich auf der<br />
Terrasse der Loggia bequem machen kann.<br />
Der Höhepunkt in Sachen buntes, frisches und lebendiges<br />
Design ist zweifelsohne das Bad. Schiebt man die<br />
weiße, wellenförmig gestaltete Badezimmertür zur Seite,<br />
fühlt man sich kurz, als müsse man blinzelnd in die Sonne<br />
schauen. Das komplette Bad inklusive Dusche und Toilette<br />
ist mit zitronengelben Kacheln verkleidet. Ein Design,<br />
das verzückt. Ein Bad, das jedem Morgenmuffel beste<br />
Laune bereitet. Und wieder trifft Sonne auf das Azurblau<br />
des Mittelmeers, in Form eines großen Bullauges, das den<br />
Blick vom Bad hinaus auf die Bucht freigibt. Wenn der Tag<br />
schon mit einem Highlight beginnt …<br />
Von meiner Terrasse aus habe ich nicht nur direkten<br />
Blick auf das Meer, sondern eine Treppe führt auf eine<br />
hoteleigene Promenade, die mich geradewegs zum Frühstück<br />
ins Restaurant Elsa führt. Ganz zur Linken in der<br />
Ferne kitzeln erste Sonnenstrahlen die Altstadt hoch oben<br />
auf dem Felsen wach. Darunter schaukeln die Luxusyachten<br />
träge im Hafen. Direkt hinter der Bucht erheben sich<br />
die Hochhäuser in die Höhe im stillen Wettbewerb, wer<br />
nun das höchste ist. Hier und da durchbrechen Baukräne<br />
das Panorama. Monaco brummt. Wie schön also, nicht<br />
mittendrin zu sein. Noch am Abend zuvor bin ich bei geöffneter<br />
Terrassentür vom auschen der Wellen in den<br />
Schlaf gewiegt worden.<br />
Die Lage etwas abseits des Rummels wusste schon Karl<br />
Lagerfeld zu schätzen. Seine würfelartige Villa »La Vigie«<br />
thront hoch oben über dem Hotel auf dem gleichnamigen<br />
Berg.<br />
Ob er auch schon mal ins Elsa essen ging? Darüber<br />
wird geschwiegen. Was man nicht verschweigen muss, ist,<br />
wie gut das Essen im Restaurant ist, dass zu Recht einen<br />
Stern trägt. Die kleinen Grüße aus der Küche gleich zu Beginn<br />
machen Lust auf mehr Meer. Ebenso das Fisch-Carpaccio,<br />
gefolgt von einem feinen, geschmacksintensiven<br />
Spargelrisotto. Auch das Dessert ist überraschend anders,<br />
aber eben auch überraschend gut: Gurken umringen ein<br />
Zitronen-Honig-Mousse, das auf geröstetem Reis gebettet<br />
ist. Küchenchefin Mélanie Serre bereitet ihre mediterranen<br />
Gerichte aus lokalen und saisonalen Zutaten zu. Mit<br />
viel Liebe und Hingabe. Wem es auf der Terrasse des Elsa<br />
fröstelt oder im <strong>Sommer</strong> zu warm wird, nimmt im Inneren<br />
Platz. Und lernt so einiges über das Hotel und seine<br />
Geschichte, denn die gerahmten Schwarz-Weiß-Fotografien<br />
lassen die früheren mondänen Zeiten aufleben. Am<br />
Strand begann die fast einhundertjährige Geschichte des<br />
Hotels, das 1 eröffnet, in den 130er-Jahren schnell<br />
für seine mondänen Parts bekannt wurde, und sich zum<br />
»Place to be« an der französischen Riviera mauserte.<br />
m Monte Carlo Beach nimmt man das Leben auch<br />
heute noch leicht. m Bademantel über die Terrasse des<br />
Elsa zur Massage ins Spa? Kein Problem, Madame! In Flip-<br />
Flops zum Mittagessen ins zweite Restaurant des Hotels<br />
namens »Le Deck«? Naturellement. Und genauso unkompliziert<br />
vergehen die Tage – zwischen kulinarischem<br />
Hochgenuss und Sonnenbaden am Privatstrand mit den<br />
Füßen auf den Kieselsteinen oder auf dem Ponton, der<br />
ins Wasser ragt. Oder Bahnen ziehen im Pool mit olmpischen<br />
Maßen, der mit regeneriertem Meerwasser gefüllt<br />
ist. Und dem fotogenen Sprungbrett, das schon Helmut<br />
Newton einst für sonnige Aufnahmen als Kulisse ablichtete.<br />
Ob ich mein Glück auf die Probe stellen und doch<br />
einen Sprung wagen sollte?<br />
Denn wer in Monaco urlaubt, braucht Glück. Jedenfalls<br />
wenn man im Casino beim oulette alles auf eine<br />
Zahl setzt. Oder wenn man sich mit dem Auto durch die<br />
kurvenreiche nnenstadt schlängelt. Für mich steht fest:<br />
Wer im legendären Monte Carlo Beach Hotel eincheckt,<br />
bei dem kommen die Glücksgefühle ganz von allein – auch<br />
ohne waghalsigen Sprung in die Tiefe.<br />
Illustration: Kapreski/shutterstock.com; Fotos: Monte-Carlo Société des Bains de Mer (5), Bernard Touillon<br />
88<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
sommer <strong>2023</strong>
Farbenfrohe marine Elemente<br />
treffen auf zeitlose und<br />
elegante Formen. Alles wirkt<br />
schwungvoll und fröhlich.<br />
INFO<br />
Monte Carlo Beach Hotel. Avenue Princesse Grace.<br />
06190 Roquebrune-Cap-Martin. Tel +33 (0)4 93 28 66 66.<br />
montecarlosbm.com/fr/hotel-monaco/monte-carlo-beach<br />
Das Hotel hat über die Wintermonate geschlossen und nur<br />
von April bis Oktober geöffnet. Doppelzimmer ab € 520<br />
ohne Frühstück.<br />
herbst 2020 89
HOTEL<br />
text<br />
Marie Tysiak<br />
ENDLICH, ENDLICH<br />
Redakteurin Marie Tysiak war das erste Mal auf Mallorca – und<br />
durfte gleich in einem der luxuriösesten Hotels der Insel nächtigen,<br />
dem wunderschönen Belmond La Residencia. Hier war sie vor allem<br />
auf den Spuren der Kunst unterwegs. Doch erst einmal musste sie<br />
ihren ganzen Stress ablegen. Endlich, endlich.<br />
90 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
sommer <strong>2023</strong>
BELMOND LA RESIDENCIA Mallorca<br />
91
HOTEL<br />
Schon beeindruckend<br />
so ein Leben hier in den<br />
mallorquinischen Bergen.<br />
Gestresst steige ich in Köln in den<br />
Flieger. Und ebenso gestresst steige<br />
ich in Palma aus. Die kurze Flugzeit<br />
hat nicht gereicht, den Wahnsinn<br />
der letzten Wochen abzuschütteln.<br />
Abgabe meiner Masterarbeit. Einen<br />
Tag nach meinem 30. Geburtstag. Berufsbegleitend.<br />
Kurzum: nicht zu empfehlen. Dann bleibt<br />
kein Millimeter Spielraum mehr für irgendwelche Eventualitäten<br />
– und davon gab es bei mir einige, der plötzliche<br />
Kurzschluss im Laptop war mit kilometerweitem<br />
Abstand die kleinste Katastrophe. Nun gut, ich will hier<br />
nicht jammern, aber kurz einordnen in mein Seelenheil.<br />
Die warme Begrüßungssonne auf der Lieblingsinsel der<br />
Deutschen will meine Haut noch nicht so richtig spüren.<br />
Daher fühlt sich die kurvige Straße, die sich schon<br />
wenig später durch die Bergwelt der Serra de Tramuntana<br />
windet, eher wie ein Traum als Realität an. Ebenso das<br />
Tor, das zur Rechten den Weg weist, wo sich die ockerfarbenen<br />
Gebäude des Belmond La esidencia weitläufig<br />
zwischen den knorrigen Olivenbäumen und Palmen an<br />
den Berg schmiegen. Ein Erfrischungsgetränk, ein warmes<br />
Lächeln, mein Koffer wird für mich fortgetragen. Und<br />
dann geleitet man mich auch schon weiter nach oben, zu<br />
Fuß, vorbei am Atelier des chilenischen Bildhauers und<br />
Töpfers Juan Waelder, einer der Artists-in-Residence hier<br />
im Hotel. Vorbei an der Ebene des ersten, großen Pools.<br />
Eine weitere Treppe höher, ein zweiter Pool, noch eine<br />
Treppe – da bin ich nun also. Ganz oben mit dem Blick<br />
weit über das Meer liegt mein Refugium.<br />
Kein Zimmer gleicht dem anderen. Nicht nur wird<br />
die Kunst an den Wänden regelmäßig neu kuratiert, auch<br />
das esort wird seit seiner Eröffnung stetig erweitert und<br />
Fincas und Häuser im Dorf hinzugekauft, restauriert und<br />
wunderschön eingerichtet. Deshalb hat jedes Zimmer<br />
seinen ganz eigenen Charme. Ob die Matthew Williamson<br />
Suite, die farbenfroh im Mustermix den Stil des Designers<br />
repräsentiert und mit privatem Pool begeistert,<br />
oder die verwinkelte dreistöckige Tower Suite im Herzen<br />
der Anlage mit kleiner Rooftop-Terrasse und Teleskop<br />
zum Sternegucken. Meine geräumige Executive Suite hat<br />
neben einer riesigen marmornen Badewanne, kuscheligstem<br />
Bett und ausgewählten antiken Möbeln und moderner<br />
Kunst dieses Highlight: einen privaten Pool. Erste<br />
Gefühle regen sich in mir: Da möchte ich rein.<br />
Also steige ich kurz später in das erstaunlich frische Wasser<br />
des kleinen Pools. Der Blick über die grünen Hügel<br />
und bis zum Meer. Da passiert es: Der Stress wird förmlich<br />
abgewaschen und in dem kalten Nass erstickt. Und<br />
plötzlich bin ich hier. Hier auf Mallorca. Hier im wunderschönen<br />
Belmond La Residencia. Und das Leben, ja, das<br />
Leben kann auch verdammt schön sein. Und so schnappe<br />
ich mir kurzerhand meine Begrüßungs-Macarons und<br />
einen kühlen Drink aus der Minibar. Dieses wunderbare<br />
Gefühl von neu erlangter Freiheit und unbegrenzten<br />
Möglichkeiten muss gefeiert werden. Auf einmal scheint<br />
alles mit einem wohligen Filter belegt – ist das dieses<br />
warme Licht, von dem immer alle auf Mallorca sprechen?<br />
Ich schwebe also von nun an. Zum Beispiel wenig<br />
später die Treppen wieder hinunter. Dabei höre ich auf<br />
einmal das Zwitschern der Vögel aus allen Ecken. Auf<br />
einmal spüre ich die warme <strong>Sommer</strong>brise, die an meinem<br />
Kleid zuckelt. Auf einmal erhascht mein Blick kleine<br />
Früchte an den bauchigen, verholzten Olivenbäumen, die<br />
bestimmt ihre 100 Jahre auf dem Buckel haben. Der Pool<br />
glitzert, die Palmen wanken und plötzlich hat alles diesen<br />
magischen »Glow«.<br />
Ich trete ins Café Miró ein. Das Restaurant trägt seinen<br />
Namen nicht von ungefähr: Stolze 33 originale Prachtwerke<br />
des spanischen Künstlers, der viel Lebenszeit auf Mallorca<br />
verbrachte, hängen in dem eleganten Restaurant aus.<br />
Mirós Enkel hat einen engen Bezug zum Hotel. Der legendäre<br />
Belmond Afternoon Tea wird auf der schönen Sonnenterasse<br />
mit Blick auf den Skulpturengarten sogar auf<br />
eigens für das Hotel gefertigtem Porzellan mit Miró-Mustern<br />
serviert. Ihr wisst schon, diese typischen Formen abstrakter<br />
Linien mit bunten Farben gefüllt. Ja, Kunst spielt<br />
eine große Rolle im Belmond La Residencia, dazu später<br />
mehr. Erst einmal gebe ich mich den köstlichen mediterranen<br />
Tapas hin. Austern, gegrillter Oktopus, Gambas aus<br />
dem nahen Sóller, dazu ein Glas mallorquinischer Callet –<br />
endlich, endlich schmecke ich wieder, wie köstlich das Leben<br />
sein kann. Mein Gaumen wird verwöhnt mit Seafood,<br />
meine alte Liebe ist wieder neu entfacht. Zum Abschluss<br />
des Abends malt Chefkoch Guillermo Méndez kurzerhand<br />
mein Dessert auf den Tisch – zum Abschlecken gut. Einen<br />
Löffel benutze ich dann aber dennoch und erwische mich<br />
dabei, wie ich die Reste von der übergeworfenen Plastiktischdecke<br />
kratze. Was für ein Auftakt! Endlich, endlich<br />
kann ich das Leben wieder in vollen Zügen aufsaugen.<br />
92<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
sommer <strong>2023</strong>
Kunstvoll: Die Landschaft rund um das Belmond La Residencia, wie in Port de Sóller (unten rechts), könnte malerischer kaum sein. Auch<br />
das Hotel mit seinen vielen kleinen Fincas und Villen ist ein einziges Prachtstück. Kein Wunder, dass hier ein Ort der Inspiration entstanden<br />
ist, wo gleich zwei Artists-in-Residence Gäste in ihr Atelier einladen. Alan Hydes zeigt stolz seine berühmtesten Werke.<br />
herbst 2020<br />
93
HOTEL<br />
Eine Nacht drüber schlafen?<br />
Muss man im Belmond La<br />
Residencia nicht! Man fühlt sich<br />
in den kunstvoll gestalteten<br />
Zimmern sofort wie zu Hause.<br />
Dass das Belmond La Residencia eng mit der Kunst verknüpft<br />
ist, hatte ich ja bereits erwähnt. Doch nicht nur<br />
das Hotel, das ganz Dorf Deià ist ein Hotspot der Kreativen.<br />
Viele Schaffende aus aller Welt unterhalten hier<br />
ihre Ateliers hinter offenen Türen, sodass man ihnen beim<br />
Gestalten zusehen kann. Vielleicht ist es die malerische<br />
Kulisse. Wirklich, Deià liegt so eindrucksvoll – mit seiner<br />
historischen Steinkirche, erhöht inmitten des Dorfs, und<br />
weit unter einem die tieftürkise kleine Bucht –, dass sogar<br />
ich den Pinsel in die Hand nehmen mag.<br />
Kein Problem. Denn gleich zwei Artists-in-Residence<br />
nennen das Belmond La Residencia ihre Heimat und haben<br />
ihre Ateliers auf dem Gelände. Im Gegensatz zu dem<br />
Atelier von Juan, das ich immer auf dem Weg zu meinem<br />
Zimmer passiere, liegt Alan Hydes kreative Oase etwas<br />
versteckter, dafür sehr eindrucksvoll mit Blick von der<br />
Terrasse. Der Brite lebt schon seit vielen Jahren in Deià<br />
(»Es war Liebe auf den ersten Blick«) – und malt. Mit<br />
Acryl-, Öl- oder Wasserfarben, am liebsten bunt, gerne<br />
Pools und Blumen. Wer möchte, kann nicht nur beim<br />
Malen zusehen, sondern auch selbst zum Pinsel greifen.<br />
Oder wie in meinem Fall: zum Bleistift. Wir malen Stillleben.<br />
Und zwar einen bunten Strauß frischer Blumen.<br />
Währenddessen plaudert Alan aus dem Nähkästchen. Von<br />
seinem Künstlerleben auf Mallorca, seinen Werken und<br />
seinen Besuchen. Ja, in so ein edles Hotel verirren sich<br />
auch edle Gäste. Und so zeigt Alan sein Selfie mit Leonardo<br />
di Caprio, der ihn mal in seinem Atelier besucht hat.<br />
Es ist ein Ort der Promis. Königlicher Besuch wie Lady<br />
Di, Hollwoodstar Tom Hanks oderMusikerlegende Bruce<br />
Springsteen und Spitzenköche wie Jamie Oliver oder Tim<br />
Mälzer – die Liste ist lang. Und nun bin eben ich hier. Immerhin<br />
habe ich jetzt einen Masterabschluss.<br />
Am achmittag treffe ich mich mit einer Künstlerlegende<br />
aus Deià: Cecilie Sheridan. Sie lebt schon ewig in<br />
Deià, hat hier mit ihrem bereits verstorbenen Mann, ebenfalls<br />
Künstler, zwei Kinder großgezogen und besitzt eine<br />
stolze Kunstsammlung mit mehr als 800 Werken. Diese<br />
kuratiert sie – und so wird das Belmond La Residencia zu<br />
einer wechselnden Kunstausstellung. Nicht nur in der hoteleigenen<br />
Galerie, sondern auch in den Zimmern wechselt<br />
die Kunst regelmäßig und wird penibel ausgewählt.<br />
Legende hin oder her: Das lässt die Dame mit den dunklen<br />
Haaren und freundlichen Augen sich keineswegs anmerken.<br />
Herzlich lädt sie mich zu sich nach Hause ein,<br />
zeigt mir ihr Atelier, ihre Kunst, ihre Dachterrasse. Der<br />
Kater streift dabei um ihre Beine und fordert schließlich<br />
mit lautem Miauen vom Waschbecken ein, dass Cecilie<br />
das Leitungswasser aufdreht und der Kater minutenlang<br />
daran trinken kann. Das Erlebnis mit der beeindruckenden<br />
Frau lasse ich während meiner Spa-Behandlung innerlich<br />
Revue passieren. Schon beeindruckend so ein Leben<br />
hier in den mallorquinischen Bergen. So eine Erfüllung<br />
des Lebenstraums. So Eins mit der Natur.<br />
Mein letzter Abend ist angebrochen. Ein Dinner im El<br />
Olivo ist auch ein Date mit der Natur. Und so startet mein<br />
Abend mit Gambas (natürlich, die alte Liebe wurde ja just<br />
zum Leben erweckt!) in Salz, gebettet in eine Consommé,<br />
die mit einem Hauch Orange verfeinert wurde. Anschließend<br />
wähle ich den Fisch. Fangfrisch selbstverständlich.<br />
Göttlich. Allein die Präsentation auf den Tellern ist Kunst.<br />
Morgen werde ich mich aufmachen – und zwar weiter<br />
gen Norden der Insel, entlang des Fernwanderwegs<br />
GR221, der direkt vom Hotel in einer wunderschönen<br />
Wanderung nach Sóller und bis zum Cap Ferrutx führt.<br />
Zum Glück ist die Reise noch nicht zu Ende. Denn<br />
endlich, endlich fühle ich wieder und mag noch länger in<br />
diesem warmen Licht verbringen und das Potenzial des<br />
natürlichen und kreativen Lebens ausschöpfen.<br />
INFO<br />
Belmond La Residencia. Carrer Son Canals s/n,<br />
07179 Deià, Mallorca, Tel. +34 971 63 90 11,<br />
www.belmond.com, DZ ab € 700 die Nacht.<br />
Illustration: Kapreski/Shutterstock.com; Fotos: Marie Tysiak (6), Richard James Taylor (2)<br />
94<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
sommer <strong>2023</strong>
NAH<br />
FISCHFRISCH<br />
Ein beherzter Biss ins Fischbrötchen<br />
gehört in den beliebten<br />
deutschen Destinationen ebenso<br />
dazu wie die dreisten Möwen,<br />
die auch gerne ein Stückchen<br />
abhaben möchten. Doch nun<br />
Butter bei die Fische: Wo gibt es<br />
die besten Fischbrötchen in ganz<br />
Deutschland? An der Ostsee!<br />
Das hat das Online-Kurzreiseportal<br />
kurz-mal-weg.de kürzlich in<br />
einer Umfrage herausgefunden.<br />
Heiligenhafen ist die »Matjestät«<br />
unter den 16 untersuchten Städten.<br />
Gefolgt vom Timmendorfer Strand,<br />
Platz drei geht an Wismar.<br />
PING-PONG<br />
WAU<br />
Ob Gewohnheitstier oder nicht,<br />
wenn die ganze Familie samt<br />
Fellnase im Fürstenhaus am<br />
Achsensee in Pertisau eincheckt,<br />
sind alle froh und glücklich, die<br />
Alltagsroutine hinter sich zu<br />
lassen und das Ungewohnte zu<br />
erkunden. Das Travel Charme<br />
Hotel legt nämlich nicht nur Wert<br />
darauf, dass sich Zweibeiner<br />
rundum wohlfühlen, sondern<br />
auch die Vierbeiner jeglichen<br />
Service genießen können. Von<br />
Hundedecke über Leckerlies<br />
bis zu Hundehandtüchern für<br />
Strandspaziergänger am nahen<br />
Hundestrand ist an alles gedacht.<br />
Schön, wenn das ganze Rudel<br />
zusammen entspannt urlauben<br />
kann. www.travelcharme.com<br />
Fotos: Arne Nagel, kurz-mal-weg.de, PR<br />
Öffentliche Tischtennisplatten findet man erfreulicherweise noch an vielen Orten,<br />
und es lohnt immer, einen Schläger ins Reisegepäck zu packen, um an lauen <strong>Sommer</strong>abenden<br />
ein Match auszutragen oder Rundlauf zu spielen. Wer den stylishen<br />
Design-Tischtennisschläger »Dragonfly« von Supersmash besitzt, kann eh<br />
nicht die Finger davon lassen. Schlag, Satz und Sieg! € 59<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
95
NAH | Schweden<br />
text & fotos<br />
BAndreas Dauerer<br />
outdoor<br />
paradies<br />
im Schärenland<br />
Wo könnte man besser eins werden mit Natur als auf dem Wasser?<br />
Eine Kajaktour ist ein Muss für jeden Västervik-Besucher.<br />
96
Wiederholt wurde Västervik zur Nummer eins der<br />
<strong>Sommer</strong>urlaubsziele in Schweden gewählt. Kajak fahren,<br />
Bouldern, Schwimmen, Saunieren, Segeln, Wandern –<br />
die Gegend ist ein Paradies für Leute, die es gerne aktiv<br />
haben. Autor Andreas Dauerer hat sich in der Schulter-<br />
saison für uns umgesehen – Eisbaden inklusive.<br />
VÄSTERVIK<br />
Langsam durchschneidet das gelbe Blatt<br />
die tiefblaue See. Wie ein Messer, das<br />
durch flüssige Butter gleitet. Erst links,<br />
dann rechts. Spiegelverkehrt und in rhthmischem<br />
Gleichmut. Mit jedem einzelnen<br />
Schnitt hüpft mein rotes Kajak einen kleinen<br />
Satz nach vorne. Beinahe lautlos. Sobald ich das<br />
Paddelblatt aus dem kalten ass ziehe, hinterlasse ich<br />
für den Moment eine Spur kleiner Strudel, und das Meer<br />
gurgelt zufrieden. Johannes ist schon ein bisschen vorausgefahren.<br />
Zwar blickt er sich immer wieder nach mir<br />
um, aber er weiß nur zu gut, dass, ähnlich wie beim<br />
Bergsteigen, auch beim Kajakfahren jeder sein eigenes<br />
Tempo paddelt. Johannes ist ein ganz interessanter Charakter.<br />
Einst war er bei der schwedischen Armee. Wenn,<br />
aus gegebenem Anlass, ein Kampfjet die südschwedische<br />
Stille durchschneidet, kann er nicht nur die Tpenbezeichnung<br />
nennen, er weiß auch direkt, dass die jetzt<br />
gerade bungsflüge machen. Bei der Armee war er auch<br />
mit dem Kajak unterwegs, das sieht man jeder seiner<br />
Bewegungen auch heute noch an. Einstudiert, geschult,<br />
schnell und überhaupt, sieht alles an diesem Modellathleten<br />
so mühelos aus. Aber bei der Armee geht es<br />
im Zweifel auch ganz anders zu, also entschied er sich,<br />
wieder in sein Västervik zurückzukehren. Mehr Zeit mit<br />
der Familie, wichtige Dinge machen. Er half bei der ntegration<br />
der Geflüchteten, die es hierher verschlagen<br />
hat. Und weil er die atur und das Draußensein so<br />
liebt, lag es nur nahe, dass er ungelenke Touristen wie<br />
mich auf eine Kajaktour durch die Schären führt. Einen<br />
halben Tag, einen Tag, aber auch Touren mit mehreren<br />
Übernachtungen im Zelt sind möglich. Zu tun hat er<br />
im <strong>Sommer</strong> genug, schließlich ist Västervik innerhalb<br />
Schwedens gleich zwei Jahre in Folge als beste <strong>Sommer</strong>destination<br />
gewählt worden. Es zieht Besucher aus<br />
der ganzen Welt an, auch wenn ich davon gerade relativ<br />
wenig sehe, bin ich doch außerhalb der Saison ins <strong>Sommer</strong>paradies<br />
gekommen. Wohl deshalb sitze ich auch in<br />
einem Trockenanzug im Kajak und bei acht Grad Wassertemperatur<br />
mag ich mir gerade nicht vorstellen, wie<br />
es wäre, wenn ich genau jetzt reinfallen würde.<br />
Beinahe mühelos gleite ich hier von Marielundsviken,<br />
etwa zehn Autominuten von Västervik entfernt,<br />
mit meinem gelben Kajak durch die See. Vorbei an vielen<br />
Felsen, die vom Meer ganz weich poliert zu sein<br />
scheinen. Die Bäume strahlen in herbstlichen Farben in<br />
der Sonne und immer wieder blicke ich auf die Stugor,<br />
die Ferienhäuschen der Schweden, die so auch direkt<br />
in Pippi Langstrumpf hätten vorkommen können. Sogar<br />
im engeren Sinne, schließlich kommt Astrid Lindgren<br />
aus Vimmerb, das gerade einmal 0 Kilometer westlich<br />
von Västervik liegt und natürlich ein Pippi-Langstrumpf-Museum<br />
besitzt, versteht sich von selbst. Für<br />
mich zählen heute aber nur das Wasser und der Schärengarten.<br />
.000 nseln gibt es hier, manche nicht mehr<br />
als ein Felsen, der aus der See heraussticht. Knapp 4.300<br />
Küstenkilometer sollen es sein, die hier zusammenkommen.<br />
Wahrlich ein Paradies für aturliebhaber, die angesichts<br />
des schwedischen Jedermannsrechts auch auf<br />
jeder Schäre ihr Zelt aufschlagen dürfen. Johannes wartet<br />
vor einer kleinen Brückendurchfahrt auf mich. Hier<br />
ist das Wasser sehr seicht. Würde ich auf Grund laufen,<br />
würde er mich natürlich rausziehen, lacht er. Aber alles<br />
geht einen entspannten Gang. ach insgesamt zwei<br />
Stunden machen wir ast. m u sind Decken ausgebreitet,<br />
der mobile Grill angeworfen und ein selbst erzeugter<br />
Apfelsaft eines Freundes von Johannes rinnt<br />
meine Kehle hinunter. Als dann auch noch Minipizzen<br />
auf dem Grill landen, muss ich schmunzeln. Schon erstaunlich,<br />
was alles in einem Kajak Platz hat und wenn<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
97
NAH | Schweden<br />
5.000 Inseln gibt<br />
es hier, manche nicht<br />
mehr als ein Felsen, der<br />
aus der See heraussticht.<br />
es dieses Mittel der Fortbewegung auf dem Wasser nicht<br />
schon gegeben hätte, dann würde ich fast vermuten, es<br />
wäre eigens für diese Schären hier erfunden worden. Zu<br />
gut passt das einfach alles zusammen. Die Pizzen sind<br />
schneller gegessen, als sie über dem Grill gegart wurden<br />
und sie schmecken, wie sollte es nach der Paddelei auch<br />
sein, hervorragend. Vor dem abschließenden Kaffee<br />
komme ich noch ein bisschen ins Schwitzen, schließlich<br />
müssen die Bohnen in Handarbeit gemahlen werden.<br />
Beinahe erschrecke ich mich, wie laut das Mahlgeräusch<br />
durch den sonst so stillen Schärengarten hallt. Aber die<br />
Mühe lohnt sich. Keine fünf Minuten später kocht die<br />
Espressokanne auf dem Grill fast über und ich freue<br />
mich, noch eine wach machende Wärme im Magen zu<br />
haben. m <strong>Sommer</strong> dürfte es einen Tick mehr Menschen<br />
geben, die sich die nseln erschließen. Oder wie hatte<br />
es gleich noch einmal Västerviks Boulder-kone Stefan<br />
asmussen mir am Vortag erzählt, als ich ihn nach einem<br />
normalen <strong>Sommer</strong>tag gefragt habe? »Wir fahren<br />
mit dem ad zum Wasser, steigen ins Kajak und legen<br />
dann auf einem der unzähligen Boulderspots auf einer<br />
nsel eine Klettereinheit ein, ehe wir dann verschwitzt<br />
ins Wasser springen.«<br />
rgendwann packen wir unsere Sachen wieder ein.<br />
So lautlos, wie wir gekommen waren, gehts auch wieder<br />
zurück. Die roten Häuschen scheinen jetzt im tief<br />
stehenden Licht noch puppenhafter zu sein, das Meer<br />
noch blauer und die Seele hüpft mit den Gedanken im<br />
Gleichschritt. Beinahe bin ich traurig, als wir wieder anlegen.<br />
Aber ich habe noch eine besondere Verabredung.<br />
»Ah, Deutschland. a, immerhin haben Sie ja noch<br />
ihre Hose anbehalten.« Mein Blick muss wohl eine gewisse<br />
rritation ausgedrückt haben, denn mit einem<br />
leichten Schulterzucken führt der junge Mann weiter<br />
aus: »a, Sie glauben ja nicht, was wir hier alles zu sehen<br />
kriegen. Viele denken bei Sauna und Badehaus,<br />
dass sie hier völlig entblättert herumlaufen können.«<br />
Der Mann strahlt – und ich tue es ihm direkt gleich.<br />
ch stehe nämlich gerade mitten im Warmbadhuset,<br />
wohlgekleidet im Bademantel nebst untergelagerter<br />
Badehose und warte auf Entspannung. Denn die wurde<br />
mir gewissermaßen versprochen, drüben, im Hotel<br />
Slottsholmen. Zugegeben, die Herrschaften dort dürften<br />
nicht ganz objektiv gewesen sein, schließlich handelt es<br />
sich bei beiden Häusern um die gleichen Eigentümer.<br />
Oder genauer: um eines der B von Abba. Und noch genauer:<br />
Björn Ulvaeus. Wer nach Västervik kommt, dürfte<br />
den amen öfter zu hören bekommen. Schließlich ist<br />
er in der ähe geboren, hat hier aber seine ersten musikalischen<br />
Gehversuche unternommen und schon mit<br />
1 Jahren und seiner ersten Band an den hiesigen <strong>Sommer</strong>konzerten<br />
teilgenommen. 01 hat er hier ein Hotel<br />
eröffnet, das Slottsholmen, geführt von seiner Tochter<br />
Anna. Der Ansatz? Modern und nachhaltig und immer<br />
mit dieser Prise schwedischen Familiensinns. So sind<br />
die Dächer mit Solarpanelen ausgerüstet, deren erzeugter<br />
Strom für das Hotel und die privaten Apartments darüber<br />
mehr als ausreichend ist. m <strong>Sommer</strong> versorgt die<br />
auch eine Entsalzungsanlage, sodass daraus Süßwasser<br />
für das Slottsholmen gewonnen werden kann. Man sei<br />
einfach offen für alles gewesen, erzählt Anna über die<br />
Mission ihres Vaters. Das zeigt sich auch bei den Mitarbeitern.<br />
0 ationen zählen die und anfangs sei es<br />
nicht leicht gewesen, alle von Västervik zu überzeugen.<br />
»Aber«, sagt Anna, »wem das nicht gefällt, der braucht<br />
auch nicht zu uns zu kommen.« Ganz einfach also. Das<br />
Hotel ist trotz ebensaison mehr als ordentlich und das<br />
estaurant so gut wie immer prall gefüllt. Mittags gibt<br />
es einen erschwinglichen Mittagstisch aus drei Gängen,<br />
wahlweise Fleisch oder Fisch und abends ein euisites<br />
Dinner la carte. berhaupt kommt auch in der Küche<br />
eine weitere Besonderheit dazu. Denn: Wer nicht<br />
aufisst, sorgt automatisch dafür, dass die Portionen<br />
kleiner werden. »Wir wiegen unsere Abfälle ab. Wenn<br />
wir merken, dass die Leute nicht aufessen, werden die<br />
Portionen einfach kleiner. Es gibt nichts Schlimmeres,<br />
als essen wegwerfen zu müssen.« Eine ziemlich einfache<br />
und wirksame Methode, wie finde ich.<br />
Aber zurück zu mir im Bademantel. eben dem<br />
Slottsholmen hat Ulvaeus auch das alte Badehaus<br />
wieder auf Vordermann gebracht. Und zwar genauso<br />
prachtvoll, wie es einst 110 mit all seinen Jugendstilanleihen<br />
schon einmal konzipiert worden ist, wobei ich<br />
hier nicht die Zwischennutzung als Bahnhof oder Bürogebäude<br />
meine. Ursprünglich war das Gebäude nämlich<br />
ein Badehaus für diejenigen, die zu Hause kein fließendes<br />
und schon gar kein warmes Wasser hatten. Herausgekommen<br />
ist ein wahres Kleinod der Entspannung.<br />
Das Herzstück ist der Pool, gut sieben Meter lang und<br />
vier Meter breit, in dem man ein bisschen schwimmen<br />
und sonst, nun ja, baden kann. Daneben gibt es noch<br />
Sauna, Dampfbad und Heißwasserbecken und im oberen<br />
Stockwerk einen Salzraum für die Lungenerholung<br />
sowie einen für Fußbäder. Selbstverständlich stehen<br />
98<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
sommer <strong>2023</strong>
Meditation auf die schwedische Art:<br />
Beim Vorbeipaddeln kommt man<br />
immer auch wieder an den Pippi-<br />
Langstrumpf-Häusern vorbei.<br />
Guide Johannes kann nicht nur die Route<br />
ganz analog erklären, er hat auch ungeahnte<br />
Grillqualitäten: Pizza und Apfelsaft bringen den<br />
Körper für die Rückfahrt in Schwung.<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
99
NAH | Schweden<br />
Ohne Björn geht<br />
(fast) nichts in<br />
Västervik: Hier<br />
begrüßt Ulvaeus<br />
die Gäste in<br />
seinem Hotel.<br />
Aber auch das alte<br />
Warmbadhuset hat<br />
er liebevoll zu einem<br />
wunderbaren modernen<br />
Badehaus restauriert.<br />
Herzstück ist –<br />
natürlich – der große<br />
Pool (oben links).<br />
100
Illustration: Agrus/Shutterstock.com<br />
diverse Liegemöglichkeiten unten wie oben zur Verfügung,<br />
um die müden Glieder und den Geist wieder ein<br />
wenig auf Vordermann zu bringen. Vortreich, so viel<br />
darf ich verraten, funktioniert das von einer Liege aus<br />
direkt vor dem Schwimmbad. Dann guckt man nämlich<br />
durch die helle, leicht halbmondartig geschwungene<br />
Fensterfront hinaus auf das Wasser und weiter hinten<br />
auf das Ufer. Entspannung für die Augen. Vorne plätschert<br />
das Wasser an die türkisfarbenen Fliesen. Eine<br />
Entspannung für den Kopf. Wer da nicht schwere Augen<br />
bekommt, der ist womöglich nicht geschaffen für diese<br />
Art von Badekultur.<br />
Apropos ichtgeschaffensein. Wer immer schon<br />
mal wissen wollte, wie es ist, den Körper länger als<br />
zwei Sekunden in eiskaltes Wasser zu tauchen, etwa<br />
eine Minute und mehr, der sollte sich mit Corinne Silfverls<br />
in Verbindung setzen. Die nämlich vollbringt<br />
Unmögliches – zumindest in meinem Fall. Die Anfang<br />
0-Jährige hat eine Life-Coaching-Ausbildung, vor allem<br />
aber hat sie die nötige uhe, die mir hier im Spabereich<br />
auf Schloss Gränsö jegliche Angst nimmt. Einatmen,<br />
Ausatmen. Daran denken, dass das kalte Wasser<br />
einem nichts anhaben kann und man den ganzen Ablauf<br />
ja schon vor dem inneren Auge durcheerzieren kann.<br />
Womöglich war der gesundheitsfördernde Aspekt aber<br />
der für mich ausschlaggebende. Fett würde schmelzen,<br />
die mmunabwehr gestärkt und so weiter. ach zehn<br />
Minuten Entspannungsübungen und unzähligem Einund<br />
Ausatmen muss ich hinein. Ein simuliertes Eisloch.<br />
eben mir schwimmen ältere Damen und gucken belustigt.<br />
ch soll ja im Tunnel sein und zwinge mich. Der<br />
erste Schritt auf der Leiter, die Fersen schreien mir entgegen,<br />
dass das Wasser keine fünf Grad hat. Eher minus<br />
zwölf. Aber es hilft nichts und ihr kennt das sicherlich<br />
auch. Blöde Blöße. Bis zum Oberschenkel geht es noch,<br />
dann kommt das Becken. ch müsse die Alarmsignale<br />
wahrnehmen, sie aber mental wegschieben, sagt Corinne.<br />
Als dann nach einer halben Minute auch die Schultern<br />
bedeckt sind, muss ich doch ein bisschen japsen.<br />
Aber ich erinnere mich. Atmen. uhig werden. Auch<br />
wenn alles in mir schreit, ich möge doch jetzt umgehend<br />
dieses Eisloch verlassen, ich könnte doch erfrieren.<br />
Dann drückt Corinne auf ihre Stoppuhr. ch reiße<br />
mich zusammen, sage meiner inneren Unruhe, sie möge<br />
doch mit jedem Atemzug einfach hinausmarschieren. Es<br />
scheint zu klappen, und überhaupt, es geht ja um meine<br />
Gesundheit.<br />
Als ich wieder aus dem Loch klettere, stehen 6<br />
Sekunden auf der Uhr. ch weiß nicht, warum Menschen<br />
das machen müssen. Aber ich kann sagen, dass<br />
das Gefühl schon ein anderes ist, als wenn man sich in<br />
der heimischen Dusche kalt abbraust. ch bin hellwach,<br />
ein bisschen fröstelnd vielleicht. Allerdings gibt es im<br />
Spa nicht nur die Eistonne, sondern auch einen Whirlpool.<br />
Vielleicht war es gar nicht so schlecht, dass hier<br />
in Gränsö mal ausprobiert zu haben. Ach ja, der Blubber-Pool<br />
hat angenehme 4 Grad. Wenn das mal nicht<br />
eine schwedische Belohnung ist.<br />
INFO www.visitsmaland.se<br />
ANREISE Bahnbegeisterte nehmen den Nachtzug<br />
von Hamburg aus in Richtung Stockholm. Der<br />
Umstieg erfolgt dann in Linköping, mit der Regionalbahn<br />
geht es weiter nach Västervik. Mit dem<br />
Flugzeug wäre Kalmar der nächstgelegene Airport.<br />
Hier unterhält die Lufthansa direkte Verbindungen<br />
aus Frankfurt a. M. Alternativ fliegt die SAS via<br />
Stockholm dorthin.<br />
ÜBERNACHTEN Im Slottsholmen schläft man<br />
quasi auf dem Wasser, direkt am Hafen von<br />
Västervik. Neben 33 Zimmern gibt es noch elf<br />
größere Suiten. Ab ca. € 190 inkl. Frühstück.<br />
www.slottsholmen.com<br />
Auch das Stadthotel ist eine gute Möglichkeit,<br />
Stadt und Gegend zu erkunden und ist mit 101<br />
Zimmern auch nicht zu groß. Ab ca. € 125 inkl.<br />
Frühstück im Doppelzimmer. www.stadshotellet.nu<br />
ESSEN & TRINKEN Die Restaurants der beiden<br />
erwähnten Hotels, Slottsholmen und Stadshotellet,<br />
bieten sowohl mittags als auch abends sehr gute<br />
regionale Küche an. Weitere gute Adressen sind<br />
das Pink Bistro, das Guldkant für den ausgiebigen<br />
Fleischgenuss und mittags sollte man unbedingt<br />
ins Kulbacken Café gehen.<br />
OUTDOOR Mit Johannes Löf von Outdoorpassion<br />
(www.myoutdoorpassion.se) geht’s mit dem Kajak<br />
hinaus aufs Wasser. Bouldern kann man bei Stefan<br />
Rasmussen und bekommt von ihm alle Tipps.<br />
www.vastervikclimbing.se)<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
101
NAH | Dolomiten<br />
B text<br />
Marie Tysiak<br />
Rauf<br />
AUF<br />
DEN<br />
BERG<br />
Zweifelsohne – die Dolomiten sind einer der<br />
beeindruckendsten Gebirgszüge der Alpen.<br />
Denn: Die bizarren Felsformationen<br />
erschaffen eine Kulisse wie aus einer anderen<br />
Welt. Wer hier wandert, Mountainbike fährt<br />
oder in den Felsen klettert, fühlt sich dabei oft<br />
ganz klein. Redakteurin Marie Tysiak hat auf<br />
dem Höhenweg 4 die italienische Bergkette<br />
einmal durchkreuzt und verrät uns ihre fünf<br />
spektakulärsten Orte in den Dolomiten.<br />
102<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>
Kaum ein Motiv aus den Dolomiten ist so bekannt wie die Felsformation<br />
der Drei Zinnen. In diesem Gebirgsmassiv ragt die sogenannte Große Zinne<br />
(2.999 Meter), umrahmt von der Westlichen Zinne (2.973 Meter) und der<br />
Kleinen Zinne (2.857 Meter), frei stehend empor und bietet das perfekte<br />
Fotomotiv. Wer mag, kann zum Beispiel von der Auronzo-Hütte (mit<br />
Parkplatz) einen tollen Rundweg um die drei Berggipfel als Tagesausflug<br />
unternehmen, Mittagspause in der Dreizinnenhütte inklusive. Kletterer<br />
können sich an einer der unzähligen Routen hinauf probieren – es gibt<br />
verschiedene Schwierigkeitsgrade.<br />
Foto: Andre Masek<br />
Aller<br />
guten Zinnen<br />
sind drei<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
103
HÜTTENZAUBER MIT HÖHENFLUG<br />
Die Fonda-Savio-Hütte liegt eindrucksvoll auf einem Bergrücken und ist vom Tal aus gut als<br />
Tagesausflug erreichbar. Hier warten nicht nur ein eiskaltes Radler und der leckerste Strudel,<br />
sondern auch allerhand Abenteuer rund um diese Hütte in den Dolomiten. Zu beiden Seiten<br />
erstrecken sich Klettersteige einfacherer Kategorien, viele Wanderwege und ein unbeschreibliches<br />
Panorama. Besonders schön ist die Wander- oder Kletterroute zum Rifugio Città di Carpi.<br />
104
NAH | Dolomiten<br />
SAUBERE SACHE:<br />
LAGO DEL SORAPIS<br />
Fotos: Marie Tysiak (2)<br />
Kein Wunder, dass sich an schönen <strong>Sommer</strong>tagen die Menschenschlangen zur Rifugio Alfonso Vandelli<br />
hinaufschieben. Denn: Nach einem kurzen und anstrengenden Anstieg wartet gleich hinter der Hütte ein<br />
See, der seinesgleichen sucht. Der Lago del Sorapis leuchtet durch die enthaltenen Mineralien tieftürkis<br />
und ist wohl der schönste See der Dolomiten. Die schroffen Gipfel auf diesem Hochplateau spiegeln<br />
sich bei gutem Wetter darin – einfach unbeschreiblich. Wer hier oben übernachtet, hat den großen<br />
Vorteil, dass zum Abend hin viele der Tagestouristen weg sind und man den Ort fast für sich allein hat.<br />
Außerdem wird in der Hütte ein deftiges Abendmenü für die Übernachtungsgäste serviert.<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> 105
NAH | Schweden<br />
Dolomiten<br />
Wer Lust auf ein wenig Zivilisation zwischendrin hat, dem sei Cortina d’Ampezzo ans Herz gelegt.<br />
Die 5.500-Seelen-Gemeinde ist als Hotspot des Wintersports bekannt. So finden hier 2026<br />
teilweise die Olympischen Winterspiele statt. Doch vor allem ist das Städtchen mondän, mit<br />
einer schicken Innenstadt, einer schönen Kirche – und auch Szenen aus den James-Bond-Filmen<br />
wurden hier gedreht. Ein paar Stunden an diesem Ort, dazu ein leckeres Eis und ein kleiner<br />
Bummel reichen vollkommen, um ein bisschen Stadtluft zu schnuppern.<br />
AUF DER SONNENSEITE –<br />
CORTINA D’AMPEZZO<br />
Um den Monte Antelao (3.264 Meter), den zweithöchsten Berg der Dolomiten,<br />
ranken sich viele Legenden. Seine Besteigung ist kein Leichtes und hat schon so<br />
manchen Bergsteiger vor Herausforderungen gestellt. Doch auch die Kulisse<br />
allein ist schon ein toller Anblick. Wer mag, kann unterhalb des Bergs, bei der<br />
Schutzhütte Galassi einen Klettersteig zu einem Gletscher nehmen!<br />
Fotos: Marie Tysiak, Da Liu/Shutterstock.com<br />
106<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
sommer <strong>2023</strong>
GLETSCHERGLÜCK<br />
BEIM MONTE ANTELAO<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
107
108
NAH | Viva Cruises<br />
text<br />
Simone Sever<br />
Das neueste Schiff der Viva-Flotte, die MS Viva Two,<br />
nahm auf ihrer Tauffahrt Anfang März <strong>2023</strong> Kurs den Rhein<br />
hinunter Richtung Nimwegen in den Niederlanden. Mit an<br />
Bord der ersten Reise des luxuriösen Flussfahrtkreuzers war<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>-Autorin Simone Sever, die schnell die<br />
Vorzüge des Schiffs sowie dieser Art des Reisens erkannte.<br />
Plötzliches Gleiten. Oder beginnen wir gleich<br />
mit einem bekannten Ausruf: Alles im<br />
Fluss. Als sich die 135 Meter lange Viva in<br />
Bewegung setzt, habe ich den Akt des Anfahrens<br />
nicht wahrgenommen. Ich denke<br />
mir nur: »Wow, der Rhein hat ja eine ganz<br />
schön rasante Fließgeschwindigkeit.« Ich werde fast<br />
seekrank beim Anblick des zügig vorbeiziehenden Wassers.<br />
Kneife ich die Augen zusammen, werden aus den<br />
cremefarbenen blökenden Schafen, die auf dem grünen<br />
Deich grasen, lang gezogene Wollfäden. So, jetzt kann<br />
es losgehen, denke ich mir. Die Welt zieht gemächlich<br />
an mir vorbei. Zeit also, meinen Nachmittagstee in den<br />
gemütlichen Samtsesseln zu genießen.<br />
Es ist meine erste Reise an Bord eines Flusskreuzers<br />
und ich erkenne schnell die Vorteile dieser Art des<br />
Reisens. Es ist wie ein langer intensiver Atemzug. Komplettes<br />
Abschalten, Zurücklehnen, ein gemächliches<br />
Gleiten entlang der Zivilisation, die uns – und insbesondere<br />
mich – doch immer wieder an meine Stressgrenzen<br />
bringt. Mich braucht gerade niemand. Also widme ich<br />
meine Aufmerksamkeit dem Luxus und dem komfortablen<br />
Service an Bord. Darauf ein Glas Sekt und ich erinnere<br />
mich an das Zitat des deutschen TV-Entertainers<br />
Harald Juhnke: »Meine Definition von Glück? Keine Termine<br />
und leicht einen sitzen.« Vielleicht kam ihm diese<br />
Idee ja bei einer Fahrt entlang eines Flusses.<br />
Meine 15 Quadratmeter große Kabine mit französischem<br />
Balkon – übrigens eine von insgesamt 95 Kabinen<br />
für bis zu 190 Passagiere – liegt auf dem Rubin-Deck<br />
gleich in der Nähe der Lobby. Wem das zu klein erscheint,<br />
der findet auf dem Diamant-Deck acht Suiten,<br />
die mit 24 Quadratmetern mehr Platz bieten. Doch<br />
sommer <strong>2023</strong><br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
109
Wenn der Fernseher nur zur<br />
Zierde an der Wand hängt,<br />
weil das vorbeiziehende<br />
Panorama viel spannender ist,<br />
dann befindet man sich auf<br />
der Viva Two.<br />
mein schwimmendes Zuhause ist perfekt für mich und<br />
hat alles, was ich für ein paar erholsame Tage benötige. Ich<br />
kann, wenn ich will, Filme auf dem Flachbildfernseher anschauen,<br />
mich an der inkludierten Minibar bedienen, mir<br />
gleich nach dem Aufstehen am Morgen einen Espresso<br />
zubereiten. Die Schränke bieten genügend Platz für meine<br />
Kleiderauswahl, das Bad mit Dusche ist geräumig und geschmackvoll.<br />
Ohnehin schmeichelt das schlichte, elegante<br />
und unaufdringliche Interieur mit leichten Grautönen und<br />
gedeckten Farben dem Auge. Die vorbeiziehende Landschaft<br />
wirkt dadurch umso farbgewaltiger.<br />
Würde das Wetter mitspielen, so läge ich sicherlich auf<br />
dem Sonnendeck, würde im Pool planschen oder ein paar<br />
Bälle auf dem Putting Green schlagen. Doch auch ohne<br />
Sonnenschein lässt sich die Zeit auf diesem nagelneuen<br />
Flusskreuzer problemlos und entspannt gestalten. Ein<br />
bisschen Shopping? Kein Problem. Etwas Fitness oder gar<br />
ein Spa-Besuch? atürlich ist auch das möglich. Und wenn<br />
sich der kleine Hunger bemerkbar macht, dann werden<br />
den Passagieren in drei Restaurants kulinarische Köstlichkeiten<br />
serviert. Im Riverside, dem Hauptrestaurant, wird<br />
der Gast zum Mittag- und Abendessen mit mehrgängigen<br />
Menüs internationaler Gourmetküche verwöhnt oder – je<br />
nachdem, wo die Reise hingeht – auch mit regionalen Gerichten.<br />
Das Spezialitätenrestaurant Moments lockt mit<br />
einem mediterranen Konzept und Signature Dishes der<br />
gehobenen Küche. Beef Tartar, Gambas al ajillo oder saftige<br />
Burger deluxe … Ich entscheide mich dennoch erst einmal<br />
für das Vivas Bistro, das sich am Heck befindet und<br />
einen einzigartigen Blick auf das Zurückliegende schenkt.<br />
Ich kann mich kaum entscheiden, so appetitanregend liest<br />
sich die Karte: Fish & Chips mit frisch gebackenem Schollenfilet<br />
in einer Lemon-Tartar-Sauce, Moules marinires<br />
oder Backfischsandwich – das Wasser im Mund hat mindestens<br />
so einen Höchststand wie der Rhein.<br />
Doch auch eine Flusskreuzfahrt hat Landprogramm.<br />
Auf dieser Tauffahrt hat die Viva Two Kurs von Düsseldorf<br />
nach Nimwegen in den Niederlanden genommen. Morgens<br />
um halb zehn wirkt die Welt in der hübschen holländischen<br />
Altstadt besinnlich. Überschaubares Treiben<br />
in den engen Straßen rund um den Marktplatz. Shopping,<br />
Hema, Coffeeshops und Kaffee. Doch statt Koffein wird<br />
es deftig alkoholisch. Harald Juhnke hätte das gefallen.<br />
Ich nehme Platz in der Brouwerij de Hemel zum Biertasting.<br />
Die Craftbiere tragen Namen wie Ewige Jugend oder<br />
Höllischer Engel. Sie schmecken mal fruchtig, mal nach<br />
Koriander oder nach Schokolade. Es ist ein Ausflug in eine<br />
mir nicht bekannte Geschmackswelt. So sollten Landgänge<br />
sein, oder?<br />
Zurück an Bord, legt das schlanke Schiff ab, ohne dass<br />
ich auch nur den Motor schnurren höre. Das gesetzte<br />
Dinner im Riverside ist so deliziös wie die Pralinen, die<br />
zum Abschluss von Ketut, dem aufmerksamen Kellner, gereicht<br />
werden. Einen Drink noch an der lebhaften Bar mit<br />
moderner Popmusik, tollen Longdrinks und Cocktails,<br />
und der Tag geht zu Ende. Das Schiff gleitet durch die<br />
Nacht und wiegt mich im unendlich bequemen Bett in einen<br />
tiefen Schlaf. Pünktlich zum Sonnenaufgang habe ich<br />
das Glück, eine Kabine auf der richtigen Seite des Schiffs<br />
zu bewohnen. Die Sonne zeigt sich rosarot, die Bäume am<br />
Uferrand sind Silhouetten im Gegenlicht. Die atur zeigt<br />
sich hier so mystisch und mucksmäuschenstill, dass ich<br />
Gänsehaut bekomme.<br />
Ich freue mich schon auf meine nächste Flussfahrt mit<br />
der Viva Two. Von Wien nach Budapest. Das wäre mein<br />
Traum. Vorbei am Wiener Riesenrad, der Donauinsel, der<br />
Karlskirche, dem Hundertwasserhaus, Schloss Schönbrunn<br />
bis nach Budapest, wo man das Parlamentsgebäude,<br />
die Fischerbastei, die Kettenbrücke und die Budaer<br />
Burg vom Fluss aus bestaunen kann. Welch wunderbare<br />
Aussichten.<br />
INFO<br />
Die Viva Two wird in Zukunft vor allem auf der Donau<br />
unterwegs sein. Ab Passau oder ab Wien bringt das<br />
Schiff seine Gäste auf fünftägigen Kurz<strong>reisen</strong> oder<br />
Sieben-Nächte-Flusskreuzfahrten zu den beeindruckendsten<br />
Orten entlang der Donau. Im <strong>Sommer</strong> und<br />
Spätsommer steht dann eine 16-tägige Reise zum<br />
Donaudelta mit einzigartigem Naturerlebnis, unberührter<br />
Wildnis und voller Artenvielfalt auf dem Programm.<br />
Zum Saisonstart 2024 kehrt die Viva Two zurück<br />
nach Düsseldorf und fährt von hier aus die beliebten<br />
Vier-Nächte-Citytrips in die Niederlande und nach<br />
Belgien. Ahoi! www.viva-cruises.com<br />
Fotos. Viva Cruises (4)<br />
110<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
sommer <strong>2023</strong>
NAH | Viva Cruises<br />
Ich freue mich schon auf meine nächste<br />
Flussfahrt mit der Viva Two. Von Wien nach<br />
Budapest. Das wäre mein Traum.<br />
Von Heck bis Bug durchgestylt:<br />
Schlicht, aber elegant ist das<br />
Interieur der Viva Two.<br />
herbst 2020<br />
111
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ller<br />
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Wir lieben Mitbringsel!<br />
Je ausgefallener, umso<br />
besser. Auch diese<br />
Souvenirs von unseren<br />
letzten Reisen um die<br />
Welt möchten wir euch<br />
nicht vorenthalten.<br />
San Diego<br />
SAN DIEGO<br />
Discokugeln kommen<br />
niemals aus<br />
der Mode. Vor allem<br />
nicht, wenn sie so<br />
charmant daherkommen<br />
wie dieser Globus<br />
aus San Diego.<br />
Die Discokugeln von<br />
Sofiest Design sind<br />
alle handgemacht und<br />
eine schöner als die<br />
andere. Um €150,<br />
sofiestdesigns.com<br />
112<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
sommer <strong>2023</strong>
LIFESTYLE<br />
SAARLAND<br />
Das Saarland hat jetzt ein Saarvenir!<br />
Eigentlich eine Skulptur. Gibt<br />
es aber auch als Konterfei. Mitgenommen<br />
in Form der hübschen<br />
Emailletasse. Da schmeckt der<br />
morgendliche Bürokaffee doch<br />
doppelt so gut. Um € 13<br />
PARIS<br />
Gönn dir was! Wer hätte nicht<br />
gerne Modeikone Karl Lagerfeld<br />
im Wohnzimmer stehen? Der »Pop<br />
Karl« stammt aus der Kollektion<br />
Karl Lagerfeld x Bosa und ist mit<br />
Farben aus 24-Karat-Gold und<br />
Platin bemalt. € 3.700<br />
AUGSBURG<br />
Auf ihre Renaissance-Gebäude<br />
sind die Augsburger mächtig<br />
stolz, zu sehen an ihrer neuen<br />
Designlinie »Renaissance – start<br />
again!« Das T-Shirt-Kleid gibt es<br />
an der Touristeninformation am<br />
Augsburger Rathausplatz. € 128<br />
LONDON<br />
Gestrickt in Schottland, aus reiner<br />
Lammwolle macht die Wärmflasche<br />
von Donna Wilson noch zu<br />
Hause gute Laune. Der Mann auf<br />
der Wärmflasche guckt aber auch<br />
immer freundlich, egal wie heiß<br />
ihm wird. Um € 70<br />
Saarland<br />
Paris<br />
Fotos: PR (3), Natalija Ribovic, Mallmo/Shutterstock.com, Sofi e Berarducci<br />
Augsburg<br />
London<br />
113
CHECK OUT<br />
IMPRESSUM<br />
WELLNESS FÜR ZWEI<br />
Das Gräflicher Park Health & Balance Resort in Bad Driburg ist ein Ort zum<br />
Erholen und Regenerieren. Bereits ein Spaziergang durch den englischen Landschaftspark,<br />
in dem das Vier-Sterne-Superior-Hotel liegt, wirkt entspannend und<br />
entschleunigend. Auch der 1.800 Quadratmeter große Garten-Spa sorgt für erholsame<br />
Momente. Gäste können im ganzjährig beheizten Außenpool die Seele<br />
baumeln lassen, in den verschiedenen Saunen und Dampfbädern entspannen<br />
und ausgewählte Beauty- und Wellnessanwendungen genießen. Das Medical<br />
Spa setzt auf ganzheitliche Gesundheit. Das hauseigene Quellwasser sowie das<br />
vor Ort gestochene Naturmoor kommen hier bei therapeutischen Anwendungen<br />
zum Einsatz. Darüber hinaus bietet das Hotel Fastenkuren nach F. X. Mayr an,<br />
die den Körper entsäuern und regenerieren. www.graeflicher-park.de<br />
Eine verdiente, erholsame Auszeit zu gewinnen: Wir verlosen zwei Übernachtungen<br />
mit Halbpension für zwei Personen im Doppelzimmer Deluxe. On top bieten<br />
wir drei entspannende Stunden im Privat Spa mit Whirlpool, Aroma-Dampfbad<br />
und Kräutersauna!<br />
Für die Teilnahme am Gewinnspiel beantwortet bitte eine Frage unter<br />
<strong>reisen</strong>exclusiv.com/gewinnspiel-graeflicher-park<br />
Einsendeschluss ist der 15.09.<strong>2023</strong>.<br />
Fotos: xxx<br />
erscheint viermal im Jahr bei der<br />
ella Verlag und Medien GmbH<br />
Headquarters Hürth 3<br />
50354 Hürth<br />
Tel.: 02233 460 15-0<br />
Fax: 02233 460 15-24<br />
info@<strong>reisen</strong>exclusiv.com<br />
www.<strong>reisen</strong>exclusiv.com<br />
Chefredakteurin<br />
Jennifer Latuperisa-Andresen<br />
Art Director<br />
Alessandro Riggio<br />
Redaktion<br />
Ulrike Herder, Marie Tysiak,<br />
Frank Störbrauck<br />
Reporter:innen dieser Ausgabe<br />
Jan Malte Andresen<br />
Harald Braun<br />
Tina Bremer<br />
Andreas Dauerer<br />
Norbert Eisle-Hein<br />
Simone Sever<br />
Anzeigenleitung<br />
Susanne Gorny, sg@ella-verlag.com<br />
Anzeigen<br />
Andrea Vogel, av@ella-verlag.com<br />
Marketing & Kooperationen<br />
Claudia Scholz, cs@ella-verlag.com<br />
Korrekturen<br />
Bärbel Philipp, textperlen.de<br />
Dokumentation Alexandra Lattek<br />
Titelbild Hudson Hintze<br />
Druck Bonifatius, Paderborn<br />
Vertrieb<br />
VU Verlagsunion KG, Hamburg<br />
114
GEHEN SIE MIT<br />
UNS AUF REISEN!<br />
<strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong> Mekong, Sri Lanka, Alaska, Kentucky, Schweden, Dolomiten, Flusskreuzfahrt, Lieblingshotels<br />
ella verlag<br />
<strong>Sommer</strong> <strong>2023</strong><br />
Deutschland € 7,90 · Schweiz SFR 13,50 · Österreich € 9,00<br />
Die<br />
Fühl<br />
Frei Dich<br />
Ausgabe<br />
SRI LANKA SCHWEDEN ALASKAS WILDNIS<br />
AUF DEM MEKONG TOLLE HOTELTIPPS DOLOMITEN WANDERN<br />
8 x <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />
zum Aktionspreis von 44 Euro<br />
(statt 63,20 Euro) plus Geschenk.<br />
✔ 30 % Rabatt<br />
✔ Geschenk nach Wahl*<br />
✔ kostenfreie Zustellung<br />
✔ jederzeit kündbar nach Ablauf<br />
der Bezugsdauer (acht Ausgaben)<br />
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oder anrufen: +49(0)2233 460 15-0<br />
*Angebot gültig innerhalb Deutschlands, solange der Vorrat reicht.<br />
<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> erscheint in der ella Verlag und Medien GmbH, Headquarters Hürth 3, 50354 Hürth.<br />
Fotos: PR<br />
Kochbuch<br />
PACIFIC FOOD<br />
Die passionierte Köchin<br />
Heidi Köster hat in die<br />
Töpfe dieser Welt<br />
geschaut und über<br />
100 Rezepte mitgebracht –<br />
rund um den Pazifik, von<br />
Hongkong bis Ecuador,<br />
von Yap bis L.A.<br />
336 Seiten, Gräfe<br />
und Unzer Verlag<br />
Kochbuch<br />
SKANDINAVIEN<br />
Eine nicht nur kulinarische<br />
Reise zu den nordischen<br />
Regionen Island,<br />
Dänemark, Schweden,<br />
Finnland und Norwegen.<br />
208 Seiten, Gräfe und<br />
Unzer Verlag
Deine<br />
Traumreise<br />
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twa 250 Hotels besuchen wir in einem Jahr. Die besten haben wir für dieses Buch<br />
sammengestellt. Denn ein richtig gutes Hotel ist das A und O eines gelungenen<br />
rlaubs oder Städtetrips. Stimmt etwas mit dem Hotel nicht, wird die schönste Zeit<br />
es Jahres sabotiert. Ist das Haus aber ein Wohlfühlort, stellt sich Entspannung praksch<br />
von alleine ein.<br />
ie Redakteur*innen von <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>, dem führenden Travel-Magazin für<br />
eise und Lifestyle, erkunden die Welt der Hotellerie und lassen euch wissen, wo es<br />
ch lohnt, einzuchecken. Damit ihr in den schönsten Nächten des Jahres auch richtig<br />
egt: unsere Lieblingshotels.<br />
it vielen Bildern und klar gegliedert: Wie ist der Wellnessfaktor? Ist das Hotel gut<br />
rs Bauchgefühl? Wer wohnt hier? Gut geschlafen? Und immer: drei gute Gründe,<br />
ort zu buchen.<br />
LIEBLINGSHOTELS DIE SCHÖNSTEN HOTELS DER WELT Band 1<br />
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DIE SCHÖNSTEN<br />
HOTELS DER WELT<br />
ISBN: 978-3-9824822-0-0<br />
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