Oktober 2019 - coolibri Oberhausen, Duisburg, Mülheim
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KINO<br />
Parasite |Start:17.10.<br />
Böse Delikatesse<br />
Mit„Parasite“liefert dersüdkoreanischeRegisseur Bong Joon-ho nach<br />
demdystopischenKultstreifen „Snowpiercer“und demÖko-Fantasy-Märchen<br />
„Okja“ einenneuen Anwärterauf denTitel „abgedrehtesterLieblingsfilm“.<br />
EinKlassendramazum Fürchten, Lachen undBewundern.<br />
Fotos (2): Koch Films<br />
DieverarmteFamilieKim haustineiner Kellerwohnung,hältsichmit Gelegenheitsjobs<br />
über Wasser undgeiertnachdem WLAN derNachbarn. Bis<br />
Sohn Ki-Woodie Anstellungbei einerreichen Familiezufällt–und er nach<br />
undnachseine Sippschaftinden Angestelltenstamm derwohlsituierten<br />
Parks einschleust. „Parasite“ basiertauf keinem unbekanntenTopos, Geschichtenvon<br />
Armund Reichsindsoalt wiedie Menschheit. Es istFilmemacherBongJoon-ho<br />
zu verdanken,dassaus dieser hier einsofurioses<br />
Erlebnis wird. Jenerist nämlich auch fürdas beeindruckendstarkeDrehbuch<br />
verantwortlich,das sich stets<br />
stimmigweiterentwickeltund selbst<br />
diewahnwitzigsten Entgleisungen<br />
derGeschichteals einzig logische<br />
Konsequenz auftischt. Alle Einzelteile,die<br />
derFilm zusammenwirft,fließeninHarmonie<br />
miteinanderund<br />
ergebeneineder stärkstenErzählungen,<br />
dieesimaktuellen Kinojahr<br />
aufdie Leinwandgeschafft haben.<br />
Und noch mehr:„Parasite“steckt<br />
voller Ebenen.Hundselende Tragik stehtneben knochentrocken serviertemund<br />
tiefschwarzemHumor,beißenderKommentar reicht spannungsgelanderUnterhaltungdie<br />
Hände.Aberamwichtigsten: Ohne vorgehaltene<br />
Hand inszeniert derFilm einSozialdrama,das nichtanklagend mitdem<br />
Finger aufReicheoderArmezeigt, sondernbeideSeitenals Spielfiguren<br />
einesSystems zeigt, dassie nichterfundenhaben unddem sienicht entfliehen<br />
können. Bitterböse bohrtBongJoon-ho damitseinenZeigefinger<br />
in denwahrenBösewicht dieser Geschichte:den Kapitalismus.Was nicht<br />
heißt, dass er mitSpitzen gegenseine Charakterespart...<br />
Und weil’snicht genugist,sahnehaubenkrönt Bong Joon-hodas Spektakel<br />
noch miteinem ästhetisch lupenreinen Look.Epischwäre dasrichtige<br />
Wort.Prachtvoll etwa dieWeitaufnahmenindie Wirreneiner südkoreanischenMetropole,die<br />
beinah unwirklich in ihrerrohen Schönheit wirken.<br />
Wunderbar perfidegestrickt,fantastisch abgestimmt in jederNuanceund<br />
in allen 132Minuten köchelnd vorSpannung: „Parasite“ isteinevorzüglich<br />
böse Delikatesseder Filmkunst.<br />
R: Bong Joon-ho;D:ChoiWoo-sik,Cho Yeo-jeong,Song Kang-Ho<br />
Skin|Start: 3.10.<br />
Foto: ©Ascot Elite Entertainment /24 Bilder<br />
Zwischen unsdie Mauer|Start:3.10.<br />
Foto: KevinLeeFilm<br />
Hass unter der Haut<br />
Nazi-Tattoo-Entfernung gegenInsiderwissenüberdas WhitePowerMovement<br />
–soder Deal,den ByronWidnermit demFBI eingeht, um aus seinembrutalenLeben<br />
in derrechtenSzene zu fliehen. Aufdieserwahren<br />
Geschichte basiert„Skin“.Der Film erforschteindringlich dieStrukturen<br />
solcherKreise, ihre sektiösenMethodenund gewaltbasierendenMaxime,<br />
wiesie Wikingermythologie,Rassenhassund Männlichkeitsgebärdungen<br />
vermengen,umihreIdeologieauszusäen.Obwohl„Skin“vor allem dank<br />
starker Darsteller emotionaldurchauseinschlägt,brodelt dieFrage auf, ob<br />
manWidners Geschichte nichtetwas unkonventioneller hätte aufarbeiten<br />
können.Dennoch ist„Skin“ einwichtiger Film mitwichtigen Einblicken –<br />
vorallem,wenndurch unsere Nachbarschaftenimmer noch Nazis mitFackelnziehenund<br />
ihre indoktriniertenParolen grölen.<br />
R: GuyNattiv; D: Jamie Bell,DanielleMacdonald,VeraFarmiga<br />
30<br />
Liebe hinter Mauern<br />
1986:Die 16-jährige Anna schließtsicheiner Jugendgruppe an,umBerlin<br />
zu erkunden.BeimAusfluginden Ostenlernt sieden dortlebendenPhilippkennen–undverliebtsich.<br />
In einemgetrenntenDeutschland sind die<br />
Konflikte einerjungenLiebe zwischen Stasi, Grenzübergang undSperrstunde<br />
vorprogrammiert. DieAdaption desautobiografischenRomans<br />
„Zwischenuns dieMauer“bietet30Jahre nach Mauerfall gerade für ein<br />
junges Publikum eindrucksvolle Einblickeindas beklemmendeLeben<br />
kurz vorder Wende –und wasesheißt,ineinem unfairenStaat zu leben,<br />
vondenen es auch heute noch genuggibt. ManchesMal drohtder Film in<br />
Schmalzumzukippen, zumGlückbewahrendie zwei Hauptdarsteller mit<br />
authentischer, ungekünstelterAusstrahlungdavor.Das unbeholfeneeiner<br />
ersten Liebespielen diegenauso „urst“ wiedie Tragik ihresSchicksals.<br />
R: NorbertLechner; D: LeaFreund, TimBülow,FranziskaWeisz