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Oktober 2019 - coolibri Oberhausen, Duisburg, Mülheim

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BLICKPUNKT<br />

NiMa Lindnerlebtseit<br />

elfJahreninEssen,<br />

macht seit mehr als20<br />

JahrenMusik und thematisiertindieseroft<br />

ihre Erfahrungenals lesbische<br />

Frau.Aktuell arbeitet<br />

sieanihrem zweitenAlbum,das<br />

schon<br />

Anfang2020erscheinen<br />

soll.<br />

In demSong„Fightfor“<br />

NiMa Lindneraus Essen<br />

singstdu: „I fightfor<br />

myself“. Wofürkämpfst du?<br />

Manhörtzum ThemaHomosexualität oft, dass es ‚jaüberhauptkeinProblemmehrist’.<br />

Istesaberdoch. Auch mein Outing war schwierig. Ichhatte<br />

damals keinen Rückhaltvon FamilieoderUmfeld.Diskriminierungund AblehnungresultiertenspäterinDepressionen.<br />

In meiner Musik verarbeite<br />

ichviele solcherThemen–damitmöchteich auch anderenMut machen,<br />

für sich einzustehen. Heutekann ichauf derBühne stehen undstolz sagen,<br />

dass icheinelesbische Frau binund ja,auch Depressionen hatte.<br />

„Für mich istesdas<br />

größte Geschenk,<br />

dassanderequeere<br />

Menschen sich<br />

durch meine Musik<br />

aufgefangen<br />

fühlen.“<br />

Isteswichtig,sichals queereMusikerin aufder Bühnezuzeigen?<br />

Nurein Beispiel:Nacheinem Konzertkam eine Zuhörerin aufmichzuund<br />

erzähltemir,dassmeine Musikihr dieKraft gegeben hat, ihrComing-out<br />

zu verpacken. Wenn ichauf derBühnestehe undmichals lesbischeMusikerin<br />

sichtbar mache,kann dasanderen MenschenMut machen. Siesehen,<br />

dass mitihnen nichts verkehrt ist. Fürmichist es dasgrößteGeschenk,<br />

dass andere queereMenschensichdurch<br />

meineMusik aufgefangenfühlen.<br />

Gabesauchschon malnegativeReaktionen?<br />

Ichwurde schon öfter vonTypen angeschrieben<br />

oder angesprochen,denen es garnicht um meine<br />

Musikging, sonderndarum,dassich ‚eineLesbe‘<br />

bin. DienegativeReduzierung aufmeine sexuelle<br />

Orientierung verärgert mich manchmal sehr,vor<br />

allem,wennman sich argbelästigt fühlt.Versteckenwerde ichmichdeswegenabernicht.<br />

Wirdman alslesbische Musikerin schnellauf einStereotyp reduziert?<br />

DieErfahrung habeich so nichtgemacht.Ich habedas Gefühl, meineZuhörererkennenmichals<br />

Ganzes.Klar, diesexuelleIdentität istein Teil davon,<br />

aber als Menschist manjanochsovielmehr.<br />

DasThema sexuelle Identität stehtbei queeren Musikern, anders alsbei<br />

jeder Hetero-Band, ja immerirgendwieimVordergrund...<br />

Das zeigt: Es istimmer noch einDing. Es wird immer wieder betont und<br />

genannt, weil es eben nichtals ‚normal‘ gesehenwird. Andererseits finde<br />

ichesaberauch wichtig, dass meineZuhörerdas wissen. Denn so können<br />

siesichverbundenfühlen, sich identifizieren.Ich denke, je mehr Sichtbarkeit<br />

es für homosexuelleMusiker gibt, destomehrkommt dasThema in<br />

derGesellschaftan. Es istwichtig, möglichst vieleBerührungspunktezu<br />

schaffen.Außerdem: DieEmotionen,die in meinen Songsmitschwingen,<br />

können allewahrnehmen.Mir sagteauch maljemand, er hätte garnicht<br />

gewusst, wieschwierig manche Situationenfür Homosexuelle sind,er<br />

sich nieGedanken darüber gemacht habe. Durch meineMusik hatereine<br />

ganz neue Sichtweiseauf queere Themen bekommen.<br />

NiMa Lindnerlive: 12.10.,Jugendzentrum Südpol,Recklinghausen<br />

6<br />

Foto: ©RLIllustration<br />

AmyConleygriff 2009<br />

daserste Malzur Gitarre<br />

und gründete 2014 ihre<br />

ersteBand. MitEleveta<br />

spieltsie auch heute<br />

noch Alternative-Pop-<br />

Punk.Musik,sodie Düsseldorferin,<br />

warihre<br />

größte Bewältigungsmethode<br />

in schwierigen<br />

Zeiten.<br />

Du hast voreinem Jahr<br />

AmyConleyaus Düsseldorf<br />

deinen Wegbeschritten,<br />

alsFrauzuleben –was hatdir denAnstoßdazugegeben?<br />

Ichhabemichnie wohl gefühltmit mir selber undhabemichzuder Zeit<br />

dann auch sehr gehenlassenund mich depressivgefühlt. Ichdachte:<br />

Wenn ichnicht so lebenkann,wie ichwill,ist auch alles egal.Mit 23 hat<br />

sich dann einGedankekristallisiert:MeinLeben mussjetzt passieren<br />

oder nie. DieEntscheidungzum Coming-outhat sich fürmichwie einLottospiel<br />

angefühlt. Es hätte alles passierenkönnen, ichkonntemir dieAuswirkungennicht<br />

ausmalen.Aber: Es verlief überraschend alles gut.Ich habe<br />

niemandenaus meinem sozialen Umfeld verloren,für meineBandwar<br />

es letztlicheineSelbstverständlichkeit,michzuunterstützen.<br />

HatMusik dirbei diesem ganzen Prozessgeholfen?<br />

DieBandwar diegrößteBewältigungsmethode, um mich kreativauszulassen<br />

undsoAblenkung vondem Geheimnis zu kriegen,dassich mitmir<br />

herumtrug. Wenn ichauf einige derTexte zurückschaue,die ichdamals<br />

geschriebenhabe, sehe ich, dass ichdamitsehrvielverarbeitethabe.<br />

Behandelt ihrdas ThemasexuelleIdentität in eurerMusik?<br />

Nichtexplizit. UnserBandlookist eher aus Versehen in Transfarben.Die<br />

Idee gabesschon vormeinemOuting, wir wolltenhaltwas Ungewöhnliches.Eswar<br />

erst einWitz, aber ja,jetzt passtes. UndnegativeReaktionen<br />

gabesnicht –unsereZuhörersinddamit unsauf einerWellenlänge.<br />

Findest du’s wichtig, sich alsqueerauf derBühnezuerkennenzugeben?<br />

Schwierige Frage. Ichdenke,jeder soll dasfür sich selber machen. Ichwill<br />

mich nichtverstecken, aber ichstehe auch nichtauf derBühneund schrei<br />

heraus ‚Schau mich an,ich binTrans‘. Wiesoauch?<br />

Soll manstolz sein aufetwas,das mein einfachist?<br />

Gibt es Musiker,andenen du dich orientiert hast?<br />

LauraJaneGrace vonAgainst Me!Als siesichoutete,dachteich:Wennsie<br />

es kann,kann ichesauch.<br />

Es hatmir auch zumerstenMal gezeigt, dass man<br />

„Warumist es<br />

wichtig,dass<br />

ich‚Trans‘ bin?<br />

Ich bineinfach<br />

eine Frau.“<br />

nichtdiesesStereotyp sein muss, dass manimKopfhat unddas ichnie<br />

sein wollte. DieWahrheitist:Man kann einfachsein, werman ist.<br />

DieHeterosexualität einerBandwirdnie erwähnt, sobaldesumHomooder<br />

Transsexualität geht,steht dieses Themaoft im Vordergrund...<br />

Es istso: Ichbin Musikerin,Produzentin, Mediengestalterin,Cutterin.Ich<br />

will nichtimmer als Transfraubezeichnetwerden. Warumist es wichtig,<br />

dass ich‚Trans‘ bin? Ichbin einfacheineFrau. Wenn es um dieses Thema<br />

geht, werden oftsehrpersönliche Dinge gefragtund wieselbstverständlich<br />

Grenzen überschritten, diebei jedemanderen Menschengewahrt<br />

würden. Ichhoffe,dassirgendwann dasThema ‚Geschlecht‘ nichtmehrso<br />

verbohrt im Fokussteht,dasswir nichtmehrKindern Farben undSpielzeugeund<br />

später Berufe undRollenzuweisen. Jedersolltun dürfen,was<br />

für ihnrichtig undgut ist–ohne dafür in Schwierigkeitenzukommen.<br />

Foto: Eleveta

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