Oktober 2019 - coolibri Oberhausen, Duisburg, Mülheim
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INTERVIEW<br />
<strong>coolibri</strong>präsentiert<br />
„Innovation.<br />
Experiment.<br />
Und –Neuland“<br />
Die Reihe „Neuland“ soll frischen Windinden Konzertalltag bringen. Raphaelvon Hoensbroech,<br />
Intendantund Geschäftsführer, desKonzerthausesDortmund erklärte Irmine Estermann, warum<br />
es nötig ist,aus Gewohnheiten auszubrechen und sich auf neueFormate einzulassen.<br />
D O R T M U N D<br />
Raphael vonHoensbroech istseiteinem Jahr In<br />
Siesindseiteinem Jahr in Dortmund. Wiehaben Siesicheingelebt?<br />
Super. Es dauert ja immer, sich in einerneuenStadt einzuleben,aberDortmund<br />
hatesmir sehr einfachgemacht.Eigentlich so einfachwie keine andere<br />
Stadt, in derich mich einleben durfte. Dasliegt an denMenschen, die<br />
unglaublichoffen,humorvoll undwarmherzigsind.<br />
HatsichinIhrem ersten Jahr alsIntendant undGeschäftsführer IhrBlick<br />
aufdas KonzerthausDortmundgewandelt?<br />
Nein. DasKonzerthaus isteines,das ichschon seit vielen Jahrenbeobachte.<br />
Wenn Siemir eine Karteder deutschsprachigenLändergeben und<br />
fragen würden,welches Konzerthaus ichgerne führenwürde,würde ich<br />
dieNadel aufDortmundsetzen.MeinBlick hatsichnicht<br />
gewandelt, sondernehergeschärft.Die Künstler,die hier<br />
spielen,spielenauf derganzenWelt. Dass siemit einer<br />
solchenBegeisterung hierherkommen, daswussteich<br />
tatsächlich nicht. DieKünstlerliebendas Haus.<br />
Wasbegeistert Sie–und offenbarauchdie Künstler –andem Haus?<br />
Ichfinde,diesesHaus hatmit seiner Größe undmit demStandort Dortmund<br />
einsehrungewöhnlichesPotenzial.Sie müssen hier nichtdas WienerPublikum<br />
bedienen,das spezielleVorstellungendavon hat, wieder<br />
Wiener Musikvereinzuseinhat.Man kann experimentieren undgleichzeitigkommenauf<br />
GrunddieserunglaublichenAkustik diebestenKünstler<br />
derWelt. Siewollenkommen. Das heißt, denenkann ichvorschlagen in eine<br />
Richtung zu experimentieren.<br />
BeschreibenSie die neue Konzertreihe in drei Worten.<br />
Innovation.Experiment. Und –Neuland.Deswegenhaben wir siejasogenannt.<br />
WirbraucheneineKonzertreihe, diebewusstmit<br />
demFormat Konzertspielt–inVerbindungmit<br />
neuenTechnologien undallem,<br />
wasder Konzertbetrieb zu bietenhat.Erstseit<br />
den1870er-Jahrenhaben wir dasklassische<br />
Konzertformat –alsoOuvertüre,Solistenkonzert,Pause,Symphonieals<br />
Block, zwischen<br />
denSätzenwirdnicht applaudiert,Dauer:rund<br />
zwei Stunden. Wirsindheute in derGewohnheit<br />
verhaftet, es könne nurgenauso sein undes<br />
sprichtjaauch viel dafür.Ich liebees, mich zwei<br />
4<br />
„Esist keineReihe<br />
fürSpezialisten.“<br />
Erster Neuland-Künstler: PekkaKuusistoam19.11.<br />
Stundenauf dieMusik konzentrierenzukönnen. Vor1870war dasKonzert<br />
aber alles Mögliche. Mangingraus,man aß,man applaudiertezwischenden<br />
Sätzen.Wir müssenschauen,dasswir in unsererBranche<br />
nichtmusealwerdenund aufhören, dasaktuelleKonzept zu hinterfragen.<br />
Wielange wird das aktuelle Konzeptnochfunktionieren?<br />
IchhabekeinenZweifel daran, dass dasKonzept „Konzerthaus“langfristig<br />
funktioniert.Wir haben steigende Besucherzahlen undüberall in Deutschland<br />
entstehenneue Konzertsäle. Wirerleben einwiederaufflammendes<br />
InteresseanLive-Erlebnissen.Inder jetzigen Zeit,inder wir immer mehr<br />
in virtuellen Welten unterwegssind, istdie Berührungmit einemKünstler<br />
im Saal wiedergefragt.Und derletztePunkt:Die klassische<br />
Musikkommt wieder in dieOhrender Menschen.Vor<br />
30 Jahren mussten Siesichgezielt eine CD mitklassischerMusik<br />
kaufen.Heute sind SieinPlaylists unterwegs.Viele<br />
davonwie „Musik zumDinner“beinhaltenvölligselbstverständlichklassischeMusik,nur<br />
dass dieKonsumenten oftnicht wissen,<br />
wassie da hören. Es isteineandereHerangehensweise, aber dieAkzeptanz<br />
vonklassischerMusik steigt. Dieneue Reiheist auch nichtAbwehr<br />
gegendas Konzeptsondern Investitioninneue Möglichkeiten.<br />
Wiegut passtPekka Kuusisto,der ersteNeuland-Künstler, in dieseUmbruch-Denke?<br />
Pekkaist einfachein abgefahrenerTyp,der nichtdem klassischenStar-<br />
Geiger entspricht.Erist einer, dersichmit demKonzertbetriebauseinandersetzt.Erkommt<br />
mitder Academy desMahler Chamber Orchestra: hälftigdie<br />
Stammbesetzungund hälftig Jungprofis.Sie werden wenigerdas<br />
Verhältnis Publikum-Orchesteraufbrechen–dashaben wir in späteren<br />
Konzerten–als eher dasVerhältnis Solist-Orchester.<br />
Eigentlich einEinsteigerschrittindie<br />
Reihe.<br />
Foto: Felix Broede<br />
Wen wollen Siemit Neulanderreichen?<br />
Es istkeine Reihefür Spezialisten. Neulandbietetdie<br />
Chance, sich in einemungezwungenen<br />
Rahmen mitklassischer Musikzubeschäftigen.<br />
Wir wollen Reibungspunkte bieten,woraus<br />
etwasGroßartiges entstehenkann. Undich<br />
möchtejeden einladen –und zwar wirklich je-