faktor Herbst 2019
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15. Jahrgang <strong>Herbst</strong> <strong>2019</strong> 8 Euro<br />
› MEHR ALS EIN MAGAZIN<br />
› DAS ENTSCHEIDER-MAGAZIN FÜR DIE REGION GÖTTINGEN<br />
erfolgsgeschichte Fünf Jahre nach ihrem Tod ist das Werk der Fotojournalistin Anja Niedringhaus lebendiger als je zuvor 118
Digitale Finanz- und<br />
Lohnbuchführung<br />
Roland Haever<br />
Dario Sauermann<br />
Sven Bergmann<br />
Digital ist smarter<br />
Die Welt wird moderner und schneller – und Ihre Finanz- und Lohnbuchführung<br />
einfacher: durch Digitalisierung. Wir implementieren für Sie<br />
Schnittstellen und Prozesse, um Ihr Unternehmen zukunftssicher in die digitale<br />
Steuerwelt zu führen – und alle Vorteile des elektronischen Datenaustauschs<br />
für Sie nutzbar zu machen. Als vernetzter Steuerberater ist Quattek &<br />
Partner anschließend nur einen Klick entfernt.<br />
In einem revisionssicheren digitalen Archiv stehen Ihnen sämtliche Belege<br />
ständig zur Verfügung (und lassen sich per Volltextsuche sofort finden). Betriebswirtschaftliche<br />
Auswertungen können tagesaktuell erstellt und online eingesehen<br />
werden. Die Erfassung von Personalstamm- und Bewegungsdaten<br />
erlaubt automatisierte Lohn- und Gehaltsabrechnungen. Und das Zahlungsund<br />
Forderungsmanagement können Sie elektronisch an uns auslagern.<br />
Buchführung digital: aktueller, effizienter, günstiger<br />
Jürgen Hollstein Dipl.-Kfm.<br />
Steuerberater<br />
Roland Haever Dipl.-Kfm.<br />
Wirtschaftsprüfer · Steuerberater<br />
Fritz Güntzler Dipl.-Kfm.<br />
Wirtschaftsprüfer · Steuerberater<br />
Johann-Karl Vietor Dipl.-Kfm.<br />
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Thorsten Kumpe Dipl.-Kfm.<br />
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Miriam Engel Dipl.-Kffr.<br />
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Rechtsanwalt<br />
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editorial<br />
Alles<br />
Gute<br />
für die neue<br />
Saison!<br />
FOTO COVER: © PICTURE ALLIANCE / ASSOCIATED PRESS<br />
Zwischen den Welten – ein Gefühl, das sicher viele schon<br />
einmal erlebt haben, den Moment, wenn Extreme aufeinanderprallen.<br />
Wobei die meisten von uns wohl kaum behaupten würden, dass dies<br />
ein Gefühl ist, das unser Leben bestimmt. Anders geht es da gleich<br />
mehreren Menschen, die wir Ihnen in dieser Ausgabe präsentieren.<br />
Zuvorderst unsere Frau auf dem Cover: Die Fotojournalistin Anja<br />
Niedringhaus erlebte immer wieder aufs Neue die Schrecken des Krieges<br />
aus nächster Nähe – bis ihre selbst auferlegte Mission »Wenn ich es nicht<br />
fotografiere, wird es nicht bekannt« ihr schlussendlich zum Verhängnis<br />
wurde. Vor fünf Jahren kam sie bei einem Einsatz in Afghanistan ums<br />
Leben. Wir besuchen ihre Schwester Gide auf ihrem idyllischen Hof<br />
in Kaufungen – dem Ort, der für die Fotografin einst den so wichtigen<br />
Ausgleich bedeutete. Und wir zeigen, wie nachhaltig ihr Werk bis heute<br />
wirkt: durch Ausstellungen, einen Fotopreis und ein Doku-Drama<br />
im ZDF.<br />
In Lebensgefahr sah sich auch Marc Wallert. Im Jahr 2000 wurde er<br />
gemeinsam mit seinen Eltern entführt und über Monate im philippinischen<br />
Dschungel als Geisel gefangen gehalten. Heute berichtet er als Speaker,<br />
warum dies für ihn dennoch kein Schicksalsschlag war und wie wir die<br />
Krise als Chance begreifen können – im Übrigen spricht er persönlich auf<br />
unserer nächsten <strong>faktor</strong>-Business-Lounge am 14. November (siehe Seite 18).<br />
Doch es gibt auch eine andere Art von Extremen, die das Leben prägen<br />
können: die mit einem wahrlich märchenhaften Ende. Die Göttingerin<br />
Erzsébet Wagner wuchs auf einem kleinen Bauernhof in Ungarn in einfachen<br />
Verhältnissen auf. Heute erobert sie als Inhaberin eines Luxustaschen labels<br />
die großen Modemetropolen der Welt und lebt damit ihren Traum.<br />
Apropos. Mehr über ihre Designertaschen gibt es übrigens auch in<br />
der ersten Ausgabe unseres neuesten Magazins zu lesen. Wir präsentieren<br />
voller Stolz: den <strong>faktor</strong>-Stil! Schreiben Sie mir gern eine Mail, wie<br />
Ihnen die Premiere gefällt. Nun wünsche ich Ihnen bei der Lektüre<br />
viel Vergnügen und einen wunderbaren <strong>Herbst</strong>.<br />
Ihre Elena Schrader<br />
Chefredakteurin<br />
schrader@<strong>faktor</strong>-magazin.de<br />
Wir haben alles für den<br />
Veilchen-Arbeitsplatz!<br />
Neu: Auch die Original Fan-Artikel.<br />
So arbeitet<br />
der echte<br />
BG Fan!<br />
50 PARKPLÄTZE VOR DER TÜR / 17.000 BÜRO-<br />
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3 |<strong>2019</strong> 3
inhalt<br />
service<br />
3 Editorial<br />
6 Momentaufnahmen<br />
12 31. <strong>faktor</strong>-Business-Lounge<br />
14 Aktuelles<br />
145 Impressum<br />
unternehmen<br />
20 Den Mut haben, etwas<br />
nicht zu tun<br />
100 Jahre Piller in Osterode<br />
34 Anders weiter machen<br />
Sycor-Geschäftsführer Ronald Geiger<br />
im Exklusiv-Interview<br />
42 Der Ess-Löffel<br />
Gute Gründer von Kulero im<br />
Kampf gegen Plastikmüll<br />
48 Auf Flughöhe bleiben<br />
Exzellente Auszeichnungen für<br />
Thomas Lucas-Nülle und sein<br />
Xtentio-Team<br />
54 Heimwerken im digitalen Zeitalter<br />
Kurts Toolbox – die weltweit erste<br />
Toolsharing-Plattform in Einbeck<br />
wissen<br />
60 Wie ein Mückenstich<br />
Sascha Riedeberger begleitet<br />
Unternehmer in die digitale Zukunft<br />
62 Gutes Klima schaffen<br />
Zehn Jahre Energieagentur<br />
Göttingen<br />
72 Blühende Landschaften<br />
Wirtschaftsregion Eichsfeld im Fokus<br />
78 „Göttingen ist unser Oberzentrum“<br />
Zwei Eichsfelder im Interview<br />
mensch<br />
84 Raus aus der Vorurteilsfalle<br />
Menschen mit Behinderungen<br />
kommen in Unternehmen gut an<br />
96 Wie im Märchen<br />
Erzsébet I. Wagner hat mit ihrem<br />
Luxustaschenlabel einen Traum<br />
verwirklicht<br />
104 Greifbare Ergebnisse<br />
MPI-Direktor Christian Griesinger<br />
forscht für eine gesündere Zukunft<br />
108 Mehr als ein Stehaufmännchen<br />
Entführungsopfer Marc Wallert<br />
begreift die Krise als Chance<br />
leben<br />
118 Zwischen den Welten<br />
Fotografin Anja Niedringhaus wird<br />
fünf Jahre nach ihrem Tod geehrt<br />
136 Im Schatten der Grenze<br />
Ein Besuch im Grenzlandmuseum<br />
Eichsfeld<br />
146 Wissensbisse<br />
New Work – Folge 1: Scrum<br />
gezeichnet von Tanja Wehr<br />
34 Anders weiter machen<br />
Neue Spitze bei Sycor. Geschäftsführer<br />
Ronald Geiger spricht über den<br />
Konflikt mit Konkurrent Arineo und<br />
seine Pläne für die Zukunft.<br />
108 Die Krise als Chance<br />
20 Jahre später. Über Monate wurde<br />
Marc Wallert im philippinischen<br />
Dschungel als Geisel gefangen gehalten.<br />
Heute berichtet er als Speaker, warum<br />
dies für ihn kein Schicksalsschlag war.<br />
4 3 |<strong>2019</strong>
96 Erzsébet I. Wagner ist angekommen – in Göttingen und der Modewelt<br />
„Ich entscheide selbst. Ich bin Frau genug. Dafür steht<br />
unter anderem auch meine Marke.“<br />
FOTOS: ALCIRO THEODORO DA SILVA & STEPHANIE WOLFF PHOTOGRAPHY<br />
104 Christian Griesinger erzielt greifbare Ergebnisse<br />
Preiswürdig. MPI-Direktor Christian Griesinger forscht daran, einige unserer<br />
schwerwiegendsten Zivilisationskrankheiten zu bekämpfen, und wurde für seine<br />
bahnbrechenden Erkenntnisse bereits mehrfach ausgezeichnet.<br />
118 Fotografin Anja Niedringhaus<br />
„Wenn ich das normale<br />
Leben in Kaufungen nicht<br />
kennen würde,<br />
würde ich den Krieg als<br />
normal empfinden.“<br />
3 |<strong>2019</strong> 5
momentaufnahmen<br />
Momentaufnahmen<br />
<strong>faktor</strong> lässt besondere Ereignisse in der Region mit ausgewählten Impressionen Revue passieren.<br />
FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
6 3 |<strong>2019</strong>
momentaufnahmen<br />
Zeitreise durch die Region<br />
Von Göttingen über die Weser zum Schloss Berlepsch und einmal quer durchs Eichsfeld –<br />
das war die Strecke der diesjährigen Gutingi classics Young- & Oldtimer-Rallye,<br />
die Mitte August bereits zum dritten Mal von den Organisatoren Autohaus Peter,<br />
Dino Gewerbepartner, AP Car Design und der Steuerberatungsgesellschaft<br />
Quattek & Partner initiiert wurde. 35 Teams traten die 186 Kilometer lange Reise an.<br />
Auf sie warteten entlang der schönen Land straßen Südniedersachsens immer wieder<br />
kurze Boxenstopps mit verschiedenen Auf gaben, die es zu bewältigen galt.<br />
3 |<strong>2019</strong> 7
momentaufnahmen<br />
Der Glöckner von Gandersheim<br />
Die 61. Gandersheimer Domfestspiele feierten in diesem Jahr mit<br />
mehr als 60.000 Besuchern die erfolgreichste Spielzeit seit 2001. Dazu<br />
trug auch ,Der Glöckner von Notre Dame‘ bei, das Schauspiel nach dem<br />
Roman von Victor Hugo. 13 Mal verwandelte sich Schauspieler<br />
Hermann Bedke in den Glöckner. Vor jeder Vorstellung musste er gut<br />
eine Stunde lang in der Maske sitzen und wurde durch die Kunst<br />
der Maskenbildnerinnen Karina Brachner, Karina Kurek und Anja Reinke<br />
mit verschiedenen Silikonstücken im Gesicht und einer Perücke zum<br />
Glöckner von Gandersheim.<br />
8 3 |<strong>2019</strong>
momentaufnahmen<br />
3 |<strong>2019</strong> 9
momentaufnahmen<br />
10 3 |<strong>2019</strong>
momentaufnahmen<br />
Grenzenlose Begeisterung<br />
Deutschlands einziges Etappenrennen der Männer-Elite im Radrennsport, die Deutschland Tour, führte<br />
Ende August erstmals quer durch Göttingen und zog die Radsport-Stadt in ihren Bann: Umjubelt von etwa 5.000<br />
Zuschauern starteten die Radler auf dem Theaterplatz zur dritten Etappe auf die 189-Kilometer- Strecke nach Eisenach.<br />
Dabei wurde – zum Gedenken an die Grenzöffnung vor 30 Jahren – die ehemalige innerdeutsche Grenze<br />
wie beispielsweise die im Eichsfeld mehrfach überquert.<br />
3 |<strong>2019</strong> 11
aktuelles<br />
Den Wahnsinn des<br />
Alltags schaffen<br />
Zeit-Experte Zach Davis gibt auf der 32. <strong>faktor</strong>-Business-Lounge Hilfestellungen fürs Leben.<br />
TEXT CHARLOTTE VOGEL FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
12 3 |<strong>2019</strong>
aktuelles<br />
Bei der 32. <strong>faktor</strong>-Business-Lounge in Kooperation<br />
mit der Steuerberatungsgesellschaft<br />
Quattek & Partner, Startraum Göttingen und<br />
Life Science Factory konnten sich die rund<br />
90 Teilnehmenden wieder einmal über einen spannenden<br />
Referenten freuen: Zach Davis (Foto o. r.), Experte<br />
für Zeitintelligenz und Zukunftsfähigkeit, sprach im<br />
Startraum zum Thema ‚Mit Zeitintelligenz den normalen<br />
Alltags-Wahnsinn schaffen‘. Unterstützt wurde Davis<br />
dabei von Sketchnoteloverin Tanja Wehr (u. l.), die seine<br />
Tipps zur Stressbewältigung für die Gäste visuell und<br />
zum Mitnehmen festhielt (l.).<br />
Seine Tipps reichten dabei von Prioritätensetzen und<br />
Checklistenschreiben über das regelmäßige Üben des<br />
Nein-Sagens bis hin zum Kalendereintrag ,Eine Stunde<br />
mit mir selbst‘, in der man sich dem ständigen Erreichbar-sein-Müssen<br />
bewusst entzieht. Wie immer gab es im<br />
Anschluss die Gelegenheit, die Zeit bei Köstlichkeiten –<br />
dieses Mal von Viani Alimentari – weiter sinnvoll zu nutzen<br />
und zu netzwerken. ƒ<br />
Weitere Inpressionen gibt es in der Bildergalerie unter:<br />
www.<strong>faktor</strong>-magazin.de/fotostrecken/bildergalerie-zur-32-<strong>faktor</strong>-business-lounge-mit-zach-davis/<br />
3 |<strong>2019</strong> 13
aktuelles<br />
<strong>faktor</strong>-Mittagsclub<br />
Impulse setzen<br />
Einmal im Monat bietet der <strong>faktor</strong>-Mittagsclub Gelegenheit,<br />
sich in exklusiver Runde von einem kurzem Impulsvortrag<br />
inspirieren zu lassen, bevor sich die Teilnehmer ein gemeinsames<br />
Mittagessen im Amavi schmecken lassen.<br />
So war im Mai die Göttinger Trainerin Astrid Böttger zu Gast<br />
und sprach zum Achtsamkeitstraining ‚Search Inside Yourself‘<br />
(siehe auch Seite 18). Im Juni referierte Sketchnoteloverin<br />
Tanja Wehr (Foto) über ihre wunderbaren Visualisierungen und<br />
ihr Ikigai, also wofür sie morgens aufsteht.<br />
Strategieberater Oliver Bornemann gab im August Tipps,<br />
wie Firmen sich richtig positionieren.<br />
FOTO: ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
<strong>faktor</strong>-Team<br />
Horst Wolf wechselt zur BG<br />
Coming soon<br />
In der zweiten Ausgabe des Jahres<br />
von <strong>faktor</strong>Gesundheit nehmen wir das<br />
Thema Plastische Chirurgie genauer<br />
unter die Lupe. Dieses Medizinfeld<br />
wird häufig mit Oberflächlichkeiten<br />
wie Brustvergrößerungen, Botox-Behandlungen oder<br />
anderen formverändernden Eingriffen assoziiert. Aber<br />
es geht viel weiter: Auch bei schweren Verbrennungen<br />
oder Verätzungen, Fehlbildungen oder in der Krebstherapie<br />
kommen plastische Chirurgen häufig zum<br />
Einsatz. Ebenso gehört die rekonstruktive Chirurgie<br />
dazu. Hier widmen sich die Ärzte Funktionen des<br />
Körpers, die verloren gegangen sind.<br />
Ist Ihr Interesse geweckt? Dann sichern Sie sich schon<br />
jetzt Ihr Exemplar – einfach eine E-Mail an:<br />
redaktion@<strong>faktor</strong>-magazin.de<br />
Unser Vertriebsleiter Horst Wolf wird nach über<br />
14 Jahren <strong>faktor</strong> verlassen, um sich stärker auf<br />
seine zweite große Liebe – nämlich Basketball –<br />
zu konzentrieren. Der 55-Jährige wird sich ab<br />
Frühjahr 2020 komplett darauf fokussieren, bei<br />
der BG Göttingen Sponsoren für die Herren-Basketballer<br />
zu akquirieren. Basketball spielt im Leben von<br />
Horst Wolf (2,09m) seit jeher eine zentrale Rolle. So spielte er<br />
in der deutschen Jugendnationalmannschaft und lieferte sich<br />
später manches Duell mit Dirk Nowitzki. Noch heute steht er<br />
mit Gleichgesinnten einmal in der Woche auf dem Court. Und<br />
wer ihn kennt, weiß, dass er noch sehr ehrgeizig ist und jedes<br />
Trainingsspiel gewinnen möchte.<br />
<strong>faktor</strong> sucht nun als Nachfolger zum 1. Januar 2020 einen<br />
Mediaberater (m/w/d), der die Anzeigenakquise für die erfolgreichen<br />
<strong>faktor</strong>-Produkte übernimmt.<br />
Ansprechpartner für Bewerbungen ist Herausgeber<br />
Marco Böhme: Tel. 0551 3098390 oder<br />
boehme@<strong>faktor</strong>-magazin.de<br />
14 3 |<strong>2019</strong>
Die VGH Ansprechpartner in Ihrer Nähe:<br />
Stefan Brandt<br />
Bovenden<br />
Feldtorweg 9 Tel. 0551 5083534<br />
Nörten-Hardenberg<br />
Göttinger Str. 19 Tel. 05503 9159979<br />
Holger Jortzik<br />
Dransfeld<br />
Hakenbreite 15 Tel. 05502 94242<br />
Adelebsen<br />
Lange Str. 56 Tel. 05506 97171<br />
Meier & Warneke OHG<br />
Lars Warneke<br />
Göttingen<br />
Königsberger Str. 2<br />
Tel. 0551 507360<br />
Andreas Fritsch<br />
Rosdorf<br />
Götzenbreite 2<br />
Tel. 0551 793330<br />
Meier & Warneke OHG<br />
Peter Meier<br />
Göttingen<br />
Königsberger Str. 2<br />
Tel. 0551 507360<br />
Tanja Schatte<br />
Göttingen<br />
Nußanger 6<br />
Tel. 0551 63922
aktuelles<br />
› MEHR ALS EIN MAGAZIN<br />
www.mehralseinmagazin.de<br />
Die Wohlwagen<br />
Ausgabe 1 // <strong>2019</strong><br />
<strong>faktor</strong> feiert Premiere<br />
Es ist geschafft!<br />
Stil<br />
❉ LEBENSART UND WOHNKULTUR IN SÜDNIEDERSACHSEN<br />
Die <strong>faktor</strong>-Familie hat Zuwachs bekommen.<br />
Nach gut einem Jahr Planung, Ideenwälzen und<br />
mitunter auch harter Arbeit ist Südniedersachsen<br />
um ein neues Magazin reicher. „Mit <strong>faktor</strong>Stil<br />
setzen wir noch einmal ganz neue Standards<br />
und einen weiteren Fokus“, erklärt Chefredakteurin<br />
Elena Schrader. „Wir feiern die Lebensart<br />
und Wohnkultur in Südniedersachsen und zeigen,<br />
was unsere Region dazu an besonderen Schätzen bereithält.“<br />
Ob Architektur, Mode, Kunst, Kultur und der besondere Gaumen genuss – der<br />
Vielfalt wird jetzt Rechnung getragen. „Bereits in unserer Premierenausgabe dürfen<br />
sich die Leser auf wirklich wunderbare Themen und Persönlichkeiten freuen“, so<br />
Schrader. Von der Designer-Handtasche für selbstbewusste Frauen über stylische<br />
Wohnalternativen bis hin zu den neuesten Barttrends ist das Magazin breit<br />
aufgestellt – selbstverständlich ist alles in der eigenen Heimat zu bekommen!<br />
Vom Leben inspiriert<br />
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für die selbstbewusste Frau<br />
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Cayenne Turbo Coupé<br />
Übrigens: Der <strong>faktor</strong>Stil landet nicht nur auf den Schreibtischen der Entschei -<br />
derinnen und Entscheider, sondern ist auch in ausgewählten Auslagestellen in ganz<br />
Südniedersachsen – Hotels, Boutiquen und Geschäften – zu finden. Sie möchten<br />
lieber sicher gehen und direkt in den Verteiler aufgenommen werden?<br />
Dann schicken Sie einfach eine E-Mail an: redaktion@<strong>faktor</strong>-magazin.de<br />
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Was geht ab hinter den Kulissen der Redaktion?<br />
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Welche Events stehen an? Schauen Sie doch mal<br />
rein – und bleiben Sie auf dem Laufenden ...<br />
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3 |<strong>2019</strong> 17
aktuelles<br />
33. <strong>faktor</strong>-Business-Lounge<br />
Stark durch Krisen<br />
Vom Entführungsopfer zum Keynote-Speaker. Die Geschichte von<br />
Marc Wallert erzählt eine Extremsituation und den Weg hinaus.<br />
Auf der 33. <strong>faktor</strong>-Business-Lounge am 14. November <strong>2019</strong> in<br />
Kooperation mit dem Volkswagen Zentrum Göttingen spricht Wallert<br />
im Autohaus und referiert zu dem Thema ‚Stark durch Krisen‘.<br />
Wie immer haben die Teilnehmenden im Anschluss die Gelegenheit,<br />
sich bei Snacks und Getränken auszutauschen.<br />
Melden Sie sich jetzt an: www.<strong>faktor</strong>events.de<br />
Mehr zu Marc Wallert gibt es übrigens auch<br />
schon hier im Heft – ab Seite 108!<br />
FOTO: STEPHANIE WOLFF PHOTOGRAPHY<br />
Achtsamkeit<br />
Google-Erfolgsprogramm<br />
in Göttingen<br />
FOTO: ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
Am 22. August <strong>2019</strong> gab die Göttinger Trainerin Astrid Böttger im Rahmen der<br />
<strong>faktor</strong>Akademie einen spannenden Einblick in Search Inside Yourself (SIY), das<br />
als Erfolgsprogramm bei Google gestartet wurde. Astrid Böttger war eine der<br />
ersten Deutschen, die dieses Achtsamkeitstraining für Führungskräfte im Silicon<br />
Valley absolvierte und ihr Wissen gern weitergibt. Das Training richtet sich an<br />
alle, die in dieser verrückten VUCA-Welt, in der alles unsicher und nicht mehr<br />
vorhersehbar scheint, überleben wollen.<br />
Wer zudem wissen möchte, wie wir Achtsamkeit als Technik nutzen können,<br />
um vom Autopiloten zu einem bewussten Handeln zu kommen, sollte am<br />
SIY-Seminar am 8. und 9. November <strong>2019</strong> in Göttingen teilnehmen.<br />
Weitere Infos und Anmeldung: www.mehralseinmagazin.de<br />
18 3 |<strong>2019</strong>
unternehmen<br />
20 3 |<strong>2019</strong>
unternehmen<br />
Den Mut haben,<br />
etwas nicht zu tun<br />
<strong>2019</strong> ist ein besonderes für die Piller-Group in Osterode: Es ist 100 Jahre her,<br />
dass Unternehmensgründer Anton Piller den Standort in den Harz verlegte.<br />
Zum Jubiläum blickt <strong>faktor</strong> in die Werkshallen des Weltmarktführers, der in Krankenhäusern,<br />
an der Wallstreet und anderen sensiblen Orten sicherstellt, dass wir rund um die Uhr<br />
ohne Unterbrechungen mit Strom versorgt sind.<br />
TEXT ANJA DANISEWITSCH FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
3 |<strong>2019</strong> 21
unternehmen<br />
Juni <strong>2019</strong>: Ein Team von zehn motivierten Männern<br />
mittleren Alters in blau-weißen Trikots und<br />
schwarzen Radlerhosen kämpft sich durch den<br />
Vorharz. Insgesamt über 100 Kilometer Strecke<br />
wollen sie an diesem Tag zurücklegen und damit<br />
100.000 Euro Spendengeld für karitative Zwecke<br />
sammeln. Bereits nach fünf Stunden und zehn<br />
Minuten haben die Fahrer, die allesamt Geschäftsführer<br />
der weltweit agierenden Piller Group sind, ihre beiden<br />
Ziele erreicht. „Wir wollten zum 100-jährigen Bestehen<br />
des Stammsitzes in Osterode etwas ganz Besonderes machen“,<br />
erzählt der Initiator der Radtour Detlev Seidel,<br />
der seit 2007 die Geschäfte in Osterode leitet. Um sich<br />
persönlich auf dieses Ereignis vorzubereiten, fuhr der<br />
55-Jährige in den Monaten zuvor immerhin über 500<br />
Trainings kilometer, denn Fahrradfahren ist keine Sportart,<br />
die der vierfache Familienvater sonst in seiner Freizeit<br />
ausübt. Während es für Seidel dennoch irgendwie<br />
ein Heimspiel war, da er seit 20 Jahren in Südniedersachsen<br />
lebt, hatten die übrigen Fahrer eine ziemlich weite<br />
Anreise: aus Indien, Italien, Spanien, Australien, Singapur,<br />
Frankreich, England und aus den USA – diese Liste<br />
gibt zugleich einen guten Überblick, wo in der Welt der<br />
deutsche Mutterkonzern inzwischen Tochterunternehmen<br />
unterhält.<br />
Zur Person<br />
Detlev Seidel ist seit zwölf Jahren Geschäftsführer von<br />
Piller am Stammsitz in Osterode und lebt seinen Job mit<br />
Leidenschaft. Der promovierte Maschinenbauingenieur<br />
war vor seinem Wechsel zu Piller bei ABB, einem<br />
Technologiekonzern, als Profit-Center-Leiter<br />
Service für Elektromaschinen angestellt.<br />
In seiner Freizeit liest der vierfache Familienvater<br />
gern Bücher, die sich mit angrenzenden Themen zu<br />
seinem Beruf beschäftigen. So ist der 55-Jährige seit<br />
Jahren ein Fan von Marc Elsbergs Werken<br />
‚Black out‘ und ‚Zero‘.<br />
ES IST – SO WIE DETLEV SEIDEL HEUTE im Besprechungsraum<br />
sitzt und von Piller erzählt – über die Jahre<br />
ein Stück weit ‚sein‘ Unternehmen geworden. „Ich sage<br />
immer, irgendwie hat diese Firma eine besondere Faszination“,<br />
so der promovierte Maschinenbauingenieur. „Wir<br />
machen ganz viel anders als andere.“ Bereits zu Beginn<br />
des Interviews wird klar, hier sitzt ein begeisterungsfähiger<br />
Mensch, der gern erzählt und auch viel zu sagen hat<br />
und der sich nicht vorstellen könnte, irgendwo anders zu<br />
arbeiten. „Wie ich zu Piller gekommen bin?“ Seidel lacht<br />
herzlich auf. „Nicht geplant“, gesteht er. „Denn bevor<br />
ich vor 20 Jahren hierhergezogen bin, wusste ich ehrlicherweise<br />
gar nicht, dass es Piller überhaupt gibt und was<br />
die da machen“, erzählt der gebürtige Ostwestfale. „Letztlich<br />
hat mich ein Freund aus Studienzeiten in Hannover<br />
zu Piller geholt. Das Unternehmen war damals gerade in<br />
einer schwierigen Phase der Umstrukturierung. Ich kam<br />
– und blieb.“<br />
Inzwischen gehört Piller zu den klassischen Hidden<br />
Champions. Mit seinen Anlagen zur unterbrechungsfreien<br />
Stromversorgung garantiert Piller, dass unter anderem<br />
in einem der größten Krankenhäuser Schwedens in<br />
Stockholm kein Patient bemerkt, wenn es zu einem<br />
Stromausfall kommt. In Sekundenschnelle reagieren die<br />
Stromversorgungsanlagen von Piller und liefern wie ein<br />
kleines Kraftwerk den notwendigen Strom, um alles am<br />
Laufen zu halten. In den regionalen Medien tauchte das<br />
Unternehmen in den vergangenen Jahren vor allem immer<br />
dann auf, wenn die neuen Umsatzzahlen veröffentlich<br />
wurden: Der internationale Marktführer von unterbrechungsfreier<br />
Stromversorgung konnte im Jahr 2017<br />
einen Umsatz von 250 Millionen Euro vermelden, 2018<br />
blieb er mit rund 220 Millionen Euro zwar nur knapp<br />
am Rekordumsatz des Vorjahres dran. „Doch für dieses<br />
Jahr gehen wir wieder von einem Umsatzwachstum von<br />
über zehn Prozent aus – und gut ausgelasteten Werken“,<br />
erklärt Seidel zufrieden. „Osterode und Bilshausen<br />
tragen dabei übrigens rund 85 Prozent der Gesamtproduktion<br />
von Piller, wobei unsere Exportquote bei 75 bis<br />
80 Prozent liegt.“<br />
22 3 |<strong>2019</strong>
unternehmen<br />
3 |<strong>2019</strong> 23
unternehmen<br />
1909<br />
Der Ingenieur Anton Piller meldet ein Patent<br />
für einen Ventilator an und gründet seine<br />
eigene Maschinenfabrik in Hamburg. In den<br />
Anfangsjahren konzentriert sich Piller hauptsächlich<br />
auf die Produktion von<br />
Orgel- und Schmiedegebläsen.<br />
1919<br />
Ein besserer Kontakt zu den Lieferanten und<br />
Kunden sowie die zentrale Lage führen zur<br />
Umsiedlung nach Osterode. Mit zunächst<br />
18 Mitarbeitern wird hier die Produktion von<br />
Lüftungsturbinen, Gebläsen und<br />
Elektromotoren ausgebaut.<br />
24 3 |<strong>2019</strong><br />
1920 – 1929<br />
Es folgt der kontinuierliche Ausbau des Werkes.<br />
Piller gehört zu den wenigen Unternehmen,<br />
welche die wirtschaftlichen Krisenzeiten<br />
(Inflation 1923 und Weltwirtschaftskrise ab<br />
1929) relativ unbeschadet überstehen.<br />
1939 – 1945<br />
Piller baut in Moringen ein weiteres Werk,<br />
welches hauptsächlich die Produktion von<br />
Ventilatoren übernimmt.<br />
1954<br />
Hans Piller, der Sohn des Firmengründers,<br />
übernimmt die Leitung des Unternehmens<br />
und setzt neue Impulse.<br />
1958 – 1972<br />
Piller errichtet 100 Werkswohnungen für die<br />
Mitarbeiter. Dieser Teil von Osterode nahe<br />
dem Werksgelände wird noch heute als ,Piller<br />
Siedlung‘ bezeichnet, obwohl er bereits 1995<br />
privatisiert wurde.<br />
1962<br />
Ein weiteres Werk zur Herstellung von Luftschutzanlagen<br />
wird in Duderstadt angemietet.<br />
Die Produktpalette wird stetig weiter<br />
ausgebaut.<br />
1976<br />
Für den weltweiten Handel wird die erste<br />
europäische Tochtergesellschaft in England<br />
gegründet.<br />
1983<br />
In der dritten Generation übernimmt Hans-<br />
Anton Piller, der Sohn von Hans Piller, als Mitglied<br />
der Geschäftsleitung die Sparte Technik.
unternehmen<br />
DEN GRUNDSTEIN FÜR DIESEN ERFOLG legte allerdings<br />
ein anderer. Vor gut einem Jahrhundert, 1909,<br />
meldet der Ingenieur Anton Piller in Hamburg das Patent<br />
für die Konstruktion eines Ventilators an und produziert<br />
in der Hansestadt überwiegend Orgel- und<br />
Schmiedegebläse. Bereits zehn Jahre später kommt der<br />
Umzug nach Osterode am Harz – aus ganz pragmatischen<br />
Gründen: Das kleine Örtchen im Harz liegt geografisch<br />
fast in der Mitte Deutschlands, was für den<br />
Vertrieb und die Zulieferung gegenüber Hamburg wesentliche<br />
Vorteile darstellt. Anton Piller kauft das heutige<br />
Firmengelände und lässt direkt neben den Pferdeställen<br />
eine Villa (Foto) errichten, in welcher er mit seiner<br />
Familie lebt. Es ist zudem überliefert, dass der Firmengründer<br />
an einem Wochenende eine Schaufel nahm und<br />
eigenhändig die Söse, den Nebenfluss der Rhume, an<br />
welchen das Firmengelände grenzt, etwas verlegt hat,<br />
um sich mehr Platz zu schaffen. So oder so, der Grundstein<br />
war gelegt, und die Erfolgs geschichte nahm ihren<br />
Lauf – eine Geschichte mit Höhen und Tiefen.<br />
In den folgenden Jahren baut Anton Piller die Produktion<br />
immer weiter aus. 1939 entsteht das Werk in Moringen,<br />
welches mit seinen Hochleistungsgebläsen und Turbokompressoren<br />
noch heute an die Ursprünge Pillers anknüpft.<br />
Im Jahr 1958 übernimmt der Sohn Hans Piller<br />
die Geschäfte und bringt in zweiter Generation neue Impulse<br />
ins Werk. Erst in der dritten Generation konnte der<br />
einstige Erfolgskurs nicht fortgesetzt werden, und die<br />
Eigentümerfamilie entschloss sich zum Verkauf. „Vor<br />
»Es ist in erster Linie mein Bestreben,<br />
durch Verwendung nur besten Materials,<br />
geschulter Arbeitskräfte und erstklassiger<br />
Fabrikationseinrichtungen meine<br />
Erzeugnisse in höchster Vollendung<br />
herzustellen.«<br />
Gründer Anton Piller in seinem ersten Prospekt 1912<br />
1993<br />
Durch die Globalisierung sucht Piller einen<br />
kompetenten Partner und firmiert in die Piller<br />
GmbH um. Durch den Zusammenschluss<br />
mit der Lahmeyer AG übernimmt der<br />
RWE-Konzern die Mehrheit am bisherigen<br />
Familienunternehmen.<br />
1996<br />
In diesem Jahr fokussiert die Piller GmbH<br />
ihre Kernkompetenz auf die Stromversorgung<br />
und trennt sich vom Bereich Industrieventilatoren.<br />
Als Alternative zur Batterie entwickelt<br />
Piller den bis heute weltgrößten kinetischen<br />
Energiespeicher, die Powerbridge.<br />
2000<br />
Piller übernimmt die Marktführung im Bereich<br />
der unterbrechungsfreien Stromversorgung.<br />
Es werden die bis dahin größten<br />
Anlagen für Produktion und Prüfung von<br />
großen USV-Anlagen in Osterode (Foto) und<br />
im neuen Werk Bilshausen gebaut.<br />
2005<br />
Piller wird durch den eigentümergeführten<br />
britischen Konzern Langley Holdings Plc.<br />
übernommen.<br />
2011<br />
Piller entwickelt und installiert den weltweit<br />
größten kinetischen Energiespeicher mit einer<br />
Leistung von 21 MW.<br />
2016<br />
Das Unternehmen Active Power – ein Spezialist<br />
für Schwungräder zur Energiespeicherung<br />
– wird akquiriert und in die Geschäftsbereiche<br />
von Piller integriert.<br />
Heute<br />
Mit seinem Stammsitz und zahlreichen<br />
Niederlassungen in Europa, Nord- und Südamerika,<br />
Australien und Asien beschäftigt<br />
Piller annähernd 1.000 Mitarbeiter weltweit.<br />
3 |<strong>2019</strong> 25
unternehmen<br />
Große Ausmaße Beim Einlegen der Kupferwicklungen in einen sogenannten ,Uniblock-Stator‘ werden die Dimensionen bei Piller sichtbar.<br />
26 3 |<strong>2019</strong>
unternehmen<br />
3 |<strong>2019</strong> 27
unternehmen<br />
Stammsitz im Harz In den großen Werkshallen in Osterode operiert Piller nun schon seit über 100 Jahren.<br />
20 Jahren etwa war Piller in Osterode vor allem durch<br />
Negativpresse und Entlassungswellen im Gespräch“, so<br />
der heutige Geschäftsführer. 1993 wurde das Familienunternehmen<br />
von RWE aufgekauft und blieb für gut zehn<br />
Jahre Teil des Konzerns – mit wechselnden Vorständen,<br />
Geschäftsführungen und Ideen. „Viel Bewegung, aber<br />
auch viel Personalabbau“, sagt Seidel ernst, und erinnert<br />
sich, wie er eben in dieser Phase zu Piller kam. Während<br />
in den 1970er-Jahren um die 1.500 Mitarbeiter am Standort<br />
Osterode arbeiteten, waren es 1999, als Seidel anfing,<br />
nur noch rund 600 – wobei das Ende der Entlassungswelle<br />
zu diesem Zeitpunkt noch nicht erreicht war. Am Tiefpunkt<br />
waren es unter 500.<br />
AUS DIESEM NEGATIVKURS HERAUSZUKOMMEN, gelang<br />
unter anderem durch eine einschneidende Umstrukturierung:<br />
Im Jahr 2004 wurde Piller vom eigentümergeführten<br />
britischen Konzern Langley Holdings Plc.<br />
übernommen und damit wieder ein Familienunternehmen:<br />
Denn Langley Holdings ist ein Einfamilienunternehmen<br />
mit Anthony Langley als alleinigem Inhaber.<br />
Der Tonfall Seidels ändert sich just in dem Moment, in<br />
dem er beginnt, von dieser neuen Ära in Osterode zu erzählen.<br />
Sofort ist zu spüren, dass sich etwas zum Positiven<br />
verändert hat. Anthony Langley ist keiner dieser Investmenthaie<br />
oder Private-Equity-Anhänger, die Firmen<br />
erwerben, um sie nach drei bis fünf Jahren möglichst<br />
gewinnbringend wieder zu verkaufen. Langley kauft, um<br />
zu erhalten, Potenziale auszuschöpfen und Unternehmen,<br />
die momentan unter ihren Möglichkeiten agieren,<br />
wieder profitabel zu machen und langfristigen Erfolg zu<br />
sichern. „Es war von Anfang an eine sehr persönliche<br />
Beziehung zwischen dem neuen Eigentümer und der Belegschaft<br />
vor Ort“, erzählt Seidel, und so sei es bis heute.<br />
Die Angst der Angestellten, dass sich mit einem ausländischen<br />
Investor die Entwicklungen, die unter RWE begannen,<br />
weitergehen, hat sich nicht bestätigt. Stattdessen<br />
– das zeigen die Umsatzzahlen der letzten Jahre – hat<br />
sich Piller in den vergangenen 15 Jahren zu einem Weltmarktführer<br />
entwickelt, der auf höchste Qualität und<br />
vor allem auch auf langfristigen Service setzt. „Die Zeiten<br />
haben sich glücklicherweise wieder gewandelt, und<br />
wir arbeiten permanent daran, unser Image auch weiter<br />
in eine positive Richtung zu entwickeln.“ Seit 2013 gehört<br />
Piller nun auch zu den zertifizierten TOPAS – den<br />
Top-Arbeitgebern in Südniedersachsen.<br />
DASS PILLER ANSONSTEN NICHT WIE Ottobock oder<br />
Sartorius ständig in den Medien und in aller Munde ist,<br />
liegt sicher auch ein Stück weit an der zurückhaltenden,<br />
aber gezielten Marketingstrategie, die nach der Krise in<br />
den 1990er-Jahren das Unternehmen auf seine wesentlichen<br />
Werte besinnen ließ – und dazu gehört, anfallende<br />
Kosten, auch in der Geschäftsführung, immer wieder zu<br />
hinterfragen: „Muss das sein? Brauchen wir wirklich die<br />
teuren Handys? – Das beginnt bei uns bei den kleinen<br />
28 3 |<strong>2019</strong>
unternehmen<br />
International erfolgreich Unter anderem dank des weltweit größten kinetischen Energiespeichers ,Powerbridge‘ (Foto) ist Piller heute Marktführer.<br />
30 3 |<strong>2019</strong>
unternehmen<br />
» Ich bin mir nicht einmal sicher,<br />
ob wir Industrie 1.0 haben.<br />
Was wir hier machen, ist Handwerk –<br />
eine handwerklich industrielle<br />
Manufaktur. «<br />
Dingen“, sagt Seidel. Nachhaltigkeit zeigt sich zum Beispiel<br />
in so wirklich kleinen Dingen wie der Anschaffung<br />
von Kugelschreibern für alle Mitarbeiter. „Ich habe jedem<br />
Mitarbeiter persönlich einen hochwertigen Kugelschreiber<br />
mit der Gravur – ,Team Piller‘ und seinem<br />
Namen – überreicht. Das fördert vor allem Verbundenheit<br />
mit dem Unternehmen“, erklärt der Geschäftsführer,<br />
der großen Wert darauf legt, in persönlichen Kontakt<br />
mit seinen Angestellten zu sein. Seine Tür steht offen,<br />
und die Weihnachtspost verfasst er jedes Jahr eigenhändig.<br />
Das ist ihm wichtig.<br />
Es sind die Werte eines Familienunternehmens, die die<br />
Piller Group bis heute prägen: persönliche Beziehungen,<br />
langfristige Planungen und die Pflege von Kundenkontakten.<br />
Auch wenn die Nachfolgegenerationen der Gründerfamilie<br />
inzwischen nicht mehr am Unternehmen beteiligt<br />
sind.<br />
DASS TRADITIONEN BEI PILLER eine große Rolle spielen,<br />
zeigt sich auch darin, dass hier anders gearbeitet<br />
wird als bei anderen hoch technologisierten Unternehmen.<br />
Hinter dem Werbeslogan ,Nr. 1 für High-End-<br />
Power Protection‘ lässt sich eine Produktion vermuten,<br />
die vor allem computergesteuert und bei Industrie 4.0<br />
längst angekommen ist. Doch weit gefehlt: „Ich bin mir<br />
nicht einmal sicher, ob wir Industrie 1.0 haben“, sagt der<br />
Maschinenbauingenieur, während er zufrieden durch<br />
,seine‘ Produktionshallen in Osterode geht. „Was wir<br />
hier machen, ist Handwerk – eine handwerklich industrielle<br />
Manufaktur.“ Und tatsächlich arbeiten hier Männer<br />
und Frauen vor allem mit ihren Händen und nicht<br />
an großen Maschinen.<br />
3 |<strong>2019</strong> 31
unternehmen<br />
IN DER HALLE HERRSCHT FAST STILLE. Ein ruhiges<br />
und konzentriertes Arbeiten an elektrischen Maschinen,<br />
die eine unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV)<br />
gewährleisten und projektbezogen zusammengestellt<br />
werden. Das Herzstück ist der Uniblock UBT – diese rotierende<br />
USV-Anlage kombiniert Motor und Generator<br />
in einem gemeinsamen Schaltschrank. Im Falle kurzer<br />
Unterbrechungen oder kompletter Stromausfälle wird<br />
die Last mit Energie aus einem Energiespeicher – einem<br />
herkömmlichen Batteriesystem oder der Piller Powerbridge<br />
(kinetischer Energiespeicher) – versorgt. Seit in<br />
den 1980er-Jahren der erste Uniblock entwickelt wurde,<br />
haben sich die Anforderungen an USV-Systeme gravierend<br />
verändert. Ob in den riesigen Rechenzentren, auf<br />
Flughäfen oder im Bank- und Finanzwesen – die benötigten<br />
Kapazitäten stiegen in einem Maße, das kaum<br />
vorstellbar ist. Ein Rechenzentrumen, wie es beispielsweise<br />
von Google betrieben wird, benötigt die Leistung<br />
eines eigenen kleinen Kraftwerks. Nicht anders sieht es<br />
im Bank- und Finanzwesen aus. Piller ist auch an der<br />
Wallstreet – und man stelle sich vor, es gäbe einen Stromausfall<br />
und alle gerade getätigten Transaktionen wären<br />
unwiderrufbar verloren …<br />
UM ZU VERSTEHEN, WAS DIE PRODUKTE von Piller so<br />
besonders macht, braucht es darüber hinaus einen Blick<br />
auf die Zahlen: Die Maschinen der USV speichern Energie,<br />
als Beispiel vier Kilowattstunden. Das können auch<br />
Maschinen anderer Hersteller. Entscheidend ist aber, wie<br />
viel Leistung mit diesen Maschinen bei einem Stromausfall<br />
schnell zur Verfügung gestellt werden. Es geht in der<br />
Größenordnung, in der Piller agiert, bei einem Produktionsausfall<br />
der Kunden um Millionenbeträge – in Krankenhäusern<br />
geht es sogar um Menschenleben. Während<br />
Pillers Technologie 1,5 Megawatt für bis zu 40 Sekunden<br />
liefert, schaffen Geräte anderer Firmen maximal<br />
200 Kilowatt bei gleicher Kilowattstundenzahl. Diese<br />
enorme Energieleistung schafft man nicht mehr mit einer<br />
klassischen Blei-Batterie, da diese zu viele Tonnen<br />
wiegen würde und die baulichen Voraussetzungen dafür<br />
meist nicht gegeben wären. „Wir haben schon vor<br />
20 Jahren – von der Leistung her – den größten kinetischen<br />
Speicher gebaut und dann vor acht Jahren den<br />
größten durch den weltweit größten ersetzt“, erzählt<br />
Seidel stolz, um dann noch schnell zu ergänzen: „Und<br />
nun haben wir noch einmal 25 Prozent Leistung draufgepackt<br />
und konkurrieren mit Lithium-Ionen-Batterien.“<br />
Diese gebe es erst wenige Jahre und hätten auch ihre<br />
Schattenseiten, ergänzt er.<br />
„Piller spricht Strom“, sagt Seidel stolz – und das sehr<br />
erfolgreich. Das Unternehmen hat im Laufe der Jahre<br />
gelernt, sich auf seine Kernkompetenzen zu konzentrieren.<br />
Eine Überlegung, sich auch in Richtung Windkraftanlagen<br />
zu orientieren, haben sie wieder verworfen.<br />
„Man muss auch den Mut haben, etwas nicht zu tun“, so<br />
der Geschäftsführer. „Wir wollen unseren Kunden den<br />
größtmöglichen Nutzen bieten und wir wollen die Besten<br />
auf dem Markt sein und das – wenn möglich – auch<br />
noch die nächsten einhundert Jahre“, sagt Seidel mit einem<br />
Zwinkern. Es gehe ihnen nicht zwingend um weiteres<br />
Wachstum. Nichts spricht dagegen, ein Unternehmen<br />
über Jahrzehnte konstant auf einem guten Niveau zu<br />
halten.<br />
So passt es gut ins Bild, dass es ein sichtliches Anliegen<br />
von Anthony Langley ist, die alte Villa auf dem Firmengelände<br />
in Osterode zu erhalten, auch wenn dieses Gebäude<br />
heute nicht mehr genutzt wird – in Ehrerbietung<br />
an den einstigen Gründer. Denn an den Tagen, an denen<br />
der jetzige Inhaber aus England in Osterode ist, sitzt er<br />
gern im Büro vom ,alten‘ Piller. „Dort stehen noch die<br />
alten Ledersessel, und an der Wand hängt ein großes<br />
Porträt von Anton Piller“, erzählt Seidel. „Und wenn<br />
Langley dort arbeitet, dann schaut er so manches Mal zu<br />
Anton hin über, wie um zu prüfen, ob alles noch in dessen<br />
Sinne läuft.“ ƒ<br />
ZUM UNTERNEHMEN<br />
Piller ist der weltweit führende Anbieter im Bereich der<br />
sicheren Stromversorgung von unternehmenskritischen<br />
Anwendungen. Zu den Kunden zählen viele der weltweit<br />
führenden Banken und Finanzinstitutionen, Krankenhäuser,<br />
Rundfunkanstalten, Telekommunikationsbetreiber<br />
und zahlreiche andere renommierte Organisationen.<br />
Piller wurde 1909 von Anton Piller gegründet.<br />
Das Unternehmen befand sich bis zu seiner Übernahme<br />
durch RWE im Jahr 1993 im Besitz der Familie Piller.<br />
Seit 2004 gehört Piller zum eigentümergeführten britischen<br />
Engineering- Mischkonzern Langley Holdings Plc.<br />
Seit über 100 Jahren operiert das Unternehmen von<br />
seinem Stammsitz in Osterode am Harz aus und hat<br />
zahlreiche Niederlassungen in Europa, Nord- und Südamerika,<br />
Australien und Asien. Heute beschäftigt Piller<br />
weltweit 956 Mitarbeiter.<br />
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32 3 |<strong>2019</strong>
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34 3 |<strong>2019</strong>
unternehmen<br />
Anders weiter machen<br />
Ronald Geiger, neuer Geschäftsführer der Sycor, spricht im Exklusiv-Interview mit <strong>faktor</strong><br />
über die Folgen des Weggangs zahlreicher Mitarbeiter zum neuen IT-Unternehmen Arineo,<br />
seine Entwicklungsziele für Sycor und die künftige Rolle des Standortes Göttingen.<br />
INTERVIEW SVEN GRÜNEWALD & MARCO BÖHME FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
Seit Mai dieses Jahres hat der IT-Dienstleister Sycor einen<br />
neuen CEO: Ronald Geiger hält nun die Fäden in der Hand.<br />
Dabei hat der Münchner die Unternehmensleitung in einer<br />
extrem unruhigen Zeit übernommen: Der Verkauf oder alternativ<br />
eine Fusion der Sycor stand zur Debatte – doch es kam<br />
anders. Gesellschafter Hans Georg Näder änderte seine<br />
Strategie, hielt an der Sycor fest und hat nun große Pläne.<br />
Parallel verließ eine Handvoll Führungskräfte die Sycor und<br />
gründete den IT-Dienstleister Arineo, für den mittlerweile<br />
rund 200 Mitarbeiter tätig sind, fast alle kommen von der<br />
Sycor. Damit muss sich Geiger in seinem neuen Job gleich zu<br />
Beginn mehreren Herausforderungen stellen.<br />
Herr Geiger, Sie sind in einer turbulenten Zeit zu Sycor<br />
gekommen. Kurz vor Ihrem Antritt kam es zur Gründung<br />
der Arineo, die mittlerweile 200 Mit arbeiter beschäftigt.<br />
Ein Großteil davon sind ehemalige Sycorianer. Macht sich<br />
der Know-how-Verlust für Sie bemerkbar?<br />
Die Mitarbeiter, die nicht mehr bei uns beschäftigt sind,<br />
waren zu einem sehr hohen Prozentsatz in laufenden<br />
Großprojekten im Einsatz, sodass wir in manchen Bereichen<br />
mit erheblich weniger Know-how auskommen<br />
mussten. Das hat bei uns Lücken gerissen, wodurch wir<br />
Projekte verloren haben und das Wachstum der Sycor<br />
nachhaltig behindert wurde. Es ist uns aber inzwischen<br />
gelungen, bis auf einen Know-how-Bereich wieder alle<br />
Themen anbieten zu können.<br />
Und wir wachsen wieder signifikant: einerseits durch<br />
die Rekrutierung neuer Mitarbeiter, andererseits, indem<br />
wir uns für bestimmte Bereiche Expertise über den Zukauf<br />
von Unternehmen ins Haus holen.<br />
Was bedeutet die unmittelbare Konkurrenz direkt vor der<br />
eigenen Haustür für die Gewinnung von Mitarbeitern?<br />
Wir können durchschnittlich jeden dritten Bewerber in<br />
unser Team aufnehmen – das ist für uns der Gradmesser.<br />
Zudem vollzieht sich in der Industrie ein Konzentrationsprozess,<br />
im Rahmen dessen wir von vielen Spezialistenteams<br />
als eine attraktive und ideal aufgestellte Firmengruppe<br />
wahrgenommen werden – und die uns auch ansprechen,<br />
ob eine gemeinsame Zukunft vorstellbar ist.<br />
Der geplante Verkauf und die Fusion der Sycor sind<br />
gescheitert. Dann der Weggang von vielen Mitarbeitern –<br />
wie ist die Stimmung unter den Kollegen?<br />
Wir befassen uns momentan intensiv damit, wie wir unsere<br />
Zukunft gestalten wollen. In dem Zusammenhang<br />
haben wir am Puls des Unternehmens gefühlt und mit unseren<br />
Mitarbeitern viele Gespräche geführt. Auch wenn<br />
die Geschehnisse der letzten Monate viele immer noch als<br />
schmerzlich empfinden, versteht ein großer Teil der Belegschaft<br />
dies aber auch als Chance. Wir arbeiten jetzt<br />
daran, Vertrauen und Energie für die Zukunftsgestaltung<br />
zu schaffen. Wir sind auf einem positiven Weg.<br />
3 |<strong>2019</strong> 35
unternehmen<br />
Zur Person<br />
Ronald Geiger wurde 1960 in Neckarsulm geboren.<br />
Er studierte Betriebswirtschaftslehre mit den<br />
Schwerpunkten Logistik und Wirtschaftsinformatik an der<br />
Universität Mannheim. Beruflich hat er zahlreiche<br />
Unternehmen durchlaufen, darunter Branchengrößen wie<br />
die BASF AG, die Capgemini Gruppe, die SAP Gruppe<br />
und die Linde AG. Geiger ist alleinerziehender Vater<br />
einer zehnjährigen Tochter. Mit ihr lebt er in München<br />
und ist die Hälfte der Zeit in Göttingen.<br />
Sie haben vorher unter anderem für Branchenriesen wie<br />
BASF und SAP gearbeitet. Wie haben Sie die Sycor von<br />
außen wahrgenommen?<br />
Ich habe die Sycor als ein Unternehmen wahrgenommen,<br />
dass eine hohe technische und eine ausgeprägte Innovationskompetenz<br />
hat. Mir ist ebenfalls früh aufgefallen,<br />
dass der Stellenwert der Mitarbeiterorientierung sehr<br />
ausgeprägt ist.<br />
Was hat Sie dazu bewegt, zur Sycor zu wechseln?<br />
Motiviert hat mich die unternehmerische Vision und der<br />
Auftrag, die Sycor zu entwickeln. Stark verbunden war<br />
das mit dem überzeugenden, gewinnenden und motivierenden<br />
Auftritt des Gesellschafters Hans Georg Näder,<br />
den ich vorher zwar nicht persönlich kannte, aber mit<br />
dessen Unternehmensgruppe ich schon zu tun hatte.<br />
Welche Entwicklungsziele haben Sie sich für das<br />
Unternehmen gesetzt?<br />
Ich möchte auf Basis der sehr ausgeprägten Mitarbeiterorientierung<br />
die Kundenorientierung als zweite wichtige<br />
Säule des Erfolgs ausbauen: dass wir über das Zuhören<br />
noch passgenauere Services anbieten. Diese Entwicklung<br />
hin zu iterativen, anhaltenden Transformationsprozessen<br />
in den Unternehmen ist ein unumkehrbarer Trend,<br />
der auch die IT-Dienstleistungen prägen und die Branche<br />
verändern wird. Da sehe ich die Sycor vorne mit dabei.<br />
Aber generell muss sich das noch viel stärker im Dialog<br />
zwischen Dienstleister und Auftraggeber verfestigen.<br />
Eine weitere Aufgabe ist, unseren Servicebereich zu<br />
stärken und zu veredeln, denn dieser Bereich macht einen<br />
hohen Anteil am Sycor-Umsatz aus. Zuletzt ist wichtig,<br />
dass wir bei den Serviceleistungen künftig das Subskriptionsgeschäft<br />
– nutzungsabhängige Einnahmen, vergleichbar<br />
einem Abo-Modell – stärken. Wir wollen aus<br />
eigener Kraft heraus Wachstum in signifikanter Größenordnung<br />
generieren. Darüber hinaus werden wir in den<br />
nächsten drei Jahren über eine Kette von Akquisitionen<br />
von Spezialisten einen weiteren signifikanten Geschäftsaufbau<br />
haben.<br />
Wie eng ist dabei der Draht zu Hans Georg Näder?<br />
Er interessiert sich sehr für die Geschicke der Sycor und<br />
steht voll hinter ihr. Jüngst haben wir einen mehrtägigen<br />
Strategiedialog mit ihm geführt. Es ist ein kontinuierlicher<br />
Austausch mit einem sehr engagierten und dynamisch<br />
fordernden Gesellschafter. Ottobock hat sehr viel<br />
vor, was die Digitalisierung angeht, und wir werden den<br />
hohen Anspruch nutzen, um uns in neuen Themen verstärkt<br />
zu positionieren.<br />
Wie soll die Entwicklung am Standort Göttingen<br />
weitergehen?<br />
Wir haben mit unserem neuen Gebäude einen zukunftsfähigen<br />
Standort, wobei uns ein campusartiger Standort<br />
lieber wäre. Das ist sicherlich ein Thema, an dem wir<br />
weiter arbeiten sollten. Die Zahl der Mitarbeiter wird in<br />
Göttingen weiter wachsen, und Göttingen wird innerhalb<br />
der Firmengruppe immer der größte Standort sein.<br />
Aber wir werden neben Göttingen noch mindestens einen<br />
nennenswert größeren Standort aufbauen. Im Norden<br />
und in Nordrhein-Westfalen ist unsere Präsenz bereits<br />
sehr gut, daher wird der zweite größere Standort in<br />
absehbarer Zeit im Süden Deutschlands entstehen.<br />
Vielen Dank für das Gespräch!<br />
36 3 |<strong>2019</strong>
PRAXISBÖRSE<br />
Die Job- und Karrieremesse<br />
The Job and Career Fair<br />
PRAXISBÖRSE<br />
Die Job- und Karrieremesse<br />
PRAXISBÖRSE<br />
The Job and Career Fair
PROFIL<br />
Erfolg mit System:<br />
Goldbeck feiert doppelt<br />
Für Sie vor Ort:<br />
Bengt Wilken<br />
Tel. 0173 9133870<br />
bengt.wilken@goldbeck.de<br />
In diesem Jahr hat GOLDBECK doppelten<br />
Anlass zum Feiern. Zum einen feiert das familiengeführte<br />
Unternehmen sein 50-jähriges<br />
Bestehen, zum anderen ist es seit 20 Jahren<br />
mit einer Niederlassung in der Region vertreten.<br />
Der Blick zurück schenkt Vertrauen in die Zukunft:<br />
Aus kleinen Anfängen hat sich GOLD-<br />
BECK innerhalb von 50 Jahren zum größten<br />
deutschen Bauunternehmen in Familienhand<br />
entwickelt. Und sich dabei immer wieder neu<br />
erfunden. GOLDBECK versteht sich inzwischen<br />
als technologiebasierter Produktanbieter, der<br />
die einzelnen Facetten des Bauens als Systemintegrator<br />
optimal miteinander vereint.<br />
Ideen, Mut und viel Herz<br />
Eigentlich sollte Unternehmensgründer Ortwin<br />
Goldbeck in die Schlosserei seines Großvaters<br />
einsteigen. Doch mit einem Kopf voller Ideen,<br />
einer Bürgschaft über 300.000 Mark in der Tasche<br />
und einer Menge Mut im Herzen gründete<br />
er sein eigenes Unternehmen. Seine Motiva tion:<br />
freie Entscheidungen zu treffen und Verantwortung<br />
zu übernehmen. Seine Wettbewerbsvorteile:<br />
„Keine Erfahrung und keine Fachleute“, wie<br />
er einst sagte. Was das für Vorteile sein sollen?<br />
Die besten Voraussetzungen, um Bauen von<br />
Grund auf neu zu denken. Im Mittelpunkt seines<br />
neu artigen Geschäftsmodells steht ein Unternehmen,<br />
das sich fürs Ganze verantwortlich<br />
fühlt, sich als ,Generalübernehmer‘ ums Konzipieren,<br />
Bauen und Betreuen kümmert.<br />
Dahinter steht die Idee, mit einem Baukasten<br />
voller flexibel einsetzbarer Systemelemente<br />
verschiedenste Gebäude wie Parkhäuser,<br />
Industriehallen, Bürogebäude oder Schulen<br />
bauen zu können. Diese Systemelemente werden<br />
wie beim privaten Fertighausbau industriell<br />
vorgefertigt und just in time auf dem Bau<br />
angeliefert und montiert. Damit ist die Qualität<br />
und Verarbeitung von Beton beispielsweise<br />
nicht länger von der Wetterlage abhängig,<br />
die gerade auf der Baustelle herrscht, während<br />
der Beton angeliefert wird und aushärtet.<br />
Stattdessen werden Betonelemente und<br />
die anderen Bauteile unter gleichbleibend<br />
optimalen Bedingungen industriell vorgefertigt<br />
und in der individuell gewünschten<br />
Ausstattung passgenau zur Baustelle angeliefert.<br />
Ein Prozess greift in den anderen, der<br />
gesamte Bau wird integral von GOLDBECK<br />
geplant, eigens gefertigt und montiert. Das<br />
spart Zeit und Nerven, sichert Qualität. Zum<br />
GOLDBECK-Prinzip gehört außerdem, dass<br />
die Fertigung der Elemente in eigenen Werken<br />
in Deutschland, Polen und Tschechien erfolgt.<br />
Dort entstehen beispielsweise Stützen, Fachwerkträger<br />
und Außenwandelemente mit bereits<br />
eingebauten Fenstern.<br />
Immer dem Prinzip folgend, Unsichtbares<br />
möglichst standardisiert aus dem ,Lego kasten‘<br />
bereitzuhalten und für Sichtbares individuelle<br />
Gestaltungsmöglichkeiten anzubieten. Dazu<br />
FOTO: MAYER FEINTECHNIK
Die neue Produktionshalle der Mayer Feintechnik GmbH<br />
verfolgt das bodenständige und zugleich weltoffene<br />
Unternehmen den Ansatz, seine Kunden<br />
vor Ort zu betreuen. GOLDBECK setzt an<br />
seinen mehr als 70 Standorten in Deutschland<br />
und Europa auf Mitarbeiter, die dort zu Hause<br />
sind. Setzt auf Werte wie Menschlichkeit, Vertrauen,<br />
Verantwortung und Leistungsbereitschaft.<br />
Beteiligt die Mitarbeiter seit 1984 am<br />
Erfolg. Und die Familie bekommt etwas zurück:<br />
zum Beispiel die Auszeichnung ,Entrepreneur<br />
of the Year‘ 2017. Um sich stetig weiterzuentwickeln<br />
und beispielsweise die Vorreiterrolle<br />
in digitaler Planung auszubauen, hat GOLD-<br />
BECK gerade ein Büro im Silicon Valley eröffnet.<br />
Dort macht das Team am wohl innovativsten<br />
Ort der Welt das, womit Ortwin Goldbeck einst<br />
begann: Geschäftsmodelle neu denken.<br />
Starkes Team – eine regionale Erfolgsgeschichte<br />
20 Jahre GOLDBECK in der Region – das ist die<br />
Geschichte eines starken Teams. Die Zahlen<br />
sprechen für sich: Mit drei Mitarbeitern 1999<br />
gestartet, erwirtschaftet die Niederlassung heute<br />
mit über 60 Beschäftigten einen Umsatz von<br />
mehr als 106 Millionen Euro im vergangenen<br />
Jahr. Niederlassungsleiter Steffen zur Linde:<br />
„Kaum ein Jahr ist ohne zweistelliges Wachstum<br />
vergangen.“ Von Bad Gandersheim im Norden<br />
bis Steinau an der Straße im Süden, von Westfalen<br />
bis Thüringen haben die GOLDBECKER<br />
bauliche Marksteine gesetzt und bisher über<br />
330 Projekte verwirklicht.<br />
Namhafte Projekte in der Region<br />
• Für die Firma THIMM wurde im Jahre 2009<br />
ein 1.700 Quadratmeter großer Neubau in einer<br />
Bauzeit von acht Monaten nach neuesten<br />
Klimaschutzbestimmungen und Energierichtlinien<br />
errichtet. Die Wärmeversorgung wird<br />
beispielsweise aus der Abwärme der Wellpappe<br />
anlage am Standort realisiert.<br />
• Im Jahre 2010 wurde die Sparkassen-Arena<br />
in Göttingen in weniger als zwölf Monaten<br />
Bauzeit fertig. Die 4.620 Quadratmeter große<br />
Halle war die erste im Passivhausstandard<br />
gebaute Halle.<br />
• Bereits mehrere Male hat GOLDBECK für<br />
die GWG Projekte gebaut, wie etwa den<br />
1.500 Quadratmeter großen und drei Stockwerke<br />
umfassenden Forschungsneubau des<br />
Fraunhofer Instituts auf den Zietenterrassen<br />
oder für das Goethe Institut einen modernen<br />
Büro komplex am alten Güterbahnhof.<br />
• Das jüngste Projekt, welches im August 2018<br />
nach nur achtmonatiger Bauzeit übergeben<br />
werden konnte, ist die 5.000 Quadratmeter<br />
große Produktionshalle für die Mayer Feintechnik<br />
GmbH.<br />
• Ebenso freuen sich die Autofahrer über das<br />
von GOLDBECK errichtete Parkhaus Weende.<br />
• Untere anderem setzen auch Unternehmen wie<br />
SABEU, SMP, Dr. Moser u. v. m. auf die bewährte<br />
GOLDBECK-Bauweise.<br />
KONTAKT<br />
GOLDBECK Nord GmbH<br />
Niederlassung Kassel<br />
Heinrich-Hertz-Straße 3a<br />
34123 Kassel<br />
Tel. 0561 589 02-21<br />
www.goldbeck.de
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FOTO: STADTWERKE GÖTTINGEN<br />
Neues Heizwerk der Stadtwerke Göttingen AG am Maschmühlenweg<br />
Neues BioWärmeZentrum in der Stadt<br />
Göttinger Stadtwerke versorgen Kunden in der Innenstadt.<br />
Einweihung und Sommerfest: Ende<br />
August haben die Stadtwerke Göttingen<br />
mehr als 50 Vertreter aus Politik<br />
und Wirtschaft sowie Oberbürgermeister<br />
Rolf-Georg Köhler zur Einweihung des neuen<br />
BioWärmeZentrums geladen.<br />
„Das moderne Industriegebäude, das wir an<br />
der Ecke Hildebrandstraße und Maschmühlenweg<br />
gebaut haben, wird pünktlich zur<br />
Heizsaison <strong>2019</strong> seinen Betrieb aufnehmen<br />
und dann Kunden aus der Göttinger Innenstadt<br />
mit Energie beliefern“, so Stadtwerke-<br />
Sprecherin Claudia Weitemeyer.<br />
DIE ZUR WÄRMEGEWINNUNG genutzten<br />
Holzhackschnitzel stammen aus Altholz<br />
der Kategorie A1: Sie sind aus naturbelassenem<br />
oder lediglich mechanisch<br />
bearbeitetem Holz. Geplant ist, dass pro<br />
Jahr ungefähr 8.000 Tonnen Biomasse verarbeitet<br />
werden. „Das Holz wird aus einem<br />
Umkreis von maximal 50 Kilometern angeliefert“,<br />
so Weitemeyer. Durch die Verbrennung<br />
der regionalen Biomasse werden<br />
jährlich etwa 6.000 Tonnen CO 2 eingespart.<br />
Wissen schaftlich begleitet wird der Betrieb<br />
des Heizwerks von Prof. Dr. Ing. Achim<br />
Loewen und seinem Team von der HAWK<br />
Göttingen, Fakultät für Ressourcenmanagement.<br />
Hervorzuheben sei, dass es sich bei<br />
dem verwendeten Holz um Restholz handele,<br />
dessen Verwertung am Ende einer sogenannten<br />
Kaskadennutzung stehe, einer<br />
besonders nachhaltigen und effizienten,<br />
mehrfachen stofflichen Nutzung.<br />
ALS IM HERBST 2016 nach einem ökologischen<br />
und gleichzeitig wirtschaftlichen Konzept<br />
für den Ersatz von zwei Gasmotoren im<br />
Heizkraftwerk Godehardstraße gesucht wurde,<br />
kristallisierte sich nach und nach die Idee<br />
des Bio WärmeZentrums heraus. Aufsichtsrat<br />
und politische Gremien waren von der Idee<br />
überzeugt, sodass die Planung beginnen<br />
konnte. Kostenpunkt 5,7 Millionen Euro.<br />
Die produzierte Energie wird den Kunden<br />
im Innenstadtbereich angeliefert. „Mit dem<br />
Anschluss der im Bau befindlichen Nordleitung<br />
Richtung Weende sollen dann auch<br />
die dort ansässigen Privat- und Gewerbekunden<br />
von der nachhaltigen Wärme profitieren“,<br />
so Weitemeyer.<br />
DIE GÖTTINGER STADTWERKE sind für<br />
das Gas- und Wassernetz verantwortlich, aber<br />
auch einer der städtischen Fernwärmenetzbetreiber.<br />
Neben dem innerstädtischen<br />
Wärmenetz versorgt das kommunale Unternehmen<br />
die Zietenterrassen und das Kiesseekarree<br />
mit eigenen Blockheizkraftwerken.<br />
Ab Frühjahr 2021 soll die Anlage durch die<br />
Ergänzung einer Holzgasanlage in Kombination<br />
mit einem Gasmotor weiter ausgebaut<br />
werden, um gleichzeitig Strom und Wärme<br />
mit maximalem Wirkungsgrad zu erzeugen.<br />
TEXT CAROLIN SCHÄUFELE<br />
KONTAKT<br />
Stadtwerke Göttingen AG<br />
Hildebrandstraße 1<br />
37081 Göttingen<br />
Tel. 0551 3010<br />
www.stadtwerke-goettingen.de
unternehmen<br />
42 3 |<strong>2019</strong>
unternehmen<br />
Die Ess-Löffel<br />
Plastikmüll türmt sich zu Bergen, verschmutzt unsere<br />
Umwelt und findet sich sogar schon als Mikropartikel in<br />
lebenden Organismen wieder. Auf Partys und unterwegs wird<br />
noch viel zu oft Wegwerfbesteck verwendet.<br />
Die Göttinger Gründer von Kulero haben die Lösung:<br />
funktionstüchtige, essbare Löffel!<br />
TEXT CLAUDIA KLAFT FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
Sie sind Fans. Fans des Produkts, das sie vermarkten.<br />
Und sie werden neue Fans finden<br />
– Kunden. Denn das Produkt fällt in den<br />
Zeitgeist: „Weg mit dem Plastik! Wegwerfartikel,<br />
pfui!“ Und es könnte einen großen<br />
Teil der über zwei Milliarden Teile Einwegbestecke<br />
ersetzen, die alleine in Deutschland jährlich anfallen.<br />
Sie, das sind sechs junge Menschen.<br />
Das Produkt ist ein essbarer Löffel. Er besteht aus verschiedenen<br />
Mehlsorten und Wasser, kommt ohne Konservierungs-<br />
und künstliche Aromastoffe aus. Er hält<br />
Flüssigkeiten stand und ist sogar zu verzehren, in acht<br />
leckeren Sorten: Masala Magic, Anis, Spinat, Pfeffer, gesalzen,<br />
rote Bete, Minze und Schokolade. Aus 100 Prozent<br />
natürlichen Zutaten, umweltfreundlich und vegan.<br />
3 |<strong>2019</strong> 43
unternehmen<br />
44 3 |<strong>2019</strong><br />
KULERO HEISST DIE EINPERSONENGESELLSCHAFT<br />
von Juliane Schöning, die den Stein ins Rollen beziehungsweise<br />
die Innovation aus Indien nach Deutschland<br />
gebracht hat. „Der Anfang war eine glückliche Verkettung<br />
von zufälligen Begegnungen“, erzählt die Geschäftsführerin.<br />
Dass sie nach dem Abitur mit einer Freiwilligenorganisation<br />
nach Indien reiste und ihre Studienwahl<br />
deshalb auf Indologie fiel. Dass sie während ihres Studiums<br />
eine Projektstudie am Goethe-Institut im indischen<br />
Vadodara machte und dort in einem Restaurant<br />
auf diesen Löffel aufmerksam wurde. Dass sie danach<br />
recherchiert hat und so mit dem Produktentwickler ins<br />
Gespräch kam. Den sie, wie sich herausstellte, schon über<br />
» Vor Kulero liegt – auch aufgrund der<br />
umweltpolitischen Entwicklungen –<br />
eine sehr spannende Zeit mit großen<br />
Erfolgsaussichten. «<br />
Ursula Haufe<br />
die Freiwilligenorganisation kannte. Es war Hemant<br />
Chawla. Das ist so ein Moment, in dem die Welt nicht<br />
nur sprichwörtlich klein ist.<br />
Schnell war der Gesprächsfaden geknüpft, die Überlegungen<br />
wurden immer reifer. Schließlich fand die Tochter<br />
einer selbstständigen Handwerkerfamilie Geschmack daran,<br />
eine eigene Firma zu gründen und die essbaren Löffel<br />
mit den Entwicklern gemeinsam nach Deutschland zu<br />
bringen. Was dann folgte, war reges Netzwerken. Zunächst<br />
mit der ‚Gründungsförderung der Stabsstelle Kooperation<br />
und Innovation der Universität Göttingen‘. Was<br />
so sperrig klingt, ist eine agile Anlaufstelle für Studierende,<br />
die sich mit dem Gedanken tragen, eine Firma zu gründen.<br />
„Wir sind sehr gut beraten worden. Vor allem haben sie<br />
uns auf viele Angebote aufmerksam gemacht, die uns weitergebracht<br />
haben“, sagt die 25-Jährige. So auch auf die<br />
Kurse bei der Gründungsberatung MOBIL in Göttingen.<br />
Beim Südniedersachsen InnovationsCampus SNIC fanden<br />
sie einen Ansprechpartner für Crowdfunding.<br />
„Das einzig wirklich stressige war die deutsche Bürokratie“,<br />
erzählt Schöning. Gewerbeanmeldung, Handelsregistereintrag,<br />
Steuernummer des Finanzamts, dann die<br />
Klärung, dass die Löffel kein Besteck sind, sondern ein<br />
Lebensmittel, zertifiziert durch die indische Lebensmittelsicherheitsbehörde<br />
FSSAI und das deutsche Veterinäramt<br />
… „Sechs Wochen Behördenkram, immer wieder<br />
Telefonate, und das neben meinem Studium.“ Im Juli<br />
<strong>2019</strong> konnte es endlich offiziell losgehen: Das Unternehmen<br />
Kulero bahnt sich seinen Weg auf den deutschen<br />
Markt.<br />
MIT EINEM NETZWERK, das sich durch Freiwilligendienst<br />
und ein Start-up-Treffen in Northeim gefunden<br />
hat: Während Juliane Schöning die Fäden in der Hand<br />
hält, ist Hemant Chawla für Vertrieb und Logistik verantwortlich<br />
und Bindeglied nach Indien, wo er sich gemeinsam<br />
mit Kruvil Patel um die Fabrik und die Produktion<br />
kümmert. Annabell Schunk betreut den Social<br />
Media-Auftritt, Noah Hartig ist für Crowdfunding und<br />
Marketing zuständig, Theo Hollweg für Webseite und IT,<br />
und Chocco Nox aus Berlin ist ,Head of Happiness‘.<br />
„Ohne mein Team hätte ich das nicht machen können“,<br />
berichtet Schöning von der aufreibenden Gründungsphase.<br />
„Noch arbeiten alle ehrenamtlich, aber ich will sie<br />
bald in ein Angestelltenverhältnis übernehmen und noch<br />
weitere Leute einstellen.“ Damit das klappt, ist sie mit<br />
ihrem Team eifrig auf Akquisetour. Die ersten Erfolge<br />
sind verbucht, der Markt ist noch groß.<br />
Um frei in ihren Entscheidungen zu sein, verzichtet<br />
Schöning bewusst auf Bankkredite und Investoren. Stattdessen<br />
nimmt sie an Wettbewerben teil, unter anderem<br />
beim Innovationspreis des Landkreises Göttingen, bei<br />
Startgreen, beim Public Value Award. Ob sie dafür Preise<br />
einheimsen wird, weiß sie nicht, „aber wir erreichen dadurch<br />
Publicity, die sich auszahlen kann“. Sie nennt es<br />
„Kapital ohne Verpflichtungen“.<br />
Die Auszeichnung als ‚Gute Gründe(r)‘ im August<br />
kam dagegen überraschend (siehe Seite 46). „Darauf<br />
sind wir echt stolz und dankbar“, sagt Schöning freudestrahlend.<br />
Besonders innovative und tragfähige Geschäftsideen<br />
werden damit ausgezeichnet, die nachhaltigen<br />
Erfolg versprechen. „Die jungen Gründer beweisen<br />
mit ihrem Start-up: Ein zukunftsfähiges Produkt<br />
kann durch diese innovative Kombination von Wissen<br />
auf den Markt gebracht werden“, so Ursula Haufe,<br />
GWG-Geschäftsführerin und Jurymitglied. „Göttingen<br />
bietet den Gründern ein funktionierendes Gründerökosystem<br />
und damit ein gutes Umfeld zur weiteren<br />
Entwicklung. Vor Kulero liegt – auch aufgrund der umweltpolitischen<br />
Entwicklungen – eine sehr spannende<br />
Zeit mit großen Erfolgsaussichten.“
Next-Generation Firewalls<br />
Netzwerke sicher und wirksam schützen<br />
So geht moderne IT-Sicherheit: Schädlings-Bekämpfung • Inhalts-Filter • Sicherheits-Berichte<br />
• Cyber-Angriffe verhindern • Zero-Day-Exploits abwehren • Cloud-Dienste sicher nutzen<br />
Next-Generation Firewalls schützen Unternehmensnetze auch dann, wenn die Kommunikation mit<br />
dem Internet verschlüsselt abläuft. Komplexe Bedrohungen werden erkannt und unerwünschte Mails<br />
und Webseiten ausgefiltert. Informationen zu neuen Gefährdungen können umgehend berücksichtigt<br />
werden und die Administration ist vollständig browser-basiert.<br />
Was ist zu tun?<br />
Der Einsatz einer Firewall muss individuell<br />
geplant und an das Risikoprofil<br />
des jeweiligen Unternehmens<br />
angepasst werden: Wo liegen Daten,<br />
von wo muss auf diese Daten zugegriffen<br />
werden? Wie wird der Datenschutz<br />
(DS-GVO) berücksichtigt?<br />
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die Erfahrung der SerNet aus über<br />
23 Jahren erfolgreicher Arbeit für<br />
IT-Sicherheit zurück.<br />
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für Unternehmens-Netzwerke jeder Größe<br />
verfügbar. Auch für kleinere Netzwerke<br />
steht damit neueste Sicherheits-Technologie<br />
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• Inhaltsfilter für unerwünschte Webseiten<br />
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unternehmen<br />
Geschmack getroffen: Im August verliehen <strong>faktor</strong>-Herausgeber Marco Böhme, Landrat Bernhard Reuter, Oberbürgermeister<br />
Rolf-Georg Köhler, GWG-Geschäftsführerin Ursula Haufe und WRG-Geschäftsführer Detlev Barth (v. l.) die Gute-Gründe(r)-Urkunde an<br />
Juliane Schöning und Hemant Chawla (4. u. 3. v.r .) von Kulero.<br />
INNOVATIV IST KULERO IN VIELERLEI HINSICHT: vom<br />
geschmackvollen Produkt über die Finanzierung mittels<br />
Crowdfunding und Wettbewerbe bis zur Werbung via<br />
Social Media wie Instagram und Influencern. Schönings<br />
klares Ziel: erfolgreich durchstarten, das Sortiment um<br />
Gabeln, Kaffeerührer und Essstäbchen erweitern und in<br />
naher Zukunft in Deutschland produzieren. Sie, die in<br />
Höxter aufgewachsen ist, ihren Bachelor in Hamburg<br />
absolviert hat, seit dem Masterstudiengang in Göttingen<br />
lebt und hier mit Modern Indian Studies weitermacht,<br />
sagt: „Ich finde, Südniedersachsen wäre ein idealer, weil<br />
zentraler Standort.“<br />
Ihr Ansatz ist, sozial zu wirtschaften, Mitarbeitende<br />
zu beteiligen und faire Löhne zu zahlen. Der wertschätzende<br />
Umgang mit den Menschen und der Natur, also<br />
die ‚Chain-of-trust‘, ist fester Bestandteil ihrer Unternehmensphilosophie.<br />
50 Prozent der Gewinne werden reinvestiert,<br />
NGOs, die den CO 2 -Wert ausgleichen, werden<br />
unterstützt. Nachhaltigkeit ist das Credo der Jungunternehmerin.<br />
Übrigens: Kulero ist das Esperanto-Wort für Löffel.<br />
Vom Team bewusst gewählt, weil es eine internationale<br />
Bedeutung hat. Doch, was sie nicht wussten, ist, dass<br />
Herzberg im Harz die offizielle Esperanto-Stadt in<br />
Deutschland ist. Jetzt hat man sie dort eingeladen, und<br />
Juliane Schöning freut sich: „Momentan bin ich von der<br />
Resonanz überwältigt. Es tun sich gerade so viele Wege<br />
auf!“ Wege, auf denen Kulero sicher noch viele weitere<br />
Fans findet. ƒ<br />
Gute Gründe(r)<br />
Die Auszeichnung Gute Gründe(r) wird zweimal im Jahr<br />
von <strong>faktor</strong>, der WRG Wirtschaftsregion Göttingen und der<br />
GWG Gesellschaft für Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung<br />
Göttingen an jung gegründete Unternehmen vergeben,<br />
die vielversprechende und tragfähige Geschäftsideen<br />
haben und in besonderer Weise geeignet sind, in der<br />
Region ein positives Gründungsklima zu fördern. Die<br />
zweite Urkunde im Jahr <strong>2019</strong> ging an die Gründer von<br />
Kulero für ihre nachhaltigen, essbaren Löffel.<br />
www.kulero.de<br />
46 3 |<strong>2019</strong>
ARBEITSSICHERHEIT<br />
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Auf Flughöhe bleiben<br />
Exzellente Auszeichnungen für Thomas Lucas-Nülle und sein Xtentio-Team:<br />
Die Digitalisierungsexperten aus Göttingen sind gleich bei der ersten Teilnahme<br />
am Arbeitgeberwettbewerb ,Great Place to Work‘ unter die fünf Prozent<br />
der besten Unternehmen bundesweit gekommen.<br />
TEXT CAROLIN SCHÄUFELE FOTOGRAFIE MIRKO PLHA<br />
Thomas Lucas-Nülle ist Innovator, Kopf von<br />
Xtentio, digitaler Vordenker und Zukunftsimplementierer.<br />
Schon früh setzte er auf<br />
digitale Trends und Entwicklungen, hat<br />
viele Strömungen vorausgeahnt, die heute<br />
zum Standardrepertoire agil geführter Unternehmen<br />
gehören, und war Vorreiter in Sachen Produktinformationsmanagement<br />
(PIM), als noch niemand<br />
sonst wirklich davon sprach. Inzwischen gehören seine<br />
Abhandlungen darüber in diversen Studiengängen an<br />
Universitäten und Hochschulen zu den Standardwerken.<br />
Begonnen hat der gebürtige Kölner mit einem BWL-<br />
Studium in Stuttgart und verschiedenen Managementpositionen<br />
auf Kundenseite. Heute arbeitet Lucas- Nülle<br />
von Göttingen aus für große Unternehmen im gesamten<br />
deutschsprachigen Raum, deren Dependancen in der<br />
ganzen Welt zu finden sind. Den Kopf voller Ideen<br />
scheint Stillstehen für ihn keine Option zu sein.<br />
Lucas-Nülle selbst sagt von sich, sein Blick sei immer<br />
nach vorn gerichtet. Im Fokus Fragen der folgenden Art:<br />
Wie kann man Unternehmen in ihrer Produktkommunikation<br />
digital effizienter steuern? Wie lassen sich Smart<br />
Culture und New Work implementieren, um Unternehmen<br />
intern effizienter zu machen? Was kann man verändern,<br />
wie schnell darf es sein, um möglichst viele Mitarbeiter<br />
mitzunehmen?<br />
Angetrieben wird er von der Idee, Unternehmensstrukturen<br />
zu verbessern. Gelebt wird das auch in seinem eigenen<br />
Unternehmen Xtentio, das gleich bei der ersten<br />
Teilnahme bei ,Great Place to Work <strong>2019</strong>‘ drei Auszeichnungen<br />
bekommen hat und so zu den erfolgreichsten<br />
Arbeitgebern bundesweit gehört.<br />
ABER WAS GENAU MACHT XTENTIO? Mit dem Aufkommen<br />
des Desktop-Publishings und des E-Commerce<br />
erfuhr die Digitalisierung auch eine entscheidende<br />
Entwicklung in Richtung Produktkommunikation;<br />
produkt relevante Informationen müssen gezielt aufbereitet<br />
und verbreitet werden.<br />
Große Gruppen von Entscheidungsträgern bei der<br />
Auswahl neuer Software zu steuern und zu moderieren,<br />
ist eine Kernkompetenz der Firma. Im Klartext, Xtentio<br />
ist der Moderator zwischen einem Unternehmen und<br />
IT-Serviceleistern wie Softwareanbietern oder Integratoren,<br />
ein Vermittler also zwischen Welten, in denen die<br />
Beteiligten oft einfach nicht dieselbe Sprache sprechen.<br />
Die Consultants bei Xtentio betreuen ihre Kunden<br />
persönlich vor Ort. „Wir bringen IT-Zukunftstrends in<br />
Unternehmen, verändern Unternehmenskulturen und<br />
sorgen für Zukunftsfähigkeit durch Digitalisierung.“<br />
Und dabei ist Xtentio in diesem Bereich bundesweit führend.<br />
Zu den Kunden gehören Firmen wie Liebherr,<br />
48 3 |<strong>2019</strong>
unternehmen<br />
3 |<strong>2019</strong> 49
unternehmen<br />
»Für klassisch geführte Unternehmen ist die<br />
Digitalisierung eine enorme Herausforderung, nicht nur<br />
technologisch, sondern vor allem organisatorisch.«<br />
Wilo, Warema oder Viega. „Dabei geht es ganz oft auch<br />
um klassische Unternehmenskulturen, die dringend<br />
aufgebrochen werden müssen“, sagt Lucas- Nülle. Das<br />
heißt, wir reden hier nicht nur von New Work, sondern<br />
bringen auch neue, agile Projektmethoden in die Betriebe,<br />
die nicht bloß als Schlagworte aus der IT daherkommen.<br />
Unsere auf die Wirklichkeit angepassten Methoden<br />
funktionieren real.“<br />
Dabei behält Thomas Lucas-Nülle auch die eigene Unternehmenskultur<br />
ständig im Blick. „Es ist sicherlich<br />
keine Selbstverständlichkeit, dass Xtentio gleich bei der<br />
ersten Teilnahme an dem renommierten Arbeitgeberwettbewerb<br />
unter die fünf Prozent der besten Unternehmen<br />
bundesweit gewählt wurde“, sagt er. Xtentio sei<br />
mehr Familie als klassischer Arbeitgeber. „Bei uns steht<br />
definitiv die Menschlichkeit im Fokus, wir sind eine echte<br />
New-Work-Company.“<br />
Flache Hierarchien, ein Wir-Gefühl und agiles Arbeiten<br />
seien auch intern nicht nur Buzzwords, sondern würden<br />
real gelebt. Auch technologisch sei dies in Standardprozessen<br />
wie Reisemanagement oder im Office implementiert.<br />
„Wir feiern auch nicht wie andere.“ Die klassische<br />
Betriebsfeier gibt es nicht, dafür aber Firmenevents<br />
mit gemeinsamen echten und einmaligen Erlebnissen<br />
– wie zum Beispiel die viertägige Reise nach<br />
Lissa bon zum zehnjährigen Bestehen des Unternehmens,<br />
gemeinsam mit den Familien der Angestellten. „Deshalb<br />
heißen diese auch XTrophys.“, sagt er mit einem<br />
Schmunzeln im Gesicht.<br />
IMPLEMENTIERT IN DIE FIRMENPHILOSOPHIE sind<br />
auch großzügige Regelungen zu Elternzeit und Homeoffice<br />
sowie diverse Möglichkeiten zur Weiterentwicklung.<br />
„Ich will meine Mitarbeiter an das Unternehmen<br />
binden, und das geht nicht nur über finanzielle Mittel,<br />
sondern eben auch über eine ausgewogene Work-Life-<br />
B alance.“<br />
Und das scheint zu gelingen: Die Auszeichnungen<br />
2. Platz bei ,Bester Arbeitgeber Niedersachsen/Bremen‘,<br />
8. Platz bei ,Bester Arbeitgeber kleiner Mittelstand‘ und<br />
14. Platz ,Bester Arbeitgeber ITK‘, so die Platzierung bei<br />
,Great Place to Work <strong>2019</strong>‘, sprechen für sich. Abgefragt<br />
wurden dazu bei den Mitarbeitern die Bereiche Glaubwürdigkeit,<br />
Respekt, Fairness, Stolz und Teamgeist:<br />
Xtentio hat in allem mit jeweils mehr als 90 Prozent<br />
deutlich über der Benchmark der Besten abgeschnitten.<br />
POTENZIALE SICHTBAR MACHEN, den Weg aufzeigen,<br />
und Unternehmen auf diesem Weg begleiten, das ist das<br />
eine. Sich abzeichnende Trends zu erkennen, das andere.<br />
Für Lucas-Nülle sind die kommenden Themen, mit denen<br />
er sich aktuell beschäftigt, das Internet of Things,<br />
kurz IoT, sowie Potenziale und Risiken, die künstliche<br />
Intelligenz-Systeme im Zusammenhang mit der Nutzung<br />
von Quantenrechnern mit sich bringen. „Was sich in diesem<br />
Bereich alles tut, ist nicht nur unheimlich spannend,<br />
sondern manchmal auch unheimlich, wenn man es in<br />
aller Konsequenz durchdenkt“, sagt er.<br />
Um mit der rasend schnellen Entwicklung der Digitalisierung<br />
Schritt halten zu können, dürfe man selbst auf<br />
keinen Fall stehen bleiben, sagt Lucas-Nülle. „Im Grunde<br />
muss man selber extrem effizient und ständig auf Forschungsreise<br />
sein, fasziniert und auf Flughöhe bleiben.<br />
Das ist unser Job!“<br />
Wenn es Unternehmen gelingt, mithilfe von Xtentio<br />
essenzielle Prozesse anzustoßen und diese verwirklicht<br />
werden, dann sei das Potenzial riesig. Der Weg dahin sei<br />
zugegeben mitunter steinig. „Für klassisch geführte Firmen<br />
ist die Digitalisierung eine enorme Herausforderung,<br />
nicht nur technologisch, sondern vor allem organisatorisch.<br />
Da fehlt es oft nicht nur an Ressourcen und Strukturen,<br />
sondern vor allem an Know-how und Best Practises,<br />
gerade bei sehr großen Unternehmen. Da kommen wir<br />
ins Spiel. Das ist dann ein Fall für Xtentio!“ ƒ<br />
50 3 |<strong>2019</strong>
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PROBIEREN – Probieren ist das Wichtigste<br />
bei vomFass! Wir gehen keine Kompromisse<br />
ein und verkaufen nur, was handwerklich,<br />
nachhaltig und aus besten Zutaten hergestellt<br />
wurde. Nicht ohne Grund wird die außerordentliche<br />
Qualität unserer Produkte regelmäßig<br />
durch hohe Auszeichnungen bestätigt.<br />
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am Genuss. Kompetente Tipps helfen Ihnen<br />
abschließend dabei, Gerichte mit vomFass-<br />
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zu verwandeln oder sich und andere<br />
mit individualisierten Geschenkideen<br />
Freude zu bereiten.<br />
VERKOSTUNGEN – Wir starten in diesem<br />
Jahr mit den unterschiedlichsten Verkostungen.<br />
Themen und Termine finden Sie auf<br />
unserer Website und natürlich im Geschäft.<br />
KONTAKT<br />
vomFass Göttingen<br />
Thomas Rausch<br />
Lange-Geismar-Straße 31<br />
37073 Göttingen<br />
Tel. 0551 89024792<br />
www.vomfass.de<br />
vomfass-goettingen@gmx.de
PROFIL<br />
Feedback: Türöffner für eine neue<br />
Unternehmenskultur<br />
nevo – wir steuern Kommunikation.<br />
Daniel Liebermann<br />
Dr. Florian Besch<br />
Das ist das Haus vom Nikolaus: Den<br />
Kinderspruch und das dazugehörige<br />
Zeichenspiel kennen sicher viele.<br />
Nehmen Sie diese Übung, ein langes Seil,<br />
eine Gruppe von Kollegen und 13,5 Minuten<br />
Zeit und machen Sie aus einer Gruppe ein<br />
Team. Zwölf Minuten bekommen die Teilnehmer<br />
zum Planen, 90 Sekunden zum Ausführen.<br />
Während der Ausführung, bei der die Teilnehmer<br />
sich nicht austauschen dürfen, entsteht<br />
Dynamik, ein Gruppenprozess, ähnlich denen<br />
im Arbeitsalltag: Wer übernimmt die Führung?<br />
Gibt es eine gemeinsame Kommunikationskultur?<br />
Wie wird mit Ideen umgegangen? Wie<br />
werden Entscheidungen getroffen? – Mit der<br />
Beobachtung dieser Interaktionen können bestehende<br />
Strukturen analysiert, Probleme erkannt<br />
und eine neue Art der Zusammenarbeit<br />
etabliert werden. Das ist der Job von nevo.<br />
DANIEL LIEBERMANN und Dr. Florian Besch<br />
gründeten 2012 gemeinsam mit ihrem Kollegen<br />
Marc Lehmann nevo. Sie lernten sich über ihre<br />
Leidenschaft für Outdoor-Aktivitäten kennen<br />
und erkannten schnell das Potenzial, das bei einem<br />
Zusammenschluss entstehen könnte. Mittlerweile<br />
sind sie in ihrem Bereich hochspezialisiert.<br />
„Wir bieten maßgeschneiderte Seminare<br />
und Workshops in der Personal- und Organisationsentwicklung<br />
mit den Schwerpunkten Führungskräftetraining,<br />
Kommuni kation, Konflikt<br />
und soziale Interaktion an sowie Mindfulness-<br />
Trainings“, erklärt Coach Liebermann. „Wir<br />
begleiten und coachen Gruppen, Abteilungen,<br />
Teams und Einzelpersonen mit Leidenschaft<br />
und Begeisterung, sehr flexibel und kundenorientiert<br />
und immer ziel-, lösungs- und handlungsorientiert.“<br />
Der Kern einer funktionierenden<br />
Unternehmens kultur: ehrliches Feedback!<br />
Das Arbeitsleben sei nicht einfacher geworden,<br />
fassen die beiden nevo-Gründer zusammen.<br />
Aufgrund von Arbeitsverdichtung und Digitalisierung<br />
gestalte sich das berufliche Umfeld<br />
immer komplexer, was zu einer hohen Verunsicherung<br />
führen könne. „Viele haben das Gefühl,<br />
nicht zu wissen, was sie morgen erwartet“, sagt<br />
Besch. Gerade in dieser Situation sei es ihrer Ansicht<br />
nach immens wichtig, als Team zu funktionieren<br />
und zusammenzuarbeiten. „Trotz neuer<br />
und guter Organisationsformen sind hier vor<br />
allem die zwischenmenschlichen Skills wichtig.<br />
Man muss dem Gegenüber aufrichtig, aber auch<br />
wertschätzend sagen können, was einem gefällt<br />
beziehungsweise nicht gefällt. Das gibt Sicher-<br />
FOTOS: LUKA GORJUP
ANZEIGE<br />
Gewusst wie. Dr. Florian Besch (l.) und Daniel Liebermann fischen gemeinsam nach der richtigen Feedbackkultur.<br />
heit und macht Arbeitsprozesse viel effizienter“,<br />
so Liebermann.<br />
Bis heute bekommen die beiden Coaches von<br />
Unternehmen rückgemeldet, dass es zwar Versuche<br />
gegeben hätte, eine Feedbackkultur im<br />
Betrieb einzuführen, es jedoch stets bei der Umsetzung<br />
hapere. „Es liegt häufig daran, dass Mitarbeiter<br />
in Drucksituationen in alte Rollen verfallen<br />
oder das Gegenüber das Feedback nicht<br />
annehmen kann“, sagt Besch. „Da kommen<br />
dann wir ins Spiel.“ Denn nevo analysiert nicht<br />
nur mögliche Probleme – nevo bietet auch nachhaltige<br />
Lösungen an.<br />
Vom Tool zur inneren Haltung<br />
Denn es ist nicht damit getan, einfach nur die<br />
Tools für eine gute Feedbackkultur zu lernen. Sie<br />
muss verinnerlicht und zu einer inneren Haltung<br />
werden – und das braucht mitunter Zeit.<br />
„Vor diesem Hintergrund planen wir im Oktober<br />
auch erstmals ein großes Event zu diesem Thema,<br />
um HRlern und Führungskräften Methoden<br />
und Programme vorzustellen, die helfen, die<br />
Feed backkultur in ihren Unternehmen zu etablieren“,<br />
erklärt Liebermann.<br />
So findet am 28. Oktober <strong>2019</strong> im Hotel<br />
FREIgeist Northeim die ,Feed back-Open – die<br />
HR-Werkstatt in Südniedersachsen‘ statt. Laut<br />
Besch eine „kleine, feine“ Veranstaltung: „Die<br />
Teilnehmer, die sich nicht kennen, werden gemeinsam<br />
mit uns an möglichen Methoden und<br />
Maßnahmen arbeiten und dabei überlegen, was<br />
in ihren eigenen Unternehmen eventuell sinnvoll<br />
sein könnte.“<br />
Die Coaches sprechen hier von Feed back,<br />
Feedforward und FeedCulture. Im klassischen<br />
Feedback, wie zum Beispiel dem Mitarbeitergespräch,<br />
wird häufig viel zurückgeschaut, was<br />
gut und was nicht gut ist. Im Feedforward werden<br />
zukunftsorientiert – und auch an den Stärken<br />
und Ressourcen orientiert – Wünsche und Rückmeldungen<br />
formuliert. Der Begriff Feed Culture<br />
ist eine Innovation von Liebermann und Besch:<br />
„Unsere Idee einer FeedCulture ist, dass in einem<br />
Unternehmen Feedback als wertschätzendes,<br />
ziel- und ressourcenorientiertes Tool in jeder<br />
zwischenmenschlichen Kommuni kation im Unternehmensalltag<br />
etabliert und verinnerlicht ist“,<br />
so Besch. Dies führe zu einer wertschätzenden<br />
und wertschöpfenden Unterneh menskultur, die<br />
der Unsicherheit und Komplexität entgegenwirkt<br />
und einen erfolgreichen Weg für die moderne<br />
Arbeitswelt aufzeigt. Das erklärte Ziel von nevo:<br />
FeedCulture mit Begeisterung belegen. „Es ist<br />
die Bombe, die von innen wirkt.“<br />
TEXT CAROLIN SCHÄUFELE<br />
Die Feedback-Open ,Die HR-Werkstatt in<br />
Südniedersachsen‘ findet am 28.10.<strong>2019</strong><br />
von 16 bis 19.30 Uhr mit anschließendem<br />
Snack im Hotel FREIGeist Northeim statt.<br />
Nähere Informationen unter:<br />
www.feedculture.de.<br />
Informationen zu nevo finden Sie auch<br />
unter: www.nevoteam.de<br />
KONTAKT<br />
nevo – Training, Coaching, Entwicklung<br />
Am Hasengraben 3<br />
37073 Göttingen<br />
Tel. 0551 492 482 82<br />
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unternehmen<br />
Heimwerken im<br />
digitalen Zeitalter<br />
54 3 |<strong>2019</strong>
unternehmen<br />
Mit Kurts Toolbox steht mitten in Einbeck<br />
die weltweit erste Toolsharing-Plattform, die<br />
es ermöglicht, Werkzeuge per App zu mieten.<br />
Kurt König und Fabian Schuster (v.l.) präsentieren<br />
damit ein Konzept mit Zukunft.<br />
TEXT JONAS KNOSTMANN FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
3 |<strong>2019</strong> 55
unternehmen<br />
»Der Sharing-Gedanke wird in Deutschland immer größer –<br />
warum sollte man also nicht auch sein Werkzeug teilen? «<br />
56 3 |<strong>2019</strong><br />
Wahrscheinlich hat fast jeder<br />
schon einmal eine ähnliche<br />
Situa tion erlebt: Man sitzt<br />
abends zu Hause, das Wochenende<br />
steht vor der Tür, und man<br />
denkt, dass die Hecke endlich<br />
mal wieder geschnitten werden<br />
müsste – nur fehlt das passende Werkzeug dafür. Was<br />
also tun? Freunde, Bekannte oder Nachbarn fragen?<br />
Oder sich das fehlende Teil lieber doch direkt kaufen?<br />
Für genau solche Fälle hat der Baumaschinenhändler<br />
Kurt König aus Einbeck ,Kurts Toolbox‘ entwickelt. Der<br />
zweistöckige Container, der auf dem Parkplatz eines<br />
Baumarktes in der Bier- und Fachwerkstadt steht, ist die<br />
weltweit erste Toolsharing-Plattform und ermöglicht es<br />
Heimwerkern, ohne größeren Aufwand professionelles<br />
Werkzeug auszuleihen. „Von Bohrmaschine und Winkelschleifer<br />
über Kettensäge und Vertikutierer können Kunden<br />
hier über eine zugehörige App das benötigte Gerät<br />
reservieren und rund um die Uhr aus einer der Boxen<br />
abholen“, erklärt der Geschäftsführer das Prinzip. Nach<br />
dem Zurückbringen wird dann minutengenau abgerechnet.<br />
Bezahlt wird via Kreditkarte oder Lastschrift. Das<br />
alles geschieht über eine intuitiv bedienbare App, die sich<br />
Nutzer kostenlos über den App Store herunterladen können.<br />
Nach einem kurzen Anmeldeprozedere steht dem<br />
Ausleihen nichts mehr im Wege.<br />
FÜR KURT KÖNIG, der das Familienunternehmen in dritter<br />
Generation führt, und Fabian Schuster, der das Projekt<br />
rund um die Plattform leitet, ist die Toolbox ein logischer<br />
Schritt: Im Kerngeschäft vermietet König größere<br />
Baumaschinen wie Bagger und Muldenkipper an andere<br />
Firmen. Mit der Toolbox richtet sich das Unternehmen<br />
nun auch an Privatkunden. „Unser B2C-Bereich war natürlich<br />
nicht so stark wie das B2B-Geschäft, das wollten<br />
wir ändern“, erzählt Schuster. „Die Frage war, wie wir<br />
mit unserer Leidenschaft fürs Vermietungsgeschäft auch<br />
Privatkunden erreichen können.“ Etwa ein Jahr hat es<br />
von der Idee zur Entwicklung gebraucht, seit Juni 2018<br />
steht der Prototyp nun in Einbeck. Das zugehörige Marketingkonzept<br />
wurde durch ein eigens gegründetes Lab<br />
gemeinsam mit Hamburger Studierenden entwickelt.<br />
Die beiden Entwickler sehen das Projekt als Teil der<br />
Sharing Economy, das dem aktuellen Zeitgeist entspricht.<br />
„Der Sharing-Gedanke wird in Deutschland immer größer<br />
– warum sollte man also nicht auch sein Werkzeug<br />
teilen?“, sagt König. „Viele Menschen können oder wollen<br />
gerade für kleinere Projekte keine Handwerker kommen<br />
lassen – wir bieten ihnen die Möglichkeit, ihre Ideen<br />
mit professionellem Equipment selbst umzusetzen, ohne<br />
sich die oft teuren Geräte und Maschinen kaufen zu<br />
müssen.“ Außerdem würde damit dem Nachhaltigkeitsgedanken<br />
Rechnung getragen.<br />
VIELES HABE MAN SICH DABEI vom Carsharing abgeschaut,<br />
das in Deutschland bekanntlich seit Jahren etabliert<br />
ist. Wichtig sei Schuster dabei vor allem die Einfachheit:<br />
„Die Kunden sollen sich keine Gedanken machen<br />
müssen. Werkzeug reservieren, abholen und los geht’s!“<br />
Deswegen wären zum Beispiel bei Bohrmaschinen immer<br />
auch die passenden Aufsätze inklusive. Natürlich habe es<br />
auch Skeptiker gegeben – vor allem ,ältere Semester‘<br />
konnten dem Konzept anfangs nur wenig abgewinnen,<br />
erzählt König. „Für ältere Generationen ist die Digitalisierung<br />
schon noch Hemmnis.“ Dass die Toolbox aber für<br />
Kunden jeden Alters einfach zu bedienen ist, zeige das Beispiel<br />
eines Einbecker Rentners, der sich beim ersten Mal<br />
das App-System von seinen Enkeln kurz erklären ließ<br />
und seither regelmäßig allein zum Ausleihen kommt.
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unternehmen<br />
ANGENOMMEN WURDE DIE TOOLBOX laut König und<br />
Schuster im ersten Jahr gut. „Es gibt bereits eine beachtliche<br />
Zahl von Stammkunden, neue kommen laufend<br />
hinzu“, sagt der Geschäftsführer zufrieden. Die App<br />
wurde im Google und Apple Store bisher über 3.000<br />
Mal heruntergeladen. Natürlich sei es je nach Jahreszeit<br />
unterschiedlich, welche Werkzeuge am gefragtesten sind.<br />
„Allgemein lässt sich aber feststellen, dass die volle Bandbreite<br />
der angebotenen Geräte auch genutzt wird“, erklärt<br />
Schuster. Ihre Kunden schätzten die Qualität der<br />
Profiwerkzeuge, welche die Arbeit massiv erleichtern.<br />
„Hin und wieder werden Produkte auch gekauft.“ Errechnet<br />
sich ein Nutzer nämlich, dass die Leihgebühr für<br />
ein Werkzeug den Kaufpreis übersteigt, besteht die Möglichkeit<br />
das geliehene Gerät direkt über die App zu kaufen<br />
und zu behalten.<br />
Auch das Fachpublikum konnten Idee und Umsetzung<br />
bereits überzeugen: Auf der Innovationsmesse Digital X<br />
North in Hamburg gewann das Unternehmen mit ihrer<br />
ersten Toolsharing-Plattform der Welt im Juni in der Kategorie<br />
,Digitale Transformation Mittelstand‘ den Preis<br />
,Regionaler Digital Champion‘.<br />
Die nächste Toolbox soll zeitnah in Stade aufgestellt<br />
werden, außerdem gibt es Pläne für Boxen im Baltikum,<br />
das als europäisches Vorbild in Sachen Digitalisierung<br />
gilt. Neben weiteren Standorten arbeitet die Firma aber<br />
aktuell auch an einem Franchisesystem. Derzeit werden<br />
sowohl im In- als auch im Ausland Gespräche mit potenziellen<br />
Franchisenehmern geführt. „Heimwerker gibt es<br />
überall, und der Trend zum Selbermachen wird immer<br />
größer“, sagt König. „Wir sind davon überzeugt, dass<br />
unsere Idee auch in anderen Regionen ankommt. „Wir<br />
wollen die Innovation aus Einbeck weltweit bekannt<br />
machen.“ ƒ<br />
Wo steht die Box?<br />
kurts toolbox<br />
Schwammelwitzer Str. 11<br />
37574 Einbeck<br />
Appname: kurts<br />
Google Play Store:<br />
Apple App Store:<br />
58 3 |<strong>2019</strong>
Teil von<br />
etwas<br />
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HSP STEUER Göttingen ist ein eigenständiges Mitglied im<br />
Kooperationsverbund der HSP GRUPPE. Die HSP GRUPPE<br />
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sowie der Wirtschaftsprüfung und verbindet die<br />
persönliche Beratung vor Ort mit der Kraft eines Verbunds<br />
von Fachleuten, der für jede Frage eine Lösung bietet.<br />
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Strategien für Ihre Zukunft. Wir synchronisieren verschiedenen<br />
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Dr. Marco Scheuchzer<br />
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Telefon +49. 551. 82 08 07-0 • E-Mail goettingen@hsp-steuer.de<br />
www.hsp-steuer.de/goettingen
wissen<br />
KONTAKT<br />
Sascha Riedeberger<br />
– digital since 1985<br />
Tel. 0551 28879405<br />
info@riedeberger.digital<br />
https://riedeberger.digital<br />
60 3 |<strong>2019</strong>
wissen<br />
Wie ein Mückenstich<br />
Sascha Riedeberger begleitet Unternehmer in eine digitale Zukunft, in der wir stärker unser<br />
wahres Potenzial ausschöpfen. Für den Experten müssen Veränderungen beim Menschen beginnen<br />
und nicht bei den Maschinen.<br />
TEXT ANJA DANISEWITSCH FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
Der größte Feind des Fortschritts ist nicht<br />
der Irrtum, sondern die Trägheit“, schrieb<br />
der englische Historiker und Autor Henry<br />
Thomas Buckle (1821 - 1862) und ist mit<br />
dieser Erkenntnis noch über hundert Jahre<br />
später aktuell wie nie. Das zumindest meint Sascha<br />
Riedeberger, der seit fast 25 Jahren Unternehmen auf<br />
dem Weg in die digitale Zukunft begleitet. Und das mit<br />
Leidenschaft. Denn die digitale Transformation ist für<br />
ihn kein Selbstzweck des Fortschritts, dem man blind<br />
folgen sollte. Er sagt: „Wir können, anstatt tagelang Listen<br />
abzuarbeiten, viel wichtigere und interessante Dinge<br />
tun, kreativ sein. Wir werden uns, da bin ich sicher, in<br />
Zukunft nicht mehr über Arbeit definieren, so wie wir es<br />
heute noch tun.“ Allerdings scheuen sich viele Unternehmer,<br />
die notwendigen und drängenden Veränderungen<br />
anzugehen. Vielleicht aus Unsicherheit, vielleicht aus<br />
Angst, falsche Entscheidungen zu treffen, oder weil es<br />
bisher auch ganz gut ohne ging. Als Folge der jahrzehntelangen<br />
Verdrängung ist Deutschland in diesem Bereich<br />
bereits heute Entwicklungsland. „Selbst kleine Länder<br />
wie Estland machen uns vor, wie ein wirtschaftlicher und<br />
gesellschaftlicher Wandel aussieht und wie Digitalisierung<br />
den Alltag der Menschen vereinfacht“, so Riedeberger.<br />
ER SELBST IST MIT DEN ANFÄNGEN der Digitalisierung<br />
groß geworden. Der Claim seines Unternehmens lautet<br />
daher auch: ,Digital since 1985‘ – dem Jahr, als er mit zehn<br />
Jahren seinen ersten Computer bekam. Dennoch trifft<br />
man bei Riedeberger nicht auf einen freakigen Nerd – das<br />
Klischee des menschenscheuen ITlers erfüllt er nicht.<br />
Ganz im Gegenteil: „Auf dem Weg in die Digitalisierung<br />
und die digitale Transformation sind der Mensch und<br />
Kommunikation die wichtigsten Komponenten, wenn<br />
man es so nennen möchte. Ohne ein Wollen des Firmeninhabers<br />
funktioniert es nicht.“ Digitalisierung ist demnach<br />
keine Frage, sondern eine Entscheidung.<br />
DOCH WAS BEDEUTET DAS ÜBERHAUPT: Digitalisierung<br />
und digitale Transformation? Oft wird bei diesem<br />
Thema vieles in einen Topf geworfen, und am Ende bleibt<br />
diffuses Halbwissen und nichts Genaues. Dabei ist Digitalisierung<br />
nichts anderes, als analoge Informationen in<br />
ein elektronisches System einzugeben, diese weiterzuverarbeiten<br />
und zu speichern. Ein Vorgang, der als sogenannte<br />
Insellösung hier und da in vielen Unternehmen alltäglich ist.<br />
Was fehlt, ist die Kommunikation dieser ‚Inseln‘ untereinander.<br />
„Bei der digitalen Transformation hingegen stelle<br />
man sich folgenden Bild vor: Am Anfang haben wir eine<br />
Raupe, die durch Transformation zu einem Schmetterling<br />
wird. Entwickelt sich hingegen ein Unternehmen nur weiter,<br />
wird die Raupe einfach dicker“, so der 44-Jährige.<br />
„ICH BIN WIE EIN MÜCKENSTICH“, sagt Riedeberger<br />
mit einem selbstbewussten Lächeln, wenn er von seiner<br />
Arbeit spricht. Vor allem inhabergeführte mittelständische<br />
Unternehmen begleitet er gern auf dem Weg in eine<br />
neue Arbeitswelt. „Ich hinterfrage vieles und bin durch<br />
meine Erfahrung gedanklich sehr schnell bei den Menschen,<br />
verstehe, wie sie arbeiten und welche Prozesse<br />
ablaufen oder eben noch nicht.“ Nach der Analyse des<br />
Ist-Zustandes ist es von entscheidender Bedeutung, alle<br />
mit ins Boot zu holen: Die Mitarbeiter müssen den<br />
Transforma tionsprozess genauso unterstützen wie der<br />
Geschäftsführer. „Bevor wir neue Tools und Prozesse in<br />
der Produktion verändern, arbeiten wir am Mindset der<br />
Menschen“, so der Begleiter, wie Riedeberger sich selbst<br />
bezeichnet. Er ist dabei, wenn es darum geht, sich für<br />
Neuerungen zu öffnen und im Unternehmen Raum zu<br />
schaffen fürs Lernen. Und lernen bedeutet immer auch,<br />
Fehler als Teil eines Prozesses zu akzeptieren. Denn eine<br />
Transformation ist kein linearer Prozess: Ein Unternehmen<br />
zu transformieren, heißt auch, den Mut zu haben,<br />
etwas auszuprobieren, innovativ zu denken – so wie<br />
einst die Gründerväter der Industriellen Revolution. ƒ<br />
3 |<strong>2019</strong> 61
wissen<br />
Energieagentur Region Göttingen, Caroline Werner, Doreen Fragel und Julia Mertens (v.l.)<br />
62 3 |<strong>2019</strong>
wissen<br />
Gutes Klima schaffen<br />
Zehn Jahre setzt sich die Energieagentur Region Göttingen nun schon für<br />
Energiesparen und -effizienz ein und vernetzt die engagierten Akteure in der Region.<br />
TEXT STEFAN LIEBIG FOTOGRAFIE LUKA GORJUP<br />
Wir machen keine Pause, denn<br />
es gibt viel zu tun!“ – So<br />
empfängt die Energieagentur<br />
Region Göttingen ihre Besucher<br />
auf der Homepage. Der<br />
Verein – der in diesem Jahr<br />
Jubiläum feiert –, unterstützt<br />
inzwischen seit zehn Jahren<br />
Privatleute, Kommunen, besonders aber auch Unternehmer<br />
in Südniedersachsen unermüdlich bei dem Bestreben,<br />
weniger Energie zu verbrauchen bzw. die Energie<br />
effizienter zu nutzen. Geschäftsführerin des Vereins ist<br />
Doreen Fragel, die sich als Netzwerkerin in der Region<br />
versteht und als Ansprechpartnerin zur Verfügung steht.<br />
Im häufig stressigen Tagesgeschäft der Unternehmer<br />
findet sie gemeinsam mit ihren Mitarbeitern immer wieder<br />
Ansätze, um schnell messbare Erfolge zu ermög lichen.<br />
Die Ideen reichen von energiesparenden Elektro geräten<br />
oder der Umrüstung auf LED-Beleuchtung, die sich meist<br />
schnell amortisieren, bis hin zur Installation von autarken<br />
Energieversorgungsanlagen wie Blockheizkraftwerken<br />
(BHKW). Von dieser oft kostenlosen Beratung und<br />
von der Umsetzung der Maßnahmen sowie den damit<br />
eingesparten Ressourcen und der Schadstoffvermeidung<br />
profitieren seit Jahren aber nicht nur die jeweiligen Unternehmen,<br />
sondern am Ende die gesamte Region.<br />
Durch die gute Zusammenarbeit der Energieagentur<br />
mit anderen regionalen und nationalen Netzwerken und<br />
Verbänden steht den Interessenten dabei ein immenser<br />
Sachverstand zur Verfügung. Dieser reicht über die oben<br />
angeführten Beispiele weit hinaus und geht bis zur Beratung<br />
für Förderprogramme, die sowohl im privaten als<br />
auch im gewerblichen Bereich eine große Hilfe darstellen<br />
können.<br />
Ein großer Teil der Arbeit der Energieagentur fließt seit<br />
drei Jahren auch in das betreute ,Unternehmensnetzwerk<br />
Energie effizienz‘, das sogar von öffentlicher Seite unterstützt<br />
wird: Dabei treffen sich Unternehmer aus der Region<br />
in regelmäßigen Abständen – unter der Leitung der<br />
Vereinsmitarbeiter Caroline Werner, Julia Mertens und<br />
Aaron Fraeter –, um sich über Energie- und Ressourceneffizienz<br />
auszutauschen und sich ihre Unternehmen und<br />
Projekte gegenseitig vorzustellen. Fachvorträge, Besichtigungen<br />
und Effizienzstammtische bieten komprimiertes<br />
Wissen und eine rege genutzte Diskussionsplattform.<br />
Und der Erfolg gibt ihnen recht. Das von der NBank<br />
finanzierte Konzept geht in diesem Jahr bereits in die<br />
dritte Teilnehmerrunde.<br />
Was genau das Unternehmensnetzwerk Energieeffizienz<br />
bzw. die einzelnen Maßnahmen so erfolgreich<br />
macht, davon berichten die Teilnehmer auf den folgenden<br />
Seiten aus erster Hand.<br />
3 |<strong>2019</strong> 63
wissen<br />
HOTEL LETZTER HELLER, Martina Lange<br />
»LED-Lampen, neue Kühlschränke und<br />
Küchenherde sind Stellschrauben, mit denen<br />
sich viel Geld einsparen lässt und die sich<br />
schneller amortisieren, als man denkt. «<br />
Martina Lange<br />
Gegenseitiges Anstacheln<br />
„Die Fridays for Future haben endlich Fahrt in den<br />
Kampf gegen den Klimawandel gebracht“, sagt Katrin<br />
Schlick. Gemeinsam mit ihrem Mann Andreas Backfisch<br />
führt sie die Geschäfte des Lotta-Karotta-Bio-Lieferservices.<br />
Das inzwischen 24 Mitarbeiter beschäftigende<br />
Unternehmen im Gleichener Ortsteil Rittmarshausen ist<br />
vom Unternehmensziel her bereits ökologisch ausgerichtet,<br />
dennoch gibt es abseits vom Kerngeschäft viele Bereiche,<br />
in denen kompetente Hilfe viel Energie, Zeit und<br />
Geld sparen kann. „Wir haben unser seit 14 Jahren gepachtetes<br />
Gebäude im vergangenen Jahr kaufen können.<br />
Dass wir bereits im Energieeffizienz-Netzwerk Mitglied<br />
waren, hat uns bei der Modernisierung und Zukunftsausrichtung<br />
sehr geholfen“, berichtet Schlick. Die Liste<br />
der erfolgten Maßnahmen ist dementsprechend beeindruckend:<br />
Eine 94-Kilowatt-Solaranlage mit 15-Kilowatt-Speicher<br />
und Erweiterungsoption wurde<br />
installiert, das Dach isoliert und renoviert, in vielen<br />
Bereichen auf LED-Beleuchtung umgestellt<br />
und die Öl-/Nachtspeicherheizung durch eine<br />
Pellet heizung ersetzt. Neue Böden, ein neues Hallentor<br />
und moderne Kühltechnik mit Wärmerückgewinnung<br />
runden das etwa 450.000 Euro schwere<br />
Investitionspaket ab, das von regionalen Handwerkern<br />
– größtenteils auch Mitglieder des Netzwerks –<br />
umgesetzt wurde. „Man erhält im Netzwerk Ideen, Unterstützung<br />
und Anregungen, sogar an Wettbewerben<br />
teilzunehmen – und nicht zuletzt stachelt man sich gegenseitig<br />
auch an …“, sagt Schlick höchst zufrieden.<br />
LOTTA KAROTTA, Katrin Schlick und Andreas Backfisch<br />
64 3 |<strong>2019</strong>
wissen<br />
Sparpotenziale beeindrucken<br />
In wenigen Branchen gibt es wohl so viele Ansatzpunkte<br />
zum Energiesparen wie in der Hotellerie. Tom Lange,<br />
Inhaber des Hotels Letzter Heller in Hann. Münden,<br />
kann dies bestätigen – insbesondere, weil Teile seines<br />
Unternehmens auch noch unter Denkmalschutz stehen.<br />
Schon die erste Bestandsaufnahme durch die Energieagentur<br />
zeigte ihm enorme Sparpotenziale im Bereich<br />
Wärme und Beleuchtung auf. „LED-Lampen, neue<br />
Kühlschränke und Küchenherde sind Stellschrauben,<br />
mit denen sich viel Geld einsparen lässt und die sich<br />
schneller amortisieren, als man denkt“, erklärt auch<br />
seine Frau Martina Lange, die das Hotel seit 29 Jahren<br />
gemeinsam mit ihrem Mann leitet. Mit der Foto voltaik-<br />
Anlage und der Ladestation für Elektroautos unterstreichen<br />
die beiden Südlink-Gegner ihr Engagement<br />
für dezentrale Energieversorgung. Für die Hoteliers<br />
sind es wichtige Investitionen in die Zukunft des<br />
seit 125 Jahren bestehenden Familienunternehmens.<br />
Sie schätzen die neuen Ideen aus dem Netzwerk,<br />
die ihnen bereits viele neue Möglichkeiten<br />
eröffnet haben.<br />
BIOENERGIE GIEBOLDEHAUSEN, Mario Sommer<br />
„Man erhält im Netzwerk Ideen,<br />
Unterstützung und Anregungen,<br />
sogar an Wettbewerben teilzunehmen<br />
– und nicht zuletzt stachelt man sich<br />
gegenseitig auch an …“ Katrin Schlick<br />
Schüler lernen<br />
Schüler wollen Resultate sehen – das sehen wir jeden<br />
Freitag. Was liegt also näher als der direkte Kontakt<br />
zwischen Bioenergieproduzent und Schulen? Das<br />
Unternehmen BioEnergie Gieboldehausen versorgt die<br />
Gesamtschule KGS sowie mehrere Unternehmen des<br />
Gieboldehäuser Gewerbegebiets mit Biogas. Drei Blockheizkraftwerke<br />
produzieren jeweils bis zu 190 Kilowatt<br />
pro Stunde. Bis zu 4,7 Millionen Kilowattstunden sind<br />
laut Geschäftsführer Mario Sommer erreichbar. Er und<br />
seine beiden Mitarbeiter boten Schülern bereits mehrfach<br />
tiefe Einblicke in die nachhaltige Energieproduktion.<br />
Kürzlich ging auch der benachbarte Kindergarten ans<br />
Netz, und so müssen die Führungen wohl noch an neue<br />
Altersgruppen angepasst werden. Im Energieeffizienznetzwerk<br />
sieht sich Sommer als Impulsgeber für BHKW-<br />
Interessenten und profitiert von dem gemeinsam mit der<br />
Energieagentur optimierten Energiemanagement: Durch<br />
eine Verbesserung der Rühranlage, die die für die Energieerzeugung<br />
notwendigen nachwachsenden Rohstoffe<br />
– zum Beispiel Mais, Roggen, Gras, Gülle oder Mist –<br />
konstant rühren muss, arbeitet diese deutlich effektiver.<br />
Für Sommer, der eigentlich auf eine größere Energieproduktion<br />
aus war, „ein Erfolg an einer anderen Stelle, als<br />
ich es erwartet habe“.<br />
3 |<strong>2019</strong> 65
wissen<br />
» Ich ziehe große Motivation<br />
und viele neue Anregungen<br />
aus den Netzwerktreffen<br />
mit anderen Unternehmern und<br />
Experten. « Birgitt Witter-Wirsam<br />
HOLZLAND HASSELBACH, Birgitt Witter-Wirsam<br />
In Vorleistung getreten<br />
Birgitt Witter-Wirsam, Geschäftsführerin von Holzland<br />
Hasselbach, stellt bei ihrer Kundschaft fest, dass sie sehr<br />
umweltorientiert denkt, aber häufig doch preisorientiert<br />
einkauft: Zertifizierte Hölzer und ökologische Dämmstoffe<br />
bleiben so öfter in den Regalen, und preisgünstigere<br />
Alternativen erhalten den Vorzug. „Das ist schade, weil<br />
viele Produkte – gerade zur Wärme- und Schalldämmung<br />
– vor allem ökologisch und energieorientiert sind“, sagt<br />
sie bedauernd. Denn sie denkt seit vielen Jahren nachhaltig<br />
und investierte beispielsweise schon vor zehn Jahren in<br />
eine Fotovoltaikanlage auf dem Firmengebäude, der Gabelstaplerfuhrpark<br />
ist auf Gasbetrieb umgerüstet und auf<br />
LED-Beleuchtung ist auch schon weitgehend umgestellt.<br />
In Kürze können sich die Kunden mit Elektrofahrzeugen<br />
über eine Ladestation freuen. „Ich ziehe große Motiva tion<br />
und viele neue Anregungen aus den Netzwerktreffen mit<br />
anderen Unternehmern und Experten“, sagt Witter- Wirsam<br />
und zeigt sich damit offen für neue Projekte.<br />
Lohnende Investitionen<br />
Zwischen 600.000 und 700.000 Euro hat der Romantische<br />
Winkel in Bad Sachsa bereits in die Entwicklung<br />
seiner Nachhaltigkeit investiert. 78 Zimmer und Suiten<br />
werden von 132 Mitarbeitern unter der Leitung von Josef<br />
Oelkers angeboten. Der Geschäftsführer erkannte<br />
schon kurz nach der 1995 bis 2000 erfolgten Übernahme<br />
des von seinen Schwiegereltern 1978 gegründeten<br />
Hotels, dass er in umweltschonende Technologien investieren<br />
muss, um langfristig Kosten zu sparen und das<br />
Unternehmen zukunftsorientiert auszurichten. „Hätte<br />
ich nicht schon vor Jahren ein eigenes BHKW in Betrieb<br />
genommen, hätten mich die Energiekosten irgendwann<br />
erstickt“, sagt Oelkers. Doch auf diesem Erfolg ruht(e)<br />
sich der Energieeffizienzler keineswegs aus und listet<br />
weitere bereits umgesetzte Projekte auf: Abwärme hält<br />
im Winter die Hoteleinfahrt eisfrei und beheizt im Sommer<br />
den Außenpool, Kochbereiche wurden auf Induktion<br />
umgestellt und die Küchenreinigung automatisiert,<br />
Heiz- und Kühlanlagen sind auf modernstem Stand. Den<br />
großen Investitionen stehen inzwischen enorme Einsparungen<br />
gegenüber. „Das geht natürlich nur, wenn die<br />
Mitarbeiter auch mitziehen“, so Oelkers, der in diesem<br />
Punkt aber ebenso gern motiviert, wie er auch den anderen<br />
Netzwerkern gern beratend zur Seite steht.<br />
66 3 |<strong>2019</strong>
wissen<br />
HOTEL ROMANTISCHER WINKEL, Josef Oelkers<br />
» Ideen und Probleme mit Experten aus<br />
anderen Arbeitsfeldern zu diskutieren,<br />
kann helfen, eigene Prozesse zu optimieren<br />
und Angebote an den Markt anzupassen. «<br />
Michael Holzapfel<br />
HOLZAPFEL HAUSTECHNIK, Michael Holzapfel<br />
Netzwerken hinterm Horizont<br />
„Man merkt im Netzwerk schnell, wer sich wirklich für<br />
die Zusammenarbeit interessiert und seinen Horizont<br />
erweitern möchte. Der Erfolg hängt hier von der regelmäßigen<br />
Teilnahme ab“, sagt Michael Holzapfel. Der<br />
Inhaber des Obernfelder Unternehmens Holzapfel Haustechnik<br />
wird von den Organisatoren des Energieeffizienznetzwerks<br />
als besonders aktiver Netzwerker geschätzt,<br />
bedauert aber, dass das Tagesgeschäft häufig<br />
Lücken in den Teilnehmerkreis reißt. Holzapfel blickt<br />
über den eigenen Tellerrand und fordert neben der Fachkräfteausbildung<br />
auch eine fundierte Mitarbeiterführung,<br />
die im Sinne der Energieeffizienz ausgerichtet sein<br />
sollte. Er profitiert selbst vor allem von den Einblicken<br />
in andere Branchen. Diese gaben ihm schon häufiger Anstöße<br />
für eigene neue Projekte, beispielsweise im Bereich<br />
der Drucklufttechnik oder auch für die Umsetzung eines<br />
energieautarken Mehrfamilienhauses. „Ideen und Probleme<br />
mit Experten aus anderen Arbeitsfeldern zu diskutieren,<br />
kann helfen, eigene Prozesse zu optimieren und<br />
Angebote an den Markt anzupassen“, erklärt Holzapfel,<br />
worin er, der sich auch in brancheninternen Netzwerken<br />
engagiert, den Gewinn für alle Beteiligten sieht. Die auch<br />
in Richtung Fördergelder orientierte anschließende Beratung<br />
sowie fachspezifische Schulungen durch die Energieagentur<br />
runden aus Holzapfels Sicht das gelungene<br />
Konzept der Effizienztische ab.<br />
3 |<strong>2019</strong> 67
ISOPHON GLAS, Corinna Hennerici<br />
Auf dem Weg zur<br />
energieeffizien teren Produktion<br />
Die Verarbeitung von Flachglas ist aufgrund der<br />
benötigten Wärme beim Vorspannprozess von Einscheibensicherheitsglas<br />
ein besonders energieintensiver Industriezweig.<br />
Was liegt also näher, als sich im Energieeffizienznetzwerk<br />
nach Sparpotenzialen zu erkundigen?<br />
„Als ein über vier Jahrzehnte gewachsenes Unternehmen,<br />
dessen Gründer Dieter Bold schon vor Jahrzehnten<br />
aufs Netzwerken setzte, gehen wir die Thematik Schritt<br />
für Schritt an“, sagt Qualitätsmanagerin Corinna<br />
Henne rici von der Hann. Mündener isophon glas. Nach<br />
der Inbetriebnahme eines BHKW auf Erdgasbasis sowie<br />
der auf LED umgestellten Hallenbeleuchtung und der<br />
optimierten Logistik steht für sie nun das Kernprodukt<br />
im Fokus.<br />
Neben den Unternehmen sieht Hennerici aber auch<br />
die Politik gefordert: „Es gibt Spielarten der staatlichen<br />
Förderung, bei denen letztendlich der Energieverbrauch<br />
noch unterstützt wird. Hier sollte die Politik unbedingt<br />
die Gesetzeslage und die Förderungen überdenken.“ Die<br />
Qualitätsmanagerin schätzt den Austausch des Netzwerks<br />
und insbesondere die geduldige und fachkundige<br />
Betreuung durch die Energieagentur. Dank dieser erhielt<br />
das Unternehmen wertvolle Informationen zu Förderprogrammen,<br />
mit deren Hilfe die isophon glas die Energieeffizienz<br />
weiter vorantreiben kann.<br />
PLESSEMILCH, Herbert Hardege<br />
Das Netzwerk im Netzwerk<br />
Herbert Hardege ist einer von sechs Gesellschaftern von<br />
Plessemilch im Bovender Ortsteil Reyershausen. Die<br />
Landwirte haben sich dort zusammengeschlossen, um effektiver<br />
wirtschaften zu können. 2012 begann es mit einer<br />
Biogasanlage, 2013 folgten gemeinsame Kuhställe.<br />
„Wir profitieren vom gemeinsamen Maschinenpark und<br />
der Möglichkeit der gegenseitigen Urlaubsvertretung“,<br />
sagt Hardege und skizziert damit zwei der Synergieansätze.<br />
Im Gegensatz zu vielen anderen Branchen sind<br />
die Landwirte laut Hardege sehr gut vernetzt, dennoch ist<br />
er für die Anstöße im Bereich der Energieeffizienz offen. So<br />
ist sein Team inzwischen für die aufgezeigten Möglichkeiten<br />
in einem seiner Problemfelder, der Wärmenutzung,<br />
dankbar. Mit einem neuen Wärmetauscher spart Plessemilch<br />
künftig 800 Euro monatlich, da Abwärme genutzt<br />
wird, statt zu verpuffen, und künftig keine teuren Heizpatronen<br />
mehr benötigt werden. Nun wird nach einer ähnlich<br />
erfolgreichen Lösung für die Kühlung gesucht …ƒ<br />
68 3 |<strong>2019</strong>
IMMER WIEDER<br />
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Unternehmensnetzwerke<br />
Energieeffizienz<br />
Hier eine Darstellung einiger Unternehmen aus Landkreis und Stadt Göttingen,<br />
die sich in beiden Netzwerken zusammengeschlossen haben, um gemeinsam Optionen<br />
zur Energieeinsparung und zur Steigerung der Energie- und Ressourceneffizienz<br />
in ihren Firmen zu erarbeiten.<br />
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www.holzapfel-haustechnik.de<br />
www.holzland-hasselbach.de<br />
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Ovine mesenchymale Stammzellen auf einem<br />
mit der Zweiphotonenpolymerisation generierten<br />
3D-Zellträger<br />
FOTOS: IBA<br />
Das Hauptgebäude des iba in Heilbad Heiligenstadt<br />
Institut für Bioprozessund<br />
Analysenmesstechnik e. V.<br />
Technische Systeme für die Lebenswissenschaften<br />
Das Institut für Bioprozess- und Analysenmesstechnik<br />
(iba) e. V. ist ein in<br />
Nordthüringen ansässiges öffentliches<br />
Forschungsinstitut, das sich seit seiner<br />
Gründung im Jahr 1992 mit anwendungsnaher<br />
Forschung auf dem Gebiet der ,Technischen<br />
Systeme für die Lebenswissenschaften‘<br />
beschäftigt. „Mit der anwendungsnahen<br />
Forschung verfolgt das Institut das Ziel, Biotechniken<br />
an Grenzflächen (Biotechniques at<br />
Interfaces) für den Einsatz in der Bio medizin,<br />
der Biotechnologie und Umwelt zu entwickeln“,<br />
bekräftigt der Institutsdirektor Professor Dieter<br />
Beckmann. Im Mittelpunkt steht die Modellierung<br />
nativer Prozesse im Labor, die insbesondere<br />
für das Disease Modeling und für neue<br />
Strategien für die personalisierte Medizin große<br />
Bedeutung besitzen. „Unsere Forschungsergebnisse<br />
liefern Hinweise, um Krankheiten<br />
und deren Ursachen besser verstehen und<br />
gezielt beeinflussen zu können“, so Professor<br />
Beckmann. Die Forschungsschwerpunkte des<br />
Institutes liegen dabei auf<br />
ffder Entwicklung von mikrofluidischen<br />
Systemen für die automatisierte Zellkultivierung<br />
und Zell manipulation,<br />
ffder Entwicklung miniaturisierter Trägerstrukturen<br />
für die dreidimensionale Zellkultivierung,<br />
ffder Herstellung von Materialoberflächen mit<br />
biomimetischen/bioaktiven Eigenschaften,<br />
ffder kausalen Bewertung von Materialoberflächeneffekten<br />
auf das Zellwachstum, die<br />
Zelldifferenzierung und Biofilmbildung sowie<br />
ffder Entwicklung von elektrischer Messtechnik<br />
für die Zell- und Gewebeanalyse.<br />
Zu den Highlights der umfangreichen apparatetechnischen<br />
Ausstattung des Institutes<br />
zählen die Zweiphotonentechnik mit der Polymerisation<br />
(2PP), der Laserscanmikroskopie<br />
(2PLSM) sowie der Zellmanipulation (2PM),<br />
die tropfenbasierte miniaturisierte Zellkultivierung<br />
(pbb ® : pipe-based bioreactor) sowie die<br />
Bioimpedanzanalytik.<br />
ETWA 60 MITARBEITER mit Wissenschaftlern<br />
aus dem MINT-Bereich, vielseitig qualifizierten<br />
biologisch-chemisch-technischen MitarbeiterInnen<br />
sowie einer leistungsfähigen<br />
Abteilung für die Prototypenfertigung bilden<br />
das Team des Institutes. Das iba tritt als Bindeglied<br />
zwischen der Grundlagen- und der marktnahen<br />
Forschung auf und liefert Forschungsergebnisse,<br />
die Anwendern und Herstellern von<br />
Produkten im klinischen Bereich Rückschlüsse<br />
für neue Diagnose- und Therapiestrategien<br />
ermög lichen sowie technische Prozesse in der<br />
Biotechnologie und im Umweltmonitoring optimieren<br />
können. „Als starker Forschungspartner<br />
auf dem interdisziplinären Gebiet der Interfaceforschung<br />
stehen wir der Forschung und<br />
Industrie zur Verfügung“, versichert Professor<br />
Beckmann.<br />
KONTAKT<br />
Institut für Bioprozess- und<br />
Analysenmesstechnik e.V.<br />
Rosenhof<br />
37308 Heilbad Heiligenstadt<br />
Tel. 03606 671-0<br />
iba@iba-heiligenstadt.de<br />
www.iba-heiligenstadt.de
wissen<br />
Blühende Landschaften<br />
Der Landkreis Eichsfeld im Thüringischen hat die Chancen der Wende genutzt und sich sehr gut entwickelt.<br />
Der Wirtschaftsstandort glänzt mit kontinuierlichem Wachstum und zeigt ein Profil mit Understatement.<br />
TEXT SVEN GRÜNEWALD<br />
Vielfältig Das Eichsfeld ist vom starken Handwerk geprägt und von wunderschöner Landschaft – mit sechs ausgewiesenen Naturschutzgebieten.<br />
72 3 |<strong>2019</strong>
wissen<br />
Der Göttinger weiß, wie psychologisch<br />
ausgeprägt die nahe Grenze zu Hessen<br />
ist und wie weit weg sich Kassel, – anders,<br />
als die Kilometer vermuten lassen<br />
– anfühlt. Liegt der Landkreis<br />
Eichsfeld hinter der Grenze in Thüringen<br />
womöglich genauso weit entfernt? Weit gefehlt.<br />
Denn nach der Grenzöffnung zeigte sich schnell, wie eng<br />
der ländliche Kreis, der einst Gebiet der DDR war, mit<br />
den beiden Kraftzentren – dem bürgerlichen Zentrum<br />
Heiligenstadt und der Wirtschaftsstadt Leinefelde-Worbis<br />
– mit dem Raum Göttingen eigentlich verbunden ist. Ursächlich<br />
dafür ist sind ganz maßgeblich das Eichsfeld als<br />
Kulturregion und damit die Bande, die über Jahrhunderte<br />
und grenzübergreifend entstanden sind.<br />
DIE HISTORISCHE KULTURREGION EICHSFELD, ein<br />
Überbleibsel des ehemaligen katholischen Fürstbistums<br />
Mainz, verteilt sich auf fünf Landkreise: Ihr größter Teil<br />
liegt im Landkreis Eichsfeld, dann folgt der östliche Teil<br />
des Landkreises Göttingen, kleine Flecken liegen noch<br />
im Landkreis Northeim um Lindau herum, im hessischen<br />
Werra-Meißner-Kreis und im Thüringer Unstrut-<br />
Hainich -Kreis.<br />
Das Eichsfeld ist heute wie zu DDR-Zeiten von einem<br />
starken Handwerk geprägt. Rund 88 Prozent der Betriebe<br />
im Landkreis sind Kleinbetriebe mit bis zu neun Mitarbeitern.<br />
Hinzu kommt ein großes Potenzial für den<br />
Tourismus: Der Verein HVE Eichsfeld Touristik als touristischer<br />
Dachverband der Region Eichsfeld kümmert<br />
sich schon länger darum, der Kulturregion grenzübergreifend<br />
eine Klammer zu geben. 474.000 Übernachtungen<br />
wurden im vergangenen Jahr vom HVE gezählt,<br />
knapp zwei Drittel davon entfielen auf das thüringische<br />
Eichsfeld, dort mit deutlich steigender Tendenz.<br />
Gleichwohl bestehe noch Luft nach oben, so Heiligenstadts<br />
Bürgermeister Thomas Spielmann. „Wir müssen<br />
die Kooperation noch stärken und es hinbekommen, die<br />
Region Eichsfeld auch regional zu denken und zu vermarkten.“<br />
Besucher, die ins Eichsfeld kämen, blieben<br />
nicht in Heiligenstadt, sondern wollten die Region erleben.<br />
„Die Landkreise und Städte engagieren sich finanziell,<br />
aber das muss mehr werden. Auch touristische Betriebe<br />
müssen Geld in die Hand nehmen, um ein besseres<br />
Angebot zu schaffen“, so Spielmann.<br />
Da setzt das neue regionale Touristikkonzept an, das<br />
der Landkreis Eichsfeld derzeit federführend entwickelt<br />
und das im <strong>Herbst</strong> dieses Jahres fertig sein soll.<br />
3 |<strong>2019</strong> 73
wissen<br />
»Das Vorgehen und die Investition in den<br />
Kurbetrieb haben sich auf jeden Fall<br />
gelohnt. Das Alleinstellungsmerkmal war für<br />
uns sehr wichtig. Es hat Impulse gegeben,<br />
die wir sonst nicht bekommen hätten. «<br />
THOMAS SPIELMANN<br />
„Bisher hat ein roter Faden für die gesamte Region Eichsfeld<br />
und die strategische Ausrichtung gemeinsam mit<br />
allen touristischen Akteuren gefehlt“, sagt Christoph<br />
Reimann, Referatsleiter Kreisentwicklung im Landkreis<br />
Eichsfeld. „Um sich am Markt zu etablieren, muss man<br />
geschlossen auftreten. Kulinarik, Glaube und Authentizität<br />
sind die Leitmotive, die wir vermarkten wollen, wohl<br />
wissend, dass sich dahinter noch viel mehr verbirgt.“<br />
Die Bereitschaft, mit Grenzen gestalterisch umzugehen<br />
und mit teils kühnen Plänen Ideen zu entwickeln,<br />
scheint für den Landkreis Eichsfeld charakteristisch zu<br />
sein. Landrat Werner Henning beispielsweise brachte<br />
nach der Wende, kurz vor der Wahl zur letzten Volkskammer<br />
der DDR, einen Antrag in den Kreistag des<br />
Noch-DDR-Kreises Heiligenstadt ein, das Eichsfeld gegebenenfalls<br />
herauszulösen und an den Westen anzuschließen.<br />
Ein weiteres Beispiel, das zeigt, dass man wirtschaftlich<br />
lieber Neuland betritt, statt die Hände in den Schoß<br />
zu legen, sind die Eichsfeldwerke. Der Landkreis gründete<br />
diesen großen kommunalen Versorger mit über 300<br />
Mitarbeitern auf Landkreisebene bereits im Sommer<br />
1990 und damit deutlich vor der juristischen deutschen<br />
Wiedervereinigung. So wurden rechtlich Tatsachen geschaffen,<br />
die später nicht mehr möglich gewesen wären,<br />
weil es dieses ,Stadtwerkemodell‘ in der Bundesrepublik<br />
bei Landkreisen nicht gibt.<br />
AUCH DER KURBETRIEB IN HEILIGENSTADT verdankt<br />
seinen Erfolg einem Hasardspiel. Nach der Wende in der<br />
rechtlich etwas chaotischen Übergangszeit investierte<br />
die Stadt in den Ausbau des Kurbetriebs, wofür wiederum<br />
der Bad-Status wichtig wurde. Mangels vorhandener<br />
Einrichtungen wurde ihr dieser Status jedoch verwehrt.<br />
Darauf legte man Widerspruch ein und schuf bauliche<br />
Fakten. Als es dann zur Überprüfung des Status kam,<br />
konnte die Stadt entsprechende Einrichtungen vorweisen<br />
und erhielt die Zulassung dafür. „Das Vorgehen und<br />
die Investition in diesen Bereich haben sich auf jeden Fall<br />
gelohnt“, sagt Bürgermeister Spielmann. „Das Alleinstellungsmerkmal<br />
war für uns sehr wichtig. Es hat Impulse<br />
gegeben, die wir sonst nicht bekommen hätten.“ So wurde<br />
der Kurbetrieb, bestehend aus der Kurklinik und dem<br />
Vitalpark, zu einem wichtigen städtischen Standbein, das<br />
den Bau des Vitalparkhotels nach sich zog, durch das wiederum<br />
Heiligenstadt als Tagungsort interessant wurde.<br />
„Damit hatten wir anfangs überhaupt nicht gerechnet.“<br />
Die starke Nachfrage macht bauliche Erweiterungen notwendig.<br />
„Wir müssen das Thema Kur weiter stärken“,<br />
erklärt Spielmann. „Das ist das große Thema für die<br />
nächsten Jahre.“<br />
DIE ZAHLEN BELEGEN DEN ERFOLG: Praktisch von<br />
Anfang an verzeichnet der Kurbetrieb eine sehr hohe Auslastung<br />
von um die 90 Prozent, pro Jahr sind das ungefähr<br />
85.000 Übernachtungen – etwa die Hälfte der Gesamtübernachtungszahlen<br />
in Heiligenstadt. „Unser Einzugsbereich<br />
liegt binnen eines Radius von gut 200 Kilometern“,<br />
erläutert Stefan Menzel, Geschäftsführer der<br />
Klinikgesellschaft Heilbad Heiligenstadt – dabei liegen<br />
die Mitbewerber gar nicht so weit entfernt: in Bad Langensalza<br />
und Bad Sooden-Allendorf. „Mittlerweile haben<br />
sich Selbstzahler zu einem wichtigen Faktor entwickelt.<br />
Das sind die regio nalen Gäste, die die Angebote<br />
der Bade- und Saunalandschaft sowie des Therapie- und<br />
Sportbereichs im Vitalpark nutzen, und die Urlauber im<br />
benachbarten Hotel.“ Einen besonderen Erweiterungsbedarf<br />
sieht Menzel daher vor allem im Saunabereich<br />
mit seiner extrem hohen Auslastung.<br />
FÜR DAS WIRTSCHAFTLICHE AUFBLÜHEN des Eichsfeldes<br />
wird immer wieder ein Faktor ins Feld geführt:<br />
die Autobahn. Mit der A 38 profitiert der Landkreis ähnlich<br />
wie auch Göttingen von seiner deutschlandzentralen<br />
Lage an einer Ost-West-Achse mit direktem Zugang zur<br />
A 7. Die ursprünglich erste Trassierung stammt aus dem<br />
Jahr 1937, konkret wurde es 1989, noch vor der Einheit,<br />
mit Befliegungen zur Routenplanung. Dabei war gar<br />
nicht klar, ob die A 38 überhaupt durch das Leine tal verlaufen<br />
würde – dafür machte sich Landrat Henning<br />
stark, der auch dank des Desinteresses anderer Kommunen<br />
in Thüringen schließlich die Autobahn mit ins Eichsfeld<br />
holte.<br />
Eine Infrastruktur, die Jochen Seidler, Geschäftsführer<br />
des Sondermaschinenbauers SIM Automation sehr schätzt<br />
– ebenso, dass es in Heiligenstadt räumliche Expansionsmöglichkeiten<br />
gibt. Das Unternehmen, das die Wende erfolgreich<br />
überlebt hat, hat sich am Standort gut entwickelt<br />
und macht mit seinen bis zu 250 Mit arbeitern einen Umsatz<br />
von über 30 Millionen Euro. „Allerdings merken wir<br />
gerade in den letzten zwei Jahren verstärkt, dass es<br />
74 3 |<strong>2019</strong>
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wissen<br />
Wahrzeichen der Region Landschaftlich liegt die Burg Hanstein in einer der attraktivsten Gegenden des Eichsfeldes.<br />
mit dem Arbeitskräfteangebot vor Ort sehr eng wird“,<br />
sagt Seidler. Eine der Reaktionen war, die Vergütung<br />
für Lehrlinge auf IG-Metall-Niveau anzuheben. „Ich<br />
denke, das war einer der Gründe, warum es uns dieses<br />
Jahr gelungen ist, unsere Ausbildungsplätze wieder relativ<br />
leicht zu besetzen.“ Schwierig ist hingegen das<br />
Thema Ingenieure, weshalb man eine stärkere Kooperation<br />
mit den überregionalen Technischen Universitäten<br />
sucht. Daher müsse man überlegen, ob man nicht<br />
andernorts expandieren müsse.<br />
FÜR JOCHEN SEIDLER, der vom Göttinger Messtechnikunternehmen<br />
Mahr zu SIM wechselte, war das Eichsfeld<br />
mit einer gewissen Umstellung verbunden – geschuldet<br />
der merklich anderen Mentalität des Eichsfelders. „Die<br />
Mitarbeiter sind sehr ortsverbunden, bodenständig und<br />
haben eine enge Verbindung zu ihrem Unternehmen. Auf<br />
der anderen Seite merkt man eher, dass durch die konservative<br />
Haltung Veränderungen langsamer umgesetzt<br />
werden, als ich das sonst kenne“, so Seidler. Das belegen<br />
auch die Zahlen: Der Landkreis Eichsfeld hat mit<br />
34 Prozent die höchste Rückkehrerquote deutschlandweit.<br />
„Die Eichsfelder wurden schon vor der Wende als<br />
eigenwillige Menschen wahrgenommen“, erzählt Ralf<br />
Halbhuber, Gründer der Heiligenstädter Kommunikationsagentur<br />
Studio1, die heute noch ein zweites Büro in<br />
Berlin führt und sich auf Digitalisierungsprozesse in Unternehmen<br />
spezialisiert hat. Halbhuber hat durch seine<br />
bundesweite Tätigkeit einen guten Vergleich zur Dynamik<br />
im Eichsfeld. „Aber eine unserer Eigenheiten ist<br />
auch, dass wir Dinge einfach durchziehen. Wir haben die<br />
Chancen durch die Wende genutzt. Was die Qualität der<br />
Eichsfelder Firmen angeht, brauchen wir uns vor keinem<br />
zu verstecken.“<br />
Und damit ist Halbhuber nicht allein. Auch wenn es<br />
natürlich Unterschiede zwischen dem Obereichsfeld und<br />
dem Duderstädter Untereichsfeld gibt – „unsere Gemeinsamkeit<br />
ist sicher, dass wir alle zusammen auch positive<br />
Eigenbrötler sind“, sagt Landrat Werner Henning. Was<br />
dem wirtschaftlichen Leben keinesfalls schadet. Der<br />
Landkreis hat keine Kassenkredite bei nur mäßiger Verschuldung<br />
und der zweitniedrigsten Kreisumlage in Thüringen<br />
– und er hat flexible Investitionsmöglichkeiten.<br />
„Solide aufgestellt“, nennt Henning das. Und auch, wenn<br />
der Pendlersaldo weiterhin negativ ist, so sinkt er doch<br />
kontinuierlich – weil die Zahl der Einpendler in den<br />
Landkreis zunimmt. Das Eichsfeld heute: kontinuierliches<br />
Wachstum und Profil mit Understatement. ƒ<br />
76 3 |<strong>2019</strong>
In die Mitte<br />
bitte!
wissen<br />
„Göttingen ist unser<br />
Oberzentrum“<br />
Landrat Werner Henning und Thomas Simon, Vorstandsvorsitzender des Wirtschaftsforums Eichsfeld,<br />
über die Entwicklung des Wirtschaftsstandorts, die Flexibilität der Eichsfelder und über die Frage,<br />
warum die alte Grenze keine Bedeutung mehr hat<br />
INTERVIEW SVEN GRÜNEWALD FOTOGRAFIE LUKA GORJUP<br />
78 3 |<strong>2019</strong>
wissen<br />
Thomas Simon (l.),<br />
geboren 1964 in Heiligenstadt, absolvierte ein Physikstudium<br />
in Leipzig (beim Leipziger <strong>Herbst</strong> 1989 war er vor<br />
Ort), dann ein Promotionsstudium an der Uni in Göttingen<br />
im Bereich Physik. Zunächst war Simon als Technischer<br />
Leiter, dann 15 Jahre als Geschäftsführer bei einem Automobilzulieferbetrieb<br />
tätig. Seit 2017 ist er Geschäftsführer<br />
der Kommunalen Wohnungsgesellschaft (KoWo) Obereichsfeld<br />
GmbH in Heiligenstadt und seit 2016 Vorsitzender<br />
des Wirtschaftsforums Eichsfeld e. V.<br />
Der Göttinger Kreisnachbar Richtung Südosten<br />
liegt näher, als die Thüringer Landesgrenze vermuten<br />
lässt: Das Eichsfeld bekennt sich klar zum Oberzentrum<br />
Göttingen! Naturräumliche Gegebenheiten<br />
und historische Verbindungen haben nach der<br />
Wende für eine klare Westorientierung gesorgt.<br />
Wirtschaftlich hat das Eichsfeld zudem eine sehr<br />
gute Entwicklung gezeigt. Grund dafür waren findige<br />
Machernaturen, für die vor allem Ergebnisse<br />
zählten ..., wie zwei weitere Macher der Region im<br />
Gespräch mit <strong>faktor</strong> erklären.<br />
Werner Henning (r.),<br />
geboren 1956 im Eichsfeld, studierte Lehramt für Deutsch<br />
und Musik und promovierte in Kunstwissenschaften an<br />
der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.<br />
Von 1986 bis 1988 baute er das Theodor-Storm-Literaturmuseum<br />
in Heiligenstadt mit auf, wechselte dann in die<br />
Eichsfelder Bekleidungswerke Heiligenstadt. Im stürmischen<br />
<strong>Herbst</strong> 1989 wurde er zum Vorsitzenden des Rates<br />
des Kreises Heiligenstadt gewählt, danach zum Mitglied<br />
der letzten Volkskammer der DDR, zum Landrat des<br />
Landkreises Heiligenstadt und ab 1994 zum Landrat des<br />
Landkreises Eichsfeld.<br />
Herr Henning, Herr Simon, 30 Jahre sind seit der Wende<br />
vergangen – was waren die wichtigsten Wegmarken in der<br />
Entwicklung des Landkreises Eichsfeld?<br />
Werner Henning: Der Wende und dem Zusammenbruch<br />
der staatlichen und wirtschaftlichen Strukturen folgte<br />
eine Notsituationsverwaltung mit Arbeitslosenquoten<br />
zwischen 20 und 25 Prozent in den frühen 1990er-<br />
Jahren. Wir hatten aber das Glück, dass sich im Handwerk<br />
kleinere Strukturen besser erhalten hatten als in<br />
anderen Teilen der DDR. Daraus konnten sich ganz gut<br />
neue wirtschaftliche Strukturen entwickeln, viele alte<br />
Betriebe wurden von Eichsfeldern selbst übernommen.<br />
Ein großes Glück war für uns auch die enge Verzahnung<br />
mit Nordhessen und insbesondere Göttingen – es gab<br />
viele Vertreter aus Politik und Wirtschaft, die damals<br />
hilfsbereit auf uns zugegangen sind, wodurch wiederum<br />
gute Freundschaften entstanden sind.<br />
Thomas Simon: Mein Eindruck ist, dass sich die Unternehmerschaft<br />
hier ebenfalls mit einer großen Offenheit<br />
in den Westen gewandt und dessen Erfahrungen angenommen<br />
hat. Unser enormer Vorteil war, dass es anders<br />
als in weiten Teilen der DDR noch viele bestehende Kontakte<br />
gab – Verwandte, Freunde, Bekannte. Ein Beispiel:<br />
Ein Mitglied im Wirtschaftsforum Eichsfeld mit einem<br />
Maschinenbaubetrieb hatte seinen Betrieb noch zu<br />
DDR-Zeiten aufgebaut. Bekannte im Westen hatten ihm<br />
nach der Wende ganz direkt gesagt, dass er das komplett<br />
modernisieren muss und was die aktuelle Technik ist.<br />
Das hat er gemacht, und mittlerweile ist es ein Betrieb<br />
mit internationalen Kunden und über 100 Mitarbeitern,<br />
der sich im Wettbewerb behauptet und auch einen Innovationspreis<br />
in Göttingen gewonnen hat.<br />
Henning: Ein wichtiger Impuls war für uns auch die<br />
Wiederbeteiligung am Energieversorger EAM. Vor diesem<br />
Hintergrund haben wir eine eigene starke Kommunalwirtschaft<br />
entwickelt, quasi ein Modell der Kreiswerke,<br />
das es in Deutschland eigentlich nicht gibt. Auf<br />
Kreis ebene haben wir gut eine halbe Milliarde Euro in<br />
das Anlagevermögen investiert. Das sowie der Bau der<br />
A38 haben uns starke Impulse vor allem in der Bauwirtschaft<br />
gebracht.<br />
Welche Rolle spielen für den Landkreis Eichsfeld der<br />
nordhessische und südniedersächsische Raum?<br />
Henning: Wir sind im Grunde von Anfang an stark in das<br />
regionale Dreiländereck eingebunden worden. Es gibt beispielsweise<br />
eine Landrätekonferenz, in der wir uns abstimmen<br />
– gegenwärtig über ein regionales Tourismuskonzept.<br />
Wir fühlen uns dort gut aufgehoben, vor allem in der<br />
,imaginären Patenschaft‘ von Göttingen. Wichtig ist aber,<br />
sich bewusst zu machen, dass diese Westorientierung des<br />
Eichsfelds historisch schon immer so war. Das Obereichsfeld<br />
ist die Landschaft auf dem Berg, und man orientierte<br />
sich in die Richtung, in die das Wasser floss. Für Leinefelde<br />
und Heiligenstadt hat sich das Leben daher schon immer<br />
in Göttingen abgespielt. Aber ich denke auch egois-<br />
3 |<strong>2019</strong> 79
wissen<br />
tisch: Der Westen hat mehr zu bieten. Göttingen ist unser<br />
Oberzentrum, Erfurt ist dafür viel zu weit weg.<br />
Simon: Diese Vernetzung mit Göttingen und Nordhessen<br />
war nach der Wende sehr deutlich, aber ich habe den<br />
Eindruck, dass inzwischen eine größere Normalität eingezogen<br />
ist. Die grundsätzliche Orientierung in Richtung<br />
Göttingen gibt es weiterhin, doch insgesamt läuft<br />
die Kundenakquise auch im Handwerk mehr oder weniger<br />
europaweit. Das ist vielleicht eine Besonderheit im<br />
Eichsfeld, dass das meiste an Wertschöpfung außerhalb<br />
der Kreisgrenzen stattfindet.<br />
Haben sich der Wegfall der Zonenrandförderung im Westen<br />
und das Lohngefälle dafür als wirtschaftsförderlicher Vorteil<br />
erwiesen ?<br />
Simon: Gerade das Lohngefälle hat über viele Jahre dazu<br />
geführt, dass sich die Standorte hier stabil und gut entwickelt<br />
haben. In den letzten etwa fünf Jahren stellen<br />
wir aber eine stärkere Angleichung an das Westniveau<br />
fest. Daher wird schon vermehrt die Rechnung aufgemacht,<br />
ob sich das Pendeln für einen nur geringfügig<br />
höheren Stundenlohn noch lohnt.<br />
Henning: Dass durch das Gefälle und die stärkere Förderung<br />
im Osten Betriebe über die Grenze abwandern,<br />
betont man gerade in Duderstadt oft. Da hört dann<br />
auch die große eichsfeldische Gemeinsamkeit auf. Aber<br />
wenn es Umsiedlungen gegeben hat, dann waren das<br />
Einzelfälle. Auch die Neuansiedlungen haben ihre eigene<br />
Geschichte. Ein Beispiel ist die Firma Miritz in<br />
Kirchgandern. Die kamen aus Northeim und waren<br />
dort mit sehr viel Skepsis konfrontiert – wir konnten<br />
uns die gar nicht erlauben. Daher gibt es einige Unternehmen,<br />
die sich bei uns entwickelt haben, weil der<br />
Westen zu starr, zu kompliziert war, während wir freier<br />
und wendiger waren. Heute wird das als Abwanderung<br />
wahrgenommen.<br />
80 3 |<strong>2019</strong><br />
dass das meiste an Wertschöpfung außerhalb der Kreisgrenzen stattfindet. « Thomas Simon<br />
» Das ist vielleicht eine Besonderheit im Eichsfeld,<br />
Der Landkreis Eichsfeld hat einen negativen Pendlersaldo,<br />
und die Bevölkerung nimmt ab. Welche Perspektiven sehen<br />
Sie mittel- bis langfristig?<br />
Henning: Das lasse ich nicht ganz gelten, denn der ländliche<br />
Raum hat immer eine Zulieferfunktion für die Zentren.<br />
Gleichzeitig haben wir eine Arbeitslosenquote von<br />
um die 3,6 Prozent, womit wir in Thüringen an dritter<br />
Stelle stehen. Ich habe in meiner Zeit als Landrat<br />
38 Schulen schließen müssen – aber jetzt sind wir wieder<br />
dabei, die bestehenden Schulen auszubauen, weil sich<br />
der Trend umkehrt. In Heiligenstadt haben wir das fünfte<br />
Baugebiet erschlossen, bereits abverkauft, und wir kommen<br />
mit der Neuerschließung nicht nach, obwohl die<br />
Preise mit 120 Euro pro Quadratmeter sehr üppig sind,<br />
während die Stadt Eschwege deutlich günstiger anbietet.<br />
Ähnliche Bautätigkeit sieht man auch entlang der Autobahn.<br />
Von der Abfahrt Arenshausen aus sind es nur<br />
20 Minuten bis nach Göttingen.<br />
Simon: Wir profitieren in der Region von der Randlage<br />
und der guten Anbindung an die wirtschaftlich stärkeren<br />
Zentren. Wenn Göttingen wirtschaftlich prosperiert, ist<br />
das gut für uns. Vor allem, wenn es Leuchttürme mit einer<br />
guten Dynamik wie Sartorius gibt. Das zieht Absolventen<br />
aus der Region an oder ermöglicht eine Rückkehr<br />
in die Region und auch das Pendeln von hier aus. Das<br />
darf man nicht unterschätzen. Auf der anderen Seite haben<br />
wir mit dem Institut für Bioprozess- und Analysenmesstechnik<br />
des Landes eine kleine wissenschaftliche<br />
Forschungseinrichtung, die durchaus auch Leute aus<br />
dem Göttinger Raum anzieht.<br />
Sehen Sie denn noch einen Aufhol- oder Nachholbedarf<br />
gegenüber dem Westen?<br />
Simon: Der Lohnabstand ist geringer geworden, auch<br />
wenn er natürlich noch da ist. Aber das ist nur eine<br />
Seite der Medaille. Eine viel größere Aufgabe sehe ich<br />
statt im Unterschied zwischen Ost und West inzwischen<br />
vielmehr bei den unterschiedlichen Lebensverhältnissen<br />
zwischen Stadt und Land. Hinter diesem Auseinanderlaufen<br />
tritt die Grenze als Unterscheidungskriterium<br />
zunehmend zurück.<br />
Henning: Es ist die Frage, was man will. Das Wirtschaftsleben<br />
im Ländlichen und im Osten ist geruhsamer<br />
und nicht so hektisch, während der Westen spannender,<br />
dynamischer ist. Das ist eher ein kultureller Unterschied<br />
als eine Frage des Aufholens.<br />
Wo sehen Sie mittelfristig die Herausforderungen für den<br />
Landkreis?<br />
Simon: Ein Hauptanliegen ist ganz klar der Ausbau des<br />
Breitbandnetzes, um im Ländlichen das ortsungebundene<br />
Arbeiten zu ermöglichen. Aber da sehen wir, dass sich<br />
etwas tut. Insgesamt ist die Zusammenarbeit mit der Politik<br />
hier ziemlich reibungslos und von einer hohen Verlässlichkeit<br />
gekennzeichnet, was eine gute Planung ermöglicht.<br />
Henning: Nach einer Studie der IHK Erfurt sind wir die<br />
arbeitgeberfreundlichste Kommune Thüringens mit einer<br />
sehr hohen Zufriedenheit der Unternehmer. Da sind<br />
wir gut aufgestellt. Eine große Baustelle sehe ich hingegen<br />
beim sozialen Wohnungsbau. Unsere Gemeinden haben<br />
nach der Wende ihren Wohnungsbestand weitgehend abgegeben<br />
und so vernachlässigt, dass sich auch der ,letzte<br />
arme Hund‘ noch eine Unterkunft leisten können muss.<br />
Die Gemeinden sind für diesen sozialen Ausgleich zuständig,<br />
und ich möchte, dass sie das wieder stärker tun.<br />
Vielen Dank für das Gespräch!
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der Bauabfallentsorgung sowie der Straßenreinigung<br />
und dem Winterdienst gehören auch<br />
Dienst leistungen unterhalb der Straße wie<br />
Kanalbau und Kanalbetrieb, die Grundstücksentwässerung<br />
sowie die Abwasser reinigung zu<br />
den Dienstleistungen der GEB.<br />
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und gewerblich genutzten Grundstücken<br />
die Abfallbehälter. Davon bewegt jede Kolonne<br />
täglich etwa 900 Behälter.<br />
Auf etwa 850 km Straßenlänge führen die<br />
Mitarbeiter die maschinelle oder manuelle<br />
Straßen- und Gehwegreinigung durch, wenn<br />
notwendig auch mit Spezialgeräten. Mehr als<br />
1.020 Abfallkörbe werden regelmäßig geleert.<br />
Im Winterdienst werden ca. 950 Straßen mittels<br />
Räum- und Streufahrzeugen von Eis und<br />
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Das öffentliche Kanalnetz weist stadtweit<br />
eine Länge von 720 km auf. Dazu kommen<br />
noch etwa 600 km Anschlussleitungen der jeweiligen<br />
Grundstücksentwässerungsanlagen.<br />
Im Trennsystem wird das Regen- und Oberflächenwasser<br />
direkt in die Vorfluter geleitet<br />
und das Schmutzwasser in separaten Kanälen<br />
der Abwasserreinigungsanlage zugeführt.<br />
Über mehrstufige Abwasserreinigungsprozesse<br />
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TEXT SVEN GRÜNEWALD FOTOGRAFIE LUKA GORJUP<br />
84 3 |<strong>2019</strong><br />
Am Empfang des Göttinger Gebäudetechnikunternehmens<br />
Ruhstrat sitzt<br />
Christian Lurel. Er spricht fließend<br />
Englisch, Französisch, nimmt Anrufe<br />
entgegen und erledigt Unternehmenskorrespondenz.<br />
Auf dem Tresen steht<br />
sein Namensschild und daneben ein<br />
gelber Kreis mit drei schwarzen Punkten. Christian<br />
Lurel ist von Geburt an blind. „Es kommt natürlich vor,<br />
dass wir Besucher haben und das Blindensymbol nicht<br />
sofort erkannt wird“, erzählt Geschäftsführer Steven<br />
Ruhstrat. „Christian schaut die Leute, wenn sie reinkommen,<br />
nicht direkt an. Manche sind dann etwas verdutzt,<br />
reichen ihm Unterlagen und erwarten, dass er sie<br />
ergreift – was nicht passiert.“ Doch der unangenehme<br />
Moment geht schnell vorbei. „Er geht einfach aktiv auf<br />
die Leute zu und offen mit seiner Blindheit um. Dann ist<br />
das Eis gebrochen.“
mensch<br />
Lohnend Die Umrüstung des Arbeitsplatzes für den blinden Christian Lurel hat sich für Geschäftsführer Steven Ruhstrat bereits ausgezahlt.<br />
3 |<strong>2019</strong> 85
mensch<br />
Loyal und engagiert Lasertechnik Kreiensen beschäftigt gleich vier Mitarbeiter mit Behinderung – wie den an Schizophrenie erkrankten Matthias Notzke.<br />
86 3 |<strong>2019</strong>
mensch<br />
Der Computerarbeitsplatz sieht anders aus als gewohnt:<br />
Vor der Tastatur – das Textetippen funktioniert<br />
ganz normal – ist eine Leiste mit Braille-Schrift, über die<br />
E-Mails und Texte gelesen werden können. Eine Sprachausgabe<br />
über Lautsprecher hilft ebenfalls. Günstig ist<br />
ein solcher blindengerechter Arbeitsplatz nicht – die<br />
Kosten liegen bei etwa 20.000 Euro. Und einfach ist die<br />
Office-Tätigkeit damit für einen stark Sehbehinderten<br />
auch nicht zwangsläufig. „Die Digitalisierung ist für uns<br />
Fluch wie Segen“, erklärt Christian Lurel. Einerseits haben<br />
sich durch die Technik viele neue Arbeitsmöglichkeiten<br />
eröffnet, andererseits ist die hohe Veränderungsgeschwindigkeit<br />
ein Problem. „Allein schon ein Update<br />
kann dafür sorgen, dass ich plötzlich nichts mehr machen<br />
kann. Es ist wie ein ständiger Rüstungswettlauf.“<br />
EINEN BLINDEN MENSCHEN ZU BESCHÄFTIGEN, klingt<br />
aufwendig, weil es mit organisatorischen Anpassungen<br />
verbunden ist. „Klar muss man ihn gelegentlich unterstützen“,<br />
sagt Ruhstrat. „Aber es bringt auch eine veränderte<br />
Pers pektive für die anderen Mitarbeiter mit sich, wenn<br />
man sieht, mit welchen Herausforderungen er umgehen<br />
muss. Das trägt zur Vielfalt und Sensibilisierung bei uns<br />
bei.“<br />
Nach aktuellen Zahlen ist Lurel allerdings eher die<br />
Ausnahme. Nur etwa ein Viertel aller Blinden im erwerbsfähigen<br />
Alter ist auch tatsächlich berufstätig. Insgesamt<br />
leben in Deutschland rund acht Millionen Menschen<br />
mit einer Schwerbehinderung. Etwa drei Prozent<br />
davon haben eine angeborene Behinderung – ungefähr<br />
zu gleichen Anteilen körperlich und geistig –, knapp ein<br />
Prozent erlitt einen Unfall. Bei den allermeisten jedoch<br />
ist die Behinderung Folge einer Erkrankung und häuft<br />
sich entsprechend mit zunehmendem Alter.<br />
Damit ist das Spektrum an Behinderungen extrem<br />
breit: von Diabetikern bis zu Querschnittsgelähmten,<br />
von Lernbehinderten, Autisten, psychisch Erkrankten,<br />
bis zu stark Sehbehinderten und Gehörlosen. Folglich ist<br />
es schwierig, von ,den‘ Schwerbehinderten zu sprechen<br />
oder pauschale Aussagen über ihre Beschäftigung zu<br />
treffen, schließlich ist jedes Arbeitsverhältnis mit einem<br />
Schwerbehinderten durch ein hohes Maß an Individualität<br />
geprägt. Was sich jedoch pauschal sagen lässt: Die<br />
Dauer der Arbeitslosigkeit und der Anteil der Langzeitarbeitslosen<br />
sind bei Schwerbehinderten deutlich höher.<br />
Sie alle sind ein Gewinn für den Betrieb.<br />
DABEI ZEIGEN VIELE POSITIVBEISPIELE, dass das<br />
Haupthindernis aus Vorurteilen besteht. Besucht man<br />
etwa die Lasertechnik Kreiensen, das Unternehmen von<br />
Matthias Durau, das sich auf die Anwendung der Lasertechnik<br />
für den industriellen Einsatz spezialisiert hat,<br />
dann erlebt man eine besondere Situation: Von den<br />
zwölf Mitarbeitern haben vier eine Behinderung – Gehörlosigkeit,<br />
Down-Syndrom, psychische Beeinträchtigung<br />
und Autismus. „Bei unseren Tätigkeiten geht es<br />
3 |<strong>2019</strong> 87
mensch<br />
»Wir haben durchweg gute Erfahrungen gemacht.<br />
Diese Mitarbeiter sind unglaublich engagiert und loyal.<br />
Weil sie oft auf Vorurteile stoßen, sind sie froh,<br />
zeigen zu können, was sie können.«<br />
Matthias Durau<br />
in erster Linie darum, Serienbauteile für die Automobilindustrie<br />
zu bearbeiten. Das können ein Gehörloser oder<br />
ein geistig Behinderter ebenso gut wie ein Nicht-Behinderter“,<br />
erklärt Durau. Da er seine Fachkräfte sowieso<br />
alle schulen muss, besteht so oder so ein Einarbeitungsaufwand.<br />
„Dabei kann man problemlos auf die individuellen<br />
Profile eingehen.“<br />
Auch den Arbeitsalltag kann man anpassen. Im Falle<br />
des Autismus beispielsweise kann eine Überforderung<br />
durch zu viel Veränderung in zu wenig Zeit entstehen,<br />
wenn also etwa jeden Tag andere Teile zu bearbeiten sind.<br />
Berücksichtigt man die jeweiligen Einschränkungen,<br />
läuft die Zusammenarbeit ganz normal. „Wir haben<br />
durchweg gute Erfahrungen gemacht“, erzählt der Geschäftsführer.<br />
„Diese Mitarbeiter sind unglaublich engagiert<br />
und loyal. Weil sie oft auf Vorurteile stoßen, sind sie<br />
froh, zeigen zu können, was sie können. Mitarbeiter mit<br />
Down-Syndrom hätte ich gerne noch zwei weitere.“<br />
AUCH SASCHA KADDATZ, Gründer des Ravensberger<br />
Basecamps, eines Freizeitkomplexes in Bad Sachsa, kann<br />
von diesem besonderen Engagement berichten. Einer seiner<br />
Vollzeitmitarbeiter, Markus Dittmer, ist gehörlos und<br />
eigentlich gelernter Herrenmaßschneider – er ist Kaddatz’<br />
erster Mitarbeiter mit Behinderung. Im Basecamp<br />
arbeitet er unter anderem im Gastrobereich. „Anfangs<br />
habe ich mich gefragt, was er für Aufgaben übernehmen<br />
kann. Das war schwer vorstellbar“, erzählt Kaddatz.<br />
„Aber das hat sich im Dialog geklärt, und im Betrieb hat<br />
man ganz schnell gemerkt, dass er sehr gut mit seiner<br />
Hörschädigung umgeht.“<br />
Auch für Dittmer selber läuft es gut: „Meine Kommunikation<br />
mit den Gästen ist natürlich eingeschränkt, aber<br />
durch einen offenen Umgang mit der Gehörlosigkeit gibt<br />
es keinerlei Schwierigkeiten mit Besuchern.“ Und wenn<br />
einmal Verständigungsprobleme auftauchen, stehen ihm<br />
die Kollegen jederzeit zur Seite. Daher erlebt Kaddatz seinen<br />
Mitarbeiter, der mit großem Einsatz und im Zweifel<br />
mit Handzeichen seinen Job mehr als gut macht, als „absolut<br />
vollwertige Arbeitskraft“.<br />
EIN MUSTER ZEIGT SICH IMMER WIEDER, wenn Arbeitgeber<br />
von ihren Mitarbeitern mit Behinderungen erzählen:<br />
Die Art der Behinderung muss natürlich das Ausüben<br />
des Jobs grundsätzlich ermöglichen. Aber im Vorfeld<br />
angenommene Einschränkungen sind deutlich weniger<br />
ein Problem, als man gemeinhin denkt – wenn man<br />
bereit ist, sich darauf einzustellen. Viel ausschlaggebender<br />
ist die Persönlichkeit. „Man kann zum Beispiel nicht<br />
pauschal sagen, dass Behinderte häufiger krank sind“, erklärt<br />
Steven Ruhstrat. Es sei daher im Grunde genauso<br />
wie mit jedem anderen Arbeitnehmer: „Man stellt jemanden<br />
neu ein, manchmal klappt’s und manchmal<br />
nicht. Als Unternehmer sollte man offen für alles sein,<br />
egal ob Migrationshintergrund, Mann oder Frau, beeinträchtigt<br />
oder nicht.“<br />
Und Matthias Durau ergänzt: „Man sollte im Bewerbungsgespräch<br />
die Anforderungen immer offen kommunizieren,<br />
Vertrauen aufbauen und erfragen, was die Person<br />
sich zutraut. Und die Person auch mal ausprobieren<br />
lassen, denn oft sind Menschen mit Behinderungen selbst<br />
unsicher.“<br />
ABER ES GIBT AUCH FINANZIELLE ANREIZE und Argumente<br />
für die Beschäftigung von Behinderten. Betriebe<br />
ab 20 Mitarbeitern sind gesetzlich verpflichtet, anteilig<br />
Behinderte zu beschäftigen, sonst werden Ausgleichszahlungen<br />
fällig. Gleichzeitig gibt es umfangreiche Zuschüsse<br />
für Arbeitgeber seitens der Arbeitsagentur oder der<br />
Integrationsämter, um die Einstellung von Behinderten<br />
zu unterstützen und so das gefühlte Risiko, den Mehraufwand<br />
oder auch die Kosten für die technische Aus-<br />
88 3 |<strong>2019</strong>
mensch<br />
Voll im Einsatz Für Markus Dittmer stellt seine Gehörlosigkeit im Gastrobereich des Ravensberger Basecamp keine Behinderung dar.<br />
3 |<strong>2019</strong> 89
mensch<br />
Kampf gegen Vorurteile In der Abteilung Göttinger Müsli Company fertigen 27 Rehabilitanden unter der Leitung von my.worX-Geschäftsführer<br />
Dietmar Thiele (r.) Bio-Müsli und Riegel in Handarbeit.<br />
stattung von Arbeitsplätzen abzufedern. Ebenso gibt es<br />
Zuschüsse im Falle von Minderleistungen. „Zum Schluss<br />
sind wir Wirtschaftsbetriebe mit in manchen Branchen<br />
sehr engen Margen“, erklärt Kaddatz. „Wenn dann ein<br />
Mitarbeiter nicht funktioniert, wird es schwer. Daher<br />
können die Zuschüsse eine Entscheidungshilfe sein, um<br />
auszutesten, ob jemand mit Einschränkungen überhaupt<br />
infrage kommt.“<br />
TROTZDEM BLEIBT ES SCHWIERIG, die Vorurteile bei<br />
potenziellen Arbeitgebern sind noch immer sehr präsent:<br />
sei es die Angst vor Minderleistungen, sei es die Angst,<br />
einen Behinderten wegen eines höheren Kündigungsschutzes<br />
nicht mehr loszuwerden. Insbesondere ist das<br />
bei psychischen Beeinträchtigungen der Fall. „Psychische<br />
Erkrankungen sind für viele noch tabuisiert, weil<br />
man sie nicht einzuschätzen weiß“ – das ist zumindest<br />
die Erfahrung von Dietmar Thiele. Er ist Geschäftsführer<br />
der gemeinnützigen my.worX gGmbH und des Instituts<br />
für angewandte Sozialfragen ifas. Beide haben die<br />
Aufgabe, Menschen mit psychischen Behinderungen in<br />
den Arbeitsmarkt zu integrieren und zu vermitteln, beziehungsweise<br />
bei my.worX auch einen geschützten Arbeitsplatz<br />
zu bieten – und das schon seit über 20 Jahren.<br />
So bietet my.worX in verschiedenen Abteilungen unter<br />
anderem Catering für Feste oder den Mittagstisch in Betrieben<br />
an, produziert Müsli, Riegel und Snacks aus<br />
Bio-Zutaten, digitalisiert und archiviert im Auftrag Dokumenten-Berge<br />
und Fotos. Zudem gibt es eine Fahrrad-<br />
Werkstatt sowie vielfältige Logistik-Dienstleistungen –<br />
wie beispielweise auch den Versand des <strong>faktor</strong>-Magazins.<br />
„Inzwischen haben wir einen ganz guten Kontakt zu<br />
großen und kleinen Betrieben, aber der ist über lange<br />
Zeit gewachsen“, erzählt Thiele. „Ein steiniger Weg,<br />
90 3 |<strong>2019</strong>
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denn man muss – obwohl die gesellschaftliche Diskussion<br />
viel offener geworden ist – immer noch oft erklären,<br />
was es eigentlich bedeutet, psychisch krank zu sein.“ Für<br />
den Vermittlungserfolg zähle daher die Offenheit und<br />
Transparenz gegenüber den jeweiligen Krankheitsbildern,<br />
noch mehr Aufklärung über die Unterstützung, die Betriebe<br />
erhalten können, sowie zu zeigen, dass die Betriebe<br />
nicht allein gelassen werden, sondern sich immer wieder<br />
melden können, wenn Probleme im Alltag auftauchen.<br />
DASS SICH GRUNDSÄTZLICH eine größere Offenheit<br />
gegenüber Behinderten entwickelt, beobachtet auch<br />
Thomas Seewe, der in der Arbeitsagentur Göttingen in<br />
der Vermittlung von Behinderten tätig ist. „Aber es ist<br />
nicht schlagartig passiert, sondern bewegt sich eher<br />
schleppend und könnte schneller sein.“ Auch komme es<br />
leider sehr oft vor, dass ein Behinderter nach der finanziell<br />
bezuschussten Probezeit nicht verlängert wird oder<br />
nur befristete Verträge erhält. Auch Seewe sieht daher<br />
eine der Hauptaufgaben in der weiteren Sensibilisierung<br />
von Betrieben.<br />
Handlungsbedarf bestehe aber auch bei den Behinderten<br />
selbst, betont Marcus Graubner, Vorsitzender des<br />
Allgemeinen Behindertenverbands in Deutschland. Einerseits<br />
betreffe dies die Motivation der Betroffenen.<br />
„Nach einem Unfall oder einer Erkrankung befindet man<br />
sich in einem Loch, aus dem heraus man erst einmal einen<br />
Weg finden und sein Selbstwertgefühl und die<br />
Selbstsicherheit wiederer langen muss.“ Eine der besten<br />
Möglichkeiten dazu sei eben Arbeit, die ein soziales Umfeld<br />
und eine Tagesstruktur bietet.<br />
Die zweite Hürde sieht Graubner in den rechtlichen<br />
Rahmenbedingungen. Für Behinderte gibt es altersunabhängig<br />
die Möglichkeit, bei einer behinderungsbedingten<br />
Leistungsminderung in die Erwerbsminderungs- oder<br />
Berufsunfähigkeitsrente zu gehen. „Auf den ersten Blick<br />
gibt das eine große Sicherheit, aber gleichzeitig verwehrt<br />
es den Weg zurück in den Arbeitsmarkt, da aus der Rente<br />
heraus keine Weiterqualifikation möglich ist“, so Graubner.<br />
Damit bleibt das Potenzial, das sich Behinderten insbesondere<br />
durch die Digitalisierung bietet, ungenutzt –<br />
beispielsweise im Nachschulungsbedarf von Älteren.<br />
„Von diesen Potenzialen können Behinderte profitieren,<br />
aber man muss ihnen die Chance zur beruflichen Weiterbildung<br />
lassen.“<br />
Demgegenüber müssten aber nicht zuletzt auch Behinderte<br />
selbst offener werden. „Wir müssen uns genauso<br />
bewegen wie andere Arbeitnehmer auch und die Schritte<br />
ins digitale Zeitalter mitmachen“, sagt Graubner, der<br />
selbst seit der Geburt mit einer spastischen Tetraparese<br />
lebt. „Lebenslanges Lernen gilt auch für uns.“ ƒ<br />
FÖRDERMÖGLICHKEITEN bei der Einstellung und<br />
Beschäftigung von Behinderten:<br />
• Probebeschäftigung Schwerbehinderter, um die Eignung<br />
für den Arbeitsplatz festzustellen: Übernahme der<br />
Lohnkosten für maximal drei Monate<br />
• Eingliederungszuschuss: befristete finanzielle<br />
Unterstützung, die dazu dient, eine Minderleistung auszugleichen,<br />
die beispielsweise aufgrund des Handicaps<br />
vorhanden ist, oder die durch eine intensivere Einarbeitung<br />
und Begleitung gerechtfertigt ist. Die Höhe und<br />
Dauer des Eingliederungszuschusses richtet sich nach<br />
dem individuellen Einzelfall.<br />
• Sonderprogramm zur Förderung der Beschäftigung von<br />
Schwerbehinderten des Landes Niedersachsen: ebenfalls<br />
befristete, aber hohe finanzielle Förderung<br />
• Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung<br />
• Zuschüsse für die behindertengerechte Ausgestaltung<br />
von Ausbildungs- oder Arbeitsplätzen<br />
• begleitende Hilfe im Arbeitsleben: Lohnausgleich von<br />
Minderleistungen durch das Integrationsamt<br />
KONTAKT<br />
Arbeitsagentur Göttingen<br />
Thomas Seewe (für Betriebe im Raum Göttingen,<br />
Hann. Münden und Osterode): Tel. 0551 520330<br />
Elke Dittrich (für Betriebe im Raum Duderstadt,<br />
Northeim, Einbeck, Uslar): Tel. 0551 9803222<br />
92 3 |<strong>2019</strong>
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PROFIL<br />
Zusammen selbstständig<br />
In den alten Räumlichkeiten der Sparkasse Göttingen wird an IoT, Big Data und KI gearbeitet.<br />
Und ganz nebenbei ein neues Unternehmenskonstrukt etabliert: die employee-owned company.<br />
Ein Besuch beim größten Start-up der Stadt – der Arineo GmbH.<br />
„Im Grunde ist es ganz<br />
einfach. Wir verfolgen<br />
mit Arineo das Ziel,<br />
für unsere Kunden die<br />
besten IT-Dienstleistungen<br />
zu erbringen“<br />
DR. MARKO WEINRICH<br />
Die Klingel ist provisorisch beschriftet,<br />
auf der Tür klebt eine nagelneue<br />
Folierung. Arineo. Ein Schild weist<br />
darauf hin, dass man sie noch nicht anfassen<br />
soll. Mit Smiley. Dann geht es über zwei steile<br />
Treppen hoch in die alten Büros der Sparkasse.<br />
Rechts eine Auslage mit bunten Klatschpappen.<br />
Employee-owned company steht<br />
auf der einen Seite, auf der anderen prangt<br />
das Logo des Unternehmens. Eine Gruppe<br />
Mitarbeiter kommt uns entgegen, ausgelassen,<br />
jung, mehrheitlich männlich. Sie wollen<br />
in die Mittagspause – heute ist Dönerstag,<br />
sagen sie, lachend, und schlagen den Weg in<br />
die Innenstadt ein.<br />
MAN NIMMT DEN KONTRAST ZWISCHEN<br />
dem dunklen Spannteppich aus dem vergangenen<br />
Jahrhundert und der beschwingten<br />
Stimmung deutlich wahr. Mathematiker würden<br />
sagen: Die Faktoren verhalten sich umgekehrt<br />
proportional. Doch viel Zeit ist nicht,<br />
über die Wechselbeziehung von Stimmung<br />
und Räumlichkeiten zu sinnieren. Schon begrüßt<br />
uns Dr. Marko Weinrich, einer der Geschäftsführer<br />
des im Dezember 2018 gegründeten<br />
IT-Dienstleisters. Von ihm und seinen<br />
vier Kollegen aus der Geschäftsführung, Frank<br />
Jakobi, Martin Renker, Martin Schweicher und<br />
Dr. Frank Wilkes, werden wir erfahren, was<br />
sich hinter dem Begriff employee-owned company<br />
verbirgt.<br />
„Im Grunde ist es ganz einfach. Wir verfolgen<br />
mit Arineo das Ziel, für unsere Kunden<br />
die besten IT-Dienstleistungen zu erbringen“,<br />
erklärt Weinrich und fährt schmunzelnd fort:<br />
„Und jetzt stellt sich die Frage, was macht<br />
IT-Dienstleistungen gut?“ So viel vorweg: Es<br />
geht nicht allein um die Exzellenz der Programmierung<br />
oder die niedrigsten Preise.<br />
Nicht nur um Servicezeiten. Ausschlaggebend<br />
sei, so Weinrich, dass die Kunden langfristig<br />
von einem gleichbleibenden, motivierten und<br />
fähigen IT-Expertenteam betreut werden. Die<br />
Beständigkeit, unterstreicht er, mache den<br />
Unterschied. Denn für Unternehmen sei es<br />
äußerst mühselig, einen passenden IT-Dienstleister<br />
zu finden. Aus diesem Grund folgen<br />
Kunden oft Mitarbeitern, wenn diese den Arbeitgeber<br />
wechseln. „Das ist wiederum ein<br />
Risiko für den IT-Dienstleister“, ergänzt Martin<br />
Renker und fügt an: „Deshalb wollen wir<br />
Rahmenbedingungen schaffen, in denen sich<br />
unsere Mitarbeiter wohlfühlen. Eine Firma, in<br />
der sie gerne arbeiten, ohne über einen Jobwechsel<br />
nachzudenken.“
FOTO: LUKA GORJUP<br />
Ein neues starkes Team: Frank Jakobi, Martin Schweicher, Dr. Marko Weinrich, Dr. Frank Wilkes und Martin Renker (v.l.n.r.)<br />
WAS ALSO MACHT ARINEO ANDERS? „Wir<br />
haben in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht,<br />
dass Menschen in der Regel einen Arbeitsplatz<br />
suchen, der ihnen zunächst finanzielle und<br />
emotionale Sicherheit, Entwicklungsmöglichkeiten<br />
und Wertschätzung bringt“, führt Renker<br />
aus, „ist dies gewährleistet, kann sich das für<br />
gute IT-Dienstleistungen notwendige kreative<br />
Poten zial erst richtig entfalten.“ Damit die Investitionen<br />
in die Menschen und ihre Ideen<br />
sichergestellt sind, soll Arineo ein sogenanntes<br />
Purpose- Unternehmen werden – also ein<br />
unverkäufliches, bei dem alle Überschüsse<br />
in der Firma verbleiben. „Wir haben in der<br />
Gründungssatzung festgelegt, dass spätestens<br />
in fünf Jahren die Mehrheit den Mitarbeitern<br />
gehören soll“, fügt Martin Schweicher<br />
hinzu. Das ist der Kern der neuen Form: ein<br />
Purpose- Unternehmen, abge sichert durch das<br />
Eigentum der Mitarbeiter.<br />
Die Arineo Gmbh ist seit ihrer Gründung<br />
im Dezember 2018 rasant gewachsen. Sie<br />
beschäftigt inzwischen 200 Menschen und<br />
schreibt schwarze Zahlen. „Natürlich kommt<br />
eine solche Entwicklung nicht aus dem Nichts.<br />
Unser Erfolg ist darauf zurückzuführen, dass<br />
die meisten unserer Mitarbeiter bereits vorher<br />
zusammengearbeitet haben. Sie kannten und<br />
schätzten einander und die EOC-Idee“, erläutert<br />
Frank Jakobi. Die Begeisterung für das<br />
gemeinsame Unterfangen zeige sich auch dadurch,<br />
dass knapp 50 Mitarbeiter Geld für die<br />
Unternehmensgründung zur Verfügung gestellt<br />
hätten. „Allein geht so etwas nicht. Wir arbeiten<br />
allesamt sehr intensiv an der Verwirklichung<br />
unserer gemeinsamen Vision. Das ist die Basis<br />
unseres Erfolgs“, betont Frank Wilkes.<br />
ARINEO HAT BEREITS ZEHN STANDORTE<br />
in Deutschland und Österreich, hat sich jedoch<br />
hinsichtlich des Sitzes bewusst für den Standort<br />
Göttingen entschieden. Hier habe es starke<br />
regio nale Partner, die es unterstützen – zum<br />
Beispiel die Sparkasse Göttingen mit ihrem Vorstandsvorsitzenden<br />
Rainer Hald. Darüber hinaus<br />
biete Göttingen durch die vielen hochwertigen<br />
Bildungseinrichtungen optimale Kooperationsmöglichkeiten<br />
für die Entwicklung marktrelevanter<br />
Innovationen und die Gewinnung neuer<br />
Mitarbeiter. „EOC ist ein Win-win-Konzept – für<br />
unsere Mitarbeiter und für unsere Kunden. Wir<br />
würden uns sehr freuen, wenn in Zukunft weitere<br />
Unternehmen diesen Schritt wagen würden.<br />
Das Konstrukt hat noch viel Potenzial“, schließt<br />
Weinrich ab – und in seinen Augen flackert ein<br />
wenig Stolz auf.<br />
KONTAKT<br />
Arineo GmbH<br />
Sarah Peters<br />
Paulinerstr. 12<br />
37073 Göttingen<br />
Tel. 015172119648<br />
info@arineo.com<br />
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mensch<br />
Wie im Märchen<br />
Sie lebt ihren Traum, und sie arbeitet hart dafür.<br />
Erzsébet I. Wagner ist Inhaberin des Luxustaschenlabels<br />
Utmon es pour Paris. Doch für die<br />
gebürtige Ungarin gab es auch andere Zeiten.<br />
Die Wahl-Göttingerin erzählt von ihrem Weg<br />
vom einfachen Leben auf dem Bauernhof in die<br />
große weite Modewelt und davon, warum Falten<br />
zum Leben gehören.<br />
TEXT ANJA DANISEWITSCH<br />
FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
96 1|<strong>2019</strong>
mensch<br />
3 |<strong>2019</strong> 97
mensch<br />
Wer glaubt, Märchen gebe ist nur<br />
in der Literatur – der irrt. Sie<br />
passieren tatsächlich, die Geschichten,<br />
in denen Menschen<br />
vom Tellerwäscher zum Millionär<br />
werden. So wie diese: Das<br />
einst kleine Mädchen aus dem<br />
ländlichen Ungarn präsentiert Jahrzehnte später in Paris<br />
auf der Fashion Week eine eigene Kollektion. Jetset und<br />
Glamour, aber auch bodenständiges Leben – das ist Erzsébet<br />
Ilona Wagner. Eine Frau, die mit 19 Jahren bereits<br />
wusste, dass sie einmal ein anderes Leben führen möchte<br />
als das, das in ihrem ungarischen Heimatort auf sie wartete.<br />
Sie machte ihr Abitur und zog hinaus in die Welt ...<br />
Das klingt nach dem Beginn einer guten Story.<br />
„ALS KIND HATTE ICH NIE LANGE FINGERNÄGEL und<br />
immer dreckige Hände“, erzählt Wagner, lacht und<br />
schaut auf ihre gepflegten Hände. Damals lebte sie in<br />
einem Ort mit 30.000 Einwohnern. Im <strong>Herbst</strong>, wenn die<br />
Kartoffelernte anstand, ging Lisa, wie sie von ihren<br />
Eltern gerufen wurde, mit aufs Feld. Sie wuchs zwischen<br />
Schweinen und Rindern auf, die Namen hatten und<br />
irgendwann geschlachtet wurden. „Schweine hatten wir<br />
vor allem, um etwas zum Tauschen zu haben, wenn wir<br />
beispielsweise Fliesen für unser Bad brauchten“, sagt die<br />
heute 44-Jährige. Tauschwirtschaft statt Marktwirtschaft.<br />
So ist sie groß geworden. Mode gab es nur in<br />
verbotenen Westzeitschriften zu bestaunen, und Freiheit<br />
endete an der Grenze zu Österreich.<br />
»Ich könnte ein ganzes Buch schreiben,<br />
darüber, was ich alles erlebt habe,<br />
bis ich schließlich 2001 meine neue<br />
Heimat in Göttingen fand. «<br />
AN DIESER STELLE MUSS EIN SPRUNG in die Gegenwart<br />
erlaubt sein: Erzsébet I. Wagner wohnt in einer<br />
Stadtvilla aus der Gründerzeit mitten in Göttingen – mit<br />
großem Garten und Goldfischteich. Sie trägt teure Schuhe<br />
und elegante Kleider. „Als Kind hatte ich immer gedacht,<br />
wenn ich groß bin, werde ich schöne Mode tragen<br />
und schnelle Sportautos fahren“, so die gebürtige Ungarin.<br />
„Das war wohl – neben meiner Neugier – auch einer<br />
der Gründe, warum ich mit 19 Jahren in die west liche<br />
Welt gegangen bin.“ Seit 2017 ist ihr eigenes Taschenlabel<br />
Utmon es pour Paris auf dem Markt, unter dem sie<br />
weltweit Luxustaschen vertreibt: ob in Dubai, Los Angeles,<br />
St. Barth oder an der Côte d’Azur. Erfolgreich. <strong>2019</strong><br />
erhielt ihre Taschenkollektion ‚Switchbag‘ den German<br />
Design Special Award, weil, so die Jury, „diese Tasche<br />
Funktionalität und Stil aufs Beste miteinander vereint<br />
und weil sie die vielleicht luxuriöseste Art (ist), seine sieben<br />
Dinge durchs Leben zu tragen“.<br />
Doch zwischen damals und heute liegt sich ein langer<br />
Weg. „Ich könnte ein ganzes Buch schreiben, darüber,<br />
was ich alles erlebt habe, bis ich schließlich 2001 meine<br />
neue Heimat in Göttingen fand“, sagt Wagner. Göttingen,<br />
das ist für sie eine Großstadt, die klein genug ist, um<br />
auch einmal zur Ruhe zu kommen. Nur leider passiert<br />
das, seit sie selbst Unternehmerin ist, viel zu selten.<br />
„Wenn ich 70 Jahre bin, werde ich vielleicht mit meinem<br />
Mann zu Hause auf dem Sofa sitzen“, sagt sie und kommentiert<br />
dies mit einem Augenzwinkern. Doch richtig<br />
glauben möchte man es ihr nicht. Denn sowohl sie als<br />
auch ihr Ehemann Helmut Wagner, Gründer der amedesgroup,<br />
mit dem sie seit 2017 verheiratet ist, haben stets<br />
volle Terminkalender. Und sie lieben es unterwegs zu<br />
sein, zu reisen und die Freiheit zu genießen, die Freiheit,<br />
einfach mal loszufahren und auf der Autobahn spontan<br />
die Ausfahrt Richtung Frankreich zu nehmen.<br />
DIESEM FREIHEITSDRANG IST ES AUCH zu verdanken,<br />
dass es Erzsébet Wagner 1993 von Ungarn nach München<br />
zog, nach Kitzbühel, nach London, Mailand, Zürich und<br />
sogar bis nach San Francisco. In ihrem ersten Job im ‚Westen‘<br />
arbeitete sie als Kindermädchen bei einer prominenten<br />
Fußballerfamilie und traf zum ersten Mal in ihrem<br />
Leben auf gelebten Luxus: Designerkleider, ungetragen,<br />
ein Ankleidezimmer und die Möglichkeit, wie selbstverständlich<br />
500 Kilometer zum nächsten Friseur zu fahren.<br />
Die junge Frau war beeindruckt – und zog dennoch<br />
98 3 |<strong>2019</strong>
mensch<br />
ZUR PERSON<br />
Erzsébet Ilona Wagner gründete vor drei Jahren ihr<br />
eigenes Taschenlabel Utmon es pour Paris. Neben der<br />
preisgekrönten Switchbag brachte sie in limitierter<br />
Auflage ein eigenes Parfum auf den Markt, das ursprünglich<br />
nur zum Parfümieren ihrer Taschen gedacht war.<br />
Nachdem Wagner mit 19 Jahren ihre Heimat in Ungarn<br />
verließ, ist sie in der Welt zu Hause. Heute lebt sie mit ihrem<br />
Mann und ihrem Sohn die meiste Zeit des Jahres in<br />
Göttingen, ist aber ebenso gern im Ferienhaus in<br />
Südfrankreich daheim.<br />
3 |<strong>2019</strong> 99
mensch<br />
Detailverliebt Erzsébet Wagner besucht regelmäßig die beauftragte Manufaktur in Thüringen, um neue Kollektionen vor Ort abzunehmen.<br />
weiter: Sie wollte mit Anfang zwanzig ihre neu gewonnene<br />
Freiheit genießen. „Wenn man aus freien Stücken<br />
durch die Welt zieht, erlebt man sie anders, als wenn<br />
man eine Reise bucht“, sagt Wagner, die heute inzwischen<br />
mehrere Sprachen spricht. „Ich war so durstig und<br />
hungrig nach allem Neuen.“ So kam sie schließlich auch<br />
nach Paris – der Stadt der Liebe, der sie bis heute verfallen<br />
ist.<br />
PARIS IST ABER NICHT NUR DIE STADT DER LIEBE, sie<br />
ist vor allem auch die Stadt der Mode. Niemand kleidet<br />
sich mit einer Lässigkeit so elegant wie die Pariserinnen,<br />
die scheinbar mühelos ein Lebensgefühl in die Kleidung<br />
übertragen. Für Wagner der Ort für Inspirationen. Und<br />
ihr Label Utmon es pour Paris ist heute eine Liebeserklärung<br />
an diese Stadt und an die Frauen, die ihr Frausein<br />
leben und lieben. „Ich entscheide selbst. Ich bin Frau genug.<br />
Dafür steht unter anderem auch meine Marke“,<br />
sagt die Geschäftsfrau selbstbewusst und meint damit<br />
sowohl sich als auch alle anderen mutigen Frauen, die<br />
unabhängig und selbstbestimmt durchs Leben gehen.<br />
Für Frauen wie eben diese hat sie ihre Switchbag entworfen.<br />
„Ich war, bevor ich 2017 mein eigenes Label<br />
gründete, auf der Suche nach einer Tasche, die meinen<br />
Ansprüchen gerecht wurde und dabei so stylisch ist, dass<br />
ich sie tagsüber im Business ebenso wie abends zum Ausgehen<br />
mit einem guten Gefühl trage“, so Wagner. Ähnliche<br />
Formate gab es auf dem Markt, „aber nicht in<br />
schick“. Also warum nicht selbst designen, wofür es<br />
doch einen Bedarf gibt? Denn die Switchbag ist vieles:<br />
Sie ist klein genug, um für den Stadtbummel schnell in<br />
einem größeren Shopper zu verschwinden. Dennoch ist<br />
sie groß genug, um die wichtigsten Utensilien einer Frau<br />
aufnehmen zu können. Und: Wagners Switchbag ist so<br />
schick, dass sie als Clutch auch beim abendlichen<br />
Empfang auf einer Segeljacht in St. Tropez heimliche<br />
Blicke auf sich zieht.<br />
OBWOHL WAGNER SEIT MARKTEINFÜHRUNG ihrer<br />
Marke vor zwei Jahren bereits sehr viel erreicht hat, ist<br />
sie noch lange nicht am Ziel. „Ich bin noch nicht zufrieden.<br />
Für mich könnte alles viel schneller gehen“, sagt sie.<br />
Diese Ungeduld ist wahrscheinlich ebenso ihrem ungarischen<br />
Temperament zuzuschreiben wie ihre herzliche<br />
100 3 |<strong>2019</strong>
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mensch<br />
Nachhaltiger Konsum<br />
Die altrosafarbene Switchbag ist aus<br />
Bonded Leather – das sind Abfallstücke<br />
bei der Lederver arbeitung und Lederreste,<br />
die neu aufbereitet werden und nichts von<br />
ihrer Herkunft erahnen lassen.<br />
und direkte Art, sofort im Gespräch zu sein und dabei<br />
leidenschaftlich zu gestikulieren. „Das können nicht nur<br />
die Italiener“, erklärt sie lachend. Ja, sie lache gern und<br />
zeige ihre Gefühle. Das sei übrigens auch ein Grund, warum<br />
sie nie auf die Idee käme, sich Botox spritzen zu<br />
lassen: „Wie soll ich dann die Stirn runzeln? Das geht<br />
nicht“, sagt sie lakonisch. Ein Thema, dass in der Welt<br />
der Mode durchaus an der Tagesordnung ist – jedoch<br />
nicht für Wagner. Sie möchte mit ihrer Haltung die Frauen<br />
motivieren, dazu zu stehen, dass sie sind, wie sie sind.<br />
„Das Leben formt jeden Menschen so einzigartig. Warum<br />
sollte man es verstecken? Jedes Fältchen zeigt letztlich:<br />
‚Ich habe gelebt‘.“ Daher resümiert die dreifache Mutter:<br />
„Ich kriege immer mehr Falten, aber dafür habe ich auch<br />
etwas getan.“<br />
INDESSEN ZEICHNET SICH IN DER FASHION-WELT mit<br />
der nachrückenden, jüngeren Generation leise der Wandel<br />
ab, sich auf neue Werte zu besinnen. Ob es um Themen<br />
wie Nachhaltigkeit geht oder um die Wertigkeit von<br />
Mode. Der große Einfluss der Fast-Fashion-Ketten, so<br />
hofft Wagner, wird durch bewussten und verantwortungsvollen<br />
Konsum irgendwann der Vergangenheit angehören.<br />
Mit ihrem Label setzt sie dafür wegweisende<br />
Akzente – auch im Luxussegment. „Meine Marke ist<br />
und bleibt Made in Germany. Und auch bei der Wahl des<br />
Leders schaue ich genau hin“, sagt die Wahlgöttingerin.<br />
In ihrer Kollektion lässt sie Bonded Leather verarbeiten<br />
– das sind Abfallstücke bei der Lederverarbeitung und<br />
Lederreste, die neu aufbereitet werden und als altrosafarbene<br />
Switchbag nichts von ihrer Herkunft erahnen<br />
lassen. Von Hand gefertigt in einer kleinen und traditionsreichen<br />
Manufaktur in Sangerhausen im nahe<br />
gelegenen Thüringen wird jedes Lederstück vor der Verarbeitung<br />
gedreht und gewendet und auf Fehler geprüft.<br />
„Ich sehe nicht nur bei der Produktion der Taschen meine<br />
Verantwortung. Daher sind Transparenz und Konsum<br />
ein großes Thema für mich“, sagt Wagner. „Ich möchte<br />
weder Kinderarbeit noch Tierquälerei unterstützen,<br />
sonst kann ich nicht gerade in den Spiegel schauen.“<br />
WÄHREND ERZSÉBET WAGNER so aus ihrem Leben erzählt,<br />
sitzt sie auf der massiven, schwarzen Ledercouch<br />
in ihrem geräumigen Wohnzimmer, in der Hand eine kitschige<br />
Katzentasse: „Die ist von meiner Tochter – meine<br />
Lieblingstasse“, erklärt sie und lächelt ein wenig versonnen.<br />
Der Raum ist lichtdurchflutet. Schwere Vorhänge<br />
umrahmen die bodentiefen Fenster, an den Wänden hängen<br />
Gemälde alter Meister, Lüsterlampen schaffen eine<br />
herrschaftliche Atmosphäre. „Ich bin jeden Tag dankbar,<br />
dass ich das machen kann, was ich mache“, sagt Wagner<br />
und sieht sich um. „Einst in Ungarn hat mir meine Mutter<br />
noch des Nachts – nach ihrer Arbeit in der Genossenschaft<br />
und auf unserem Hof – aus Gardinenstoffen Kleider<br />
designt und genäht... sie wusste, wie viel mir schon<br />
als Jugendliche Mode bedeutete. Damals war mir das<br />
Selbstgemachte ein wenig peinlich. Heute bin ich stolz<br />
darauf!“ Vielleicht brauchte es genau diesen langen Weg,<br />
um dort anzukommen, wo Wagner jetzt ist. ƒ<br />
Sie wollen mehr wissen?<br />
Mehr zum Luxustaschenlabel<br />
Utmon es pour Paris und der<br />
Herstellung der Switchbag von<br />
Erzsébet I. Wagner gibt es im neuen<br />
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mensch<br />
Greifbare Ergebnisse<br />
MPI-Direktor Christian Griesinger forscht daran, einige unserer schwerwiegensten<br />
Zivilisationskrankheiten zu bekämpfen und wurde für seine bahnbrechenden Erkenntnisse<br />
bereits mehrfach ausgezeichnet.<br />
TEXT STEFAN LIEBIG FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
War es ein Zeichen, dass der in Ulm geborene<br />
Christian Griesinger einst als junger Mann<br />
die Bronzemedaille der Internationalen<br />
Chemieolympiade ausgerechnet in Torun<br />
gewann, der polnischen Partnerstadt Göttingens? Er war<br />
damals gerade einmal 18 Jahre alt – 21 Jahre später sollte<br />
er die Leitung einer Abteilung am Max-Planck-Institut<br />
(MPI) für biophysikalische Chemie in der Gänselieselstadt<br />
übernehmen. Doch diese Verknüpfung der Stationen seines<br />
Lebenslaufs ist wohl etwas zu konstruiert ... „Auch<br />
wenn ich in Torun erstmals erkannte, dass ich in Chemie<br />
so schlecht nicht sein kann“, wie Griesinger heute<br />
schmunzelnd erzählt.<br />
DASS DEM TATSÄCHLICH SO IST, erkannten im Laufe<br />
seines Lebens auch noch viele andere: Denn inzwischen<br />
kann Griesinger zahlreiche angesehene Auszeichnungen<br />
im Bereich der Wissenschaft sein Eigen nennen – seit diesem<br />
Jahr auch den Günther-Laukien-Preis, den er für<br />
seine herausragenden Beiträge zur Kernspinresonanz-<br />
(NMR)- Spektroskopie erhielt. Griesinger erforscht die<br />
Struktur von Molekülen und deren Dynamik. Denn nur,<br />
wenn Proteine und Nukleinsäuren sich in eine bestimmte<br />
Form falten, können sie ihre biologische Aufgabe erfüllen.<br />
Der Wissenschaftler untersucht, auf welche Details es dabei<br />
ankommt. „Der Günther-Laukien- Preis ist die wichtigste<br />
Auszeichnung in diesem Bereich“, sagt Griesinger<br />
erfreut, der den 1997 verstorbenen Namensgeber zu Lebzeiten<br />
selbst noch kennenlernen durfte. „Ende der 1980er-<br />
Jahre führte ich mit einigen Forscherkollegen NMR-Messungen<br />
auf dem Bruker-Firmengelände durch. Günther<br />
Laukien hatte damals dort auch seine Wohnung. Er kam<br />
abends öfter zu uns und ließ sich, wie ein liebevoller<br />
Großvater von seinen Enkeln, alles über unsere spannende<br />
Forschung erklären.“<br />
WER JETZT DENKT, DASS GRIESINGERS WEG von klein<br />
auf vorgezeichnet war, der irrt: „Mein Zwillingsbruder<br />
und ich waren eher Spät entwickler, allerdings entdeckte<br />
ich schon früh mein Talent, Elektrogeräte zu reparieren“,<br />
erzählt der heute 59-Jährige und erinnert sich zurück an<br />
seine Kindheit in Neu-Isenburg. In dieser Zeit erwacht<br />
auch sein Interesse an Naturwissenschaften, und mit zwei<br />
Onkeln, die Chemiker sind, hat er bereitwillige Gesprächspartner.<br />
„Bei Familienfeiern sprachen wir nur über das<br />
eine. Und als meine Eltern mir dann auch noch einen<br />
Chemiebaukasten schenkten, war ich endgültig infiziert.“<br />
Und so wendet sich der jugendliche und eigentlich sehr<br />
sportliche Mann von anderen Hobbys ab – bis dahin<br />
stand er lange im aktiven Wettstreit mit seinem Bruder:<br />
Sie turnten, spielten Tennis und schwammen – sogar in<br />
demselben Verein wie ,Albatros‘ Michael Groß. „Das<br />
schwierigste Hobby aber, vor allem für die Nachbarn, war<br />
das Klavierspielen. Erst übte ich, dann mein Bruder, und<br />
umgekehrt. In einer Mietwohnung geht so was nicht lange<br />
gut“, sagt Griesinger mit einem schelmischem Lächeln.<br />
Seine Mutter freut sich, dass sein neues Hobby nun mit<br />
weniger Geräuschkulisse verbunden ist und fährt den<br />
104 3 |<strong>2019</strong>
mensch<br />
3 |<strong>2019</strong> 105
mensch<br />
heranwachsenden Sohn bereitwillig zur Universitätsbibliothek,<br />
um sich wissenschaftliche Lektüre auszu leihen.<br />
Nach dem Abitur entscheidet sich Griesinger ohne Zögern<br />
für ein Doppelstudium der Chemie und Physik auf<br />
Diplom an der Universität Frankfurt. „Ich wollte vielseitig<br />
studieren. Dieser universelle Ansatz ist heutzutage<br />
leider kaum noch umsetzbar“, sagt er bedauernd und<br />
verweist auf die aus seiner Sicht nachteiligen Veränderungen<br />
der Studienordnungen.<br />
TROTZ ODER GERADE WEGEN DIESER offenen Herangehensweise<br />
findet der junge Student schnell seine Spezialdisziplin<br />
in der Kernspinresonanz-(NMR)-Spektroskopie,<br />
die ihn bis heute begeistert. „Es waren goldene Zeiten<br />
damals – alles, was man anfasste, war neu und führte zu<br />
Publikationen“, erklärt der Chemiker schwärmend, für<br />
den nach einem langweiligen Schülerpraktikum in der<br />
Pharmaindustrie schon früh feststeht, dass er in die akademische<br />
Forschung gehen will. Er wählt seinen Diplom- und<br />
Doktorvater Horst Kessler, der den Lehrstuhl für Organische<br />
Chemie an der Frankfurter Uni innehat, wegen seiner<br />
wissenschaftlichen Spezialisierung aus. Dieser schickt ihn<br />
schon mitten in der Diplomarbeit gemeinsam mit einem<br />
höhersemestrigen Kommilitonen und dem verantwortungsvollen<br />
Auftrag, ein NMR-Spektrometer zu testen, in<br />
die USA. Und schließlich vermittelt ihm Kessler auch die<br />
Möglichkeit, während der Doktorarbeit bei dem späteren<br />
Nobelpreisträger Richard Ernst an der ETH in Zürich zu<br />
forschen. Diesem Aufenthalt schließen sich nach der Promotion<br />
weitere dreieinhalb Jahre als Postdoktorand an.<br />
DIESE FÜR IHN EXTREM LEHRREICHE ZEIT endet mit<br />
dem Wechsel zurück an ,seine‘ Frankfurter Universität.<br />
Hier erhält er eine C4-Professur – allerdings ohne Habilitation,<br />
denn schon zu dem Zeitpunkt qualifizieren ihn<br />
30 eigene Publikationen. Mit seinen gerade 29 Jahren<br />
gehört er trotz seiner vielen Erfolge aber dennoch zum<br />
Nachwuchs. „Diese Jahre lehrten mich sehr viel – insbesondere<br />
im Bereich der Mitarbeiterführung“, sagt er und<br />
erinnert sich an Zeiten, in denen er auch einige Kämpfe<br />
mit seinen Kollegen zu bestehen hatte.<br />
Doch Griesinger etabliert sich schnell, was auch die<br />
erstaunliche Liste seiner wissenschaftlichen Auszeichnungen<br />
beweist. Herausragend hierbei ist sicher der<br />
Leibniz-Preis, den er 1998 erhält. „Dieser war auch ausschlaggebend<br />
für den Ruf an das Göttinger MPI“, sagt<br />
Griesinger, der sich nach reiflicher Überlegung für den<br />
Umzug entscheidet. Zwar genießt er einen hervorragenden<br />
Ruf und bestmögliche Ausstattung in Frankfurt,<br />
doch will er ein anderes Umfeld kennenlernen und das<br />
Zusammenspiel der verschiedenen MPI und der Universität<br />
in Göttingen für seine Forschungen nutzen. Hier<br />
trifft er im Übrigen auch seinen Bruder wieder, der zu<br />
dieser Zeit als Assistenz- und dann als Oberarzt an der<br />
Universitätsmedizin der Stadt arbeitet.<br />
Den Wechsel als Direktor an das MPI für biophysikalische<br />
Chemie bereut Griesinger bis heute nicht. Auch<br />
hier kann er seine Arbeit erfolgreich weitertreiben. Doch<br />
der Wissenschaftler will die Ergebnisse jahrelanger Forschung<br />
nun auch in der Praxis genutzt wissen. Daher<br />
gründet er im Jahr 2013 zusammen mit Armin Giese<br />
von der Ludwig-Maximilians-Universität München und<br />
zwei weiteren Wissenschaftlern die Firma MODAG. Das<br />
Unternehmen erforscht, wie bestimmte Proteine bei neurodegenerativen<br />
Erkrankungen miteinander verklumpen,<br />
und entwickelt Moleküle, die eben diese Verklumpung<br />
verhindern. Bisherige Untersuchungen an Mäusen<br />
sind vielversprechend: Denn die von ihm und seinen<br />
Kollegen neu entwickelten Wirkstoffe können bei den<br />
Nagern die Parkinson-Erkrankung verlangsamen und<br />
das damit einhergehende Absterben von Nervenzellen<br />
stoppen. „Wenn sich in den klinischen Studien, die demnächst<br />
anlaufen werden, zeigt, dass sich unsere Ergebnisse<br />
von der Maus auf den Menschen übertragen lassen,<br />
könnten die Wirkstoffe möglicherweise auch bei Patienten<br />
mit der Parkinson-Creutzfeldt-Jakob- und der Alzheimer-Krankheit<br />
sehr positive Effekte zeigen“, sagt er<br />
und formuliert damit seine Hoffnung für die Zukunft.<br />
MIT DEM JÜNGSTEN HÖHEPUNKT seiner Karriere, dem<br />
Günther-Laukien-Preis, bestätigen die Juroren einmal<br />
mehr seine großen Fortschritte. Dass es aber häufig Jahrzehnte<br />
dauert, bis es zu greifbaren und in der Praxis<br />
nutzbaren Ergebnissen kommt, beflügelt Griesinger eher,<br />
als dass es ihn demotiviert. „Einen wirklichen Durchbruch<br />
hat man als Forscher wahrscheinlich nur einmal<br />
im Leben – aber dafür lohnt es sich, zu arbeiten.“ Über<br />
seine vielen Auszeichnungen freut er sich zwar, aber<br />
sieht diese nicht als wesentliche Motivation. Vielmehr<br />
möchte er am Wandel seines Fachgebiets teilhaben und<br />
hofft, einen entscheidenden Beitrag hierfür zu leisten. ƒ<br />
ZUR PERSON<br />
Christian Griesinger, geboren 1960 in Ulm, forscht seit<br />
1999 in Göttingen als Direktor am Max-Planck-Institut für<br />
biophysikalische Chemie und ist gleichzeitig als Honorarprofessor<br />
an der Georg-August- Universität tätig.<br />
Schwerpunktmäßig arbeitet er daran, Methoden in der<br />
NMR-Spektroskopie zu entwickeln und diese im biologischen<br />
und pharmakologischen Umfeld anzuwenden.<br />
Griesinger ist seit 2007 gewähltes Mitglied der Akademie<br />
der Wissenschaften zu Göttingen, wurde neben zahlreichen<br />
weiteren Auszeichnungen unter anderem mit dem<br />
Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft,<br />
dem Otto-Bayer-Preis und erst in diesem Jahr mit dem<br />
Günther-Laukien-Preis geehrt.<br />
106 3 |<strong>2019</strong>
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mensch<br />
108 3 |<strong>2019</strong>
mensch<br />
Mehr als ein<br />
Stehaufmännchen<br />
Man muss weggehen, um wiederkommen zu können. Marc Wallert legte einen weiten Weg<br />
zurück, um wieder anzukommen: in seiner Heimatstadt Göttingen und bei sich selbst.<br />
Im Jahr 2000 wurde er gemeinsam mit seinen Eltern entführt und über Monate im<br />
philippinischen Dschungel als Geisel gefangen gehalten. Heute – rund 20 Jahre später –<br />
berichtet er als Speaker, warum dies für ihn dennoch kein Schicksalsschlag war und wie wir<br />
die Krise als Chance begreifen können.<br />
TEXT ANJA DANISEWITSCH FOTOGRAFIE STEPHANIE WOLFF PHOTOGRAPHY & ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
Wo beginnt man, wenn man eine Geschichte<br />
erzählen möchte, die mehrere<br />
Anfänge zu haben scheint? Und<br />
in welcher die Vergangenheit und<br />
die Gegenwart – ineinander verschlungen<br />
– erst nach Jahrzehnten<br />
ihren Sinn enthüllen? Denn als Marc Wallert im Jahr<br />
2000 zusammen mit seinen Eltern bei einem Tauch urlaub<br />
in Malaysia entführt wurde, war das ein gravierender<br />
Einschnitt in seinem Leben. „Inzwischen weiß ich, dass<br />
die Entführung eine größere Rolle in meinen Leben hätte<br />
spielen können“, sagt Wallert heute. Er habe damals<br />
nach seiner Freilassung die Chance verpasst, sein Leben<br />
dauerhaft anders zu gestalten.<br />
IM MILLENIUMSJAHR 2000 wollten Marc Wallert und<br />
seine Eltern in Malaysia einfach mal zusammen Urlaub<br />
machen, da er zu jener Zeit in Luxemburg lebte und sie<br />
sich viel zu selten sahen. Der heute 46-Jährige erinnert<br />
sich nur zu gut an den Anfang des Martyriums. Wenige<br />
Tage nach ihrer Ankunft im Taucherparadies war die<br />
Göttinger Familie Wallert in allen Medien. Fast jeder in<br />
Deutschland kannte die Bilder der Entführung, die ausgemergelten<br />
Körper der 21 Gefangenen, ihre notdürftigen<br />
Unterkünfte mitten im Dschungel, die verängstigten<br />
Blicke, die die Kameras der Journalisten einfingen.<br />
Um zu fotografieren, um zu filmen und die Lösegeldforderung<br />
in die Welt zu tragen, durften sich Journalisten<br />
aus aller Welt dem Lager nähern. „Wir waren mitten im<br />
Kampfgebiet und hatten mehr als einmal Todesangst“,<br />
erzählt Wallert rückblickend. Am Ende überlebten alle<br />
Geiseln. Sie wurden nach und nach freigelassen. Der damals<br />
27-Jährige gehörte mit drei weiteren Geiseln aus<br />
Frankreich und Finnland zu den letzten, die gegen Lösegeld<br />
freikamen.<br />
<strong>2019</strong>, NEUNZEHN JAHRE SPÄTER: Treffpunkt ist das<br />
‚Wohnzimmer‘ im Bekleidungsgeschäft Woggon am Göttinger<br />
Wilhelmsplatz, „einem meiner Lieblingsorte“, wie<br />
Wallert gleich bei der Begrüßung erklärt. Er erweist sich<br />
als aufmerksamer und angenehmer Gastgeber, auch<br />
wenn es nicht seine eigenen vier Wände sind. Er macht<br />
Kaffee und holt Wasser in einer Karaffe. Nebenbei beginnt<br />
er bereits zu erzählen, wie es ihm heute geht und<br />
was sich seit damals verändert hat. Besonders seit ungefähr<br />
einem Jahr, als er nach zehn Jahren als Senior Controller<br />
und Bereichsleiter beim Duderstädter Prothesenhersteller<br />
Ottobock den Schritt in die Selbstständigkeit<br />
wagte. Heute ist der sympathische Mitvierziger ein Keynote-Speaker<br />
und Führungskräftetrainer in Richtung<br />
3 |<strong>2019</strong> 109
mensch<br />
» Ich habe es nicht nur gesehen, ich habe sogar spüren können, dass ich<br />
meine Erfahrungen einmal in Freiheit mit anderen Menschen teilen werde.<br />
Darin schwang die Gewissheit mit, dass ich doch überleben muss, wenn<br />
diese Vision der Zukunft wahr werden soll. Aber ich habe dabei nie die<br />
lebensbedrohliche Realität vernachlässigt. «<br />
Erfolgskurs. „Um ehrlich zu sein“, sagt Wallert mit einem<br />
Lächeln auf den Lippen, „ich liebe Komfortzonen.<br />
Meine Entscheidung für die Selbstständigkeit ist keine<br />
Heldengeschichte, sondern vielmehr aus einer Krise heraus<br />
entstanden. Rückblickend eine glückliche Fügung.“<br />
Und damit sind wir mittendrin im Thema von Marc<br />
Wallert: Veränderungen, Krisen, Neuanfänge – Resilienz.<br />
Wer Erfolg im Leben ausschließlich an beruflichem Erfolg<br />
misst, wird in Marc Wallert einen sehr erfolgreichen<br />
Menschen sehen. Doch Wallert merkte in seinem Leben<br />
immer wieder, dass sein beruflicher Erfolg in großen<br />
Firmen – ob in Luxemburg bei der Unternehmensberatung<br />
PwC, in der Automobilindustrie oder später bei<br />
Ottobock – zwar eine spannende Herausforderung war,<br />
aber auf Dauer kräftezehrend. Denn seine Welt sind<br />
nicht die Zahlen, es sind die Menschen. Seine berufliche<br />
Erfüllung fand er daher erst vor sechs Jahren – als Führungskraft<br />
von 60 Mitarbeitern und als Leiter der Patientenversorgung<br />
am Ottobock Headquarter. Der Schritt<br />
weg von den Zahlen und hin zu den Menschen war<br />
längst überfällig. „Schon bei PwC merkte ich, dass sich<br />
etwas ändern muss, nur was? Ich hoffte damals auf ein<br />
Zeichen.“ Wallert lacht herzlich. „Das kam dann, wenn<br />
auch anders als erwartet. Aus diesem Grund sehe ich<br />
meine Entführung heute nicht als Schicksalsschlag, sondern<br />
tatsächlich als ein Wink des Schicksals – den ich<br />
allerdings zunächst nicht zu nutzen wusste.“<br />
140 TAGE IN GEISELHAFT haben keine sichtbaren oder<br />
psychischen Folgen bei Wallert hinterlassen. In der ersten<br />
Zeit nach der Entführung suchte er vorsorglich einen<br />
Traumatherapeuten auf – doch ihm ging es gut. „In den<br />
ersten drei bis vier Wochen wachte ich nachts auf und<br />
hörte Schüsse, aber das ist lange vorbei.“ Seitdem beschäftigt<br />
Wallert immer wieder eine Frage: ,Warum habe<br />
ich so gut aus dieser Extremsituation herausgefunden?‘<br />
Er las in seinem Tagebuch nach, analysiert seine Rolle<br />
und die der anderen Geiseln und kam für sich zu einem<br />
klaren Resumee: „Jeder Mensch geht anders mit Krisen<br />
um, aber einige Überlebensstrategien sind besonders<br />
hilfreich“, sagt Wallert. Über die Jahre habe er viele<br />
Paralle len erkennen können, zwischen den Strategien,<br />
die im Dschungel das Überleben sicherten, und den<br />
Strategien, die für das Überleben von Unternehmen im<br />
Wirtschaftsdschungel sorgen. So wurde er vom Entführungsopfer<br />
zum Führungsexperten.<br />
DOCH WAS IST EIGENTLICH EINE KRISE? – „Letztlich<br />
ist eine Krise der schmerzhafte Punkt, an dem es so wie<br />
bisher nicht weitergeht, ob für Menschen oder Organisationen.“,<br />
erklärt der Keynote-Speaker. Er hat gelernt,<br />
dass Krisen zum Leben dazugehören und sogar wertvolle<br />
Wachstumschancen sein können, sofern man sie zu<br />
nutzen weiß. Dazu möchte er mit seinen Vorträgen und<br />
Trainings inspirieren.<br />
110 3 |<strong>2019</strong>
mensch<br />
FOTO: PRIVAT<br />
Prägende Zeit 140 Tage als Geisel in notdürftigen Unterkünften haben Marc Wallerts Leben für immer verändert.<br />
Eine der Strategien, die er während seiner Entführung<br />
damals eher intuitiv angewandt hat, nennt er, optimistisch<br />
zu sein, ohne jedoch die Realität aus den Augen zu<br />
verlieren. „Optimismus ist in Krisensituationen nicht immer<br />
positiv“, so Wallert. Auch eine Dschungel erkenntnis.<br />
Er habe damals Tagebuch geschrieben, erzählt er. Fünf<br />
volle Schreibblöcke sind dabei zusammengekommen, in<br />
denen er seine Situation reflektierte. Und er entwickelte<br />
im Schreiben ein positives Bild von der Zukunft, das ihn<br />
durch diese schwierige Zeit trug: „Ich habe es nicht nur<br />
gesehen, ich habe sogar spüren können, dass ich meine<br />
Erfahrungen einmal in Freiheit mit anderen Menschen<br />
teilen werde, so wie gerade hier in diesem Interview. Darin<br />
schwang die Gewissheit mit, dass ich doch überleben<br />
muss, wenn diese Vision der Zukunft wahr werden soll.<br />
Aber ich habe dabei nie die lebens bedrohliche Realität<br />
vernachlässigt“, sagt er heute. Es war überlebenswichtig,<br />
sich fit zu halten und sorgsam mit den Lebensmittelvorräten<br />
umzugehen, da man nicht auf die Aussage der Entführer<br />
vertrauen konnte, wann sie denn freigelassen<br />
werden würden: ‚Maybe tomorrow‘ lautete die Standardantwort.<br />
Positives Denken hingegen, so Wallerts Credo,<br />
kann tödlich sein, da eine Wird- schon-werden-Mentalität<br />
eben nicht mit einem monatelangen Verhandlungskampf<br />
kompatibel ist.<br />
Und noch etwas anderes hat sich für ihn erst viel später<br />
als Erfahrung herauskristallisiert: Das sogenannte Steh-<br />
auf-Männchen wird gern als Vorbild bei der Krisenbewältigung<br />
angesehen – aufstehen und weitermachen<br />
(wie bisher). Vorher noch das Krönchen richten. Nicht<br />
so für Marc Wallert. „Auch ich habe beruflich und privat<br />
lange Zeit diese Strategie verfolgt und stand dann<br />
immer wieder vor denselben Problemen“, erinnert er<br />
sich. Bis zu dem Moment, als er erkannte, dass er sich<br />
doch einmal fragen sollte, was diese Krise eigentlich mit<br />
ihm zu tun hat. Die Antwort ließ ihn schonungslos seine<br />
eigenen Fehler erkennen. „Das ist nicht schön“, resümiert<br />
er. Heute empfiehlt Wallert in seinen Vorträgen:<br />
Hinfallen – aufstehen – nachdenken – die Richtung anpassen<br />
– und dann weitergehen. „Wer an Krisen wachsen<br />
will, der darf nicht nur aufstehen, sondern muss sich<br />
verändern. Daher wäre ein Blüh-auf-Männchen das treffendere<br />
Vorbild“, fasst er zusammen.<br />
DOCH UM SEIN LEBEN BEWUSSTER ZU GESTALTEN<br />
und zu genießen, dafür hat sich die Entführung als gut<br />
erwiesen. Begriffe wie Freiheit, Friede, Demut – die kann<br />
Wallert seitdem mit Inhalten füllen. Doch das eigene Leben,<br />
das hat er auch gelernt, ändert sich trotz dieser Erkenntnisse<br />
dennoch nicht vollständig. Es dauerte nicht<br />
lange, bis die Normalität zurückkehrte. „Es gab eine<br />
kurze Phase nach der Freilassung, da war es für mich<br />
unfassbar, was ich nun wieder alles kann. Ich war in einem<br />
Hotelzimmer und hatte Privatsphäre. Ich konnte<br />
3 |<strong>2019</strong> 111
mensch<br />
ZUR PERSON<br />
Marc Wallert nennt sich selbst Erfahrungsexperte für<br />
Resilienz. Dabei war es das Leben selbst, das ihn vor<br />
allem durch Krisen zu seinem Erfahrungsschatz und<br />
seiner Kompetenz verholfen hat. Eine Entführung im Jahr<br />
2000 und 17 Jahre als Berater und Führungskraft in internationalen<br />
Konzernen haben ihn über Umwege zu dem<br />
Menschen gemacht, der er heute ist: zu einem glücklich<br />
verheirateten Familienvater, bühnenerfahrenen Musiker<br />
und meditativen Höhlentaucher. Wallert ist leidenschaftlicher<br />
Weltreisender und beherrscht vier Sprachen.<br />
www.marcwallert.com<br />
FOTO: ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
die Tür schließen, das Licht an und aus machen, Wasser<br />
aus dem Hahn! Das war unglaublich!“ Gern scheint er<br />
sich an diese Wertschätzung der kleinen Dinge zu erinnern.<br />
Manchmal hat er auch heute noch diese Momente,<br />
in denen so wenig so viel sein kann: In der Natur zu sein<br />
reicht oft schon aus.<br />
DERZEIT SCHREIBT WALLERT an seinem ersten Buch,<br />
das im März 2020 – 20 Jahre nach der Entführung – erscheinen<br />
soll. „Es wird ein Inspirationsgeber“, erklärt er<br />
und möchte sich gezielt von einem Ratgeberbuch distanzieren.<br />
Denn das Thema Resilienz, das zu seinem Lebensthema<br />
geworden ist, lässt sich nicht in Patentrezepte<br />
packen und ist mehr als ein bloßes ,Buzzword‘. ,Stark<br />
durch Krisen gehen und stark durch Krisen werden‘ – so<br />
könnte man den Arbeitstitel fassen. Eine Frage, die er<br />
sich für dieses Buch immer wieder stellt, ist: Was hat uns<br />
als Gruppe damals im Dschungel geholfen? Wer hat welche<br />
Rollen besetzt und wie haben diese Rollenverteilungen<br />
das Überleben gesichert?<br />
Wallerts Mutter, Renate, beispielsweise konnte dem<br />
Druck psychisch und physisch nicht standhalten und<br />
wurde aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustandes<br />
als zweite Geisel freigelassen. Auch wenn dies für sie als<br />
Betroffene die undankbarste Rolle innerhalb einer Gruppe<br />
war, so sorgte sie doch dafür, dass die anderen daraus<br />
Kraft und Stärke ziehen konnten. „In jeder Gruppe gibt<br />
es verschiedene Rollen, und alle müssen besetzt werden“,<br />
weiß Wallert. Er übernahm die Rolle des Helfers und<br />
konnte mit dieser Aufgabe die eigene Angst ein Stück<br />
weit vergessen. „Agile Teams in der Wirtschaft funktionieren<br />
nach ähnlichen Mustern wie wir damals im<br />
Dschungel. Daher kann ich, wenn ich heute Unternehmen<br />
berate, nicht nur aus meiner Führungserfahrung<br />
schöpfen, sondern auch aus meiner Entführungserfahrung“,<br />
erklärt Wallert.<br />
ES BLEIBT ZUM SCHLUSS DIE FRAGE, wie sich sein Privatleben<br />
durch die Entführung verändert hat. Krisen zu<br />
bewältigen, bedeutet nicht automatisch, glücklich zu<br />
sein. Dennoch hat Wallert gerade durch diesen Weg sein<br />
Glück gefunden. Nach Umwegen und Jobs in der Wirtschaft<br />
weltweit, ist er vor elf Jahren der Liebe wegen in<br />
seine Heimatstadt zurückgekehrt, hat sich hier beruflich<br />
verwirklicht und eine Familie gegründet. Der Familienvater<br />
ist schließlich da angekommen, wo er hinwollte: in<br />
einem sinnerfüllten Leben. ƒ<br />
Stark durch Krisen – die 33. <strong>faktor</strong>-Business-Lounge:<br />
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Die Geschichte von Marc Wallert erzählt eine Extremsituation<br />
und den Weg hinaus. Auf der 33. <strong>faktor</strong>-<br />
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Zentrum Göttingen referiert Wallert zu dem Thema<br />
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112 3 |<strong>2019</strong>
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Schöne Aussichten Das Team der GOESYS AG soll perspektivisch weiter wachsen – um den Markt noch besser im Auge zu behalten.<br />
Kundenansprache im State of the Art<br />
Die Göttinger GOESYS AG ist dank des kontinuierlichen Unternehmenswachstums umgezogen.<br />
In den großzügigen Räumen am Maschmühlenweg profitiert man auch von einer hervorragenden Lage.<br />
Der Ausblick von der neuen Dachterrasse<br />
direkt neben dem großzügigen<br />
Konferenzraum kann sich sehen lassen.<br />
Er ist Teil des Ambientes, mit dem die<br />
GOESYS AG seit November 2018 ihre Kunden<br />
an der neuen Adresse Maschmühlenweg 81<br />
begrüßt. GOESYS ist ein Lösungsanbieter und<br />
Systemdienstleister in der IT-Branche.<br />
„Der Grund für den Umzug war, dass unsere<br />
Räumlichkeiten im Göttinger Ostviertel, in denen<br />
wir viele Jahre waren, zu klein geworden<br />
sind“, so Bruchmüller. „Wir waren sehr gerne<br />
dort, viele Kunden haben uns damit verbunden,<br />
es hatte Flair, wenn es auch nicht mehr<br />
State of the Art war.“<br />
ANFANG 2018, NACH BESICHTIGUNG der<br />
neuen Flächen, fiel schnell die Entscheidung<br />
für dieses Büro, dessen Zuschnitt zudem<br />
noch mitgestaltet werden konnte. Hier wurden<br />
der Northeimer und der Göttinger Standort mit<br />
insgesamt 21 Mitarbeitern zusammengeführt.<br />
„Wir haben jetzt einen großen Besprechungsraum,<br />
sind technisch auf dem neuesten Stand<br />
und können damit noch mehr Kundengespräche<br />
vor Ort durchführen“, so Bruchmüller. Mit<br />
einer Fläche von 500 Quadratmetern hat die<br />
GOESYS AG ihren Raum mehr als verdoppelt.<br />
Ende August wurde der Umzug mit einem Tag<br />
der offenen Tür feierlich begangen.<br />
ÜBER EINEN MANGEL AN RESONANZ<br />
auf die Umzugsentscheidung kann sich Peter<br />
Bruchmüller nicht beklagen, im Gegenteil.<br />
„Die Räumlichkeiten und das bessere Consulting<br />
haben für viel gutes Kundenfeedback gesorgt.<br />
Man sieht: Die GOESYS wächst, wobei<br />
unser Hauptziel weniger das Wachstum als<br />
die optimale Bedienung der Kundenanfragen<br />
ist.“ Dazu zählt für Bruchmüller ein gesundes<br />
Wachstum, das die GOESYS aus eigener Kraft<br />
und ohne Banken bewerkstelligt. Und noch<br />
ein positiver Begleiteffekt der Lage: Allein<br />
durch die bessere Sichtbarkeit wurden neue<br />
Kunden gewonnen.<br />
Denn auch in der IT-Branche macht sich<br />
eine regionale Nähe zu den Kunden nicht nur<br />
positiv bemerkbar. „Ein Mittelständler aus<br />
der Region – und wir sind überwiegend regional<br />
tätig – erwartet die Nähe“, so Bruchmüller.<br />
Denn es gibt keine Dienstleistung von der<br />
Stange, sondern maßgeschneiderte Services<br />
und Produkte. „Wir sehen sehr optimistisch<br />
in die Zukunft“, so Bruchmüller. „Perspektivisch<br />
denke ich, dass wir mit 25 Mitarbeitern<br />
agieren werden. Aber wir müssen den Markt<br />
genau im Auge behalten, denn der ist nach<br />
wie vor einer kontinuierlichen Veränderung<br />
unterworfen.“<br />
TEXT: SVEN GRÜNEWALD<br />
KONTAKT<br />
GOESYS AG<br />
Maschmühlenweg 81<br />
37081 Göttingen<br />
Tel. 0551 488590<br />
info@goesys.de<br />
www.goesys.de
Heinrich Dittmar GmbH & Co. KG<br />
Gipsmühlenweg 33, 16-18<br />
37520 Osterode am Harz<br />
T [0 55 22] 50 01-0<br />
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sowie Magnethaftplatten. Mit seinen Metallschichtstoffen<br />
gehört Homapal zu den Weltmarktführern.<br />
Und in der ,Picasso-Abteilung‘<br />
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hat der Oberflächenspezialist erst kürz lich<br />
seiner Entwicklungs- und Wettbewerbsfähigkeit<br />
frische Impulse verliehen. Nach dem Bau<br />
einer Lagerhalle setzt das Unternehmen mit<br />
dem ausgeprägten Werteverständnis am<br />
Standort in Herzberg nun weitere Maßnahmen<br />
um, mit denen es seiner Verantwortung<br />
für Menschen und Umwelt gerecht wird. Dazu<br />
gehören moderne Büros und Produktionsanlagen,<br />
die Implementierung eines Systems<br />
zur kontinuierlichen Prozessverbesserung und<br />
ein Sicherheitskonzept für Arbeitsschutz und<br />
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setzt Homapal künftig auf eine neue Kommissionierungsanlage<br />
– und in der Produktion<br />
investierte das Unternehmen erst kürzlich<br />
in eine neue thermische Nachverbrennungsanlage<br />
und damit in umweltkonforme Technologien<br />
zur Abluftreinigung. Investitionen in<br />
die Oberflächenveredelung zielen auf innovative<br />
und qualitativ hochwertige Produkte, die<br />
im Kontext ganzheitlicher Raumkonzepte entstehen.<br />
Eine neue Anlage versieht die Metalllaminate<br />
mit einer speziellen UV Lackierung<br />
und schafft damit supermatte, haptisch<br />
höchst sensitive Antifingerprint- oder Hochglanzoberflächen<br />
mit unterschiedlichen Glanzgraden.<br />
MIT DEN AKTUELLEN MASSNAHMEN sieht<br />
sich Homapal gut dafür gerüstet, als Teil der<br />
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bündelnden Broadview Holding mit Sitz in<br />
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leben<br />
Zwischen<br />
den<br />
Welten<br />
Fünf Jahre nach ihrem Tod wird die Fotografin<br />
Anja Niedringhaus vielfach geehrt: mit Ausstellungen, einem<br />
Fotopreis und einem Doku-Drama im ZDF.<br />
<strong>faktor</strong> besuchte den idyllischen Hof in Kaufungen, wo die<br />
Pulitzer-Preisträgerin mit ihrer Schwester und der Familie<br />
lebte – und einen Ausgleich zum Schrecken des Krieges fand.<br />
Eine Bilderreise auf den Spuren eines aufregenden Lebens<br />
TEXT WOLFGANG BRAUN<br />
FOTOGRAFIE ANJA NIEDRINGHAUS & ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
118 3 |<strong>2019</strong>
leben<br />
3 |<strong>2019</strong> 119<br />
©PICTURE ALLIANCE / ASSOCIATED PRESS
leben<br />
120 3 |<strong>2019</strong>
leben<br />
3 |<strong>2019</strong> 121<br />
©PICTURE ALLIANCE / AP PHOTO
leben<br />
©PICTURE ALLIANCE / AP PHOTO<br />
Anja Niedringhaus folgte ihrem Instinkt Der Schnappschuss des lachenden George W. Bush, als er bei einem Überraschungsbesuch bei den US-Truppen im<br />
November 2003 in Bagdad den Soldaten zu Thanks giving einen knusprigen Truthahn serviert, gehört zu ihren bekanntesten Fotos.<br />
122 3 |<strong>2019</strong>
»Wenn ich es nicht fotografiere, wird es nicht bekannt.«<br />
leben<br />
ANJA NIEDRINGHAUS<br />
Ihre Fotos sind weltweit bekannt, ihr Name dagegen<br />
eher weniger. Denn die Fotojournalistin Anja<br />
Niedringhaus wurde lange nur unter dem Kürzel<br />
AP der Nachrichtenagentur Associated Press veröffentlicht,<br />
in den frühen Jahren wurde ihr Name<br />
häufig gar nicht gedruckt. Eines ihrer bekanntesten<br />
Fotos ist das des lachenden George W. Bush, als er bei<br />
einem Überraschungsbesuch bei den US-Truppen im<br />
November 2003 in Bagdad den Soldaten zu Thanksgiving<br />
einen knusprigen Truthahn serviert.<br />
ANJA NIEDRINGHAUS, DIE IN HÖXTER geboren wurde<br />
und aufwuchs, arbeitete an den Brennpunkten dieser<br />
Welt. So in vielen militärischen Auseinandersetzungen,<br />
dem Balkankrieg, im Irak, in Libyen, Israel und Palästina<br />
und vor allem in Afghanistan. Aber auch bei sportlichen<br />
Großereignissen wie den Olympischen Spielen,<br />
Leichtathletik-Weltmeisterschaften und jährlich beim<br />
Tennisturnier in Wimbledon.<br />
Auf der Titelseite der New York Times erschien am<br />
4. April 2014 ein AP-Foto von ihr aus dem afghanischen<br />
Präsidentschaftswahlkampf. Aber nur einen Tag später<br />
war an der gleichen Stelle ihr eigenes Porträt zu sehen –<br />
mit der Meldung, Anja Niedringhaus sei getötet worden.<br />
Weltweit löste diese Nachricht Bestürzung aus. Auch<br />
fünf Jahre danach ist sie unvergessen.<br />
So war die Pulitzerpreisträgerin in der Ausstellung<br />
,Fotografinnen an der Front‘ vertreten, die von März bis<br />
Juni dieses Jahres im Kunstpalast Düsseldorf zu sehen<br />
war. Dort ausschließlich mit Schwarzweißdrucken. Zur<br />
gleichen Zeit ehrte das Käthe-Kollwitz-Museum Köln<br />
sie mit einer groß angelegten Einzelausstellung, in der<br />
ihre Bilder in Farbe gezeigt wurden.<br />
„Anja Niedringhaus war durch und durch Fotojournalistin“,<br />
sagt die renommierte Autorin und Fotografin<br />
Sonya Winterberg, die als Kuratorin der Ausstellung<br />
in Köln wirkte. In Farbe wurde Anja Niedringhaus‘<br />
Berichterstattung weltweit verbreitet, und mit Farbfotos<br />
hat sie den Pulitzerpreis gewonnen. „Wir haben deshalb<br />
in Köln großen Wert darauf gelegt, Anjas Bilder der Öffentlichkeit<br />
in Farbe zu präsentieren“, erzählt Winterberg.<br />
Darstellungen von Kriegsgeschehen in Schwarzweiß<br />
bergen nach Ansicht von Kritikern die Gefahr, tödliches<br />
Geschehen zu ästhetisieren.<br />
3 |<strong>2019</strong> 123
leben<br />
124 3 |<strong>2019</strong>
leben<br />
„Wenn ich das normale Leben in<br />
Kaufungen nicht kennen<br />
würde, würde ich den Krieg als<br />
normal empfinden.“<br />
Anja Niedringhaus<br />
SONYA WINTERBERG ARBEITET DERZEIT mit ihrem<br />
Ehemann Yury im Auftrag der Berliner Ziegler Film an<br />
einem Doku-Drama für das ZDF, das den Lebensweg<br />
von Anja Niedringhaus nachspürt. Die beiden haben<br />
bereits viel beachtete Filme über Käthe Kollwitz, den<br />
Ersten Weltkrieg und zuletzt über Medizinversuche in<br />
Auschwitz produziert. Ein wichtiger Schauplatz im<br />
Film, dessen Sendetermin noch nicht feststeht, wird die<br />
nordhessische Gemeinde Kaufungen sein. Hier hatte<br />
Anja Niedringhaus mit ihrer Schwester Gide das ehemalige<br />
Forstamt gekauft und umgebaut.<br />
Dies war ihr Zuhause, wie sie immer wieder in Interviews<br />
betonte, wenn sie gefragt wurde, wo sie denn von<br />
den traumatischen Erlebnissen im Krieg zur Ruhe käme.<br />
Der parkähnliche Garten voller Blumen, frei laufende<br />
Hofhunde und Katzen, Hühner, die in den Rabatten<br />
scharren, ein Pferdestall im Innenhof – ein krasser Kontrast<br />
zum Kriegsgebiet. In dieser Atmosphäre findet der<br />
vielfach ausgezeichnete Kameramann Jürgen Rehberg<br />
gemeinsam mit Sonya und Yuri Winterberg Bilder, um<br />
die Stimmungen nachzuempfinden, die das Leben der<br />
Fotografin ausgemacht haben.<br />
An der Treppe zu ihrer Wohnung in der ersten Etage<br />
hängt ein großes Bild, das sie mit einem offenen, freundlichen,<br />
dem Betrachter zugewandten Gesicht zeigt. „Das<br />
ist das Foto von Anja, das in der Öffentlichkeit am häufigsten<br />
gezeigt wird“, erzählt ihre Schwester Gide, die<br />
noch heute auf dem Hof lebt. In den Räumen sieht es<br />
genau so aus wie damals, als Anja das Haus verlassen<br />
hat, um zu ihrem letzten und tödlichen Einsatz in Afghanistan<br />
zu fliegen.<br />
In ihrem alten Arbeitszimmer lehnt die Splitterschutzweste<br />
aus graubraunem grobem Segeltuch an einer<br />
Kommode. Man erkennt die vielen Abnutzungsspuren<br />
aus Einsätzen. In der vorderen Tasche steckt noch immer<br />
ein Tourniquet-Abbindesystem. Sie hätte es sofort zur<br />
Hand gehabt, wenn sie im Einsatz an einer Schlagader<br />
getroffen worden wäre. Mehrfach war Anja als Fotografin<br />
bei militärischen Einsätzen schwer verletzt worden,<br />
so in Sarajevo und in Afghanistan.<br />
In den Regalen stehen akribisch sortiert Hefter mit<br />
Negativen, liegen Kameras und andere Foto-Utensilien.<br />
Ihre Digitalfotos hat Anja Niedringhaus auf CDs gebrannt<br />
und diese ordentlich beschriftet in speziellen<br />
Boxen verwahrt, liebevoll Figuren und Mitbringsel von<br />
den vielen Reisen in ferne Länder auf den Fensterbrettern<br />
arrangiert. Auch ein Archiv aller Zeitungsartikel mit<br />
Bildern aus ihren Einsätzen als Fotojournalistin ist hier<br />
zu finden, das Anja einst für eine spätere Verwendung<br />
angelegt hatte.<br />
3 |<strong>2019</strong> 125
leben<br />
Rückzugsort Im Arbeitszimmer von Anja Niedringhaus sieht es noch genau so aus wie damals, als sie zu ihrem letzten und tödlichen Einsatz aufbrach.<br />
126 3 |<strong>2019</strong>
leben<br />
AUF EINEM BOARD ÜBER DER TÜR zum Wohnzimmer<br />
stehen unter anderem ein Nussknacker, Kopien von antiken<br />
Büsten und eine Statue von Maria mit dem Kind<br />
– und zuletzt in dieser Reihe ein Schrumpfkopf. Das Auffällige<br />
an dieser vollkommen disparaten Figurengruppe<br />
ist die formvollendete, geschwungene Linie, die sie bildet.<br />
Dieser intuitive Sinn für Komposition prägte auch viele<br />
ihrer Fotos.<br />
Im Bücherregal findet sich auch ein Fotobuch von<br />
Ingo Bulla mit dem Titel ,Kontakte‘. Früher arbeitete<br />
dieser beim Göttinger Tageblatt und nahm dort die junge<br />
Kollegin von 1987 bis 1990 unter seine Fittiche. „Ingo<br />
Bulla habe ich am meisten zu verdanken“, sagte Niedringhaus<br />
2001 in einem Interview. Das Göttinger Tageblatt<br />
war ihr Sprungbrett zu einer Anstellung bei der<br />
Europäischen Presseagentur (EPA). 2002 ging sie dann<br />
zu AP und war ganz oben auf der Karriereleiter angelangt.<br />
„In den Wochen, in denen sie hier war, war sie ganz<br />
selbstverständlich ein Teil meiner Familie, die sie auch als<br />
die ihre angesehen hat. Ihre eigene Küche hat sie nie genutzt,<br />
sie hat immer mit uns zusammen gegessen“, erzählt<br />
Gide Niedringhaus. Sie hatten viele gemeinsame Freunde.<br />
War die eine eingeladen, kam die andere immer wie selbstverständlich<br />
mit. „Meine Kinder hat Anja wie ihre eigenen<br />
behandelt.“ Sie habe dann in ihrem Büro stundenlang<br />
am Archiv gearbeitet und neue Einsätze vorbereitet. „Sie<br />
war immer online“, erinnert sich ihre Schwester Gide heute.<br />
Was Anja an den Fronten erlebt hatte, davon habe sie<br />
nie viel erzählt. „Mit Sicherheit waren da tiefe Narben,<br />
sowohl körperlich als auch seelisch.“<br />
IN KAUFUNGEN KONNTE UND WOLLTE ANJA auftanken.<br />
Ihr Zuhause, wie sie es in Interviews und gegenüber<br />
Freunden stets bezeichnete, das Leben mit ihrer Schwester<br />
und mit ihren Neffen und Nichten, die „Normalität“,<br />
wie sie es selbst nannte, war für sie ein existentieller Ausgleich<br />
zu den in den Kriegen erlebten Schrecken und<br />
Gräueln. „Wenn ich dieses Zuhause nicht hätte, dann<br />
wäre es ganz unmöglich, mein Leben so zu gestalten, wie<br />
ich es tue“, sagt Anja vor einigen Jahren gegenüber Journalisten<br />
auf die Frage, wie sie das alles „verdauen“ könne,<br />
was sie bei den Kriegseinsätzen erlebe. „Wenn ich dieses<br />
normale Leben in Kaufungen nicht kennen würde, würde<br />
ich den Krieg als normal empfinden.“ Daneben war<br />
es die Sportfotografie, bei der sie die Seele wieder ein<br />
wenig von dem Erlebten befreien konnte.<br />
3 |<strong>2019</strong> 127
leben<br />
Stumme Zeitzeugen<br />
Im alten Arbeitszimmer von<br />
Anja Niedringhaus lehnt noch heute die<br />
Splitterschutzweste aus graubraunem<br />
grobem Segeltuch an einer Kommode.<br />
Die vielen Abnutzungsspuren<br />
erzählen die Geschichte von zahlreichen<br />
Einsätzen der Fotografin.<br />
Auch andere Erinnerungsstücke<br />
sind Zeugnisse eines aufregenden Lebens<br />
zwischen zwei Welten.<br />
128 3 |<strong>2019</strong>
leben<br />
ANJA WUCHS ALS MITTLERE VON DREI SCHWESTERN<br />
in Höxter auf. Mit ihrer jüngsten Schwester, der eineinhalb<br />
Jahre jüngeren Gide, hat sie über Jahrzehnte in einem<br />
gemeinsamen Haushalt zusammengelebt. „Als wir<br />
Kinder waren, hat unsere Mutter uns stets wie Zwillinge<br />
gekleidet“, sagt Gide. „Wie eng unser Leben verbunden<br />
war, habe ich bitter erfahren, als Anja erschossen wurde.<br />
Da habe ich gemerkt, wie allein man plötzlich im Leben<br />
sein kann.“ Für Gide sei es „eine innere Verpflichtung<br />
und Herzensangelegenheit“, alles so zu bewahren, was<br />
ihre Schwester in jahrelanger Arbeit an diesem Ort hinterlassen<br />
hat. Deshalb setzt sie sich mit vielen engen<br />
Freunden von Anja dafür ein, mit der Stiftung, deren<br />
Gründung ihre Mutter und die ältere Schwester Elke<br />
schon 2016 zugestimmt haben, das Lebenswerk von<br />
Anja Niedringhaus international weiterleben zu lassen.<br />
So wie es Sonya und Yury Winterberg bei ihrer Arbeit an<br />
einer Biografie über das Leben von Anja und an dem<br />
Doku-Drama bereits konnten.<br />
BEI IHREN RECHERCHEN, SO SONYA WINTERBERG,<br />
hätte sie die Familie von Anja Niedringhaus rückhaltlos<br />
unterstützt. Als besonders wertvoll hat sich herausgestellt,<br />
dass sie das von der Fotografin selbst angelegte<br />
Archiv in ihrer Kaufunger Wohnung uneingeschränkt<br />
einsehen konnten. „Was wir hier in dieser einzigartigen<br />
authentischen Zusammenstellung vorfinden, ist für die<br />
Aufarbeitung ihres Lebenswerkes ungeheuer wertvoll<br />
und erlaubt uns daher auch einen einzigartigen Einblick<br />
in die Persönlichkeit der Fotografin“, erläutert die Regisseurin.<br />
„Diese Einsichten helfen uns sehr bei unserem<br />
Bemühen, ihrem Leben und Wirken so nah wie möglich<br />
zu kommen.“ Der Film soll insbesondere die Entwicklung<br />
von Anja Niedringhaus als Fotografin zeigen:<br />
„Anfangs war sie bestrebt, eine gute, wenn nicht<br />
3 |<strong>2019</strong> 129
leben<br />
Auftanken im Vertrauten<br />
Bei ihrer Schwester Gide in<br />
Kaufungen, fand Anja Niedringhaus<br />
immer wieder zur Normalität zurück<br />
– das Leben mit ihrer Familie und<br />
den Tieren hier auf dem Hof war für<br />
die Fotografin ein existentieller<br />
Ausgleich zu den erlebten Schrecken<br />
der Kriege.<br />
die beste Fotografin zu werden. Sie war ehrgeizig“,<br />
erzählt Winterberg. „Als der Balkankrieg ausbrach,<br />
hoffte sie, vielleicht in einer Art jugendlichen Hybris das<br />
eine Foto machen zu können, das den Krieg beenden<br />
würde. Später änderte sie ihre Maxime und sagte: ‚Wenn<br />
ich es nicht fotografiere, wird es nicht bekannt.‘ Darin<br />
steckt viel Erkenntnis und ein hoher professioneller Anspruch.“<br />
WER IM FILM DIE ROLLE DER FOTOGRAFIN spielen<br />
wird, ist derzeit noch geheim. Die Zuschauer dürfen also<br />
gespannt sein: Immerhin werden nach der derzeitigen<br />
Planung etwa sechzig Prozent der Szenen im Film<br />
szenisch-fiktiv gedreht und rund vierzig Prozent dokumentarisch<br />
sein. Letzten Endes werde darüber aber erst<br />
im Schneideraum entschieden, so Winterberg.<br />
Die Regisseurin ist von der Einzigartigkeit Anja Niedringhaus’<br />
überzeugt: „Ich denke, es ist unstrittig, dass sie<br />
eine Ausnahmefotografin war.“ Bei EPA war sie die erste<br />
Frau, die als Fotograf angestellt wurde, und zudem die<br />
jüngste Kollegin. In den annähernd 20 Jahren als Agenturfotografin<br />
gelangten ihre Aufnahmen auf die Titelseiten<br />
der Tages- und Wochenpresse in aller Welt. Dabei<br />
gab es Zeiten, zu denen ihre Fotos auf drei Viertel aller<br />
Tageszeitungen abgedruckt wurden. Schließlich habe sie<br />
den Blick in der Kriegsfotografie dauerhaft auf Zivilisten<br />
und Opfer gelenkt: „Ihr Blick wandte sich stets dorthin,<br />
wo das Leid war, ohne dabei je exhibitionistisch<br />
oder reißerisch zu sein.“<br />
Anja Niedringhaus, die sich stets dagegen wehrte, als<br />
,Kriegsfotografin‘ bezeichnet zu werden, sagte selbst in<br />
einem Interview: „Ich kann die Schrecken mit einem<br />
weichen Foto viel besser zeigen.“ Häufig nimmt sie Zivilisten<br />
in Kriegssituationen, vor allem auch Kinder und<br />
Frauen, in ihrem Blick. Manchmal auch scheinbar Nebensächliches.<br />
So auch auf dem Foto, das sie im November 2004<br />
im Irak gemacht hatte. Niedringhaus gehörte zu den<br />
wenigen Journalisten, die ,embedded‘ die Ereignisse<br />
ganz nah mitverfolgten. Im Zentrum dieses Bildes<br />
steht kein realer Soldat, sondern die Actionfigur ,GI<br />
Joe‘. Ein junger Marine hatte sich dieses in den USA<br />
beliebte Spielzeug als Glücksbringer auf seinen Tornister<br />
geschnallt. Dieses Foto gehört zu einer Serie<br />
von Bildern aus dem erbittert umkämpften Falludscha,<br />
für die Niedringhaus und ihre AP-Kollegen 2005 mit<br />
dem Pulitzerpreis, dem ,Oscar‘ für Journalisten, ausgezeichnet<br />
wurden.<br />
130 3 |<strong>2019</strong>
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leben<br />
132 3 |<strong>2019</strong>
leben<br />
3 |<strong>2019</strong> 133<br />
©PICTURE ALLIANCE / AP
leben<br />
Kontrastprogramm Auch bei sportlichen Großereignissen wie den Olympischen Spielen, Leichtathletik-Weltmeisterschaften und jährlich<br />
beim Tennisturnier in Wimbledon fing Anja Niedringhaus die entscheidenden Momente mit ihrer Kamera ein.<br />
©PICTURE ALLIANCE / ASSOCIATED PRESS<br />
DAS BILD FÄNGT NUR EINEN MOMENT EIN, erzählt<br />
aber weit mehr. Er handelt davon, wie jung und naiv die<br />
Soldaten waren, die hier häufig ,verheizt‘ worden seien.<br />
Anja Niedringhaus war fasziniert davon, dass „man mit<br />
einem Bild eine ganze Geschichte erzählen kann“, wie<br />
sie in einem ihrer letzten Interviews erläuterte.<br />
Und darin offenbart sich auch ihr großartiges Talent:<br />
Sie hatte den Instinkt für den „entscheidenden Moment“,<br />
wie es einst der legendäre französische Fotograf Henri<br />
Cartier-Bresson (1908 - 2004) formulierte. Von ihm<br />
stammt auch das Urteil: „Ein gutes Foto ist ein Foto, auf<br />
das man länger als eine Sekunde schaut.“ Dieses Kriterium<br />
trifft auf viele Bilder von Anja Niedringhaus zu. Der<br />
Betrachter kann sich an vielen ihrer Bilder nicht sattsehen.<br />
„Es geht mir bei meiner Arbeit darum, die<br />
Geschichten der Menschen zu erzählen, die in Konfliktzonen<br />
ihren Alltag meistern müssen. Ihre Stimmen<br />
werden oft vergessen oder ignoriert.“<br />
EINE EINSTELLUNG, DIE NACHHALTIG WIRKT – auch<br />
fünf Jahre nach ihrem Tod. Denn seit 2015 wird von<br />
der International Women's Media Foundation (IWMF)<br />
der Anja-Niedringhaus-Preis für Mut im Fotojournalismus<br />
ausgelobt. Er wird durch eine unmittelbar nach<br />
dem Attentat erfolgte Stiftung von einer Million Dollar<br />
durch Howard Graham Buffet, den Sohn des Großinvestors,<br />
Milliardärs und Mäzens Warren Buffet, ermöglicht.<br />
Buffet nannte Niedringhaus bewundernd ein „Vorbild<br />
des Fotojournalismus“. Im Jahr <strong>2019</strong> ging der Preis an<br />
die philippinische Fotografin Eloisa Lopez – sie dokumentierte<br />
das von Präsident Rodrigo Duterte angeordnete<br />
Morden im Kampf gegen die Drogenkriminalität.<br />
Auch sie folgt einer Maxime von Anja Niedringhaus:<br />
„Wenn ich es nicht fotografiere, wird es nicht bekannt.“<br />
Einmal mehr zeigt sich, wie groß und nachhaltig das<br />
Erbe dieser mutigen und starken Frau wirkt. ƒ<br />
134 3 |<strong>2019</strong>
Anwaltskanzlei „Arkaden am Gericht“<br />
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leben<br />
136 3 |<strong>2019</strong>
leben<br />
Im Schatten<br />
der Grenze<br />
Dort, wo vor 30 Jahren bewaffnete Grenzposten entlang des Todesstreifens ihre<br />
Runden drehten, wird in diesem Jahr der friedlichen Revolutionen und dem Ende<br />
der SED-Diktatur gedacht. Ein Besuch im Grenzlandmuseum Eichsfeld<br />
TEXT CAROLIN SCHÄUFELE FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />
3 |<strong>2019</strong> 137
leben<br />
» Keine Macht der Welt kann Menschenwürde und Freiheit<br />
auf Dauer stoppen. « Hans-Dietrich Genscher (*1927 – † 2016)<br />
138 3 |<strong>2019</strong>
leben<br />
In dieser Nacht habe auch ich vor dem Fernseher<br />
gesessen und die Ereignisse in den Nachrichten<br />
verfolgt. Da war noch überhaupt nicht<br />
absehbar, was passiert“, erzählt Paul Schneegans.<br />
„Schabowski erklärte, dass es Lockerungen bei<br />
den Reisebestimmungen geben soll. Ich bin ins<br />
Bett gegangen. Als ich am nächsten Morgen zur<br />
Arbeit gefahren bin, wusste ich gar nicht, wie mir geschieht<br />
– überall in Duderstadt Trabbis!“<br />
Schneegans, 1949 in Gerblingerode geboren und aufgewachsen,<br />
erinnert sich noch ganz genau an das Jahr<br />
zurück, als er noch bei der Stadt Duderstadt arbeitete, an<br />
das Jahr, in dem die Wende kam. Seine Kindheit verbrachte<br />
der heute 70-Jährige, wie er es beschreibt, im<br />
Schatten der Grenze. Er war drei Jahre alt, als der erste<br />
Zaun errichtet wurde: „Damals hat meine Mutter, die<br />
auf unseren Feldern an der Grenze gearbeitet hat, noch<br />
mit den Volkspolizisten dort gesprochen – hat auch mal<br />
ein Geschenk wie etwa eine Schachtel Zigaretten rübergeworfen“,<br />
berichtet Schneegans. Dies tat sie in der<br />
Hoffnung, dass die ausgerichteten Grüße an die Verwandtschaft<br />
im nahe gelegenen Dorf weitergegeben werden.<br />
Mit der Errichtung der Sperrzone war kein Austausch<br />
mehr möglich. „Wenn wir unsere Verwandten<br />
treffen wollten, mussten wir nach Worbis fahren – in die<br />
Sperrzone direkt an der Grenze durfte grundsätzlich niemand.“<br />
DORT, WO VOR 30 JAHREN bewaffnete Grenzposten<br />
entlang des Todesstreifens ihre Runden drehten, wird in<br />
diesem Jahr der friedlichen Revolutionen und dem Ende<br />
der SED-Diktatur gedacht. Denn in der Nacht vom<br />
9. auf den 10. November 1989 um 0.35 Uhr öffnete die<br />
DDR den Grenzübergang Duderstadt/Worbis. „Nach<br />
der Öffnung herrschte bei allen überschwäng liche Freude.<br />
Die Leute kamen aus dem Osten zu uns rüber – rege<br />
Nachfrage bestand natürlich nach Info mate rialien wie<br />
Stadtprospekten oder Eichsfeldkarten“, erzählt Schneegans.<br />
Er selbst war bei der Auszahlung der 100 Mark<br />
Begrüßungsgeld beteiligt. „Wir haben elf Tage und elf<br />
Nächte einfach durchgearbeitet, haben für Verpflegung<br />
gesorgt und die Menschen betreut.“ Viele hatten Sorge,<br />
dass sie mit der Ausreise in den Westen nicht mehr nach<br />
Hause zurückkonnten. Etwa ein Jahr habe es gedauert,<br />
bis sich wieder so etwas wie ein Normalzustand eingestellt<br />
habe.<br />
Heute informiert an dieser Stelle, an der 1973 der innerdeutsche<br />
Grenz übergang Duderstadt/Worbis für den<br />
kleinen Grenzverkehr gebaut wurde, das Grenzlandmuseum<br />
Eichsfeld in den historischen Gebäuden über<br />
die deutsch-deutsche Teilung. Schneegans selbst war<br />
1995 an der Gründung des Museums beteiligt.<br />
3 |<strong>2019</strong> 139
leben<br />
Es galt, den Blick zu heben Grenzbeamte, die die Reisedokumente kontrollierten, saßen stets in erhöhten Kabinen.<br />
GELBE STOPPELFELDER, UMGEBEN VON SATTEN grünen<br />
Wäldern. Die Fahrt nach Teistungen lässt sich idyllisch<br />
an. Die Erkenntnis, dass es hier mehr als Landschaft<br />
gibt, kommt mit dem Einbiegen auf den Parkplatz. Eine<br />
betagte Garage mit Autos aus der DDR sowie ein altes<br />
Gebäude der Zollverwaltung mit arglos wirkenden Vorhängen<br />
vor den Scheiben haben noch die Ausstrahlung<br />
vergangener Tage. „Viele Gäste, die früher in die DDR<br />
gereist sind, berichten von Schikanen bei den Grenzkontrollen.<br />
Heute können wir genau zuordnen, wo und wie<br />
die Pass- und Zollkontrollen stattfanden“, erzählt Mira<br />
Keune. Sie ist seit drei Jahren hauptamtliche Geschäftsführerin<br />
und Leiterin des Museums. Das Wissen der<br />
38-Jährigen über die deutsch deutsche Grenze imponiert.<br />
Die Passkontrolle wurde von Mitarbeitern der Hauptabteilung<br />
VI des Ministeriums für Staatssicherheit<br />
durch geführt. Hier sollten Busreisende auf eine neue Art<br />
überprüft werden: „Gründlicher“, erklärt die studierte<br />
Historikerin und deutet auf den asphaltierten Bereich vor<br />
dem Museum, der heute als Parkplatz dient. „Die Kontrollen<br />
fanden nicht mehr im Bus statt, die Reisenden<br />
mussten durch Kontrollschleusen gehen und gelangten<br />
dann wieder zum Bus.“ Keune steht vor einem Schalter,<br />
dahinter eine Puppe, die mit monotonem Tonfall zur<br />
Vorlage der Reisedokumente auffordert, ähnlich unfreundlich<br />
wie vor 30 Jahren. Der Besucher muss den Blick heben,<br />
um den Beamten anzuschauen. „Hier hat niemand mit der<br />
Grenzöffnung gerechnet – das sieht man auch daran, dass<br />
Ende der 1980er-Jahre noch neue Gebäude errichtet und<br />
neue Kontrolltechniken angewendet wurden.“<br />
,GRENZEN SPIEGELN DAS SYSTEM‘ – mit diesem Satz<br />
betritt der Besucher die Ausstellung und findet sich in einem<br />
Kabinett aus Spiegeln wieder. Projektionen der Grenzen<br />
in Nord- und Südkorea, Israel und Palästina, USA<br />
und Mexiko, Spanien und Afrika gleiten über die glatten<br />
Flächen. Ein Landschaftsmodell zeigt die historische Entwicklung<br />
Deutschlands und des Eichsfelds seit 1945.<br />
Originalexponate machen das Leben an der Grenze begreifbar,<br />
spürbar, vor allem durch die vielen liebevoll<br />
arrangierten Details: Zimmereinrichtungen von Grenzsoldaten<br />
zum Beispiel. Äußerlich graue, gleichförmige<br />
Monotonie, nur an den Innenseiten der Spindschranktüren<br />
durften private Fotos hängen. Uniformen, Grenzpfosten,<br />
Stacheldraht, eine der gefürchteten Selbstschussanlagen,<br />
Streckmetallzaun, Telefon- und Abhöranlagen,<br />
ein altes Radio. Keune, die durch die Ausstellung führt,<br />
deutet auf einen kleinen Ring mit gummiartiger Füllung<br />
140 3 |<strong>2019</strong>
EIN PAAR METER WEITER AUF DEM GELÄNDE steht der<br />
,Mühlenturm‘. „Hier saßen unter dem Dach rund um die<br />
Uhr weitere Kontrolleure“, erklärt Keune. Eine Besonderheit<br />
sei, dass hier seit 1973 ein sogenannter Grenzinformationspunkt<br />
bestand, die Nummer acht von 14<br />
entlang der einstigen Grenze. Über einen ,heißen Draht‘<br />
wurde täglich mit vorgeschriebenen Texten die Telefonverbindung<br />
zwischen Ost und West getestet. Mitschnitte<br />
von Gesprächen laufen heute in Dauerschleife. Und wirken<br />
fast grotesk.<br />
Seit dem Jahr 2000 gehört zum Museum eine Bildungsstätte.<br />
Untergebracht ist sie in dem letzten Gebäude, das<br />
noch im Winter 1989/1990 auf dem ostdeutschen Grenzübergang<br />
gebaut wurde, einer Kantine. Hier befinleben<br />
Meilenstein der Geschichte Dieser alte Grenzpfosten stand damals an der deutsch-deutschen Grenze.<br />
an einem Türrahmen, eine Halterung für die Kennzeichnung,<br />
wer hier eintreten durfte. An den Decken noch<br />
Reste von Originaltapeten mit anmutigem Blumenmuster.<br />
„Es war gar nicht einfach, das alles so zu erhalten“,<br />
sagt der Zeitzeuge und Museumsmitgründer Paul<br />
Schneegans. „Wir haben damals versucht, möglichst viele<br />
der originalen Einrichtungs gegenstände zu behalten.“<br />
Er bezeichnet die Übergangszeit bis zur Wiedervereinigung<br />
teilweise als Selbstbedienungsladen. „Es gab zum<br />
Beispiel einen großen Raum mit mindestens 100 Telefonen,<br />
die fast alle nach und nach verschwanden.“<br />
Schneegans war nach Abschluss des Grundlagenvertrages<br />
1973 und den damit gebotenen Reisemöglichkeiten<br />
regelmäßig in der DDR zu Gast. „Meine Frau und<br />
ich hatten auf der anderen Seite Familie. Wir haben versucht,<br />
uns so häufig wie möglich zu sehen.“ Neun Reisen<br />
im Vierteljahr waren erlaubt. „Wir haben alles, was<br />
möglich war, ausgeschöpft.“ Zusätzlich seien sie mit einem<br />
Messeausweis nach Leipzig gefahren, um dort weitere<br />
Familienmitglieder zu treffen. „Leipzig hatte damals<br />
aufgrund der Messen eine Sonderstellung.“ Die<br />
Stadt war im Gegensatz zu anderen Städten im Osten<br />
„herausgeputzt“, um bei internationalen Gästen Eindruck<br />
zu machen.<br />
Im Museum wird das eingeschränkte Leben im Grenzgebiet<br />
deutlich: Ein Schwarz-Weiß-Foto zeigt zwei Frauen,<br />
die am Grenzzaun stehen und hinüberschauen. Auf<br />
der anderen Seite findet gerade eine Beerdigung statt.<br />
Der Besucher kann über die Rolle der Staatssicherheit,<br />
Zwangsaussiedlungen aus dem Sperrgebiet entlang der<br />
Grenze wie die Aktion Ungeziefer, die ,Massenflucht‘<br />
aus Böseckendorf bis hin zur Friedlichen Revolution<br />
und Grenzöffnung alles nachlesen.<br />
3 |<strong>2019</strong> 141
leben<br />
Eine gute Partie Als Zeitzeuge und Mitbegründer des Grenzlandmuseums hat Paul Schneegans den Gedenkort nachhaltig geprägt –<br />
bis er vor drei Jahren die Leitung an Mira Keune übergab.<br />
den sich das Archiv und die Bibliothek des Museums.<br />
„Die Geschichte von Teilung, Grenze und Alltag im<br />
Eichsfeld wird hier archiviert, digitalisiert und dokumentiert“,<br />
erklärt Keune. Ein Veranstaltungsprogramm<br />
zu historischen und aktuellen Themen sowie zu Aspekten<br />
aus dem durch die Grenze entstandenem Naturgebiet<br />
wird ergänzend angeboten. So gibt es überall auf dem<br />
Gelände Neues zu entdecken.<br />
Vor 30 Jahren fand hier Geschichte statt, eine Geschichte,<br />
die nicht in Vergessenheit geraten sollte. Aus<br />
diesem Grund wird zum 30. Jahrestag der Grenzöffnung<br />
ein Gedenkwochenende stattfinden: Entlang des Grenzlandweges<br />
wird in der Nacht die Lichtkunstinstallation<br />
,Niemandsland – Zwischen zwei Welten‘ am ehemaligen<br />
Todesstreifen installiert. An den Gebäuden des Museums<br />
selbst sollen an diesem Abend weitere multimediale<br />
Lichtkunstprojekte stattfinden. Zeitzeugen werden vor<br />
Ort sein. „Wir wollen Geschichte auf eine besondere Art<br />
erlebbar machen und möchten, dass die Gäste miteinander<br />
ins Gespräch kommen“, erklärt die Museumsleiterin<br />
das übergeordnete Ziel der Veranstaltung. „Das Grenzlandmuseum<br />
ist heute vor allem Mahn- und Gedenkort.<br />
Ein Ort, der vor dem Vergessen schützt und auf jeden<br />
Fall einmal besucht werden sollte.“ ƒ<br />
Das Grenzlandmuseum erleben<br />
Neben den Aktionen zum Jahrestag hat das Museum ein<br />
umfangreiches Programm veröffentlicht, bei dem es um<br />
die Bereiche Eichsfeld, Deutschland und Europa geht. Es<br />
werden Lesungen, Vorträge und Führungen zu Biodiversität<br />
am Grünen Band organisiert. Spannende Themen sind:<br />
die operative Foto- und Abhörtechnik des MFS, also des<br />
Ministeriums für Staatssicherheit, besser bekannt als<br />
,Stasi‘, der 29. Tag der Deutschen Einheit (3.10.<strong>2019</strong>) oder<br />
auch Katholizismus im Sperrgebiet (8.10.<strong>2019</strong>).<br />
Im Rahmen des Göttinger Literaturherbstes wird es zudem<br />
eine Lesung mit Autor Gregor Sander geben (24.10.<strong>2019</strong>).<br />
Die Vortragsreihe ,Vom Todesstreifen zur Lebenslinie‘<br />
(5.12.<strong>2019</strong>) schließt ab mit einem Vortrag über das<br />
russisch-finnische Grenzland.<br />
Anfahrt:<br />
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142 3 |<strong>2019</strong>
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