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faktor Herbst 2019

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www.mehralseinmagazin.de<br />

15. Jahrgang <strong>Herbst</strong> <strong>2019</strong> 8 Euro<br />

› MEHR ALS EIN MAGAZIN<br />

› DAS ENTSCHEIDER-MAGAZIN FÜR DIE REGION GÖTTINGEN<br />

erfolgsgeschichte Fünf Jahre nach ihrem Tod ist das Werk der Fotojournalistin Anja Niedringhaus lebendiger als je zuvor 118


Digitale Finanz- und<br />

Lohnbuchführung<br />

Roland Haever<br />

Dario Sauermann<br />

Sven Bergmann<br />

Digital ist smarter<br />

Die Welt wird moderner und schneller – und Ihre Finanz- und Lohnbuchführung<br />

einfacher: durch Digitalisierung. Wir implementieren für Sie<br />

Schnittstellen und Prozesse, um Ihr Unternehmen zukunftssicher in die digitale<br />

Steuerwelt zu führen – und alle Vorteile des elektronischen Datenaustauschs<br />

für Sie nutzbar zu machen. Als vernetzter Steuerberater ist Quattek &<br />

Partner anschließend nur einen Klick entfernt.<br />

In einem revisionssicheren digitalen Archiv stehen Ihnen sämtliche Belege<br />

ständig zur Verfügung (und lassen sich per Volltextsuche sofort finden). Betriebswirtschaftliche<br />

Auswertungen können tagesaktuell erstellt und online eingesehen<br />

werden. Die Erfassung von Personalstamm- und Bewegungsdaten<br />

erlaubt automatisierte Lohn- und Gehaltsabrechnungen. Und das Zahlungsund<br />

Forderungsmanagement können Sie elektronisch an uns auslagern.<br />

Buchführung digital: aktueller, effizienter, günstiger<br />

Jürgen Hollstein Dipl.-Kfm.<br />

Steuerberater<br />

Roland Haever Dipl.-Kfm.<br />

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Thorsten Kumpe Dipl.-Kfm.<br />

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Miriam Engel Dipl.-Kffr.<br />

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editorial<br />

Alles<br />

Gute<br />

für die neue<br />

Saison!<br />

FOTO COVER: © PICTURE ALLIANCE / ASSOCIATED PRESS<br />

Zwischen den Welten – ein Gefühl, das sicher viele schon<br />

einmal erlebt haben, den Moment, wenn Extreme aufeinanderprallen.<br />

Wobei die meisten von uns wohl kaum behaupten würden, dass dies<br />

ein Gefühl ist, das unser Leben bestimmt. Anders geht es da gleich<br />

mehreren Menschen, die wir Ihnen in dieser Ausgabe präsentieren.<br />

Zuvorderst unsere Frau auf dem Cover: Die Fotojournalistin Anja<br />

Niedringhaus erlebte immer wieder aufs Neue die Schrecken des Krieges<br />

aus nächster Nähe – bis ihre selbst auferlegte Mission »Wenn ich es nicht<br />

fotografiere, wird es nicht bekannt« ihr schlussendlich zum Verhängnis<br />

wurde. Vor fünf Jahren kam sie bei einem Einsatz in Afghanistan ums<br />

Leben. Wir besuchen ihre Schwester Gide auf ihrem idyllischen Hof<br />

in Kaufungen – dem Ort, der für die Fotografin einst den so wichtigen<br />

Ausgleich bedeutete. Und wir zeigen, wie nachhaltig ihr Werk bis heute<br />

wirkt: durch Ausstellungen, einen Fotopreis und ein Doku-Drama<br />

im ZDF.<br />

In Lebensgefahr sah sich auch Marc Wallert. Im Jahr 2000 wurde er<br />

gemeinsam mit seinen Eltern entführt und über Monate im philippinischen<br />

Dschungel als Geisel gefangen gehalten. Heute berichtet er als Speaker,<br />

warum dies für ihn dennoch kein Schicksalsschlag war und wie wir die<br />

Krise als Chance begreifen können – im Übrigen spricht er persönlich auf<br />

unserer nächsten <strong>faktor</strong>-Business-Lounge am 14. November (siehe Seite 18).<br />

Doch es gibt auch eine andere Art von Extremen, die das Leben prägen<br />

können: die mit einem wahrlich märchenhaften Ende. Die Göttingerin<br />

Erzsébet Wagner wuchs auf einem kleinen Bauernhof in Ungarn in einfachen<br />

Verhältnissen auf. Heute erobert sie als Inhaberin eines Luxustaschen labels<br />

die großen Modemetropolen der Welt und lebt damit ihren Traum.<br />

Apropos. Mehr über ihre Designertaschen gibt es übrigens auch in<br />

der ersten Ausgabe unseres neuesten Magazins zu lesen. Wir präsentieren<br />

voller Stolz: den <strong>faktor</strong>-Stil! Schreiben Sie mir gern eine Mail, wie<br />

Ihnen die Premiere gefällt. Nun wünsche ich Ihnen bei der Lektüre<br />

viel Vergnügen und einen wunderbaren <strong>Herbst</strong>.<br />

Ihre Elena Schrader<br />

Chefredakteurin<br />

schrader@<strong>faktor</strong>-magazin.de<br />

Wir haben alles für den<br />

Veilchen-Arbeitsplatz!<br />

Neu: Auch die Original Fan-Artikel.<br />

So arbeitet<br />

der echte<br />

BG Fan!<br />

50 PARKPLÄTZE VOR DER TÜR / 17.000 BÜRO-<br />

BEDARF-ARTIKEL / AUF 400 QM ZUM ANFASSEN<br />

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3 |<strong>2019</strong> 3


inhalt<br />

service<br />

3 Editorial<br />

6 Momentaufnahmen<br />

12 31. <strong>faktor</strong>-Business-Lounge<br />

14 Aktuelles<br />

145 Impressum<br />

unternehmen<br />

20 Den Mut haben, etwas<br />

nicht zu tun<br />

100 Jahre Piller in Osterode<br />

34 Anders weiter machen<br />

Sycor-Geschäftsführer Ronald Geiger<br />

im Exklusiv-Interview<br />

42 Der Ess-Löffel<br />

Gute Gründer von Kulero im<br />

Kampf gegen Plastikmüll<br />

48 Auf Flughöhe bleiben<br />

Exzellente Auszeichnungen für<br />

Thomas Lucas-Nülle und sein<br />

Xtentio-Team<br />

54 Heimwerken im digitalen Zeitalter<br />

Kurts Toolbox – die weltweit erste<br />

Toolsharing-Plattform in Einbeck<br />

wissen<br />

60 Wie ein Mückenstich<br />

Sascha Riedeberger begleitet<br />

Unternehmer in die digitale Zukunft<br />

62 Gutes Klima schaffen<br />

Zehn Jahre Energieagentur<br />

Göttingen<br />

72 Blühende Landschaften<br />

Wirtschaftsregion Eichsfeld im Fokus<br />

78 „Göttingen ist unser Oberzentrum“<br />

Zwei Eichsfelder im Interview<br />

mensch<br />

84 Raus aus der Vorurteilsfalle<br />

Menschen mit Behinderungen<br />

kommen in Unternehmen gut an<br />

96 Wie im Märchen<br />

Erzsébet I. Wagner hat mit ihrem<br />

Luxustaschenlabel einen Traum<br />

verwirklicht<br />

104 Greifbare Ergebnisse<br />

MPI-Direktor Christian Griesinger<br />

forscht für eine gesündere Zukunft<br />

108 Mehr als ein Stehaufmännchen<br />

Entführungsopfer Marc Wallert<br />

begreift die Krise als Chance<br />

leben<br />

118 Zwischen den Welten<br />

Fotografin Anja Niedringhaus wird<br />

fünf Jahre nach ihrem Tod geehrt<br />

136 Im Schatten der Grenze<br />

Ein Besuch im Grenzlandmuseum<br />

Eichsfeld<br />

146 Wissensbisse<br />

New Work – Folge 1: Scrum<br />

gezeichnet von Tanja Wehr<br />

34 Anders weiter machen<br />

Neue Spitze bei Sycor. Geschäftsführer<br />

Ronald Geiger spricht über den<br />

Konflikt mit Konkurrent Arineo und<br />

seine Pläne für die Zukunft.<br />

108 Die Krise als Chance<br />

20 Jahre später. Über Monate wurde<br />

Marc Wallert im philippinischen<br />

Dschungel als Geisel gefangen gehalten.<br />

Heute berichtet er als Speaker, warum<br />

dies für ihn kein Schicksalsschlag war.<br />

4 3 |<strong>2019</strong>


96 Erzsébet I. Wagner ist angekommen – in Göttingen und der Modewelt<br />

„Ich entscheide selbst. Ich bin Frau genug. Dafür steht<br />

unter anderem auch meine Marke.“<br />

FOTOS: ALCIRO THEODORO DA SILVA & STEPHANIE WOLFF PHOTOGRAPHY<br />

104 Christian Griesinger erzielt greifbare Ergebnisse<br />

Preiswürdig. MPI-Direktor Christian Griesinger forscht daran, einige unserer<br />

schwerwiegendsten Zivilisationskrankheiten zu bekämpfen, und wurde für seine<br />

bahnbrechenden Erkenntnisse bereits mehrfach ausgezeichnet.<br />

118 Fotografin Anja Niedringhaus<br />

„Wenn ich das normale<br />

Leben in Kaufungen nicht<br />

kennen würde,<br />

würde ich den Krieg als<br />

normal empfinden.“<br />

3 |<strong>2019</strong> 5


momentaufnahmen<br />

Momentaufnahmen<br />

<strong>faktor</strong> lässt besondere Ereignisse in der Region mit ausgewählten Impressionen Revue passieren.<br />

FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />

6 3 |<strong>2019</strong>


momentaufnahmen<br />

Zeitreise durch die Region<br />

Von Göttingen über die Weser zum Schloss Berlepsch und einmal quer durchs Eichsfeld –<br />

das war die Strecke der diesjährigen Gutingi classics Young- & Oldtimer-Rallye,<br />

die Mitte August bereits zum dritten Mal von den Organisatoren Autohaus Peter,<br />

Dino Gewerbepartner, AP Car Design und der Steuerberatungsgesellschaft<br />

Quattek & Partner initiiert wurde. 35 Teams traten die 186 Kilometer lange Reise an.<br />

Auf sie warteten entlang der schönen Land straßen Südniedersachsens immer wieder<br />

kurze Boxenstopps mit verschiedenen Auf gaben, die es zu bewältigen galt.<br />

3 |<strong>2019</strong> 7


momentaufnahmen<br />

Der Glöckner von Gandersheim<br />

Die 61. Gandersheimer Domfestspiele feierten in diesem Jahr mit<br />

mehr als 60.000 Besuchern die erfolgreichste Spielzeit seit 2001. Dazu<br />

trug auch ,Der Glöckner von Notre Dame‘ bei, das Schauspiel nach dem<br />

Roman von Victor Hugo. 13 Mal verwandelte sich Schauspieler<br />

Hermann Bedke in den Glöckner. Vor jeder Vorstellung musste er gut<br />

eine Stunde lang in der Maske sitzen und wurde durch die Kunst<br />

der Maskenbildnerinnen Karina Brachner, Karina Kurek und Anja Reinke<br />

mit verschiedenen Silikonstücken im Gesicht und einer Perücke zum<br />

Glöckner von Gandersheim.<br />

8 3 |<strong>2019</strong>


momentaufnahmen<br />

3 |<strong>2019</strong> 9


momentaufnahmen<br />

10 3 |<strong>2019</strong>


momentaufnahmen<br />

Grenzenlose Begeisterung<br />

Deutschlands einziges Etappenrennen der Männer-Elite im Radrennsport, die Deutschland Tour, führte<br />

Ende August erstmals quer durch Göttingen und zog die Radsport-Stadt in ihren Bann: Umjubelt von etwa 5.000<br />

Zuschauern starteten die Radler auf dem Theaterplatz zur dritten Etappe auf die 189-Kilometer- Strecke nach Eisenach.<br />

Dabei wurde – zum Gedenken an die Grenzöffnung vor 30 Jahren – die ehemalige innerdeutsche Grenze<br />

wie beispielsweise die im Eichsfeld mehrfach überquert.<br />

3 |<strong>2019</strong> 11


aktuelles<br />

Den Wahnsinn des<br />

Alltags schaffen<br />

Zeit-Experte Zach Davis gibt auf der 32. <strong>faktor</strong>-Business-Lounge Hilfestellungen fürs Leben.<br />

TEXT CHARLOTTE VOGEL FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />

12 3 |<strong>2019</strong>


aktuelles<br />

Bei der 32. <strong>faktor</strong>-Business-Lounge in Kooperation<br />

mit der Steuerberatungsgesellschaft<br />

Quattek & Partner, Startraum Göttingen und<br />

Life Science Factory konnten sich die rund<br />

90 Teilnehmenden wieder einmal über einen spannenden<br />

Referenten freuen: Zach Davis (Foto o. r.), Experte<br />

für Zeitintelligenz und Zukunftsfähigkeit, sprach im<br />

Startraum zum Thema ‚Mit Zeitintelligenz den normalen<br />

Alltags-Wahnsinn schaffen‘. Unterstützt wurde Davis<br />

dabei von Sketchnoteloverin Tanja Wehr (u. l.), die seine<br />

Tipps zur Stressbewältigung für die Gäste visuell und<br />

zum Mitnehmen festhielt (l.).<br />

Seine Tipps reichten dabei von Prioritätensetzen und<br />

Checklistenschreiben über das regelmäßige Üben des<br />

Nein-Sagens bis hin zum Kalendereintrag ,Eine Stunde<br />

mit mir selbst‘, in der man sich dem ständigen Erreichbar-sein-Müssen<br />

bewusst entzieht. Wie immer gab es im<br />

Anschluss die Gelegenheit, die Zeit bei Köstlichkeiten –<br />

dieses Mal von Viani Alimentari – weiter sinnvoll zu nutzen<br />

und zu netzwerken. ƒ<br />

Weitere Inpressionen gibt es in der Bildergalerie unter:<br />

www.<strong>faktor</strong>-magazin.de/fotostrecken/bildergalerie-zur-32-<strong>faktor</strong>-business-lounge-mit-zach-davis/<br />

3 |<strong>2019</strong> 13


aktuelles<br />

<strong>faktor</strong>-Mittagsclub<br />

Impulse setzen<br />

Einmal im Monat bietet der <strong>faktor</strong>-Mittagsclub Gelegenheit,<br />

sich in exklusiver Runde von einem kurzem Impulsvortrag<br />

inspirieren zu lassen, bevor sich die Teilnehmer ein gemeinsames<br />

Mittagessen im Amavi schmecken lassen.<br />

So war im Mai die Göttinger Trainerin Astrid Böttger zu Gast<br />

und sprach zum Achtsamkeitstraining ‚Search Inside Yourself‘<br />

(siehe auch Seite 18). Im Juni referierte Sketchnoteloverin<br />

Tanja Wehr (Foto) über ihre wunderbaren Visualisierungen und<br />

ihr Ikigai, also wofür sie morgens aufsteht.<br />

Strategieberater Oliver Bornemann gab im August Tipps,<br />

wie Firmen sich richtig positionieren.<br />

FOTO: ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />

<strong>faktor</strong>-Team<br />

Horst Wolf wechselt zur BG<br />

Coming soon<br />

In der zweiten Ausgabe des Jahres<br />

von <strong>faktor</strong>Gesundheit nehmen wir das<br />

Thema Plastische Chirurgie genauer<br />

unter die Lupe. Dieses Medizinfeld<br />

wird häufig mit Oberflächlichkeiten<br />

wie Brustvergrößerungen, Botox-Behandlungen oder<br />

anderen formverändernden Eingriffen assoziiert. Aber<br />

es geht viel weiter: Auch bei schweren Verbrennungen<br />

oder Verätzungen, Fehlbildungen oder in der Krebstherapie<br />

kommen plastische Chirurgen häufig zum<br />

Einsatz. Ebenso gehört die rekonstruktive Chirurgie<br />

dazu. Hier widmen sich die Ärzte Funktionen des<br />

Körpers, die verloren gegangen sind.<br />

Ist Ihr Interesse geweckt? Dann sichern Sie sich schon<br />

jetzt Ihr Exemplar – einfach eine E-Mail an:<br />

redaktion@<strong>faktor</strong>-magazin.de<br />

Unser Vertriebsleiter Horst Wolf wird nach über<br />

14 Jahren <strong>faktor</strong> verlassen, um sich stärker auf<br />

seine zweite große Liebe – nämlich Basketball –<br />

zu konzentrieren. Der 55-Jährige wird sich ab<br />

Frühjahr 2020 komplett darauf fokussieren, bei<br />

der BG Göttingen Sponsoren für die Herren-Basketballer<br />

zu akquirieren. Basketball spielt im Leben von<br />

Horst Wolf (2,09m) seit jeher eine zentrale Rolle. So spielte er<br />

in der deutschen Jugendnationalmannschaft und lieferte sich<br />

später manches Duell mit Dirk Nowitzki. Noch heute steht er<br />

mit Gleichgesinnten einmal in der Woche auf dem Court. Und<br />

wer ihn kennt, weiß, dass er noch sehr ehrgeizig ist und jedes<br />

Trainingsspiel gewinnen möchte.<br />

<strong>faktor</strong> sucht nun als Nachfolger zum 1. Januar 2020 einen<br />

Mediaberater (m/w/d), der die Anzeigenakquise für die erfolgreichen<br />

<strong>faktor</strong>-Produkte übernimmt.<br />

Ansprechpartner für Bewerbungen ist Herausgeber<br />

Marco Böhme: Tel. 0551 3098390 oder<br />

boehme@<strong>faktor</strong>-magazin.de<br />

14 3 |<strong>2019</strong>


Die VGH Ansprechpartner in Ihrer Nähe:<br />

Stefan Brandt<br />

Bovenden<br />

Feldtorweg 9 Tel. 0551 5083534<br />

Nörten-Hardenberg<br />

Göttinger Str. 19 Tel. 05503 9159979<br />

Holger Jortzik<br />

Dransfeld<br />

Hakenbreite 15 Tel. 05502 94242<br />

Adelebsen<br />

Lange Str. 56 Tel. 05506 97171<br />

Meier & Warneke OHG<br />

Lars Warneke<br />

Göttingen<br />

Königsberger Str. 2<br />

Tel. 0551 507360<br />

Andreas Fritsch<br />

Rosdorf<br />

Götzenbreite 2<br />

Tel. 0551 793330<br />

Meier & Warneke OHG<br />

Peter Meier<br />

Göttingen<br />

Königsberger Str. 2<br />

Tel. 0551 507360<br />

Tanja Schatte<br />

Göttingen<br />

Nußanger 6<br />

Tel. 0551 63922


aktuelles<br />

› MEHR ALS EIN MAGAZIN<br />

www.mehralseinmagazin.de<br />

Die Wohlwagen<br />

Ausgabe 1 // <strong>2019</strong><br />

<strong>faktor</strong> feiert Premiere<br />

Es ist geschafft!<br />

Stil<br />

❉ LEBENSART UND WOHNKULTUR IN SÜDNIEDERSACHSEN<br />

Die <strong>faktor</strong>-Familie hat Zuwachs bekommen.<br />

Nach gut einem Jahr Planung, Ideenwälzen und<br />

mitunter auch harter Arbeit ist Südniedersachsen<br />

um ein neues Magazin reicher. „Mit <strong>faktor</strong>Stil<br />

setzen wir noch einmal ganz neue Standards<br />

und einen weiteren Fokus“, erklärt Chefredakteurin<br />

Elena Schrader. „Wir feiern die Lebensart<br />

und Wohnkultur in Südniedersachsen und zeigen,<br />

was unsere Region dazu an besonderen Schätzen bereithält.“<br />

Ob Architektur, Mode, Kunst, Kultur und der besondere Gaumen genuss – der<br />

Vielfalt wird jetzt Rechnung getragen. „Bereits in unserer Premierenausgabe dürfen<br />

sich die Leser auf wirklich wunderbare Themen und Persönlichkeiten freuen“, so<br />

Schrader. Von der Designer-Handtasche für selbstbewusste Frauen über stylische<br />

Wohnalternativen bis hin zu den neuesten Barttrends ist das Magazin breit<br />

aufgestellt – selbstverständlich ist alles in der eigenen Heimat zu bekommen!<br />

Vom Leben inspiriert<br />

Designer-Taschen aus Göttingen<br />

für die selbstbewusste Frau<br />

Rasant unterwegs<br />

im neuen Porsche<br />

Cayenne Turbo Coupé<br />

Übrigens: Der <strong>faktor</strong>Stil landet nicht nur auf den Schreibtischen der Entschei -<br />

derinnen und Entscheider, sondern ist auch in ausgewählten Auslagestellen in ganz<br />

Südniedersachsen – Hotels, Boutiquen und Geschäften – zu finden. Sie möchten<br />

lieber sicher gehen und direkt in den Verteiler aufgenommen werden?<br />

Dann schicken Sie einfach eine E-Mail an: redaktion@<strong>faktor</strong>-magazin.de<br />

Luxuriös und ausgefallen<br />

leben<br />

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<strong>faktor</strong> gibt's jetzt auch auf Insta!<br />

Was geht ab hinter den Kulissen der Redaktion?<br />

Wer sind die Menschen im nächsten Magazin?<br />

Welche Events stehen an? Schauen Sie doch mal<br />

rein – und bleiben Sie auf dem Laufenden ...<br />

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3 |<strong>2019</strong> 17


aktuelles<br />

33. <strong>faktor</strong>-Business-Lounge<br />

Stark durch Krisen<br />

Vom Entführungsopfer zum Keynote-Speaker. Die Geschichte von<br />

Marc Wallert erzählt eine Extremsituation und den Weg hinaus.<br />

Auf der 33. <strong>faktor</strong>-Business-Lounge am 14. November <strong>2019</strong> in<br />

Kooperation mit dem Volkswagen Zentrum Göttingen spricht Wallert<br />

im Autohaus und referiert zu dem Thema ‚Stark durch Krisen‘.<br />

Wie immer haben die Teilnehmenden im Anschluss die Gelegenheit,<br />

sich bei Snacks und Getränken auszutauschen.<br />

Melden Sie sich jetzt an: www.<strong>faktor</strong>events.de<br />

Mehr zu Marc Wallert gibt es übrigens auch<br />

schon hier im Heft – ab Seite 108!<br />

FOTO: STEPHANIE WOLFF PHOTOGRAPHY<br />

Achtsamkeit<br />

Google-Erfolgsprogramm<br />

in Göttingen<br />

FOTO: ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />

Am 22. August <strong>2019</strong> gab die Göttinger Trainerin Astrid Böttger im Rahmen der<br />

<strong>faktor</strong>Akademie einen spannenden Einblick in Search Inside Yourself (SIY), das<br />

als Erfolgsprogramm bei Google gestartet wurde. Astrid Böttger war eine der<br />

ersten Deutschen, die dieses Achtsamkeitstraining für Führungskräfte im Silicon<br />

Valley absolvierte und ihr Wissen gern weitergibt. Das Training richtet sich an<br />

alle, die in dieser verrückten VUCA-Welt, in der alles unsicher und nicht mehr<br />

vorhersehbar scheint, überleben wollen.<br />

Wer zudem wissen möchte, wie wir Achtsamkeit als Technik nutzen können,<br />

um vom Autopiloten zu einem bewussten Handeln zu kommen, sollte am<br />

SIY-Seminar am 8. und 9. November <strong>2019</strong> in Göttingen teilnehmen.<br />

Weitere Infos und Anmeldung: www.mehralseinmagazin.de<br />

18 3 |<strong>2019</strong>


unternehmen<br />

20 3 |<strong>2019</strong>


unternehmen<br />

Den Mut haben,<br />

etwas nicht zu tun<br />

<strong>2019</strong> ist ein besonderes für die Piller-Group in Osterode: Es ist 100 Jahre her,<br />

dass Unternehmensgründer Anton Piller den Standort in den Harz verlegte.<br />

Zum Jubiläum blickt <strong>faktor</strong> in die Werkshallen des Weltmarktführers, der in Krankenhäusern,<br />

an der Wallstreet und anderen sensiblen Orten sicherstellt, dass wir rund um die Uhr<br />

ohne Unterbrechungen mit Strom versorgt sind.<br />

TEXT ANJA DANISEWITSCH FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />

3 |<strong>2019</strong> 21


unternehmen<br />

Juni <strong>2019</strong>: Ein Team von zehn motivierten Männern<br />

mittleren Alters in blau-weißen Trikots und<br />

schwarzen Radlerhosen kämpft sich durch den<br />

Vorharz. Insgesamt über 100 Kilometer Strecke<br />

wollen sie an diesem Tag zurücklegen und damit<br />

100.000 Euro Spendengeld für karitative Zwecke<br />

sammeln. Bereits nach fünf Stunden und zehn<br />

Minuten haben die Fahrer, die allesamt Geschäftsführer<br />

der weltweit agierenden Piller Group sind, ihre beiden<br />

Ziele erreicht. „Wir wollten zum 100-jährigen Bestehen<br />

des Stammsitzes in Osterode etwas ganz Besonderes machen“,<br />

erzählt der Initiator der Radtour Detlev Seidel,<br />

der seit 2007 die Geschäfte in Osterode leitet. Um sich<br />

persönlich auf dieses Ereignis vorzubereiten, fuhr der<br />

55-Jährige in den Monaten zuvor immerhin über 500<br />

Trainings kilometer, denn Fahrradfahren ist keine Sportart,<br />

die der vierfache Familienvater sonst in seiner Freizeit<br />

ausübt. Während es für Seidel dennoch irgendwie<br />

ein Heimspiel war, da er seit 20 Jahren in Südniedersachsen<br />

lebt, hatten die übrigen Fahrer eine ziemlich weite<br />

Anreise: aus Indien, Italien, Spanien, Australien, Singapur,<br />

Frankreich, England und aus den USA – diese Liste<br />

gibt zugleich einen guten Überblick, wo in der Welt der<br />

deutsche Mutterkonzern inzwischen Tochterunternehmen<br />

unterhält.<br />

Zur Person<br />

Detlev Seidel ist seit zwölf Jahren Geschäftsführer von<br />

Piller am Stammsitz in Osterode und lebt seinen Job mit<br />

Leidenschaft. Der promovierte Maschinenbauingenieur<br />

war vor seinem Wechsel zu Piller bei ABB, einem<br />

Technologiekonzern, als Profit-Center-Leiter<br />

Service für Elektromaschinen angestellt.<br />

In seiner Freizeit liest der vierfache Familienvater<br />

gern Bücher, die sich mit angrenzenden Themen zu<br />

seinem Beruf beschäftigen. So ist der 55-Jährige seit<br />

Jahren ein Fan von Marc Elsbergs Werken<br />

‚Black out‘ und ‚Zero‘.<br />

ES IST – SO WIE DETLEV SEIDEL HEUTE im Besprechungsraum<br />

sitzt und von Piller erzählt – über die Jahre<br />

ein Stück weit ‚sein‘ Unternehmen geworden. „Ich sage<br />

immer, irgendwie hat diese Firma eine besondere Faszination“,<br />

so der promovierte Maschinenbauingenieur. „Wir<br />

machen ganz viel anders als andere.“ Bereits zu Beginn<br />

des Interviews wird klar, hier sitzt ein begeisterungsfähiger<br />

Mensch, der gern erzählt und auch viel zu sagen hat<br />

und der sich nicht vorstellen könnte, irgendwo anders zu<br />

arbeiten. „Wie ich zu Piller gekommen bin?“ Seidel lacht<br />

herzlich auf. „Nicht geplant“, gesteht er. „Denn bevor<br />

ich vor 20 Jahren hierhergezogen bin, wusste ich ehrlicherweise<br />

gar nicht, dass es Piller überhaupt gibt und was<br />

die da machen“, erzählt der gebürtige Ostwestfale. „Letztlich<br />

hat mich ein Freund aus Studienzeiten in Hannover<br />

zu Piller geholt. Das Unternehmen war damals gerade in<br />

einer schwierigen Phase der Umstrukturierung. Ich kam<br />

– und blieb.“<br />

Inzwischen gehört Piller zu den klassischen Hidden<br />

Champions. Mit seinen Anlagen zur unterbrechungsfreien<br />

Stromversorgung garantiert Piller, dass unter anderem<br />

in einem der größten Krankenhäuser Schwedens in<br />

Stockholm kein Patient bemerkt, wenn es zu einem<br />

Stromausfall kommt. In Sekundenschnelle reagieren die<br />

Stromversorgungsanlagen von Piller und liefern wie ein<br />

kleines Kraftwerk den notwendigen Strom, um alles am<br />

Laufen zu halten. In den regionalen Medien tauchte das<br />

Unternehmen in den vergangenen Jahren vor allem immer<br />

dann auf, wenn die neuen Umsatzzahlen veröffentlich<br />

wurden: Der internationale Marktführer von unterbrechungsfreier<br />

Stromversorgung konnte im Jahr 2017<br />

einen Umsatz von 250 Millionen Euro vermelden, 2018<br />

blieb er mit rund 220 Millionen Euro zwar nur knapp<br />

am Rekordumsatz des Vorjahres dran. „Doch für dieses<br />

Jahr gehen wir wieder von einem Umsatzwachstum von<br />

über zehn Prozent aus – und gut ausgelasteten Werken“,<br />

erklärt Seidel zufrieden. „Osterode und Bilshausen<br />

tragen dabei übrigens rund 85 Prozent der Gesamtproduktion<br />

von Piller, wobei unsere Exportquote bei 75 bis<br />

80 Prozent liegt.“<br />

22 3 |<strong>2019</strong>


unternehmen<br />

3 |<strong>2019</strong> 23


unternehmen<br />

1909<br />

Der Ingenieur Anton Piller meldet ein Patent<br />

für einen Ventilator an und gründet seine<br />

eigene Maschinenfabrik in Hamburg. In den<br />

Anfangsjahren konzentriert sich Piller hauptsächlich<br />

auf die Produktion von<br />

Orgel- und Schmiedegebläsen.<br />

1919<br />

Ein besserer Kontakt zu den Lieferanten und<br />

Kunden sowie die zentrale Lage führen zur<br />

Umsiedlung nach Osterode. Mit zunächst<br />

18 Mitarbeitern wird hier die Produktion von<br />

Lüftungsturbinen, Gebläsen und<br />

Elektromotoren ausgebaut.<br />

24 3 |<strong>2019</strong><br />

1920 – 1929<br />

Es folgt der kontinuierliche Ausbau des Werkes.<br />

Piller gehört zu den wenigen Unternehmen,<br />

welche die wirtschaftlichen Krisenzeiten<br />

(Inflation 1923 und Weltwirtschaftskrise ab<br />

1929) relativ unbeschadet überstehen.<br />

1939 – 1945<br />

Piller baut in Moringen ein weiteres Werk,<br />

welches hauptsächlich die Produktion von<br />

Ventilatoren übernimmt.<br />

1954<br />

Hans Piller, der Sohn des Firmengründers,<br />

übernimmt die Leitung des Unternehmens<br />

und setzt neue Impulse.<br />

1958 – 1972<br />

Piller errichtet 100 Werkswohnungen für die<br />

Mitarbeiter. Dieser Teil von Osterode nahe<br />

dem Werksgelände wird noch heute als ,Piller<br />

Siedlung‘ bezeichnet, obwohl er bereits 1995<br />

privatisiert wurde.<br />

1962<br />

Ein weiteres Werk zur Herstellung von Luftschutzanlagen<br />

wird in Duderstadt angemietet.<br />

Die Produktpalette wird stetig weiter<br />

ausgebaut.<br />

1976<br />

Für den weltweiten Handel wird die erste<br />

europäische Tochtergesellschaft in England<br />

gegründet.<br />

1983<br />

In der dritten Generation übernimmt Hans-<br />

Anton Piller, der Sohn von Hans Piller, als Mitglied<br />

der Geschäftsleitung die Sparte Technik.


unternehmen<br />

DEN GRUNDSTEIN FÜR DIESEN ERFOLG legte allerdings<br />

ein anderer. Vor gut einem Jahrhundert, 1909,<br />

meldet der Ingenieur Anton Piller in Hamburg das Patent<br />

für die Konstruktion eines Ventilators an und produziert<br />

in der Hansestadt überwiegend Orgel- und<br />

Schmiedegebläse. Bereits zehn Jahre später kommt der<br />

Umzug nach Osterode am Harz – aus ganz pragmatischen<br />

Gründen: Das kleine Örtchen im Harz liegt geografisch<br />

fast in der Mitte Deutschlands, was für den<br />

Vertrieb und die Zulieferung gegenüber Hamburg wesentliche<br />

Vorteile darstellt. Anton Piller kauft das heutige<br />

Firmengelände und lässt direkt neben den Pferdeställen<br />

eine Villa (Foto) errichten, in welcher er mit seiner<br />

Familie lebt. Es ist zudem überliefert, dass der Firmengründer<br />

an einem Wochenende eine Schaufel nahm und<br />

eigenhändig die Söse, den Nebenfluss der Rhume, an<br />

welchen das Firmengelände grenzt, etwas verlegt hat,<br />

um sich mehr Platz zu schaffen. So oder so, der Grundstein<br />

war gelegt, und die Erfolgs geschichte nahm ihren<br />

Lauf – eine Geschichte mit Höhen und Tiefen.<br />

In den folgenden Jahren baut Anton Piller die Produktion<br />

immer weiter aus. 1939 entsteht das Werk in Moringen,<br />

welches mit seinen Hochleistungsgebläsen und Turbokompressoren<br />

noch heute an die Ursprünge Pillers anknüpft.<br />

Im Jahr 1958 übernimmt der Sohn Hans Piller<br />

die Geschäfte und bringt in zweiter Generation neue Impulse<br />

ins Werk. Erst in der dritten Generation konnte der<br />

einstige Erfolgskurs nicht fortgesetzt werden, und die<br />

Eigentümerfamilie entschloss sich zum Verkauf. „Vor<br />

»Es ist in erster Linie mein Bestreben,<br />

durch Verwendung nur besten Materials,<br />

geschulter Arbeitskräfte und erstklassiger<br />

Fabrikationseinrichtungen meine<br />

Erzeugnisse in höchster Vollendung<br />

herzustellen.«<br />

Gründer Anton Piller in seinem ersten Prospekt 1912<br />

1993<br />

Durch die Globalisierung sucht Piller einen<br />

kompetenten Partner und firmiert in die Piller<br />

GmbH um. Durch den Zusammenschluss<br />

mit der Lahmeyer AG übernimmt der<br />

RWE-Konzern die Mehrheit am bisherigen<br />

Familienunternehmen.<br />

1996<br />

In diesem Jahr fokussiert die Piller GmbH<br />

ihre Kernkompetenz auf die Stromversorgung<br />

und trennt sich vom Bereich Industrieventilatoren.<br />

Als Alternative zur Batterie entwickelt<br />

Piller den bis heute weltgrößten kinetischen<br />

Energiespeicher, die Powerbridge.<br />

2000<br />

Piller übernimmt die Marktführung im Bereich<br />

der unterbrechungsfreien Stromversorgung.<br />

Es werden die bis dahin größten<br />

Anlagen für Produktion und Prüfung von<br />

großen USV-Anlagen in Osterode (Foto) und<br />

im neuen Werk Bilshausen gebaut.<br />

2005<br />

Piller wird durch den eigentümergeführten<br />

britischen Konzern Langley Holdings Plc.<br />

übernommen.<br />

2011<br />

Piller entwickelt und installiert den weltweit<br />

größten kinetischen Energiespeicher mit einer<br />

Leistung von 21 MW.<br />

2016<br />

Das Unternehmen Active Power – ein Spezialist<br />

für Schwungräder zur Energiespeicherung<br />

– wird akquiriert und in die Geschäftsbereiche<br />

von Piller integriert.<br />

Heute<br />

Mit seinem Stammsitz und zahlreichen<br />

Niederlassungen in Europa, Nord- und Südamerika,<br />

Australien und Asien beschäftigt<br />

Piller annähernd 1.000 Mitarbeiter weltweit.<br />

3 |<strong>2019</strong> 25


unternehmen<br />

Große Ausmaße Beim Einlegen der Kupferwicklungen in einen sogenannten ,Uniblock-Stator‘ werden die Dimensionen bei Piller sichtbar.<br />

26 3 |<strong>2019</strong>


unternehmen<br />

3 |<strong>2019</strong> 27


unternehmen<br />

Stammsitz im Harz In den großen Werkshallen in Osterode operiert Piller nun schon seit über 100 Jahren.<br />

20 Jahren etwa war Piller in Osterode vor allem durch<br />

Negativpresse und Entlassungswellen im Gespräch“, so<br />

der heutige Geschäftsführer. 1993 wurde das Familienunternehmen<br />

von RWE aufgekauft und blieb für gut zehn<br />

Jahre Teil des Konzerns – mit wechselnden Vorständen,<br />

Geschäftsführungen und Ideen. „Viel Bewegung, aber<br />

auch viel Personalabbau“, sagt Seidel ernst, und erinnert<br />

sich, wie er eben in dieser Phase zu Piller kam. Während<br />

in den 1970er-Jahren um die 1.500 Mitarbeiter am Standort<br />

Osterode arbeiteten, waren es 1999, als Seidel anfing,<br />

nur noch rund 600 – wobei das Ende der Entlassungswelle<br />

zu diesem Zeitpunkt noch nicht erreicht war. Am Tiefpunkt<br />

waren es unter 500.<br />

AUS DIESEM NEGATIVKURS HERAUSZUKOMMEN, gelang<br />

unter anderem durch eine einschneidende Umstrukturierung:<br />

Im Jahr 2004 wurde Piller vom eigentümergeführten<br />

britischen Konzern Langley Holdings Plc.<br />

übernommen und damit wieder ein Familienunternehmen:<br />

Denn Langley Holdings ist ein Einfamilienunternehmen<br />

mit Anthony Langley als alleinigem Inhaber.<br />

Der Tonfall Seidels ändert sich just in dem Moment, in<br />

dem er beginnt, von dieser neuen Ära in Osterode zu erzählen.<br />

Sofort ist zu spüren, dass sich etwas zum Positiven<br />

verändert hat. Anthony Langley ist keiner dieser Investmenthaie<br />

oder Private-Equity-Anhänger, die Firmen<br />

erwerben, um sie nach drei bis fünf Jahren möglichst<br />

gewinnbringend wieder zu verkaufen. Langley kauft, um<br />

zu erhalten, Potenziale auszuschöpfen und Unternehmen,<br />

die momentan unter ihren Möglichkeiten agieren,<br />

wieder profitabel zu machen und langfristigen Erfolg zu<br />

sichern. „Es war von Anfang an eine sehr persönliche<br />

Beziehung zwischen dem neuen Eigentümer und der Belegschaft<br />

vor Ort“, erzählt Seidel, und so sei es bis heute.<br />

Die Angst der Angestellten, dass sich mit einem ausländischen<br />

Investor die Entwicklungen, die unter RWE begannen,<br />

weitergehen, hat sich nicht bestätigt. Stattdessen<br />

– das zeigen die Umsatzzahlen der letzten Jahre – hat<br />

sich Piller in den vergangenen 15 Jahren zu einem Weltmarktführer<br />

entwickelt, der auf höchste Qualität und<br />

vor allem auch auf langfristigen Service setzt. „Die Zeiten<br />

haben sich glücklicherweise wieder gewandelt, und<br />

wir arbeiten permanent daran, unser Image auch weiter<br />

in eine positive Richtung zu entwickeln.“ Seit 2013 gehört<br />

Piller nun auch zu den zertifizierten TOPAS – den<br />

Top-Arbeitgebern in Südniedersachsen.<br />

DASS PILLER ANSONSTEN NICHT WIE Ottobock oder<br />

Sartorius ständig in den Medien und in aller Munde ist,<br />

liegt sicher auch ein Stück weit an der zurückhaltenden,<br />

aber gezielten Marketingstrategie, die nach der Krise in<br />

den 1990er-Jahren das Unternehmen auf seine wesentlichen<br />

Werte besinnen ließ – und dazu gehört, anfallende<br />

Kosten, auch in der Geschäftsführung, immer wieder zu<br />

hinterfragen: „Muss das sein? Brauchen wir wirklich die<br />

teuren Handys? – Das beginnt bei uns bei den kleinen<br />

28 3 |<strong>2019</strong>


unternehmen<br />

International erfolgreich Unter anderem dank des weltweit größten kinetischen Energiespeichers ,Powerbridge‘ (Foto) ist Piller heute Marktführer.<br />

30 3 |<strong>2019</strong>


unternehmen<br />

» Ich bin mir nicht einmal sicher,<br />

ob wir Industrie 1.0 haben.<br />

Was wir hier machen, ist Handwerk –<br />

eine handwerklich industrielle<br />

Manufaktur. «<br />

Dingen“, sagt Seidel. Nachhaltigkeit zeigt sich zum Beispiel<br />

in so wirklich kleinen Dingen wie der Anschaffung<br />

von Kugelschreibern für alle Mitarbeiter. „Ich habe jedem<br />

Mitarbeiter persönlich einen hochwertigen Kugelschreiber<br />

mit der Gravur – ,Team Piller‘ und seinem<br />

Namen – überreicht. Das fördert vor allem Verbundenheit<br />

mit dem Unternehmen“, erklärt der Geschäftsführer,<br />

der großen Wert darauf legt, in persönlichen Kontakt<br />

mit seinen Angestellten zu sein. Seine Tür steht offen,<br />

und die Weihnachtspost verfasst er jedes Jahr eigenhändig.<br />

Das ist ihm wichtig.<br />

Es sind die Werte eines Familienunternehmens, die die<br />

Piller Group bis heute prägen: persönliche Beziehungen,<br />

langfristige Planungen und die Pflege von Kundenkontakten.<br />

Auch wenn die Nachfolgegenerationen der Gründerfamilie<br />

inzwischen nicht mehr am Unternehmen beteiligt<br />

sind.<br />

DASS TRADITIONEN BEI PILLER eine große Rolle spielen,<br />

zeigt sich auch darin, dass hier anders gearbeitet<br />

wird als bei anderen hoch technologisierten Unternehmen.<br />

Hinter dem Werbeslogan ,Nr. 1 für High-End-<br />

Power Protection‘ lässt sich eine Produktion vermuten,<br />

die vor allem computergesteuert und bei Industrie 4.0<br />

längst angekommen ist. Doch weit gefehlt: „Ich bin mir<br />

nicht einmal sicher, ob wir Industrie 1.0 haben“, sagt der<br />

Maschinenbauingenieur, während er zufrieden durch<br />

,seine‘ Produktionshallen in Osterode geht. „Was wir<br />

hier machen, ist Handwerk – eine handwerklich industrielle<br />

Manufaktur.“ Und tatsächlich arbeiten hier Männer<br />

und Frauen vor allem mit ihren Händen und nicht<br />

an großen Maschinen.<br />

3 |<strong>2019</strong> 31


unternehmen<br />

IN DER HALLE HERRSCHT FAST STILLE. Ein ruhiges<br />

und konzentriertes Arbeiten an elektrischen Maschinen,<br />

die eine unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV)<br />

gewährleisten und projektbezogen zusammengestellt<br />

werden. Das Herzstück ist der Uniblock UBT – diese rotierende<br />

USV-Anlage kombiniert Motor und Generator<br />

in einem gemeinsamen Schaltschrank. Im Falle kurzer<br />

Unterbrechungen oder kompletter Stromausfälle wird<br />

die Last mit Energie aus einem Energiespeicher – einem<br />

herkömmlichen Batteriesystem oder der Piller Powerbridge<br />

(kinetischer Energiespeicher) – versorgt. Seit in<br />

den 1980er-Jahren der erste Uniblock entwickelt wurde,<br />

haben sich die Anforderungen an USV-Systeme gravierend<br />

verändert. Ob in den riesigen Rechenzentren, auf<br />

Flughäfen oder im Bank- und Finanzwesen – die benötigten<br />

Kapazitäten stiegen in einem Maße, das kaum<br />

vorstellbar ist. Ein Rechenzentrumen, wie es beispielsweise<br />

von Google betrieben wird, benötigt die Leistung<br />

eines eigenen kleinen Kraftwerks. Nicht anders sieht es<br />

im Bank- und Finanzwesen aus. Piller ist auch an der<br />

Wallstreet – und man stelle sich vor, es gäbe einen Stromausfall<br />

und alle gerade getätigten Transaktionen wären<br />

unwiderrufbar verloren …<br />

UM ZU VERSTEHEN, WAS DIE PRODUKTE von Piller so<br />

besonders macht, braucht es darüber hinaus einen Blick<br />

auf die Zahlen: Die Maschinen der USV speichern Energie,<br />

als Beispiel vier Kilowattstunden. Das können auch<br />

Maschinen anderer Hersteller. Entscheidend ist aber, wie<br />

viel Leistung mit diesen Maschinen bei einem Stromausfall<br />

schnell zur Verfügung gestellt werden. Es geht in der<br />

Größenordnung, in der Piller agiert, bei einem Produktionsausfall<br />

der Kunden um Millionenbeträge – in Krankenhäusern<br />

geht es sogar um Menschenleben. Während<br />

Pillers Technologie 1,5 Megawatt für bis zu 40 Sekunden<br />

liefert, schaffen Geräte anderer Firmen maximal<br />

200 Kilowatt bei gleicher Kilowattstundenzahl. Diese<br />

enorme Energieleistung schafft man nicht mehr mit einer<br />

klassischen Blei-Batterie, da diese zu viele Tonnen<br />

wiegen würde und die baulichen Voraussetzungen dafür<br />

meist nicht gegeben wären. „Wir haben schon vor<br />

20 Jahren – von der Leistung her – den größten kinetischen<br />

Speicher gebaut und dann vor acht Jahren den<br />

größten durch den weltweit größten ersetzt“, erzählt<br />

Seidel stolz, um dann noch schnell zu ergänzen: „Und<br />

nun haben wir noch einmal 25 Prozent Leistung draufgepackt<br />

und konkurrieren mit Lithium-Ionen-Batterien.“<br />

Diese gebe es erst wenige Jahre und hätten auch ihre<br />

Schattenseiten, ergänzt er.<br />

„Piller spricht Strom“, sagt Seidel stolz – und das sehr<br />

erfolgreich. Das Unternehmen hat im Laufe der Jahre<br />

gelernt, sich auf seine Kernkompetenzen zu konzentrieren.<br />

Eine Überlegung, sich auch in Richtung Windkraftanlagen<br />

zu orientieren, haben sie wieder verworfen.<br />

„Man muss auch den Mut haben, etwas nicht zu tun“, so<br />

der Geschäftsführer. „Wir wollen unseren Kunden den<br />

größtmöglichen Nutzen bieten und wir wollen die Besten<br />

auf dem Markt sein und das – wenn möglich – auch<br />

noch die nächsten einhundert Jahre“, sagt Seidel mit einem<br />

Zwinkern. Es gehe ihnen nicht zwingend um weiteres<br />

Wachstum. Nichts spricht dagegen, ein Unternehmen<br />

über Jahrzehnte konstant auf einem guten Niveau zu<br />

halten.<br />

So passt es gut ins Bild, dass es ein sichtliches Anliegen<br />

von Anthony Langley ist, die alte Villa auf dem Firmengelände<br />

in Osterode zu erhalten, auch wenn dieses Gebäude<br />

heute nicht mehr genutzt wird – in Ehrerbietung<br />

an den einstigen Gründer. Denn an den Tagen, an denen<br />

der jetzige Inhaber aus England in Osterode ist, sitzt er<br />

gern im Büro vom ,alten‘ Piller. „Dort stehen noch die<br />

alten Ledersessel, und an der Wand hängt ein großes<br />

Porträt von Anton Piller“, erzählt Seidel. „Und wenn<br />

Langley dort arbeitet, dann schaut er so manches Mal zu<br />

Anton hin über, wie um zu prüfen, ob alles noch in dessen<br />

Sinne läuft.“ ƒ<br />

ZUM UNTERNEHMEN<br />

Piller ist der weltweit führende Anbieter im Bereich der<br />

sicheren Stromversorgung von unternehmenskritischen<br />

Anwendungen. Zu den Kunden zählen viele der weltweit<br />

führenden Banken und Finanzinstitutionen, Krankenhäuser,<br />

Rundfunkanstalten, Telekommunikationsbetreiber<br />

und zahlreiche andere renommierte Organisationen.<br />

Piller wurde 1909 von Anton Piller gegründet.<br />

Das Unternehmen befand sich bis zu seiner Übernahme<br />

durch RWE im Jahr 1993 im Besitz der Familie Piller.<br />

Seit 2004 gehört Piller zum eigentümergeführten britischen<br />

Engineering- Mischkonzern Langley Holdings Plc.<br />

Seit über 100 Jahren operiert das Unternehmen von<br />

seinem Stammsitz in Osterode am Harz aus und hat<br />

zahlreiche Niederlassungen in Europa, Nord- und Südamerika,<br />

Australien und Asien. Heute beschäftigt Piller<br />

weltweit 956 Mitarbeiter.<br />

www.piller.com<br />

32 3 |<strong>2019</strong>


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34 3 |<strong>2019</strong>


unternehmen<br />

Anders weiter machen<br />

Ronald Geiger, neuer Geschäftsführer der Sycor, spricht im Exklusiv-Interview mit <strong>faktor</strong><br />

über die Folgen des Weggangs zahlreicher Mitarbeiter zum neuen IT-Unternehmen Arineo,<br />

seine Entwicklungsziele für Sycor und die künftige Rolle des Standortes Göttingen.<br />

INTERVIEW SVEN GRÜNEWALD & MARCO BÖHME FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />

Seit Mai dieses Jahres hat der IT-Dienstleister Sycor einen<br />

neuen CEO: Ronald Geiger hält nun die Fäden in der Hand.<br />

Dabei hat der Münchner die Unternehmensleitung in einer<br />

extrem unruhigen Zeit übernommen: Der Verkauf oder alternativ<br />

eine Fusion der Sycor stand zur Debatte – doch es kam<br />

anders. Gesellschafter Hans Georg Näder änderte seine<br />

Strategie, hielt an der Sycor fest und hat nun große Pläne.<br />

Parallel verließ eine Handvoll Führungskräfte die Sycor und<br />

gründete den IT-Dienstleister Arineo, für den mittlerweile<br />

rund 200 Mitarbeiter tätig sind, fast alle kommen von der<br />

Sycor. Damit muss sich Geiger in seinem neuen Job gleich zu<br />

Beginn mehreren Herausforderungen stellen.<br />

Herr Geiger, Sie sind in einer turbulenten Zeit zu Sycor<br />

gekommen. Kurz vor Ihrem Antritt kam es zur Gründung<br />

der Arineo, die mittlerweile 200 Mit arbeiter beschäftigt.<br />

Ein Großteil davon sind ehemalige Sycorianer. Macht sich<br />

der Know-how-Verlust für Sie bemerkbar?<br />

Die Mitarbeiter, die nicht mehr bei uns beschäftigt sind,<br />

waren zu einem sehr hohen Prozentsatz in laufenden<br />

Großprojekten im Einsatz, sodass wir in manchen Bereichen<br />

mit erheblich weniger Know-how auskommen<br />

mussten. Das hat bei uns Lücken gerissen, wodurch wir<br />

Projekte verloren haben und das Wachstum der Sycor<br />

nachhaltig behindert wurde. Es ist uns aber inzwischen<br />

gelungen, bis auf einen Know-how-Bereich wieder alle<br />

Themen anbieten zu können.<br />

Und wir wachsen wieder signifikant: einerseits durch<br />

die Rekrutierung neuer Mitarbeiter, andererseits, indem<br />

wir uns für bestimmte Bereiche Expertise über den Zukauf<br />

von Unternehmen ins Haus holen.<br />

Was bedeutet die unmittelbare Konkurrenz direkt vor der<br />

eigenen Haustür für die Gewinnung von Mitarbeitern?<br />

Wir können durchschnittlich jeden dritten Bewerber in<br />

unser Team aufnehmen – das ist für uns der Gradmesser.<br />

Zudem vollzieht sich in der Industrie ein Konzentrationsprozess,<br />

im Rahmen dessen wir von vielen Spezialistenteams<br />

als eine attraktive und ideal aufgestellte Firmengruppe<br />

wahrgenommen werden – und die uns auch ansprechen,<br />

ob eine gemeinsame Zukunft vorstellbar ist.<br />

Der geplante Verkauf und die Fusion der Sycor sind<br />

gescheitert. Dann der Weggang von vielen Mitarbeitern –<br />

wie ist die Stimmung unter den Kollegen?<br />

Wir befassen uns momentan intensiv damit, wie wir unsere<br />

Zukunft gestalten wollen. In dem Zusammenhang<br />

haben wir am Puls des Unternehmens gefühlt und mit unseren<br />

Mitarbeitern viele Gespräche geführt. Auch wenn<br />

die Geschehnisse der letzten Monate viele immer noch als<br />

schmerzlich empfinden, versteht ein großer Teil der Belegschaft<br />

dies aber auch als Chance. Wir arbeiten jetzt<br />

daran, Vertrauen und Energie für die Zukunftsgestaltung<br />

zu schaffen. Wir sind auf einem positiven Weg.<br />

3 |<strong>2019</strong> 35


unternehmen<br />

Zur Person<br />

Ronald Geiger wurde 1960 in Neckarsulm geboren.<br />

Er studierte Betriebswirtschaftslehre mit den<br />

Schwerpunkten Logistik und Wirtschaftsinformatik an der<br />

Universität Mannheim. Beruflich hat er zahlreiche<br />

Unternehmen durchlaufen, darunter Branchengrößen wie<br />

die BASF AG, die Capgemini Gruppe, die SAP Gruppe<br />

und die Linde AG. Geiger ist alleinerziehender Vater<br />

einer zehnjährigen Tochter. Mit ihr lebt er in München<br />

und ist die Hälfte der Zeit in Göttingen.<br />

Sie haben vorher unter anderem für Branchenriesen wie<br />

BASF und SAP gearbeitet. Wie haben Sie die Sycor von<br />

außen wahrgenommen?<br />

Ich habe die Sycor als ein Unternehmen wahrgenommen,<br />

dass eine hohe technische und eine ausgeprägte Innovationskompetenz<br />

hat. Mir ist ebenfalls früh aufgefallen,<br />

dass der Stellenwert der Mitarbeiterorientierung sehr<br />

ausgeprägt ist.<br />

Was hat Sie dazu bewegt, zur Sycor zu wechseln?<br />

Motiviert hat mich die unternehmerische Vision und der<br />

Auftrag, die Sycor zu entwickeln. Stark verbunden war<br />

das mit dem überzeugenden, gewinnenden und motivierenden<br />

Auftritt des Gesellschafters Hans Georg Näder,<br />

den ich vorher zwar nicht persönlich kannte, aber mit<br />

dessen Unternehmensgruppe ich schon zu tun hatte.<br />

Welche Entwicklungsziele haben Sie sich für das<br />

Unternehmen gesetzt?<br />

Ich möchte auf Basis der sehr ausgeprägten Mitarbeiterorientierung<br />

die Kundenorientierung als zweite wichtige<br />

Säule des Erfolgs ausbauen: dass wir über das Zuhören<br />

noch passgenauere Services anbieten. Diese Entwicklung<br />

hin zu iterativen, anhaltenden Transformationsprozessen<br />

in den Unternehmen ist ein unumkehrbarer Trend,<br />

der auch die IT-Dienstleistungen prägen und die Branche<br />

verändern wird. Da sehe ich die Sycor vorne mit dabei.<br />

Aber generell muss sich das noch viel stärker im Dialog<br />

zwischen Dienstleister und Auftraggeber verfestigen.<br />

Eine weitere Aufgabe ist, unseren Servicebereich zu<br />

stärken und zu veredeln, denn dieser Bereich macht einen<br />

hohen Anteil am Sycor-Umsatz aus. Zuletzt ist wichtig,<br />

dass wir bei den Serviceleistungen künftig das Subskriptionsgeschäft<br />

– nutzungsabhängige Einnahmen, vergleichbar<br />

einem Abo-Modell – stärken. Wir wollen aus<br />

eigener Kraft heraus Wachstum in signifikanter Größenordnung<br />

generieren. Darüber hinaus werden wir in den<br />

nächsten drei Jahren über eine Kette von Akquisitionen<br />

von Spezialisten einen weiteren signifikanten Geschäftsaufbau<br />

haben.<br />

Wie eng ist dabei der Draht zu Hans Georg Näder?<br />

Er interessiert sich sehr für die Geschicke der Sycor und<br />

steht voll hinter ihr. Jüngst haben wir einen mehrtägigen<br />

Strategiedialog mit ihm geführt. Es ist ein kontinuierlicher<br />

Austausch mit einem sehr engagierten und dynamisch<br />

fordernden Gesellschafter. Ottobock hat sehr viel<br />

vor, was die Digitalisierung angeht, und wir werden den<br />

hohen Anspruch nutzen, um uns in neuen Themen verstärkt<br />

zu positionieren.<br />

Wie soll die Entwicklung am Standort Göttingen<br />

weitergehen?<br />

Wir haben mit unserem neuen Gebäude einen zukunftsfähigen<br />

Standort, wobei uns ein campusartiger Standort<br />

lieber wäre. Das ist sicherlich ein Thema, an dem wir<br />

weiter arbeiten sollten. Die Zahl der Mitarbeiter wird in<br />

Göttingen weiter wachsen, und Göttingen wird innerhalb<br />

der Firmengruppe immer der größte Standort sein.<br />

Aber wir werden neben Göttingen noch mindestens einen<br />

nennenswert größeren Standort aufbauen. Im Norden<br />

und in Nordrhein-Westfalen ist unsere Präsenz bereits<br />

sehr gut, daher wird der zweite größere Standort in<br />

absehbarer Zeit im Süden Deutschlands entstehen.<br />

Vielen Dank für das Gespräch!<br />

36 3 |<strong>2019</strong>


PRAXISBÖRSE<br />

Die Job- und Karrieremesse<br />

The Job and Career Fair<br />

PRAXISBÖRSE<br />

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The Job and Career Fair


PROFIL<br />

Erfolg mit System:<br />

Goldbeck feiert doppelt<br />

Für Sie vor Ort:<br />

Bengt Wilken<br />

Tel. 0173 9133870<br />

bengt.wilken@goldbeck.de<br />

In diesem Jahr hat GOLDBECK doppelten<br />

Anlass zum Feiern. Zum einen feiert das familiengeführte<br />

Unternehmen sein 50-jähriges<br />

Bestehen, zum anderen ist es seit 20 Jahren<br />

mit einer Niederlassung in der Region vertreten.<br />

Der Blick zurück schenkt Vertrauen in die Zukunft:<br />

Aus kleinen Anfängen hat sich GOLD-<br />

BECK innerhalb von 50 Jahren zum größten<br />

deutschen Bauunternehmen in Familienhand<br />

entwickelt. Und sich dabei immer wieder neu<br />

erfunden. GOLDBECK versteht sich inzwischen<br />

als technologiebasierter Produktanbieter, der<br />

die einzelnen Facetten des Bauens als Systemintegrator<br />

optimal miteinander vereint.<br />

Ideen, Mut und viel Herz<br />

Eigentlich sollte Unternehmensgründer Ortwin<br />

Goldbeck in die Schlosserei seines Großvaters<br />

einsteigen. Doch mit einem Kopf voller Ideen,<br />

einer Bürgschaft über 300.000 Mark in der Tasche<br />

und einer Menge Mut im Herzen gründete<br />

er sein eigenes Unternehmen. Seine Motiva tion:<br />

freie Entscheidungen zu treffen und Verantwortung<br />

zu übernehmen. Seine Wettbewerbsvorteile:<br />

„Keine Erfahrung und keine Fachleute“, wie<br />

er einst sagte. Was das für Vorteile sein sollen?<br />

Die besten Voraussetzungen, um Bauen von<br />

Grund auf neu zu denken. Im Mittelpunkt seines<br />

neu artigen Geschäftsmodells steht ein Unternehmen,<br />

das sich fürs Ganze verantwortlich<br />

fühlt, sich als ,Generalübernehmer‘ ums Konzipieren,<br />

Bauen und Betreuen kümmert.<br />

Dahinter steht die Idee, mit einem Baukasten<br />

voller flexibel einsetzbarer Systemelemente<br />

verschiedenste Gebäude wie Parkhäuser,<br />

Industriehallen, Bürogebäude oder Schulen<br />

bauen zu können. Diese Systemelemente werden<br />

wie beim privaten Fertighausbau industriell<br />

vorgefertigt und just in time auf dem Bau<br />

angeliefert und montiert. Damit ist die Qualität<br />

und Verarbeitung von Beton beispielsweise<br />

nicht länger von der Wetterlage abhängig,<br />

die gerade auf der Baustelle herrscht, während<br />

der Beton angeliefert wird und aushärtet.<br />

Stattdessen werden Betonelemente und<br />

die anderen Bauteile unter gleichbleibend<br />

optimalen Bedingungen industriell vorgefertigt<br />

und in der individuell gewünschten<br />

Ausstattung passgenau zur Baustelle angeliefert.<br />

Ein Prozess greift in den anderen, der<br />

gesamte Bau wird integral von GOLDBECK<br />

geplant, eigens gefertigt und montiert. Das<br />

spart Zeit und Nerven, sichert Qualität. Zum<br />

GOLDBECK-Prinzip gehört außerdem, dass<br />

die Fertigung der Elemente in eigenen Werken<br />

in Deutschland, Polen und Tschechien erfolgt.<br />

Dort entstehen beispielsweise Stützen, Fachwerkträger<br />

und Außenwandelemente mit bereits<br />

eingebauten Fenstern.<br />

Immer dem Prinzip folgend, Unsichtbares<br />

möglichst standardisiert aus dem ,Lego kasten‘<br />

bereitzuhalten und für Sichtbares individuelle<br />

Gestaltungsmöglichkeiten anzubieten. Dazu<br />

FOTO: MAYER FEINTECHNIK


Die neue Produktionshalle der Mayer Feintechnik GmbH<br />

verfolgt das bodenständige und zugleich weltoffene<br />

Unternehmen den Ansatz, seine Kunden<br />

vor Ort zu betreuen. GOLDBECK setzt an<br />

seinen mehr als 70 Standorten in Deutschland<br />

und Europa auf Mitarbeiter, die dort zu Hause<br />

sind. Setzt auf Werte wie Menschlichkeit, Vertrauen,<br />

Verantwortung und Leistungsbereitschaft.<br />

Beteiligt die Mitarbeiter seit 1984 am<br />

Erfolg. Und die Familie bekommt etwas zurück:<br />

zum Beispiel die Auszeichnung ,Entrepreneur<br />

of the Year‘ 2017. Um sich stetig weiterzuentwickeln<br />

und beispielsweise die Vorreiterrolle<br />

in digitaler Planung auszubauen, hat GOLD-<br />

BECK gerade ein Büro im Silicon Valley eröffnet.<br />

Dort macht das Team am wohl innovativsten<br />

Ort der Welt das, womit Ortwin Goldbeck einst<br />

begann: Geschäftsmodelle neu denken.<br />

Starkes Team – eine regionale Erfolgsgeschichte<br />

20 Jahre GOLDBECK in der Region – das ist die<br />

Geschichte eines starken Teams. Die Zahlen<br />

sprechen für sich: Mit drei Mitarbeitern 1999<br />

gestartet, erwirtschaftet die Niederlassung heute<br />

mit über 60 Beschäftigten einen Umsatz von<br />

mehr als 106 Millionen Euro im vergangenen<br />

Jahr. Niederlassungsleiter Steffen zur Linde:<br />

„Kaum ein Jahr ist ohne zweistelliges Wachstum<br />

vergangen.“ Von Bad Gandersheim im Norden<br />

bis Steinau an der Straße im Süden, von Westfalen<br />

bis Thüringen haben die GOLDBECKER<br />

bauliche Marksteine gesetzt und bisher über<br />

330 Projekte verwirklicht.<br />

Namhafte Projekte in der Region<br />

• Für die Firma THIMM wurde im Jahre 2009<br />

ein 1.700 Quadratmeter großer Neubau in einer<br />

Bauzeit von acht Monaten nach neuesten<br />

Klimaschutzbestimmungen und Energierichtlinien<br />

errichtet. Die Wärmeversorgung wird<br />

beispielsweise aus der Abwärme der Wellpappe<br />

anlage am Standort realisiert.<br />

• Im Jahre 2010 wurde die Sparkassen-Arena<br />

in Göttingen in weniger als zwölf Monaten<br />

Bauzeit fertig. Die 4.620 Quadratmeter große<br />

Halle war die erste im Passivhausstandard<br />

gebaute Halle.<br />

• Bereits mehrere Male hat GOLDBECK für<br />

die GWG Projekte gebaut, wie etwa den<br />

1.500 Quadratmeter großen und drei Stockwerke<br />

umfassenden Forschungsneubau des<br />

Fraunhofer Instituts auf den Zietenterrassen<br />

oder für das Goethe Institut einen modernen<br />

Büro komplex am alten Güterbahnhof.<br />

• Das jüngste Projekt, welches im August 2018<br />

nach nur achtmonatiger Bauzeit übergeben<br />

werden konnte, ist die 5.000 Quadratmeter<br />

große Produktionshalle für die Mayer Feintechnik<br />

GmbH.<br />

• Ebenso freuen sich die Autofahrer über das<br />

von GOLDBECK errichtete Parkhaus Weende.<br />

• Untere anderem setzen auch Unternehmen wie<br />

SABEU, SMP, Dr. Moser u. v. m. auf die bewährte<br />

GOLDBECK-Bauweise.<br />

KONTAKT<br />

GOLDBECK Nord GmbH<br />

Niederlassung Kassel<br />

Heinrich-Hertz-Straße 3a<br />

34123 Kassel<br />

Tel. 0561 589 02-21<br />

www.goldbeck.de


Vorankommen.<br />

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den aktuellen Marktgegebenheiten an.<br />

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PROFIL<br />

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FOTO: STADTWERKE GÖTTINGEN<br />

Neues Heizwerk der Stadtwerke Göttingen AG am Maschmühlenweg<br />

Neues BioWärmeZentrum in der Stadt<br />

Göttinger Stadtwerke versorgen Kunden in der Innenstadt.<br />

Einweihung und Sommerfest: Ende<br />

August haben die Stadtwerke Göttingen<br />

mehr als 50 Vertreter aus Politik<br />

und Wirtschaft sowie Oberbürgermeister<br />

Rolf-Georg Köhler zur Einweihung des neuen<br />

BioWärmeZentrums geladen.<br />

„Das moderne Industriegebäude, das wir an<br />

der Ecke Hildebrandstraße und Maschmühlenweg<br />

gebaut haben, wird pünktlich zur<br />

Heizsaison <strong>2019</strong> seinen Betrieb aufnehmen<br />

und dann Kunden aus der Göttinger Innenstadt<br />

mit Energie beliefern“, so Stadtwerke-<br />

Sprecherin Claudia Weitemeyer.<br />

DIE ZUR WÄRMEGEWINNUNG genutzten<br />

Holzhackschnitzel stammen aus Altholz<br />

der Kategorie A1: Sie sind aus naturbelassenem<br />

oder lediglich mechanisch<br />

bearbeitetem Holz. Geplant ist, dass pro<br />

Jahr ungefähr 8.000 Tonnen Biomasse verarbeitet<br />

werden. „Das Holz wird aus einem<br />

Umkreis von maximal 50 Kilometern angeliefert“,<br />

so Weitemeyer. Durch die Verbrennung<br />

der regionalen Biomasse werden<br />

jährlich etwa 6.000 Tonnen CO 2 eingespart.<br />

Wissen schaftlich begleitet wird der Betrieb<br />

des Heizwerks von Prof. Dr. Ing. Achim<br />

Loewen und seinem Team von der HAWK<br />

Göttingen, Fakultät für Ressourcenmanagement.<br />

Hervorzuheben sei, dass es sich bei<br />

dem verwendeten Holz um Restholz handele,<br />

dessen Verwertung am Ende einer sogenannten<br />

Kaskadennutzung stehe, einer<br />

besonders nachhaltigen und effizienten,<br />

mehrfachen stofflichen Nutzung.<br />

ALS IM HERBST 2016 nach einem ökologischen<br />

und gleichzeitig wirtschaftlichen Konzept<br />

für den Ersatz von zwei Gasmotoren im<br />

Heizkraftwerk Godehardstraße gesucht wurde,<br />

kristallisierte sich nach und nach die Idee<br />

des Bio WärmeZentrums heraus. Aufsichtsrat<br />

und politische Gremien waren von der Idee<br />

überzeugt, sodass die Planung beginnen<br />

konnte. Kostenpunkt 5,7 Millionen Euro.<br />

Die produzierte Energie wird den Kunden<br />

im Innenstadtbereich angeliefert. „Mit dem<br />

Anschluss der im Bau befindlichen Nordleitung<br />

Richtung Weende sollen dann auch<br />

die dort ansässigen Privat- und Gewerbekunden<br />

von der nachhaltigen Wärme profitieren“,<br />

so Weitemeyer.<br />

DIE GÖTTINGER STADTWERKE sind für<br />

das Gas- und Wassernetz verantwortlich, aber<br />

auch einer der städtischen Fernwärmenetzbetreiber.<br />

Neben dem innerstädtischen<br />

Wärmenetz versorgt das kommunale Unternehmen<br />

die Zietenterrassen und das Kiesseekarree<br />

mit eigenen Blockheizkraftwerken.<br />

Ab Frühjahr 2021 soll die Anlage durch die<br />

Ergänzung einer Holzgasanlage in Kombination<br />

mit einem Gasmotor weiter ausgebaut<br />

werden, um gleichzeitig Strom und Wärme<br />

mit maximalem Wirkungsgrad zu erzeugen.<br />

TEXT CAROLIN SCHÄUFELE<br />

KONTAKT<br />

Stadtwerke Göttingen AG<br />

Hildebrandstraße 1<br />

37081 Göttingen<br />

Tel. 0551 3010<br />

www.stadtwerke-goettingen.de


unternehmen<br />

42 3 |<strong>2019</strong>


unternehmen<br />

Die Ess-Löffel<br />

Plastikmüll türmt sich zu Bergen, verschmutzt unsere<br />

Umwelt und findet sich sogar schon als Mikropartikel in<br />

lebenden Organismen wieder. Auf Partys und unterwegs wird<br />

noch viel zu oft Wegwerfbesteck verwendet.<br />

Die Göttinger Gründer von Kulero haben die Lösung:<br />

funktionstüchtige, essbare Löffel!<br />

TEXT CLAUDIA KLAFT FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />

Sie sind Fans. Fans des Produkts, das sie vermarkten.<br />

Und sie werden neue Fans finden<br />

– Kunden. Denn das Produkt fällt in den<br />

Zeitgeist: „Weg mit dem Plastik! Wegwerfartikel,<br />

pfui!“ Und es könnte einen großen<br />

Teil der über zwei Milliarden Teile Einwegbestecke<br />

ersetzen, die alleine in Deutschland jährlich anfallen.<br />

Sie, das sind sechs junge Menschen.<br />

Das Produkt ist ein essbarer Löffel. Er besteht aus verschiedenen<br />

Mehlsorten und Wasser, kommt ohne Konservierungs-<br />

und künstliche Aromastoffe aus. Er hält<br />

Flüssigkeiten stand und ist sogar zu verzehren, in acht<br />

leckeren Sorten: Masala Magic, Anis, Spinat, Pfeffer, gesalzen,<br />

rote Bete, Minze und Schokolade. Aus 100 Prozent<br />

natürlichen Zutaten, umweltfreundlich und vegan.<br />

3 |<strong>2019</strong> 43


unternehmen<br />

44 3 |<strong>2019</strong><br />

KULERO HEISST DIE EINPERSONENGESELLSCHAFT<br />

von Juliane Schöning, die den Stein ins Rollen beziehungsweise<br />

die Innovation aus Indien nach Deutschland<br />

gebracht hat. „Der Anfang war eine glückliche Verkettung<br />

von zufälligen Begegnungen“, erzählt die Geschäftsführerin.<br />

Dass sie nach dem Abitur mit einer Freiwilligenorganisation<br />

nach Indien reiste und ihre Studienwahl<br />

deshalb auf Indologie fiel. Dass sie während ihres Studiums<br />

eine Projektstudie am Goethe-Institut im indischen<br />

Vadodara machte und dort in einem Restaurant<br />

auf diesen Löffel aufmerksam wurde. Dass sie danach<br />

recherchiert hat und so mit dem Produktentwickler ins<br />

Gespräch kam. Den sie, wie sich herausstellte, schon über<br />

» Vor Kulero liegt – auch aufgrund der<br />

umweltpolitischen Entwicklungen –<br />

eine sehr spannende Zeit mit großen<br />

Erfolgsaussichten. «<br />

Ursula Haufe<br />

die Freiwilligenorganisation kannte. Es war Hemant<br />

Chawla. Das ist so ein Moment, in dem die Welt nicht<br />

nur sprichwörtlich klein ist.<br />

Schnell war der Gesprächsfaden geknüpft, die Überlegungen<br />

wurden immer reifer. Schließlich fand die Tochter<br />

einer selbstständigen Handwerkerfamilie Geschmack daran,<br />

eine eigene Firma zu gründen und die essbaren Löffel<br />

mit den Entwicklern gemeinsam nach Deutschland zu<br />

bringen. Was dann folgte, war reges Netzwerken. Zunächst<br />

mit der ‚Gründungsförderung der Stabsstelle Kooperation<br />

und Innovation der Universität Göttingen‘. Was<br />

so sperrig klingt, ist eine agile Anlaufstelle für Studierende,<br />

die sich mit dem Gedanken tragen, eine Firma zu gründen.<br />

„Wir sind sehr gut beraten worden. Vor allem haben sie<br />

uns auf viele Angebote aufmerksam gemacht, die uns weitergebracht<br />

haben“, sagt die 25-Jährige. So auch auf die<br />

Kurse bei der Gründungsberatung MOBIL in Göttingen.<br />

Beim Südniedersachsen InnovationsCampus SNIC fanden<br />

sie einen Ansprechpartner für Crowdfunding.<br />

„Das einzig wirklich stressige war die deutsche Bürokratie“,<br />

erzählt Schöning. Gewerbeanmeldung, Handelsregistereintrag,<br />

Steuernummer des Finanzamts, dann die<br />

Klärung, dass die Löffel kein Besteck sind, sondern ein<br />

Lebensmittel, zertifiziert durch die indische Lebensmittelsicherheitsbehörde<br />

FSSAI und das deutsche Veterinäramt<br />

… „Sechs Wochen Behördenkram, immer wieder<br />

Telefonate, und das neben meinem Studium.“ Im Juli<br />

<strong>2019</strong> konnte es endlich offiziell losgehen: Das Unternehmen<br />

Kulero bahnt sich seinen Weg auf den deutschen<br />

Markt.<br />

MIT EINEM NETZWERK, das sich durch Freiwilligendienst<br />

und ein Start-up-Treffen in Northeim gefunden<br />

hat: Während Juliane Schöning die Fäden in der Hand<br />

hält, ist Hemant Chawla für Vertrieb und Logistik verantwortlich<br />

und Bindeglied nach Indien, wo er sich gemeinsam<br />

mit Kruvil Patel um die Fabrik und die Produktion<br />

kümmert. Annabell Schunk betreut den Social­<br />

Media-Auftritt, Noah Hartig ist für Crowdfunding und<br />

Marketing zuständig, Theo Hollweg für Webseite und IT,<br />

und Chocco Nox aus Berlin ist ,Head of Happiness‘.<br />

„Ohne mein Team hätte ich das nicht machen können“,<br />

berichtet Schöning von der aufreibenden Gründungsphase.<br />

„Noch arbeiten alle ehrenamtlich, aber ich will sie<br />

bald in ein Angestelltenverhältnis übernehmen und noch<br />

weitere Leute einstellen.“ Damit das klappt, ist sie mit<br />

ihrem Team eifrig auf Akquisetour. Die ersten Erfolge<br />

sind verbucht, der Markt ist noch groß.<br />

Um frei in ihren Entscheidungen zu sein, verzichtet<br />

Schöning bewusst auf Bankkredite und Investoren. Stattdessen<br />

nimmt sie an Wettbewerben teil, unter anderem<br />

beim Innovationspreis des Landkreises Göttingen, bei<br />

Startgreen, beim Public Value Award. Ob sie dafür Preise<br />

einheimsen wird, weiß sie nicht, „aber wir erreichen dadurch<br />

Publicity, die sich auszahlen kann“. Sie nennt es<br />

„Kapital ohne Verpflichtungen“.<br />

Die Auszeichnung als ‚Gute Gründe(r)‘ im August<br />

kam dagegen überraschend (siehe Seite 46). „Darauf<br />

sind wir echt stolz und dankbar“, sagt Schöning freudestrahlend.<br />

Besonders innovative und tragfähige Geschäftsideen<br />

werden damit ausgezeichnet, die nachhaltigen<br />

Erfolg versprechen. „Die jungen Gründer beweisen<br />

mit ihrem Start-up: Ein zukunftsfähiges Produkt<br />

kann durch diese innovative Kombination von Wissen<br />

auf den Markt gebracht werden“, so Ursula Haufe,<br />

GWG-Geschäftsführerin und Jurymitglied. „Göttingen<br />

bietet den Gründern ein funktionierendes Gründerökosystem<br />

und damit ein gutes Umfeld zur weiteren<br />

Entwicklung. Vor Kulero liegt – auch aufgrund der umweltpolitischen<br />

Entwicklungen – eine sehr spannende<br />

Zeit mit großen Erfolgsaussichten.“


Next-Generation Firewalls<br />

Netzwerke sicher und wirksam schützen<br />

So geht moderne IT-Sicherheit: Schädlings-Bekämpfung • Inhalts-Filter • Sicherheits-Berichte<br />

• Cyber-Angriffe verhindern • Zero-Day-Exploits abwehren • Cloud-Dienste sicher nutzen<br />

Next-Generation Firewalls schützen Unternehmensnetze auch dann, wenn die Kommunikation mit<br />

dem Internet verschlüsselt abläuft. Komplexe Bedrohungen werden erkannt und unerwünschte Mails<br />

und Webseiten ausgefiltert. Informationen zu neuen Gefährdungen können umgehend berücksichtigt<br />

werden und die Administration ist vollständig browser-basiert.<br />

Was ist zu tun?<br />

Der Einsatz einer Firewall muss individuell<br />

geplant und an das Risikoprofil<br />

des jeweiligen Unternehmens<br />

angepasst werden: Wo liegen Daten,<br />

von wo muss auf diese Daten zugegriffen<br />

werden? Wie wird der Datenschutz<br />

(DS-GVO) berücksichtigt?<br />

Rufen Sie uns an und greifen Sie auf<br />

die Erfahrung der SerNet aus über<br />

23 Jahren erfolgreicher Arbeit für<br />

IT-Sicherheit zurück.<br />

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für Unternehmens-Netzwerke jeder Größe<br />

verfügbar. Auch für kleinere Netzwerke<br />

steht damit neueste Sicherheits-Technologie<br />

zur Verfügung.<br />

Die wichtigsten Schutz-Ziele sind:<br />

• Abwehr von Viren, Würmern & Trojanern<br />

• Inhaltsfilter für unerwünschte Webseiten<br />

• Schutz vor Missbrauch und Cyber-Angriffen<br />

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Nadine Dreymann<br />

Tel.: 0551 370000-0<br />

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unternehmen<br />

Geschmack getroffen: Im August verliehen <strong>faktor</strong>-Herausgeber Marco Böhme, Landrat Bernhard Reuter, Oberbürgermeister<br />

Rolf-Georg Köhler, GWG-Geschäftsführerin Ursula Haufe und WRG-Geschäftsführer Detlev Barth (v. l.) die Gute-Gründe(r)-Urkunde an<br />

Juliane Schöning und Hemant Chawla (4. u. 3. v.r .) von Kulero.<br />

INNOVATIV IST KULERO IN VIELERLEI HINSICHT: vom<br />

geschmackvollen Produkt über die Finanzierung mittels<br />

Crowdfunding und Wettbewerbe bis zur Werbung via<br />

Social Media wie Instagram und Influencern. Schönings<br />

klares Ziel: erfolgreich durchstarten, das Sortiment um<br />

Gabeln, Kaffeerührer und Essstäbchen erweitern und in<br />

naher Zukunft in Deutschland produzieren. Sie, die in<br />

Höxter aufgewachsen ist, ihren Bachelor in Hamburg<br />

absolviert hat, seit dem Masterstudiengang in Göttingen<br />

lebt und hier mit Modern Indian Studies weitermacht,<br />

sagt: „Ich finde, Südniedersachsen wäre ein idealer, weil<br />

zentraler Standort.“<br />

Ihr Ansatz ist, sozial zu wirtschaften, Mitarbeitende<br />

zu beteiligen und faire Löhne zu zahlen. Der wertschätzende<br />

Umgang mit den Menschen und der Natur, also<br />

die ‚Chain-of-trust‘, ist fester Bestandteil ihrer Unternehmensphilosophie.<br />

50 Prozent der Gewinne werden reinvestiert,<br />

NGOs, die den CO 2 -Wert ausgleichen, werden<br />

unterstützt. Nachhaltigkeit ist das Credo der Jungunternehmerin.<br />

Übrigens: Kulero ist das Esperanto-Wort für Löffel.<br />

Vom Team bewusst gewählt, weil es eine internationale<br />

Bedeutung hat. Doch, was sie nicht wussten, ist, dass<br />

Herzberg im Harz die offizielle Esperanto-Stadt in<br />

Deutschland ist. Jetzt hat man sie dort eingeladen, und<br />

Juliane Schöning freut sich: „Momentan bin ich von der<br />

Resonanz überwältigt. Es tun sich gerade so viele Wege<br />

auf!“ Wege, auf denen Kulero sicher noch viele weitere<br />

Fans findet. ƒ<br />

Gute Gründe(r)<br />

Die Auszeichnung Gute Gründe(r) wird zweimal im Jahr<br />

von <strong>faktor</strong>, der WRG Wirtschaftsregion Göttingen und der<br />

GWG Gesellschaft für Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung<br />

Göttingen an jung gegründete Unternehmen vergeben,<br />

die vielversprechende und tragfähige Geschäftsideen<br />

haben und in besonderer Weise geeignet sind, in der<br />

Region ein positives Gründungsklima zu fördern. Die<br />

zweite Urkunde im Jahr <strong>2019</strong> ging an die Gründer von<br />

Kulero für ihre nachhaltigen, essbaren Löffel.<br />

www.kulero.de<br />

46 3 |<strong>2019</strong>


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Wirtschaftspsychologie (B.Sc./M.Sc.)<br />

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unternehmen<br />

Auf Flughöhe bleiben<br />

Exzellente Auszeichnungen für Thomas Lucas-Nülle und sein Xtentio-Team:<br />

Die Digitalisierungsexperten aus Göttingen sind gleich bei der ersten Teilnahme<br />

am Arbeitgeberwettbewerb ,Great Place to Work‘ unter die fünf Prozent<br />

der besten Unternehmen bundesweit gekommen.<br />

TEXT CAROLIN SCHÄUFELE FOTOGRAFIE MIRKO PLHA<br />

Thomas Lucas-Nülle ist Innovator, Kopf von<br />

Xtentio, digitaler Vordenker und Zukunftsimplementierer.<br />

Schon früh setzte er auf<br />

digitale Trends und Entwicklungen, hat<br />

viele Strömungen vorausgeahnt, die heute<br />

zum Standardrepertoire agil geführter Unternehmen<br />

gehören, und war Vorreiter in Sachen Produktinformationsmanagement<br />

(PIM), als noch niemand<br />

sonst wirklich davon sprach. Inzwischen gehören seine<br />

Abhandlungen darüber in diversen Studiengängen an<br />

Universitäten und Hochschulen zu den Standardwerken.<br />

Begonnen hat der gebürtige Kölner mit einem BWL-<br />

Studium in Stuttgart und verschiedenen Managementpositionen<br />

auf Kundenseite. Heute arbeitet Lucas- Nülle<br />

von Göttingen aus für große Unternehmen im gesamten<br />

deutschsprachigen Raum, deren Dependancen in der<br />

ganzen Welt zu finden sind. Den Kopf voller Ideen<br />

scheint Stillstehen für ihn keine Option zu sein.<br />

Lucas-Nülle selbst sagt von sich, sein Blick sei immer<br />

nach vorn gerichtet. Im Fokus Fragen der folgenden Art:<br />

Wie kann man Unternehmen in ihrer Produktkommunikation<br />

digital effizienter steuern? Wie lassen sich Smart<br />

Culture und New Work implementieren, um Unternehmen<br />

intern effizienter zu machen? Was kann man verändern,<br />

wie schnell darf es sein, um möglichst viele Mitarbeiter<br />

mitzunehmen?<br />

Angetrieben wird er von der Idee, Unternehmensstrukturen<br />

zu verbessern. Gelebt wird das auch in seinem eigenen<br />

Unternehmen Xtentio, das gleich bei der ersten<br />

Teilnahme bei ,Great Place to Work <strong>2019</strong>‘ drei Auszeichnungen<br />

bekommen hat und so zu den erfolgreichsten<br />

Arbeitgebern bundesweit gehört.<br />

ABER WAS GENAU MACHT XTENTIO? Mit dem Aufkommen<br />

des Desktop-Publishings und des E-Commerce<br />

erfuhr die Digitalisierung auch eine entscheidende<br />

Entwicklung in Richtung Produktkommunikation;<br />

produkt relevante Informationen müssen gezielt aufbereitet<br />

und verbreitet werden.<br />

Große Gruppen von Entscheidungsträgern bei der<br />

Auswahl neuer Software zu steuern und zu moderieren,<br />

ist eine Kernkompetenz der Firma. Im Klartext, Xtentio<br />

ist der Moderator zwischen einem Unternehmen und<br />

IT-Serviceleistern wie Softwareanbietern oder Integratoren,<br />

ein Vermittler also zwischen Welten, in denen die<br />

Beteiligten oft einfach nicht dieselbe Sprache sprechen.<br />

Die Consultants bei Xtentio betreuen ihre Kunden<br />

persönlich vor Ort. „Wir bringen IT-Zukunftstrends in<br />

Unternehmen, verändern Unternehmenskulturen und<br />

sorgen für Zukunftsfähigkeit durch Digitalisierung.“<br />

Und dabei ist Xtentio in diesem Bereich bundesweit führend.<br />

Zu den Kunden gehören Firmen wie Liebherr,<br />

48 3 |<strong>2019</strong>


unternehmen<br />

3 |<strong>2019</strong> 49


unternehmen<br />

»Für klassisch geführte Unternehmen ist die<br />

Digitalisierung eine enorme Herausforderung, nicht nur<br />

technologisch, sondern vor allem organisatorisch.«<br />

Wilo, Warema oder Viega. „Dabei geht es ganz oft auch<br />

um klassische Unternehmenskulturen, die dringend<br />

aufgebrochen werden müssen“, sagt Lucas- Nülle. Das<br />

heißt, wir reden hier nicht nur von New Work, sondern<br />

bringen auch neue, agile Projektmethoden in die Betriebe,<br />

die nicht bloß als Schlagworte aus der IT daherkommen.<br />

Unsere auf die Wirklichkeit angepassten Methoden<br />

funktionieren real.“<br />

Dabei behält Thomas Lucas-Nülle auch die eigene Unternehmenskultur<br />

ständig im Blick. „Es ist sicherlich<br />

keine Selbstverständlichkeit, dass Xtentio gleich bei der<br />

ersten Teilnahme an dem renommierten Arbeitgeberwettbewerb<br />

unter die fünf Prozent der besten Unternehmen<br />

bundesweit gewählt wurde“, sagt er. Xtentio sei<br />

mehr Familie als klassischer Arbeitgeber. „Bei uns steht<br />

definitiv die Menschlichkeit im Fokus, wir sind eine echte<br />

New-Work-Company.“<br />

Flache Hierarchien, ein Wir-Gefühl und agiles Arbeiten<br />

seien auch intern nicht nur Buzzwords, sondern würden<br />

real gelebt. Auch technologisch sei dies in Standardprozessen<br />

wie Reisemanagement oder im Office implementiert.<br />

„Wir feiern auch nicht wie andere.“ Die klassische<br />

Betriebsfeier gibt es nicht, dafür aber Firmenevents<br />

mit gemeinsamen echten und einmaligen Erlebnissen<br />

– wie zum Beispiel die viertägige Reise nach<br />

Lissa bon zum zehnjährigen Bestehen des Unternehmens,<br />

gemeinsam mit den Familien der Angestellten. „Deshalb<br />

heißen diese auch XTrophys.“, sagt er mit einem<br />

Schmunzeln im Gesicht.<br />

IMPLEMENTIERT IN DIE FIRMENPHILOSOPHIE sind<br />

auch großzügige Regelungen zu Elternzeit und Homeoffice<br />

sowie diverse Möglichkeiten zur Weiterentwicklung.<br />

„Ich will meine Mitarbeiter an das Unternehmen<br />

binden, und das geht nicht nur über finanzielle Mittel,<br />

sondern eben auch über eine ausgewogene Work-Life-<br />

B alance.“<br />

Und das scheint zu gelingen: Die Auszeichnungen<br />

2. Platz bei ,Bester Arbeitgeber Niedersachsen/Bremen‘,<br />

8. Platz bei ,Bester Arbeitgeber kleiner Mittelstand‘ und<br />

14. Platz ,Bester Arbeitgeber ITK‘, so die Platzierung bei<br />

,Great Place to Work <strong>2019</strong>‘, sprechen für sich. Abgefragt<br />

wurden dazu bei den Mitarbeitern die Bereiche Glaubwürdigkeit,<br />

Respekt, Fairness, Stolz und Teamgeist:<br />

Xtentio hat in allem mit jeweils mehr als 90 Prozent<br />

deutlich über der Benchmark der Besten abgeschnitten.<br />

POTENZIALE SICHTBAR MACHEN, den Weg aufzeigen,<br />

und Unternehmen auf diesem Weg begleiten, das ist das<br />

eine. Sich abzeichnende Trends zu erkennen, das andere.<br />

Für Lucas-Nülle sind die kommenden Themen, mit denen<br />

er sich aktuell beschäftigt, das Internet of Things,<br />

kurz IoT, sowie Potenziale und Risiken, die künstliche<br />

Intelligenz-Systeme im Zusammenhang mit der Nutzung<br />

von Quantenrechnern mit sich bringen. „Was sich in diesem<br />

Bereich alles tut, ist nicht nur unheimlich spannend,<br />

sondern manchmal auch unheimlich, wenn man es in<br />

aller Konsequenz durchdenkt“, sagt er.<br />

Um mit der rasend schnellen Entwicklung der Digitalisierung<br />

Schritt halten zu können, dürfe man selbst auf<br />

keinen Fall stehen bleiben, sagt Lucas-Nülle. „Im Grunde<br />

muss man selber extrem effizient und ständig auf Forschungsreise<br />

sein, fasziniert und auf Flughöhe bleiben.<br />

Das ist unser Job!“<br />

Wenn es Unternehmen gelingt, mithilfe von Xtentio<br />

essenzielle Prozesse anzustoßen und diese verwirklicht<br />

werden, dann sei das Potenzial riesig. Der Weg dahin sei<br />

zugegeben mitunter steinig. „Für klassisch geführte Firmen<br />

ist die Digitalisierung eine enorme Herausforderung,<br />

nicht nur technologisch, sondern vor allem organisatorisch.<br />

Da fehlt es oft nicht nur an Ressourcen und Strukturen,<br />

sondern vor allem an Know-how und Best Practises,<br />

gerade bei sehr großen Unternehmen. Da kommen wir<br />

ins Spiel. Das ist dann ein Fall für Xtentio!“ ƒ<br />

50 3 |<strong>2019</strong>


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erwarten Sie individueller Service und kompetente<br />

Beratung.<br />

PROBIEREN – Probieren ist das Wichtigste<br />

bei vomFass! Wir gehen keine Kompromisse<br />

ein und verkaufen nur, was handwerklich,<br />

nachhaltig und aus besten Zutaten hergestellt<br />

wurde. Nicht ohne Grund wird die außerordentliche<br />

Qualität unserer Produkte regelmäßig<br />

durch hohe Auszeichnungen bestätigt.<br />

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am Genuss. Kompetente Tipps helfen Ihnen<br />

abschließend dabei, Gerichte mit vomFass-<br />

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zu verwandeln oder sich und andere<br />

mit individualisierten Geschenkideen<br />

Freude zu bereiten.<br />

VERKOSTUNGEN – Wir starten in diesem<br />

Jahr mit den unterschiedlichsten Verkostungen.<br />

Themen und Termine finden Sie auf<br />

unserer Website und natürlich im Geschäft.<br />

KONTAKT<br />

vomFass Göttingen<br />

Thomas Rausch<br />

Lange-Geismar-Straße 31<br />

37073 Göttingen<br />

Tel. 0551 89024792<br />

www.vomfass.de<br />

vomfass-goettingen@gmx.de


PROFIL<br />

Feedback: Türöffner für eine neue<br />

Unternehmenskultur<br />

nevo – wir steuern Kommunikation.<br />

Daniel Liebermann<br />

Dr. Florian Besch<br />

Das ist das Haus vom Nikolaus: Den<br />

Kinderspruch und das dazugehörige<br />

Zeichenspiel kennen sicher viele.<br />

Nehmen Sie diese Übung, ein langes Seil,<br />

eine Gruppe von Kollegen und 13,5 Minuten<br />

Zeit und machen Sie aus einer Gruppe ein<br />

Team. Zwölf Minuten bekommen die Teilnehmer<br />

zum Planen, 90 Sekunden zum Ausführen.<br />

Während der Ausführung, bei der die Teilnehmer<br />

sich nicht austauschen dürfen, entsteht<br />

Dynamik, ein Gruppenprozess, ähnlich denen<br />

im Arbeitsalltag: Wer übernimmt die Führung?<br />

Gibt es eine gemeinsame Kommunikationskultur?<br />

Wie wird mit Ideen umgegangen? Wie<br />

werden Entscheidungen getroffen? – Mit der<br />

Beobachtung dieser Interaktionen können bestehende<br />

Strukturen analysiert, Probleme erkannt<br />

und eine neue Art der Zusammenarbeit<br />

etabliert werden. Das ist der Job von nevo.<br />

DANIEL LIEBERMANN und Dr. Florian Besch<br />

gründeten 2012 gemeinsam mit ihrem Kollegen<br />

Marc Lehmann nevo. Sie lernten sich über ihre<br />

Leidenschaft für Outdoor-Aktivitäten kennen<br />

und erkannten schnell das Potenzial, das bei einem<br />

Zusammenschluss entstehen könnte. Mittlerweile<br />

sind sie in ihrem Bereich hochspezialisiert.<br />

„Wir bieten maßgeschneiderte Seminare<br />

und Workshops in der Personal- und Organisationsentwicklung<br />

mit den Schwerpunkten Führungskräftetraining,<br />

Kommuni kation, Konflikt<br />

und soziale Interaktion an sowie Mindfulness-<br />

Trainings“, erklärt Coach Liebermann. „Wir<br />

begleiten und coachen Gruppen, Abteilungen,<br />

Teams und Einzelpersonen mit Leidenschaft<br />

und Begeisterung, sehr flexibel und kundenorientiert<br />

und immer ziel-, lösungs- und handlungsorientiert.“<br />

Der Kern einer funktionierenden<br />

Unternehmens kultur: ehrliches Feedback!<br />

Das Arbeitsleben sei nicht einfacher geworden,<br />

fassen die beiden nevo-Gründer zusammen.<br />

Aufgrund von Arbeitsverdichtung und Digitalisierung<br />

gestalte sich das berufliche Umfeld<br />

immer komplexer, was zu einer hohen Verunsicherung<br />

führen könne. „Viele haben das Gefühl,<br />

nicht zu wissen, was sie morgen erwartet“, sagt<br />

Besch. Gerade in dieser Situation sei es ihrer Ansicht<br />

nach immens wichtig, als Team zu funktionieren<br />

und zusammenzuarbeiten. „Trotz neuer<br />

und guter Organisationsformen sind hier vor<br />

allem die zwischenmenschlichen Skills wichtig.<br />

Man muss dem Gegenüber aufrichtig, aber auch<br />

wertschätzend sagen können, was einem gefällt<br />

beziehungsweise nicht gefällt. Das gibt Sicher-<br />

FOTOS: LUKA GORJUP


ANZEIGE<br />

Gewusst wie. Dr. Florian Besch (l.) und Daniel Liebermann fischen gemeinsam nach der richtigen Feedbackkultur.<br />

heit und macht Arbeitsprozesse viel effizienter“,<br />

so Liebermann.<br />

Bis heute bekommen die beiden Coaches von<br />

Unternehmen rückgemeldet, dass es zwar Versuche<br />

gegeben hätte, eine Feedbackkultur im<br />

Betrieb einzuführen, es jedoch stets bei der Umsetzung<br />

hapere. „Es liegt häufig daran, dass Mitarbeiter<br />

in Drucksituationen in alte Rollen verfallen<br />

oder das Gegenüber das Feedback nicht<br />

annehmen kann“, sagt Besch. „Da kommen<br />

dann wir ins Spiel.“ Denn nevo analysiert nicht<br />

nur mögliche Probleme – nevo bietet auch nachhaltige<br />

Lösungen an.<br />

Vom Tool zur inneren Haltung<br />

Denn es ist nicht damit getan, einfach nur die<br />

Tools für eine gute Feedbackkultur zu lernen. Sie<br />

muss verinnerlicht und zu einer inneren Haltung<br />

werden – und das braucht mitunter Zeit.<br />

„Vor diesem Hintergrund planen wir im Oktober<br />

auch erstmals ein großes Event zu diesem Thema,<br />

um HRlern und Führungskräften Methoden<br />

und Programme vorzustellen, die helfen, die<br />

Feed backkultur in ihren Unternehmen zu etablieren“,<br />

erklärt Liebermann.<br />

So findet am 28. Oktober <strong>2019</strong> im Hotel<br />

FREIgeist Northeim die ,Feed back-Open – die<br />

HR-Werkstatt in Südniedersachsen‘ statt. Laut<br />

Besch eine „kleine, feine“ Veranstaltung: „Die<br />

Teilnehmer, die sich nicht kennen, werden gemeinsam<br />

mit uns an möglichen Methoden und<br />

Maßnahmen arbeiten und dabei überlegen, was<br />

in ihren eigenen Unternehmen eventuell sinnvoll<br />

sein könnte.“<br />

Die Coaches sprechen hier von Feed back,<br />

Feedforward und FeedCulture. Im klassischen<br />

Feedback, wie zum Beispiel dem Mitarbeitergespräch,<br />

wird häufig viel zurückgeschaut, was<br />

gut und was nicht gut ist. Im Feedforward werden<br />

zukunftsorientiert – und auch an den Stärken<br />

und Ressourcen orientiert – Wünsche und Rückmeldungen<br />

formuliert. Der Begriff Feed Culture<br />

ist eine Innovation von Liebermann und Besch:<br />

„Unsere Idee einer FeedCulture ist, dass in einem<br />

Unternehmen Feedback als wertschätzendes,<br />

ziel- und ressourcenorientiertes Tool in jeder<br />

zwischenmenschlichen Kommuni kation im Unternehmensalltag<br />

etabliert und verinnerlicht ist“,<br />

so Besch. Dies führe zu einer wertschätzenden<br />

und wertschöpfenden Unterneh menskultur, die<br />

der Unsicherheit und Komplexität entgegenwirkt<br />

und einen erfolgreichen Weg für die moderne<br />

Arbeitswelt aufzeigt. Das erklärte Ziel von nevo:<br />

FeedCulture mit Begeisterung belegen. „Es ist<br />

die Bombe, die von innen wirkt.“<br />

TEXT CAROLIN SCHÄUFELE<br />

Die Feedback-Open ,Die HR-Werkstatt in<br />

Südniedersachsen‘ findet am 28.10.<strong>2019</strong><br />

von 16 bis 19.30 Uhr mit anschließendem<br />

Snack im Hotel FREIGeist Northeim statt.<br />

Nähere Informationen unter:<br />

www.feedculture.de.<br />

Informationen zu nevo finden Sie auch<br />

unter: www.nevoteam.de<br />

KONTAKT<br />

nevo – Training, Coaching, Entwicklung<br />

Am Hasengraben 3<br />

37073 Göttingen<br />

Tel. 0551 492 482 82<br />

info@nevoteam.de<br />

www.nevoteam.de


unternehmen<br />

Heimwerken im<br />

digitalen Zeitalter<br />

54 3 |<strong>2019</strong>


unternehmen<br />

Mit Kurts Toolbox steht mitten in Einbeck<br />

die weltweit erste Toolsharing-Plattform, die<br />

es ermöglicht, Werkzeuge per App zu mieten.<br />

Kurt König und Fabian Schuster (v.l.) präsentieren<br />

damit ein Konzept mit Zukunft.<br />

TEXT JONAS KNOSTMANN FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />

3 |<strong>2019</strong> 55


unternehmen<br />

»Der Sharing-Gedanke wird in Deutschland immer größer –<br />

warum sollte man also nicht auch sein Werkzeug teilen? «<br />

56 3 |<strong>2019</strong><br />

Wahrscheinlich hat fast jeder<br />

schon einmal eine ähnliche<br />

Situa tion erlebt: Man sitzt<br />

abends zu Hause, das Wochenende<br />

steht vor der Tür, und man<br />

denkt, dass die Hecke endlich<br />

mal wieder geschnitten werden<br />

müsste – nur fehlt das passende Werkzeug dafür. Was<br />

also tun? Freunde, Bekannte oder Nachbarn fragen?<br />

Oder sich das fehlende Teil lieber doch direkt kaufen?<br />

Für genau solche Fälle hat der Baumaschinenhändler<br />

Kurt König aus Einbeck ,Kurts Toolbox‘ entwickelt. Der<br />

zweistöckige Container, der auf dem Parkplatz eines<br />

Baumarktes in der Bier- und Fachwerkstadt steht, ist die<br />

weltweit erste Toolsharing-Plattform und ermöglicht es<br />

Heimwerkern, ohne größeren Aufwand professionelles<br />

Werkzeug auszuleihen. „Von Bohrmaschine und Winkelschleifer<br />

über Kettensäge und Vertikutierer können Kunden<br />

hier über eine zugehörige App das benötigte Gerät<br />

reservieren und rund um die Uhr aus einer der Boxen<br />

abholen“, erklärt der Geschäftsführer das Prinzip. Nach<br />

dem Zurückbringen wird dann minutengenau abgerechnet.<br />

Bezahlt wird via Kreditkarte oder Lastschrift. Das<br />

alles geschieht über eine intuitiv bedienbare App, die sich<br />

Nutzer kostenlos über den App Store herunterladen können.<br />

Nach einem kurzen Anmeldeprozedere steht dem<br />

Ausleihen nichts mehr im Wege.<br />

FÜR KURT KÖNIG, der das Familienunternehmen in dritter<br />

Generation führt, und Fabian Schuster, der das Projekt<br />

rund um die Plattform leitet, ist die Toolbox ein logischer<br />

Schritt: Im Kerngeschäft vermietet König größere<br />

Baumaschinen wie Bagger und Muldenkipper an andere<br />

Firmen. Mit der Toolbox richtet sich das Unternehmen<br />

nun auch an Privatkunden. „Unser B2C-Bereich war natürlich<br />

nicht so stark wie das B2B-Geschäft, das wollten<br />

wir ändern“, erzählt Schuster. „Die Frage war, wie wir<br />

mit unserer Leidenschaft fürs Vermietungsgeschäft auch<br />

Privatkunden erreichen können.“ Etwa ein Jahr hat es<br />

von der Idee zur Entwicklung gebraucht, seit Juni 2018<br />

steht der Prototyp nun in Einbeck. Das zugehörige Marketingkonzept<br />

wurde durch ein eigens gegründetes Lab<br />

gemeinsam mit Hamburger Studierenden entwickelt.<br />

Die beiden Entwickler sehen das Projekt als Teil der<br />

Sharing Economy, das dem aktuellen Zeitgeist entspricht.<br />

„Der Sharing-Gedanke wird in Deutschland immer größer<br />

– warum sollte man also nicht auch sein Werkzeug<br />

teilen?“, sagt König. „Viele Menschen können oder wollen<br />

gerade für kleinere Projekte keine Handwerker kommen<br />

lassen – wir bieten ihnen die Möglichkeit, ihre Ideen<br />

mit professionellem Equipment selbst umzusetzen, ohne<br />

sich die oft teuren Geräte und Maschinen kaufen zu<br />

müssen.“ Außerdem würde damit dem Nachhaltigkeitsgedanken<br />

Rechnung getragen.<br />

VIELES HABE MAN SICH DABEI vom Carsharing abgeschaut,<br />

das in Deutschland bekanntlich seit Jahren etabliert<br />

ist. Wichtig sei Schuster dabei vor allem die Einfachheit:<br />

„Die Kunden sollen sich keine Gedanken machen<br />

müssen. Werkzeug reservieren, abholen und los geht’s!“<br />

Deswegen wären zum Beispiel bei Bohrmaschinen immer<br />

auch die passenden Aufsätze inklusive. Natürlich habe es<br />

auch Skeptiker gegeben – vor allem ,ältere Semester‘<br />

konnten dem Konzept anfangs nur wenig abgewinnen,<br />

erzählt König. „Für ältere Generationen ist die Digitalisierung<br />

schon noch Hemmnis.“ Dass die Toolbox aber für<br />

Kunden jeden Alters einfach zu bedienen ist, zeige das Beispiel<br />

eines Einbecker Rentners, der sich beim ersten Mal<br />

das App-System von seinen Enkeln kurz erklären ließ<br />

und seither regelmäßig allein zum Ausleihen kommt.


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unternehmen<br />

ANGENOMMEN WURDE DIE TOOLBOX laut König und<br />

Schuster im ersten Jahr gut. „Es gibt bereits eine beachtliche<br />

Zahl von Stammkunden, neue kommen laufend<br />

hinzu“, sagt der Geschäftsführer zufrieden. Die App<br />

wurde im Google und Apple Store bisher über 3.000<br />

Mal heruntergeladen. Natürlich sei es je nach Jahreszeit<br />

unterschiedlich, welche Werkzeuge am gefragtesten sind.<br />

„Allgemein lässt sich aber feststellen, dass die volle Bandbreite<br />

der angebotenen Geräte auch genutzt wird“, erklärt<br />

Schuster. Ihre Kunden schätzten die Qualität der<br />

Profiwerkzeuge, welche die Arbeit massiv erleichtern.<br />

„Hin und wieder werden Produkte auch gekauft.“ Errechnet<br />

sich ein Nutzer nämlich, dass die Leihgebühr für<br />

ein Werkzeug den Kaufpreis übersteigt, besteht die Möglichkeit<br />

das geliehene Gerät direkt über die App zu kaufen<br />

und zu behalten.<br />

Auch das Fachpublikum konnten Idee und Umsetzung<br />

bereits überzeugen: Auf der Innovationsmesse Digital X<br />

North in Hamburg gewann das Unternehmen mit ihrer<br />

ersten Toolsharing-Plattform der Welt im Juni in der Kategorie<br />

,Digitale Transformation Mittelstand‘ den Preis<br />

,Regionaler Digital Champion‘.<br />

Die nächste Toolbox soll zeitnah in Stade aufgestellt<br />

werden, außerdem gibt es Pläne für Boxen im Baltikum,<br />

das als europäisches Vorbild in Sachen Digitalisierung<br />

gilt. Neben weiteren Standorten arbeitet die Firma aber<br />

aktuell auch an einem Franchisesystem. Derzeit werden<br />

sowohl im In- als auch im Ausland Gespräche mit potenziellen<br />

Franchisenehmern geführt. „Heimwerker gibt es<br />

überall, und der Trend zum Selbermachen wird immer<br />

größer“, sagt König. „Wir sind davon überzeugt, dass<br />

unsere Idee auch in anderen Regionen ankommt. „Wir<br />

wollen die Innovation aus Einbeck weltweit bekannt<br />

machen.“ ƒ<br />

Wo steht die Box?<br />

kurts toolbox<br />

Schwammelwitzer Str. 11<br />

37574 Einbeck<br />

Appname: kurts<br />

Google Play Store:<br />

Apple App Store:<br />

58 3 |<strong>2019</strong>


Teil von<br />

etwas<br />

Großem<br />

sein<br />

Die Kraft einer starken<br />

Gemeinschaft<br />

Herz. Stärke. Partnerschaft.<br />

HSP STEUER Göttingen ist ein eigenständiges Mitglied im<br />

Kooperationsverbund der HSP GRUPPE. Die HSP GRUPPE<br />

ist ein Netzwerk von Spezialisten in der Steuer- und Rechtsberatung<br />

sowie der Wirtschaftsprüfung und verbindet die<br />

persönliche Beratung vor Ort mit der Kraft eines Verbunds<br />

von Fachleuten, der für jede Frage eine Lösung bietet.<br />

Aus den Ergebnissen der Vergangenheit entwickeln wir sinnvolle<br />

Strategien für Ihre Zukunft. Wir synchronisieren verschiedenen<br />

Disziplinen individuell für Ihre unternehmerischen<br />

und privaten Interessen. Maßgeschneidert für Ihren Erfolg.<br />

Dr. Marco Scheuchzer<br />

Mario Renneberg<br />

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Sprechen Sie uns an.<br />

Wir freuen uns auf Sie.<br />

HSP STEUER Göttingen GmbH Steuerberatungsgesellschaft<br />

Stresemannstraße 28c • 37079 Göttingen<br />

Telefon +49. 551. 82 08 07-0 • E-Mail goettingen@hsp-steuer.de<br />

www.hsp-steuer.de/goettingen


wissen<br />

KONTAKT<br />

Sascha Riedeberger<br />

– digital since 1985<br />

Tel. 0551 28879405<br />

info@riedeberger.digital<br />

https://riedeberger.digital<br />

60 3 |<strong>2019</strong>


wissen<br />

Wie ein Mückenstich<br />

Sascha Riedeberger begleitet Unternehmer in eine digitale Zukunft, in der wir stärker unser<br />

wahres Potenzial ausschöpfen. Für den Experten müssen Veränderungen beim Menschen beginnen<br />

und nicht bei den Maschinen.<br />

TEXT ANJA DANISEWITSCH FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />

Der größte Feind des Fortschritts ist nicht<br />

der Irrtum, sondern die Trägheit“, schrieb<br />

der englische Historiker und Autor Henry<br />

Thomas Buckle (1821 - 1862) und ist mit<br />

dieser Erkenntnis noch über hundert Jahre<br />

später aktuell wie nie. Das zumindest meint Sascha<br />

Riedeberger, der seit fast 25 Jahren Unternehmen auf<br />

dem Weg in die digitale Zukunft begleitet. Und das mit<br />

Leidenschaft. Denn die digitale Transformation ist für<br />

ihn kein Selbstzweck des Fortschritts, dem man blind<br />

folgen sollte. Er sagt: „Wir können, anstatt tagelang Listen<br />

abzuarbeiten, viel wichtigere und interessante Dinge<br />

tun, kreativ sein. Wir werden uns, da bin ich sicher, in<br />

Zukunft nicht mehr über Arbeit definieren, so wie wir es<br />

heute noch tun.“ Allerdings scheuen sich viele Unternehmer,<br />

die notwendigen und drängenden Veränderungen<br />

anzugehen. Vielleicht aus Unsicherheit, vielleicht aus<br />

Angst, falsche Entscheidungen zu treffen, oder weil es<br />

bisher auch ganz gut ohne ging. Als Folge der jahrzehntelangen<br />

Verdrängung ist Deutschland in diesem Bereich<br />

bereits heute Entwicklungsland. „Selbst kleine Länder<br />

wie Estland machen uns vor, wie ein wirtschaftlicher und<br />

gesellschaftlicher Wandel aussieht und wie Digitalisierung<br />

den Alltag der Menschen vereinfacht“, so Riedeberger.<br />

ER SELBST IST MIT DEN ANFÄNGEN der Digitalisierung<br />

groß geworden. Der Claim seines Unternehmens lautet<br />

daher auch: ,Digital since 1985‘ – dem Jahr, als er mit zehn<br />

Jahren seinen ersten Computer bekam. Dennoch trifft<br />

man bei Riedeberger nicht auf einen freakigen Nerd – das<br />

Klischee des menschenscheuen ITlers erfüllt er nicht.<br />

Ganz im Gegenteil: „Auf dem Weg in die Digitalisierung<br />

und die digitale Transformation sind der Mensch und<br />

Kommunikation die wichtigsten Komponenten, wenn<br />

man es so nennen möchte. Ohne ein Wollen des Firmeninhabers<br />

funktioniert es nicht.“ Digitalisierung ist demnach<br />

keine Frage, sondern eine Entscheidung.<br />

DOCH WAS BEDEUTET DAS ÜBERHAUPT: Digitalisierung<br />

und digitale Transformation? Oft wird bei diesem<br />

Thema vieles in einen Topf geworfen, und am Ende bleibt<br />

diffuses Halbwissen und nichts Genaues. Dabei ist Digitalisierung<br />

nichts anderes, als analoge Informationen in<br />

ein elektronisches System einzugeben, diese weiterzuverarbeiten<br />

und zu speichern. Ein Vorgang, der als sogenannte<br />

Insellösung hier und da in vielen Unternehmen alltäglich ist.<br />

Was fehlt, ist die Kommunikation dieser ‚Inseln‘ untereinander.<br />

„Bei der digitalen Transformation hingegen stelle<br />

man sich folgenden Bild vor: Am Anfang haben wir eine<br />

Raupe, die durch Transformation zu einem Schmetterling<br />

wird. Entwickelt sich hingegen ein Unternehmen nur weiter,<br />

wird die Raupe einfach dicker“, so der 44-Jährige.<br />

„ICH BIN WIE EIN MÜCKENSTICH“, sagt Riedeberger<br />

mit einem selbstbewussten Lächeln, wenn er von seiner<br />

Arbeit spricht. Vor allem inhabergeführte mittelständische<br />

Unternehmen begleitet er gern auf dem Weg in eine<br />

neue Arbeitswelt. „Ich hinterfrage vieles und bin durch<br />

meine Erfahrung gedanklich sehr schnell bei den Menschen,<br />

verstehe, wie sie arbeiten und welche Prozesse<br />

ablaufen oder eben noch nicht.“ Nach der Analyse des<br />

Ist-Zustandes ist es von entscheidender Bedeutung, alle<br />

mit ins Boot zu holen: Die Mitarbeiter müssen den<br />

Transforma tionsprozess genauso unterstützen wie der<br />

Geschäftsführer. „Bevor wir neue Tools und Prozesse in<br />

der Produktion verändern, arbeiten wir am Mindset der<br />

Menschen“, so der Begleiter, wie Riedeberger sich selbst<br />

bezeichnet. Er ist dabei, wenn es darum geht, sich für<br />

Neuerungen zu öffnen und im Unternehmen Raum zu<br />

schaffen fürs Lernen. Und lernen bedeutet immer auch,<br />

Fehler als Teil eines Prozesses zu akzeptieren. Denn eine<br />

Transformation ist kein linearer Prozess: Ein Unternehmen<br />

zu transformieren, heißt auch, den Mut zu haben,<br />

etwas auszuprobieren, innovativ zu denken – so wie<br />

einst die Gründerväter der Industriellen Revolution. ƒ<br />

3 |<strong>2019</strong> 61


wissen<br />

Energieagentur Region Göttingen, Caroline Werner, Doreen Fragel und Julia Mertens (v.l.)<br />

62 3 |<strong>2019</strong>


wissen<br />

Gutes Klima schaffen<br />

Zehn Jahre setzt sich die Energieagentur Region Göttingen nun schon für<br />

Energiesparen und -effizienz ein und vernetzt die engagierten Akteure in der Region.<br />

TEXT STEFAN LIEBIG FOTOGRAFIE LUKA GORJUP<br />

Wir machen keine Pause, denn<br />

es gibt viel zu tun!“ – So<br />

empfängt die Energieagentur<br />

Region Göttingen ihre Besucher<br />

auf der Homepage. Der<br />

Verein – der in diesem Jahr<br />

Jubiläum feiert –, unterstützt<br />

inzwischen seit zehn Jahren<br />

Privatleute, Kommunen, besonders aber auch Unternehmer<br />

in Südniedersachsen unermüdlich bei dem Bestreben,<br />

weniger Energie zu verbrauchen bzw. die Energie<br />

effizienter zu nutzen. Geschäftsführerin des Vereins ist<br />

Doreen Fragel, die sich als Netzwerkerin in der Region<br />

versteht und als Ansprechpartnerin zur Verfügung steht.<br />

Im häufig stressigen Tagesgeschäft der Unternehmer<br />

findet sie gemeinsam mit ihren Mitarbeitern immer wieder<br />

Ansätze, um schnell messbare Erfolge zu ermög lichen.<br />

Die Ideen reichen von energiesparenden Elektro geräten<br />

oder der Umrüstung auf LED-Beleuchtung, die sich meist<br />

schnell amortisieren, bis hin zur Installation von autarken<br />

Energieversorgungsanlagen wie Blockheizkraftwerken<br />

(BHKW). Von dieser oft kostenlosen Beratung und<br />

von der Umsetzung der Maßnahmen sowie den damit<br />

eingesparten Ressourcen und der Schadstoffvermeidung<br />

profitieren seit Jahren aber nicht nur die jeweiligen Unternehmen,<br />

sondern am Ende die gesamte Region.<br />

Durch die gute Zusammenarbeit der Energieagentur<br />

mit anderen regionalen und nationalen Netzwerken und<br />

Verbänden steht den Interessenten dabei ein immenser<br />

Sachverstand zur Verfügung. Dieser reicht über die oben<br />

angeführten Beispiele weit hinaus und geht bis zur Beratung<br />

für Förderprogramme, die sowohl im privaten als<br />

auch im gewerblichen Bereich eine große Hilfe darstellen<br />

können.<br />

Ein großer Teil der Arbeit der Energieagentur fließt seit<br />

drei Jahren auch in das betreute ,Unternehmensnetzwerk<br />

Energie effizienz‘, das sogar von öffentlicher Seite unterstützt<br />

wird: Dabei treffen sich Unternehmer aus der Region<br />

in regelmäßigen Abständen – unter der Leitung der<br />

Vereinsmitarbeiter Caroline Werner, Julia Mertens und<br />

Aaron Fraeter –, um sich über Energie- und Ressourceneffizienz<br />

auszutauschen und sich ihre Unternehmen und<br />

Projekte gegenseitig vorzustellen. Fachvorträge, Besichtigungen<br />

und Effizienzstammtische bieten komprimiertes<br />

Wissen und eine rege genutzte Diskussionsplattform.<br />

Und der Erfolg gibt ihnen recht. Das von der NBank<br />

finanzierte Konzept geht in diesem Jahr bereits in die<br />

dritte Teilnehmerrunde.<br />

Was genau das Unternehmensnetzwerk Energieeffizienz<br />

bzw. die einzelnen Maßnahmen so erfolgreich<br />

macht, davon berichten die Teilnehmer auf den folgenden<br />

Seiten aus erster Hand.<br />

3 |<strong>2019</strong> 63


wissen<br />

HOTEL LETZTER HELLER, Martina Lange<br />

»LED-Lampen, neue Kühlschränke und<br />

Küchenherde sind Stellschrauben, mit denen<br />

sich viel Geld einsparen lässt und die sich<br />

schneller amortisieren, als man denkt. «<br />

Martina Lange<br />

Gegenseitiges Anstacheln<br />

„Die Fridays for Future haben endlich Fahrt in den<br />

Kampf gegen den Klimawandel gebracht“, sagt Katrin<br />

Schlick. Gemeinsam mit ihrem Mann Andreas Backfisch<br />

führt sie die Geschäfte des Lotta-Karotta-Bio-Lieferservices.<br />

Das inzwischen 24 Mitarbeiter beschäftigende<br />

Unternehmen im Gleichener Ortsteil Rittmarshausen ist<br />

vom Unternehmensziel her bereits ökologisch ausgerichtet,<br />

dennoch gibt es abseits vom Kerngeschäft viele Bereiche,<br />

in denen kompetente Hilfe viel Energie, Zeit und<br />

Geld sparen kann. „Wir haben unser seit 14 Jahren gepachtetes<br />

Gebäude im vergangenen Jahr kaufen können.<br />

Dass wir bereits im Energieeffizienz-Netzwerk Mitglied<br />

waren, hat uns bei der Modernisierung und Zukunftsausrichtung<br />

sehr geholfen“, berichtet Schlick. Die Liste<br />

der erfolgten Maßnahmen ist dementsprechend beeindruckend:<br />

Eine 94-Kilowatt-Solaranlage mit 15-Kilowatt-Speicher<br />

und Erweiterungsoption wurde<br />

installiert, das Dach isoliert und renoviert, in vielen<br />

Bereichen auf LED-Beleuchtung umgestellt<br />

und die Öl-/Nachtspeicherheizung durch eine<br />

Pellet heizung ersetzt. Neue Böden, ein neues Hallentor<br />

und moderne Kühltechnik mit Wärmerückgewinnung<br />

runden das etwa 450.000 Euro schwere<br />

Investitionspaket ab, das von regionalen Handwerkern<br />

– größtenteils auch Mitglieder des Netzwerks –<br />

umgesetzt wurde. „Man erhält im Netzwerk Ideen, Unterstützung<br />

und Anregungen, sogar an Wettbewerben<br />

teilzunehmen – und nicht zuletzt stachelt man sich gegenseitig<br />

auch an …“, sagt Schlick höchst zufrieden.<br />

LOTTA KAROTTA, Katrin Schlick und Andreas Backfisch<br />

64 3 |<strong>2019</strong>


wissen<br />

Sparpotenziale beeindrucken<br />

In wenigen Branchen gibt es wohl so viele Ansatzpunkte<br />

zum Energiesparen wie in der Hotellerie. Tom Lange,<br />

Inhaber des Hotels Letzter Heller in Hann. Münden,<br />

kann dies bestätigen – insbesondere, weil Teile seines<br />

Unternehmens auch noch unter Denkmalschutz stehen.<br />

Schon die erste Bestandsaufnahme durch die Energieagentur<br />

zeigte ihm enorme Sparpotenziale im Bereich<br />

Wärme und Beleuchtung auf. „LED-Lampen, neue<br />

Kühlschränke und Küchenherde sind Stellschrauben,<br />

mit denen sich viel Geld einsparen lässt und die sich<br />

schneller amortisieren, als man denkt“, erklärt auch<br />

seine Frau Martina Lange, die das Hotel seit 29 Jahren<br />

gemeinsam mit ihrem Mann leitet. Mit der Foto voltaik-<br />

Anlage und der Ladestation für Elektroautos unterstreichen<br />

die beiden Südlink-Gegner ihr Engagement<br />

für dezentrale Energieversorgung. Für die Hoteliers<br />

sind es wichtige Investitionen in die Zukunft des<br />

seit 125 Jahren bestehenden Familienunternehmens.<br />

Sie schätzen die neuen Ideen aus dem Netzwerk,<br />

die ihnen bereits viele neue Möglichkeiten<br />

eröffnet haben.<br />

BIOENERGIE GIEBOLDEHAUSEN, Mario Sommer<br />

„Man erhält im Netzwerk Ideen,<br />

Unterstützung und Anregungen,<br />

sogar an Wettbewerben teilzunehmen<br />

– und nicht zuletzt stachelt man sich<br />

gegenseitig auch an …“ Katrin Schlick<br />

Schüler lernen<br />

Schüler wollen Resultate sehen – das sehen wir jeden<br />

Freitag. Was liegt also näher als der direkte Kontakt<br />

zwischen Bioenergieproduzent und Schulen? Das<br />

Unternehmen BioEnergie Gieboldehausen versorgt die<br />

Gesamtschule KGS sowie mehrere Unternehmen des<br />

Gieboldehäuser Gewerbegebiets mit Biogas. Drei Blockheizkraftwerke<br />

produzieren jeweils bis zu 190 Kilowatt<br />

pro Stunde. Bis zu 4,7 Millionen Kilowattstunden sind<br />

laut Geschäftsführer Mario Sommer erreichbar. Er und<br />

seine beiden Mitarbeiter boten Schülern bereits mehrfach<br />

tiefe Einblicke in die nachhaltige Energieproduktion.<br />

Kürzlich ging auch der benachbarte Kindergarten ans<br />

Netz, und so müssen die Führungen wohl noch an neue<br />

Altersgruppen angepasst werden. Im Energieeffizienznetzwerk<br />

sieht sich Sommer als Impulsgeber für BHKW-<br />

Interessenten und profitiert von dem gemeinsam mit der<br />

Energieagentur optimierten Energiemanagement: Durch<br />

eine Verbesserung der Rühranlage, die die für die Energieerzeugung<br />

notwendigen nachwachsenden Rohstoffe<br />

– zum Beispiel Mais, Roggen, Gras, Gülle oder Mist –<br />

konstant rühren muss, arbeitet diese deutlich effektiver.<br />

Für Sommer, der eigentlich auf eine größere Energieproduktion<br />

aus war, „ein Erfolg an einer anderen Stelle, als<br />

ich es erwartet habe“.<br />

3 |<strong>2019</strong> 65


wissen<br />

» Ich ziehe große Motivation<br />

und viele neue Anregungen<br />

aus den Netzwerktreffen<br />

mit anderen Unternehmern und<br />

Experten. « Birgitt Witter-Wirsam<br />

HOLZLAND HASSELBACH, Birgitt Witter-Wirsam<br />

In Vorleistung getreten<br />

Birgitt Witter-Wirsam, Geschäftsführerin von Holzland<br />

Hasselbach, stellt bei ihrer Kundschaft fest, dass sie sehr<br />

umweltorientiert denkt, aber häufig doch preisorientiert<br />

einkauft: Zertifizierte Hölzer und ökologische Dämmstoffe<br />

bleiben so öfter in den Regalen, und preisgünstigere<br />

Alternativen erhalten den Vorzug. „Das ist schade, weil<br />

viele Produkte – gerade zur Wärme- und Schalldämmung<br />

– vor allem ökologisch und energieorientiert sind“, sagt<br />

sie bedauernd. Denn sie denkt seit vielen Jahren nachhaltig<br />

und investierte beispielsweise schon vor zehn Jahren in<br />

eine Fotovoltaikanlage auf dem Firmengebäude, der Gabelstaplerfuhrpark<br />

ist auf Gasbetrieb umgerüstet und auf<br />

LED-Beleuchtung ist auch schon weitgehend umgestellt.<br />

In Kürze können sich die Kunden mit Elektrofahrzeugen<br />

über eine Ladestation freuen. „Ich ziehe große Motiva tion<br />

und viele neue Anregungen aus den Netzwerktreffen mit<br />

anderen Unternehmern und Experten“, sagt Witter- Wirsam<br />

und zeigt sich damit offen für neue Projekte.<br />

Lohnende Investitionen<br />

Zwischen 600.000 und 700.000 Euro hat der Romantische<br />

Winkel in Bad Sachsa bereits in die Entwicklung<br />

seiner Nachhaltigkeit investiert. 78 Zimmer und Suiten<br />

werden von 132 Mitarbeitern unter der Leitung von Josef<br />

Oelkers angeboten. Der Geschäftsführer erkannte<br />

schon kurz nach der 1995 bis 2000 erfolgten Übernahme<br />

des von seinen Schwiegereltern 1978 gegründeten<br />

Hotels, dass er in umweltschonende Technologien investieren<br />

muss, um langfristig Kosten zu sparen und das<br />

Unternehmen zukunftsorientiert auszurichten. „Hätte<br />

ich nicht schon vor Jahren ein eigenes BHKW in Betrieb<br />

genommen, hätten mich die Energiekosten irgendwann<br />

erstickt“, sagt Oelkers. Doch auf diesem Erfolg ruht(e)<br />

sich der Energieeffizienzler keineswegs aus und listet<br />

weitere bereits umgesetzte Projekte auf: Abwärme hält<br />

im Winter die Hoteleinfahrt eisfrei und beheizt im Sommer<br />

den Außenpool, Kochbereiche wurden auf Induktion<br />

umgestellt und die Küchenreinigung automatisiert,<br />

Heiz- und Kühlanlagen sind auf modernstem Stand. Den<br />

großen Investitionen stehen inzwischen enorme Einsparungen<br />

gegenüber. „Das geht natürlich nur, wenn die<br />

Mitarbeiter auch mitziehen“, so Oelkers, der in diesem<br />

Punkt aber ebenso gern motiviert, wie er auch den anderen<br />

Netzwerkern gern beratend zur Seite steht.<br />

66 3 |<strong>2019</strong>


wissen<br />

HOTEL ROMANTISCHER WINKEL, Josef Oelkers<br />

» Ideen und Probleme mit Experten aus<br />

anderen Arbeitsfeldern zu diskutieren,<br />

kann helfen, eigene Prozesse zu optimieren<br />

und Angebote an den Markt anzupassen. «<br />

Michael Holzapfel<br />

HOLZAPFEL HAUSTECHNIK, Michael Holzapfel<br />

Netzwerken hinterm Horizont<br />

„Man merkt im Netzwerk schnell, wer sich wirklich für<br />

die Zusammenarbeit interessiert und seinen Horizont<br />

erweitern möchte. Der Erfolg hängt hier von der regelmäßigen<br />

Teilnahme ab“, sagt Michael Holzapfel. Der<br />

Inhaber des Obernfelder Unternehmens Holzapfel Haustechnik<br />

wird von den Organisatoren des Energieeffizienznetzwerks<br />

als besonders aktiver Netzwerker geschätzt,<br />

bedauert aber, dass das Tagesgeschäft häufig<br />

Lücken in den Teilnehmerkreis reißt. Holzapfel blickt<br />

über den eigenen Tellerrand und fordert neben der Fachkräfteausbildung<br />

auch eine fundierte Mitarbeiterführung,<br />

die im Sinne der Energieeffizienz ausgerichtet sein<br />

sollte. Er profitiert selbst vor allem von den Einblicken<br />

in andere Branchen. Diese gaben ihm schon häufiger Anstöße<br />

für eigene neue Projekte, beispielsweise im Bereich<br />

der Drucklufttechnik oder auch für die Umsetzung eines<br />

energieautarken Mehrfamilienhauses. „Ideen und Probleme<br />

mit Experten aus anderen Arbeitsfeldern zu diskutieren,<br />

kann helfen, eigene Prozesse zu optimieren und<br />

Angebote an den Markt anzupassen“, erklärt Holzapfel,<br />

worin er, der sich auch in brancheninternen Netzwerken<br />

engagiert, den Gewinn für alle Beteiligten sieht. Die auch<br />

in Richtung Fördergelder orientierte anschließende Beratung<br />

sowie fachspezifische Schulungen durch die Energieagentur<br />

runden aus Holzapfels Sicht das gelungene<br />

Konzept der Effizienztische ab.<br />

3 |<strong>2019</strong> 67


ISOPHON GLAS, Corinna Hennerici<br />

Auf dem Weg zur<br />

energieeffizien teren Produktion<br />

Die Verarbeitung von Flachglas ist aufgrund der<br />

benötigten Wärme beim Vorspannprozess von Einscheibensicherheitsglas<br />

ein besonders energieintensiver Industriezweig.<br />

Was liegt also näher, als sich im Energieeffizienznetzwerk<br />

nach Sparpotenzialen zu erkundigen?<br />

„Als ein über vier Jahrzehnte gewachsenes Unternehmen,<br />

dessen Gründer Dieter Bold schon vor Jahrzehnten<br />

aufs Netzwerken setzte, gehen wir die Thematik Schritt<br />

für Schritt an“, sagt Qualitätsmanagerin Corinna<br />

Henne rici von der Hann. Mündener isophon glas. Nach<br />

der Inbetriebnahme eines BHKW auf Erdgasbasis sowie<br />

der auf LED umgestellten Hallenbeleuchtung und der<br />

optimierten Logistik steht für sie nun das Kernprodukt<br />

im Fokus.<br />

Neben den Unternehmen sieht Hennerici aber auch<br />

die Politik gefordert: „Es gibt Spielarten der staatlichen<br />

Förderung, bei denen letztendlich der Energieverbrauch<br />

noch unterstützt wird. Hier sollte die Politik unbedingt<br />

die Gesetzeslage und die Förderungen überdenken.“ Die<br />

Qualitätsmanagerin schätzt den Austausch des Netzwerks<br />

und insbesondere die geduldige und fachkundige<br />

Betreuung durch die Energieagentur. Dank dieser erhielt<br />

das Unternehmen wertvolle Informationen zu Förderprogrammen,<br />

mit deren Hilfe die isophon glas die Energieeffizienz<br />

weiter vorantreiben kann.<br />

PLESSEMILCH, Herbert Hardege<br />

Das Netzwerk im Netzwerk<br />

Herbert Hardege ist einer von sechs Gesellschaftern von<br />

Plessemilch im Bovender Ortsteil Reyershausen. Die<br />

Landwirte haben sich dort zusammengeschlossen, um effektiver<br />

wirtschaften zu können. 2012 begann es mit einer<br />

Biogasanlage, 2013 folgten gemeinsame Kuhställe.<br />

„Wir profitieren vom gemeinsamen Maschinenpark und<br />

der Möglichkeit der gegenseitigen Urlaubsvertretung“,<br />

sagt Hardege und skizziert damit zwei der Synergieansätze.<br />

Im Gegensatz zu vielen anderen Branchen sind<br />

die Landwirte laut Hardege sehr gut vernetzt, dennoch ist<br />

er für die Anstöße im Bereich der Energieeffizienz offen. So<br />

ist sein Team inzwischen für die aufgezeigten Möglichkeiten<br />

in einem seiner Problemfelder, der Wärmenutzung,<br />

dankbar. Mit einem neuen Wärmetauscher spart Plessemilch<br />

künftig 800 Euro monatlich, da Abwärme genutzt<br />

wird, statt zu verpuffen, und künftig keine teuren Heizpatronen<br />

mehr benötigt werden. Nun wird nach einer ähnlich<br />

erfolgreichen Lösung für die Kühlung gesucht …ƒ<br />

68 3 |<strong>2019</strong>


IMMER WIEDER<br />

MITTAGSTISCH<br />

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Unternehmensnetzwerke<br />

Energieeffizienz<br />

Hier eine Darstellung einiger Unternehmen aus Landkreis und Stadt Göttingen,<br />

die sich in beiden Netzwerken zusammengeschlossen haben, um gemeinsam Optionen<br />

zur Energieeinsparung und zur Steigerung der Energie- und Ressourceneffizienz<br />

in ihren Firmen zu erarbeiten.<br />

www.pgmitte.de<br />

www.resebeck.de<br />

www.isophonglas.de<br />

www.goettinger-bedachungsgeschaeft.de<br />

www.galke.com<br />

www.holzapfel-haustechnik.de<br />

www.holzland-hasselbach.de<br />

www.bode-stephan.de<br />

Weitere Teilnehmer und Informationen finden Sie unter<br />

www.energieagentur-goettingen.de


PROFIL<br />

ANZEIGE<br />

Ovine mesenchymale Stammzellen auf einem<br />

mit der Zweiphotonenpolymerisation generierten<br />

3D-Zellträger<br />

FOTOS: IBA<br />

Das Hauptgebäude des iba in Heilbad Heiligenstadt<br />

Institut für Bioprozessund<br />

Analysenmesstechnik e. V.<br />

Technische Systeme für die Lebenswissenschaften<br />

Das Institut für Bioprozess- und Analysenmesstechnik<br />

(iba) e. V. ist ein in<br />

Nordthüringen ansässiges öffentliches<br />

Forschungsinstitut, das sich seit seiner<br />

Gründung im Jahr 1992 mit anwendungsnaher<br />

Forschung auf dem Gebiet der ,Technischen<br />

Systeme für die Lebenswissenschaften‘<br />

beschäftigt. „Mit der anwendungsnahen<br />

Forschung verfolgt das Institut das Ziel, Biotechniken<br />

an Grenzflächen (Biotechniques at<br />

Interfaces) für den Einsatz in der Bio medizin,<br />

der Biotechnologie und Umwelt zu entwickeln“,<br />

bekräftigt der Institutsdirektor Professor Dieter<br />

Beckmann. Im Mittelpunkt steht die Modellierung<br />

nativer Prozesse im Labor, die insbesondere<br />

für das Disease Modeling und für neue<br />

Strategien für die personalisierte Medizin große<br />

Bedeutung besitzen. „Unsere Forschungsergebnisse<br />

liefern Hinweise, um Krankheiten<br />

und deren Ursachen besser verstehen und<br />

gezielt beeinflussen zu können“, so Professor<br />

Beckmann. Die Forschungsschwerpunkte des<br />

Institutes liegen dabei auf<br />

ffder Entwicklung von mikrofluidischen<br />

Systemen für die automatisierte Zellkultivierung<br />

und Zell manipulation,<br />

ffder Entwicklung miniaturisierter Trägerstrukturen<br />

für die dreidimensionale Zellkultivierung,<br />

ffder Herstellung von Materialoberflächen mit<br />

biomimetischen/bioaktiven Eigenschaften,<br />

ffder kausalen Bewertung von Materialoberflächeneffekten<br />

auf das Zellwachstum, die<br />

Zelldifferenzierung und Biofilmbildung sowie<br />

ffder Entwicklung von elektrischer Messtechnik<br />

für die Zell- und Gewebeanalyse.<br />

Zu den Highlights der umfangreichen apparatetechnischen<br />

Ausstattung des Institutes<br />

zählen die Zweiphotonentechnik mit der Polymerisation<br />

(2PP), der Laserscanmikroskopie<br />

(2PLSM) sowie der Zellmanipulation (2PM),<br />

die tropfenbasierte miniaturisierte Zellkultivierung<br />

(pbb ® : pipe-based bioreactor) sowie die<br />

Bioimpedanzanalytik.<br />

ETWA 60 MITARBEITER mit Wissenschaftlern<br />

aus dem MINT-Bereich, vielseitig qualifizierten<br />

biologisch-chemisch-technischen MitarbeiterInnen<br />

sowie einer leistungsfähigen<br />

Abteilung für die Prototypenfertigung bilden<br />

das Team des Institutes. Das iba tritt als Bindeglied<br />

zwischen der Grundlagen- und der marktnahen<br />

Forschung auf und liefert Forschungsergebnisse,<br />

die Anwendern und Herstellern von<br />

Produkten im klinischen Bereich Rückschlüsse<br />

für neue Diagnose- und Therapiestrategien<br />

ermög lichen sowie technische Prozesse in der<br />

Biotechnologie und im Umweltmonitoring optimieren<br />

können. „Als starker Forschungspartner<br />

auf dem interdisziplinären Gebiet der Interfaceforschung<br />

stehen wir der Forschung und<br />

Industrie zur Verfügung“, versichert Professor<br />

Beckmann.<br />

KONTAKT<br />

Institut für Bioprozess- und<br />

Analysenmesstechnik e.V.<br />

Rosenhof<br />

37308 Heilbad Heiligenstadt<br />

Tel. 03606 671-0<br />

iba@iba-heiligenstadt.de<br />

www.iba-heiligenstadt.de


wissen<br />

Blühende Landschaften<br />

Der Landkreis Eichsfeld im Thüringischen hat die Chancen der Wende genutzt und sich sehr gut entwickelt.<br />

Der Wirtschaftsstandort glänzt mit kontinuierlichem Wachstum und zeigt ein Profil mit Understatement.<br />

TEXT SVEN GRÜNEWALD<br />

Vielfältig Das Eichsfeld ist vom starken Handwerk geprägt und von wunderschöner Landschaft – mit sechs ausgewiesenen Naturschutzgebieten.<br />

72 3 |<strong>2019</strong>


wissen<br />

Der Göttinger weiß, wie psychologisch<br />

ausgeprägt die nahe Grenze zu Hessen<br />

ist und wie weit weg sich Kassel, – anders,<br />

als die Kilometer vermuten lassen<br />

– anfühlt. Liegt der Landkreis<br />

Eichsfeld hinter der Grenze in Thüringen<br />

womöglich genauso weit entfernt? Weit gefehlt.<br />

Denn nach der Grenzöffnung zeigte sich schnell, wie eng<br />

der ländliche Kreis, der einst Gebiet der DDR war, mit<br />

den beiden Kraftzentren – dem bürgerlichen Zentrum<br />

Heiligenstadt und der Wirtschaftsstadt Leinefelde-Worbis<br />

– mit dem Raum Göttingen eigentlich verbunden ist. Ursächlich<br />

dafür ist sind ganz maßgeblich das Eichsfeld als<br />

Kulturregion und damit die Bande, die über Jahrhunderte<br />

und grenzübergreifend entstanden sind.<br />

DIE HISTORISCHE KULTURREGION EICHSFELD, ein<br />

Überbleibsel des ehemaligen katholischen Fürstbistums<br />

Mainz, verteilt sich auf fünf Landkreise: Ihr größter Teil<br />

liegt im Landkreis Eichsfeld, dann folgt der östliche Teil<br />

des Landkreises Göttingen, kleine Flecken liegen noch<br />

im Landkreis Northeim um Lindau herum, im hessischen<br />

Werra-Meißner-Kreis und im Thüringer Unstrut-<br />

Hainich -Kreis.<br />

Das Eichsfeld ist heute wie zu DDR-Zeiten von einem<br />

starken Handwerk geprägt. Rund 88 Prozent der Betriebe<br />

im Landkreis sind Kleinbetriebe mit bis zu neun Mitarbeitern.<br />

Hinzu kommt ein großes Potenzial für den<br />

Tourismus: Der Verein HVE Eichsfeld Touristik als touristischer<br />

Dachverband der Region Eichsfeld kümmert<br />

sich schon länger darum, der Kulturregion grenzübergreifend<br />

eine Klammer zu geben. 474.000 Übernachtungen<br />

wurden im vergangenen Jahr vom HVE gezählt,<br />

knapp zwei Drittel davon entfielen auf das thüringische<br />

Eichsfeld, dort mit deutlich steigender Tendenz.<br />

Gleichwohl bestehe noch Luft nach oben, so Heiligenstadts<br />

Bürgermeister Thomas Spielmann. „Wir müssen<br />

die Kooperation noch stärken und es hinbekommen, die<br />

Region Eichsfeld auch regional zu denken und zu vermarkten.“<br />

Besucher, die ins Eichsfeld kämen, blieben<br />

nicht in Heiligenstadt, sondern wollten die Region erleben.<br />

„Die Landkreise und Städte engagieren sich finanziell,<br />

aber das muss mehr werden. Auch touristische Betriebe<br />

müssen Geld in die Hand nehmen, um ein besseres<br />

Angebot zu schaffen“, so Spielmann.<br />

Da setzt das neue regionale Touristikkonzept an, das<br />

der Landkreis Eichsfeld derzeit federführend entwickelt<br />

und das im <strong>Herbst</strong> dieses Jahres fertig sein soll.<br />

3 |<strong>2019</strong> 73


wissen<br />

»Das Vorgehen und die Investition in den<br />

Kurbetrieb haben sich auf jeden Fall<br />

gelohnt. Das Alleinstellungsmerkmal war für<br />

uns sehr wichtig. Es hat Impulse gegeben,<br />

die wir sonst nicht bekommen hätten. «<br />

THOMAS SPIELMANN<br />

„Bisher hat ein roter Faden für die gesamte Region Eichsfeld<br />

und die strategische Ausrichtung gemeinsam mit<br />

allen touristischen Akteuren gefehlt“, sagt Christoph<br />

Reimann, Referatsleiter Kreisentwicklung im Landkreis<br />

Eichsfeld. „Um sich am Markt zu etablieren, muss man<br />

geschlossen auftreten. Kulinarik, Glaube und Authentizität<br />

sind die Leitmotive, die wir vermarkten wollen, wohl<br />

wissend, dass sich dahinter noch viel mehr verbirgt.“<br />

Die Bereitschaft, mit Grenzen gestalterisch umzugehen<br />

und mit teils kühnen Plänen Ideen zu entwickeln,<br />

scheint für den Landkreis Eichsfeld charakteristisch zu<br />

sein. Landrat Werner Henning beispielsweise brachte<br />

nach der Wende, kurz vor der Wahl zur letzten Volkskammer<br />

der DDR, einen Antrag in den Kreistag des<br />

Noch-DDR-Kreises Heiligenstadt ein, das Eichsfeld gegebenenfalls<br />

herauszulösen und an den Westen anzuschließen.<br />

Ein weiteres Beispiel, das zeigt, dass man wirtschaftlich<br />

lieber Neuland betritt, statt die Hände in den Schoß<br />

zu legen, sind die Eichsfeldwerke. Der Landkreis gründete<br />

diesen großen kommunalen Versorger mit über 300<br />

Mitarbeitern auf Landkreisebene bereits im Sommer<br />

1990 und damit deutlich vor der juristischen deutschen<br />

Wiedervereinigung. So wurden rechtlich Tatsachen geschaffen,<br />

die später nicht mehr möglich gewesen wären,<br />

weil es dieses ,Stadtwerkemodell‘ in der Bundesrepublik<br />

bei Landkreisen nicht gibt.<br />

AUCH DER KURBETRIEB IN HEILIGENSTADT verdankt<br />

seinen Erfolg einem Hasardspiel. Nach der Wende in der<br />

rechtlich etwas chaotischen Übergangszeit investierte<br />

die Stadt in den Ausbau des Kurbetriebs, wofür wiederum<br />

der Bad-Status wichtig wurde. Mangels vorhandener<br />

Einrichtungen wurde ihr dieser Status jedoch verwehrt.<br />

Darauf legte man Widerspruch ein und schuf bauliche<br />

Fakten. Als es dann zur Überprüfung des Status kam,<br />

konnte die Stadt entsprechende Einrichtungen vorweisen<br />

und erhielt die Zulassung dafür. „Das Vorgehen und<br />

die Investition in diesen Bereich haben sich auf jeden Fall<br />

gelohnt“, sagt Bürgermeister Spielmann. „Das Alleinstellungsmerkmal<br />

war für uns sehr wichtig. Es hat Impulse<br />

gegeben, die wir sonst nicht bekommen hätten.“ So wurde<br />

der Kurbetrieb, bestehend aus der Kurklinik und dem<br />

Vitalpark, zu einem wichtigen städtischen Standbein, das<br />

den Bau des Vitalparkhotels nach sich zog, durch das wiederum<br />

Heiligenstadt als Tagungsort interessant wurde.<br />

„Damit hatten wir anfangs überhaupt nicht gerechnet.“<br />

Die starke Nachfrage macht bauliche Erweiterungen notwendig.<br />

„Wir müssen das Thema Kur weiter stärken“,<br />

erklärt Spielmann. „Das ist das große Thema für die<br />

nächsten Jahre.“<br />

DIE ZAHLEN BELEGEN DEN ERFOLG: Praktisch von<br />

Anfang an verzeichnet der Kurbetrieb eine sehr hohe Auslastung<br />

von um die 90 Prozent, pro Jahr sind das ungefähr<br />

85.000 Übernachtungen – etwa die Hälfte der Gesamtübernachtungszahlen<br />

in Heiligenstadt. „Unser Einzugsbereich<br />

liegt binnen eines Radius von gut 200 Kilometern“,<br />

erläutert Stefan Menzel, Geschäftsführer der<br />

Klinikgesellschaft Heilbad Heiligenstadt – dabei liegen<br />

die Mitbewerber gar nicht so weit entfernt: in Bad Langensalza<br />

und Bad Sooden-Allendorf. „Mittlerweile haben<br />

sich Selbstzahler zu einem wichtigen Faktor entwickelt.<br />

Das sind die regio nalen Gäste, die die Angebote<br />

der Bade- und Saunalandschaft sowie des Therapie- und<br />

Sportbereichs im Vitalpark nutzen, und die Urlauber im<br />

benachbarten Hotel.“ Einen besonderen Erweiterungsbedarf<br />

sieht Menzel daher vor allem im Saunabereich<br />

mit seiner extrem hohen Auslastung.<br />

FÜR DAS WIRTSCHAFTLICHE AUFBLÜHEN des Eichsfeldes<br />

wird immer wieder ein Faktor ins Feld geführt:<br />

die Autobahn. Mit der A 38 profitiert der Landkreis ähnlich<br />

wie auch Göttingen von seiner deutschlandzentralen<br />

Lage an einer Ost-West-Achse mit direktem Zugang zur<br />

A 7. Die ursprünglich erste Trassierung stammt aus dem<br />

Jahr 1937, konkret wurde es 1989, noch vor der Einheit,<br />

mit Befliegungen zur Routenplanung. Dabei war gar<br />

nicht klar, ob die A 38 überhaupt durch das Leine tal verlaufen<br />

würde – dafür machte sich Landrat Henning<br />

stark, der auch dank des Desinteresses anderer Kommunen<br />

in Thüringen schließlich die Autobahn mit ins Eichsfeld<br />

holte.<br />

Eine Infrastruktur, die Jochen Seidler, Geschäftsführer<br />

des Sondermaschinenbauers SIM Automation sehr schätzt<br />

– ebenso, dass es in Heiligenstadt räumliche Expansionsmöglichkeiten<br />

gibt. Das Unternehmen, das die Wende erfolgreich<br />

überlebt hat, hat sich am Standort gut entwickelt<br />

und macht mit seinen bis zu 250 Mit arbeitern einen Umsatz<br />

von über 30 Millionen Euro. „Allerdings merken wir<br />

gerade in den letzten zwei Jahren verstärkt, dass es<br />

74 3 |<strong>2019</strong>


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wissen<br />

Wahrzeichen der Region Landschaftlich liegt die Burg Hanstein in einer der attraktivsten Gegenden des Eichsfeldes.<br />

mit dem Arbeitskräfteangebot vor Ort sehr eng wird“,<br />

sagt Seidler. Eine der Reaktionen war, die Vergütung<br />

für Lehrlinge auf IG-Metall-Niveau anzuheben. „Ich<br />

denke, das war einer der Gründe, warum es uns dieses<br />

Jahr gelungen ist, unsere Ausbildungsplätze wieder relativ<br />

leicht zu besetzen.“ Schwierig ist hingegen das<br />

Thema Ingenieure, weshalb man eine stärkere Kooperation<br />

mit den überregionalen Technischen Universitäten<br />

sucht. Daher müsse man überlegen, ob man nicht<br />

andernorts expandieren müsse.<br />

FÜR JOCHEN SEIDLER, der vom Göttinger Messtechnikunternehmen<br />

Mahr zu SIM wechselte, war das Eichsfeld<br />

mit einer gewissen Umstellung verbunden – geschuldet<br />

der merklich anderen Mentalität des Eichsfelders. „Die<br />

Mitarbeiter sind sehr ortsverbunden, bodenständig und<br />

haben eine enge Verbindung zu ihrem Unternehmen. Auf<br />

der anderen Seite merkt man eher, dass durch die konservative<br />

Haltung Veränderungen langsamer umgesetzt<br />

werden, als ich das sonst kenne“, so Seidler. Das belegen<br />

auch die Zahlen: Der Landkreis Eichsfeld hat mit<br />

34 Prozent die höchste Rückkehrerquote deutschlandweit.<br />

„Die Eichsfelder wurden schon vor der Wende als<br />

eigenwillige Menschen wahrgenommen“, erzählt Ralf<br />

Halbhuber, Gründer der Heiligenstädter Kommunikationsagentur<br />

Studio1, die heute noch ein zweites Büro in<br />

Berlin führt und sich auf Digitalisierungsprozesse in Unternehmen<br />

spezialisiert hat. Halbhuber hat durch seine<br />

bundesweite Tätigkeit einen guten Vergleich zur Dynamik<br />

im Eichsfeld. „Aber eine unserer Eigenheiten ist<br />

auch, dass wir Dinge einfach durchziehen. Wir haben die<br />

Chancen durch die Wende genutzt. Was die Qualität der<br />

Eichsfelder Firmen angeht, brauchen wir uns vor keinem<br />

zu verstecken.“<br />

Und damit ist Halbhuber nicht allein. Auch wenn es<br />

natürlich Unterschiede zwischen dem Obereichsfeld und<br />

dem Duderstädter Untereichsfeld gibt – „unsere Gemeinsamkeit<br />

ist sicher, dass wir alle zusammen auch positive<br />

Eigenbrötler sind“, sagt Landrat Werner Henning. Was<br />

dem wirtschaftlichen Leben keinesfalls schadet. Der<br />

Landkreis hat keine Kassenkredite bei nur mäßiger Verschuldung<br />

und der zweitniedrigsten Kreisumlage in Thüringen<br />

– und er hat flexible Investitionsmöglichkeiten.<br />

„Solide aufgestellt“, nennt Henning das. Und auch, wenn<br />

der Pendlersaldo weiterhin negativ ist, so sinkt er doch<br />

kontinuierlich – weil die Zahl der Einpendler in den<br />

Landkreis zunimmt. Das Eichsfeld heute: kontinuierliches<br />

Wachstum und Profil mit Understatement. ƒ<br />

76 3 |<strong>2019</strong>


In die Mitte<br />

bitte!


wissen<br />

„Göttingen ist unser<br />

Oberzentrum“<br />

Landrat Werner Henning und Thomas Simon, Vorstandsvorsitzender des Wirtschaftsforums Eichsfeld,<br />

über die Entwicklung des Wirtschaftsstandorts, die Flexibilität der Eichsfelder und über die Frage,<br />

warum die alte Grenze keine Bedeutung mehr hat<br />

INTERVIEW SVEN GRÜNEWALD FOTOGRAFIE LUKA GORJUP<br />

78 3 |<strong>2019</strong>


wissen<br />

Thomas Simon (l.),<br />

geboren 1964 in Heiligenstadt, absolvierte ein Physikstudium<br />

in Leipzig (beim Leipziger <strong>Herbst</strong> 1989 war er vor<br />

Ort), dann ein Promotionsstudium an der Uni in Göttingen<br />

im Bereich Physik. Zunächst war Simon als Technischer<br />

Leiter, dann 15 Jahre als Geschäftsführer bei einem Automobilzulieferbetrieb<br />

tätig. Seit 2017 ist er Geschäftsführer<br />

der Kommunalen Wohnungsgesellschaft (KoWo) Obereichsfeld<br />

GmbH in Heiligenstadt und seit 2016 Vorsitzender<br />

des Wirtschaftsforums Eichsfeld e. V.<br />

Der Göttinger Kreisnachbar Richtung Südosten<br />

liegt näher, als die Thüringer Landesgrenze vermuten<br />

lässt: Das Eichsfeld bekennt sich klar zum Oberzentrum<br />

Göttingen! Naturräumliche Gegebenheiten<br />

und historische Verbindungen haben nach der<br />

Wende für eine klare Westorientierung gesorgt.<br />

Wirtschaftlich hat das Eichsfeld zudem eine sehr<br />

gute Entwicklung gezeigt. Grund dafür waren findige<br />

Machernaturen, für die vor allem Ergebnisse<br />

zählten ..., wie zwei weitere Macher der Region im<br />

Gespräch mit <strong>faktor</strong> erklären.<br />

Werner Henning (r.),<br />

geboren 1956 im Eichsfeld, studierte Lehramt für Deutsch<br />

und Musik und promovierte in Kunstwissenschaften an<br />

der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.<br />

Von 1986 bis 1988 baute er das Theodor-Storm-Literaturmuseum<br />

in Heiligenstadt mit auf, wechselte dann in die<br />

Eichsfelder Bekleidungswerke Heiligenstadt. Im stürmischen<br />

<strong>Herbst</strong> 1989 wurde er zum Vorsitzenden des Rates<br />

des Kreises Heiligenstadt gewählt, danach zum Mitglied<br />

der letzten Volkskammer der DDR, zum Landrat des<br />

Landkreises Heiligenstadt und ab 1994 zum Landrat des<br />

Landkreises Eichsfeld.<br />

Herr Henning, Herr Simon, 30 Jahre sind seit der Wende<br />

vergangen – was waren die wichtigsten Wegmarken in der<br />

Entwicklung des Landkreises Eichsfeld?<br />

Werner Henning: Der Wende und dem Zusammenbruch<br />

der staatlichen und wirtschaftlichen Strukturen folgte<br />

eine Notsituationsverwaltung mit Arbeitslosenquoten<br />

zwischen 20 und 25 Prozent in den frühen 1990er-<br />

Jahren. Wir hatten aber das Glück, dass sich im Handwerk<br />

kleinere Strukturen besser erhalten hatten als in<br />

anderen Teilen der DDR. Daraus konnten sich ganz gut<br />

neue wirtschaftliche Strukturen entwickeln, viele alte<br />

Betriebe wurden von Eichsfeldern selbst übernommen.<br />

Ein großes Glück war für uns auch die enge Verzahnung<br />

mit Nordhessen und insbesondere Göttingen – es gab<br />

viele Vertreter aus Politik und Wirtschaft, die damals<br />

hilfsbereit auf uns zugegangen sind, wodurch wiederum<br />

gute Freundschaften entstanden sind.<br />

Thomas Simon: Mein Eindruck ist, dass sich die Unternehmerschaft<br />

hier ebenfalls mit einer großen Offenheit<br />

in den Westen gewandt und dessen Erfahrungen angenommen<br />

hat. Unser enormer Vorteil war, dass es anders<br />

als in weiten Teilen der DDR noch viele bestehende Kontakte<br />

gab – Verwandte, Freunde, Bekannte. Ein Beispiel:<br />

Ein Mitglied im Wirtschaftsforum Eichsfeld mit einem<br />

Maschinenbaubetrieb hatte seinen Betrieb noch zu<br />

DDR-Zeiten aufgebaut. Bekannte im Westen hatten ihm<br />

nach der Wende ganz direkt gesagt, dass er das komplett<br />

modernisieren muss und was die aktuelle Technik ist.<br />

Das hat er gemacht, und mittlerweile ist es ein Betrieb<br />

mit internationalen Kunden und über 100 Mitarbeitern,<br />

der sich im Wettbewerb behauptet und auch einen Innovationspreis<br />

in Göttingen gewonnen hat.<br />

Henning: Ein wichtiger Impuls war für uns auch die<br />

Wiederbeteiligung am Energieversorger EAM. Vor diesem<br />

Hintergrund haben wir eine eigene starke Kommunalwirtschaft<br />

entwickelt, quasi ein Modell der Kreiswerke,<br />

das es in Deutschland eigentlich nicht gibt. Auf<br />

Kreis ebene haben wir gut eine halbe Milliarde Euro in<br />

das Anlagevermögen investiert. Das sowie der Bau der<br />

A38 haben uns starke Impulse vor allem in der Bauwirtschaft<br />

gebracht.<br />

Welche Rolle spielen für den Landkreis Eichsfeld der<br />

nordhessische und südniedersächsische Raum?<br />

Henning: Wir sind im Grunde von Anfang an stark in das<br />

regionale Dreiländereck eingebunden worden. Es gibt beispielsweise<br />

eine Landrätekonferenz, in der wir uns abstimmen<br />

– gegenwärtig über ein regionales Tourismuskonzept.<br />

Wir fühlen uns dort gut aufgehoben, vor allem in der<br />

,imaginären Patenschaft‘ von Göttingen. Wichtig ist aber,<br />

sich bewusst zu machen, dass diese Westorientierung des<br />

Eichsfelds historisch schon immer so war. Das Obereichsfeld<br />

ist die Landschaft auf dem Berg, und man orientierte<br />

sich in die Richtung, in die das Wasser floss. Für Leinefelde<br />

und Heiligenstadt hat sich das Leben daher schon immer<br />

in Göttingen abgespielt. Aber ich denke auch egois-<br />

3 |<strong>2019</strong> 79


wissen<br />

tisch: Der Westen hat mehr zu bieten. Göttingen ist unser<br />

Oberzentrum, Erfurt ist dafür viel zu weit weg.<br />

Simon: Diese Vernetzung mit Göttingen und Nordhessen<br />

war nach der Wende sehr deutlich, aber ich habe den<br />

Eindruck, dass inzwischen eine größere Normalität eingezogen<br />

ist. Die grundsätzliche Orientierung in Richtung<br />

Göttingen gibt es weiterhin, doch insgesamt läuft<br />

die Kundenakquise auch im Handwerk mehr oder weniger<br />

europaweit. Das ist vielleicht eine Besonderheit im<br />

Eichsfeld, dass das meiste an Wertschöpfung außerhalb<br />

der Kreisgrenzen stattfindet.<br />

Haben sich der Wegfall der Zonenrandförderung im Westen<br />

und das Lohngefälle dafür als wirtschaftsförderlicher Vorteil<br />

erwiesen ?<br />

Simon: Gerade das Lohngefälle hat über viele Jahre dazu<br />

geführt, dass sich die Standorte hier stabil und gut entwickelt<br />

haben. In den letzten etwa fünf Jahren stellen<br />

wir aber eine stärkere Angleichung an das Westniveau<br />

fest. Daher wird schon vermehrt die Rechnung aufgemacht,<br />

ob sich das Pendeln für einen nur geringfügig<br />

höheren Stundenlohn noch lohnt.<br />

Henning: Dass durch das Gefälle und die stärkere Förderung<br />

im Osten Betriebe über die Grenze abwandern,<br />

betont man gerade in Duderstadt oft. Da hört dann<br />

auch die große eichsfeldische Gemeinsamkeit auf. Aber<br />

wenn es Umsiedlungen gegeben hat, dann waren das<br />

Einzelfälle. Auch die Neuansiedlungen haben ihre eigene<br />

Geschichte. Ein Beispiel ist die Firma Miritz in<br />

Kirchgandern. Die kamen aus Northeim und waren<br />

dort mit sehr viel Skepsis konfrontiert – wir konnten<br />

uns die gar nicht erlauben. Daher gibt es einige Unternehmen,<br />

die sich bei uns entwickelt haben, weil der<br />

Westen zu starr, zu kompliziert war, während wir freier<br />

und wendiger waren. Heute wird das als Abwanderung<br />

wahrgenommen.<br />

80 3 |<strong>2019</strong><br />

dass das meiste an Wertschöpfung außerhalb der Kreisgrenzen stattfindet. « Thomas Simon<br />

» Das ist vielleicht eine Besonderheit im Eichsfeld,<br />

Der Landkreis Eichsfeld hat einen negativen Pendlersaldo,<br />

und die Bevölkerung nimmt ab. Welche Perspektiven sehen<br />

Sie mittel- bis langfristig?<br />

Henning: Das lasse ich nicht ganz gelten, denn der ländliche<br />

Raum hat immer eine Zulieferfunktion für die Zentren.<br />

Gleichzeitig haben wir eine Arbeitslosenquote von<br />

um die 3,6 Prozent, womit wir in Thüringen an dritter<br />

Stelle stehen. Ich habe in meiner Zeit als Landrat<br />

38 Schulen schließen müssen – aber jetzt sind wir wieder<br />

dabei, die bestehenden Schulen auszubauen, weil sich<br />

der Trend umkehrt. In Heiligenstadt haben wir das fünfte<br />

Baugebiet erschlossen, bereits abverkauft, und wir kommen<br />

mit der Neuerschließung nicht nach, obwohl die<br />

Preise mit 120 Euro pro Quadratmeter sehr üppig sind,<br />

während die Stadt Eschwege deutlich günstiger anbietet.<br />

Ähnliche Bautätigkeit sieht man auch entlang der Autobahn.<br />

Von der Abfahrt Arenshausen aus sind es nur<br />

20 Minuten bis nach Göttingen.<br />

Simon: Wir profitieren in der Region von der Randlage<br />

und der guten Anbindung an die wirtschaftlich stärkeren<br />

Zentren. Wenn Göttingen wirtschaftlich prosperiert, ist<br />

das gut für uns. Vor allem, wenn es Leuchttürme mit einer<br />

guten Dynamik wie Sartorius gibt. Das zieht Absolventen<br />

aus der Region an oder ermöglicht eine Rückkehr<br />

in die Region und auch das Pendeln von hier aus. Das<br />

darf man nicht unterschätzen. Auf der anderen Seite haben<br />

wir mit dem Institut für Bioprozess- und Analysenmesstechnik<br />

des Landes eine kleine wissenschaftliche<br />

Forschungseinrichtung, die durchaus auch Leute aus<br />

dem Göttinger Raum anzieht.<br />

Sehen Sie denn noch einen Aufhol- oder Nachholbedarf<br />

gegenüber dem Westen?<br />

Simon: Der Lohnabstand ist geringer geworden, auch<br />

wenn er natürlich noch da ist. Aber das ist nur eine<br />

Seite der Medaille. Eine viel größere Aufgabe sehe ich<br />

statt im Unterschied zwischen Ost und West inzwischen<br />

vielmehr bei den unterschiedlichen Lebensverhältnissen<br />

zwischen Stadt und Land. Hinter diesem Auseinanderlaufen<br />

tritt die Grenze als Unterscheidungskriterium<br />

zunehmend zurück.<br />

Henning: Es ist die Frage, was man will. Das Wirtschaftsleben<br />

im Ländlichen und im Osten ist geruhsamer<br />

und nicht so hektisch, während der Westen spannender,<br />

dynamischer ist. Das ist eher ein kultureller Unterschied<br />

als eine Frage des Aufholens.<br />

Wo sehen Sie mittelfristig die Herausforderungen für den<br />

Landkreis?<br />

Simon: Ein Hauptanliegen ist ganz klar der Ausbau des<br />

Breitbandnetzes, um im Ländlichen das ortsungebundene<br />

Arbeiten zu ermöglichen. Aber da sehen wir, dass sich<br />

etwas tut. Insgesamt ist die Zusammenarbeit mit der Politik<br />

hier ziemlich reibungslos und von einer hohen Verlässlichkeit<br />

gekennzeichnet, was eine gute Planung ermöglicht.<br />

Henning: Nach einer Studie der IHK Erfurt sind wir die<br />

arbeitgeberfreundlichste Kommune Thüringens mit einer<br />

sehr hohen Zufriedenheit der Unternehmer. Da sind<br />

wir gut aufgestellt. Eine große Baustelle sehe ich hingegen<br />

beim sozialen Wohnungsbau. Unsere Gemeinden haben<br />

nach der Wende ihren Wohnungsbestand weitgehend abgegeben<br />

und so vernachlässigt, dass sich auch der ,letzte<br />

arme Hund‘ noch eine Unterkunft leisten können muss.<br />

Die Gemeinden sind für diesen sozialen Ausgleich zuständig,<br />

und ich möchte, dass sie das wieder stärker tun.<br />

Vielen Dank für das Gespräch!


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Mit Rat und Tat: Die Göttinger Entsorgungsbetriebe sind täglich im Einsatz für unsere Stadt.<br />

Oberhalb und unterhalb der Straße<br />

Die Göttinger Entsorgungsbetriebe und ihre Dienstleistungen<br />

Die mehr als 270 Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter der Göttinger<br />

Entsorgungs betriebe (GEB) stellen<br />

sich tagtäglich aufs Neue den Herausforderungen<br />

der um welt gerechten und nachhaltigen<br />

Entsorgung der Abfälle und des Abwassers<br />

sowie der Pflege der dazu notwendigen<br />

Infrastruktur.<br />

NEBEN DEN OBERIRDISCHEN Dienstleistungen<br />

wie der Abfall-, Wertstoff- und<br />

Schadstoffentsorgung, dem Containerdienst,<br />

der Bauabfallentsorgung sowie der Straßenreinigung<br />

und dem Winterdienst gehören auch<br />

Dienst leistungen unterhalb der Straße wie<br />

Kanalbau und Kanalbetrieb, die Grundstücksentwässerung<br />

sowie die Abwasser reinigung zu<br />

den Dienstleistungen der GEB.<br />

Die Müllwerker leeren auf rund 24.000 privat<br />

und gewerblich genutzten Grundstücken<br />

die Abfallbehälter. Davon bewegt jede Kolonne<br />

täglich etwa 900 Behälter.<br />

Auf etwa 850 km Straßenlänge führen die<br />

Mitarbeiter die maschinelle oder manuelle<br />

Straßen- und Gehwegreinigung durch, wenn<br />

notwendig auch mit Spezialgeräten. Mehr als<br />

1.020 Abfallkörbe werden regelmäßig geleert.<br />

Im Winterdienst werden ca. 950 Straßen mittels<br />

Räum- und Streufahrzeugen von Eis und<br />

Schnee befreit.<br />

Das öffentliche Kanalnetz weist stadtweit<br />

eine Länge von 720 km auf. Dazu kommen<br />

noch etwa 600 km Anschlussleitungen der jeweiligen<br />

Grundstücksentwässerungsanlagen.<br />

Im Trennsystem wird das Regen- und Oberflächenwasser<br />

direkt in die Vorfluter geleitet<br />

und das Schmutzwasser in separaten Kanälen<br />

der Abwasserreinigungsanlage zugeführt.<br />

Über mehrstufige Abwasserreinigungsprozesse<br />

wird so aus der schmutzig- braunen Brühe<br />

wieder klares Wasser, das uneingeschränkt in<br />

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Raus aus der<br />

Vorurteilsfalle<br />

Menschen mit körperlichen oder seelischen Behinderungen<br />

haben es oft schwer, im Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.<br />

Dass es anders geht und durchaus Vorteile für Unternehmen bietet,<br />

zeigen vier Erfolgsgeschichten aus Südniedersachsen.<br />

TEXT SVEN GRÜNEWALD FOTOGRAFIE LUKA GORJUP<br />

84 3 |<strong>2019</strong><br />

Am Empfang des Göttinger Gebäudetechnikunternehmens<br />

Ruhstrat sitzt<br />

Christian Lurel. Er spricht fließend<br />

Englisch, Französisch, nimmt Anrufe<br />

entgegen und erledigt Unternehmenskorrespondenz.<br />

Auf dem Tresen steht<br />

sein Namensschild und daneben ein<br />

gelber Kreis mit drei schwarzen Punkten. Christian<br />

Lurel ist von Geburt an blind. „Es kommt natürlich vor,<br />

dass wir Besucher haben und das Blindensymbol nicht<br />

sofort erkannt wird“, erzählt Geschäftsführer Steven<br />

Ruhstrat. „Christian schaut die Leute, wenn sie reinkommen,<br />

nicht direkt an. Manche sind dann etwas verdutzt,<br />

reichen ihm Unterlagen und erwarten, dass er sie<br />

ergreift – was nicht passiert.“ Doch der unangenehme<br />

Moment geht schnell vorbei. „Er geht einfach aktiv auf<br />

die Leute zu und offen mit seiner Blindheit um. Dann ist<br />

das Eis gebrochen.“


mensch<br />

Lohnend Die Umrüstung des Arbeitsplatzes für den blinden Christian Lurel hat sich für Geschäftsführer Steven Ruhstrat bereits ausgezahlt.<br />

3 |<strong>2019</strong> 85


mensch<br />

Loyal und engagiert Lasertechnik Kreiensen beschäftigt gleich vier Mitarbeiter mit Behinderung – wie den an Schizophrenie erkrankten Matthias Notzke.<br />

86 3 |<strong>2019</strong>


mensch<br />

Der Computerarbeitsplatz sieht anders aus als gewohnt:<br />

Vor der Tastatur – das Textetippen funktioniert<br />

ganz normal – ist eine Leiste mit Braille-Schrift, über die<br />

E-Mails und Texte gelesen werden können. Eine Sprachausgabe<br />

über Lautsprecher hilft ebenfalls. Günstig ist<br />

ein solcher blindengerechter Arbeitsplatz nicht – die<br />

Kosten liegen bei etwa 20.000 Euro. Und einfach ist die<br />

Office-Tätigkeit damit für einen stark Sehbehinderten<br />

auch nicht zwangsläufig. „Die Digitalisierung ist für uns<br />

Fluch wie Segen“, erklärt Christian Lurel. Einerseits haben<br />

sich durch die Technik viele neue Arbeitsmöglichkeiten<br />

eröffnet, andererseits ist die hohe Veränderungsgeschwindigkeit<br />

ein Problem. „Allein schon ein Update<br />

kann dafür sorgen, dass ich plötzlich nichts mehr machen<br />

kann. Es ist wie ein ständiger Rüstungswettlauf.“<br />

EINEN BLINDEN MENSCHEN ZU BESCHÄFTIGEN, klingt<br />

aufwendig, weil es mit organisatorischen Anpassungen<br />

verbunden ist. „Klar muss man ihn gelegentlich unterstützen“,<br />

sagt Ruhstrat. „Aber es bringt auch eine veränderte<br />

Pers pektive für die anderen Mitarbeiter mit sich, wenn<br />

man sieht, mit welchen Herausforderungen er umgehen<br />

muss. Das trägt zur Vielfalt und Sensibilisierung bei uns<br />

bei.“<br />

Nach aktuellen Zahlen ist Lurel allerdings eher die<br />

Ausnahme. Nur etwa ein Viertel aller Blinden im erwerbsfähigen<br />

Alter ist auch tatsächlich berufstätig. Insgesamt<br />

leben in Deutschland rund acht Millionen Menschen<br />

mit einer Schwerbehinderung. Etwa drei Prozent<br />

davon haben eine angeborene Behinderung – ungefähr<br />

zu gleichen Anteilen körperlich und geistig –, knapp ein<br />

Prozent erlitt einen Unfall. Bei den allermeisten jedoch<br />

ist die Behinderung Folge einer Erkrankung und häuft<br />

sich entsprechend mit zunehmendem Alter.<br />

Damit ist das Spektrum an Behinderungen extrem<br />

breit: von Diabetikern bis zu Querschnittsgelähmten,<br />

von Lernbehinderten, Autisten, psychisch Erkrankten,<br />

bis zu stark Sehbehinderten und Gehörlosen. Folglich ist<br />

es schwierig, von ,den‘ Schwerbehinderten zu sprechen<br />

oder pauschale Aussagen über ihre Beschäftigung zu<br />

treffen, schließlich ist jedes Arbeitsverhältnis mit einem<br />

Schwerbehinderten durch ein hohes Maß an Individualität<br />

geprägt. Was sich jedoch pauschal sagen lässt: Die<br />

Dauer der Arbeitslosigkeit und der Anteil der Langzeitarbeitslosen<br />

sind bei Schwerbehinderten deutlich höher.<br />

Sie alle sind ein Gewinn für den Betrieb.<br />

DABEI ZEIGEN VIELE POSITIVBEISPIELE, dass das<br />

Haupthindernis aus Vorurteilen besteht. Besucht man<br />

etwa die Lasertechnik Kreiensen, das Unternehmen von<br />

Matthias Durau, das sich auf die Anwendung der Lasertechnik<br />

für den industriellen Einsatz spezialisiert hat,<br />

dann erlebt man eine besondere Situation: Von den<br />

zwölf Mitarbeitern haben vier eine Behinderung – Gehörlosigkeit,<br />

Down-Syndrom, psychische Beeinträchtigung<br />

und Autismus. „Bei unseren Tätigkeiten geht es<br />

3 |<strong>2019</strong> 87


mensch<br />

»Wir haben durchweg gute Erfahrungen gemacht.<br />

Diese Mitarbeiter sind unglaublich engagiert und loyal.<br />

Weil sie oft auf Vorurteile stoßen, sind sie froh,<br />

zeigen zu können, was sie können.«<br />

Matthias Durau<br />

in erster Linie darum, Serienbauteile für die Automobilindustrie<br />

zu bearbeiten. Das können ein Gehörloser oder<br />

ein geistig Behinderter ebenso gut wie ein Nicht-Behinderter“,<br />

erklärt Durau. Da er seine Fachkräfte sowieso<br />

alle schulen muss, besteht so oder so ein Einarbeitungsaufwand.<br />

„Dabei kann man problemlos auf die individuellen<br />

Profile eingehen.“<br />

Auch den Arbeitsalltag kann man anpassen. Im Falle<br />

des Autismus beispielsweise kann eine Überforderung<br />

durch zu viel Veränderung in zu wenig Zeit entstehen,<br />

wenn also etwa jeden Tag andere Teile zu bearbeiten sind.<br />

Berücksichtigt man die jeweiligen Einschränkungen,<br />

läuft die Zusammenarbeit ganz normal. „Wir haben<br />

durchweg gute Erfahrungen gemacht“, erzählt der Geschäftsführer.<br />

„Diese Mitarbeiter sind unglaublich engagiert<br />

und loyal. Weil sie oft auf Vorurteile stoßen, sind sie<br />

froh, zeigen zu können, was sie können. Mitarbeiter mit<br />

Down-Syndrom hätte ich gerne noch zwei weitere.“<br />

AUCH SASCHA KADDATZ, Gründer des Ravensberger<br />

Basecamps, eines Freizeitkomplexes in Bad Sachsa, kann<br />

von diesem besonderen Engagement berichten. Einer seiner<br />

Vollzeitmitarbeiter, Markus Dittmer, ist gehörlos und<br />

eigentlich gelernter Herrenmaßschneider – er ist Kaddatz’<br />

erster Mitarbeiter mit Behinderung. Im Basecamp<br />

arbeitet er unter anderem im Gastrobereich. „Anfangs<br />

habe ich mich gefragt, was er für Aufgaben übernehmen<br />

kann. Das war schwer vorstellbar“, erzählt Kaddatz.<br />

„Aber das hat sich im Dialog geklärt, und im Betrieb hat<br />

man ganz schnell gemerkt, dass er sehr gut mit seiner<br />

Hörschädigung umgeht.“<br />

Auch für Dittmer selber läuft es gut: „Meine Kommunikation<br />

mit den Gästen ist natürlich eingeschränkt, aber<br />

durch einen offenen Umgang mit der Gehörlosigkeit gibt<br />

es keinerlei Schwierigkeiten mit Besuchern.“ Und wenn<br />

einmal Verständigungsprobleme auftauchen, stehen ihm<br />

die Kollegen jederzeit zur Seite. Daher erlebt Kaddatz seinen<br />

Mitarbeiter, der mit großem Einsatz und im Zweifel<br />

mit Handzeichen seinen Job mehr als gut macht, als „absolut<br />

vollwertige Arbeitskraft“.<br />

EIN MUSTER ZEIGT SICH IMMER WIEDER, wenn Arbeitgeber<br />

von ihren Mitarbeitern mit Behinderungen erzählen:<br />

Die Art der Behinderung muss natürlich das Ausüben<br />

des Jobs grundsätzlich ermöglichen. Aber im Vorfeld<br />

angenommene Einschränkungen sind deutlich weniger<br />

ein Problem, als man gemeinhin denkt – wenn man<br />

bereit ist, sich darauf einzustellen. Viel ausschlaggebender<br />

ist die Persönlichkeit. „Man kann zum Beispiel nicht<br />

pauschal sagen, dass Behinderte häufiger krank sind“, erklärt<br />

Steven Ruhstrat. Es sei daher im Grunde genauso<br />

wie mit jedem anderen Arbeitnehmer: „Man stellt jemanden<br />

neu ein, manchmal klappt’s und manchmal<br />

nicht. Als Unternehmer sollte man offen für alles sein,<br />

egal ob Migrationshintergrund, Mann oder Frau, beeinträchtigt<br />

oder nicht.“<br />

Und Matthias Durau ergänzt: „Man sollte im Bewerbungsgespräch<br />

die Anforderungen immer offen kommunizieren,<br />

Vertrauen aufbauen und erfragen, was die Person<br />

sich zutraut. Und die Person auch mal ausprobieren<br />

lassen, denn oft sind Menschen mit Behinderungen selbst<br />

unsicher.“<br />

ABER ES GIBT AUCH FINANZIELLE ANREIZE und Argumente<br />

für die Beschäftigung von Behinderten. Betriebe<br />

ab 20 Mitarbeitern sind gesetzlich verpflichtet, anteilig<br />

Behinderte zu beschäftigen, sonst werden Ausgleichszahlungen<br />

fällig. Gleichzeitig gibt es umfangreiche Zuschüsse<br />

für Arbeitgeber seitens der Arbeitsagentur oder der<br />

Integrationsämter, um die Einstellung von Behinderten<br />

zu unterstützen und so das gefühlte Risiko, den Mehraufwand<br />

oder auch die Kosten für die technische Aus-<br />

88 3 |<strong>2019</strong>


mensch<br />

Voll im Einsatz Für Markus Dittmer stellt seine Gehörlosigkeit im Gastrobereich des Ravensberger Basecamp keine Behinderung dar.<br />

3 |<strong>2019</strong> 89


mensch<br />

Kampf gegen Vorurteile In der Abteilung Göttinger Müsli Company fertigen 27 Rehabilitanden unter der Leitung von my.worX-Geschäftsführer<br />

Dietmar Thiele (r.) Bio-Müsli und Riegel in Handarbeit.<br />

stattung von Arbeitsplätzen abzufedern. Ebenso gibt es<br />

Zuschüsse im Falle von Minderleistungen. „Zum Schluss<br />

sind wir Wirtschaftsbetriebe mit in manchen Branchen<br />

sehr engen Margen“, erklärt Kaddatz. „Wenn dann ein<br />

Mitarbeiter nicht funktioniert, wird es schwer. Daher<br />

können die Zuschüsse eine Entscheidungshilfe sein, um<br />

auszutesten, ob jemand mit Einschränkungen überhaupt<br />

infrage kommt.“<br />

TROTZDEM BLEIBT ES SCHWIERIG, die Vorurteile bei<br />

potenziellen Arbeitgebern sind noch immer sehr präsent:<br />

sei es die Angst vor Minderleistungen, sei es die Angst,<br />

einen Behinderten wegen eines höheren Kündigungsschutzes<br />

nicht mehr loszuwerden. Insbesondere ist das<br />

bei psychischen Beeinträchtigungen der Fall. „Psychische<br />

Erkrankungen sind für viele noch tabuisiert, weil<br />

man sie nicht einzuschätzen weiß“ – das ist zumindest<br />

die Erfahrung von Dietmar Thiele. Er ist Geschäftsführer<br />

der gemeinnützigen my.worX gGmbH und des Instituts<br />

für angewandte Sozialfragen ifas. Beide haben die<br />

Aufgabe, Menschen mit psychischen Behinderungen in<br />

den Arbeitsmarkt zu integrieren und zu vermitteln, beziehungsweise<br />

bei my.worX auch einen geschützten Arbeitsplatz<br />

zu bieten – und das schon seit über 20 Jahren.<br />

So bietet my.worX in verschiedenen Abteilungen unter<br />

anderem Catering für Feste oder den Mittagstisch in Betrieben<br />

an, produziert Müsli, Riegel und Snacks aus<br />

Bio-Zutaten, digitalisiert und archiviert im Auftrag Dokumenten-Berge<br />

und Fotos. Zudem gibt es eine Fahrrad-<br />

Werkstatt sowie vielfältige Logistik-Dienstleistungen –<br />

wie beispielweise auch den Versand des <strong>faktor</strong>-Magazins.<br />

„Inzwischen haben wir einen ganz guten Kontakt zu<br />

großen und kleinen Betrieben, aber der ist über lange<br />

Zeit gewachsen“, erzählt Thiele. „Ein steiniger Weg,<br />

90 3 |<strong>2019</strong>


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denn man muss – obwohl die gesellschaftliche Diskussion<br />

viel offener geworden ist – immer noch oft erklären,<br />

was es eigentlich bedeutet, psychisch krank zu sein.“ Für<br />

den Vermittlungserfolg zähle daher die Offenheit und<br />

Transparenz gegenüber den jeweiligen Krankheitsbildern,<br />

noch mehr Aufklärung über die Unterstützung, die Betriebe<br />

erhalten können, sowie zu zeigen, dass die Betriebe<br />

nicht allein gelassen werden, sondern sich immer wieder<br />

melden können, wenn Probleme im Alltag auftauchen.<br />

DASS SICH GRUNDSÄTZLICH eine größere Offenheit<br />

gegenüber Behinderten entwickelt, beobachtet auch<br />

Thomas Seewe, der in der Arbeitsagentur Göttingen in<br />

der Vermittlung von Behinderten tätig ist. „Aber es ist<br />

nicht schlagartig passiert, sondern bewegt sich eher<br />

schleppend und könnte schneller sein.“ Auch komme es<br />

leider sehr oft vor, dass ein Behinderter nach der finanziell<br />

bezuschussten Probezeit nicht verlängert wird oder<br />

nur befristete Verträge erhält. Auch Seewe sieht daher<br />

eine der Hauptaufgaben in der weiteren Sensibilisierung<br />

von Betrieben.<br />

Handlungsbedarf bestehe aber auch bei den Behinderten<br />

selbst, betont Marcus Graubner, Vorsitzender des<br />

Allgemeinen Behindertenverbands in Deutschland. Einerseits<br />

betreffe dies die Motivation der Betroffenen.<br />

„Nach einem Unfall oder einer Erkrankung befindet man<br />

sich in einem Loch, aus dem heraus man erst einmal einen<br />

Weg finden und sein Selbstwertgefühl und die<br />

Selbstsicherheit wiederer langen muss.“ Eine der besten<br />

Möglichkeiten dazu sei eben Arbeit, die ein soziales Umfeld<br />

und eine Tagesstruktur bietet.<br />

Die zweite Hürde sieht Graubner in den rechtlichen<br />

Rahmenbedingungen. Für Behinderte gibt es altersunabhängig<br />

die Möglichkeit, bei einer behinderungsbedingten<br />

Leistungsminderung in die Erwerbsminderungs- oder<br />

Berufsunfähigkeitsrente zu gehen. „Auf den ersten Blick<br />

gibt das eine große Sicherheit, aber gleichzeitig verwehrt<br />

es den Weg zurück in den Arbeitsmarkt, da aus der Rente<br />

heraus keine Weiterqualifikation möglich ist“, so Graubner.<br />

Damit bleibt das Potenzial, das sich Behinderten insbesondere<br />

durch die Digitalisierung bietet, ungenutzt –<br />

beispielsweise im Nachschulungsbedarf von Älteren.<br />

„Von diesen Potenzialen können Behinderte profitieren,<br />

aber man muss ihnen die Chance zur beruflichen Weiterbildung<br />

lassen.“<br />

Demgegenüber müssten aber nicht zuletzt auch Behinderte<br />

selbst offener werden. „Wir müssen uns genauso<br />

bewegen wie andere Arbeitnehmer auch und die Schritte<br />

ins digitale Zeitalter mitmachen“, sagt Graubner, der<br />

selbst seit der Geburt mit einer spastischen Tetraparese<br />

lebt. „Lebenslanges Lernen gilt auch für uns.“ ƒ<br />

FÖRDERMÖGLICHKEITEN bei der Einstellung und<br />

Beschäftigung von Behinderten:<br />

• Probebeschäftigung Schwerbehinderter, um die Eignung<br />

für den Arbeitsplatz festzustellen: Übernahme der<br />

Lohnkosten für maximal drei Monate<br />

• Eingliederungszuschuss: befristete finanzielle<br />

Unterstützung, die dazu dient, eine Minderleistung auszugleichen,<br />

die beispielsweise aufgrund des Handicaps<br />

vorhanden ist, oder die durch eine intensivere Einarbeitung<br />

und Begleitung gerechtfertigt ist. Die Höhe und<br />

Dauer des Eingliederungszuschusses richtet sich nach<br />

dem individuellen Einzelfall.<br />

• Sonderprogramm zur Förderung der Beschäftigung von<br />

Schwerbehinderten des Landes Niedersachsen: ebenfalls<br />

befristete, aber hohe finanzielle Förderung<br />

• Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung<br />

• Zuschüsse für die behindertengerechte Ausgestaltung<br />

von Ausbildungs- oder Arbeitsplätzen<br />

• begleitende Hilfe im Arbeitsleben: Lohnausgleich von<br />

Minderleistungen durch das Integrationsamt<br />

KONTAKT<br />

Arbeitsagentur Göttingen<br />

Thomas Seewe (für Betriebe im Raum Göttingen,<br />

Hann. Münden und Osterode): Tel. 0551 520330<br />

Elke Dittrich (für Betriebe im Raum Duderstadt,<br />

Northeim, Einbeck, Uslar): Tel. 0551 9803222<br />

92 3 |<strong>2019</strong>


Tagegleiter<br />

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eigene Weise: aufregend, inspirierend, einzigartig. Mit allen Sinnen erleben,<br />

Erfahrungen weitergeben und Ideen aufnehmen. Das macht das Leben<br />

bunt und vielfältig. Wir spüren auf, was Menschen wünschen. Wir erfüllen<br />

Sehnsüchte und schaffen begeisternde Duft- und Geschmackserlebnisse.<br />

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PROFIL<br />

Zusammen selbstständig<br />

In den alten Räumlichkeiten der Sparkasse Göttingen wird an IoT, Big Data und KI gearbeitet.<br />

Und ganz nebenbei ein neues Unternehmenskonstrukt etabliert: die employee-owned company.<br />

Ein Besuch beim größten Start-up der Stadt – der Arineo GmbH.<br />

„Im Grunde ist es ganz<br />

einfach. Wir verfolgen<br />

mit Arineo das Ziel,<br />

für unsere Kunden die<br />

besten IT-Dienstleistungen<br />

zu erbringen“<br />

DR. MARKO WEINRICH<br />

Die Klingel ist provisorisch beschriftet,<br />

auf der Tür klebt eine nagelneue<br />

Folierung. Arineo. Ein Schild weist<br />

darauf hin, dass man sie noch nicht anfassen<br />

soll. Mit Smiley. Dann geht es über zwei steile<br />

Treppen hoch in die alten Büros der Sparkasse.<br />

Rechts eine Auslage mit bunten Klatschpappen.<br />

Employee-owned company steht<br />

auf der einen Seite, auf der anderen prangt<br />

das Logo des Unternehmens. Eine Gruppe<br />

Mitarbeiter kommt uns entgegen, ausgelassen,<br />

jung, mehrheitlich männlich. Sie wollen<br />

in die Mittagspause – heute ist Dönerstag,<br />

sagen sie, lachend, und schlagen den Weg in<br />

die Innenstadt ein.<br />

MAN NIMMT DEN KONTRAST ZWISCHEN<br />

dem dunklen Spannteppich aus dem vergangenen<br />

Jahrhundert und der beschwingten<br />

Stimmung deutlich wahr. Mathematiker würden<br />

sagen: Die Faktoren verhalten sich umgekehrt<br />

proportional. Doch viel Zeit ist nicht,<br />

über die Wechselbeziehung von Stimmung<br />

und Räumlichkeiten zu sinnieren. Schon begrüßt<br />

uns Dr. Marko Weinrich, einer der Geschäftsführer<br />

des im Dezember 2018 gegründeten<br />

IT-Dienstleisters. Von ihm und seinen<br />

vier Kollegen aus der Geschäftsführung, Frank<br />

Jakobi, Martin Renker, Martin Schweicher und<br />

Dr. Frank Wilkes, werden wir erfahren, was<br />

sich hinter dem Begriff employee-owned company<br />

verbirgt.<br />

„Im Grunde ist es ganz einfach. Wir verfolgen<br />

mit Arineo das Ziel, für unsere Kunden<br />

die besten IT-Dienstleistungen zu erbringen“,<br />

erklärt Weinrich und fährt schmunzelnd fort:<br />

„Und jetzt stellt sich die Frage, was macht<br />

IT-Dienstleistungen gut?“ So viel vorweg: Es<br />

geht nicht allein um die Exzellenz der Programmierung<br />

oder die niedrigsten Preise.<br />

Nicht nur um Servicezeiten. Ausschlaggebend<br />

sei, so Weinrich, dass die Kunden langfristig<br />

von einem gleichbleibenden, motivierten und<br />

fähigen IT-Expertenteam betreut werden. Die<br />

Beständigkeit, unterstreicht er, mache den<br />

Unterschied. Denn für Unternehmen sei es<br />

äußerst mühselig, einen passenden IT-Dienstleister<br />

zu finden. Aus diesem Grund folgen<br />

Kunden oft Mitarbeitern, wenn diese den Arbeitgeber<br />

wechseln. „Das ist wiederum ein<br />

Risiko für den IT-Dienstleister“, ergänzt Martin<br />

Renker und fügt an: „Deshalb wollen wir<br />

Rahmenbedingungen schaffen, in denen sich<br />

unsere Mitarbeiter wohlfühlen. Eine Firma, in<br />

der sie gerne arbeiten, ohne über einen Jobwechsel<br />

nachzudenken.“


FOTO: LUKA GORJUP<br />

Ein neues starkes Team: Frank Jakobi, Martin Schweicher, Dr. Marko Weinrich, Dr. Frank Wilkes und Martin Renker (v.l.n.r.)<br />

WAS ALSO MACHT ARINEO ANDERS? „Wir<br />

haben in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht,<br />

dass Menschen in der Regel einen Arbeitsplatz<br />

suchen, der ihnen zunächst finanzielle und<br />

emotionale Sicherheit, Entwicklungsmöglichkeiten<br />

und Wertschätzung bringt“, führt Renker<br />

aus, „ist dies gewährleistet, kann sich das für<br />

gute IT-Dienstleistungen notwendige kreative<br />

Poten zial erst richtig entfalten.“ Damit die Investitionen<br />

in die Menschen und ihre Ideen<br />

sichergestellt sind, soll Arineo ein sogenanntes<br />

Purpose- Unternehmen werden – also ein<br />

unverkäufliches, bei dem alle Überschüsse<br />

in der Firma verbleiben. „Wir haben in der<br />

Gründungssatzung festgelegt, dass spätestens<br />

in fünf Jahren die Mehrheit den Mitarbeitern<br />

gehören soll“, fügt Martin Schweicher<br />

hinzu. Das ist der Kern der neuen Form: ein<br />

Purpose- Unternehmen, abge sichert durch das<br />

Eigentum der Mitarbeiter.<br />

Die Arineo Gmbh ist seit ihrer Gründung<br />

im Dezember 2018 rasant gewachsen. Sie<br />

beschäftigt inzwischen 200 Menschen und<br />

schreibt schwarze Zahlen. „Natürlich kommt<br />

eine solche Entwicklung nicht aus dem Nichts.<br />

Unser Erfolg ist darauf zurückzuführen, dass<br />

die meisten unserer Mitarbeiter bereits vorher<br />

zusammengearbeitet haben. Sie kannten und<br />

schätzten einander und die EOC-Idee“, erläutert<br />

Frank Jakobi. Die Begeisterung für das<br />

gemeinsame Unterfangen zeige sich auch dadurch,<br />

dass knapp 50 Mitarbeiter Geld für die<br />

Unternehmensgründung zur Verfügung gestellt<br />

hätten. „Allein geht so etwas nicht. Wir arbeiten<br />

allesamt sehr intensiv an der Verwirklichung<br />

unserer gemeinsamen Vision. Das ist die Basis<br />

unseres Erfolgs“, betont Frank Wilkes.<br />

ARINEO HAT BEREITS ZEHN STANDORTE<br />

in Deutschland und Österreich, hat sich jedoch<br />

hinsichtlich des Sitzes bewusst für den Standort<br />

Göttingen entschieden. Hier habe es starke<br />

regio nale Partner, die es unterstützen – zum<br />

Beispiel die Sparkasse Göttingen mit ihrem Vorstandsvorsitzenden<br />

Rainer Hald. Darüber hinaus<br />

biete Göttingen durch die vielen hochwertigen<br />

Bildungseinrichtungen optimale Kooperationsmöglichkeiten<br />

für die Entwicklung marktrelevanter<br />

Innovationen und die Gewinnung neuer<br />

Mitarbeiter. „EOC ist ein Win-win-Konzept – für<br />

unsere Mitarbeiter und für unsere Kunden. Wir<br />

würden uns sehr freuen, wenn in Zukunft weitere<br />

Unternehmen diesen Schritt wagen würden.<br />

Das Konstrukt hat noch viel Potenzial“, schließt<br />

Weinrich ab – und in seinen Augen flackert ein<br />

wenig Stolz auf.<br />

KONTAKT<br />

Arineo GmbH<br />

Sarah Peters<br />

Paulinerstr. 12<br />

37073 Göttingen<br />

Tel. 015172119648<br />

info@arineo.com<br />

www.arineo.com


mensch<br />

Wie im Märchen<br />

Sie lebt ihren Traum, und sie arbeitet hart dafür.<br />

Erzsébet I. Wagner ist Inhaberin des Luxustaschenlabels<br />

Utmon es pour Paris. Doch für die<br />

gebürtige Ungarin gab es auch andere Zeiten.<br />

Die Wahl-Göttingerin erzählt von ihrem Weg<br />

vom einfachen Leben auf dem Bauernhof in die<br />

große weite Modewelt und davon, warum Falten<br />

zum Leben gehören.<br />

TEXT ANJA DANISEWITSCH<br />

FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />

96 1|<strong>2019</strong>


mensch<br />

3 |<strong>2019</strong> 97


mensch<br />

Wer glaubt, Märchen gebe ist nur<br />

in der Literatur – der irrt. Sie<br />

passieren tatsächlich, die Geschichten,<br />

in denen Menschen<br />

vom Tellerwäscher zum Millionär<br />

werden. So wie diese: Das<br />

einst kleine Mädchen aus dem<br />

ländlichen Ungarn präsentiert Jahrzehnte später in Paris<br />

auf der Fashion Week eine eigene Kollektion. Jetset und<br />

Glamour, aber auch bodenständiges Leben – das ist Erzsébet<br />

Ilona Wagner. Eine Frau, die mit 19 Jahren bereits<br />

wusste, dass sie einmal ein anderes Leben führen möchte<br />

als das, das in ihrem ungarischen Heimatort auf sie wartete.<br />

Sie machte ihr Abitur und zog hinaus in die Welt ...<br />

Das klingt nach dem Beginn einer guten Story.<br />

„ALS KIND HATTE ICH NIE LANGE FINGERNÄGEL und<br />

immer dreckige Hände“, erzählt Wagner, lacht und<br />

schaut auf ihre gepflegten Hände. Damals lebte sie in<br />

einem Ort mit 30.000 Einwohnern. Im <strong>Herbst</strong>, wenn die<br />

Kartoffelernte anstand, ging Lisa, wie sie von ihren<br />

Eltern gerufen wurde, mit aufs Feld. Sie wuchs zwischen<br />

Schweinen und Rindern auf, die Namen hatten und<br />

irgendwann geschlachtet wurden. „Schweine hatten wir<br />

vor allem, um etwas zum Tauschen zu haben, wenn wir<br />

beispielsweise Fliesen für unser Bad brauchten“, sagt die<br />

heute 44-Jährige. Tauschwirtschaft statt Marktwirtschaft.<br />

So ist sie groß geworden. Mode gab es nur in<br />

verbotenen Westzeitschriften zu bestaunen, und Freiheit<br />

endete an der Grenze zu Österreich.<br />

»Ich könnte ein ganzes Buch schreiben,<br />

darüber, was ich alles erlebt habe,<br />

bis ich schließlich 2001 meine neue<br />

Heimat in Göttingen fand. «<br />

AN DIESER STELLE MUSS EIN SPRUNG in die Gegenwart<br />

erlaubt sein: Erzsébet I. Wagner wohnt in einer<br />

Stadtvilla aus der Gründerzeit mitten in Göttingen – mit<br />

großem Garten und Goldfischteich. Sie trägt teure Schuhe<br />

und elegante Kleider. „Als Kind hatte ich immer gedacht,<br />

wenn ich groß bin, werde ich schöne Mode tragen<br />

und schnelle Sportautos fahren“, so die gebürtige Ungarin.<br />

„Das war wohl – neben meiner Neugier – auch einer<br />

der Gründe, warum ich mit 19 Jahren in die west liche<br />

Welt gegangen bin.“ Seit 2017 ist ihr eigenes Taschenlabel<br />

Utmon es pour Paris auf dem Markt, unter dem sie<br />

weltweit Luxustaschen vertreibt: ob in Dubai, Los Angeles,<br />

St. Barth oder an der Côte d’Azur. Erfolgreich. <strong>2019</strong><br />

erhielt ihre Taschenkollektion ‚Switchbag‘ den German<br />

Design Special Award, weil, so die Jury, „diese Tasche<br />

Funktionalität und Stil aufs Beste miteinander vereint<br />

und weil sie die vielleicht luxuriöseste Art (ist), seine sieben<br />

Dinge durchs Leben zu tragen“.<br />

Doch zwischen damals und heute liegt sich ein langer<br />

Weg. „Ich könnte ein ganzes Buch schreiben, darüber,<br />

was ich alles erlebt habe, bis ich schließlich 2001 meine<br />

neue Heimat in Göttingen fand“, sagt Wagner. Göttingen,<br />

das ist für sie eine Großstadt, die klein genug ist, um<br />

auch einmal zur Ruhe zu kommen. Nur leider passiert<br />

das, seit sie selbst Unternehmerin ist, viel zu selten.<br />

„Wenn ich 70 Jahre bin, werde ich vielleicht mit meinem<br />

Mann zu Hause auf dem Sofa sitzen“, sagt sie und kommentiert<br />

dies mit einem Augenzwinkern. Doch richtig<br />

glauben möchte man es ihr nicht. Denn sowohl sie als<br />

auch ihr Ehemann Helmut Wagner, Gründer der amedesgroup,<br />

mit dem sie seit 2017 verheiratet ist, haben stets<br />

volle Terminkalender. Und sie lieben es unterwegs zu<br />

sein, zu reisen und die Freiheit zu genießen, die Freiheit,<br />

einfach mal loszufahren und auf der Autobahn spontan<br />

die Ausfahrt Richtung Frankreich zu nehmen.<br />

DIESEM FREIHEITSDRANG IST ES AUCH zu verdanken,<br />

dass es Erzsébet Wagner 1993 von Ungarn nach München<br />

zog, nach Kitzbühel, nach London, Mailand, Zürich und<br />

sogar bis nach San Francisco. In ihrem ersten Job im ‚Westen‘<br />

arbeitete sie als Kindermädchen bei einer prominenten<br />

Fußballerfamilie und traf zum ersten Mal in ihrem<br />

Leben auf gelebten Luxus: Designerkleider, ungetragen,<br />

ein Ankleidezimmer und die Möglichkeit, wie selbstverständlich<br />

500 Kilometer zum nächsten Friseur zu fahren.<br />

Die junge Frau war beeindruckt – und zog dennoch<br />

98 3 |<strong>2019</strong>


mensch<br />

ZUR PERSON<br />

Erzsébet Ilona Wagner gründete vor drei Jahren ihr<br />

eigenes Taschenlabel Utmon es pour Paris. Neben der<br />

preisgekrönten Switchbag brachte sie in limitierter<br />

Auflage ein eigenes Parfum auf den Markt, das ursprünglich<br />

nur zum Parfümieren ihrer Taschen gedacht war.<br />

Nachdem Wagner mit 19 Jahren ihre Heimat in Ungarn<br />

verließ, ist sie in der Welt zu Hause. Heute lebt sie mit ihrem<br />

Mann und ihrem Sohn die meiste Zeit des Jahres in<br />

Göttingen, ist aber ebenso gern im Ferienhaus in<br />

Südfrankreich daheim.<br />

3 |<strong>2019</strong> 99


mensch<br />

Detailverliebt Erzsébet Wagner besucht regelmäßig die beauftragte Manufaktur in Thüringen, um neue Kollektionen vor Ort abzunehmen.<br />

weiter: Sie wollte mit Anfang zwanzig ihre neu gewonnene<br />

Freiheit genießen. „Wenn man aus freien Stücken<br />

durch die Welt zieht, erlebt man sie anders, als wenn<br />

man eine Reise bucht“, sagt Wagner, die heute inzwischen<br />

mehrere Sprachen spricht. „Ich war so durstig und<br />

hungrig nach allem Neuen.“ So kam sie schließlich auch<br />

nach Paris – der Stadt der Liebe, der sie bis heute verfallen<br />

ist.<br />

PARIS IST ABER NICHT NUR DIE STADT DER LIEBE, sie<br />

ist vor allem auch die Stadt der Mode. Niemand kleidet<br />

sich mit einer Lässigkeit so elegant wie die Pariserinnen,<br />

die scheinbar mühelos ein Lebensgefühl in die Kleidung<br />

übertragen. Für Wagner der Ort für Inspirationen. Und<br />

ihr Label Utmon es pour Paris ist heute eine Liebeserklärung<br />

an diese Stadt und an die Frauen, die ihr Frausein<br />

leben und lieben. „Ich entscheide selbst. Ich bin Frau genug.<br />

Dafür steht unter anderem auch meine Marke“,<br />

sagt die Geschäftsfrau selbstbewusst und meint damit<br />

sowohl sich als auch alle anderen mutigen Frauen, die<br />

unabhängig und selbstbestimmt durchs Leben gehen.<br />

Für Frauen wie eben diese hat sie ihre Switchbag entworfen.<br />

„Ich war, bevor ich 2017 mein eigenes Label<br />

gründete, auf der Suche nach einer Tasche, die meinen<br />

Ansprüchen gerecht wurde und dabei so stylisch ist, dass<br />

ich sie tagsüber im Business ebenso wie abends zum Ausgehen<br />

mit einem guten Gefühl trage“, so Wagner. Ähnliche<br />

Formate gab es auf dem Markt, „aber nicht in<br />

schick“. Also warum nicht selbst designen, wofür es<br />

doch einen Bedarf gibt? Denn die Switchbag ist vieles:<br />

Sie ist klein genug, um für den Stadtbummel schnell in<br />

einem größeren Shopper zu verschwinden. Dennoch ist<br />

sie groß genug, um die wichtigsten Utensilien einer Frau<br />

aufnehmen zu können. Und: Wagners Switchbag ist so<br />

schick, dass sie als Clutch auch beim abendlichen<br />

Empfang auf einer Segeljacht in St. Tropez heimliche<br />

Blicke auf sich zieht.<br />

OBWOHL WAGNER SEIT MARKTEINFÜHRUNG ihrer<br />

Marke vor zwei Jahren bereits sehr viel erreicht hat, ist<br />

sie noch lange nicht am Ziel. „Ich bin noch nicht zufrieden.<br />

Für mich könnte alles viel schneller gehen“, sagt sie.<br />

Diese Ungeduld ist wahrscheinlich ebenso ihrem ungarischen<br />

Temperament zuzuschreiben wie ihre herzliche<br />

100 3 |<strong>2019</strong>


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mensch<br />

Nachhaltiger Konsum<br />

Die altrosafarbene Switchbag ist aus<br />

Bonded Leather – das sind Abfallstücke<br />

bei der Lederver arbeitung und Lederreste,<br />

die neu aufbereitet werden und nichts von<br />

ihrer Herkunft erahnen lassen.<br />

und direkte Art, sofort im Gespräch zu sein und dabei<br />

leidenschaftlich zu gestikulieren. „Das können nicht nur<br />

die Italiener“, erklärt sie lachend. Ja, sie lache gern und<br />

zeige ihre Gefühle. Das sei übrigens auch ein Grund, warum<br />

sie nie auf die Idee käme, sich Botox spritzen zu<br />

lassen: „Wie soll ich dann die Stirn runzeln? Das geht<br />

nicht“, sagt sie lakonisch. Ein Thema, dass in der Welt<br />

der Mode durchaus an der Tagesordnung ist – jedoch<br />

nicht für Wagner. Sie möchte mit ihrer Haltung die Frauen<br />

motivieren, dazu zu stehen, dass sie sind, wie sie sind.<br />

„Das Leben formt jeden Menschen so einzigartig. Warum<br />

sollte man es verstecken? Jedes Fältchen zeigt letztlich:<br />

‚Ich habe gelebt‘.“ Daher resümiert die dreifache Mutter:<br />

„Ich kriege immer mehr Falten, aber dafür habe ich auch<br />

etwas getan.“<br />

INDESSEN ZEICHNET SICH IN DER FASHION-WELT mit<br />

der nachrückenden, jüngeren Generation leise der Wandel<br />

ab, sich auf neue Werte zu besinnen. Ob es um Themen<br />

wie Nachhaltigkeit geht oder um die Wertigkeit von<br />

Mode. Der große Einfluss der Fast-Fashion-Ketten, so<br />

hofft Wagner, wird durch bewussten und verantwortungsvollen<br />

Konsum irgendwann der Vergangenheit angehören.<br />

Mit ihrem Label setzt sie dafür wegweisende<br />

Akzente – auch im Luxussegment. „Meine Marke ist<br />

und bleibt Made in Germany. Und auch bei der Wahl des<br />

Leders schaue ich genau hin“, sagt die Wahlgöttingerin.<br />

In ihrer Kollektion lässt sie Bonded Leather verarbeiten<br />

– das sind Abfallstücke bei der Lederverarbeitung und<br />

Lederreste, die neu aufbereitet werden und als altrosafarbene<br />

Switchbag nichts von ihrer Herkunft erahnen<br />

lassen. Von Hand gefertigt in einer kleinen und traditionsreichen<br />

Manufaktur in Sangerhausen im nahe<br />

gelegenen Thüringen wird jedes Lederstück vor der Verarbeitung<br />

gedreht und gewendet und auf Fehler geprüft.<br />

„Ich sehe nicht nur bei der Produktion der Taschen meine<br />

Verantwortung. Daher sind Transparenz und Konsum<br />

ein großes Thema für mich“, sagt Wagner. „Ich möchte<br />

weder Kinderarbeit noch Tierquälerei unterstützen,<br />

sonst kann ich nicht gerade in den Spiegel schauen.“<br />

WÄHREND ERZSÉBET WAGNER so aus ihrem Leben erzählt,<br />

sitzt sie auf der massiven, schwarzen Ledercouch<br />

in ihrem geräumigen Wohnzimmer, in der Hand eine kitschige<br />

Katzentasse: „Die ist von meiner Tochter – meine<br />

Lieblingstasse“, erklärt sie und lächelt ein wenig versonnen.<br />

Der Raum ist lichtdurchflutet. Schwere Vorhänge<br />

umrahmen die bodentiefen Fenster, an den Wänden hängen<br />

Gemälde alter Meister, Lüsterlampen schaffen eine<br />

herrschaftliche Atmosphäre. „Ich bin jeden Tag dankbar,<br />

dass ich das machen kann, was ich mache“, sagt Wagner<br />

und sieht sich um. „Einst in Ungarn hat mir meine Mutter<br />

noch des Nachts – nach ihrer Arbeit in der Genossenschaft<br />

und auf unserem Hof – aus Gardinenstoffen Kleider<br />

designt und genäht... sie wusste, wie viel mir schon<br />

als Jugendliche Mode bedeutete. Damals war mir das<br />

Selbstgemachte ein wenig peinlich. Heute bin ich stolz<br />

darauf!“ Vielleicht brauchte es genau diesen langen Weg,<br />

um dort anzukommen, wo Wagner jetzt ist. ƒ<br />

Sie wollen mehr wissen?<br />

Mehr zum Luxustaschenlabel<br />

Utmon es pour Paris und der<br />

Herstellung der Switchbag von<br />

Erzsébet I. Wagner gibt es im neuen<br />

<strong>faktor</strong>Stil zu lesen. Kein Exemplar<br />

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102 3 |<strong>2019</strong>


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mensch<br />

Greifbare Ergebnisse<br />

MPI-Direktor Christian Griesinger forscht daran, einige unserer schwerwiegensten<br />

Zivilisationskrankheiten zu bekämpfen und wurde für seine bahnbrechenden Erkenntnisse<br />

bereits mehrfach ausgezeichnet.<br />

TEXT STEFAN LIEBIG FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />

War es ein Zeichen, dass der in Ulm geborene<br />

Christian Griesinger einst als junger Mann<br />

die Bronzemedaille der Internationalen<br />

Chemieolympiade ausgerechnet in Torun<br />

gewann, der polnischen Partnerstadt Göttingens? Er war<br />

damals gerade einmal 18 Jahre alt – 21 Jahre später sollte<br />

er die Leitung einer Abteilung am Max-Planck-Institut<br />

(MPI) für biophysikalische Chemie in der Gänselieselstadt<br />

übernehmen. Doch diese Verknüpfung der Stationen seines<br />

Lebenslaufs ist wohl etwas zu konstruiert ... „Auch<br />

wenn ich in Torun erstmals erkannte, dass ich in Chemie<br />

so schlecht nicht sein kann“, wie Griesinger heute<br />

schmunzelnd erzählt.<br />

DASS DEM TATSÄCHLICH SO IST, erkannten im Laufe<br />

seines Lebens auch noch viele andere: Denn inzwischen<br />

kann Griesinger zahlreiche angesehene Auszeichnungen<br />

im Bereich der Wissenschaft sein Eigen nennen – seit diesem<br />

Jahr auch den Günther-Laukien-Preis, den er für<br />

seine herausragenden Beiträge zur Kernspinresonanz-<br />

(NMR)- Spektroskopie erhielt. Griesinger erforscht die<br />

Struktur von Molekülen und deren Dynamik. Denn nur,<br />

wenn Proteine und Nukleinsäuren sich in eine bestimmte<br />

Form falten, können sie ihre biologische Aufgabe erfüllen.<br />

Der Wissenschaftler untersucht, auf welche Details es dabei<br />

ankommt. „Der Günther-Laukien- Preis ist die wichtigste<br />

Auszeichnung in diesem Bereich“, sagt Griesinger<br />

erfreut, der den 1997 verstorbenen Namensgeber zu Lebzeiten<br />

selbst noch kennenlernen durfte. „Ende der 1980er-<br />

Jahre führte ich mit einigen Forscherkollegen NMR-Messungen<br />

auf dem Bruker-Firmengelände durch. Günther<br />

Laukien hatte damals dort auch seine Wohnung. Er kam<br />

abends öfter zu uns und ließ sich, wie ein liebevoller<br />

Großvater von seinen Enkeln, alles über unsere spannende<br />

Forschung erklären.“<br />

WER JETZT DENKT, DASS GRIESINGERS WEG von klein<br />

auf vorgezeichnet war, der irrt: „Mein Zwillingsbruder<br />

und ich waren eher Spät entwickler, allerdings entdeckte<br />

ich schon früh mein Talent, Elektrogeräte zu reparieren“,<br />

erzählt der heute 59-Jährige und erinnert sich zurück an<br />

seine Kindheit in Neu-Isenburg. In dieser Zeit erwacht<br />

auch sein Interesse an Naturwissenschaften, und mit zwei<br />

Onkeln, die Chemiker sind, hat er bereitwillige Gesprächspartner.<br />

„Bei Familienfeiern sprachen wir nur über das<br />

eine. Und als meine Eltern mir dann auch noch einen<br />

Chemiebaukasten schenkten, war ich endgültig infiziert.“<br />

Und so wendet sich der jugendliche und eigentlich sehr<br />

sportliche Mann von anderen Hobbys ab – bis dahin<br />

stand er lange im aktiven Wettstreit mit seinem Bruder:<br />

Sie turnten, spielten Tennis und schwammen – sogar in<br />

demselben Verein wie ,Albatros‘ Michael Groß. „Das<br />

schwierigste Hobby aber, vor allem für die Nachbarn, war<br />

das Klavierspielen. Erst übte ich, dann mein Bruder, und<br />

umgekehrt. In einer Mietwohnung geht so was nicht lange<br />

gut“, sagt Griesinger mit einem schelmischem Lächeln.<br />

Seine Mutter freut sich, dass sein neues Hobby nun mit<br />

weniger Geräuschkulisse verbunden ist und fährt den<br />

104 3 |<strong>2019</strong>


mensch<br />

3 |<strong>2019</strong> 105


mensch<br />

heranwachsenden Sohn bereitwillig zur Universitätsbibliothek,<br />

um sich wissenschaftliche Lektüre auszu leihen.<br />

Nach dem Abitur entscheidet sich Griesinger ohne Zögern<br />

für ein Doppelstudium der Chemie und Physik auf<br />

Diplom an der Universität Frankfurt. „Ich wollte vielseitig<br />

studieren. Dieser universelle Ansatz ist heutzutage<br />

leider kaum noch umsetzbar“, sagt er bedauernd und<br />

verweist auf die aus seiner Sicht nachteiligen Veränderungen<br />

der Studienordnungen.<br />

TROTZ ODER GERADE WEGEN DIESER offenen Herangehensweise<br />

findet der junge Student schnell seine Spezialdisziplin<br />

in der Kernspinresonanz-(NMR)-Spektroskopie,<br />

die ihn bis heute begeistert. „Es waren goldene Zeiten<br />

damals – alles, was man anfasste, war neu und führte zu<br />

Publikationen“, erklärt der Chemiker schwärmend, für<br />

den nach einem langweiligen Schülerpraktikum in der<br />

Pharmaindustrie schon früh feststeht, dass er in die akademische<br />

Forschung gehen will. Er wählt seinen Diplom- und<br />

Doktorvater Horst Kessler, der den Lehrstuhl für Organische<br />

Chemie an der Frankfurter Uni innehat, wegen seiner<br />

wissenschaftlichen Spezialisierung aus. Dieser schickt ihn<br />

schon mitten in der Diplomarbeit gemeinsam mit einem<br />

höhersemestrigen Kommilitonen und dem verantwortungsvollen<br />

Auftrag, ein NMR-Spektrometer zu testen, in<br />

die USA. Und schließlich vermittelt ihm Kessler auch die<br />

Möglichkeit, während der Doktorarbeit bei dem späteren<br />

Nobelpreisträger Richard Ernst an der ETH in Zürich zu<br />

forschen. Diesem Aufenthalt schließen sich nach der Promotion<br />

weitere dreieinhalb Jahre als Postdoktorand an.<br />

DIESE FÜR IHN EXTREM LEHRREICHE ZEIT endet mit<br />

dem Wechsel zurück an ,seine‘ Frankfurter Universität.<br />

Hier erhält er eine C4-Professur – allerdings ohne Habilitation,<br />

denn schon zu dem Zeitpunkt qualifizieren ihn<br />

30 eigene Publikationen. Mit seinen gerade 29 Jahren<br />

gehört er trotz seiner vielen Erfolge aber dennoch zum<br />

Nachwuchs. „Diese Jahre lehrten mich sehr viel – insbesondere<br />

im Bereich der Mitarbeiterführung“, sagt er und<br />

erinnert sich an Zeiten, in denen er auch einige Kämpfe<br />

mit seinen Kollegen zu bestehen hatte.<br />

Doch Griesinger etabliert sich schnell, was auch die<br />

erstaunliche Liste seiner wissenschaftlichen Auszeichnungen<br />

beweist. Herausragend hierbei ist sicher der<br />

Leibniz-Preis, den er 1998 erhält. „Dieser war auch ausschlaggebend<br />

für den Ruf an das Göttinger MPI“, sagt<br />

Griesinger, der sich nach reiflicher Überlegung für den<br />

Umzug entscheidet. Zwar genießt er einen hervorragenden<br />

Ruf und bestmögliche Ausstattung in Frankfurt,<br />

doch will er ein anderes Umfeld kennenlernen und das<br />

Zusammenspiel der verschiedenen MPI und der Universität<br />

in Göttingen für seine Forschungen nutzen. Hier<br />

trifft er im Übrigen auch seinen Bruder wieder, der zu<br />

dieser Zeit als Assistenz- und dann als Oberarzt an der<br />

Universitätsmedizin der Stadt arbeitet.<br />

Den Wechsel als Direktor an das MPI für biophysikalische<br />

Chemie bereut Griesinger bis heute nicht. Auch<br />

hier kann er seine Arbeit erfolgreich weitertreiben. Doch<br />

der Wissenschaftler will die Ergebnisse jahrelanger Forschung<br />

nun auch in der Praxis genutzt wissen. Daher<br />

gründet er im Jahr 2013 zusammen mit Armin Giese<br />

von der Ludwig-Maximilians-Universität München und<br />

zwei weiteren Wissenschaftlern die Firma MODAG. Das<br />

Unternehmen erforscht, wie bestimmte Proteine bei neurodegenerativen<br />

Erkrankungen miteinander verklumpen,<br />

und entwickelt Moleküle, die eben diese Verklumpung<br />

verhindern. Bisherige Untersuchungen an Mäusen<br />

sind vielversprechend: Denn die von ihm und seinen<br />

Kollegen neu entwickelten Wirkstoffe können bei den<br />

Nagern die Parkinson-Erkrankung verlangsamen und<br />

das damit einhergehende Absterben von Nervenzellen<br />

stoppen. „Wenn sich in den klinischen Studien, die demnächst<br />

anlaufen werden, zeigt, dass sich unsere Ergebnisse<br />

von der Maus auf den Menschen übertragen lassen,<br />

könnten die Wirkstoffe möglicherweise auch bei Patienten<br />

mit der Parkinson-Creutzfeldt-Jakob- und der Alzheimer-Krankheit<br />

sehr positive Effekte zeigen“, sagt er<br />

und formuliert damit seine Hoffnung für die Zukunft.<br />

MIT DEM JÜNGSTEN HÖHEPUNKT seiner Karriere, dem<br />

Günther-Laukien-Preis, bestätigen die Juroren einmal<br />

mehr seine großen Fortschritte. Dass es aber häufig Jahrzehnte<br />

dauert, bis es zu greifbaren und in der Praxis<br />

nutzbaren Ergebnissen kommt, beflügelt Griesinger eher,<br />

als dass es ihn demotiviert. „Einen wirklichen Durchbruch<br />

hat man als Forscher wahrscheinlich nur einmal<br />

im Leben – aber dafür lohnt es sich, zu arbeiten.“ Über<br />

seine vielen Auszeichnungen freut er sich zwar, aber<br />

sieht diese nicht als wesentliche Motivation. Vielmehr<br />

möchte er am Wandel seines Fachgebiets teilhaben und<br />

hofft, einen entscheidenden Beitrag hierfür zu leisten. ƒ<br />

ZUR PERSON<br />

Christian Griesinger, geboren 1960 in Ulm, forscht seit<br />

1999 in Göttingen als Direktor am Max-Planck-Institut für<br />

biophysikalische Chemie und ist gleichzeitig als Honorarprofessor<br />

an der Georg-August- Universität tätig.<br />

Schwerpunktmäßig arbeitet er daran, Methoden in der<br />

NMR-Spektroskopie zu entwickeln und diese im biologischen<br />

und pharmakologischen Umfeld anzuwenden.<br />

Griesinger ist seit 2007 gewähltes Mitglied der Akademie<br />

der Wissenschaften zu Göttingen, wurde neben zahlreichen<br />

weiteren Auszeichnungen unter anderem mit dem<br />

Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft,<br />

dem Otto-Bayer-Preis und erst in diesem Jahr mit dem<br />

Günther-Laukien-Preis geehrt.<br />

106 3 |<strong>2019</strong>


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mensch<br />

108 3 |<strong>2019</strong>


mensch<br />

Mehr als ein<br />

Stehaufmännchen<br />

Man muss weggehen, um wiederkommen zu können. Marc Wallert legte einen weiten Weg<br />

zurück, um wieder anzukommen: in seiner Heimatstadt Göttingen und bei sich selbst.<br />

Im Jahr 2000 wurde er gemeinsam mit seinen Eltern entführt und über Monate im<br />

philippinischen Dschungel als Geisel gefangen gehalten. Heute – rund 20 Jahre später –<br />

berichtet er als Speaker, warum dies für ihn dennoch kein Schicksalsschlag war und wie wir<br />

die Krise als Chance begreifen können.<br />

TEXT ANJA DANISEWITSCH FOTOGRAFIE STEPHANIE WOLFF PHOTOGRAPHY & ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />

Wo beginnt man, wenn man eine Geschichte<br />

erzählen möchte, die mehrere<br />

Anfänge zu haben scheint? Und<br />

in welcher die Vergangenheit und<br />

die Gegenwart – ineinander verschlungen<br />

– erst nach Jahrzehnten<br />

ihren Sinn enthüllen? Denn als Marc Wallert im Jahr<br />

2000 zusammen mit seinen Eltern bei einem Tauch urlaub<br />

in Malaysia entführt wurde, war das ein gravierender<br />

Einschnitt in seinem Leben. „Inzwischen weiß ich, dass<br />

die Entführung eine größere Rolle in meinen Leben hätte<br />

spielen können“, sagt Wallert heute. Er habe damals<br />

nach seiner Freilassung die Chance verpasst, sein Leben<br />

dauerhaft anders zu gestalten.<br />

IM MILLENIUMSJAHR 2000 wollten Marc Wallert und<br />

seine Eltern in Malaysia einfach mal zusammen Urlaub<br />

machen, da er zu jener Zeit in Luxemburg lebte und sie<br />

sich viel zu selten sahen. Der heute 46-Jährige erinnert<br />

sich nur zu gut an den Anfang des Martyriums. Wenige<br />

Tage nach ihrer Ankunft im Taucherparadies war die<br />

Göttinger Familie Wallert in allen Medien. Fast jeder in<br />

Deutschland kannte die Bilder der Entführung, die ausgemergelten<br />

Körper der 21 Gefangenen, ihre notdürftigen<br />

Unterkünfte mitten im Dschungel, die verängstigten<br />

Blicke, die die Kameras der Journalisten einfingen.<br />

Um zu fotografieren, um zu filmen und die Lösegeldforderung<br />

in die Welt zu tragen, durften sich Journalisten<br />

aus aller Welt dem Lager nähern. „Wir waren mitten im<br />

Kampfgebiet und hatten mehr als einmal Todesangst“,<br />

erzählt Wallert rückblickend. Am Ende überlebten alle<br />

Geiseln. Sie wurden nach und nach freigelassen. Der damals<br />

27-Jährige gehörte mit drei weiteren Geiseln aus<br />

Frankreich und Finnland zu den letzten, die gegen Lösegeld<br />

freikamen.<br />

<strong>2019</strong>, NEUNZEHN JAHRE SPÄTER: Treffpunkt ist das<br />

‚Wohnzimmer‘ im Bekleidungsgeschäft Woggon am Göttinger<br />

Wilhelmsplatz, „einem meiner Lieblingsorte“, wie<br />

Wallert gleich bei der Begrüßung erklärt. Er erweist sich<br />

als aufmerksamer und angenehmer Gastgeber, auch<br />

wenn es nicht seine eigenen vier Wände sind. Er macht<br />

Kaffee und holt Wasser in einer Karaffe. Nebenbei beginnt<br />

er bereits zu erzählen, wie es ihm heute geht und<br />

was sich seit damals verändert hat. Besonders seit ungefähr<br />

einem Jahr, als er nach zehn Jahren als Senior Controller<br />

und Bereichsleiter beim Duderstädter Prothesenhersteller<br />

Ottobock den Schritt in die Selbstständigkeit<br />

wagte. Heute ist der sympathische Mitvierziger ein Keynote-Speaker<br />

und Führungskräftetrainer in Richtung<br />

3 |<strong>2019</strong> 109


mensch<br />

» Ich habe es nicht nur gesehen, ich habe sogar spüren können, dass ich<br />

meine Erfahrungen einmal in Freiheit mit anderen Menschen teilen werde.<br />

Darin schwang die Gewissheit mit, dass ich doch überleben muss, wenn<br />

diese Vision der Zukunft wahr werden soll. Aber ich habe dabei nie die<br />

lebensbedrohliche Realität vernachlässigt. «<br />

Erfolgskurs. „Um ehrlich zu sein“, sagt Wallert mit einem<br />

Lächeln auf den Lippen, „ich liebe Komfortzonen.<br />

Meine Entscheidung für die Selbstständigkeit ist keine<br />

Heldengeschichte, sondern vielmehr aus einer Krise heraus<br />

entstanden. Rückblickend eine glückliche Fügung.“<br />

Und damit sind wir mittendrin im Thema von Marc<br />

Wallert: Veränderungen, Krisen, Neuanfänge – Resilienz.<br />

Wer Erfolg im Leben ausschließlich an beruflichem Erfolg<br />

misst, wird in Marc Wallert einen sehr erfolgreichen<br />

Menschen sehen. Doch Wallert merkte in seinem Leben<br />

immer wieder, dass sein beruflicher Erfolg in großen<br />

Firmen – ob in Luxemburg bei der Unternehmensberatung<br />

PwC, in der Automobilindustrie oder später bei<br />

Ottobock – zwar eine spannende Herausforderung war,<br />

aber auf Dauer kräftezehrend. Denn seine Welt sind<br />

nicht die Zahlen, es sind die Menschen. Seine berufliche<br />

Erfüllung fand er daher erst vor sechs Jahren – als Führungskraft<br />

von 60 Mitarbeitern und als Leiter der Patientenversorgung<br />

am Ottobock Headquarter. Der Schritt<br />

weg von den Zahlen und hin zu den Menschen war<br />

längst überfällig. „Schon bei PwC merkte ich, dass sich<br />

etwas ändern muss, nur was? Ich hoffte damals auf ein<br />

Zeichen.“ Wallert lacht herzlich. „Das kam dann, wenn<br />

auch anders als erwartet. Aus diesem Grund sehe ich<br />

meine Entführung heute nicht als Schicksalsschlag, sondern<br />

tatsächlich als ein Wink des Schicksals – den ich<br />

allerdings zunächst nicht zu nutzen wusste.“<br />

140 TAGE IN GEISELHAFT haben keine sichtbaren oder<br />

psychischen Folgen bei Wallert hinterlassen. In der ersten<br />

Zeit nach der Entführung suchte er vorsorglich einen<br />

Traumatherapeuten auf – doch ihm ging es gut. „In den<br />

ersten drei bis vier Wochen wachte ich nachts auf und<br />

hörte Schüsse, aber das ist lange vorbei.“ Seitdem beschäftigt<br />

Wallert immer wieder eine Frage: ,Warum habe<br />

ich so gut aus dieser Extremsituation herausgefunden?‘<br />

Er las in seinem Tagebuch nach, analysiert seine Rolle<br />

und die der anderen Geiseln und kam für sich zu einem<br />

klaren Resumee: „Jeder Mensch geht anders mit Krisen<br />

um, aber einige Überlebensstrategien sind besonders<br />

hilfreich“, sagt Wallert. Über die Jahre habe er viele<br />

Paralle len erkennen können, zwischen den Strategien,<br />

die im Dschungel das Überleben sicherten, und den<br />

Strategien, die für das Überleben von Unternehmen im<br />

Wirtschaftsdschungel sorgen. So wurde er vom Entführungsopfer<br />

zum Führungsexperten.<br />

DOCH WAS IST EIGENTLICH EINE KRISE? – „Letztlich<br />

ist eine Krise der schmerzhafte Punkt, an dem es so wie<br />

bisher nicht weitergeht, ob für Menschen oder Organisationen.“,<br />

erklärt der Keynote-Speaker. Er hat gelernt,<br />

dass Krisen zum Leben dazugehören und sogar wertvolle<br />

Wachstumschancen sein können, sofern man sie zu<br />

nutzen weiß. Dazu möchte er mit seinen Vorträgen und<br />

Trainings inspirieren.<br />

110 3 |<strong>2019</strong>


mensch<br />

FOTO: PRIVAT<br />

Prägende Zeit 140 Tage als Geisel in notdürftigen Unterkünften haben Marc Wallerts Leben für immer verändert.<br />

Eine der Strategien, die er während seiner Entführung<br />

damals eher intuitiv angewandt hat, nennt er, optimistisch<br />

zu sein, ohne jedoch die Realität aus den Augen zu<br />

verlieren. „Optimismus ist in Krisensituationen nicht immer<br />

positiv“, so Wallert. Auch eine Dschungel erkenntnis.<br />

Er habe damals Tagebuch geschrieben, erzählt er. Fünf<br />

volle Schreibblöcke sind dabei zusammengekommen, in<br />

denen er seine Situation reflektierte. Und er entwickelte<br />

im Schreiben ein positives Bild von der Zukunft, das ihn<br />

durch diese schwierige Zeit trug: „Ich habe es nicht nur<br />

gesehen, ich habe sogar spüren können, dass ich meine<br />

Erfahrungen einmal in Freiheit mit anderen Menschen<br />

teilen werde, so wie gerade hier in diesem Interview. Darin<br />

schwang die Gewissheit mit, dass ich doch überleben<br />

muss, wenn diese Vision der Zukunft wahr werden soll.<br />

Aber ich habe dabei nie die lebens bedrohliche Realität<br />

vernachlässigt“, sagt er heute. Es war überlebenswichtig,<br />

sich fit zu halten und sorgsam mit den Lebensmittelvorräten<br />

umzugehen, da man nicht auf die Aussage der Entführer<br />

vertrauen konnte, wann sie denn freigelassen<br />

werden würden: ‚Maybe tomorrow‘ lautete die Standardantwort.<br />

Positives Denken hingegen, so Wallerts Credo,<br />

kann tödlich sein, da eine Wird- schon-werden-Mentalität<br />

eben nicht mit einem monatelangen Verhandlungskampf<br />

kompatibel ist.<br />

Und noch etwas anderes hat sich für ihn erst viel später<br />

als Erfahrung herauskristallisiert: Das sogenannte Steh-<br />

auf-Männchen wird gern als Vorbild bei der Krisenbewältigung<br />

angesehen – aufstehen und weitermachen<br />

(wie bisher). Vorher noch das Krönchen richten. Nicht<br />

so für Marc Wallert. „Auch ich habe beruflich und privat<br />

lange Zeit diese Strategie verfolgt und stand dann<br />

immer wieder vor denselben Problemen“, erinnert er<br />

sich. Bis zu dem Moment, als er erkannte, dass er sich<br />

doch einmal fragen sollte, was diese Krise eigentlich mit<br />

ihm zu tun hat. Die Antwort ließ ihn schonungslos seine<br />

eigenen Fehler erkennen. „Das ist nicht schön“, resümiert<br />

er. Heute empfiehlt Wallert in seinen Vorträgen:<br />

Hinfallen – aufstehen – nachdenken – die Richtung anpassen<br />

– und dann weitergehen. „Wer an Krisen wachsen<br />

will, der darf nicht nur aufstehen, sondern muss sich<br />

verändern. Daher wäre ein Blüh-auf-Männchen das treffendere<br />

Vorbild“, fasst er zusammen.<br />

DOCH UM SEIN LEBEN BEWUSSTER ZU GESTALTEN<br />

und zu genießen, dafür hat sich die Entführung als gut<br />

erwiesen. Begriffe wie Freiheit, Friede, Demut – die kann<br />

Wallert seitdem mit Inhalten füllen. Doch das eigene Leben,<br />

das hat er auch gelernt, ändert sich trotz dieser Erkenntnisse<br />

dennoch nicht vollständig. Es dauerte nicht<br />

lange, bis die Normalität zurückkehrte. „Es gab eine<br />

kurze Phase nach der Freilassung, da war es für mich<br />

unfassbar, was ich nun wieder alles kann. Ich war in einem<br />

Hotelzimmer und hatte Privatsphäre. Ich konnte<br />

3 |<strong>2019</strong> 111


mensch<br />

ZUR PERSON<br />

Marc Wallert nennt sich selbst Erfahrungsexperte für<br />

Resilienz. Dabei war es das Leben selbst, das ihn vor<br />

allem durch Krisen zu seinem Erfahrungsschatz und<br />

seiner Kompetenz verholfen hat. Eine Entführung im Jahr<br />

2000 und 17 Jahre als Berater und Führungskraft in internationalen<br />

Konzernen haben ihn über Umwege zu dem<br />

Menschen gemacht, der er heute ist: zu einem glücklich<br />

verheirateten Familienvater, bühnenerfahrenen Musiker<br />

und meditativen Höhlentaucher. Wallert ist leidenschaftlicher<br />

Weltreisender und beherrscht vier Sprachen.<br />

www.marcwallert.com<br />

FOTO: ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />

die Tür schließen, das Licht an und aus machen, Wasser<br />

aus dem Hahn! Das war unglaublich!“ Gern scheint er<br />

sich an diese Wertschätzung der kleinen Dinge zu erinnern.<br />

Manchmal hat er auch heute noch diese Momente,<br />

in denen so wenig so viel sein kann: In der Natur zu sein<br />

reicht oft schon aus.<br />

DERZEIT SCHREIBT WALLERT an seinem ersten Buch,<br />

das im März 2020 – 20 Jahre nach der Entführung – erscheinen<br />

soll. „Es wird ein Inspirationsgeber“, erklärt er<br />

und möchte sich gezielt von einem Ratgeberbuch distanzieren.<br />

Denn das Thema Resilienz, das zu seinem Lebensthema<br />

geworden ist, lässt sich nicht in Patentrezepte<br />

packen und ist mehr als ein bloßes ,Buzzword‘. ,Stark<br />

durch Krisen gehen und stark durch Krisen werden‘ – so<br />

könnte man den Arbeitstitel fassen. Eine Frage, die er<br />

sich für dieses Buch immer wieder stellt, ist: Was hat uns<br />

als Gruppe damals im Dschungel geholfen? Wer hat welche<br />

Rollen besetzt und wie haben diese Rollenverteilungen<br />

das Überleben gesichert?<br />

Wallerts Mutter, Renate, beispielsweise konnte dem<br />

Druck psychisch und physisch nicht standhalten und<br />

wurde aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustandes<br />

als zweite Geisel freigelassen. Auch wenn dies für sie als<br />

Betroffene die undankbarste Rolle innerhalb einer Gruppe<br />

war, so sorgte sie doch dafür, dass die anderen daraus<br />

Kraft und Stärke ziehen konnten. „In jeder Gruppe gibt<br />

es verschiedene Rollen, und alle müssen besetzt werden“,<br />

weiß Wallert. Er übernahm die Rolle des Helfers und<br />

konnte mit dieser Aufgabe die eigene Angst ein Stück<br />

weit vergessen. „Agile Teams in der Wirtschaft funktionieren<br />

nach ähnlichen Mustern wie wir damals im<br />

Dschungel. Daher kann ich, wenn ich heute Unternehmen<br />

berate, nicht nur aus meiner Führungserfahrung<br />

schöpfen, sondern auch aus meiner Entführungserfahrung“,<br />

erklärt Wallert.<br />

ES BLEIBT ZUM SCHLUSS DIE FRAGE, wie sich sein Privatleben<br />

durch die Entführung verändert hat. Krisen zu<br />

bewältigen, bedeutet nicht automatisch, glücklich zu<br />

sein. Dennoch hat Wallert gerade durch diesen Weg sein<br />

Glück gefunden. Nach Umwegen und Jobs in der Wirtschaft<br />

weltweit, ist er vor elf Jahren der Liebe wegen in<br />

seine Heimatstadt zurückgekehrt, hat sich hier beruflich<br />

verwirklicht und eine Familie gegründet. Der Familienvater<br />

ist schließlich da angekommen, wo er hinwollte: in<br />

einem sinnerfüllten Leben. ƒ<br />

Stark durch Krisen – die 33. <strong>faktor</strong>-Business-Lounge:<br />

Vom Entführungsopfer zum Keynote-Speaker<br />

Die Geschichte von Marc Wallert erzählt eine Extremsituation<br />

und den Weg hinaus. Auf der 33. <strong>faktor</strong>-<br />

Business-Lounge am 14. November im Volkswagen<br />

Zentrum Göttingen referiert Wallert zu dem Thema<br />

‚Stark durch Krisen‘. Wie immer haben die Teilnehmenden<br />

im Anschluss die Gelegenheit, sich bei Snacks und<br />

Getränken auszutauschen.<br />

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112 3 |<strong>2019</strong>


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Schöne Aussichten Das Team der GOESYS AG soll perspektivisch weiter wachsen – um den Markt noch besser im Auge zu behalten.<br />

Kundenansprache im State of the Art<br />

Die Göttinger GOESYS AG ist dank des kontinuierlichen Unternehmenswachstums umgezogen.<br />

In den großzügigen Räumen am Maschmühlenweg profitiert man auch von einer hervorragenden Lage.<br />

Der Ausblick von der neuen Dachterrasse<br />

direkt neben dem großzügigen<br />

Konferenzraum kann sich sehen lassen.<br />

Er ist Teil des Ambientes, mit dem die<br />

GOESYS AG seit November 2018 ihre Kunden<br />

an der neuen Adresse Maschmühlenweg 81<br />

begrüßt. GOESYS ist ein Lösungsanbieter und<br />

Systemdienstleister in der IT-Branche.<br />

„Der Grund für den Umzug war, dass unsere<br />

Räumlichkeiten im Göttinger Ostviertel, in denen<br />

wir viele Jahre waren, zu klein geworden<br />

sind“, so Bruchmüller. „Wir waren sehr gerne<br />

dort, viele Kunden haben uns damit verbunden,<br />

es hatte Flair, wenn es auch nicht mehr<br />

State of the Art war.“<br />

ANFANG 2018, NACH BESICHTIGUNG der<br />

neuen Flächen, fiel schnell die Entscheidung<br />

für dieses Büro, dessen Zuschnitt zudem<br />

noch mitgestaltet werden konnte. Hier wurden<br />

der Northeimer und der Göttinger Standort mit<br />

insgesamt 21 Mitarbeitern zusammengeführt.<br />

„Wir haben jetzt einen großen Besprechungsraum,<br />

sind technisch auf dem neuesten Stand<br />

und können damit noch mehr Kundengespräche<br />

vor Ort durchführen“, so Bruchmüller. Mit<br />

einer Fläche von 500 Quadratmetern hat die<br />

GOESYS AG ihren Raum mehr als verdoppelt.<br />

Ende August wurde der Umzug mit einem Tag<br />

der offenen Tür feierlich begangen.<br />

ÜBER EINEN MANGEL AN RESONANZ<br />

auf die Umzugsentscheidung kann sich Peter<br />

Bruchmüller nicht beklagen, im Gegenteil.<br />

„Die Räumlichkeiten und das bessere Consulting<br />

haben für viel gutes Kundenfeedback gesorgt.<br />

Man sieht: Die GOESYS wächst, wobei<br />

unser Hauptziel weniger das Wachstum als<br />

die optimale Bedienung der Kundenanfragen<br />

ist.“ Dazu zählt für Bruchmüller ein gesundes<br />

Wachstum, das die GOESYS aus eigener Kraft<br />

und ohne Banken bewerkstelligt. Und noch<br />

ein positiver Begleiteffekt der Lage: Allein<br />

durch die bessere Sichtbarkeit wurden neue<br />

Kunden gewonnen.<br />

Denn auch in der IT-Branche macht sich<br />

eine regionale Nähe zu den Kunden nicht nur<br />

positiv bemerkbar. „Ein Mittelständler aus<br />

der Region – und wir sind überwiegend regional<br />

tätig – erwartet die Nähe“, so Bruchmüller.<br />

Denn es gibt keine Dienstleistung von der<br />

Stange, sondern maßgeschneiderte Services<br />

und Produkte. „Wir sehen sehr optimistisch<br />

in die Zukunft“, so Bruchmüller. „Perspektivisch<br />

denke ich, dass wir mit 25 Mitarbeitern<br />

agieren werden. Aber wir müssen den Markt<br />

genau im Auge behalten, denn der ist nach<br />

wie vor einer kontinuierlichen Veränderung<br />

unterworfen.“<br />

TEXT: SVEN GRÜNEWALD<br />

KONTAKT<br />

GOESYS AG<br />

Maschmühlenweg 81<br />

37081 Göttingen<br />

Tel. 0551 488590<br />

info@goesys.de<br />

www.goesys.de


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37520 Osterode am Harz<br />

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von Homapal – ,Werther’s Original‘ präsentiert sich unter anderem mit dem Dekor ,Alu-Spiegelglanz Lava Goldton‘ in der Rückwand des Shops.<br />

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Homapal wächst in Herzberg.<br />

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Firmensitz in Herzberg zu erkennen – und in<br />

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Hier produziert das Unternehmen Laminate<br />

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gehört Homapal zu den Weltmarktführern.<br />

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seiner Entwicklungs- und Wettbewerbsfähigkeit<br />

frische Impulse verliehen. Nach dem Bau<br />

einer Lagerhalle setzt das Unternehmen mit<br />

dem ausgeprägten Werteverständnis am<br />

Standort in Herzberg nun weitere Maßnahmen<br />

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setzt Homapal künftig auf eine neue Kommissionierungsanlage<br />

– und in der Produktion<br />

investierte das Unternehmen erst kürzlich<br />

in eine neue thermische Nachverbrennungsanlage<br />

und damit in umweltkonforme Technologien<br />

zur Abluftreinigung. Investitionen in<br />

die Oberflächenveredelung zielen auf innovative<br />

und qualitativ hochwertige Produkte, die<br />

im Kontext ganzheitlicher Raumkonzepte entstehen.<br />

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mit einer speziellen UV­ Lackierung<br />

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leben<br />

Zwischen<br />

den<br />

Welten<br />

Fünf Jahre nach ihrem Tod wird die Fotografin<br />

Anja Niedringhaus vielfach geehrt: mit Ausstellungen, einem<br />

Fotopreis und einem Doku-Drama im ZDF.<br />

<strong>faktor</strong> besuchte den idyllischen Hof in Kaufungen, wo die<br />

Pulitzer-Preisträgerin mit ihrer Schwester und der Familie<br />

lebte – und einen Ausgleich zum Schrecken des Krieges fand.<br />

Eine Bilderreise auf den Spuren eines aufregenden Lebens<br />

TEXT WOLFGANG BRAUN<br />

FOTOGRAFIE ANJA NIEDRINGHAUS & ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />

118 3 |<strong>2019</strong>


leben<br />

3 |<strong>2019</strong> 119<br />

©PICTURE ALLIANCE / ASSOCIATED PRESS


leben<br />

120 3 |<strong>2019</strong>


leben<br />

3 |<strong>2019</strong> 121<br />

©PICTURE ALLIANCE / AP PHOTO


leben<br />

©PICTURE ALLIANCE / AP PHOTO<br />

Anja Niedringhaus folgte ihrem Instinkt Der Schnappschuss des lachenden George W. Bush, als er bei einem Überraschungsbesuch bei den US-Truppen im<br />

November 2003 in Bagdad den Soldaten zu Thanks giving einen knusprigen Truthahn serviert, gehört zu ihren bekanntesten Fotos.<br />

122 3 |<strong>2019</strong>


»Wenn ich es nicht fotografiere, wird es nicht bekannt.«<br />

leben<br />

ANJA NIEDRINGHAUS<br />

Ihre Fotos sind weltweit bekannt, ihr Name dagegen<br />

eher weniger. Denn die Fotojournalistin Anja<br />

Niedringhaus wurde lange nur unter dem Kürzel<br />

AP der Nachrichtenagentur Associated Press veröffentlicht,<br />

in den frühen Jahren wurde ihr Name<br />

häufig gar nicht gedruckt. Eines ihrer bekanntesten<br />

Fotos ist das des lachenden George W. Bush, als er bei<br />

einem Überraschungsbesuch bei den US-Truppen im<br />

November 2003 in Bagdad den Soldaten zu Thanksgiving<br />

einen knusprigen Truthahn serviert.<br />

ANJA NIEDRINGHAUS, DIE IN HÖXTER geboren wurde<br />

und aufwuchs, arbeitete an den Brennpunkten dieser<br />

Welt. So in vielen militärischen Auseinandersetzungen,<br />

dem Balkankrieg, im Irak, in Libyen, Israel und Palästina<br />

und vor allem in Afghanistan. Aber auch bei sportlichen<br />

Großereignissen wie den Olympischen Spielen,<br />

Leichtathletik-Weltmeisterschaften und jährlich beim<br />

Tennisturnier in Wimbledon.<br />

Auf der Titelseite der New York Times erschien am<br />

4. April 2014 ein AP-Foto von ihr aus dem afghanischen<br />

Präsidentschaftswahlkampf. Aber nur einen Tag später<br />

war an der gleichen Stelle ihr eigenes Porträt zu sehen –<br />

mit der Meldung, Anja Niedringhaus sei getötet worden.<br />

Weltweit löste diese Nachricht Bestürzung aus. Auch<br />

fünf Jahre danach ist sie unvergessen.<br />

So war die Pulitzerpreisträgerin in der Ausstellung<br />

,Fotografinnen an der Front‘ vertreten, die von März bis<br />

Juni dieses Jahres im Kunstpalast Düsseldorf zu sehen<br />

war. Dort ausschließlich mit Schwarzweißdrucken. Zur<br />

gleichen Zeit ehrte das Käthe-Kollwitz-Museum Köln<br />

sie mit einer groß angelegten Einzelausstellung, in der<br />

ihre Bilder in Farbe gezeigt wurden.<br />

„Anja Niedringhaus war durch und durch Fotojournalistin“,<br />

sagt die renommierte Autorin und Fotografin<br />

Sonya Winterberg, die als Kuratorin der Ausstellung<br />

in Köln wirkte. In Farbe wurde Anja Niedringhaus‘<br />

Berichterstattung weltweit verbreitet, und mit Farbfotos<br />

hat sie den Pulitzerpreis gewonnen. „Wir haben deshalb<br />

in Köln großen Wert darauf gelegt, Anjas Bilder der Öffentlichkeit<br />

in Farbe zu präsentieren“, erzählt Winterberg.<br />

Darstellungen von Kriegsgeschehen in Schwarzweiß<br />

bergen nach Ansicht von Kritikern die Gefahr, tödliches<br />

Geschehen zu ästhetisieren.<br />

3 |<strong>2019</strong> 123


leben<br />

124 3 |<strong>2019</strong>


leben<br />

„Wenn ich das normale Leben in<br />

Kaufungen nicht kennen<br />

würde, würde ich den Krieg als<br />

normal empfinden.“<br />

Anja Niedringhaus<br />

SONYA WINTERBERG ARBEITET DERZEIT mit ihrem<br />

Ehemann Yury im Auftrag der Berliner Ziegler Film an<br />

einem Doku-Drama für das ZDF, das den Lebensweg<br />

von Anja Niedringhaus nachspürt. Die beiden haben<br />

bereits viel beachtete Filme über Käthe Kollwitz, den<br />

Ersten Weltkrieg und zuletzt über Medizinversuche in<br />

Auschwitz produziert. Ein wichtiger Schauplatz im<br />

Film, dessen Sendetermin noch nicht feststeht, wird die<br />

nordhessische Gemeinde Kaufungen sein. Hier hatte<br />

Anja Niedringhaus mit ihrer Schwester Gide das ehemalige<br />

Forstamt gekauft und umgebaut.<br />

Dies war ihr Zuhause, wie sie immer wieder in Interviews<br />

betonte, wenn sie gefragt wurde, wo sie denn von<br />

den traumatischen Erlebnissen im Krieg zur Ruhe käme.<br />

Der parkähnliche Garten voller Blumen, frei laufende<br />

Hofhunde und Katzen, Hühner, die in den Rabatten<br />

scharren, ein Pferdestall im Innenhof – ein krasser Kontrast<br />

zum Kriegsgebiet. In dieser Atmosphäre findet der<br />

vielfach ausgezeichnete Kameramann Jürgen Rehberg<br />

gemeinsam mit Sonya und Yuri Winterberg Bilder, um<br />

die Stimmungen nachzuempfinden, die das Leben der<br />

Fotografin ausgemacht haben.<br />

An der Treppe zu ihrer Wohnung in der ersten Etage<br />

hängt ein großes Bild, das sie mit einem offenen, freundlichen,<br />

dem Betrachter zugewandten Gesicht zeigt. „Das<br />

ist das Foto von Anja, das in der Öffentlichkeit am häufigsten<br />

gezeigt wird“, erzählt ihre Schwester Gide, die<br />

noch heute auf dem Hof lebt. In den Räumen sieht es<br />

genau so aus wie damals, als Anja das Haus verlassen<br />

hat, um zu ihrem letzten und tödlichen Einsatz in Afghanistan<br />

zu fliegen.<br />

In ihrem alten Arbeitszimmer lehnt die Splitterschutzweste<br />

aus graubraunem grobem Segeltuch an einer<br />

Kommode. Man erkennt die vielen Abnutzungsspuren<br />

aus Einsätzen. In der vorderen Tasche steckt noch immer<br />

ein Tourniquet-Abbindesystem. Sie hätte es sofort zur<br />

Hand gehabt, wenn sie im Einsatz an einer Schlagader<br />

getroffen worden wäre. Mehrfach war Anja als Fotografin<br />

bei militärischen Einsätzen schwer verletzt worden,<br />

so in Sarajevo und in Afghanistan.<br />

In den Regalen stehen akribisch sortiert Hefter mit<br />

Negativen, liegen Kameras und andere Foto-Utensilien.<br />

Ihre Digitalfotos hat Anja Niedringhaus auf CDs gebrannt<br />

und diese ordentlich beschriftet in speziellen<br />

Boxen verwahrt, liebevoll Figuren und Mitbringsel von<br />

den vielen Reisen in ferne Länder auf den Fensterbrettern<br />

arrangiert. Auch ein Archiv aller Zeitungsartikel mit<br />

Bildern aus ihren Einsätzen als Fotojournalistin ist hier<br />

zu finden, das Anja einst für eine spätere Verwendung<br />

angelegt hatte.<br />

3 |<strong>2019</strong> 125


leben<br />

Rückzugsort Im Arbeitszimmer von Anja Niedringhaus sieht es noch genau so aus wie damals, als sie zu ihrem letzten und tödlichen Einsatz aufbrach.<br />

126 3 |<strong>2019</strong>


leben<br />

AUF EINEM BOARD ÜBER DER TÜR zum Wohnzimmer<br />

stehen unter anderem ein Nussknacker, Kopien von antiken<br />

Büsten und eine Statue von Maria mit dem Kind<br />

– und zuletzt in dieser Reihe ein Schrumpfkopf. Das Auffällige<br />

an dieser vollkommen disparaten Figurengruppe<br />

ist die formvollendete, geschwungene Linie, die sie bildet.<br />

Dieser intuitive Sinn für Komposition prägte auch viele<br />

ihrer Fotos.<br />

Im Bücherregal findet sich auch ein Fotobuch von<br />

Ingo Bulla mit dem Titel ,Kontakte‘. Früher arbeitete<br />

dieser beim Göttinger Tageblatt und nahm dort die junge<br />

Kollegin von 1987 bis 1990 unter seine Fittiche. „Ingo<br />

Bulla habe ich am meisten zu verdanken“, sagte Niedringhaus<br />

2001 in einem Interview. Das Göttinger Tageblatt<br />

war ihr Sprungbrett zu einer Anstellung bei der<br />

Europäischen Presseagentur (EPA). 2002 ging sie dann<br />

zu AP und war ganz oben auf der Karriereleiter angelangt.<br />

„In den Wochen, in denen sie hier war, war sie ganz<br />

selbstverständlich ein Teil meiner Familie, die sie auch als<br />

die ihre angesehen hat. Ihre eigene Küche hat sie nie genutzt,<br />

sie hat immer mit uns zusammen gegessen“, erzählt<br />

Gide Niedringhaus. Sie hatten viele gemeinsame Freunde.<br />

War die eine eingeladen, kam die andere immer wie selbstverständlich<br />

mit. „Meine Kinder hat Anja wie ihre eigenen<br />

behandelt.“ Sie habe dann in ihrem Büro stundenlang<br />

am Archiv gearbeitet und neue Einsätze vorbereitet. „Sie<br />

war immer online“, erinnert sich ihre Schwester Gide heute.<br />

Was Anja an den Fronten erlebt hatte, davon habe sie<br />

nie viel erzählt. „Mit Sicherheit waren da tiefe Narben,<br />

sowohl körperlich als auch seelisch.“<br />

IN KAUFUNGEN KONNTE UND WOLLTE ANJA auftanken.<br />

Ihr Zuhause, wie sie es in Interviews und gegenüber<br />

Freunden stets bezeichnete, das Leben mit ihrer Schwester<br />

und mit ihren Neffen und Nichten, die „Normalität“,<br />

wie sie es selbst nannte, war für sie ein existentieller Ausgleich<br />

zu den in den Kriegen erlebten Schrecken und<br />

Gräueln. „Wenn ich dieses Zuhause nicht hätte, dann<br />

wäre es ganz unmöglich, mein Leben so zu gestalten, wie<br />

ich es tue“, sagt Anja vor einigen Jahren gegenüber Journalisten<br />

auf die Frage, wie sie das alles „verdauen“ könne,<br />

was sie bei den Kriegseinsätzen erlebe. „Wenn ich dieses<br />

normale Leben in Kaufungen nicht kennen würde, würde<br />

ich den Krieg als normal empfinden.“ Daneben war<br />

es die Sportfotografie, bei der sie die Seele wieder ein<br />

wenig von dem Erlebten befreien konnte.<br />

3 |<strong>2019</strong> 127


leben<br />

Stumme Zeitzeugen<br />

Im alten Arbeitszimmer von<br />

Anja Niedringhaus lehnt noch heute die<br />

Splitterschutzweste aus graubraunem<br />

grobem Segeltuch an einer Kommode.<br />

Die vielen Abnutzungsspuren<br />

erzählen die Geschichte von zahlreichen<br />

Einsätzen der Fotografin.<br />

Auch andere Erinnerungsstücke<br />

sind Zeugnisse eines aufregenden Lebens<br />

zwischen zwei Welten.<br />

128 3 |<strong>2019</strong>


leben<br />

ANJA WUCHS ALS MITTLERE VON DREI SCHWESTERN<br />

in Höxter auf. Mit ihrer jüngsten Schwester, der eineinhalb<br />

Jahre jüngeren Gide, hat sie über Jahrzehnte in einem<br />

gemeinsamen Haushalt zusammengelebt. „Als wir<br />

Kinder waren, hat unsere Mutter uns stets wie Zwillinge<br />

gekleidet“, sagt Gide. „Wie eng unser Leben verbunden<br />

war, habe ich bitter erfahren, als Anja erschossen wurde.<br />

Da habe ich gemerkt, wie allein man plötzlich im Leben<br />

sein kann.“ Für Gide sei es „eine innere Verpflichtung<br />

und Herzensangelegenheit“, alles so zu bewahren, was<br />

ihre Schwester in jahrelanger Arbeit an diesem Ort hinterlassen<br />

hat. Deshalb setzt sie sich mit vielen engen<br />

Freunden von Anja dafür ein, mit der Stiftung, deren<br />

Gründung ihre Mutter und die ältere Schwester Elke<br />

schon 2016 zugestimmt haben, das Lebenswerk von<br />

Anja Niedringhaus international weiterleben zu lassen.<br />

So wie es Sonya und Yury Winterberg bei ihrer Arbeit an<br />

einer Biografie über das Leben von Anja und an dem<br />

Doku-Drama bereits konnten.<br />

BEI IHREN RECHERCHEN, SO SONYA WINTERBERG,<br />

hätte sie die Familie von Anja Niedringhaus rückhaltlos<br />

unterstützt. Als besonders wertvoll hat sich herausgestellt,<br />

dass sie das von der Fotografin selbst angelegte<br />

Archiv in ihrer Kaufunger Wohnung uneingeschränkt<br />

einsehen konnten. „Was wir hier in dieser einzigartigen<br />

authentischen Zusammenstellung vorfinden, ist für die<br />

Aufarbeitung ihres Lebenswerkes ungeheuer wertvoll<br />

und erlaubt uns daher auch einen einzigartigen Einblick<br />

in die Persönlichkeit der Fotografin“, erläutert die Regisseurin.<br />

„Diese Einsichten helfen uns sehr bei unserem<br />

Bemühen, ihrem Leben und Wirken so nah wie möglich<br />

zu kommen.“ Der Film soll insbesondere die Entwicklung<br />

von Anja Niedringhaus als Fotografin zeigen:<br />

„Anfangs war sie bestrebt, eine gute, wenn nicht<br />

3 |<strong>2019</strong> 129


leben<br />

Auftanken im Vertrauten<br />

Bei ihrer Schwester Gide in<br />

Kaufungen, fand Anja Niedringhaus<br />

immer wieder zur Normalität zurück<br />

– das Leben mit ihrer Familie und<br />

den Tieren hier auf dem Hof war für<br />

die Fotografin ein existentieller<br />

Ausgleich zu den erlebten Schrecken<br />

der Kriege.<br />

die beste Fotografin zu werden. Sie war ehrgeizig“,<br />

erzählt Winterberg. „Als der Balkankrieg ausbrach,<br />

hoffte sie, vielleicht in einer Art jugendlichen Hybris das<br />

eine Foto machen zu können, das den Krieg beenden<br />

würde. Später änderte sie ihre Maxime und sagte: ‚Wenn<br />

ich es nicht fotografiere, wird es nicht bekannt.‘ Darin<br />

steckt viel Erkenntnis und ein hoher professioneller Anspruch.“<br />

WER IM FILM DIE ROLLE DER FOTOGRAFIN spielen<br />

wird, ist derzeit noch geheim. Die Zuschauer dürfen also<br />

gespannt sein: Immerhin werden nach der derzeitigen<br />

Planung etwa sechzig Prozent der Szenen im Film<br />

szenisch-fiktiv gedreht und rund vierzig Prozent dokumentarisch<br />

sein. Letzten Endes werde darüber aber erst<br />

im Schneideraum entschieden, so Winterberg.<br />

Die Regisseurin ist von der Einzigartigkeit Anja Niedringhaus’<br />

überzeugt: „Ich denke, es ist unstrittig, dass sie<br />

eine Ausnahmefotografin war.“ Bei EPA war sie die erste<br />

Frau, die als Fotograf angestellt wurde, und zudem die<br />

jüngste Kollegin. In den annähernd 20 Jahren als Agenturfotografin<br />

gelangten ihre Aufnahmen auf die Titelseiten<br />

der Tages- und Wochenpresse in aller Welt. Dabei<br />

gab es Zeiten, zu denen ihre Fotos auf drei Viertel aller<br />

Tageszeitungen abgedruckt wurden. Schließlich habe sie<br />

den Blick in der Kriegsfotografie dauerhaft auf Zivilisten<br />

und Opfer gelenkt: „Ihr Blick wandte sich stets dorthin,<br />

wo das Leid war, ohne dabei je exhibitionistisch<br />

oder reißerisch zu sein.“<br />

Anja Niedringhaus, die sich stets dagegen wehrte, als<br />

,Kriegsfotografin‘ bezeichnet zu werden, sagte selbst in<br />

einem Interview: „Ich kann die Schrecken mit einem<br />

weichen Foto viel besser zeigen.“ Häufig nimmt sie Zivilisten<br />

in Kriegssituationen, vor allem auch Kinder und<br />

Frauen, in ihrem Blick. Manchmal auch scheinbar Nebensächliches.<br />

So auch auf dem Foto, das sie im November 2004<br />

im Irak gemacht hatte. Niedringhaus gehörte zu den<br />

wenigen Journalisten, die ,embedded‘ die Ereignisse<br />

ganz nah mitverfolgten. Im Zentrum dieses Bildes<br />

steht kein realer Soldat, sondern die Actionfigur ,GI<br />

Joe‘. Ein junger Marine hatte sich dieses in den USA<br />

beliebte Spielzeug als Glücksbringer auf seinen Tornister<br />

geschnallt. Dieses Foto gehört zu einer Serie<br />

von Bildern aus dem erbittert umkämpften Falludscha,<br />

für die Niedringhaus und ihre AP-Kollegen 2005 mit<br />

dem Pulitzerpreis, dem ,Oscar‘ für Journalisten, ausgezeichnet<br />

wurden.<br />

130 3 |<strong>2019</strong>


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leben<br />

132 3 |<strong>2019</strong>


leben<br />

3 |<strong>2019</strong> 133<br />

©PICTURE ALLIANCE / AP


leben<br />

Kontrastprogramm Auch bei sportlichen Großereignissen wie den Olympischen Spielen, Leichtathletik-Weltmeisterschaften und jährlich<br />

beim Tennisturnier in Wimbledon fing Anja Niedringhaus die entscheidenden Momente mit ihrer Kamera ein.<br />

©PICTURE ALLIANCE / ASSOCIATED PRESS<br />

DAS BILD FÄNGT NUR EINEN MOMENT EIN, erzählt<br />

aber weit mehr. Er handelt davon, wie jung und naiv die<br />

Soldaten waren, die hier häufig ,verheizt‘ worden seien.<br />

Anja Niedringhaus war fasziniert davon, dass „man mit<br />

einem Bild eine ganze Geschichte erzählen kann“, wie<br />

sie in einem ihrer letzten Interviews erläuterte.<br />

Und darin offenbart sich auch ihr großartiges Talent:<br />

Sie hatte den Instinkt für den „entscheidenden Moment“,<br />

wie es einst der legendäre französische Fotograf Henri<br />

Cartier-Bresson (1908 - 2004) formulierte. Von ihm<br />

stammt auch das Urteil: „Ein gutes Foto ist ein Foto, auf<br />

das man länger als eine Sekunde schaut.“ Dieses Kriterium<br />

trifft auf viele Bilder von Anja Niedringhaus zu. Der<br />

Betrachter kann sich an vielen ihrer Bilder nicht sattsehen.<br />

„Es geht mir bei meiner Arbeit darum, die<br />

Geschichten der Menschen zu erzählen, die in Konfliktzonen<br />

ihren Alltag meistern müssen. Ihre Stimmen<br />

werden oft vergessen oder ignoriert.“<br />

EINE EINSTELLUNG, DIE NACHHALTIG WIRKT – auch<br />

fünf Jahre nach ihrem Tod. Denn seit 2015 wird von<br />

der International Women's Media Foundation (IWMF)<br />

der Anja-Niedringhaus-Preis für Mut im Fotojournalismus<br />

ausgelobt. Er wird durch eine unmittelbar nach<br />

dem Attentat erfolgte Stiftung von einer Million Dollar<br />

durch Howard Graham Buffet, den Sohn des Großinvestors,<br />

Milliardärs und Mäzens Warren Buffet, ermöglicht.<br />

Buffet nannte Niedringhaus bewundernd ein „Vorbild<br />

des Fotojournalismus“. Im Jahr <strong>2019</strong> ging der Preis an<br />

die philippinische Fotografin Eloisa Lopez – sie dokumentierte<br />

das von Präsident Rodrigo Duterte angeordnete<br />

Morden im Kampf gegen die Drogenkriminalität.<br />

Auch sie folgt einer Maxime von Anja Niedringhaus:<br />

„Wenn ich es nicht fotografiere, wird es nicht bekannt.“<br />

Einmal mehr zeigt sich, wie groß und nachhaltig das<br />

Erbe dieser mutigen und starken Frau wirkt. ƒ<br />

134 3 |<strong>2019</strong>


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leben<br />

136 3 |<strong>2019</strong>


leben<br />

Im Schatten<br />

der Grenze<br />

Dort, wo vor 30 Jahren bewaffnete Grenzposten entlang des Todesstreifens ihre<br />

Runden drehten, wird in diesem Jahr der friedlichen Revolutionen und dem Ende<br />

der SED-Diktatur gedacht. Ein Besuch im Grenzlandmuseum Eichsfeld<br />

TEXT CAROLIN SCHÄUFELE FOTOGRAFIE ALCIRO THEODORO DA SILVA<br />

3 |<strong>2019</strong> 137


leben<br />

» Keine Macht der Welt kann Menschenwürde und Freiheit<br />

auf Dauer stoppen. « Hans-Dietrich Genscher (*1927 – † 2016)<br />

138 3 |<strong>2019</strong>


leben<br />

In dieser Nacht habe auch ich vor dem Fernseher<br />

gesessen und die Ereignisse in den Nachrichten<br />

verfolgt. Da war noch überhaupt nicht<br />

absehbar, was passiert“, erzählt Paul Schneegans.<br />

„Schabowski erklärte, dass es Lockerungen bei<br />

den Reisebestimmungen geben soll. Ich bin ins<br />

Bett gegangen. Als ich am nächsten Morgen zur<br />

Arbeit gefahren bin, wusste ich gar nicht, wie mir geschieht<br />

– überall in Duderstadt Trabbis!“<br />

Schneegans, 1949 in Gerblingerode geboren und aufgewachsen,<br />

erinnert sich noch ganz genau an das Jahr<br />

zurück, als er noch bei der Stadt Duderstadt arbeitete, an<br />

das Jahr, in dem die Wende kam. Seine Kindheit verbrachte<br />

der heute 70-Jährige, wie er es beschreibt, im<br />

Schatten der Grenze. Er war drei Jahre alt, als der erste<br />

Zaun errichtet wurde: „Damals hat meine Mutter, die<br />

auf unseren Feldern an der Grenze gearbeitet hat, noch<br />

mit den Volkspolizisten dort gesprochen – hat auch mal<br />

ein Geschenk wie etwa eine Schachtel Zigaretten rübergeworfen“,<br />

berichtet Schneegans. Dies tat sie in der<br />

Hoffnung, dass die ausgerichteten Grüße an die Verwandtschaft<br />

im nahe gelegenen Dorf weitergegeben werden.<br />

Mit der Errichtung der Sperrzone war kein Austausch<br />

mehr möglich. „Wenn wir unsere Verwandten<br />

treffen wollten, mussten wir nach Worbis fahren – in die<br />

Sperrzone direkt an der Grenze durfte grundsätzlich niemand.“<br />

DORT, WO VOR 30 JAHREN bewaffnete Grenzposten<br />

entlang des Todesstreifens ihre Runden drehten, wird in<br />

diesem Jahr der friedlichen Revolutionen und dem Ende<br />

der SED-Diktatur gedacht. Denn in der Nacht vom<br />

9. auf den 10. November 1989 um 0.35 Uhr öffnete die<br />

DDR den Grenzübergang Duderstadt/Worbis. „Nach<br />

der Öffnung herrschte bei allen überschwäng liche Freude.<br />

Die Leute kamen aus dem Osten zu uns rüber – rege<br />

Nachfrage bestand natürlich nach Info mate rialien wie<br />

Stadtprospekten oder Eichsfeldkarten“, erzählt Schneegans.<br />

Er selbst war bei der Auszahlung der 100 Mark<br />

Begrüßungsgeld beteiligt. „Wir haben elf Tage und elf<br />

Nächte einfach durchgearbeitet, haben für Verpflegung<br />

gesorgt und die Menschen betreut.“ Viele hatten Sorge,<br />

dass sie mit der Ausreise in den Westen nicht mehr nach<br />

Hause zurückkonnten. Etwa ein Jahr habe es gedauert,<br />

bis sich wieder so etwas wie ein Normalzustand eingestellt<br />

habe.<br />

Heute informiert an dieser Stelle, an der 1973 der innerdeutsche<br />

Grenz übergang Duderstadt/Worbis für den<br />

kleinen Grenzverkehr gebaut wurde, das Grenzlandmuseum<br />

Eichsfeld in den historischen Gebäuden über<br />

die deutsch-deutsche Teilung. Schneegans selbst war<br />

1995 an der Gründung des Museums beteiligt.<br />

3 |<strong>2019</strong> 139


leben<br />

Es galt, den Blick zu heben Grenzbeamte, die die Reisedokumente kontrollierten, saßen stets in erhöhten Kabinen.<br />

GELBE STOPPELFELDER, UMGEBEN VON SATTEN grünen<br />

Wäldern. Die Fahrt nach Teistungen lässt sich idyllisch<br />

an. Die Erkenntnis, dass es hier mehr als Landschaft<br />

gibt, kommt mit dem Einbiegen auf den Parkplatz. Eine<br />

betagte Garage mit Autos aus der DDR sowie ein altes<br />

Gebäude der Zollverwaltung mit arglos wirkenden Vorhängen<br />

vor den Scheiben haben noch die Ausstrahlung<br />

vergangener Tage. „Viele Gäste, die früher in die DDR<br />

gereist sind, berichten von Schikanen bei den Grenzkontrollen.<br />

Heute können wir genau zuordnen, wo und wie<br />

die Pass- und Zollkontrollen stattfanden“, erzählt Mira<br />

Keune. Sie ist seit drei Jahren hauptamtliche Geschäftsführerin<br />

und Leiterin des Museums. Das Wissen der<br />

38-Jährigen über die deutsch­ deutsche Grenze imponiert.<br />

Die Passkontrolle wurde von Mitarbeitern der Hauptabteilung<br />

VI des Ministeriums für Staatssicherheit<br />

durch geführt. Hier sollten Busreisende auf eine neue Art<br />

überprüft werden: „Gründlicher“, erklärt die studierte<br />

Historikerin und deutet auf den asphaltierten Bereich vor<br />

dem Museum, der heute als Parkplatz dient. „Die Kontrollen<br />

fanden nicht mehr im Bus statt, die Reisenden<br />

mussten durch Kontrollschleusen gehen und gelangten<br />

dann wieder zum Bus.“ Keune steht vor einem Schalter,<br />

dahinter eine Puppe, die mit monotonem Tonfall zur<br />

Vorlage der Reisedokumente auffordert, ähnlich unfreundlich<br />

wie vor 30 Jahren. Der Besucher muss den Blick heben,<br />

um den Beamten anzuschauen. „Hier hat niemand mit der<br />

Grenzöffnung gerechnet – das sieht man auch daran, dass<br />

Ende der 1980er-Jahre noch neue Gebäude errichtet und<br />

neue Kontrolltechniken angewendet wurden.“<br />

,GRENZEN SPIEGELN DAS SYSTEM‘ – mit diesem Satz<br />

betritt der Besucher die Ausstellung und findet sich in einem<br />

Kabinett aus Spiegeln wieder. Projektionen der Grenzen<br />

in Nord- und Südkorea, Israel und Palästina, USA<br />

und Mexiko, Spanien und Afrika gleiten über die glatten<br />

Flächen. Ein Landschaftsmodell zeigt die historische Entwicklung<br />

Deutschlands und des Eichsfelds seit 1945.<br />

Originalexponate machen das Leben an der Grenze begreifbar,<br />

spürbar, vor allem durch die vielen liebevoll<br />

arrangierten Details: Zimmereinrichtungen von Grenzsoldaten<br />

zum Beispiel. Äußerlich graue, gleichförmige<br />

Monotonie, nur an den Innenseiten der Spindschranktüren<br />

durften private Fotos hängen. Uniformen, Grenzpfosten,<br />

Stacheldraht, eine der gefürchteten Selbstschussanlagen,<br />

Streckmetallzaun, Telefon- und Abhöranlagen,<br />

ein altes Radio. Keune, die durch die Ausstellung führt,<br />

deutet auf einen kleinen Ring mit gummiartiger Füllung<br />

140 3 |<strong>2019</strong>


EIN PAAR METER WEITER AUF DEM GELÄNDE steht der<br />

,Mühlenturm‘. „Hier saßen unter dem Dach rund um die<br />

Uhr weitere Kontrolleure“, erklärt Keune. Eine Besonderheit<br />

sei, dass hier seit 1973 ein sogenannter Grenzinformationspunkt<br />

bestand, die Nummer acht von 14<br />

entlang der einstigen Grenze. Über einen ,heißen Draht‘<br />

wurde täglich mit vorgeschriebenen Texten die Telefonverbindung<br />

zwischen Ost und West getestet. Mitschnitte<br />

von Gesprächen laufen heute in Dauerschleife. Und wirken<br />

fast grotesk.<br />

Seit dem Jahr 2000 gehört zum Museum eine Bildungsstätte.<br />

Untergebracht ist sie in dem letzten Gebäude, das<br />

noch im Winter 1989/1990 auf dem ostdeutschen Grenzübergang<br />

gebaut wurde, einer Kantine. Hier befinleben<br />

Meilenstein der Geschichte Dieser alte Grenzpfosten stand damals an der deutsch-deutschen Grenze.<br />

an einem Türrahmen, eine Halterung für die Kennzeichnung,<br />

wer hier eintreten durfte. An den Decken noch<br />

Reste von Originaltapeten mit anmutigem Blumenmuster.<br />

„Es war gar nicht einfach, das alles so zu erhalten“,<br />

sagt der Zeitzeuge und Museumsmitgründer Paul<br />

Schneegans. „Wir haben damals versucht, möglichst viele<br />

der originalen Einrichtungs gegenstände zu behalten.“<br />

Er bezeichnet die Übergangszeit bis zur Wiedervereinigung<br />

teilweise als Selbstbedienungsladen. „Es gab zum<br />

Beispiel einen großen Raum mit mindestens 100 Telefonen,<br />

die fast alle nach und nach verschwanden.“<br />

Schneegans war nach Abschluss des Grundlagenvertrages<br />

1973 und den damit gebotenen Reisemöglichkeiten<br />

regelmäßig in der DDR zu Gast. „Meine Frau und<br />

ich hatten auf der anderen Seite Familie. Wir haben versucht,<br />

uns so häufig wie möglich zu sehen.“ Neun Reisen<br />

im Vierteljahr waren erlaubt. „Wir haben alles, was<br />

möglich war, ausgeschöpft.“ Zusätzlich seien sie mit einem<br />

Messeausweis nach Leipzig gefahren, um dort weitere<br />

Familienmitglieder zu treffen. „Leipzig hatte damals<br />

aufgrund der Messen eine Sonderstellung.“ Die<br />

Stadt war im Gegensatz zu anderen Städten im Osten<br />

„herausgeputzt“, um bei internationalen Gästen Eindruck<br />

zu machen.<br />

Im Museum wird das eingeschränkte Leben im Grenzgebiet<br />

deutlich: Ein Schwarz-Weiß-Foto zeigt zwei Frauen,<br />

die am Grenzzaun stehen und hinüberschauen. Auf<br />

der anderen Seite findet gerade eine Beerdigung statt.<br />

Der Besucher kann über die Rolle der Staatssicherheit,<br />

Zwangsaussiedlungen aus dem Sperrgebiet entlang der<br />

Grenze wie die Aktion Ungeziefer, die ,Massenflucht‘<br />

aus Böseckendorf bis hin zur Friedlichen Revolution<br />

und Grenzöffnung alles nachlesen.<br />

3 |<strong>2019</strong> 141


leben<br />

Eine gute Partie Als Zeitzeuge und Mitbegründer des Grenzlandmuseums hat Paul Schneegans den Gedenkort nachhaltig geprägt –<br />

bis er vor drei Jahren die Leitung an Mira Keune übergab.<br />

den sich das Archiv und die Bibliothek des Museums.<br />

„Die Geschichte von Teilung, Grenze und Alltag im<br />

Eichsfeld wird hier archiviert, digitalisiert und dokumentiert“,<br />

erklärt Keune. Ein Veranstaltungsprogramm<br />

zu historischen und aktuellen Themen sowie zu Aspekten<br />

aus dem durch die Grenze entstandenem Naturgebiet<br />

wird ergänzend angeboten. So gibt es überall auf dem<br />

Gelände Neues zu entdecken.<br />

Vor 30 Jahren fand hier Geschichte statt, eine Geschichte,<br />

die nicht in Vergessenheit geraten sollte. Aus<br />

diesem Grund wird zum 30. Jahrestag der Grenzöffnung<br />

ein Gedenkwochenende stattfinden: Entlang des Grenzlandweges<br />

wird in der Nacht die Lichtkunstinstallation<br />

,Niemandsland – Zwischen zwei Welten‘ am ehemaligen<br />

Todesstreifen installiert. An den Gebäuden des Museums<br />

selbst sollen an diesem Abend weitere multimediale<br />

Lichtkunstprojekte stattfinden. Zeitzeugen werden vor<br />

Ort sein. „Wir wollen Geschichte auf eine besondere Art<br />

erlebbar machen und möchten, dass die Gäste miteinander<br />

ins Gespräch kommen“, erklärt die Museumsleiterin<br />

das übergeordnete Ziel der Veranstaltung. „Das Grenzlandmuseum<br />

ist heute vor allem Mahn- und Gedenkort.<br />

Ein Ort, der vor dem Vergessen schützt und auf jeden<br />

Fall einmal besucht werden sollte.“ ƒ<br />

Das Grenzlandmuseum erleben<br />

Neben den Aktionen zum Jahrestag hat das Museum ein<br />

umfangreiches Programm veröffentlicht, bei dem es um<br />

die Bereiche Eichsfeld, Deutschland und Europa geht. Es<br />

werden Lesungen, Vorträge und Führungen zu Biodiversität<br />

am Grünen Band organisiert. Spannende Themen sind:<br />

die operative Foto- und Abhörtechnik des MFS, also des<br />

Ministeriums für Staatssicherheit, besser bekannt als<br />

,Stasi‘, der 29. Tag der Deutschen Einheit (3.10.<strong>2019</strong>) oder<br />

auch Katholizismus im Sperrgebiet (8.10.<strong>2019</strong>).<br />

Im Rahmen des Göttinger Literaturherbstes wird es zudem<br />

eine Lesung mit Autor Gregor Sander geben (24.10.<strong>2019</strong>).<br />

Die Vortragsreihe ,Vom Todesstreifen zur Lebenslinie‘<br />

(5.12.<strong>2019</strong>) schließt ab mit einem Vortrag über das<br />

russisch-finnische Grenzland.<br />

Anfahrt:<br />

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142 3 |<strong>2019</strong>


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Marco Böhme (V.i.S.d.P.)<br />

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Horst Wolf (Leitung)<br />

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Auflage<br />

11.500<br />

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Silber Druck oHG, Kassel<br />

Redaktions- und Anzeigenschluss der nächsten Ausgabe ist der<br />

15. November <strong>2019</strong>.<br />

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