12-2019
Fachzeitschrift für Industrielle Automation, Mess-, Steuer- und Regeltechnik
Fachzeitschrift für Industrielle Automation, Mess-, Steuer- und Regeltechnik
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Digitalisierung<br />
Und täglich grüßt die Digitalisierung<br />
Wie eine Organisation smart einsteigt, ohne sich im Buzzword-Labyrinth zu verirren<br />
DIGITALES<br />
LEISTUNGSVERMÖGEN<br />
KUNDENERLEBNIS<br />
OPERATIVE<br />
GESCHÄFTSPROZESSE<br />
GESCHÄFTSMODELL<br />
Bild 1: Bausteine des MIT-Handlungsrahmens<br />
Autor:<br />
Marc Jasper,<br />
Principal Consultant<br />
Line of Business Health<br />
adesso AG<br />
www.adesso.de<br />
<br />
Man erlebt kaum einen Tag,<br />
ohne etwas über „die Digitalisierung“<br />
gelesen beziehungsweise<br />
gehört zu haben oder dass darüber<br />
berichtet wurde, welches Problem<br />
dank Digitalisierung gelöst<br />
wurde oder zukünftig gelöst werden<br />
kann. Die Digitalisierung hält<br />
mittlerweile immer mehr Einzug<br />
und durchdringt nahezu jeden<br />
Lebensbereich. Das ist grundsätzlich<br />
eine tolle Sache, da neue<br />
Möglichkeiten entstehen und viele<br />
Aspekte im beruflichen und privaten<br />
Alltag vereinfacht werden. Viele<br />
„Experten“ heben „die Digitalisierung“<br />
jedoch auf ein hohes Podest<br />
und deklarieren sie als universelle<br />
Allzweckwaffe für nahezu jedes<br />
Problem. Und durch das zusätzliche<br />
ständige Wiederholen von<br />
bekannten Buzzwords wird eine<br />
nebulöse Welt erschaffen, in der<br />
es kaum noch möglich ist, einen<br />
klaren Kopf zu bewahren und Orientierung<br />
zu finden. Diese Mystifizierung<br />
hat zur Folge, dass viele<br />
Organisationen in eine Form des<br />
digitalen Aktionismus verfallen.<br />
Sie digitalisieren des Digitalisierens<br />
wegen. Aber warum fällt es<br />
uns so schwer, der Digitalisierung<br />
DIGITALE<br />
FÜHRUNGSKOMPETENZ<br />
DIGITALE VISION<br />
MITWIRKUNG<br />
DER MITARBEITER<br />
DIGITALE<br />
GOVERNANCE<br />
<br />
VERKNÜPFUNG TECHN. &<br />
FACHL. FÜHRUNGSKOMPETENZ<br />
mit Pragmatismus und gesundem<br />
Menschenverstand zu begegnen?<br />
Die Herausforderungen rund<br />
um die Digitalisierung sind vielfältig<br />
und treffen digitale Anfänger<br />
dabei genauso wie Unternehmen,<br />
die den Pfad der Digitalisierung<br />
schon beschreiten. Dabei gibt<br />
es üblicher Weise drei wesentliche,<br />
übergeordnete Problemstellungen:<br />
• Womit soll man anfangen, wenn<br />
man sein Unternehmen digitalisieren<br />
möchte?<br />
• Welche strategischen Entscheidungen<br />
müssen getroffen werden<br />
– im Vergleich zur eher operativen<br />
Prozessdigitalisierung oder<br />
zur Digitalisierung einzelner Kontaktkanäle?<br />
• Wie kann verhindert werden, dass<br />
die zunehmende Dynamik auf Kundenseite<br />
die eher träge Organisation<br />
zukünftig überfordert?<br />
Diese Fragen legen ein grundsätzliches<br />
Problem offen: Warum und<br />
wofür digitalisieren wir eigentlich?<br />
Leider ist es oft so, dass Organisationen<br />
Digitalisierung nur als technologische<br />
Herausforderung verstehen<br />
und strategische, organisatorische<br />
sowie kulturelle Aspekte vernachlässigen.<br />
Der Erfolg der Digitalisierung<br />
wird zum Beispiel oft daran gemessen,<br />
wie viele neue Apps auf den<br />
Markt gebracht wurden oder wie<br />
viele Prozesse man „robotisiert“<br />
hat. Die Frage nach dem Beitrag der<br />
Digitalisierung zur übergeordneten<br />
Unternehmensstrategie kann jedoch<br />
nicht konkret beantwortet werden.<br />
Außerdem ist festzustellen, dass<br />
Digitalisierungsprojekte zwar oftmals<br />
gut gemanagt werden, der Prozess<br />
aber leider noch unzureichend<br />
„geführt“ wird. Es fällt vielen Organisationen<br />
schwer, einen zwingend<br />
erforderlichen digitalen Kulturwandel<br />
einzuleiten und das Führungsverhalten<br />
und -verständnis an das<br />
digitale Zeitalter anzupassen, um<br />
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
auf diesem Weg mitzunehmen<br />
und nicht zu verlieren.<br />
Das liegt daran, dass diesen Organisationen<br />
in den meisten Fällen ein<br />
ganzheitlicher Handlungs- oder Orientierungsrahmen<br />
fehlt, der Struktur<br />
und Ordnung schafft. Dieser strategische<br />
Rahmen setzt die modernen<br />
Digitalisierungstrends nicht nur<br />
in einen übergeordneten Kontext, er<br />
ermöglicht darüber hinaus auch die<br />
Beantwortung der Frage, mit welchen<br />
Themen man sich (zuerst)<br />
beschäftigen soll. Wie kann nun<br />
ein solcher Handlungsrahmen aussehen,<br />
an dem sich Unternehmen<br />
orientieren können?<br />
Das MIT-Modell der „Digital<br />
Mastery“<br />
Gut eignet sich das Modell der<br />
“Digital Mastery“, welches vom<br />
Massachusetts Institute of Technology<br />
(MIT) zusammen mit Partnern<br />
entwickelt wurde. Es wird bei<br />
adesso als Grundlage für Projekte<br />
rund um die Entwicklung von Digitalisierungsstrategien<br />
ausgewählt<br />
und um Erfahrungen und Branchen-<br />
sowie Technologie-Kompetenz<br />
ergänzt.<br />
Die Forscher am MIT haben<br />
herausgefunden, dass digital erfolgreiche<br />
Unternehmen zwei Aspekte<br />
signifikant besser beherrschen als<br />
ihr relevanter Wettbewerb. Das ist<br />
zum einen das sogenannte „Digitale<br />
Leistungsvermögen“ und zum<br />
anderen die sogenannte „Digitale<br />
Führungskompetenz“. Während der<br />
54 PC & Industrie <strong>12</strong>/<strong>2019</strong>