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2018-02-vdoe-position

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FOKUS

Klöckner: Mein Ministerium arbeitet

bereits mit Hochdruck an einer Nationalen

Strategie zur Reduzierung von Lebens -

mittelverschwendung. So wurde es auch

im aktuellen Koalitionsvertrag verankert.

POSITION: Eine weitere unter Ihren vielen

Ernährungsbaustellen ist die angekündigte

neue „Nationale Strategie für die

Reformulierung von Lebensmitteln“, bei

deren Umsetzung Sie – wie schon Ihr Vor -

gänger – weiter auf freiwilliges Handeln

der Industrie setzen wollen. Was ist Ihr

Plan B, falls das mit der Freiwilligkeit

schiefgeht?

Klöckner: Mein Ziel ist es, bis Ende 2018

ein Konzept für die Nationale Reduktionsund

Innovationsstrategie zu erarbeiten.

Hierzu gab es bereits Strategiegespräche.

Hier waren von Verbraucherverbänden

über die Wissenschaftler bis hin zu den

Lebensmittelproduzenten alle beteiligt.

Dabei hat die Wirtschaft die klare Zusage

gemacht, konkrete Vorschläge zu unterbreiten.

Daran werde ich sie messen.

POSITION: Sind Zucker- und andere

Steuern auf vermeintlich ungesunde Nah -

rungsbestandteile mit Ihnen machbar?

Klöckner: Eine Zuckersteuer klingt vielleicht

gut, ob das aber die Fehl- und Über -

ernährung verhindert, bezweifle ich.

Schauen Sie mal nach Dänemark: Dort gab

es eine Fettsteuer, die wieder abgeschafft

worden ist, weil sie nicht die ge wünschte

Wirkung hatte. Eine Straf steuer auf einzelne

Inhaltsstoffe hat noch niemanden

gesund gemacht. Ein zentraler Baustein ist

eben eine gute Ernährungs bildung – gerade

für unsere Kinder. Da neben ist auch der

Handel in der Pflicht. Er und die Ernäh -

rungsindustrie müssen dazu beitragen,

dass Salz, Fett und Zucker in Fertig le -

bensmitteln reduziert werden. Wir müssen

den Lebensstil und die Gesamt kalorienzahl

in den Blick nehmen. Auch brauchen wir

zum Beispiel realistischere Portions -

angaben auf den Ver packungen. Deshalb

sind mir Wahrheit, Klarheit und Vergleich -

barkeit auf den Verpackungen wichtig.

POSITION: Die Nahe, Rheinhessen und

die Pfalz – im weiteren Sinne Ihre Heimat

– sind seit jeher dem guten Essen, Trinken

und Genuss verpflichtet. Helmut Kohl hat

sich dazu immer be wusst bekannt und im

Deidesheimer Hof Welt politik gemacht,

bei Saumagen und einem guten Schop -

pen. Fühlen Sie sich diesbezüglich dem

Altkanzler wesensverwandt?

Klöckner: Ich mag bodenständiges, klares

Essen – keinen Schnickschnack. Gerne

auch die sogenannte Cross-over-Küche.

Wein – außer in der Fastenzeit – gehört

für mich dabei immer dazu. Und für den

ersten Durst ein kaltes Bier. Heimat kann

man schmecken!

Das Interview führte

Dr. Friedhelm Mühleib

Claudia Zilz: Was folgt auf die blumigen Worte?

Mit der aktuellen Bundesregierung sind viele neue – und vor allem junge – Gesichter ins Kabinett gekommen, um den längst

überfälligen Generationenwechsel einzuläuten. Ein farblos agierender Christian Schmidt zum Beispiel wurde von der smarten Ex-

Weinkönigin Julia Klöckner als Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft abgelöst.

Wir erinnern uns: Die 45-Jährige war bereits von 2009 bis 2011 Parlamentarische Staatssekretärin im Ernährungsministerium.

Damals widmete sie sich intensiv der Schulverpflegung. Nun hat sie selbst das Zepter in der Hand und will ihr Ministerium fortan

als „Lebensministerium“ verstanden wissen, welches sich um „Die Lebensthemen der Menschen“ kümmert. Nach dem Heimatkommt

nun auch ein Lebensministerium, warum nicht? Dahinter steckt der Gedanke, den Lebensmitteln beziehungsweise den

„Mitteln zum Leben“ mehr Wertschätzung zukommen zu lassen – und letztlich ihrem Ministerium. Eine längst überfällige

Aufgabe. Er reichen will sie dies über Ernährungsbildung – ein Kernthema der frischgebackenen Bundesministerin. Kinder sollen

von klein auf lernen, wie man sich ausgewogen ernährt. Und deshalb gehört das Thema für sie unbedingt in Kitas und Schulen

inklusive einer vorbildlichen Verpflegung. Um dies zu erreichen, sollen die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für

Ernährung sich bundesweit auf den Tellern widerspiegeln. Ein Ziel, das es sogar in den Koalitionsvertrag geschafft hat. Immerhin.

Ihre weiteren Ziele? Die Einführung eines staatlichen Tierwohllabels. Daran hatte sich bereits ihr Vorgänger versucht – erfolglos!

Jenseits bleiben viele ihrer Reden bei schönen Worten, viel Unkonkretem und wenig Punkten zum Anecken. Ein Blick auf den

Koalitionsvertrag verrät mehr: Das Aktionsprogramm „IN FORM – Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr

Bewegung“ soll mit Fokus auf Kinder- und Seniorenverpflegung weiterlaufen. Und noch bis Ende dieses Jahres – so das ambitionierte

Ziel – strebt die Bundesregierung im Kampf gegen Übergewicht ein Konzept zur Reduzierung von Zucker, Fett und Salz

in Fertigprodukten an. Schließlich will das selbst ernannte Lebensministerium nicht weniger, als

einen gesunden und nachhaltigen Lebensstil vom Acker bis zum Teller fördern. Blumige Worte,

auf die hoffentlich starke Taten folgen.

Zur Person: Claudia Zilz, Diplom-Agraringenieurin, ist seit zehn Jahren Redakteurin bei der

Wirtschaftsfachzeitschrift „gv-praxis” des Deutschen Fachverlages in Frankfurt. Zuvor war sie

fünf Jahre für ein Beratungsunternehmen in der Außer-Haus-Branche tätig.

Kontakt: Claudia.Zilz@dfv.de

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