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FREIZEIT<br />
LIVIGNO, ITALIEN<br />
Weite Tiefschneehänge<br />
für grosse Bögen<br />
Das italienische Livigno wird auch «kleines Tibet» genannt<br />
und ist für seine Zollfreiheit bekannt. Grosse Freiheiten und<br />
weite Schneehänge geniessen hier auch Freerider. Bergführer<br />
Emanuele Tizzoni gibt Einblick in sein Paradies.<br />
REPORTAGE FELIX MAURHOFER<br />
KARTE KEYSTONE<br />
Unter der Bergflanke<br />
des Monte Campaccio<br />
herrscht absolute<br />
Ruhe. Hier ist absolut<br />
nichts vom Skizirkus des<br />
nahegelegenen Skigebiets<br />
von Livigno zu hören. Einziges<br />
Geräusch ist das leise<br />
Zischen der Felle auf dem<br />
Schnee. Zielstrebig legt Bergführer<br />
Emanuele Tizzoni<br />
die Aufstiegsspur in Richtung<br />
eines kleinen Passes unterhalb<br />
des Gipfels. Er kennt<br />
die Skitouren- und Freeride-<br />
Region nahe an der<br />
Schweizer Grenze wie seine<br />
Westen tasche. Wenn es die<br />
Verhältnisse erlauben, ist er<br />
während der Wintersaison<br />
jeden Tag mit Gästen unterwegs.<br />
Und die Winter sind<br />
lang und schneereich im Livignotal.<br />
«Wir haben hier auf<br />
Höhen zwischen 1800 und<br />
etwas über 3000 Meter ideale<br />
Skibedingungen», so<br />
Emanuele. Die meisten Touren<br />
sind moderat, wobei<br />
steile Couloirs durchaus zu<br />
finden sind. Die Arena ist für<br />
Tiefschneefans gigantisch,<br />
und es ist immer möglich,<br />
unberührte Hänge zu finden.<br />
Vor allem jene Freerider, die<br />
bereit sind, von den Bergstationen<br />
aus mit den Fellen<br />
eine Weile aufzusteigen.<br />
Keiner war hier<br />
Nach knapp einer Stunde ist<br />
der Pass erreicht. Emanuele<br />
erklärt, wo die Abfahrt<br />
durchführen wird. Es ist<br />
kaum zu glauben: 20 Zentimeter<br />
Pulverschnee auf einer<br />
stabilen Schneedecke von<br />
oben bis unten, und es war<br />
noch niemand hier. Ohne<br />
FREERIDE-REGELN<br />
Lawinenbulletin konsultieren,<br />
Route planen<br />
(Dauer, Steilheit, Schwierigkeitsgrad),<br />
Sicherheits -<br />
ausrüstung mit Lawinenverschütteten-<br />
Suchgerät,<br />
Schaufel, Sonde, Lawinenairbag<br />
und Helm, Sperrzonen<br />
berücksichtigen<br />
und sich mit lokalen<br />
Spezialisten absprechen.<br />
Ausrüstungsinfos: touring.ch<br />
lange zu zögern, zieht der<br />
Guide seine weiten Schwünge<br />
in den Hang – pures Tiefschneevergnügen!<br />
Es könnte<br />
ewig so weitergehen – wenn<br />
es ein Freeride-Paradies gibt,<br />
dann ist es bestimmt hier.<br />
Die Muskeln beginnen langsam<br />
zu brennen, und ein<br />
Zwischenstopp ist nötig. Zeit<br />
für Emanuele, die umliegenden<br />
Gipfel zu erklären. Nebst<br />
ihm bieten fünf weitere Bergführer<br />
in Livigno Freeride-<br />
Touren an. Das Tal erstellt<br />
mit Experten sogar ein eigenes,<br />
tägliches Lawinenbulletin.<br />
Wer noch nie in der Region<br />
war, der kann sich jeden<br />
Sonntagabend im Birrificio<br />
Livigno mit lokalen Freeride-<br />
Spezialisten austauschen.<br />
Zwar sollte man vor einem<br />
Freeride-Tag nicht zu tief ins<br />
Glas schauen, doch das einheimische<br />
Bier ist ausgezeich -<br />
net und das Essen eben so.<br />
Eigentlich wollte Ema nue le<br />
Velorennfahrer werden. Er<br />
träumte von einer Teilnahme<br />
am Giro d’Italia. Kein Wunder,<br />
wuchs er doch fernab<br />
der Berge in Mailand auf. Als<br />
ihn aber Freunde zum Klettern<br />
mitnahmen, entbrannte<br />
seine Leidenschaft fürs Bergsteigen.<br />
So ist der 40-jährige<br />
Bergführer statt im Sattel mit<br />
Skis und Pickel unterwegs.<br />
Viele Höhenmeter<br />
Wir setzen unsere Abfahrt bis<br />
zur Talstation der Federia-<br />
Sesselbahn im gleichnamigen<br />
Tal fort. Von der Bergstation<br />
aus fahren wir kurz ab,<br />
schultern unsere Skis und<br />
steigen in wenigen Minuten<br />
Richtung Pizzo Cantone auf.<br />
Nun warten über 1000 Höhenmeter<br />
Abfahrt bis hinunter<br />
ins Dorf. Man hat in Bezug<br />
auf die Route die Qual<br />
der Wahl. Und auch hier<br />
keine einzige Abfahrtsspur.<br />
Nach dem Motto «Sleep, ski,<br />
eat and repeat» kommt ein<br />
Teller Sciatt, eine nahrhafte<br />
Veltlinerspezialität, gerade<br />
recht. Die Pause nutzt Emanuele,<br />
um die Freeride-Karte<br />
der Region zu entfalten. Auf<br />
dem Stück Papier wird deutlich,<br />
was für unbegrenzte<br />
Möglichkeiten sich hier auftun.<br />
Die Berge links und<br />
rechts des italienischen Bergdorfs<br />
sind mit Bahnen erschlossen.<br />
Die Rückseiten<br />
sind freies Skigelände, und<br />
zwar in allen Expositionen.<br />
Trifft man während des<br />
Frühlings auf der Sonnenseite<br />
Sulzschnee an, können<br />
Freerider in den Nordhängen<br />
immer noch Pulverschnee<br />
finden. Mit diesen Aussichten<br />
wird klar, dass die nächsten<br />
Pulvertage viele schöne<br />
Abfahrten bereithalten werden.<br />
◆<br />
Die Reportage wurde durch<br />
Livigno-Tourismus unterstützt.<br />
GUT ZU WISSEN<br />
Aktuelle Saison: bis 3.3.2020<br />
Anreise: Vereinatunnel–<br />
Zernez–Ofenpass–Punt la<br />
Drossa (Tunnel)–Livigno<br />
Fakten Skigebiet: Pisten auf<br />
1800 bis 2900 Meter ü. M.,<br />
32 Bahnen, 115 Pistenkilometer,<br />
Tagespass Erwachsene<br />
43 Euro, Kinder 21.50 Euro<br />
Wohnen: Hotel Valtellina, DZ<br />
ab 130 Fr., hvaltellina.it<br />
Freeride: Bergführer Emanuele<br />
Tizzoni, emanuele.tizzoni@<br />
gmail.com, oder<br />
Livigno Outdoor Center,<br />
freeride@livigno.eu<br />
Literatur: Freeride Map Livigno,<br />
ISBN 978-3-905916-77-5,<br />
freeride-map.com<br />
Informationen: livigno.eu<br />
FRA<br />
SCHWEIZ<br />
Grächen<br />
100 km<br />
Bergführer Emanuele Tizzoni<br />
kennt jede Ecke des Gebiets<br />
DEU<br />
AUT<br />
Obergurgl<br />
Livigno<br />
ITALIEN