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Drachenpost 113

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Düsseldorfer Drachenpost – Ausgabe 113 (1/2020) 39. Jahrgang

Seniorenpflege

Die Pflegesituation in China

Yannick Borkens

China ist das bevölkerungsreichte Land der

Welt. In dem fast 9.600.00 großen Land leben

1.395.380.000 Menschen (ca. 1,4 Milliarden Menschen

- Stand 2018). Es ist nicht verwunderlich,

dass diese große Bevölkerung das Land vor viele

Herausforderungen stellt. Eines davon ist ein

großes Problem mit der Pflege. Um das Bevölkerungswachstum

im Land abzubremsen und besser

kontrollieren zu können, wurde im Jahr 1979 die

bekannte Ein-Kind-Politik ( 一 孩 政 策 ) eingeführt.

Nach diesem Gesetz war es Familien untersagt,

mehr als ein Kind zu „besitzen“. Später wurden

diese Regeln etwas gelockert und im Oktober

2015 schließlich komplett beendet. Zwar wurde

die Bevölkerungsentwicklung sichtbar abgebremst,

allerdings sind die entstandenen sozialen

Spannungen deutlich zu spüren. So führte die

Ein-Kind-Politik, in Verbindung mit der konfuzianischen

Tradition, die männliche Erblinie

zu erhalten, zu der verstärkten Abtreibung von

weiblichen Föten. Außerdem nahm die Zahl der

Einzelkinder deutlich zu. Diese, nicht selten von

ihren Eltern bzw. Großeltern verwöhnten, Kinder

werden als 小 皇 帝 (kleine Kaiser) bezeichnet.

So entstand nicht nur eine überalterte Gesellschaft,

sondern auch ein deutlicher Männerüberschuss

in den jüngeren Generationen. Die

demographischen Spannungen werden bei der

Altenpflege deutlich. Im Gegensatz zu unserer

westlichen Welt, ist die Pflege der Alten in China

eine familiäre Tradition. Generell ziehen die

Großeltern die Kinder groß, während die Eltern

arbeiten gehen. Später dreht sich diese Konstellation.

Und die Großeltern werden von den Jüngeren

gepflegt. Da die Geburten durch die Ein-

Kind-Politik aber stark zurückgingen, kommt es

heutzutage zu einem Engpass, auch als 4-2-1 oder

8-4-2 Problem bezeichnet. Die Zahlen drücken

lediglich aus, dass sich nun ein Kind bzw. eine

Familie mit 2 Personen um 2 (4) Eltern und 4 (8)

Großeltern kümmern muss, da natürlich auch in

China die Lebenserwartung steigt.

Neben der allgemeinen Pflegebedürftigkeit,

die durch das Altern entsteht, gibt es aber auch

andere Gründe, die zu einer Pflegebedürftigkeit

führen. So leben in China die meisten Alzheimer-

und Demenzpatienten. Ihre Anzahl wird

in den nächsten Jahren immer weiter zunehmen.

Alzheimerpatienten sind auf eine Rund-um-die-

Uhr-Betreuung angewiesen, die traditionell auch

von der Familie übernommen wird. Die betreuenden

Angehörigen stehen den Arbeitsmarkt

dann natürlich nicht zur Verfügung. So entsteht

ein pflegebedingter Fachkräftemangel in anderen

Bereichen. Aus diesem Grund baut die Regierung

in China den Pflegesektor immer weiter

aus. Diese Entwicklung ist allerdings noch recht

jung. Erst im Jahr 1987 wurde in Beijing das erste

Hospiz eröffnet. Das nächste 1988 in Shanghai.

Mittlerweile gibt es in China ein Pflegediplom,

das nach einer 2-jährigen Ausbildung erlangt

werden kann. Die Pfleger sind jung, rund

40 Prozent sind unter 35, und meistens weiblich,

über 90 Prozent. Mittlerweile sieht die Situation

in China deutlich besser aus. Laut Prognosen

wird die Pflege im Jahr 2020 die größte Dienstleistung

sein. Nach der Ausbildung können die

Absolventen noch ein Studium abschließen. Anders

als in Deutschland zeichnet sich in China

kein Mangel an Pflegekräften ab. Dies ist gerade

bei der überalterten Bevölkerung und den kulturellen

Unterschieden erstaunlich. Allerdings ist

die Regierung auch bemüht, den Pflegesektor so

attraktiv wie möglich zu gestallten. So fördert sie

zum Beispiel Auslandsaufenthalte, damit die chinesischen

Fachkräfte ihren Horizont erweitern

können und mit neuen Eindrücken, Ideen und

Knowhow später wieder im heimischen Pflegesektor

arbeiten und ihre im Ausland erworbene

Erfahrung dort nutzen können. Dies ist in China

einzigartig und ist wahrscheinlich ein Punkt, der

den Pflegesektor für Arbeitnehmer sehr attraktiv

macht. Von dieser Unterstützung der Pflegekräfte

könnte auch Deutschland noch etwas lernen.

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