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MUSIK IN DEN 60ER- UND 70ER-JAHREN
Nachdem die Kapelle Haferkamp irgendwann
für Schützenfeste nicht mehr zur
Verfügung stand, war die Bahn frei für
die Mattocks. Die Band hatte inzwischen
genug Erfahrung gesammelt und besaß
inzwischen auch eine gute Anlage.
Schützenfeste in Klein-Mimmelage,
Menslage und Nortrup oder Engagements
bei Düker in Ankum und Aßmann
in Nortrup waren die ersten größeren
öffentlichen Stationen. Zeitzeugen
erinnern sich mit Begeisterung an diese
Auftritte.
Dort konnten sie erstmals live die Songs
von den Beatles, Stones oder Manfred
Mann hören und von anderen Schallplatten,
die sie selbst zu Hause hatten.
Und besonders gut gefielen der typische,
mehrstimmige Gesang der Mattocks
oder zum Beispiel bei Songs von
Creedence Clearwater Revival („Proud
Mary“und „Cotton Fields“) die passend
markige Stimme von Klaus Schlüwe.
Ein Akkordeon
als Ablenkungsmanöver
Dieter Schlüwe beschreibt: „Die konservativen
Veranstalter und das konservative
Publikum aus der ländlichen Gegend
waren anfangs skeptisch. Ich nahm
deshalb immer mein Akkordeon mit
zu unseren ersten Auftritten an einem
neuen Ort. Dort stellte ich es gut sichtbar
als erstes auf die Bühne. Dieses Instrument
kannten die Saalbetreiber und es
sorgte erstmal für Ruhe beim Aufbau. Ein
Problem ganz anderer Art lösten wir auf
unsere Weise: Damals war es üblich, dass
die Musiker regelmäßig am Abend mit
Schnaps versorgt wurden. Das war überhaupt
nicht unser Ding. Wir mussten
aber so tun, als ob wir das mitmachten
und so landete der meiste Korn nicht in
unseren Mägen, sondern in einem versteckten
Becher hinter der Bühne.“
Dieter Schlüwe erzählt weiter: „Mit der
Zeit dominierte in unserem Programm
immer mehr aktuelle englischsprachige
Beatmusik. Selbstverständlich von
den Beatles, weiterhin von den Hollies,
Searchers, Shadows, Monkees oder Cliff
Richard. Die neuen Hits einzuüben war
nicht einfach. Wir hatten keine Tonbandgeräte
für Radioaufnahmen und die
aktuellen Hits waren meist erst spät als
Single in Quakenbrück erhältlich. Also
setzten wir uns vor das Radio. Wir lauschten
der Hitparade auf NDR oder Radio
Luxemburg. Einer schrieb die Texte mit,
die anderen machten sich Notizen zu
Rhythmen, Tonarten und Harmonien und
schließlich übten wir die Songs gemeinsam
aus der Erinnerung ein. Das funktionierte
recht gut und so versorgten wir
abends unser Publikum mit bekannten
Songs, aber auch mit den allerneuesten
Hits. So wurde es für sie nie langweilig.
Später brachte unser neuer Bassist
Hermann Lampe aus Quakenbrück einen
der ersten Cassettenrecorder mit, der bei
den Proben manches erleichterte. Unsere
Freunde aus der Nortruper Nachbarschaft,
Gundolf Ermeling, der Sohn des
Ortsbrandmeisters, Josef Wegener, der
älteste Sohn des Malermeisters und
Jürgen Rottbrand, dessen Vater damals in
der Molkerei arbeitete, halfen uns beim
Aufbau vor Ort. Am Wochenende war es
für sie eine aufregende Abwechselung
bei den Proben und Auftritten mit dabei
zu sein und helfen zu können.
Die Joe Cramer
Combo als
Konkurrent
Mit dem Ausklang der Sechzigerjahre
lagen die wirklich angesagten Locations
für den Jugendtanz allerdings immer
noch fest in der musikalischen Hand einer
sehr populären Band: der Joe Cramer
Combo aus Neuenkirchen-Vörden. Diese
Kapelle bot ein Programm aus Beatmusik
und traditioneller Tanzmusik für den
beliebten Paartanz. Irgendwann war die
Zeit für Joe und seine Jungs allerdings
Briefkopf der Mattocks
auch vorbei und es öffneten sich für uns
die Pforten zu den großen Sälen beim
Samba Franz in Üffeln, bei Aßmann in
Nortrup und bei Welling in Neuenkirchen.
Schon bald bekamen wir einen lukrativen
Monatsvertrag und verdienten
mit den Mattocks 750 DM (geteilt durch
fünf) am Abend. Dies war eine Menge
Geld, wenn man bedenkt, dass ein
Lehrling bei der Post im ersten Lehrjahr
80 DM im Monat plus Kost und Logis
bekam. Richtig los ging es aber erst nach
dem Gewinn eines Beat-Wettbewerbs,
bei dem die Mattocks den zweiten Platz
belegten.”
Als Dieter Bohlen
Noch Ein
„Urvogel“ war
Dieter Schlüwe erzählt weiter: „Aus meiner
Lehre in Oldenburg kannte ich den
Musikalienhändler Rico Fischmann in
Oldenburg. Dort hatte ich später ab und
an als Verkäufer ausgeholfen und über
diese Verbindung lernte ich auch Dieter
Bohlen kennen.
Damals waren wir die einzige Band weit
und breit, die über eine wirklich gute
Anlage verfügte. Dieter Bohlen versuchte
sich im Progressivrock mit einer Band namens
Urvogel, hatte aber keine Anlage.“
„Wir klingen wie Frumpy“ (einer damals
sehr erfolgreichen Hamburger Band mit
der fantastischen Sängerin Inga Rumpf
und LP-Veröffentlichungen im Vereinigten
Königreich), konnte man in seiner
Band-Bio und seiner Presseinformation
lesen. Dort war auch die (angeblich eigene)
Anlage aufgelistet, die exakt mit der
Anlage der Mattocks übereinstimmte.
Ausgabe Winter 2019 mq + | 25