EYECOM 01|2020
DIE EYEWEARE-COMMUNITY
DIE EYEWEARE-COMMUNITY
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
TAUSEND TAGE<br />
ES GIBT FIRMEN, DIE GEFÜHLT SCHON IMMER DA WAREN. BRAUN CLASSICS<br />
AUS MÜNCHEN GEHÖRT DAZU. DIE MARKE STEHT FÜR GEDIEGENE VINTAGE-MODELLE,<br />
DEREN HAUPT-EIGENSCHAFT GLEICHZEITIG EIN FLUCH UND EIN SEGEN SEIN KANN:<br />
SIE ÄNDERN SICH NICHT ALLE PAAR MONATE MIT IRGENDEINER MODE. JETZT GIBT ES<br />
EINEN NEUEN EIGENTÜMER – UND VIELE PLÄNE FÜR DIE NÄCHSTEN 1.000 TAGE.<br />
tefan Kästner ist Vollblut-Augenoptiker. Im norditalienischen<br />
Brescia betreibt er mit der „Ottica Visus Di Stefan Kästner<br />
e C.“ erfolgreich ein mittelständisches Augenoptikergeschäft.<br />
Seit genau einem Jahr ist er außerdem Inhaber der Firma Braun<br />
Classics in München, deren Gründer Reinhold Braun altershalber einen<br />
Nachfolger gesucht hatte.<br />
Braun Classics steht seit über 25 Jahren für „Brillen von gestern“ – im<br />
besten Sinne des Wortes: Die Kollektion besteht aus Modellen, die sich<br />
gängigen Modespezifikationen verweigern. Sie sind nicht heute hip und<br />
in sechs Monaten out, sondern zeitlos-dezent von einer Art, die man von<br />
Levis-Jeans, Burberry-Jacketts oder rahmengenähten Reiter-Halbschuhen<br />
kennt. „Slow Fashion“ beschreibt das Produktportfolio sehr gut.<br />
Das Unternehmen wurde 1993 von Reinhold Braun gegründet, der<br />
zuvor Mitbegründer und Teilhaber der Firma „Kurzenberger & Braun“<br />
gewesen war. Deren Produktportfolio bestand zu großen Teilen aus antiken<br />
Brillenfassungen und Sonnenbrillen, meist ungetragene Altbestände<br />
aus ehemaligen Brillenfabriken. Aber eben auch nur in limitierten Stückzahlen<br />
und oft in unbekannter Qualität. Mit Braun Classics ließ Reinhold<br />
Braun deshalb besonders schöne Vintage-Modelle in modernen und<br />
haltbaren Materialien nachfertigen – und hatte damit Erfolg: Die Marke<br />
„Braun Classics“ war geboren. Heute hat das Unternehmen allein in<br />
Deutschland über 8.000 Kunden. Das bedeutet: Zwei von drei Augenoptikern<br />
in Deutschland haben eine Braun-Kundennummer, woraus man<br />
zumindest schließen kann, dass sie dort irgendwann einmal wenigstens<br />
eine Brille bestellt haben.<br />
Sinnvollerweise hat man eine solche klassische Brille nicht nur, um sie<br />
jahrelang täglich als „Brille für alles“ zu tragen; eine „Braun“ ist auch eine<br />
Bereicherung für jeden gut sortierten „Brillenkleiderschrank“: Wenn es<br />
dort bereits unterschiedliche Modelle von elegant bis sportlich und von<br />
edel bis crazy gibt, für’s Auto, den Sport und die Bildschirmarbeit, ist eine<br />
klassisch-schlichte Brille in rund, panto oder oval eine wunderbare und<br />
stilvolle Ergänzung.<br />
Natürlich hat Stefan Kästner bei der Übernahme auch Dinge vorgefunden,<br />
die ihm nicht so gut gefielen. Immerhin kennt er beide Seiten<br />
des Ladentischs: Die des verkaufenden Brillenherstellers und die des kaufenden<br />
Augenoptikers. Andererseits ist gerade das die Sorte Herausforderung,<br />
die einen Unternehmer von einem Betreiber unterscheidet: Eine<br />
gut laufende Firma einfach weiterlaufen zu lassen ist keine große Kunst;<br />
sie weiterzuentwickeln umso mehr. Genau das hat Stefan Kästner mit seinem<br />
„1.000 Tage-Programm“ vor, das er ab Jahresbeginn 2020 selbst gegeben<br />
hat: Die Werte zu pflegen, die das Unternehmen und seine Produkte<br />
auszeichnen – und dabei das zu optimieren, was verbesserungswürdig<br />
erscheint. Das Ziel: Eine Fassungskollektion vom Optiker für Optiker, die<br />
in Zukunft auch dezent das Thema „Farbe“ berücksichtigen wird.<br />
Eines der Dinge, die der Unternehmer ändern will: Braun Classics<br />
soll den Kunden nicht nur dann als Lieferant einfallen, wenn ein Kunde<br />
unbedingt eine runde Brille in Havanna oder ein Panto-Modell mit Windsorringen<br />
und Gespinstbügeln haben möchte. Das kann er zwar alles liefern,<br />
aber der Aufwand des Einzelbrillenversandes steht oft nicht in einem<br />
Stefan Kästner<br />
vernünftigen Verhältnis zum Ertrag. Deshalb baut Kästner die Kollektion<br />
gerade behutsam um: So, dass der Augenoptiker auch auf einen Schlag<br />
20 oder 30 Modelle einkaufen und diese als eigenständige und wertige<br />
Kollektion präsentieren kann. Zur Erreichung dieses Ziels will der Unternehmer<br />
mit einem guten Außendienst die Bindung zur Firma und ihren<br />
Produkten verbessern: Keine „Brillenzeiger“, sondern Berater, die die Befindlichkeiten,<br />
Wünsche und Sorgen der Augenoptiker kennen und mit<br />
ihnen umgehen können. Auch dabei ist es außerordentlich hilfreich, dass<br />
Kästner beide Seiten der Medaille kennt.<br />
Was ihm bei seinem neuen Konzept ebenfalls hilft, ist die aktuelle<br />
Nachhaltigkeits-Diskussion: Kunden legen zunehmend Wert auf Produkte,<br />
deren Herkunft und Entstehungsgeschichte bekannt ist und die nicht<br />
so konzipiert sind, dass sie automatisch nach kurzer Zeit „unmodisch“<br />
werden oder im Rahmen der „geplanten Obsoleszenz“ irreparabel kaputtgehen.<br />
Dafür sorgen zwei Manufakturen in den Dolomiten, die die Acetatund<br />
Metall-Modelle der Kollektion herstellen sowie ein ausgeklügeltes<br />
Ersatzteil-Konzept. Dabei kommt Stefan Kästner zugute, dass er fließend<br />
Italienisch spricht und sich auf Augenhöhe mit den Brillenmachern unterhalten<br />
kann. Und dass seine „italienische Werkbank“ im Zweifelsfall nur<br />
fünf Autostunden von seinem Schreibtisch in München entfernt ist.<br />
www.braun-classics.de<br />
opti ’20 · Halle C2 · Stand 508<br />
WWW.EYE-COM.NET<br />
35