Neue Szene Augsburg 2020-02
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HEIMATKLÄNGE
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ille grazie, ihr seid extra wegen
dieses Exklusiv-Interviews aus
Sirmione angereist. Man merkt,
ihr seid alte Hasen in diesem Geschäft,
echte Profis eben.
Bianco: Prego... Termine in Augsburg
sind für uns immer eine tolle Sache, da verbinden
wir immer das Nützliche mit dem
Angenehmen. Augsburg ist für uns eine wichtige
Hafenstadt zwischen Lech und Wertach, sozusagen
die Adria des Voralpenlandes, hier fühlen wir
uns daheim.
Wir befinden uns in der Bar des 3 Mohren-Hotels,
ein mehr als angemessener Rahmen für
dieses Interview, wie ich finde. Schön gemütlich
ist es hier. Das 3 Mohren ist ja mehr oder
weniger eure Residenz in Augsburg. Ich bin
beeindruckt von eurer Pünktlichkeit, es ist auf
den Glockenschlag 16.00 Uhr.
Eisensepp: Es ist alles eine Frage der Logistik.
Der Chauffeur hat uns rechtzeitig vom Rollfeld
des Flughafens abgeholt und wir hatten sogar
noch Zeit, uns frisch zu machen. Und was das 3
Mohren angeht, da sind wir immer sehr gerne zu
Gast und uns verbindet eine lange Partnerschaft.
Euch gibt es inzwischen unglaubliche 38 Jahre.
Könnt ihr euch noch an unser erstes gemeinsames
Interview erinnern? Ich glaube es war
1991 an der Kahnfahrt. Da habt ihr gerade eure
Gondoliere-Scheine gemacht.
Bianco: Ja, richtig! Damals mussten wir zweigleisig
fahren, weil wir nicht wussten, wohin uns
die Reise als Schlagerstars denn führen würde. Ich
habe auf Anhieb bestanden, aber Eisensepp
musste noch eine Ehrenrunde drehen.
Eisensepp: Ich liebe die Geschwindigkeit und
war wohl etwas zu flott unterwegs. Aber der
Schein hat sich mehr als gelohnt, denn damit
konnten selbst wir damals arme Schlucker bei der
Damenwelt punkten!
Seit unserem letzten Interview im 2018 ist viel
passiert. Ausverkaufte Konzertsäle, Fans außer
Rand und Band, ein neuer Plattendeal. Wie erklärt
ihr euch diesen phänomenalen Erfolg?
Eisensepp: Nach unserem Comeback 2016
wollten wir es einfach wissen. Unsere Akkus waren
komplett aufgeladen, wir waren gut drauf und bis
in die Haarspitzen motiviert. Wir haben wieder
einmal eine Lawine ausgelöst. Da wäre es doch
dumm, sich zurückzuziehen.
Allerdings. Aber was treibt euch? Anerkennung,
Geld, Ruhm?
Roberto: Ah, der Prosecco kommt. Der Negroni
hier ist auch sehr gut. Kann ich sehr empfehlen.
Aber wo waren wir stehen geblieben?
Ruhm, Geld und Ehre? Wir haben es monetär
nicht mehr nötig, auf die Bühne zu gehen, wir
haben im Laufe der Jahrzehnte Millionen gescheffelt.
Immer nur mit der Yacht herumzugondeln
oder Polo spielen, ist auf Dauer auch etwas öde.
Der Süden war ja immer fest in eurer Hand.
Inzwischen feiert man euch auch in Köln
oder Hamburg.
Roberto: Auch der Norden hat ein tiefes Bedürfnis
nach Wärme, südländischer Tanzkultur
und schönen musikalischen Klängen. ”Dolce Vita”
ist eben nicht nur ein Exklusivprodukt für Süddeutschland,
Bayern oder Augsburg.
Eisensepp: Sehnsucht hört ja nicht einfach irgendwo
auf, sie geht auch weit über die Grenzen
Bayerns hinaus.
Das hast du schön gesagt. Inzwischen sind die
Kinder der Fans der ersten Stunde eure Kundschaft.
Ihr habt es geschafft, diese goldene Dekade
der schwülstigen Melodien zu
konservieren. Italo-Pop der 80er Jahre erlebt
gerade eine Renaissance. Dank euch, das muss
man einmal ganz klar sagen.
Roberto: Dank uns und dank der Zufälle, die
halt auch immer in so eine Geschichte einfließen.
Aber da halte ich es mit Friedrich Nitzsche, der
verkennt den Zufall. Man ist immer gewissen Dynamiken
und Strukturen ausgesetzt, die man nicht
beeinflussen kann. Aber natürlich sind wir maßgeblich
an dieser Renaissance in Deutschland und
auch in Italien verantwortlich, keine Frage.
Am 20. März erscheint bei Sony Music das
neue Album. Zehn Wochen Studio liegen hinter
euch. Das Leben ist nicht immer nur Dany
plus Sahne.
Roberto: Wir haben in Wien, Graz und Augsburg
aufgenommen. Es war eine sehr intensive
Zeit mit sehr viel Arbeit. Große Melodien fließen
einem ja nicht einfach so zu. Noch dazu haben wir
zu allen fünf Singles auch Videos gedreht.
Eisensepp: Es war ein Prozess der Selbstfindung.
Wenn mehrere Kreativschaffende mit ausgeprägtem
Ego sich auf ein Kompromisskunstwerk
einigen müssen, dann kann es schon
auch mal Dissonanzen geben. Die Frage war, wie
weit kann man gehen, was hält man aus und steigt
man gereinigt aus der Taufe. Das ist uns aber vortrefflich
gelungen.
”Greatest Hits”, so der Titel, hat Sebastian
Adam produziert, der u.a. mit Acts wie Bilderbuch
gearbeitet hat. Wieso gerade er?
Eisensepp: In der Band seines Vaters ”Hallucination
Army” hat Falco gespielt.
Der Falco?
Roberto: Genau! Die Hallucination Army
steht für eine Mixtur aus Musik und Theater, wir
sind von denen also gar nicht so weit weg.
Eisensepp: Wir wollten ganz bewusst einen
Produzenten, der nicht nur ein Tontechniker oder
ein Handwerker, sondern auch Künstler ist. Zebo
Immer nur mit der Yacht
herumzugondeln oder Polo zu
spielen, ist auch öde!!
war eine Art Hebamme für unseren Sound und
hat einen Teil seiner Seele in den großen Kessel geworfen.
Er hat ein großartiges Gespür für uns gehabt,
er hat sich eingebracht, uns aber auch
machen lassen. Das Live-Gefühl auf Platte bringen,
das war uns ganz wichtig.
Nach so vielen Jahren on tour... Zieht man da
noch den Rock´n´Roll-Film mit Weibern,
Sekt und Koks durch oder entledigt man sich
lieber nach dem Konzert seines Bauchkorsetts
und schlürft im Hotelzimmer warme Milch
mit Honig?
Roberto: Ein interessanter Aspekt, warme
Milch mit Honig... das habe ich noch nie ausprobiert.
Wir reiten vielleicht nicht mehr so wild wie
früher, aber je nach Laune packen wir schon noch
ab und zu das Biest aus.
Eisensepp: Manchmal muss man ja sagen,
manchmal nein. Aber als Oldschool-Gentlemen
hüllen wir uns da in Schweigen.
Im März steigt eine kräftezehrende Tour mit
20 Shows. Das erfordert Vitalität. Eure Tifosi
gelten als heißblütig und werden euch sicher
bis zum letzten Schweißtropfen fordern. Wie
bringt man sich da in Stimmung?
Eisensepp: Wir sind Dienstleister und das Publikum
will unterhalten werden. Und da ist es
ganz egal, ob du in Saarbrücken oder Verona auf
der Bühne stehst. Man muss immer das Beste aus
sich herausholen.
Roberto: Schlechte Laune ist in unserem
Beruf tödlich, aber Spumante ist ein guter Freund,
um in Stimmung zu kommen.
Die Rente ist im Sack, die Perspektiven sind
rosig. Was für Wünsche hat man noch nach so
einer langen und grandiosen Karriere?
Roberto: Ich würde gerne mein Studium der
Archäologie abschließen. Ich habe damals leider
oder zum Glück kurz vor dem Magister hingeschmissen.
Vielleicht kann man sich das an einer
windigen Uni in Frankfurt/Oder oder so anrechnen
lassen.
Eisensepp: Materielle Wünsche gehen auch
im Alter nicht verloren. Wir haben uns vor Jahren
ein Hotel am Lago Maggiore gekauft, das muss in
Stand gehalten werden. Ein großer Wunsch ist,
beim Musikfestival in San Remo aufzutreten, wo
im Prinzip jeder renommierte Schlagerkünstler
gespielt hat. Wir warten auf den Anruf und so
lange wird es uns auch geben.
INFO: www.facebook.com/abbrunzatissima