BLATTWERK AUSGABE No.11 – September bis Dezember 2019
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OHO
DAS DRITTE
JAHRZEHNT
„Der Fluss – Die Lieder der Lebenden, die Lieder der Toten“ war wohl
die erfolgreichste Eigenproduktion des OHO und tourte von 2013
bis 2016 durch Österreich.
Ausstellungseröffnung „Wächter über Oberwart“ im Kulturpark
Oberwart 2013. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer
eröffnete die Ausstellung, die sich mit den sechs Friedhöfen und
zwei Totengedenkstätten in Oberwart auseinandersetzt – und
das in fünf Sprachen. Das gesamte Projekt wurde mit dem Bank
Austria Kunstpreis ausgezeichnet.
... EINES AUTONOMEN KUNST-
UND KULTURHAUSES DER PROVINZ
Eine Erzählung in Fragen und Antworten
Das große Highlight im dritten Jahrzehnt des OHO war
die Produktion „Der Fluss – Die Lieder der Lebenden,
die Lieder der Toten“. Laut der ORF-Journalistin Eva
Hillinger eine Liebeserklärung an das Burgenland. Was
hat Dich zu dieser Arbeit veranlasst und wie wichtig
war diese fürs OHO und auch für die Region. Was war
das Besondere?
PETER WAGNER Inwiefern „Der Fluss“ eine Liebeserklärung
an das Burgenland war, kann ich schwer beurteilen. Ich
würde die Produktion eher als eine kritische Würdigung
eines Landes betrachten, in dem ich einerseits geboren und
aufgewachsen bin und auch weiterhin lebe, mit dem mich
aber auch eine nicht unschwierige Beziehung verbindet.
Wenn sich jemand dafür interessiert, lese sie oder er es
in meinem Buch „Es ist eine Not mit uns. Ein burgenländisches
Pamphlet“ (edition lex liszt 12, 2016) nach. Nicht
unschwierig deshalb, weil es viele Aspekte im Zusammenleben
der Menschen in diesem archetypischen Grenzland
gibt, die in Bezug auf die hier vertretenen Ethnien, Sprachen
und Religionen einzigartig in Österreich sind, es sich
andererseits aber auch Wesensmerkmale entwickelt haben,
die manches in diesem Land nicht eben sympathisch
erscheinen lassen: Die fortgesetzte Untertanenmentalität
verfügt zwar über probat schlaue Überlebensstrategien,
wie sie manch unterdrücktem Volk eignen, stellt aber doch
auch einen gelebten Anachronismus, ja eine latente Anfälligkeit
für autoritäres Gedankengut dar. Ich meine damit
nicht nur die Bereitschaft der BurgenländerInnen, sich sehr
früh und ohne relevanten Widerstand den Nazis angedient
zu haben, sondern auch die Ausrichtung beispielsweise der
Sozialdemokratie in diesem Lande, die in vieler Hinsicht
von den Stoßrichtungen tatsächlich rechter Parteien nicht
zu unterscheiden ist. Es ist kein Zufall, dass sich gerade im
Burgenland SPÖ und FPÖ einander gefunden und, wie es
scheint, auch als Langzeitehepaar etabliert haben. Wenn
der blaue Landesvize Tschürtz auf Bundesebene eine Koalition
zwischen SPÖ und FPÖ mit einem Bundeskanzler
Doskozil und einem Vizekanzler Hofer vorschlägt, gibt
es seitens der SPÖ nicht nur keinen Aufschrei, sondern
höchstens geducktes Schweigen, wenn nicht ganz und gar
zustimmendes Nicken.
Ich habe den „Fluss“ konzipiert und inszeniert, weil ich damit
einen großen Bogen von Arbeiten über dieses Land
abschließen wollte, der mit meinem Hörspiel über den
KZ-Überlebenden Rom Stefan Horvath aus Oberwart vor
mittlerweile 45 Jahren begonnen und mit der Roman-Satire
„Die Burgenbürger“ ihren Höhenpunkt erreicht hatte.
Insofern ist „Der Fluss“ eine Art komprimierte Quintessenz
meiner jahrzehntelangen Beschäftigung mit dem Burgenland.
Was das Besondere daran war – und sicher auch
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