BLATTWERK AUSGABE No.11 – September bis Dezember 2019
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Die brutale Kirche
ÜBER DEN BESTEN ORT DER
MODERNE IM BURGENLAND
von Klaus-Jürgen Bauer
Schon im Jahr 1917 – es war gerade Krieg – dachte der Pfarrgemeinderat
von Oberwart über eine Erweiterung seiner barocken
Pfarrkirche nach. Die Gemeinde wuchs, man brauchte Platz. Also
ließ der wackere Pfarrgemeinderat einen Teil des Kirchenwaldes
schlägern und legte den Erlös aus dem Holzverkauf auf einer Bank
in Steinamanger an. Dann sollte jedoch alles anders kommen. Der
Krieg war verloren, das Geld war nichts mehr wert und Oberwart
fand sich plötzlich in einem neuen Staat wieder. Kurzum: Wald
und Geld waren weg. Einen weiteren Versuch der Kirchenerweiterung
unterband dann der Zweite Weltkrieg. Die Besatzungszeit
brachte andere Sorgen mit sich. Im Jahr 1964 wurde jedoch frohen
Mutes erneut ein Kirchenbaukomitee gegründet, doch dann starb
plötzlich der Pfarrer. Es schien wie verhext.
Der neue Pfarrer von Oberwart hieß Dr. Ladislaus Triber. Er wurde
endlich der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Triber
war der Sohn eines Esterházyschen Försters aus Lockenhaus. Er
besuchte das Knabenseminar in Mattersburg, danach studierte er
in Wien Theologie. Nachdem Triber zum Priester geweiht worden
war, amtierte er lange Jahre als Pfarrer von Oberwart. Im Jahr 1977
verließ Triber das Priesteramt allerdings. Er heiratete und wurde
im Jahr 1978 nach Helmut Andics der Leiter der burgenländischen
Kulturzentren. Triber war – so könnte man sagen – der treibende
Geist hinter dem burgenländischen Betonbrutalismus.
Alles begann aber in Oberwart. Gemeinsam mit dem Bauausschuss
fuhr Triber im Jahr 1965 durch die Lande, um neu gebaute
Kirchen zu besichtigen. Dann wurde ein geladener Architektenwettbewerb
ausgelobt, an dem je zwei Architekten aus Wien, Graz
und dem Burgenland teilnahmen. Juryvorsitzender war niemand
Geringerer als Prof. Karl Schwanzer. Neben ihm und den Mitgliedern
des Bauauschusses agierten in diesem Gremium auch noch
Prof. Ferdinand Schuster, der Kirchenbauspezialist, und Jesuit
Herbert Muck sowie der damalige Landeskonservator des Burgenlandes,
Alfred Schmeller.
Am 14. Februar 1966 stand das Siegerprojekt mit einem einstimmigen
Ergebnis fest. Günther Domenig und Eilfried Huth aus Graz
hatten gewonnen und Ottokar Uhl erhielt den undankbaren zweiten
Preis. Graz vor Wien, so lautete das Ergebnis, das Burgenland
war weit abgeschlagen. Nach der anschließenden öffentlichen
Präsentation aller Wettbewerbsbeiträge ließ Ladislaus Triber sogar
die Bevölkerung abstimmen. Auch hier war die Mehrheit für das
Projekt von Domenig und Huth. Domenig war damals erst 32 Jahre
alt, Huth drei Jahre älter und Ladislaus Triber, der Bauherr, war
gerade mal 35 Jahre alt. Ein junges Team am Werk!
Die Architekten wollten ihren Entwurf zuerst in Lecca-Leichtbeton
ausführen. Erst nach Einwänden des Statikers entschied man sich
für den schweren Sichtbeton, der schließlich für den Bau – und
danach für eine ganze Bauepoche im Burgenland – stilbildend
werden sollte. Der Entwurf sorgte sofort für Aufsehen. Neun Zeitungen
und Fachzeitschriften publizierten die neue, wilde Kirche,
welche die zarte und hohe Barockkirche gleichsam mit ihren Baumassen
umschlang.
Nun ging es an die Finanzierung. Die neu geschaffene Diözese in
Eisenstadt, die selbst erst vor Kurzem ihre Heimstatt nach einem
eher konservativen Entwurf von Martha Bolldorf-Reitstätter gebaut
hatte, stellte eine für damalige Verhältnisse beträchtliche
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