aspekt 2020-01 ES
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Dr. Jens Kunze hat einige bei seiner
Suche nach „Magdeburger
Spuren“ davon in den alten Folianten
im Sächsischen Staatsarchiv ausfindig
gemacht.
Am 23. April 1589 erläutert Georg [Jorg]
Stange aus Nürnberg im Namen seiner
Gesellschafter aus Magdeburg Kurfürst
Christian I. von Sachsen die Funktion
und den Nutzen eines Röhrenwerks und
einer Wasserkunst für Bergwerke sowie
die Kosten, die deren Aufbau verursachen
würde. Er bietet an, diese vorzuführen
und bittet um ein Privileg für den
Betrieb seiner Erfindung, das zur Sicherheit
beim Rat der Stadt Magdeburg hinterlegt
werden soll,
Auf dem Aktentitel steht: „Erfindung eines
Röhrenwerks und einer Wasserkunst
für Bergwerke durch George Stange, Peter
Gibende und andere in Magdeburg
und Gesuch um ein auf 12 Jahre befristetes
Privileg hierüber.“
Wörtlich beschreibt er die Magdeburger
Ingenieursarbeit dann so:
„das die eine kunst welcchs eine
heber unnd rohrwergk ist uff allenn
bergkstetten wo stollenn konnen
eingefhurett unnd gebauett, kahnn
auch diese kunst angerichtt werden,
damitt allein durch kupfferne
oder bleyerne rohrenn ohnn alles
ferner hintzu thun getrieb, reder,
schleuch, pompwergk, haspell oder
dergleichenn dinge …“
Leider ist außer der kaum aussagefähigen
Tintenzeichnung nicht erhalten
geblieben, wie das Röhrenwerk genau
funktioniert. Aber die schriftlich festgehaltenen
Vorteile zeigen, dass man sich
auch schon vor rund 420 Jahren bestens
mit dem Anpreisen der Vorteile verstand.
Heute würde das ganze Marketing
heißen.
So erklärt Georg Stange dem Kurfürsten,
der die Oberhoheit über die Bergwerke
im Erzgebirge hatte, dass die Erfindung
schnell eingerichtet werden kann, bei
Verstopfung wartungsarm sei, bei ausreichender
Wassermenge ewig laufen würde,
die Wasserabflussmenge regulierbar
sei, man kaum Personal benötige, was
sich günstig auf die Kosten auswirken
würde, mehrere Rohre nebeneinander
den Durchfluss auch deutlich erhöhen
und das Ganze unabhängig von Jahreszeit
und äußeren Bedingungen funktionieren
würde.
Später wird sogar noch eine militärische
Nutzung vorgeschlagen. Das ist offenbar
schon damals ein gewichtiges Argument,
um Geld locker zu machen.
„Georg [Jorg] Stange, Miterfinder
und Betreiber eines neuen Röhrenwerks
und einer Wasserkunst
für Bergwerke aus Magdeburg,
erläutert Kurfürst Christian I.
von Sachsen, die militärischen
Nutzungsmöglichkeiten der Rohre
und bietet ihm an, entweder die
Rohre privilegiert zu fertigen oder
sein Wissen an vereidigte Büchsenmeister
des Kurfürsten
zu verkaufen, Mag deburg,
25. August 1589.“
Offenbar hatte die rein wirtschaftliche
Nutzung den Kurfürsten noch nicht endgültig
überzeugt. Also wurde darüber
hinaus nochmal nachgelegt, in dem die
Nutzung auch für andere Flüssigkeiten,
wie Wein und Bier, oder zum Antreiben
von Mühlen vorgeschlagen wurde.
Das genaue Funktionsprinzip wird leider
nicht erklärt. Nur an einer Stelle wird
geschrieben, dass die Luft, die zum Betreiben
des Systems nötig ist, gleichzeitig
den Schacht belüften kann. Außerdem
wolle man die Wasserkunst gern vorführen
und bitte um das Privileg und sicheres
Geleit. Die Zeiten waren also unruhig.
Doch der Eifer lohnt sich, denn gut zwei
Monate später bedankt sich Miterfinder
Peter Gibende beim Kurfürsten.
„Peter Gibende, Miterfinder und
Betreiber eines neuen Röhrenwerks
und einer Wasserkunst
für Bergwerke aus Magdeburg,
bedankt sich beim Kurfürsten für
die Möglichkeit, die Erfindung
vorzuführen, berichtet über gerichtliche
Auseinandersetzungen um die
Erfindung und bittet um sicheres
Geleit, Magdeburg, 12. November
1589.“
Und gleich noch ein Beleg für die Magdeburger
Ingenieurskunst findet sich.
„Kurfürstliches Privileg für die
alleinige Anwendung einer neuen
Schmeltzkunst zur Gewinnung
verschiedener Metalle für die
Magdeburger Bürger Hans Nußbaum
und Bonifatius Trentner,
Dresden, 7. November 1581.“
Am gleichen Tag wird eine weitere Urkunde
ausgestellt:
„Kurfürst August von Sachsen
erteilt in seinem und im Namen
des Herzogs von Sachsen-
Weimar-Coburg ein Privileg für
Hans Nußbaum und Bonifatius
Trentner, beide aus Magdeburg,
für dreißig Jahre zur Anwendung
eines neuen Schmelzverfahrens zur
Metallgewinnung, Dresden,
7. November 1581.“
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