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Bericht_362_Leseprobe

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manuell ausgeführt wird. Erst diese Entwicklung – die der Endlosdrahtelektrode – hat es schlussendlich ermöglicht,<br />

dass wir heute automatisiert schweißen können.<br />

Solange die Zuführung der Bauteile oder die Brennerführung nicht auch mechanisiert ausgeführt wird, spricht die<br />

Norm von teilmechanisierten Prozessen. Erst wenn auch diese Schritte mechanisiert in den Fertigungsprozess eingebunden<br />

sind, spricht die Norm von einem automatischen Prozess. Der Begriff „vollautomatisch“ ist demnach genau<br />

genommen überzogen.<br />

Da ein automatisierter Prozess in der Regel eine Abfolge wiederkehrender Arbeitsschritte ist, kann eine deutlich<br />

konstantere Qualität erreicht werden, als bei den manuellen Prozessen. Allerdings überwiegen noch weitere Vorteile<br />

der Automatisierung gegenüber dem manuellen Schweißen. Ein Handschweißer schweißt mit einer Schweißgeschwindigkeit<br />

von ca. 35-45 cm/min. Während einer 7-Stunden-Schicht muss er mehrfach pausieren oder wird durch<br />

Nebentätigkeiten vom Schweißen abgehalten. So kommt ein durchschnittlicher Schweißer vielleicht auf eine produktive<br />

Schweißzeit (Lichtbogenbrennzeit, ist vergleichbar mit der Einschaltdauer) von 30-50%. Setzt man für die gleiche<br />

Aufgabenstellung ein mechanisiertes oder automatisches System ein, so können sowohl die Schweißgeschwindigkeit<br />

als auch die Einschaltdauer je nach Anwendung mit Eindraht-Schweißprozess erheblich höher sein. Nimmt man<br />

für die gleiche Anwendung eine Schweißgeschwindigkeit von 70 cm/min mit einem Roboter an, so erreicht man allein<br />

dadurch eine Steigerung der Produktivität um 100%. Nimmt man weiter an, dass ein mechanisiertes System eine<br />

Einschaltdauer bis zu 95% haben kann, so wäre die Produktivitätssteigerung bei einer Einschaltdauer von 70% noch<br />

einmal um 75% gestiegen. Führt man diese Überlegung weiter und setzt Systeme ein, die die Rüstzeiten parallel zu<br />

den Produktionszeiten legen, so kann man hier weitere Steigerungen der Produktivität erreichen. Auf diese Weise<br />

kann mit einem vergleichsweise einfachen mechanisierten System die Produktivität leicht verdreifacht werden.<br />

Doch nicht nur die direkten Produktivitätssteigerungen zeigen, dass die Investition in automatisierte Systeme vorteilhaft<br />

sein kann. In vielen Fällen arbeiten schweißtechnische Betriebe nach Schweißanweisungen oder anderen produktionsrelevanten<br />

Vorgaben. Bei manuell geführten Schweißanwendungen bedarf es erfahrener, guter Schweißer,<br />

die in der Lage sind, diese Vorgaben über die Naht hinweg, über den Tag hinweg und über die Woche hinweg<br />

konstant einzuhalten. Nur so kann die geforderte Qualität – aus der sich die Vorgaben ableiten – eingehalten werden.<br />

In den meisten Fällen wird diesen Vorgaben ein recht breites „Gut-Fenster“ eingeräumt. Je breiter das Fenster ist,<br />

desto einfacher ist es für den Schweißer, formal korrekt zu schweißen. Allerdings birgt ein breites Fenster die Gefahr,<br />

dass die Naht formal zwar in Ordnung ist, aber der Parameter real zu hoch oder zu niedrig war. Beides kann zu<br />

unzulässigen Unregelmäßigkeiten in der Naht oder zur Zerstörung des Werkstoffes führen oder schlichtweg unwirtschaftlich<br />

sein und sollte vermieden werden. Je kleiner das Fenster ist, desto näher ist der Realwert am idealen<br />

Sollwert.<br />

Für ein mechanisiertes System gibt es diese Schwankungen über die Zeit nicht. Ein mechanisiertes System arbeitet<br />

vormittags genauso wie nachmittags und arbeitet montags genauso wie mittwochs oder freitags. Auch Schwankungen<br />

aufgrund mangelnder Handfertigkeit kommen bei Robotern nicht vor. Daher kann bei einem mechanisierten<br />

System das erlaubte Sollwert-Fenster deutlich kleiner sein, als bei einer manuell ausgeführten Tätigkeit. Dies hat<br />

darüber hinaus zur Folge, dass man mit einem mechanisierten System deutlich näher an die Grenze des technisch<br />

Machbaren rücken kann und somit die Wirtschaftlichkeit innerhalb des Schweißprozesses an seine Grenze ausreizen<br />

kann. Welche Auswirkungen eine Optimierung und Ausreizung der Schweißparameter bereits im Kleinen haben<br />

kann, zeigt folgendes Zahlenspiel. Schweißt man eine Naht für ein a-Maß=4mm mit einer Schweißgeschwindigkeit<br />

von 60cm/min mit dem Roboter, so ist das für einen Handschweißer schon nicht mehr erreichbar. Für einen Meter<br />

Schweißnaht bräuchte man demnach 1:36min. Dafür würde man z.B. 14m/min Drahtvorschub wählen. Dreht man<br />

jetzt den Drahtvorschub auf 16m/min, erreicht man nicht mehr ca.7kg Abschmelzleistung pro Stunde, sondern 8kg.<br />

Damit füllt man den Meter nicht mehr in 1:36min sondern in 1:29min. Man spart also pro Meter Schweißnaht 7 Sekunden.<br />

Das klingt auf den ersten Blick sehr wenig. Wenn man aber im Jahr 20km dieser Schweißnaht fertigt, so<br />

kommt man schnell auf 38 Stunden Einschaltdauer, die eingespart werden können.<br />

Darüber hinaus gibt es Schweißverfahren, die nur noch mechanisiert eingesetzt werden können. Denken wir hierbei<br />

zunächst an das Schweißen mit zwei oder mehr abschmelzenden Drahtelektroden, so sind hier Reduzierung der<br />

Schweißzeit um bis zu 500% durchaus realistisch. Auch die laserbasierte Schweißverfahren eröffnen dank der hohen<br />

Schweißgeschwindigkeit und des besonders tiefen Einbrandes völlig neue Möglichkeiten der Produktivitätssteigerung.<br />

4 Mit Digitalisierung den Erfolg steigern<br />

Im Zuge der Automatisierung hat auch die Datenverarbeitung und Digitalisierung Einzug in die Fertigung gehalten.<br />

Unbestritten ist, dass eine gewisse Digitalisierung die notwendige Voraussetzung für den Weg in Richtung Industrie<br />

4.0 ist. Von daher soll auch hier kurz auf einige Merkmale der Digitalisierung eingegangen werden. Diese Entwicklung<br />

ist nichts Neues. Computer Added Design (CAD), Computer Added Manufacturing (CAM) oder CNC gesteuerte Maschinen<br />

sind schon lange in den Unternehmen etabliert. Neu ist der immer tiefer gehende Einfluss der Digitalisierung<br />

4 DVS <strong>362</strong>

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