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Taxi Times Berlin - November / Dezember 2019

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ANTRIEB<br />

Unterflur-Wechselmechanik<br />

Batteriewechselstation mit BAIC EU 220<br />

Bernd Stumpf, Projektleiter<br />

ENERGIEWENDE GANZ EINFACH<br />

MIT BATTERIEWECHSEL<br />

An jedem besseren Akku-Schrauber kann man den leeren Akku durch<br />

einen geladenen austauschen und so ohne Ladepause weiterarbeiten.<br />

Warum soll das nicht mit Elektroautos gehen? Es geht!<br />

FOTOS: Wilfried Hochfeld, Axel Rühle / <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />

In zahlreichen Städten sind einige<br />

tausend Elektrotaxis mit Wechselbatterien<br />

im Einsatz, die nach Gebrauch<br />

an automatischen Ladestationen in rund<br />

drei Minuten gegen volle ausgetauscht<br />

werden können. Hört sich phantastisch an<br />

und würde in Deutschland alle Probleme<br />

lösen, die das hiesige <strong>Taxi</strong>gewerbe noch mit<br />

der Elektromobilität hat. Leider muss man<br />

noch die weite Reise nach China antreten,<br />

um das System live im alltäglichen Einsatz<br />

zu erleben.<br />

Eine Demonstrationsanlage, also eine<br />

Batteriewechselstation mit einem passenden<br />

Auto, steht in <strong>Berlin</strong> am Westhafen.<br />

Dafür hat die INFRAMobility-Dianba<br />

GmbH <strong>Berlin</strong> gesorgt, ein deutsch-chinesisches<br />

Joint Venture, das sich bemüht, die<br />

Technologie für deutsche Firmen und Fuhrparks<br />

interessant zu machen. Projektleiter<br />

für diese Batteriewechselstation (BWS) ist<br />

der <strong>Taxi</strong>unternehmer Bernd Stumpf.<br />

Wie funktioniert die Sache? Die BWS<br />

steckt in einem Container, in dessen Mitte<br />

das Auto über Rampen ein- und ausfahren<br />

kann. Es wird mit Schienen und Rollen in<br />

die richtige Position geleitet. Seitlich fährt<br />

ein Roboterarm aus dem geschlossenen Teil<br />

des Containers, entnimmt die Batterie nach<br />

unten aus dem Auto und fährt sie zurück<br />

in die Ladestation. Anschließend wird auf<br />

dem gleichen Weg eine neue Batterie in das<br />

Auto befördert.<br />

Das Ganze geschieht automatisch auf<br />

Knopfdruck und dauert drei Minuten. Die<br />

Steuerung befindet sich in einem kleinen<br />

Büro im gläsernen Teil des Containers. Bei<br />

dem dazugehörigen Auto handelt es sich<br />

um einen BAIC EU 220 aus chinesischer<br />

Produktion. Den kann man hier weder kaufen<br />

noch zulassen. In China fährt er seit<br />

sechzehn Jahren als Standard-<strong>Taxi</strong>, eine<br />

schlichte Limousine mit Kunstledersitzen.<br />

Die BWS mit ihrer Kapazität von 28<br />

Akkus kann etwa 100 <strong>Taxi</strong>s im Mehrschichtbetrieb<br />

permanent versorgen. Durch<br />

die Trennung des Mobilitätsvorgangs<br />

vom Ladevorgang kann die Wiederaufladung<br />

des Akkus langsam und schonend<br />

erfolgen. Das erhöht seine Lebensdauer<br />

auf bis zu zwölf Jahre und entlastet das<br />

Netz. Die ankommenden Wechselbatterien<br />

werden nach jedem Wechsel geprüft und<br />

nur bei voller Funktionsfähigkeit wieder<br />

verwendet.<br />

INFRAMobility-Dianba strebt mittelfristig<br />

den Aufbau eines BWS-basierten<br />

<strong>Taxi</strong>betriebs in <strong>Berlin</strong> mit rund 70 Stationen<br />

für eine weitgehende Elektrifizierung<br />

des <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>verkehrs in acht<br />

Jahren an – und weitere technische Entwicklung<br />

für ein intelligentes Energie-<br />

System (Smart Grid).<br />

Das klingt sehr ambitioniert, ist der<br />

Verwirklichung aber näher als manches<br />

Milliarden-Projekt, das aktuell von Politikern<br />

und Wissenschaftlern auf den Weg<br />

gebracht wird. Das BWS-System braucht<br />

nur altbekannte und bewährte Komponenten.<br />

Da muss nichts erst erforscht und<br />

entwickelt werden und keine teuren Ladepunkte<br />

müssen massenhaft in der Gegend<br />

verteilt werden.<br />

Es klingt insgesamt preiswert. Mit wenigen<br />

Ladestationen, die keine große Zusatzbelastung<br />

für das Stromnetz bringen, lassen<br />

sich viele Autos versorgen. Und wenn<br />

es stimmt, dass das teuerste an einem Elektroauto<br />

der Akku ist, dürfte auch das recht<br />

preiswert ausfallen, denn der Akku gehört<br />

dem BWS-Betreiber. Nur die Nutzung und<br />

den Strom bezahlt der <strong>Taxi</strong>unternehmer.<br />

Im nächsten Frühjahr ist eine Veranstaltung<br />

geplant, bei der das Projekt interessierten<br />

<strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>unternehmern vorgestellt<br />

werden soll. Vielleicht haben bis<br />

dahin Gespräche mit deutschen Autoherstellern<br />

bereits konkrete Früchte getragen,<br />

die das Vorhaben ein bisschen weniger chinesisch<br />

erscheinen lassen. Ein deutsches<br />

Elektroauto mit Batteriewechselrahmen<br />

sollte möglich sein. Wir werden rechtzeitig<br />

berichten. <br />

wh<br />

TAXI NOVEMBER/DEZEMBER <strong>2019</strong><br />

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