The Jaguar NR 06/2019 – DE
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Die Designer Stefan
Sagmeister und Jessica
Walsh haben sich eine
hervorragende Reputation
für das Überschreiten von
Grenzen aufgebaut
ür einen „Design-Superstar“ ist Stefan Sagmeister
auffallend zugänglich; so selbstironisch, wie seine
Arbeit provokant ist. Wir treffen uns im Wiener
MAK, dem österreichischen Museum für
Angewandte Kunst, wo Beauty, die Ausstellung,
die er gemeinsam mit der Designerin und
Geschäftspartnerin Jessica Walsh konzipiert hat,
gerade zur meistbesuchten Ausstellung in der
156-jährigen Geschichte des Museums wurde. Sie bricht den
eigenen Rekord des Designers bei The Happy Show vor
einigen Jahren. Als Erstes wird Ihnen ein eisverkrusteter
Jaguar E-PACE in einer Glasbox am Eingang auffallen.
Das Manifest des Designers für Schönheit ist in kurvigen
Buchstaben in die Oberfläche eingraviert.
„Eine Ausstellung der Schönheit zu schaffen, ist der Kern
dessen, was es bedeutet, Kommunikationsdesigner zu sein“,
sagt Sagmeister mit österreichischem Akzent, dem mehr als 25
Jahre in New York kaum anzumerken sind. „Sie betrachten eine
Fülle an Informationen – Beauty ist gigantisch – und
entscheiden, was Sie auswählen und wie Sie es vermitteln.“
Die Karriere von Sagmeister ist ein Wunder, denn
Grafikdesigner werden selten berühmt. Designer arbeiten
meist im Hintergrund und sorgen dafür, dass das, was sie
entworfen haben – Bücher, Marken, Apps, Albumcover,
Poster, Verpackungen oder Ausstellungen – gut aussieht und
die Zielgruppe erreicht.
Groß, attraktiv und intensiv zieht er Bewunderer an. Von
Akademikern und Studenten bei der Premiere seines
Dokumentarfilms The Happy Film von 2016 bis hin zu
preisgekrönten Kreativen bei Branchentreffen der Elite sind
sie alle ein wenig fasziniert. Bei Konferenzen möchte
niemand nach ihm auf der Rednerliste stehen.
Aber er bleibt dem Zweck treu. Mit genialen Schriftzügen
und fesselnden Bildern begeistert Sagmeister besonders als
Designer. Zu seinen Kunden zählen David Byrne (für den er
zwei Grammys gewann), die Rolling Stones und Jay-Z sowie
edle Marken (Zumtobel, Vitra) und gemeinnützige
Organisationen (One Voice). Er sagt: „Das Interessanteste
daran, Grafikdesigner zu sein, ist das breite, normale
Publikum. Ich fand Musikalben attraktiv, weil wir mitunter
eine erste Auflage hatten, die in die Millionen ging.“
Sagmeister wurde in der Alpenstadt Bregenz geboren und
besuchte die renommierte Universität für Angewandte Kunst in
Wien. Nach einem Fulbright-Stipendium in New York,
freiberuflicher Arbeit in Österreich und einigen Jahren in der
Werbung in Hongkong kehrte er für einen weiteren Aufbruch in
den Big Apple zurück. 1993 eröffnete Sagmeister sein eigenes
Büro und kündigte es mit einer Karte an, die ihn nackt stehend
mit einem strategisch platzierten, ablösbaren Aufkleber zeigte.
Seine skurrile Kombination aus hochwirksamer
Kundenarbeit, persönlicher Arbeit und unverhohlener
Eigenwerbung (wie ein Poster mit Text auf seiner nackten
Haut) machte Sagmeister Inc. zu einem der bekanntesten
Studios in New York. Er stellte talentierte Assistenten ein,
hielt das Team jedoch klein. Sagmeister überraschte aber im
Jahr 2000 Kollegen und Kunden gleichermaßen: Er schloss
sein Studio und nahm sich ein Jahr frei.
Als er nach dem Sabbatjahr zurückkehrte und die Monographie
Made You Look veröffentlichte, schnellte seine Karriere in
die Höhe. Danach folgten zwei weitere Sabbatjahre – eine
Lösung, wie er sagt, um seine Jahre als Pensionär auf sein
ganzes Leben zu verteilen. Diese reichliche Zeit zum Nachdenken
führte zu einem Hang zu Selbsthilfe-Aphorismen wie
„Worrying solves nothing“, „Having guts always works out for
me“ und „Money does not make me happy“. Viele von ihnen
landeten – in aufwendigen Schriftzügen mit Farbe, Haar,
Mustern, Münzen, aufblasbaren Affen, Bananen und sogar Urin
– 2008 in Things I Have Learned In My Life So Far. Diese
Neigung stammt aus der Familie – Sagmeister erinnert daran,
dass sein Großvater gelernter Schildermaler war und es im
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20 THE JAGUAR