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Anatomie der Staatssicherheit Geschichte, Struktur und ... - BStU

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1. Überblick<br />

3<br />

Auf die weltweite Zunahme politisch motivierter Gewalt zu Beginn <strong>der</strong> siebziger Jahre<br />

reagierte das MfS 1975 mit <strong>der</strong> Gründung einer eigenen Diensteinheit zur Terrorabwehr. 1<br />

Die Abteilung XXII befaßte sich mit dem internationalen Linksterrorismus, DDR-kritischen<br />

linksextremen Organisationen <strong>und</strong> rechtsextremen Gruppierungen sowie mit an<strong>der</strong>en<br />

militanten Gegnern des SED-Regimes in <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik. Die Diensteinheit beobachtete<br />

intensiv die einschlägige Szene <strong>und</strong> sorgte dafür, daß ehemalige Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Roten Armee<br />

Fraktion (RAF) im Osten Deutschlands Aufnahme fanden. "Terrorabwehr" in <strong>der</strong> DDR<br />

beinhaltete in einigen Fällen die stillschweigende Duldung von terroristischen Angriffen auf<br />

den Westen (etwa im Falle des Anschlages auf die französische Kultureinrichtung "Maison<br />

de France") <strong>und</strong> sogar Handlungen, die als regelrechte Unterstützung ausgelegt werden<br />

können (wie das Training von aktiven RAF-Terroristen).<br />

Da die Welle extremistischer Gewalt ihren Ausgangspunkt im Westen hatte, war die Arbeit<br />

<strong>der</strong> Diensteinheit stark auf die B<strong>und</strong>esrepublik ausgerichtet. Mögliche Rückverbindungen<br />

<strong>der</strong> Terroristen in die DDR (etwa familiärer Art) versuchte sie aufzuspüren <strong>und</strong> im Osten<br />

jegliche Bereitschaft zur Gewaltanwendung im Keim zu ersticken. Hierbei waren auch die<br />

Arbeitsgruppen XXII <strong>der</strong> Bezirksverwaltungen einbezogen, <strong>der</strong>en Bedeutung aber<br />

gegenüber <strong>der</strong> Zentrale in Berlin gering blieb: Für die Linie XXII <strong>und</strong> ihr Aufgabenprofil ist<br />

charakteristisch, daß annähernd 80 Prozent <strong>der</strong> zur "Terrorabwehr" eingesetzten Mitarbeiter<br />

zur Zentrale gehörten.<br />

Die Abteilung XXII war zunächst dem 1. Stellvertreter des Ministers, Generalleutnant Bruno<br />

Beater, unterstellt. Nach dessen Ablösung im Jahre 1980 gehörte sie zum Anleitungsbereich<br />

seines Nachfolgers Gerhard Neiber. Leiter <strong>der</strong> Diensteinheit war zunächst Oberst Harry<br />

Dahl, ab 1. Januar 1985 fungierte Oberst Horst Franz an dessen Stelle. Mit 248 Mitarbeitern<br />

im Jahre 1988 zählte die Abteilung XXII zu den kleineren Diensteinheiten im Ministerium<br />

für <strong>Staatssicherheit</strong> (MfS).<br />

Die Abteilung konzentrierte sich auf die Durchführung von r<strong>und</strong> 30 Operativen Vorgängen<br />

(OV) 2 zu den wichtigsten Gruppen des internationalen Terrorismus <strong>und</strong> des politischen<br />

Extremismus in <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik. Die politische Brisanz ihrer Tätigkeit führte zu einer<br />

beson<strong>der</strong>s sorgfältigen <strong>und</strong> intensiven operativen Arbeit: Kaum einer <strong>der</strong> Mitarbeiter mußte<br />

1 Vgl. Gesprächskonzeption für Mielke zu einer Unterredung mit Honecker vom März 1983: Die Organisation<br />

einer wirksamen Terrorabwehr in <strong>der</strong> DDR als Konsequenz aus <strong>der</strong> aktuellen Entwicklung <strong>der</strong><br />

internationalen Klassenkampfsituation (künftig: Die Organisation einer wirksamen Terrorabwehr); Der<br />

B<strong>und</strong>esbeauftragte für die Unterlagen des <strong>Staatssicherheit</strong>sdienstes <strong>der</strong> ehemaligen DDR (künftig: <strong>BStU</strong>),<br />

Zentralarchiv (künftig: ZA), Hauptabteilung (künftig: HA) XXII 1182, Bl. 228-235, hier 229.<br />

2 In <strong>der</strong> Zentrale des MfS wurden in den achtziger Jahren gleichzeitig r<strong>und</strong> 300 OV durchgeführt.

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