Anatomie der Staatssicherheit Geschichte, Struktur und ... - BStU
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2. Von <strong>der</strong> Abteilung zur Hauptabteilung XXII 1988/1989<br />
2.1. Aufgaben <strong>und</strong> <strong>Struktur</strong> <strong>der</strong> Abteilung XXII 1988<br />
2.1.1. Zielsetzung<br />
5<br />
Mit <strong>der</strong> Wende vom Herbst 1989 kam ans Licht, daß <strong>der</strong> SED-Staat den Linksterrorismus in<br />
<strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik stillschweigend geduldet <strong>und</strong> bisweilen auch unterstützt hatte.<br />
Ehemalige RAF-Mitglie<strong>der</strong> waren beherbergt <strong>und</strong> vor <strong>der</strong> westlichen Fahndung abgeschirmt<br />
worden, so daß die jahrelang steckbrieflich gesuchten Täter erst im Sommer 1990<br />
festgenommen werden konnten. Und im Jahre 1991 kristallisierte sich heraus, daß zehn<br />
Jahre zuvor einzelne Terroristen vom zuständigen DDR-<strong>Staatssicherheit</strong>sdienst sogar militärisch<br />
ausgebildet worden waren. Die Offenlegung dieser Machenschaften war ein beson<strong>der</strong>s<br />
schwieriger <strong>und</strong> langwieriger Prozeß, weil das MfS in dieser Sache hochgradig<br />
konspirativ vorgegangen war <strong>und</strong> im Herbst 1989 alle Unterlagen <strong>und</strong> Spuren zu vernichten<br />
versuchte, die auf die erfolgten Hilfeleistungen hätten hindeuten können. 4 Bei <strong>der</strong><br />
Aufklärung waren daher neben den rudimentär überlieferten schriftlichen Unterlagen <strong>der</strong><br />
Abteilung XXII gerade auch die Aussagen <strong>der</strong> ehemals Beteiligten hilfreich, sofern sie<br />
Eingeständnisse lieferten - wie etwa die festgenommenen Ex-Terroristen in ihren<br />
polizeilichen Vernehmungen5 o<strong>der</strong> die verantwortlichen MfS-Mitarbeiter selbst. 6 Spätere<br />
journalistische Veröffentlichungen konnten vor allem von den Ermittlungen <strong>der</strong><br />
Staatsanwaltschaft profitieren. 7<br />
Einschlägige schriftliche Unterlagen, die nach den "Säuberungsaktionen" des MfS noch<br />
übrig waren, wurden ab 1990 teilweise an b<strong>und</strong>esdeutsche Strafverfolgungsbehörden<br />
überstellt. 8 Seitdem standen sie <strong>der</strong> vorrangigen Auswertung durch die Strafverfolgungsbehörden<br />
zur Verfügung <strong>und</strong> blieben in Einzelfällen bisher für jede an<strong>der</strong>e Form <strong>der</strong><br />
Verwendung gesperrt. Die heute <strong>der</strong> wissenschaftlichen Forschung zugänglichen Unterlagen<br />
erlauben deswegen eine Rekonstruktion <strong>der</strong> Unterstützung des internationalen Terrorismus<br />
durch das MfS nur eingeschränkt.<br />
Die zur Verfügung stehenden Akten eröffnen jedoch Einblicke in die <strong>Struktur</strong>en <strong>und</strong> die<br />
vielfältigen Aufgaben <strong>der</strong> für die "Terrorabwehr" zuständigen Abteilung XXII. An<strong>der</strong>s als<br />
die Bezeichnung ihres Aufgabengebietes vermuten läßt, umfaßte ihr Tätigkeitsfeld nicht nur<br />
4 Vgl. Butz Peters: RAF. Terrorismus in Deutschland, Stuttgart 1991, S. 19-23 <strong>und</strong> 306 f.<br />
5 Auf dieser Quelle basiert das Buch von Andreas Müller <strong>und</strong> Michael Kanonenberg: Die RAF-Stasi-<br />
Connection, Berlin 1992.<br />
6 Vgl. Helmut Voigt: "Es ging um Schmidt/Strauß", in: Der Spiegel Nr. 26/1991, S. 94 f.<br />
7 Vgl. Peter Siebenmorgen: "<strong>Staatssicherheit</strong>" <strong>der</strong> DDR. Der Westen im Fadenkreuz <strong>der</strong> Stasi, Bonn 1993<br />
(künftig: Siebenmorgen: "<strong>Staatssicherheit</strong>").<br />
8 Vgl. Tageszeitung (taz) vom 29.6.1993, S. 3.