faktor STIL 2020/1

KUNST & KULTUR
Seit mittlerweile drei Jahren schon
prägt Achim Lenz als Intendant einen der
kultu rel len Leuchttürme unserer Re gion:
die Gan ders heimer Domfestspiele –
das größte professionelle Freilicht theater
in Niedersachsen mit jährlich mehr
als 50.000 Besuchern. Im Interview gibt
der Schweizer vorab einen kleinen Vorgeschmack,
was das Publikum in diesem
Jahr von Juni bis August vor der Stiftskirche
erwartet, und verrät, welche
Rollen die Figuren aus seinen ausgefallenen
Inszenierungen – von Dschungelbuch
bis Goethes Faust – in seinem
Leben spielen.
Herr Lenz, wie stehen Sie dazu?
,Morgen ist auch noch ein Tag …?‘
Nein, morgen ist jetzt! Das ist nicht nur
unser Motto der 62. Spielzeit. Das ist unsere
Aufforderung, sich der Gegenwart zu
stellen, und zwar heute den Augenblick zu
nutzen und nichts auf morgen zu verschieben.
Eine Anregung für das Spielzeit motto
habe ich mir aus dem ,Faust‘ geholt:
„Verweile doch, du bist so schön“, heißt
es bei Goethes Klassiker der Welt literatur,
den wir in diesem Jahr als spannungsgeladenes
Theatererlebnis inszenieren. Dies
sagt Faust zu dem Moment, in welchem er
das höchste Glück sowie die Genugtuung
erfährt, in welchem er zufrieden und am
Ziele angekommen ist. Wir befinden uns
alle auf dem Weg zu diesem Augenblick,
aber solange wir ihn nicht erreicht haben,
gilt es, nach vorne zu schauen.
Warum ist Mephisto bei Ihnen eine Frau?
Mephisto muss nicht zwingend ein Mann
sein, die Rolle des gefallenen Engels hat
Goethe geschlechtsneutral angelegt. Und
ich weiß, dass meine Mephisto-Darstellerin
Felicitas Heyerick eine breite Palette
an Spielmöglichkeiten besitzt, ob männlich,
androgyn oder weiblich. Sie spielt bewusst
mit diesen Klischees der Ge schlechter
zuord nung und weiß die jeweiligen
Register zu ziehen. Außerdem bin ich gespannt,
wie unser Faust-Darsteller Alexander
Wipprecht mit einem geschlechterneutralen
Mephisto an seiner Seite umgeht.
Auch da gehe ich bewusst neue Wege.
Vielleicht doch einmal ein Blick ins
,Morgen‘: Gibt es im ,Morgen‘ überhaupt
noch Tankstellen?
[lacht] Sicherlich nicht wie heute und ganz
sicher auch nicht wie in unserer Neuauflage
des Ufa-Klassikers aus den 1930er-
Jahren ,Die Drei von der Tankstelle‘. Aber
irgendwo auf der Welt gibt‘s ein kleines
bisschen Glück – und eine Tankstelle, an
der heute vielleicht Greta steht und sagt:
Der Diesel ist alle. Ich fände es schade,
wenn es keine Tankstellen mehr geben
würde, denn Tankstellen mit ihren Shops,
die zuweilen ja auch 24 Stunden offen
sind, sind kleine Sehnsuchtsorte. Ich kann
mich daran er innern, dass ich als Kind
immer gerne an einer Tankstelle Halt gemacht
habe, weil‘s dort was zum Naschen
gab.
In diesem Jahr steht ja auch noch ein
weiterer Klassiker bei Ihnen auf dem
Programm ... Ihr Lieblingslied aus dem
Musical ,Flashdance‘?
,Maniac‘ – ganz klar. Es ist für mich ein
starkes Motivationslied. Ich kann nur
jedem empfehlen, es beim Sport in der
Playlist zu haben. Außerdem erzählt es
von einem Menschen, der versucht, aus
der Enge seines eigentlichen Lebens auszubrechen
und dafür alles zu geben. Das
ganze Musical ist sehr lebensbejahend
und zeigt, dass die Schattenseiten des Lebens
nicht ewig dauern müssen, wenn
man den Mut und die Kraft aufbringt,
seine Träume zu verwirklichen.
Apropos Träume. Mit welcher Figur
aus dem geplanten Stück ,Dschungelbuch‘
würden Sie sich am ehesten
vergleichen?
Ich trage manchmal die Gemütlichkeit
von Balou in mir [lacht] ... aber nicht sehr
oft. Der Theateralltag ist sehr anstrengend,
und man ist in stetiger Spannung. Da fühle
ich mich manchmal wie der Tiger Shirkhan
auf der Jagd nach Mogli. Und es gibt
Tage, da bin ich ,der König im Affenstaat‘
King Louis, der seine Affenbande durch
die nächste Spielzeit dirigiert.
In diesem Sinne wünscht faktorSTIL
Ihnen eine fröhliche Spielzeit – und
vielen Dank für das Gespräch!
Spielzeit: Morgen ist jetzt!
Vom 21. Juni bis zum 16. August
dieses Jahres finden die bereits
62. Gandersheimer Domfestspiele
vor dem Stifts kirchenportal statt
– mit gleich vier völlig unterschiedlichen
Produktionen: mit ,Faust‘ von
Goethe, der musikalischen Komödie
nach dem gleichnamigen Ufa-Tonfilm
,Die Drei von der Tankstelle‘
mit Evergreens wie ,Ein Freund, ein
guter Freund‘, dem Tanz-Musical
,Flashdance‘ mit Hits wie ,What a
feeling!‘ und mit dem Kinder- und
Familienstück ,Das Dschungelbuch‘.
Weitere Infos zum Programm
und Karten gibt es unter:
www.gandersheimer-domfestspiele.de
Mitmachen und gewinnen!
faktorSTIL verlost 3 x 2
Karten für das Stück ,Faust‘.
Dafür einfach bis zum 30. April 2020
eine E-Mail mit dem Stichwort
,Domfestspiele‘ senden an:
redaktion@faktor-magazin.de.
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Viel Glück!
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