Industrieanzeiger 10.2020
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Die Covid-19-Pandemie stellt die Wirtschaft vor eine<br />
Zerreißprobe zwischen Abwehr der Gesundheitsgefahren,<br />
Wahrung der überlebensnotwendigen Produktionsfähigkeit<br />
und gemeinschaftlichem Handeln mit den<br />
Europäern. Bild: Alexander Limbach/stock.adobe.com<br />
Wirtschaft in der Covid-19-Krise: Liquiditätsprobleme als Schreckgespenst und Herausforderung<br />
Wie die Industrie gegen<br />
Corona kämpft<br />
Pandemie in Europa | Von Deutschland bis Italien, dem aktuellen Epizentrum<br />
der Krise, ringt die Industrie zusammen mit der Politik darum, die Folgen der<br />
Epidemie zu dämpfen. Worst Case wäre ein Stillstand der Produktion auf längere<br />
Zeit. Die Verbände denken über Wiederhochfahr-Szenarien nach.<br />
VDMA-Chefvolkswirt<br />
Dr. Ralph Wiechers warnt vor den<br />
Folgen eines kompletten Shut-downs,<br />
räumt aber oberste Priorität für die<br />
Gesundheit ein. Bild: VDMA<br />
Wer aus dem Haus geht, findet leere Straßen<br />
vor, verlassene Werksgelände und Schul -<br />
höfe, auf denen keine Kinder mehr lärmen.<br />
Als wäre die Pest über das Land gezogen.<br />
Und so ähnlich ist es auch. Doch in den<br />
Wohnzimmern laufen die Drähte heiß. Vertreter<br />
der Verbände versuchen, die Lage zu<br />
erfassen, die sich täglich verändert in der<br />
Covid-19-Ausbreitung. Der Industrie -<br />
verband Massivumformung (IMU) etwa<br />
trommelt alle zwei bis drei Tage seine<br />
120 Mitglieder zur Webkonferenz zusammen.<br />
Am 20. März gaben 78 % an, von<br />
Auftragsverschiebungen oder -stornierungen<br />
bis hin zur Schließung von Kundenwerken<br />
betroffen zu sein. Eine Woche später am<br />
27. März waren es bereits 93 %.<br />
Ähnliches berichtete der VDMA am<br />
30. März von seiner zweiten Blitzumfrage,<br />
an der 965 deutsche Maschinenbauer teilnahmen.<br />
84 % melden einen beeinträchtigten<br />
Betrieb. 95 % dieser 84 % stellten Stö-<br />
rungen in der Lieferkette fest, besonders in<br />
Italien (75 %), dann in Deutschland (55 %)<br />
und an dritter Stelle in China (51 %). Noch<br />
beunruhigender: Rund zwei Drittel der<br />
betroffenen Maschinenbauer klagen bereits<br />
über Liquiditätsengpässe.<br />
Die Dynamik ist groß. Am 20. März<br />
sprachen wir mit Massimo Carboniero,<br />
Präsident des Maschinenbauer-Verbandes<br />
Ucimu. Wir fragten nach der Lage im Corona-geschüttelten<br />
Italien und wollten Tipps<br />
für deutsche Firmen. Teilweise werde noch<br />
normal produziert, berichtete Carboniero.<br />
Nur zwei Tage später kündigte Minister -<br />
präsident Conte den Stillstand aller Betriebe<br />
an, um die Zahl der Neuinfektionen zu<br />
senken – ausgenommen „wesentliche Sektoren“<br />
wie Medizin, Pharma oder Transport.<br />
Am 2. April, elf Tage nach dem Produktionsstopp,<br />
sagte Carboniero dem Industrie -<br />
anzeiger: „Meiner Meinung nach kann der<br />
Industriestandort Italien die Wirtschaft<br />
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